Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung, Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 15. Leipzig (Sachsen), 15. April 1843

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] nach Angola gehen, um sich taufen zu lassen. Als sie
zurückkamen, war er gerüstet und fiel ohne irgend einen
Beweggrund in das portugiesische Gebiet.

Das geschah auf heimlichen Antrieb Zingha's, welche
so sein Verderben herbeiführen wollte. Sie hatte das
Haupt der Wahrsager gewonnen, dem König einen voll-
ständigen Sieg über die Portugiesen zu verkündigen, und
hatte fast alle seine Truppen verführt, kein Wunder, daß
sie in der ersten Schlacht alle davonliefen. Ngolam
konnte sich nur mit Mühe durch Schwimmen über einen
Arm des Coanza auf eine wüste Jnsel retten. Nur
einige Diener folgten ihm, aber auch diese nicht aus
Treue, wie er meinte, sondern als Diener der Rache,
die sie an ihm vollziehen sollten. Auf der Jnsel bela-
gert, sah sich der Fürst bald in der äußersten Noth. Er
starb, vergiftet von der Hand seiner Leute, und wurde mit
denselben blutigen Ceremonien begraben wie sein Vater.

Sobald Zingha von seinem Tode hörte, begab sie
sich nach Cabazzo, ließ sich krönen, schwur das Christen-
thum ab und brachte den Götzen Weihrauch und Opfer.

Jhr Bruder hinterließ einen Sohn, welcher dem
Schagga=Kasa, dem ersten Seher des Landes, anver-
traut war; diesen ihren Neffen mußte Zingha tödten,
um ihren Sohn in seinem Grabe zu beruhigen, und
mehr noch, um die Krone auf ihrem Haupte zu befesti-
gen. Aber der junge König war geborgen und durch
keine Gewalt zu erlangen. Da nahm Zingha zur List
ihre Zuflucht. Sie ließ dem Schagga=Kasa eröffnen,
daß sie ihn seit langer Zeit liebe und heirathen wolle,
aber der Schagga=Kasa fürchtete Gefahr für seinen Zög-
ling und schlug den ehrenvollen Antrag der schönen Frau
aus. Da begab sie sich ohne Gefolge, fast einzig und
allein, in das Lager ihres Neffen, liebkoste ihn und ver-
führte den Schagga. Der Unglückliche liebte sie wirk-
lich. Die Hochzeit wurde gefeiert und nichts gespart,
um ihn mit seinem Zöglinge nach Cabazzo zu ziehen,
wo sie etwas vermochte. Endlich gelang es; Lehrer und
Schüler folgten ihr in die Stadt. Als sie hier auf den
Hauptplatz gekommen waren, ergriff Zingha mit einer
Hand den Neffen und mit der andern ihren Dolch, er-
würgte das arme Kind mit eigenen Händen und warf
den Leichnam in den Fluß, welcher die Mauern der
Stadt bespült.

Niemand hatte gewagt, sich dieser That zu wider-
setzen, und Zingha erkannte daraus, wie mächtig sie sei.
Sie vernichtete nun Alles, was irgend einen Anspruch auf
die Krone haben konnte und schonte nur ihre beiden Schwe-
stern, wahrscheinlich wegen ihrer völligen Nichtigkeit.

Bis hieher hatte sie sich des Beistandes der Portu-
giesen bedient, jetzt bedurfte sie den der Afrikaner. Jhrer
Zeit weit vorausgeeilt, wollte sie aus den zahlreichen Hor-
den derselben ein einziges Volk machen. Sie wußte,
daß die Christen bei ihnen nicht beliebt waren und daß
die Erlösungstaufe ihr Ansehen unter ihnen nicht ver-
mehrt hatte. Sie beschloß daher, jene Taufe durch eine
neue in Vergessenheit zu bringen. Sie ließ Hunderte
von Menschen schlachten, um durch ihr Blut die Flecken
wieder wegzuspülen, mit denen sie sich in den Augen
ihrer Unterthanen durch den Umgang mit den Portugiesen
verunreinigt hatte, und rief die schauderhaftesten Ge-
bräuche, die jemals unter den Schaggas im Schwunge
gewesen, wieder ins Leben, kurz sie übertraf an Wild-
heit und Unmenschlichkeit die Tem=Ban=Dumba, welche
die Schaggas als ihre Gesetzgeberin verehrten und deren
Gesetze tausendmal mehr mit Blut geschrieben zu heißen
verdienten, als die des Drakon.

