Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 6. Stuttgart/Tübingen, 10. Februar 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] Raunt' er seinem Bogen: "Fehl' nicht!"
Raunt' er seinem Pfeile: "Schweif' nicht!"
Sandt' ihn singend seinen Weg in's
Rothe Herz des falben Damhirschs;
Warf den Hirsch auf seine Schultern,
Weiter eilend ohne Rasten.

An der Pforte seines Wigwams
Saß der alte Pfeilemacher
Jn dem Lande der Dacotahs,
Macht' aus Jaspis Pfeilespitzen,
Pfeilespitzen aus Chalcedon.
Neben ihm, in ihrer Schönheit,
Saß die süße Minnehaha,
Seine Tochter Lachend Wasser,
Matten flechtend sie aus Binsen;
Sann Vergang'nem nach der Alte,
Sann das Mädchen in die Zukunft.
Er gedachte, wie er saß dort,
Jener Tage, wo mit solchen
Pfeilen Hirsch er schoß und Bison,
Auf der Muskoday, der Wiese;
Wo die Wildgans, fliegend südwärts,
Er im Flug schoß, laute Wawa;
Dacht' auch an die großen Kriegstrupps,
Wie sie kauften seine Pfeile,
Haben mußten seine Pfeile.
O, nicht gab es mehr auf Erden
Krieger stolz und kühn, wie jene!
Alle Männer jetzt wie Weiber,
Fechtend nur noch mit der Zunge!
Sie doch dacht' an einen Jäger,
Andern Stamms und and'rer Gegend,
Jung und schlank und schön von Anseh'n,
Der 'nes Morgens, in der Lenzzeit,
Kam zu kaufen Vaters Pfeile,
Saß und rastete im Wigwam,
Zögernd stand um Schwell' und Thürweg,
Rückwärts sehend, als er fortging.
Pries ihn dazumal ihr Vater,
Pries des Jünglings Muth und Weisheit;
Wüßte gern sie, ob für Pfeile
Noch einmal er kommen würde
Zu den Fällen Minnehaha's?
Auf der Matte ruhte müssig
Jhre Hand, ihr Auge träumte.
Durch ihr Sinnen tönt' ein Schreiten,
Tönt' ein Rascheln in den Aesten,
Und, Gesicht und Stirne glühend,
Mit dem Hirsch auf seinen Schultern,
Plötzlich aus den Waldlandstrecken
Trat mein Hiawatha vor sie.
[Spaltenumbruch]
Ernst empor von seiner Arbeit
Sah der alte Pfeilemacher,
Legte fort halbfert'ge Spitze,
Hieß ihn treten ein zur Pforte,
Sprechend, als zum Gruß er aufstand:
"Hiawatha, sey willkommen!"
Zu den Füßen Lachend Wassers
Niederlegte seine Bürde,
Warf den Falbhirsch Hiawatha;
Auf zu ihm sah still das Mädchen,
Auf zu ihm von ihrer Matte,
Sprach mit sanftem Blick und Tone:
"Sey willkommen, Hiawatha!"
Sehr geräumig war der Wigwam,
Hergestellt aus der gegerbten
Und geweißten Haut des Hirsches,
Mit den Göttern der Dacotahs
Bunt gemalt auf Wand und Vorhang;
Und so hoch war seine Pforte,
Daß der Jüngling kaum sich bückte,
Daß sich kaum die Adlerfedern
Seines Hauptes oben stießen,
Als er eintrat zu der Pforte.
Drauf erhob sich Lachend Wasser,
Auf vom Boden Minnehaha,
Legte fort halbfert'ge Matte,
Brachte Mahl, und stellt' es vor sie,
Brachte Wasser auch vom Bächlein,
Gab das Mahl auf ird'nen Schüsseln,
Gab den Trunk in Baßholz=Schalen,
Lauschte, während sprach der Gastfreund,
Und entgegen sprach ihr Vater;
Sie doch that nicht auf die Lippen,
Redete kein Wort, kein einz'ges.
Lauschte sie gleichwie im Traume
Auf die Worte Hiawatha's,
Wie er sprach von der Nokomis,
Die ihn pflegte, als er klein war;
Wie er sprach von den Genossen,
Chibiabos, ihm dem Singer,
Und dem starken Manne, Kwasind;
Wie er sprach von Glück und Fülle
Jn dem Land der Tschippewäer,
Jn dem Lande schön und friedlich.
