Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 5. Prag, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

Trotz seiner ungeheuren Kraft wird der Löwe doch
lebhaft von einem gefährlichen Feinde verfolgt, der
ihn bereits von einem großen Theil der Erde ver-
trieben, und durch List und Gewalt den größten Theil
seines Geschlechtes ausgerottet hat. Dieser Feind
ist der Mensch, der den Löwen bis in seine tiefen
Höhlen verfolgt, um ihn zu tödten. Zur Zeit der
Römer geschah dieß nur, sich seiner zu bemächtigen,
und ihn nach Rom zum Kampfe in den Circus zu
führen, um dem Volke ein grausames Schauspiel zu
bereiten; in späterer Zeit war es die Pflicht der
Selbsterhaltung, welche den Menschen zu diesem
Streite bewaffnete.

Jn Afrika wird der Löwe oft durch Hunde erlegt.
12 bis 16 große Hunde versammeln sich um ihn;
aber, im Gefühl seiner Kraft, flieht er nicht vor
ihnen, sondern setzt sich ruhig nieder. Nun fallen sie
ihn an, und, obschon jeder Schlag, den er zu seiner
Vertheidigung thut, tödtlich ist, erliegt er am Ende
doch der Menge. Jn Nordafrika wird 'er auch häufig
in Gruben und Fallen gefangen, die aber sehr sorgfältig
versteckt werden müssen, da der Löwe vor jedem Gra-
ben eine solche Furcht hat, daß er nie einen überspringt.

Die Bewohner des Vorgebirges der guten Hoff-
nung erjagen den Löwen auf gewöhnlichen Pferden,
und locken ihn in das freie Feld, ihn dort zu erlegen.
Er flieht anfangs vor ihnen; dann aber scheint er
sich seiner Furcht zu schämen, wendet sich gegen seine
Feinde, schüttelt die Mähne, brüllt kurz und durch-
dringlich, und scheint gefaßt, sie zu empfangen. Schießt
ein Jäger fehl oder hat er dem Löwen nur eine leichte
Wunde beigebracht, so setzt ihm dieser mit Vogel-
schnelle nach, wird dann aber gewöhnlich ein Opfer
des zweiten Schützen. Die armen Hottentotten und
andere Afrikaner, die kein Schießgewehr haben, sind
schlimmer daran, und viele von ihnen fallen in die
Klauen der Löwen. Manchmal wird der Löwe auch
durch Selbstschüsse getödtet, indem man ein Thier an
einen Baum bindet, das mittelst einer Schnur mit
einer Flinte dergestalt in Berührung gebracht wird,
daß diese losgeht, wie der Löwe das Thier zerreißt,
und der Schuß jenen tödtet. Ueberhaupt stirbt der
Löwe leicht an Schußwunden, und hat kein zähes Leben.

Das Löwengeschlecht war in frühern Zeiten weit
mehr über die Erde verbreitet, und man fand deren
selbst in der Europäischen Türkei und in ganz Klein-
Asien. Heutzutage erscheinen sie fast nur noch in
Afrika, und gewöhnlich sind sie noch vom Atlasgebirge
bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung, so wie vom
Senegal und Guinea bis an die Küsten von Abyssi-
nien und Mozambik.

Ein gemäßigter Himmelsstrich wirkt nachtheilig
auf den Löwen, er bleibt kleiner, schwächer und muth-
loser. Dieß beweisen die Löwen, welche noch hie
und da in den milderen Gebieten von Asien, in Per-
sien zwischen Bagdad und Bassora angetroffen
werden. Jn diesem Lande werden die Löwen auch
gezähmt, und bei der Audienz des Königs von Persien
liegen zwei Löwen zu beiden Seiten am Eingang des
Audienzzimmers, von zwei Trabanten an goldenen
Ketten gehalten.

Auch die Löwen in den heißen Landstrichen von
Jndien sind nicht so stark, wie jene in ihrem eigent-
lichen Vaterlande Afrika. Die Hottentotten und an-
dere rohe Völkerschaften Afrikas sowohl als selbst die
Mauren essen das Fleisch des Löwen, welches unan-
genehm riecht, doch, nach dem Engländer Shaw
dem Kalbfleisch an Geschmack gleichen soll. Die Haut,
[Spaltenumbruch] welche eine Hauptzierde der alten griechischen Helden
war, benutzen die Afrikaner als Decken und auch zur
Kleidung. Die Europäer am Vorgebirge der guten
Hoffnung legen keinen Werth auf dieselbe.