( Beschluß folgt in Nr. 16. )



[Spaltenumbruch]
Glaspapier zum Durchzeichnen

Um schönes, durchsichtiges, farbloses Papier anzuferti-
gen, bedient man sich am besten des Dammarfirnisses
und verfährt dabei folgendermaßen. Man legt die Bo-
gen, die man zu diesem Zwecke zubereiten will, auf-
einander und streicht auf den obern mit einem Pinsel
so lange Firniß, bis der Bogen vollkommen durchsichtig
erscheint, ohne daß jedoch Flüssigkeit darauf zu bemer-
ken ist. Nun nimmt man ihn weg, und hängt ihn
zum Trocknen auf, um mit dem folgenden ebenso zu
verfahren. Nach dem Trocknen kann auf solches Pa-
pier mit Stiften, Stahlfedern und Kreide gezeichnet
werden, ohne daß es seine farblose Durchsichtigkeit ver-
liert oder gelb wird.



Stechen und Boxen.

Jn der Stadt Nürnberg gab es einst eine Kampfart,
die man das Stechen nannte; man fuhr mit geball-
ten Fäusten aufeinander los und suchte den Gegner da-
mit zwischen Augen und Nase zu treffen. Diese bar-
barische Sitte ist aber, Gott Lob! nicht mehr in der guten
Stadt zu finden. -- Ein Engländer, der, durch seine
zahlreichen Siege aufgebläht, sich für unüberwindlich hielt,
kam auf den Einfall, seine heimische Jnsel zu verlassen
und den Continent mit seinen Stößen und Püffen zu
beehren. Er kam auf seiner Reise auch nach dem gu-
ten alten Nürnberg, allwo er im besten Gasthof abstieg
und sofort, wie es sein Brauch war, nach den stärksten
Männern der Stadt fragte, um sich mit ihnen zu mes-
sen. Unter mehren nannte ihm der Kellner den Mei-
ster Quack und erhielt vom Engländer den Befehl, den
Meister zu ihm auf einen ehrlichen Faustzweikampf
einzuladen. Als Meister Quack die Einladung erhielt,
warf er seinen alten Schafpelz um, setzte die Pudel-
mütze auf und ging mit dem Kellner in den rothen
Ochsen, wo der Engländer, ungeduldig harrend, im Geiste
sich als Sieger sah. Als ihm der ehrliche Meister Quack
vorgestellt wurde, gerieth der Engländer gewaltig in
Zorn; er meinte, man wolle ihn gut deutsch narren;
denn Meister Quack war kein Riese, sondern fast ein
Zwerg, und wer genau zusah, konnte ihn fast für
buckelig halten. Meister Quack aber beruhigte den Eng-
länder mit der ruhigen Erklärung, der Herr Engländer
möge bald anfangen, denn er habe zu Hause viel zu
thun und könne sich nicht lange aufhalten. Sofort
warf der Boxer Rock und Weste ab, streifte das Hemde
zurück und brachte ein Paar Arme zur Ansicht, wie sie
weiland Herkules nicht besser aufzuweisen hatte. Mei-
ster Quack war auch nicht müßig, er schüttelte den be-
quemen Pelz von der Schulter und entblößte ebenfalls
seine Arme, die freilich gegen die des Engländers ab-
stachen, wie Baum und Rohr, dagegen Sehne an
Sehne zeigten. Nachdem Alles vorher genau bestimmt
war, nahm der Engländer seinen Anlauf; er zog den
Kopf ein, wie ein wüthender Stier und stürzte auf
seinen Gegner los; der aber sprang behend zur Seite,
gab aber dabei dem Engländer einen solchen Stich
mit der geballten Faust zwischen Augen und Nase, daß
dieser blutend an die Wand taumelte. Meister Quack
stellte sich ruhig wieder auf seinen Platz und sagte:
"Guten Morgen!" Nachdem sich der Engländer er-
holt, begann der zweite Gang; der bekam aber dem
Jnsulaner noch schlimmer. Quack gab ihm einen zwei-
ten Stich, und der Engländer fiel besinnungslos zu
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] nach Angola gehen, um sich taufen zu lassen. Als sie
zurückkamen, war er gerüstet und fiel ohne irgend einen
Beweggrund in das portugiesische Gebiet.

