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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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[1te und 2te Vorlesung (6. und 13. Dezember 1827)]

Anstatt der Definition des Wortes Naturgeschichte, will ich es
versuchen ein Bild der Natur selbst zu entwerfen. Ich kann dazu keine bessere
Einleitung geben, als eine Uebersicht der Zustände im Allgemeinen, in welchen
uns die Materie im Weltraume erscheint. Wir nehmen sie wahr in zweier-
lei Gestalt: 1tens zu Weltkörpern geballt, und 2tens, als Dunstmasse da-
zwischen verbreitet.

Ich fange mit denjenigen Körpern an, welche in der Lichtbildung begriffen
scheinen. Durch Herschelsche und Frauenhofersche Telescope bemerkt man nämlich
Nebelsterne, welche einen mehr oder minder hellen Kern, mit einer Lichthülle
umgeben zeigen: in dieser Lichthülle nimmt man ein Ab- und Zunehmen der
Lichtstärke wahr, eine Ebbe und Fluth. Sie mögen zu den primitiven For-
mationen, zu den Uranfängen des Aggregatzustandes gehören. Es scheinen
dies Sonnen zu seyn, die nicht von Sternen, nicht von einzelnen Weltkörpern,
sondern von einem leuchtenden Fluidum, einem Lichtstoffe umgeben sind, der
sich noch nicht zu sphärischen Weltkörpern gebildet hat, oder aus dem vielleicht der
Central-Stern durch eine anfangende Verdichtung entstanden ist.

Andere dieser Lichtmassen am Himmel, denen die Astronomen den Namen
der Nebelflecke gegeben haben, lösen sich vor den Telescopen in einzelne helle
Punkte auf, die aber wahrscheinlich nur näher zusammenstehende Systeme von Son-
nen, welches Milchstraßen sind, die wenigstens um 100 ihrer Durchmesser von
uns entfernt sind. - Herschel hat diese entfernten Milchstraßen am ganzen
Himmel aufgesucht, und es sind deren bereits über 3000 entdeckt worden.


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[1te und 2te Vorlesung (6. und 13. Dezember 1827)]

Anstatt der Definition des Wortes Naturgeschichte, will ich es
versuchen ein Bild der Natur selbst zu entwerfen. Ich kann dazu keine bessere
Einleitung geben, als eine Uebersicht der Zustände im Allgemeinen, in welchen
uns die Materie im Weltraume erscheint. Wir nehmen sie wahr in zweier-
lei Gestalt: 1tens zu Weltkörpern geballt, und 2tens, als Dunstmasse da-
zwischen verbreitet.

Ich fange mit denjenigen Körpern an, welche in der Lichtbildung begriffen
scheinen. Durch Herschelsche und Frauenhofersche Telescope bemerkt man nämlich
Nebelsterne, welche einen mehr oder minder hellen Kern, mit einer Lichthülle
umgeben zeigen: in dieser Lichthülle nimmt man ein Ab- und Zunehmen der
Lichtstärke wahr, eine Ebbe und Fluth. Sie mögen zu den primitiven For-
mationen, zu den Uranfängen des Aggregatzustandes gehören. Es scheinen
dies Sonnen zu seyn, die nicht von Sternen, nicht von einzelnen Weltkörpern,
sondern von einem leuchtenden Fluidum, einem Lichtstoffe umgeben sind, der
sich noch nicht zu sphärischen Weltkörpern gebildet hat, oder aus dem vielleicht der
Central-Stern durch eine anfangende Verdichtung entstanden ist.

Andere dieser Lichtmassen am Himmel, denen die Astronomen den Namen
der Nebelflecke gegeben haben, lösen sich vor den Telescopen in einzelne helle
Punkte auf, die aber wahrscheinlich nur näher zusammenstehende Systeme von Son-
nen, welches Milchstraßen sind, die wenigstens um 100 ihrer Durchmesser von
uns entfernt sind. – Herschel hat diese entfernten Milchstraßen am ganzen
Himmel aufgesucht, und es sind deren bereits über 3000 entdeckt worden.

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[2r/0007] [Abbildung] 1te und 2te Vorlesung (6. und 13. Dezember 1827) Anstatt der Definition des Wortes Naturgeschichte, will ich es versuchen ein Bild der Natur selbst zu entwerfen. Ich kann dazu keine bessere Einleitung geben, als eine Uebersicht der Zustände im Allgemeinen, in welchen uns die Materie im Weltraume erscheint. Wir nehmen sie wahr in zweier- lei Gestalt: 1tens zu Weltkörpern geballt, und 2tens, als Dunstmasse da- zwischen verbreitet. Ich fange mit denjenigen Körpern an, welche in der Lichtbildung begriffen scheinen. Durch Herschelsche und Frauenhofersche Telescope bemerkt man nämlich Nebelsterne, welche einen mehr oder minder hellen Kern, mit einer Lichthülle umgeben zeigen: in dieser Lichthülle nimmt man ein Ab und Zunehmen der Lichtstärke wahr, eine Ebbe und Fluth. Sie mögen zu den primitiven For- mationen, zu den Uranfängen des Agregatzustandes gehören. Es scheinen dies Sonnen zu seyn, die nicht von Sternen, nicht von einzelnen Weltkörpern, sondern von einem leuchtenden Fluidum, einem Lichtstoffe umgeben sind, der sich noch nicht zu sphärischen Weltkörpern gebildet hat, oder aus dem vielleicht der CentralStern durch eine anfangende Verdichtung entstanden ist. Andere dieser Lichtmassen am Himmel, denen die Astronomen den Namen der Nebelflecke gegeben haben, lösen sich vor den Telescopen in einzelne helle Punkte auf, die aber wahrscheinlich nur näher zusammenstehende Systeme von Son- nen, welches Milchstraßen sind, die wenigstens um 100 ihrer Durchmesser von uns entfernt sind. – Herschel hat diese entfernten Milchstraßen am ganzen Himmel aufgesucht, und es sind deren bereits über 3000 entdeckt worden.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 2r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/7>, abgerufen am 26.11.2024.