Auch der Tiger gehört in das Katzengeschlecht,
und sowohl seine Kraft, als die Schlankheit seines
Wuchses und seine glänzende Haut, wie seine Leibes-
kraft weisen ihm keine untergeordnete Stelle in jenem
an. Kopf und Hals des schöngezeichneten Thieres
sind glatt, die Hauptfarbe seines Körpers blaßgelb
mit langen schwarzen Querstreifen, die vom Rücken
nach dem Bauche spitz zulaufen, während andere die
Schenkel durchkreuzen. Der Tiger ist lebhaft und
gewandt, seine Bewegungen kurz und rasch; er kann
seine spitzigen Klauen hervorstrecken und wieder ein-
ziehen, wie die Katze, und er läuft weniger als er
springt. Jn dem Vordertheil seines Hauptes, beson-
ders in seinen Blicken liest man die Bosheit und
Grausamkeit, welche die Hauptzüge seines Charakters
sind. Das eigentliche Vaterland des Tigers scheint
das heiße Asien, vorzüglich Ostindien mit seinen großen
Jnseln zu seyn, von wo er sich nordwärts bis an
die mitternächtlichen Grenzen von China und der
chinesischen Tartarei verbreitet hat, und einige Abarten
findet man auch am Altaischen Gebirge auf dem
Berge Ararat und in Hyrkanien.

Vorzüglich in Bengalen ist der große gestreifte
Königstiger einheimisch, der in manchen seltenen Fällen
den Löwen an Länge übertrifft, und so stark ist, daß
er, wenn er ein Roß oder einen Büffelochsen erlegt
hat, und ein Geräusch ihn stört, seine Beute im
schnellsten Laufe davon trägt, bis er seinen Zufluchts-
ort erreicht hat, ohne daß die Last des Leichnams,
den er mitschleppt, der Eile seiner Flucht großen
Eintrag thäte. Diese Art ist jedoch sehr selten, und
in der Regel ist der Tiger weder so groß noch so
stark als der Löwe; aber seine Wildheit und Grau-
samkeit macht ihn noch furchtbarer, denn er sucht
weniger den Ruhm des Sieges, als die Freude des
Zerfleischens, den Durst nach Blut, der bei ihm un-
löschbar ist. Jm Zustande der Freiheit verschmäht
er ebenfalls selbst bei großer Noth eine todte Beute,
er will, wie der Löwe, seinem Opfer das Leben neh-
men, und sich an dem rauchenden Blute letzen. Gleich-
wohl ist dieses Thier von Natur hinterlistig, und trotz
der großen Kraft, womit es ausgestattet ist, überrascht
es lieber, als es offen angreift. Wenn der Tiger ver-
folgt wird, braucht es nicht mehr als eines Kindes, um
ihn von seinem Wege abzuschrecken. Er erwartet seinen
Feind nie in der freien Ebene, in verborgenen Schlupf-
winkeln und dem dichtesten Gestrüppe müssen ihn die
Jäger verfolgen, um ihn zu erlegen. ( Fortsetzung folgt. )



Englische Ankündigungen.

Jn keinem Lande der Welt hat man die Kunst
anzukündigen so sehr ins Große getrieben, als in
England, und, die Zeitungen in ungeheuerm Formate
abgerechnet, gibt es eigne Leute, die man auf die
Straßen aussendet, um die Vortrefflichkeit und Bil-
ligkeit seiner Waaren anzurühmen. Eine solche wan-
delnde Ankündigung ist gewöhnlich ein bejahrter Mann
in einem bis auf die Erde reichenden Ueberrock, mit
unzähligen Flecken und Flicken besäet, und hie und
da noch zerrissen. Ein ungeheures Schild ist an sei-
nem Halse befestigt, und bildet, bis beinahe an die
Knie reichend, gleichsam einen Halbkreis um seinen
Körper, hinter welchem die Hände schlaff herunter
hängen. Auf diesem Schilde ist der Name und
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

Trotz seiner ungeheuren Kraft wird der Löwe doch
lebhaft von einem gefährlichen Feinde verfolgt, der
ihn bereits von einem großen Theil der Erde ver-
trieben, und durch List und Gewalt den größten Theil
seines Geschlechtes ausgerottet hat. Dieser Feind
ist der Mensch, der den Löwen bis in seine tiefen
Höhlen verfolgt, um ihn zu tödten. Zur Zeit der
Römer geschah dieß nur, sich seiner zu bemächtigen,
und ihn nach Rom zum Kampfe in den Circus zu
führen, um dem Volke ein grausames Schauspiel zu
bereiten; in späterer Zeit war es die Pflicht der
Selbsterhaltung, welche den Menschen zu diesem
Streite bewaffnete.