Das geschah auf heimlichen Antrieb Zingha's, welche
so sein Verderben herbeiführen wollte. Sie hatte das
Haupt der Wahrsager gewonnen, dem König einen voll-
ständigen Sieg über die Portugiesen zu verkündigen, und
hatte fast alle seine Truppen verführt, kein Wunder, daß
sie in der ersten Schlacht alle davonliefen. Ngolam
konnte sich nur mit Mühe durch Schwimmen über einen
Arm des Coanza auf eine wüste Jnsel retten. Nur
einige Diener folgten ihm, aber auch diese nicht aus
Treue, wie er meinte, sondern als Diener der Rache,
die sie an ihm vollziehen sollten. Auf der Jnsel bela-
gert, sah sich der Fürst bald in der äußersten Noth. Er
starb, vergiftet von der Hand seiner Leute, und wurde mit
denselben blutigen Ceremonien begraben wie sein Vater.

Sobald Zingha von seinem Tode hörte, begab sie
sich nach Cabazzo, ließ sich krönen, schwur das Christen-
thum ab und brachte den Götzen Weihrauch und Opfer.

Jhr Bruder hinterließ einen Sohn, welcher dem
Schagga=Kasa, dem ersten Seher des Landes, anver-
traut war; diesen ihren Neffen mußte Zingha tödten,
um ihren Sohn in seinem Grabe zu beruhigen, und
mehr noch, um die Krone auf ihrem Haupte zu befesti-
gen. Aber der junge König war geborgen und durch
keine Gewalt zu erlangen. Da nahm Zingha zur List
ihre Zuflucht. Sie ließ dem Schagga=Kasa eröffnen,
daß sie ihn seit langer Zeit liebe und heirathen wolle,
aber der Schagga=Kasa fürchtete Gefahr für seinen Zög-
ling und schlug den ehrenvollen Antrag der schönen Frau
aus. Da begab sie sich ohne Gefolge, fast einzig und
allein, in das Lager ihres Neffen, liebkoste ihn und ver-
führte den Schagga. Der Unglückliche liebte sie wirk-
lich. Die Hochzeit wurde gefeiert und nichts gespart,
um ihn mit seinem Zöglinge nach Cabazzo zu ziehen,
wo sie etwas vermochte. Endlich gelang es; Lehrer und
Schüler folgten ihr in die Stadt. Als sie hier auf den
Hauptplatz gekommen waren, ergriff Zingha mit einer
Hand den Neffen und mit der andern ihren Dolch, er-
würgte das arme Kind mit eigenen Händen und warf
den Leichnam in den Fluß, welcher die Mauern der
Stadt bespült.

Niemand hatte gewagt, sich dieser That zu wider-
setzen, und Zingha erkannte daraus, wie mächtig sie sei.
Sie vernichtete nun Alles, was irgend einen Anspruch auf
die Krone haben konnte und schonte nur ihre beiden Schwe-
stern, wahrscheinlich wegen ihrer völligen Nichtigkeit.

Bis hieher hatte sie sich des Beistandes der Portu-
giesen bedient, jetzt bedurfte sie den der Afrikaner. Jhrer
Zeit weit vorausgeeilt, wollte sie aus den zahlreichen Hor-
den derselben ein einziges Volk machen. Sie wußte,
daß die Christen bei ihnen nicht beliebt waren und daß
die Erlösungstaufe ihr Ansehen unter ihnen nicht ver-
mehrt hatte. Sie beschloß daher, jene Taufe durch eine
neue in Vergessenheit zu bringen. Sie ließ Hunderte
von Menschen schlachten, um durch ihr Blut die Flecken
wieder wegzuspülen, mit denen sie sich in den Augen
ihrer Unterthanen durch den Umgang mit den Portugiesen
verunreinigt hatte, und rief die schauderhaftesten Ge-
bräuche, die jemals unter den Schaggas im Schwunge
gewesen, wieder ins Leben, kurz sie übertraf an Wild-
heit und Unmenschlichkeit die Tem=Ban=Dumba, welche
die Schaggas als ihre Gesetzgeberin verehrten und deren
Gesetze tausendmal mehr mit Blut geschrieben zu heißen
verdienten, als die des Drakon.

