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Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 6. Stuttgart/Tübingen, 10. Februar 1856.

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[Beginn Spaltensatz]
Und so fuhr mein Hiawatha,
Abwärts rauschenden Taquamenaw,
Fuhr durch alle seine Krümmen,
Fuhr durch's Tiefe, fuhr durch's Seichte,
Während dem sein Freund, der Starke,
Schwamm durch's Tiefe, schritt im Seichten.
Gingen auf und ab den Fluß hin,
Ein und aus durch seine Jnseln,
Machten frei sein Bett von Wurzeln,
Frei von Barre, frei von Sandbank,
Schleiften fort aus seinem Laufe
Todte Stämme, wüste Klötze,
Machten offen ihn und sicher,
Machten einen Pfad dem Volke
Niederwärts von seinen Quellen,
Von den Quellen in den Bergen,
Zu den Wassern von Pauwating,
Bis zur Bucht des Taquamenaw.
X.
Hiawatha's Werben.
"Wie die Bogenschnur zum Bogen,
So gehört das Weib zum Manne;
Ob sie ihn auch biegt, sie dient ihm,
Ob sie ihn auch spannt, doch folgt sie;
Keines nütz, fehlt ihm das andre!"
So sprach bei sich selbst der junge
Hiawatha, sinnend, grübelnd,
Sehr bewegt in seinem Herzen,
Lustlos, langend, hoffend, fürchtend,
Träumend stets von Minnehaha,
Von der süßen Lachend Wasser
Jn dem Lande der Dacotahs.
"Nimm ein Mädchen deines Volkes,"
Sagte warnend die Nokomis,
"Geh' nicht ostwärts, geh' nicht westwärts,
Geh' nicht frei'n um eine Fremde!
Wie ein Feuer auf dem Herdstein
Jst des Nachbars traute Tochter;
Wie das Sternlicht, wie das Mondlicht
Jst die Wackerste der Fremden!"
So rieth ab und sprach Nokomis,
Und nur dieß gab Hiawatha
Jhr zur Antwort: "Alte, Gute!
Lieblich ist und schön das Feu'rlicht,
Doch das Sternlicht ist mir lieber,
Lieber auch ist mir das Mondlicht!"
Ernst darauf sprach die Nokomis:
[Spaltenumbruch] "Bring' nicht her ein müssig Mädchen,
Bring' nicht her ein Weib, das unnütz,
Plumpe Hände, träge Füße;
Bring' ein Weib mit flinken Fingern,
Herz und Hand, die gleich sich rühren,
Füße willig und geschwinde!"
Lächelte mein Hiawatha:
"Jn dem Lande der Dacotahs
Lebt des Pfeilemachers Tochter,
Minnehaha, Lachend Wasser,
Schmuckste sie von allen Weibern.
Diese bring' ich dir zum Wigwam;
Sie soll laufen deine Wege,
Seyn dein Sternlicht, Mondlicht, Feu'rlicht,
Sonnenlicht auch meines Volkes!"
Noch rieth ab und sprach Nokomis:
"Keine Fremde bring' zum Wigwam
Aus dem Lande der Dacotahs!
Wild und kühn sind die Dacotahs,
Oft schon kriegten mit wir ihnen,
Fehden gibt es unvergess'ne,
Wunden gibt es, die noch schmerzen,
Und die neu sich öffnen können!"
Lachend sprach mein Hiawatha:
"Wenn aus keinem Grund, aus diesem
Möcht' ich frei'n mir die Dacotah,
Daß sich uns're Stämme einten,
Daß der Fehden wir vergäßen,
Daß die Wunden sich verschlössen,
Harsch und heil für alle Zeiten!"
So nun fortging Hiawatha
Jn die Landschaft der Dacotahs,
Jn das Land der schmucken Weiber,
Schreitend über Moor und Matte,
Durch unendlich lange Wälder,
Durch ununterbrochnes Schweigen.
Zauber=Moccasons am Fuße,
Jeden Schritt 'ne Meile maß er;
Lang doch schien vor ihm die Reise,
Und sein Herz lief vor den Füßen.
Und so reist' er ohne Rasten,
Bis den Wasserfall er hörte,
Jhn, den Fall von Minnehaha,
Donnernd, rufend durch das Schweigen.
"Lieblich ist der Ton!" sprach leis er,
"Lieblich, die mich ruft, die Stimme!"
Auf des Waldes Außensäumen,
Zwischen Sonnenlicht und Schatten,
Grasten falbe Damhirschheerden,
Doch sie sah'n nicht Hiawatha;
[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]
Und so fuhr mein Hiawatha,
Abwärts rauschenden Taquamenaw,
Fuhr durch alle seine Krümmen,
Fuhr durch's Tiefe, fuhr durch's Seichte,
Während dem sein Freund, der Starke,
Schwamm durch's Tiefe, schritt im Seichten.