"Nach viel Jahren Blutvergießens,
Vielen Jahren Kriegs und Kampfes,
Jst nun endlich Friede zwischen
Tschippewäern und Dacotahs;"
So fuhr fort mein Hiawatha,
Und sprach dann noch, sprach es langsam:
"Auf daß dieser Friede währe,
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Raunt' er seinem Bogen: „Fehl' nicht!“
Raunt' er seinem Pfeile: „Schweif' nicht!“
Sandt' ihn singend seinen Weg in's
Rothe Herz des falben Damhirschs;
Warf den Hirsch auf seine Schultern,
Weiter eilend ohne Rasten.

An der Pforte seines Wigwams
Saß der alte Pfeilemacher
Jn dem Lande der Dacotahs,
Macht' aus Jaspis Pfeilespitzen,
Pfeilespitzen aus Chalcedon.
Neben ihm, in ihrer Schönheit,
Saß die süße Minnehaha,
Seine Tochter Lachend Wasser,
Matten flechtend sie aus Binsen;
Sann Vergang'nem nach der Alte,
Sann das Mädchen in die Zukunft.
Er gedachte, wie er saß dort,
Jener Tage, wo mit solchen
Pfeilen Hirsch er schoß und Bison,
Auf der Muskoday, der Wiese;
Wo die Wildgans, fliegend südwärts,
Er im Flug schoß, laute Wawa;
Dacht' auch an die großen Kriegstrupps,
Wie sie kauften seine Pfeile,
Haben mußten seine Pfeile.
O, nicht gab es mehr auf Erden
Krieger stolz und kühn, wie jene!
Alle Männer jetzt wie Weiber,
Fechtend nur noch mit der Zunge!
Sie doch dacht' an einen Jäger,
Andern Stamms und and'rer Gegend,
Jung und schlank und schön von Anseh'n,
Der 'nes Morgens, in der Lenzzeit,
Kam zu kaufen Vaters Pfeile,
Saß und rastete im Wigwam,
Zögernd stand um Schwell' und Thürweg,
Rückwärts sehend, als er fortging.
Pries ihn dazumal ihr Vater,
Pries des Jünglings Muth und Weisheit;
Wüßte gern sie, ob für Pfeile
Noch einmal er kommen würde
Zu den Fällen Minnehaha's?
Auf der Matte ruhte müssig
Jhre Hand, ihr Auge träumte.
Durch ihr Sinnen tönt' ein Schreiten,
Tönt' ein Rascheln in den Aesten,
Und, Gesicht und Stirne glühend,
Mit dem Hirsch auf seinen Schultern,
Plötzlich aus den Waldlandstrecken
Trat mein Hiawatha vor sie.
[Spaltenumbruch]
Ernst empor von seiner Arbeit
Sah der alte Pfeilemacher,
Legte fort halbfert'ge Spitze,
Hieß ihn treten ein zur Pforte,
Sprechend, als zum Gruß er aufstand:
„Hiawatha, sey willkommen!“
Zu den Füßen Lachend Wassers
Niederlegte seine Bürde,
Warf den Falbhirsch Hiawatha;
Auf zu ihm sah still das Mädchen,
Auf zu ihm von ihrer Matte,
Sprach mit sanftem Blick und Tone:
„Sey willkommen, Hiawatha!“
Sehr geräumig war der Wigwam,
Hergestellt aus der gegerbten
Und geweißten Haut des Hirsches,
Mit den Göttern der Dacotahs
Bunt gemalt auf Wand und Vorhang;
Und so hoch war seine Pforte,
Daß der Jüngling kaum sich bückte,
Daß sich kaum die Adlerfedern
Seines Hauptes oben stießen,
Als er eintrat zu der Pforte.
Drauf erhob sich Lachend Wasser,
Auf vom Boden Minnehaha,
Legte fort halbfert'ge Matte,
Brachte Mahl, und stellt' es vor sie,
Brachte Wasser auch vom Bächlein,
Gab das Mahl auf ird'nen Schüsseln,
Gab den Trunk in Baßholz=Schalen,
Lauschte, während sprach der Gastfreund,
Und entgegen sprach ihr Vater;
Sie doch that nicht auf die Lippen,
Redete kein Wort, kein einz'ges.