( Beschluß folgt in Nr. 16. )



[Spaltenumbruch]
Glaspapier zum Durchzeichnen

Um schönes, durchsichtiges, farbloses Papier anzuferti-
gen, bedient man sich am besten des Dammarfirnisses
und verfährt dabei folgendermaßen. Man legt die Bo-
gen, die man zu diesem Zwecke zubereiten will, auf-
einander und streicht auf den obern mit einem Pinsel
so lange Firniß, bis der Bogen vollkommen durchsichtig
erscheint, ohne daß jedoch Flüssigkeit darauf zu bemer-
ken ist. Nun nimmt man ihn weg, und hängt ihn
zum Trocknen auf, um mit dem folgenden ebenso zu
verfahren. Nach dem Trocknen kann auf solches Pa-
pier mit Stiften, Stahlfedern und Kreide gezeichnet
werden, ohne daß es seine farblose Durchsichtigkeit ver-
liert oder gelb wird.



Stechen und Boxen.

Jn der Stadt Nürnberg gab es einst eine Kampfart,
die man das Stechen nannte; man fuhr mit geball-
ten Fäusten aufeinander los und suchte den Gegner da-
mit zwischen Augen und Nase zu treffen. Diese bar-
barische Sitte ist aber, Gott Lob! nicht mehr in der guten
Stadt zu finden. — Ein Engländer, der, durch seine
zahlreichen Siege aufgebläht, sich für unüberwindlich hielt,
kam auf den Einfall, seine heimische Jnsel zu verlassen
und den Continent mit seinen Stößen und Püffen zu
beehren. Er kam auf seiner Reise auch nach dem gu-
ten alten Nürnberg, allwo er im besten Gasthof abstieg
und sofort, wie es sein Brauch war, nach den stärksten
Männern der Stadt fragte, um sich mit ihnen zu mes-
sen. Unter mehren nannte ihm der Kellner den Mei-
ster Quack und erhielt vom Engländer den Befehl, den
Meister zu ihm auf einen ehrlichen Faustzweikampf
einzuladen. Als Meister Quack die Einladung erhielt,
warf er seinen alten Schafpelz um, setzte die Pudel-
mütze auf und ging mit dem Kellner in den rothen
Ochsen, wo der Engländer, ungeduldig harrend, im Geiste
sich als Sieger sah. Als ihm der ehrliche Meister Quack
vorgestellt wurde, gerieth der Engländer gewaltig in
Zorn; er meinte, man wolle ihn gut deutsch narren;
denn Meister Quack war kein Riese, sondern fast ein
Zwerg, und wer genau zusah, konnte ihn fast für
buckelig halten. Meister Quack aber beruhigte den Eng-
länder mit der ruhigen Erklärung, der Herr Engländer
möge bald anfangen, denn er habe zu Hause viel zu
thun und könne sich nicht lange aufhalten. Sofort
warf der Boxer Rock und Weste ab, streifte das Hemde
zurück und brachte ein Paar Arme zur Ansicht, wie sie
weiland Herkules nicht besser aufzuweisen hatte. Mei-
ster Quack war auch nicht müßig, er schüttelte den be-
quemen Pelz von der Schulter und entblößte ebenfalls
seine Arme, die freilich gegen die des Engländers ab-
stachen, wie Baum und Rohr, dagegen Sehne an
Sehne zeigten. Nachdem Alles vorher genau bestimmt
war, nahm der Engländer seinen Anlauf; er zog den
Kopf ein, wie ein wüthender Stier und stürzte auf
seinen Gegner los; der aber sprang behend zur Seite,
gab aber dabei dem Engländer einen solchen Stich
mit der geballten Faust zwischen Augen und Nase, daß
dieser blutend an die Wand taumelte. Meister Quack
stellte sich ruhig wieder auf seinen Platz und sagte:
„Guten Morgen!“ Nachdem sich der Engländer er-
holt, begann der zweite Gang; der bekam aber dem
Jnsulaner noch schlimmer. Quack gab ihm einen zwei-
ten Stich, und der Engländer fiel besinnungslos zu
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0003" n="115"/><fw type="pageNum" place="top">115</fw><cb type="start"/>
nach Angola gehen, um sich taufen zu lassen. Als sie<lb/>
zurückkamen, war er gerüstet und fiel ohne irgend einen<lb/>
Beweggrund in das portugiesische Gebiet.</p><lb/>
        <p>Das geschah auf heimlichen Antrieb Zingha's, welche<lb/>
so sein Verderben herbeiführen wollte. Sie hatte das<lb/>