Jn Afrika wird der Löwe oft durch Hunde erlegt.
12 bis 16 große Hunde versammeln sich um ihn;
aber, im Gefühl seiner Kraft, flieht er nicht vor
ihnen, sondern setzt sich ruhig nieder. Nun fallen sie
ihn an, und, obschon jeder Schlag, den er zu seiner
Vertheidigung thut, tödtlich ist, erliegt er am Ende
doch der Menge. Jn Nordafrika wird 'er auch häufig
in Gruben und Fallen gefangen, die aber sehr sorgfältig
versteckt werden müssen, da der Löwe vor jedem Gra-
ben eine solche Furcht hat, daß er nie einen überspringt.

Die Bewohner des Vorgebirges der guten Hoff-
nung erjagen den Löwen auf gewöhnlichen Pferden,
und locken ihn in das freie Feld, ihn dort zu erlegen.
Er flieht anfangs vor ihnen; dann aber scheint er
sich seiner Furcht zu schämen, wendet sich gegen seine
Feinde, schüttelt die Mähne, brüllt kurz und durch-
dringlich, und scheint gefaßt, sie zu empfangen. Schießt
ein Jäger fehl oder hat er dem Löwen nur eine leichte
Wunde beigebracht, so setzt ihm dieser mit Vogel-
schnelle nach, wird dann aber gewöhnlich ein Opfer
des zweiten Schützen. Die armen Hottentotten und
andere Afrikaner, die kein Schießgewehr haben, sind
schlimmer daran, und viele von ihnen fallen in die
Klauen der Löwen. Manchmal wird der Löwe auch
durch Selbstschüsse getödtet, indem man ein Thier an
einen Baum bindet, das mittelst einer Schnur mit
einer Flinte dergestalt in Berührung gebracht wird,
daß diese losgeht, wie der Löwe das Thier zerreißt,
und der Schuß jenen tödtet. Ueberhaupt stirbt der
Löwe leicht an Schußwunden, und hat kein zähes Leben.

Das Löwengeschlecht war in frühern Zeiten weit
mehr über die Erde verbreitet, und man fand deren
selbst in der Europäischen Türkei und in ganz Klein-
Asien. Heutzutage erscheinen sie fast nur noch in
Afrika, und gewöhnlich sind sie noch vom Atlasgebirge
bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung, so wie vom
Senegal und Guinea bis an die Küsten von Abyssi-
nien und Mozambik.

Ein gemäßigter Himmelsstrich wirkt nachtheilig
auf den Löwen, er bleibt kleiner, schwächer und muth-
loser. Dieß beweisen die Löwen, welche noch hie
und da in den milderen Gebieten von Asien, in Per-
sien zwischen Bagdad und Bassora angetroffen
werden. Jn diesem Lande werden die Löwen auch
gezähmt, und bei der Audienz des Königs von Persien
liegen zwei Löwen zu beiden Seiten am Eingang des
Audienzzimmers, von zwei Trabanten an goldenen
Ketten gehalten.

Auch die Löwen in den heißen Landstrichen von
Jndien sind nicht so stark, wie jene in ihrem eigent-
lichen Vaterlande Afrika. Die Hottentotten und an-
dere rohe Völkerschaften Afrikas sowohl als selbst die
Mauren essen das Fleisch des Löwen, welches unan-
genehm riecht, doch, nach dem Engländer Shaw
dem Kalbfleisch an Geschmack gleichen soll. Die Haut,
[Spaltenumbruch] welche eine Hauptzierde der alten griechischen Helden
war, benutzen die Afrikaner als Decken und auch zur
Kleidung. Die Europäer am Vorgebirge der guten
Hoffnung legen keinen Werth auf dieselbe.

