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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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100,000 die wegen ihres schwachen Lichtes sich nicht mehr zählen ließen. Da nun die
Milchstraße im Durchschnitt eine Breite von wenigstens 12° hat, und sich über den
ganzen Himmel durch 360° erstreckt, so würde dies wenigstens 20 Millionen
Sterne in der Milchstraße geben. - Wären wir aber auch im Stande die
Menge der Sterne in der Milchstraße einigermaßen genau zu bestimmen, so
würde uns dies bei weitem nicht einen hinlänglichen Begriff von der Uner-
meßlichkeit auch nur desjenigen Theils des Universums geben, den unser
Auge erreichen kann. Wir wissen nicht, wie viele Sternhaufen, der Milchstra-
ße gleich, über den Himmel verbreitet liegen. Es ist offenbar, daß, wenn
die Milchstraße tausendmal weiter von uns entfernt wäre, die einzelnen
Sterne, welche man jetzt noch in ihr entdecken kann, in eben dem Verhältniß an
Lichtstärke verlieren, und näher zusammenrücken würden: das Ganze würde
endlich zu einer kleinen, matten Wolke einschrumpfen, in der sich keine ein-
zelnen Sterne mehr entdecken ließen. Wenn unser Auge von der Milch-
straße nur um einen Durchmesser derselben entfernt wäre, so würde sie
uns nur unter einem Winkel von 60° erscheinen, nicht viel größer als das
Gestirn des großen Bären; in einer Entfernung von 10 Durchmessern,
würde sie nur unter einem Winkel von 2° 25 Minuten, ungefähr so groß wie
das Siebengestirn, und auf 100 Durchmesser unter einem Winkel von 17 Minuten,
kleiner als der berühmte Fleck in der Andromeda erscheinen. Sie würde in
dieser Entfernung dem bloßen Auge unsichtbar seyn, und durch Fernröhre als ein
Wölkchen von schwachem Licht, ähnlich den kleinen Lichtmassen dastehen, denen die
Astronomen den Namen der Nebelflecke gegeben haben, und deren, wie früher

erwähnt

100,000 die wegen ihres schwachen Lichtes sich nicht mehr zählen ließen. Da nun die
Milchstraße im Durchschnitt eine Breite von wenigstens 12° hat, und sich über den
ganzen Himmel durch 360° erstreckt, so würde dies wenigstens 20 Millionen
Sterne in der Milchstraße geben. – Wären wir aber auch im Stande die
Menge der Sterne in der Milchstraße einigermaßen genau zu bestimmen, so
würde uns dies bei weitem nicht einen hinlänglichen Begriff von der Uner-
meßlichkeit auch nur desjenigen Theils des Universums geben, den unser
Auge erreichen kann. Wir wissen nicht, wie viele Sternhaufen, der Milchstra-
ße gleich, über den Himmel verbreitet liegen. Es ist offenbar, daß, wenn
die Milchstraße tausendmal weiter von uns entfernt wäre, die einzelnen
Sterne, welche man jetzt noch in ihr entdecken kann, in eben dem Verhältniß an
Lichtstärke verlieren, und näher zusammenrücken würden: das Ganze würde
endlich zu einer kleinen, matten Wolke einschrumpfen, in der sich keine ein-
zelnen Sterne mehr entdecken ließen. Wenn unser Auge von der Milch-
straße nur um einen Durchmesser derselben entfernt wäre, so würde sie
uns nur unter einem Winkel von 60° erscheinen, nicht viel größer als das
Gestirn des großen Bären; in einer Entfernung von 10 Durchmessern,
würde sie nur unter einem Winkel von 2° 25 Minuten, ungefähr so groß wie
das Siebengestirn, und auf 100 Durchmesser unter einem Winkel von 17 Minuten,
kleiner als der berühmte Fleck in der Andromeda erscheinen. Sie würde in
dieser Entfernung dem bloßen Auge unsichtbar seyn, und durch Fernröhre als ein
Wölkchen von schwachem Licht, ähnlich den kleinen Lichtmassen dastehen, denen die
Astronomen den Namen der Nebelflecke gegeben haben, und deren, wie früher

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[3r/0009] 100,000 die wegen ihres schwachen Lichtes sich nicht mehr zählen ließen. Da nun die Milchstraße im Durchschnitt eine Breite von wenigstens 12° hat, und sich über den ganzen Himmel durch 360° erstreckt, so würde dies wenigstens 20 Millionen Sterne in der Milchstraße geben. – Wären wir aber auch im Stande die Menge der Sterne in der Milchstraße einigermaßen genau zu bestimmen, so würde uns dies bei weitem nicht einen hinlänglichen Begriff von der Uner- meßlichkeit auch nur desjenigen Theils des Universums geben, den unser Auge erreichen kann. Wir wissen nicht, wie viele Sternhaufen, der Milchstra- ße gleich, über den Himmel verbreitet liegen. Es ist offenbar, daß, wenn die Milchstraße tausendmal weiter von uns entfernt wäre, die einzelnen Sterne, welche man jetzt noch in ihr entdecken kann, in eben dem Verhältniß an Lichtstärke verlieren, und näher zusammenrücken würden: das Ganze würde endlich zu einer kleinen, matten Wolke einschrumpfen, in der sich keine ein- zelnen Sterne mehr entdecken ließen. Wenn unser Auge von der Milch- straße nur um einen Durchmesser derselben entfernt wäre, so würde sie uns nur unter einem Winkel von 60° erscheinen, nicht viel größer als das Gestirn des großen Bären; in einer Entfernung von 10 Durchmessern, würde sie nur unter einem Winkel von 2° 25 Min., ungefähr so groß wie das Siebengestirn, und auf 100 Durchmesser unter einem Winkel von 17 Min., kleiner als der berühmte Fleck in der Andromeda erscheinen. Sie würde in dieser Entfernung dem bloßen Auge unsichtbar seyn, und durch Fernröhre als ein Wölkchen von schwachem Licht, ähnlich den kleinen Lichtmassen dastehen, denen die Astronomen den Namen der Nebelflecke gegeben haben, und deren, wie früher erwähnt

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 3r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/9>, abgerufen am 26.11.2024.