Lauschte sie gleichwie im Traume
Auf die Worte Hiawatha's,
Wie er sprach von der Nokomis,
Die ihn pflegte, als er klein war;
Wie er sprach von den Genossen,
Chibiabos, ihm dem Singer,
Und dem starken Manne, Kwasind;
Wie er sprach von Glück und Fülle
Jn dem Land der Tschippewäer,
Jn dem Lande schön und friedlich.
„Nach viel Jahren Blutvergießens,
Vielen Jahren Kriegs und Kampfes,
Jst nun endlich Friede zwischen
Tschippewäern und Dacotahs;“
So fuhr fort mein Hiawatha,
Und sprach dann noch, sprach es langsam:
„Auf daß dieser Friede währe,
[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="11">
              <pb facs="#f0009" n="129"/>
              <fw type="pageNum" place="top">129</fw>
              <cb type="start"/>
              <l>Raunt' er seinem Bogen: &#x201E;Fehl' nicht!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Raunt' er seinem Pfeile: &#x201E;Schweif' nicht!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Sandt' ihn singend seinen Weg in's</l><lb/>
              <l>Rothe Herz des falben Damhirschs;</l><lb/>
              <l>Warf den Hirsch auf seine Schultern,</l><lb/>
              <l>Weiter eilend ohne Rasten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>An der Pforte seines Wigwams</l><lb/>
              <l>Saß der alte Pfeilemacher</l><lb/>
              <l>Jn dem Lande der Dacotahs,</l><lb/>
              <l>Macht' aus Jaspis Pfeilespitzen,</l><lb/>
              <l>Pfeilespitzen aus Chalcedon.</l><lb/>
              <l>Neben ihm, in ihrer Schönheit,</l><lb/>
              <l>Saß die süße Minnehaha,</l><lb/>
              <l>Seine Tochter Lachend Wasser,</l><lb/>
              <l>Matten flechtend sie aus Binsen;</l><lb/>
              <l>Sann Vergang'nem nach der Alte,</l><lb/>
              <l>Sann das Mädchen in die Zukunft.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="13">
              <l>Er gedachte, wie er saß dort,</l><lb/>
              <l>Jener Tage, wo mit solchen</l><lb/>
              <l>Pfeilen Hirsch er schoß und Bison,</l><lb/>
              <l>Auf der Muskoday, der Wiese;</l><lb/>
              <l>Wo die Wildgans, fliegend südwärts,</l><lb/>
              <l>Er im Flug schoß, laute Wawa;</l><lb/>
              <l>Dacht' auch an die großen Kriegstrupps,</l><lb/>
              <l>Wie sie kauften seine Pfeile,</l><lb/>
              <l>Haben mußten seine Pfeile.</l><lb/>
              <l>O, nicht gab es mehr auf Erden</l><lb/>
              <l>Krieger stolz und kühn, wie jene!</l><lb/>
              <l>Alle Männer jetzt wie Weiber,</l><lb/>
              <l>Fechtend nur noch mit der Zunge!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="14">
              <l>Sie doch dacht' an einen Jäger,</l><lb/>
              <l>Andern Stamms und and'rer Gegend,</l><lb/>
              <l>Jung und schlank und schön von Anseh'n,</l><lb/>
              <l>Der 'nes Morgens, in der Lenzzeit,</l><lb/>
              <l>Kam zu kaufen Vaters Pfeile,</l><lb/>
              <l>Saß und rastete im Wigwam,</l><lb/>
              <l>Zögernd stand um Schwell' und Thürweg,</l><lb/>
              <l>Rückwärts sehend, als er fortging.</l><lb/>
              <l>Pries ihn dazumal ihr Vater,</l><lb/>
              <l>Pries des Jünglings Muth und Weisheit;</l><lb/>
              <l>Wüßte gern sie, ob für Pfeile</l><lb/>
              <l>Noch einmal er kommen würde</l><lb/>
              <l>Zu den Fällen Minnehaha's?</l><lb/>
              <l>Auf der Matte ruhte müssig</l><lb/>
              <l>Jhre Hand, ihr Auge träumte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="15">
              <l>Durch ihr Sinnen tönt' ein Schreiten,</l><lb/>