Auch der Tiger gehört in das Katzengeschlecht,
und sowohl seine Kraft, als die Schlankheit seines
Wuchses und seine glänzende Haut, wie seine Leibes-
kraft weisen ihm keine untergeordnete Stelle in jenem
an. Kopf und Hals des schöngezeichneten Thieres
sind glatt, die Hauptfarbe seines Körpers blaßgelb
mit langen schwarzen Querstreifen, die vom Rücken
nach dem Bauche spitz zulaufen, während andere die
Schenkel durchkreuzen. Der Tiger ist lebhaft und
gewandt, seine Bewegungen kurz und rasch; er kann
seine spitzigen Klauen hervorstrecken und wieder ein-
ziehen, wie die Katze, und er läuft weniger als er
springt. Jn dem Vordertheil seines Hauptes, beson-
ders in seinen Blicken liest man die Bosheit und
Grausamkeit, welche die Hauptzüge seines Charakters
sind. Das eigentliche Vaterland des Tigers scheint
das heiße Asien, vorzüglich Ostindien mit seinen großen
Jnseln zu seyn, von wo er sich nordwärts bis an
die mitternächtlichen Grenzen von China und der
chinesischen Tartarei verbreitet hat, und einige Abarten
findet man auch am Altaischen Gebirge auf dem
Berge Ararat und in Hyrkanien.

Vorzüglich in Bengalen ist der große gestreifte
Königstiger einheimisch, der in manchen seltenen Fällen
den Löwen an Länge übertrifft, und so stark ist, daß
er, wenn er ein Roß oder einen Büffelochsen erlegt
hat, und ein Geräusch ihn stört, seine Beute im
schnellsten Laufe davon trägt, bis er seinen Zufluchts-
ort erreicht hat, ohne daß die Last des Leichnams,
den er mitschleppt, der Eile seiner Flucht großen
Eintrag thäte. Diese Art ist jedoch sehr selten, und
in der Regel ist der Tiger weder so groß noch so
stark als der Löwe; aber seine Wildheit und Grau-
samkeit macht ihn noch furchtbarer, denn er sucht
weniger den Ruhm des Sieges, als die Freude des
Zerfleischens, den Durst nach Blut, der bei ihm un-
löschbar ist. Jm Zustande der Freiheit verschmäht
er ebenfalls selbst bei großer Noth eine todte Beute,
er will, wie der Löwe, seinem Opfer das Leben neh-
men, und sich an dem rauchenden Blute letzen. Gleich-
wohl ist dieses Thier von Natur hinterlistig, und trotz
der großen Kraft, womit es ausgestattet ist, überrascht
es lieber, als es offen angreift. Wenn der Tiger ver-
folgt wird, braucht es nicht mehr als eines Kindes, um
ihn von seinem Wege abzuschrecken. Er erwartet seinen
Feind nie in der freien Ebene, in verborgenen Schlupf-
winkeln und dem dichtesten Gestrüppe müssen ihn die
Jäger verfolgen, um ihn zu erlegen. ( Fortsetzung folgt. )



Englische Ankündigungen.