Haupt der Wahrsager gewonnen, dem König einen voll-<lb/>
ständigen Sieg über die Portugiesen zu verkündigen, und<lb/>
hatte fast alle seine Truppen verführt, kein Wunder, daß<lb/>
sie in der ersten Schlacht alle davonliefen. Ngolam<lb/>
konnte sich nur mit Mühe durch Schwimmen über einen<lb/>
Arm des Coanza auf eine wüste Jnsel retten. Nur<lb/>
einige Diener folgten ihm, aber auch diese nicht aus<lb/>
Treue, wie er meinte, sondern als Diener der Rache,<lb/>
die sie an ihm vollziehen sollten. Auf der Jnsel bela-<lb/>
gert, sah sich der Fürst bald in der äußersten Noth. Er<lb/>
starb, vergiftet von der Hand seiner Leute, und wurde mit<lb/>
denselben blutigen Ceremonien begraben wie sein Vater.</p><lb/>
        <p>Sobald Zingha von seinem Tode hörte, begab sie<lb/>
sich nach Cabazzo, ließ sich krönen, schwur das Christen-<lb/>
thum ab und brachte den Götzen Weihrauch und Opfer.</p><lb/>
        <p>Jhr Bruder hinterließ einen Sohn, welcher dem<lb/>
Schagga=Kasa, dem ersten Seher des Landes, anver-<lb/>
traut war; diesen ihren Neffen mußte Zingha tödten,<lb/>
um ihren Sohn in seinem Grabe zu beruhigen, und<lb/>
mehr noch, um die Krone auf ihrem Haupte zu befesti-<lb/>
gen. Aber der junge König war geborgen und durch<lb/>
keine Gewalt zu erlangen. Da nahm Zingha zur List<lb/>
ihre Zuflucht. Sie ließ dem Schagga=Kasa eröffnen,<lb/>
daß sie ihn seit langer Zeit liebe und heirathen wolle,<lb/>
aber der Schagga=Kasa fürchtete Gefahr für seinen Zög-<lb/>
ling und schlug den ehrenvollen Antrag der schönen Frau<lb/>
aus. Da begab sie sich ohne Gefolge, fast einzig und<lb/>
allein, in das Lager ihres Neffen, liebkoste ihn und ver-<lb/>
führte den Schagga. Der Unglückliche liebte sie wirk-<lb/>
lich. Die Hochzeit wurde gefeiert und nichts gespart,<lb/>
um ihn mit seinem Zöglinge nach Cabazzo zu ziehen,<lb/>
wo sie etwas vermochte. Endlich gelang es; Lehrer und<lb/>
Schüler folgten ihr in die Stadt. Als sie hier auf den<lb/>
Hauptplatz gekommen waren, ergriff Zingha mit einer<lb/>
Hand den Neffen und mit der andern ihren Dolch, er-<lb/>
würgte das arme Kind mit eigenen Händen und warf<lb/>
den Leichnam in den Fluß, welcher die Mauern der<lb/>
Stadt bespült.</p><lb/>
        <p>Niemand hatte gewagt, sich dieser That zu wider-<lb/>
setzen, und Zingha erkannte daraus, wie mächtig sie sei.<lb/>
Sie vernichtete nun Alles, was irgend einen Anspruch auf<lb/>
die Krone haben konnte und schonte nur ihre beiden Schwe-<lb/>
stern, wahrscheinlich wegen ihrer völligen Nichtigkeit.</p><lb/>
        <p>Bis hieher hatte sie sich des Beistandes der Portu-<lb/>
giesen bedient, jetzt bedurfte sie den der Afrikaner. Jhrer<lb/>
Zeit weit vorausgeeilt, wollte sie aus den zahlreichen Hor-<lb/>
den derselben ein einziges Volk machen. Sie wußte,<lb/>
daß die Christen bei ihnen nicht beliebt waren und daß<lb/>
die Erlösungstaufe ihr Ansehen unter ihnen nicht ver-<lb/>
mehrt hatte. Sie beschloß daher, jene Taufe durch eine<lb/>
neue in Vergessenheit zu bringen. Sie ließ Hunderte<lb/>
von Menschen schlachten, um durch ihr Blut die Flecken<lb/>
wieder wegzuspülen, mit denen sie sich in den Augen<lb/>
ihrer Unterthanen durch den Umgang mit den Portugiesen<lb/>
verunreinigt hatte, und rief die schauderhaftesten Ge-<lb/>
bräuche, die jemals unter den Schaggas im Schwunge<lb/>
gewesen, wieder ins Leben, kurz sie übertraf an Wild-<lb/>
heit und Unmenschlichkeit die Tem=Ban=Dumba, welche<lb/>
die Schaggas als ihre Gesetzgeberin verehrten und deren<lb/>
Gesetze tausendmal mehr mit Blut geschrieben zu heißen<lb/>
