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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Die aufgeklärtesten alten Philosophen vermutheten schon, daß das nie erlöschen-
de, unbewegliche Licht der Milchstraße von unzählichgen Sternen entstehen müsse,
die wegen der großen Entfernung einander so nahe scheinen, daß ihr Licht
zusammenfließt, und wir sie nicht unterscheiden können. Die Neueren zwei-
felten nicht an der Richtigkeit dieser Erklärung, obgleich sie selbst durch die
stärksten Fernröhre nicht mehr einzelne Sterne entdeckten, als an andern
Stellen des Himmels. - Die Fernröhre, welcher sich die Astronomen im
17ten Jahrhundert bedienten, waren von einer unbequemen, und übertrie-
benen Länge. Auf Befehl Ludwig XIVten wurde von Campani in Bologna
ein Fernrohr von 250 Fuß Brennweite verfertigt, durch welches der große
Cassini die zwei nächsten Trabanten des Saturn entdeckte. Auzout in Frank-
reich brachte sogar ein Objectiv von 600 Fuß Brennweite zu Stande, das aber
aus Mangel einer schicklichen Vorrichtung nicht gebraucht werden konnte.

Herschel gelang es endlich, durch die Vergrößerung und Lichtstärke seines
20füßigen Telescops, den Schimmer der Milchstraße vollkommen in kleine
Sterne aufzulösen, die sich deutlich von einander unterscheiden lassen; auch be-
merkte er in der That, daß jede Stelle der Milchstraße um so sternreicher
ist, je glänzender sie dem bloßen Auge erscheint. - Um sich einen Begriff
von der unzähligen Menge der Sterne zu machen, die den Schimmer der Milch-
straße hervorbringen, bediente sich Herschel des genau bestimmten Feldes sei-
nes Telescops als Maaß. Er fand im Durchschnitt, daß ein Raum der Milch-
straße von 2° Breite, und 15° Länge nicht weniger als 50,000 Sterne enthielt,
die noch groß genug waren um deutlich gezählt zu werden, und wenigstens

100,000

Die aufgeklärtesten alten Philosophen vermutheten schon, daß das nie erlöschen-
de, unbewegliche Licht der Milchstraße von unzählichgen Sternen entstehen müsse,
die wegen der großen Entfernung einander so nahe scheinen, daß ihr Licht
zusammenfließt, und wir sie nicht unterscheiden können. Die Neueren zwei-
felten nicht an der Richtigkeit dieser Erklärung, obgleich sie selbst durch die
stärksten Fernröhre nicht mehr einzelne Sterne entdeckten, als an andern
Stellen des Himmels. – Die Fernröhre, welcher sich die Astronomen im
17ten Jahrhundert bedienten, waren von einer unbequemen, und übertrie-
benen Länge. Auf Befehl Ludwig XIVten wurde von Campani in Bologna
ein Fernrohr von 250 Fuß Brennweite verfertigt, durch welches der große
Cassini die zwei nächsten Trabanten des Saturn entdeckte. Auzout in Frank-
reich brachte sogar ein Objectiv von 600 Fuß Brennweite zu Stande, das aber
aus Mangel einer schicklichen Vorrichtung nicht gebraucht werden konnte.

Herschel gelang es endlich, durch die Vergrößerung und Lichtstärke seines
20füßigen Telescops, den Schimmer der Milchstraße vollkommen in kleine
Sterne aufzulösen, die sich deutlich von einander unterscheiden lassen; auch be-
merkte er in der That, daß jede Stelle der Milchstraße um so sternreicher
ist, je glänzender sie dem bloßen Auge erscheint. – Um sich einen Begriff
von der unzähligen Menge der Sterne zu machen, die den Schimmer der Milch-
straße hervorbringen, bediente sich Herschel des genau bestimmten Feldes sei-
nes Telescops als Maaß. Er fand im Durchschnitt, daß ein Raum der Milch-
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 2v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/8>, abgerufen am 26.11.2024.