Jn keinem Lande der Welt hat man die Kunst
anzukündigen so sehr ins Große getrieben, als in
England, und, die Zeitungen in ungeheuerm Formate
abgerechnet, gibt es eigne Leute, die man auf die
Straßen aussendet, um die Vortrefflichkeit und Bil-
ligkeit seiner Waaren anzurühmen. Eine solche wan-
delnde Ankündigung ist gewöhnlich ein bejahrter Mann
in einem bis auf die Erde reichenden Ueberrock, mit
unzähligen Flecken und Flicken besäet, und hie und
da noch zerrissen. Ein ungeheures Schild ist an sei-
nem Halse befestigt, und bildet, bis beinahe an die
Knie reichend, gleichsam einen Halbkreis um seinen
Körper, hinter welchem die Hände schlaff herunter
hängen. Auf diesem Schilde ist der Name und
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <pb facs="#f0007" n="39"/>
        <fw type="header" place="top"> <hi rendition="#g">Panorama des Universums.</hi> </fw>
        <cb type="start"/>
        <p>Trotz seiner ungeheuren Kraft wird der Löwe doch<lb/>
lebhaft von einem gefährlichen Feinde verfolgt, der<lb/>
ihn bereits von einem großen Theil der Erde ver-<lb/>
trieben, und durch List und Gewalt den größten Theil<lb/>
seines Geschlechtes ausgerottet hat. Dieser Feind<lb/>
ist der Mensch, der den Löwen bis in seine tiefen<lb/>
Höhlen verfolgt, um ihn zu tödten. Zur Zeit der<lb/>
Römer geschah dieß nur, sich seiner zu bemächtigen,<lb/>
und ihn nach <hi rendition="#g">Rom</hi> zum Kampfe in den Circus zu<lb/>
führen, um dem Volke ein grausames Schauspiel zu<lb/>
bereiten; in späterer Zeit war es die Pflicht der<lb/>
Selbsterhaltung, welche den Menschen zu diesem<lb/>
Streite bewaffnete.</p><lb/>
        <p>Jn Afrika wird der Löwe oft durch Hunde erlegt.<lb/>
12 bis 16 große Hunde versammeln sich um ihn;<lb/>
aber, im Gefühl seiner Kraft, flieht er nicht vor<lb/>
ihnen, sondern setzt sich ruhig nieder. Nun fallen sie<lb/>
ihn an, und, obschon jeder Schlag, den er zu seiner<lb/>
Vertheidigung thut, tödtlich ist, erliegt er am Ende<lb/>
doch der Menge. Jn Nordafrika wird 'er auch häufig<lb/>
in Gruben und Fallen gefangen, die aber sehr sorgfältig<lb/>
versteckt werden müssen, da der Löwe vor jedem Gra-<lb/>
ben eine solche Furcht hat, daß er nie einen überspringt.</p><lb/>
        <p>Die Bewohner des Vorgebirges der guten Hoff-<lb/>
nung erjagen den Löwen auf gewöhnlichen Pferden,<lb/>
und locken ihn in das freie Feld, ihn dort zu erlegen.<lb/>
Er flieht anfangs vor ihnen; dann aber scheint er<lb/>
sich seiner Furcht zu schämen, wendet sich gegen seine<lb/>
Feinde, schüttelt die Mähne, brüllt kurz und durch-<lb/>
dringlich, und scheint gefaßt, sie zu empfangen. Schießt<lb/>
ein Jäger fehl oder hat er dem Löwen nur eine leichte<lb/>
Wunde beigebracht, so setzt ihm dieser mit Vogel-<lb/>
schnelle nach, wird dann aber gewöhnlich ein Opfer<lb/>
des zweiten Schützen. Die armen Hottentotten und<lb/>
andere Afrikaner, die kein Schießgewehr haben, sind<lb/>
schlimmer daran, und viele von ihnen fallen in die<lb/>
Klauen der Löwen. Manchmal wird der Löwe auch<lb/>
durch Selbstschüsse getödtet, indem man ein Thier an<lb/>
einen Baum bindet, das mittelst einer Schnur mit<lb/>
einer Flinte dergestalt in Berührung gebracht wird,<lb/>
daß diese losgeht, wie der Löwe das Thier zerreißt,<lb/>
und der Schuß jenen tödtet. Ueberhaupt stirbt der<lb/>
Löwe leicht an Schußwunden, und hat kein zähes Leben.</p><lb/>
        <p>Das Löwengeschlecht war in frühern Zeiten weit<lb/>
mehr über die Erde verbreitet, und man fand deren<lb/>
selbst in der Europäischen Türkei und in ganz Klein-<lb/>
Asien. Heutzutage erscheinen sie fast nur noch in<lb/>
Afrika, und gewöhnlich sind sie noch vom Atlasgebirge<lb/>
bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung, so wie vom<lb/>
Senegal und Guinea bis an die Küsten von Abyssi-<lb/>
nien und Mozambik.</p><lb/>
        <p>Ein gemäßigter Himmelsstrich wirkt nachtheilig<lb/>
auf den Löwen, er bleibt kleiner, schwächer und muth-<lb/>
loser. Dieß beweisen die Löwen, welche noch hie<lb/>