verdienten, als die des Drakon.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">( Beschluß folgt in Nr. 16. )</hi> </p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb n="2"/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Glaspapier zum Durchzeichnen</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">U</hi>m schönes, durchsichtiges, farbloses Papier anzuferti-<lb/>
gen, bedient man sich am besten des Dammarfirnisses<lb/>
und verfährt dabei folgendermaßen. Man legt die Bo-<lb/>
gen, die man zu diesem Zwecke zubereiten will, auf-<lb/>
einander und streicht auf den obern mit einem Pinsel<lb/>
so lange Firniß, bis der Bogen vollkommen durchsichtig<lb/>
erscheint, ohne daß jedoch Flüssigkeit darauf zu bemer-<lb/>
ken ist. Nun nimmt man ihn weg, und hängt ihn<lb/>
zum Trocknen auf, um mit dem folgenden ebenso zu<lb/>
verfahren. Nach dem Trocknen kann auf solches Pa-<lb/>
pier mit Stiften, Stahlfedern und Kreide gezeichnet<lb/>
werden, ohne daß es seine farblose Durchsichtigkeit ver-<lb/>
liert oder gelb wird.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Stechen und Boxen.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">J</hi>n der Stadt Nürnberg gab es einst eine Kampfart,<lb/>
die man das <hi rendition="#g">Stechen</hi> nannte; man fuhr mit geball-<lb/>
ten Fäusten aufeinander los und suchte den Gegner da-<lb/>
mit zwischen Augen und Nase zu treffen. Diese bar-<lb/>
barische Sitte ist aber, Gott Lob! nicht mehr in der guten<lb/>
Stadt zu finden. &#x2014; Ein Engländer, der, durch seine<lb/>
zahlreichen Siege aufgebläht, sich für unüberwindlich hielt,<lb/>
kam auf den Einfall, seine heimische Jnsel zu verlassen<lb/>
und den Continent mit seinen Stößen und Püffen zu<lb/>
beehren. Er kam auf seiner Reise auch nach dem gu-<lb/>
ten alten Nürnberg, allwo er im besten Gasthof abstieg<lb/>
und sofort, wie es sein Brauch war, nach den stärksten<lb/>
Männern der Stadt fragte, um sich mit ihnen zu mes-<lb/>
sen. Unter mehren nannte ihm der Kellner den Mei-<lb/>
ster Quack und erhielt vom Engländer den Befehl, den<lb/>
Meister zu ihm auf einen ehrlichen Faustzweikampf<lb/>
einzuladen. Als Meister Quack die Einladung erhielt,<lb/>
warf er seinen alten Schafpelz um, setzte die Pudel-<lb/>
mütze auf und ging mit dem Kellner in den rothen<lb/>
Ochsen, wo der Engländer, ungeduldig harrend, im Geiste<lb/>
sich als Sieger sah. Als ihm der ehrliche Meister Quack<lb/>
vorgestellt wurde, gerieth der Engländer gewaltig in<lb/>
Zorn; er meinte, man wolle ihn gut deutsch narren;<lb/>
denn Meister Quack war kein Riese, sondern <hi rendition="#g">fast</hi> ein<lb/>
Zwerg, und wer genau zusah, konnte ihn <hi rendition="#g">fast</hi> für<lb/>
buckelig halten. Meister Quack aber beruhigte den Eng-<lb/>
länder mit der ruhigen Erklärung, der Herr Engländer<lb/>
möge bald anfangen, denn er habe zu Hause viel zu<lb/>
thun und könne sich nicht lange aufhalten. Sofort<lb/>
warf der Boxer Rock und Weste ab, streifte das Hemde<lb/>
zurück und brachte ein Paar Arme zur Ansicht, wie sie<lb/>
weiland Herkules nicht besser aufzuweisen hatte. Mei-<lb/>
ster Quack war auch nicht müßig, er schüttelte den be-<lb/>
quemen Pelz von der Schulter und entblößte ebenfalls<lb/>
seine Arme, die freilich gegen die des Engländers ab-<lb/>
stachen, wie Baum und Rohr, dagegen Sehne an<lb/>
Sehne zeigten. Nachdem Alles vorher genau bestimmt<lb/>
war, nahm der Engländer seinen Anlauf; er zog den<lb/>
Kopf ein, wie ein wüthender Stier und stürzte auf<lb/>
seinen Gegner los; der aber sprang behend zur Seite,<lb/>
gab aber dabei dem Engländer einen solchen <hi rendition="#g">Stich</hi><lb/>
mit der geballten Faust zwischen Augen und Nase, daß<lb/>
dieser blutend an die Wand taumelte. Meister Quack<lb/>
stellte sich ruhig wieder auf seinen Platz und sagte:<lb/>