              <l>Tönt' ein Rascheln in den Aesten,</l><lb/>
              <l>Und, Gesicht und Stirne glühend,</l><lb/>
              <l>Mit dem Hirsch auf seinen Schultern,</l><lb/>
              <l>Plötzlich aus den Waldlandstrecken</l><lb/>
              <l>Trat mein Hiawatha vor sie.</l>
            </lg><lb/>
            <cb n="2"/>
            <lg n="16">
              <l>Ernst empor von seiner Arbeit</l><lb/>
              <l>Sah der alte Pfeilemacher,</l><lb/>
              <l>Legte fort halbfert'ge Spitze,</l><lb/>
              <l>Hieß ihn treten ein zur Pforte,</l><lb/>
              <l>Sprechend, als zum Gruß er aufstand:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Hiawatha, sey willkommen!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="17">
              <l>Zu den Füßen Lachend Wassers</l><lb/>
              <l>Niederlegte seine Bürde,</l><lb/>
              <l>Warf den Falbhirsch Hiawatha;</l><lb/>
              <l>Auf zu ihm sah still das Mädchen,</l><lb/>
              <l>Auf zu ihm von ihrer Matte,</l><lb/>
              <l>Sprach mit sanftem Blick und Tone:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sey willkommen, Hiawatha!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="18">
              <l>Sehr geräumig war der Wigwam,</l><lb/>
              <l>Hergestellt aus der gegerbten</l><lb/>
              <l>Und geweißten Haut des Hirsches,</l><lb/>
              <l>Mit den Göttern der Dacotahs</l><lb/>
              <l>Bunt gemalt auf Wand und Vorhang;</l><lb/>
              <l>Und so hoch war seine Pforte,</l><lb/>
              <l>Daß der Jüngling kaum sich bückte,</l><lb/>
              <l>Daß sich kaum die Adlerfedern</l><lb/>
              <l>Seines Hauptes oben stießen,</l><lb/>
              <l>Als er eintrat zu der Pforte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="19">
              <l>Drauf erhob sich Lachend Wasser,</l><lb/>
              <l>Auf vom Boden Minnehaha,</l><lb/>
              <l>Legte fort halbfert'ge Matte,</l><lb/>
              <l>Brachte Mahl, und stellt' es vor sie,</l><lb/>
              <l>Brachte Wasser auch vom Bächlein,</l><lb/>
              <l>Gab das Mahl auf ird'nen Schüsseln,</l><lb/>
              <l>Gab den Trunk in Baßholz=Schalen,</l><lb/>
              <l>Lauschte, während sprach der Gastfreund,</l><lb/>
              <l>Und entgegen sprach ihr Vater;</l><lb/>
              <l>Sie doch that nicht auf die Lippen,</l><lb/>
              <l>Redete kein Wort, kein einz'ges.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>Lauschte sie gleichwie im Traume</l><lb/>
              <l>Auf die Worte Hiawatha's,</l><lb/>
              <l>Wie er sprach von der Nokomis,</l><lb/>
              <l>Die ihn pflegte, als er klein war;</l><lb/>
              <l>Wie er sprach von den Genossen,</l><lb/>
              <l>Chibiabos, ihm dem Singer,</l><lb/>
              <l>Und dem starken Manne, Kwasind;</l><lb/>
              <l>Wie er sprach von Glück und Fülle</l><lb/>
              <l>Jn dem Land der Tschippewäer,</l><lb/>
              <l>Jn dem Lande schön und friedlich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="21">
              <l>&#x201E;Nach viel Jahren Blutvergießens,</l><lb/>
              <l>Vielen Jahren Kriegs und Kampfes,</l><lb/>
              <l>Jst nun endlich Friede zwischen</l><lb/>
              <l>Tschippewäern und Dacotahs;&#x201C;</l><lb/>
              <l>So fuhr fort mein Hiawatha,</l><lb/>
              <l>Und sprach dann noch, sprach es langsam:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Auf daß dieser Friede währe,</l><lb/>