und da in den milderen Gebieten von Asien, in Per-<lb/>
sien zwischen <hi rendition="#g">Bagdad</hi> und <hi rendition="#g">Bassora</hi> angetroffen<lb/>
werden. Jn diesem Lande werden die Löwen auch<lb/>
gezähmt, und bei der Audienz des Königs von Persien<lb/>
liegen zwei Löwen zu beiden Seiten am Eingang des<lb/>
Audienzzimmers, von zwei Trabanten an goldenen<lb/>
Ketten gehalten.</p><lb/>
        <p>Auch die Löwen in den heißen Landstrichen von<lb/>
Jndien sind nicht so stark, wie jene in ihrem eigent-<lb/>
lichen Vaterlande Afrika. Die Hottentotten und an-<lb/>
dere rohe Völkerschaften Afrikas sowohl als selbst die<lb/>
Mauren essen das Fleisch des Löwen, welches unan-<lb/>
genehm riecht, doch, nach dem Engländer <hi rendition="#g">Shaw</hi><lb/>
dem Kalbfleisch an Geschmack gleichen soll. Die Haut,<lb/><cb n="2"/>
welche eine Hauptzierde der alten griechischen Helden<lb/>
war, benutzen die Afrikaner als Decken und auch zur<lb/>
Kleidung. Die Europäer am Vorgebirge der guten<lb/>
Hoffnung legen keinen Werth auf dieselbe.</p><lb/>
        <p>Auch der Tiger gehört in das Katzengeschlecht,<lb/>
und sowohl seine Kraft, als die Schlankheit seines<lb/>
Wuchses und seine glänzende Haut, wie seine Leibes-<lb/>
kraft weisen ihm keine untergeordnete Stelle in jenem<lb/>
an. Kopf und Hals des schöngezeichneten Thieres<lb/>
sind glatt, die Hauptfarbe seines Körpers blaßgelb<lb/>
mit langen schwarzen Querstreifen, die vom Rücken<lb/>
nach dem Bauche spitz zulaufen, während andere die<lb/>
Schenkel durchkreuzen. Der Tiger ist lebhaft und<lb/>
gewandt, seine Bewegungen kurz und rasch; er kann<lb/>
seine spitzigen Klauen hervorstrecken und wieder ein-<lb/>
ziehen, wie die Katze, und er läuft weniger als er<lb/>
springt. Jn dem Vordertheil seines Hauptes, beson-<lb/>
ders in seinen Blicken liest man die Bosheit und<lb/>
Grausamkeit, welche die Hauptzüge seines Charakters<lb/>
sind. Das eigentliche Vaterland des Tigers scheint<lb/>
das heiße Asien, vorzüglich Ostindien mit seinen großen<lb/>
Jnseln zu seyn, von wo er sich nordwärts bis an<lb/>
die mitternächtlichen Grenzen von China und der<lb/>
chinesischen Tartarei verbreitet hat, und einige Abarten<lb/>
findet man auch am Altaischen Gebirge auf dem<lb/>
Berge Ararat und in Hyrkanien.</p><lb/>
        <p>Vorzüglich in Bengalen ist der große gestreifte<lb/>
Königstiger einheimisch, der in manchen seltenen Fällen<lb/>
den Löwen an Länge übertrifft, und so stark ist, daß<lb/>
er, wenn er ein Roß oder einen Büffelochsen erlegt<lb/>
hat, und ein Geräusch ihn stört, seine Beute im<lb/>
schnellsten Laufe davon trägt, bis er seinen Zufluchts-<lb/>
ort erreicht hat, ohne daß die Last des Leichnams,<lb/>
den er mitschleppt, der Eile seiner Flucht großen<lb/>
Eintrag thäte. Diese Art ist jedoch sehr selten, und<lb/>
in der Regel ist der Tiger weder so groß noch so<lb/>
stark als der Löwe; aber seine Wildheit und Grau-<lb/>
samkeit macht ihn noch furchtbarer, denn er sucht<lb/>
weniger den Ruhm des Sieges, als die Freude des<lb/>
Zerfleischens, den Durst nach Blut, der bei ihm un-<lb/>
löschbar ist. Jm Zustande der Freiheit verschmäht<lb/>
er ebenfalls selbst bei großer Noth eine todte Beute,<lb/>
er will, wie der Löwe, seinem Opfer das Leben neh-<lb/>
men, und sich an dem rauchenden Blute letzen. Gleich-<lb/>
wohl ist dieses Thier von Natur hinterlistig, und trotz<lb/>
der großen Kraft, womit es ausgestattet ist, überrascht<lb/>
es lieber, als es offen angreift. Wenn der Tiger ver-<lb/>
folgt wird, braucht es nicht mehr als eines Kindes, um<lb/>
ihn von seinem Wege abzuschrecken. Er erwartet seinen<lb/>
Feind nie in der freien Ebene, in verborgenen Schlupf-<lb/>
winkeln und dem dichtesten Gestrüppe müssen ihn die<lb/>
Jäger verfolgen, um ihn zu erlegen. <hi rendition="#right">( Fortsetzung folgt. )</hi> </p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Englische Ankündigungen</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Jn keinem Lande der Welt hat man die Kunst<lb/>