&#x201E;Guten Morgen!&#x201C; Nachdem sich der Engländer er-<lb/>
holt, begann der zweite Gang; der bekam aber dem<lb/>
Jnsulaner noch schlimmer. Quack gab ihm einen zwei-<lb/>
ten Stich, und der Engländer fiel besinnungslos zu<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0003] 115 nach Angola gehen, um sich taufen zu lassen. Als sie zurückkamen, war er gerüstet und fiel ohne irgend einen Beweggrund in das portugiesische Gebiet. Das geschah auf heimlichen Antrieb Zingha's, welche so sein Verderben herbeiführen wollte. Sie hatte das Haupt der Wahrsager gewonnen, dem König einen voll- ständigen Sieg über die Portugiesen zu verkündigen, und hatte fast alle seine Truppen verführt, kein Wunder, daß sie in der ersten Schlacht alle davonliefen. Ngolam konnte sich nur mit Mühe durch Schwimmen über einen Arm des Coanza auf eine wüste Jnsel retten. Nur einige Diener folgten ihm, aber auch diese nicht aus Treue, wie er meinte, sondern als Diener der Rache, die sie an ihm vollziehen sollten. Auf der Jnsel bela- gert, sah sich der Fürst bald in der äußersten Noth. Er starb, vergiftet von der Hand seiner Leute, und wurde mit denselben blutigen Ceremonien begraben wie sein Vater. Sobald Zingha von seinem Tode hörte, begab sie sich nach Cabazzo, ließ sich krönen, schwur das Christen- thum ab und brachte den Götzen Weihrauch und Opfer. Jhr Bruder hinterließ einen Sohn, welcher dem Schagga=Kasa, dem ersten Seher des Landes, anver- traut war; diesen ihren Neffen mußte Zingha tödten, um ihren Sohn in seinem Grabe zu beruhigen, und mehr noch, um die Krone auf ihrem Haupte zu befesti- gen. Aber der junge König war geborgen und durch keine Gewalt zu erlangen. Da nahm Zingha zur List ihre Zuflucht. Sie ließ dem Schagga=Kasa eröffnen, daß sie ihn seit langer Zeit liebe und heirathen wolle, aber der Schagga=Kasa fürchtete Gefahr für seinen Zög- ling und schlug den ehrenvollen Antrag der schönen Frau aus. Da begab sie sich ohne Gefolge, fast einzig und allein, in das Lager ihres Neffen, liebkoste ihn und ver- führte den Schagga. Der Unglückliche liebte sie wirk- lich. Die Hochzeit wurde gefeiert und nichts gespart, um ihn mit seinem Zöglinge nach Cabazzo zu ziehen, wo sie etwas vermochte. Endlich gelang es; Lehrer und Schüler folgten ihr in die Stadt. Als sie hier auf den Hauptplatz gekommen waren, ergriff Zingha mit einer Hand den Neffen und mit der andern ihren Dolch, er- würgte das arme Kind mit eigenen Händen und warf den Leichnam in den Fluß, welcher die Mauern der Stadt bespült. Niemand hatte gewagt, sich dieser That zu wider- setzen, und Zingha erkannte daraus, wie mächtig sie sei. Sie vernichtete nun Alles, was irgend einen Anspruch auf die Krone haben konnte und schonte nur ihre beiden Schwe- stern, wahrscheinlich wegen ihrer völligen Nichtigkeit. Bis hieher hatte sie sich des Beistandes der Portu- giesen bedient, jetzt bedurfte sie den der Afrikaner. Jhrer Zeit weit vorausgeeilt, wollte sie aus den zahlreichen Hor- den derselben ein einziges Volk machen. Sie wußte, daß die Christen bei ihnen nicht beliebt waren und daß die Erlösungstaufe ihr Ansehen unter ihnen nicht ver- mehrt hatte. Sie beschloß daher, jene Taufe durch eine neue in Vergessenheit zu bringen. Sie ließ Hunderte von Menschen schlachten, um durch ihr Blut die Flecken wieder wegzuspülen, mit denen sie sich in den Augen ihrer Unterthanen durch den Umgang mit den Portugiesen verunreinigt hatte, und rief die schauderhaftesten Ge- bräuche, die jemals unter den Schaggas im Schwunge gewesen, wieder ins Leben, kurz sie übertraf an Wild- heit und Unmenschlichkeit die Tem=Ban=Dumba, welche die Schaggas als ihre Gesetzgeberin verehrten und deren Gesetze tausendmal