              <cb type="end"/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0009] 129 Raunt' er seinem Bogen: „Fehl' nicht!“ Raunt' er seinem Pfeile: „Schweif' nicht!“ Sandt' ihn singend seinen Weg in's Rothe Herz des falben Damhirschs; Warf den Hirsch auf seine Schultern, Weiter eilend ohne Rasten. An der Pforte seines Wigwams Saß der alte Pfeilemacher Jn dem Lande der Dacotahs, Macht' aus Jaspis Pfeilespitzen, Pfeilespitzen aus Chalcedon. Neben ihm, in ihrer Schönheit, Saß die süße Minnehaha, Seine Tochter Lachend Wasser, Matten flechtend sie aus Binsen; Sann Vergang'nem nach der Alte, Sann das Mädchen in die Zukunft. Er gedachte, wie er saß dort, Jener Tage, wo mit solchen Pfeilen Hirsch er schoß und Bison, Auf der Muskoday, der Wiese; Wo die Wildgans, fliegend südwärts, Er im Flug schoß, laute Wawa; Dacht' auch an die großen Kriegstrupps, Wie sie kauften seine Pfeile, Haben mußten seine Pfeile. O, nicht gab es mehr auf Erden Krieger stolz und kühn, wie jene! Alle Männer jetzt wie Weiber, Fechtend nur noch mit der Zunge! Sie doch dacht' an einen Jäger, Andern Stamms und and'rer Gegend, Jung und schlank und schön von Anseh'n, Der 'nes Morgens, in der Lenzzeit, Kam zu kaufen Vaters Pfeile, Saß und rastete im Wigwam, Zögernd stand um Schwell' und Thürweg, Rückwärts sehend, als er fortging. Pries ihn dazumal ihr Vater, Pries des Jünglings Muth und Weisheit; Wüßte gern sie, ob für Pfeile Noch einmal er kommen würde Zu den Fällen Minnehaha's? Auf der Matte ruhte müssig Jhre Hand, ihr Auge träumte. Durch ihr Sinnen tönt' ein Schreiten, Tönt' ein Rascheln in den Aesten, Und, Gesicht und Stirne glühend, Mit dem Hirsch auf seinen Schultern, Plötzlich aus den Waldlandstrecken Trat mein Hiawatha vor sie. Ernst empor von seiner Arbeit Sah der alte Pfeilemacher, Legte fort halbfert'ge Spitze, Hieß ihn treten ein zur Pforte, Sprechend, als zum Gruß er aufstand: „Hiawatha, sey willkommen!“ Zu den Füßen Lachend Wassers Niederlegte seine Bürde, Warf den Falbhirsch Hiawatha; Auf zu ihm sah still das Mädchen, Auf zu ihm von ihrer Matte, Sprach mit sanftem Blick und Tone: „Sey willkommen, Hiawatha!“ Sehr geräumig war der Wigwam, Hergestellt aus der gegerbten Und geweißten Haut des Hirsches, Mit den Göttern der Dacotahs Bunt gemalt auf Wand und Vorhang; Und so hoch war seine Pforte, Daß der Jüngling kaum sich bückte, Daß sich kaum die Adlerfedern Seines Hauptes oben stießen, Als er eintrat zu der Pforte. Drauf erhob sich Lachend Wasser, Auf vom Boden Minnehaha, Legte fort halbfert'ge Matte, Brachte Mahl, und stellt' es vor sie, Brachte Wasser auch vom Bächlein, Gab das Mahl auf ird'nen Schüsseln, Gab den Trunk in Baßholz=Schalen, Lauschte, während sprach der Gastfreund, Und entgegen sprach ihr Vater; Sie doch that nicht auf die Lippen, Redete kein Wort, kein einz'ges. Lauschte sie gleichwie im Traume Auf die Worte Hiawatha's, Wie er sprach von der Nokomis, Die ihn pflegte, als er klein war; Wie er sprach von den Genossen, Chibiabos, ihm dem Singer, Und dem starken Manne, Kwasind; Wie er sprach von Glück und Fülle Jn dem Land der Tschippewäer, Jn dem Lande schön und friedlich. „Nach viel Jahren Blutvergießens, Vielen Jahren Kriegs und Kampfes, Jst nun endlich Friede zwischen Tschippewäern und Dacotahs;“ So fuhr fort mein Hiawatha, Und sprach dann noch, sprach es langsam: „Auf daß dieser Friede währe,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt06_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt06_1856/9
Zitationshilfe: Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 6. Stuttgart/Tübingen, 10. Februar 1856, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt06_1856/9>, abgerufen am 14.08.2024.