anzukündigen so sehr ins Große getrieben, als in<lb/>
England, und, die Zeitungen in ungeheuerm Formate<lb/>
abgerechnet, gibt es eigne Leute, die man auf die<lb/>
Straßen aussendet, um die Vortrefflichkeit und Bil-<lb/>
ligkeit seiner Waaren anzurühmen. Eine solche wan-<lb/>
delnde Ankündigung ist gewöhnlich ein bejahrter Mann<lb/>
in einem bis auf die Erde reichenden Ueberrock, mit<lb/>
unzähligen Flecken und Flicken besäet, und hie und<lb/>
da noch zerrissen. Ein ungeheures Schild ist an sei-<lb/>
nem Halse befestigt, und bildet, bis beinahe an die<lb/>
Knie reichend, gleichsam einen Halbkreis um seinen<lb/>
Körper, hinter welchem die Hände schlaff herunter<lb/>
hängen. Auf diesem Schilde ist der Name und<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0007] Panorama des Universums. Trotz seiner ungeheuren Kraft wird der Löwe doch lebhaft von einem gefährlichen Feinde verfolgt, der ihn bereits von einem großen Theil der Erde ver- trieben, und durch List und Gewalt den größten Theil seines Geschlechtes ausgerottet hat. Dieser Feind ist der Mensch, der den Löwen bis in seine tiefen Höhlen verfolgt, um ihn zu tödten. Zur Zeit der Römer geschah dieß nur, sich seiner zu bemächtigen, und ihn nach Rom zum Kampfe in den Circus zu führen, um dem Volke ein grausames Schauspiel zu bereiten; in späterer Zeit war es die Pflicht der Selbsterhaltung, welche den Menschen zu diesem Streite bewaffnete. Jn Afrika wird der Löwe oft durch Hunde erlegt. 12 bis 16 große Hunde versammeln sich um ihn; aber, im Gefühl seiner Kraft, flieht er nicht vor ihnen, sondern setzt sich ruhig nieder. Nun fallen sie ihn an, und, obschon jeder Schlag, den er zu seiner Vertheidigung thut, tödtlich ist, erliegt er am Ende doch der Menge. Jn Nordafrika wird 'er auch häufig in Gruben und Fallen gefangen, die aber sehr sorgfältig versteckt werden müssen, da der Löwe vor jedem Gra- ben eine solche Furcht hat, daß er nie einen überspringt. Die Bewohner des Vorgebirges der guten Hoff- nung erjagen den Löwen auf gewöhnlichen Pferden, und locken ihn in das freie Feld, ihn dort zu erlegen. Er flieht anfangs vor ihnen; dann aber scheint er sich seiner Furcht zu schämen, wendet sich gegen seine Feinde, schüttelt die Mähne, brüllt kurz und durch- dringlich, und scheint gefaßt, sie zu empfangen. Schießt ein Jäger fehl oder hat er dem Löwen nur eine leichte Wunde beigebracht, so setzt ihm dieser mit Vogel- schnelle nach, wird dann aber gewöhnlich ein Opfer des zweiten Schützen. Die armen Hottentotten und andere Afrikaner, die kein Schießgewehr haben, sind schlimmer daran, und viele von ihnen fallen in die Klauen der Löwen. Manchmal wird der Löwe auch durch Selbstschüsse getödtet, indem man ein Thier an einen Baum bindet, das mittelst einer Schnur mit einer Flinte dergestalt in Berührung gebracht wird, daß diese losgeht, wie der Löwe das Thier zerreißt, und der Schuß jenen tödtet. Ueberhaupt stirbt der Löwe leicht an Schußwunden, und hat kein zähes Leben. Das Löwengeschlecht war in frühern Zeiten weit mehr über die Erde verbreitet, und man fand deren selbst in der Europäischen Türkei und in ganz Klein- Asien. Heutzutage erscheinen sie fast nur noch in Afrika, und gewöhnlich sind sie noch vom Atlasgebirge bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung, so wie vom Senegal und Guinea bis an die Küsten von Abyssi- nien und Mozambik. Ein gemäßigter Himmelsstrich wirkt nachtheilig auf den Löwen, er bleibt kleiner, schwächer und muth- loser. Dieß beweisen die Löwen, welche noch hie und da in den milderen Gebieten von Asien, in Per- sien zwischen Bagdad und Bassora angetroffen werden. Jn diesem Lande werden die Löwen auch gezähmt, und bei der Audienz des Königs von Persien liegen zwei Löwen zu beiden Seiten am Eingang des Audienzzimmers, von zwei Trabanten an goldenen Ketten gehalten. Auch die Löwen in den heißen Landstrichen von Jndien sind nicht so stark, wie