mehr mit Blut geschrieben zu heißen verdienten, als die des Drakon. ( Beschluß folgt in Nr. 16. ) Glaspapier zum Durchzeichnen Um schönes, durchsichtiges, farbloses Papier anzuferti- gen, bedient man sich am besten des Dammarfirnisses und verfährt dabei folgendermaßen. Man legt die Bo- gen, die man zu diesem Zwecke zubereiten will, auf- einander und streicht auf den obern mit einem Pinsel so lange Firniß, bis der Bogen vollkommen durchsichtig erscheint, ohne daß jedoch Flüssigkeit darauf zu bemer- ken ist. Nun nimmt man ihn weg, und hängt ihn zum Trocknen auf, um mit dem folgenden ebenso zu verfahren. Nach dem Trocknen kann auf solches Pa- pier mit Stiften, Stahlfedern und Kreide gezeichnet werden, ohne daß es seine farblose Durchsichtigkeit ver- liert oder gelb wird. Stechen und Boxen. Jn der Stadt Nürnberg gab es einst eine Kampfart, die man das Stechen nannte; man fuhr mit geball- ten Fäusten aufeinander los und suchte den Gegner da- mit zwischen Augen und Nase zu treffen. Diese bar- barische Sitte ist aber, Gott Lob! nicht mehr in der guten Stadt zu finden. — Ein Engländer, der, durch seine zahlreichen Siege aufgebläht, sich für unüberwindlich hielt, kam auf den Einfall, seine heimische Jnsel zu verlassen und den Continent mit seinen Stößen und Püffen zu beehren. Er kam auf seiner Reise auch nach dem gu- ten alten Nürnberg, allwo er im besten Gasthof abstieg und sofort, wie es sein Brauch war, nach den stärksten Männern der Stadt fragte, um sich mit ihnen zu mes- sen. Unter mehren nannte ihm der Kellner den Mei- ster Quack und erhielt vom Engländer den Befehl, den Meister zu ihm auf einen ehrlichen Faustzweikampf einzuladen. Als Meister Quack die Einladung erhielt, warf er seinen alten Schafpelz um, setzte die Pudel- mütze auf und ging mit dem Kellner in den rothen Ochsen, wo der Engländer, ungeduldig harrend, im Geiste sich als Sieger sah. Als ihm der ehrliche Meister Quack vorgestellt wurde, gerieth der Engländer gewaltig in Zorn; er meinte, man wolle ihn gut deutsch narren; denn Meister Quack war kein Riese, sondern fast ein Zwerg, und wer genau zusah, konnte ihn fast für buckelig halten. Meister Quack aber beruhigte den Eng- länder mit der ruhigen Erklärung, der Herr Engländer möge bald anfangen, denn er habe zu Hause viel zu thun und könne sich nicht lange aufhalten. Sofort warf der Boxer Rock und Weste ab, streifte das Hemde zurück und brachte ein Paar Arme zur Ansicht, wie sie weiland Herkules nicht besser aufzuweisen hatte. Mei- ster Quack war auch nicht müßig, er schüttelte den be- quemen Pelz von der Schulter und entblößte ebenfalls seine Arme, die freilich gegen die des Engländers ab- stachen, wie Baum und Rohr, dagegen Sehne an Sehne zeigten. Nachdem Alles vorher genau bestimmt war, nahm der Engländer seinen Anlauf; er zog den Kopf ein, wie ein wüthender Stier und stürzte auf seinen Gegner los; der aber sprang behend zur Seite, gab aber dabei dem Engländer einen solchen Stich mit der geballten Faust zwischen Augen und Nase, daß dieser blutend an die Wand taumelte. Meister Quack stellte sich ruhig wieder auf seinen Platz und sagte: „Guten Morgen!“ Nachdem sich der Engländer er- holt, begann der zweite Gang; der bekam aber dem Jnsulaner noch schlimmer. Quack gab ihm einen zwei- ten Stich, und der Engländer fiel besinnungslos zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig015_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig015_1843/3
Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung, Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 15. Leipzig (Sachsen), 15. April 1843, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig015_1843/3>, abgerufen am 23.11.2024.