jene in ihrem eigent- lichen Vaterlande Afrika. Die Hottentotten und an- dere rohe Völkerschaften Afrikas sowohl als selbst die Mauren essen das Fleisch des Löwen, welches unan- genehm riecht, doch, nach dem Engländer Shaw dem Kalbfleisch an Geschmack gleichen soll. Die Haut, welche eine Hauptzierde der alten griechischen Helden war, benutzen die Afrikaner als Decken und auch zur Kleidung. Die Europäer am Vorgebirge der guten Hoffnung legen keinen Werth auf dieselbe. Auch der Tiger gehört in das Katzengeschlecht, und sowohl seine Kraft, als die Schlankheit seines Wuchses und seine glänzende Haut, wie seine Leibes- kraft weisen ihm keine untergeordnete Stelle in jenem an. Kopf und Hals des schöngezeichneten Thieres sind glatt, die Hauptfarbe seines Körpers blaßgelb mit langen schwarzen Querstreifen, die vom Rücken nach dem Bauche spitz zulaufen, während andere die Schenkel durchkreuzen. Der Tiger ist lebhaft und gewandt, seine Bewegungen kurz und rasch; er kann seine spitzigen Klauen hervorstrecken und wieder ein- ziehen, wie die Katze, und er läuft weniger als er springt. Jn dem Vordertheil seines Hauptes, beson- ders in seinen Blicken liest man die Bosheit und Grausamkeit, welche die Hauptzüge seines Charakters sind. Das eigentliche Vaterland des Tigers scheint das heiße Asien, vorzüglich Ostindien mit seinen großen Jnseln zu seyn, von wo er sich nordwärts bis an die mitternächtlichen Grenzen von China und der chinesischen Tartarei verbreitet hat, und einige Abarten findet man auch am Altaischen Gebirge auf dem Berge Ararat und in Hyrkanien. Vorzüglich in Bengalen ist der große gestreifte Königstiger einheimisch, der in manchen seltenen Fällen den Löwen an Länge übertrifft, und so stark ist, daß er, wenn er ein Roß oder einen Büffelochsen erlegt hat, und ein Geräusch ihn stört, seine Beute im schnellsten Laufe davon trägt, bis er seinen Zufluchts- ort erreicht hat, ohne daß die Last des Leichnams, den er mitschleppt, der Eile seiner Flucht großen Eintrag thäte. Diese Art ist jedoch sehr selten, und in der Regel ist der Tiger weder so groß noch so stark als der Löwe; aber seine Wildheit und Grau- samkeit macht ihn noch furchtbarer, denn er sucht weniger den Ruhm des Sieges, als die Freude des Zerfleischens, den Durst nach Blut, der bei ihm un- löschbar ist. Jm Zustande der Freiheit verschmäht er ebenfalls selbst bei großer Noth eine todte Beute, er will, wie der Löwe, seinem Opfer das Leben neh- men, und sich an dem rauchenden Blute letzen. Gleich- wohl ist dieses Thier von Natur hinterlistig, und trotz der großen Kraft, womit es ausgestattet ist, überrascht es lieber, als es offen angreift. Wenn der Tiger ver- folgt wird, braucht es nicht mehr als eines Kindes, um ihn von seinem Wege abzuschrecken. Er erwartet seinen Feind nie in der freien Ebene, in verborgenen Schlupf- winkeln und dem dichtesten Gestrüppe müssen ihn die Jäger verfolgen, um ihn zu erlegen. ( Fortsetzung folgt. ) Englische Ankündigungen. Jn keinem Lande der Welt hat man die Kunst anzukündigen so sehr ins Große getrieben, als in England, und, die Zeitungen in ungeheuerm Formate abgerechnet, gibt es eigne Leute, die man auf die Straßen aussendet, um die Vortrefflichkeit und Bil- ligkeit seiner Waaren anzurühmen. Eine solche wan- delnde Ankündigung ist gewöhnlich ein bejahrter Mann in einem bis auf die Erde reichenden Ueberrock, mit unzähligen Flecken und Flicken besäet, und hie und da noch zerrissen. Ein ungeheures Schild ist an sei- nem Halse befestigt, und bildet, bis beinahe an die Knie reichend, gleichsam einen Halbkreis um seinen Körper, hinter welchem die Hände schlaff herunter hängen. Auf diesem Schilde ist der Name und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama05_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama05_1834/7
Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 5. Prag, 1834, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama05_1834/7>, abgerufen am 03.12.2024.