Gingen auf und ab den Fluß hin,
Ein und aus durch seine Jnseln,
Machten frei sein Bett von Wurzeln,
Frei von Barre, frei von Sandbank,
Schleiften fort aus seinem Laufe
Todte Stämme, wüste Klötze,
Machten offen ihn und sicher,
Machten einen Pfad dem Volke
Niederwärts von seinen Quellen,
Von den Quellen in den Bergen,
Zu den Wassern von Pauwating,
Bis zur Bucht des Taquamenaw.
X.
Hiawatha's Werben.
„Wie die Bogenschnur zum Bogen,
So gehört das Weib zum Manne;
Ob sie ihn auch biegt, sie dient ihm,
Ob sie ihn auch spannt, doch folgt sie;
Keines nütz, fehlt ihm das andre!“
So sprach bei sich selbst der junge
Hiawatha, sinnend, grübelnd,
Sehr bewegt in seinem Herzen,
Lustlos, langend, hoffend, fürchtend,
Träumend stets von Minnehaha,
Von der süßen Lachend Wasser
Jn dem Lande der Dacotahs.
„Nimm ein Mädchen deines Volkes,“
Sagte warnend die Nokomis,
„Geh' nicht ostwärts, geh' nicht westwärts,
Geh' nicht frei'n um eine Fremde!
Wie ein Feuer auf dem Herdstein
Jst des Nachbars traute Tochter;
Wie das Sternlicht, wie das Mondlicht
Jst die Wackerste der Fremden!“
So rieth ab und sprach Nokomis,
Und nur dieß gab Hiawatha
Jhr zur Antwort: „Alte, Gute!
Lieblich ist und schön das Feu'rlicht,
Doch das Sternlicht ist mir lieber,
Lieber auch ist mir das Mondlicht!“
Ernst darauf sprach die Nokomis:
[Spaltenumbruch] „Bring' nicht her ein müssig Mädchen,
Bring' nicht her ein Weib, das unnütz,
Plumpe Hände, träge Füße;
Bring' ein Weib mit flinken Fingern,
Herz und Hand, die gleich sich rühren,
Füße willig und geschwinde!“
Lächelte mein Hiawatha:
„Jn dem Lande der Dacotahs
Lebt des Pfeilemachers Tochter,
Minnehaha, Lachend Wasser,
Schmuckste sie von allen Weibern.
Diese bring' ich dir zum Wigwam;
Sie soll laufen deine Wege,
Seyn dein Sternlicht, Mondlicht, Feu'rlicht,
Sonnenlicht auch meines Volkes!“
Noch rieth ab und sprach Nokomis:
„Keine Fremde bring' zum Wigwam
Aus dem Lande der Dacotahs!
Wild und kühn sind die Dacotahs,
Oft schon kriegten mit wir ihnen,
Fehden gibt es unvergess'ne,
Wunden gibt es, die noch schmerzen,
Und die neu sich öffnen können!“
Lachend sprach mein Hiawatha:
„Wenn aus keinem Grund, aus diesem
Möcht' ich frei'n mir die Dacotah,
Daß sich uns're Stämme einten,
Daß der Fehden wir vergäßen,
Daß die Wunden sich verschlössen,
Harsch und heil für alle Zeiten!“
So nun fortging Hiawatha
Jn die Landschaft der Dacotahs,
Jn das Land der schmucken Weiber,
Schreitend über Moor und Matte,
Durch unendlich lange Wälder,
Durch ununterbrochnes Schweigen.
Zauber=Moccasons am Fuße,
Jeden Schritt 'ne Meile maß er;
Lang doch schien vor ihm die Reise,
Und sein Herz lief vor den Füßen.
Und so reist' er ohne Rasten,
Bis den Wasserfall er hörte,
Jhn, den Fall von Minnehaha,
Donnernd, rufend durch das Schweigen.
„Lieblich ist der Ton!“ sprach leis er,
„Lieblich, die mich ruft, die Stimme!“
Auf des Waldes Außensäumen,
Zwischen Sonnenlicht und Schatten,
Grasten falbe Damhirschheerden,
Doch sie sah'n nicht Hiawatha;
[Ende Spaltensatz]
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[128/0008] 128 Und so fuhr mein Hiawatha, Abwärts rauschenden Taquamenaw, Fuhr durch alle seine Krümmen, Fuhr durch's Tiefe, fuhr durch's Seichte, Während dem sein Freund, der Starke, Schwamm durch's Tiefe, schritt im Seichten. Gingen auf und ab den Fluß hin, Ein und aus durch seine Jnseln, Machten frei sein Bett von Wurzeln, Frei von Barre, frei von Sandbank, Schleiften fort aus seinem Laufe Todte Stämme, wüste Klötze, Machten offen ihn und sicher, Machten einen Pfad dem Volke Niederwärts von seinen Quellen, Von den Quellen in den Bergen, Zu den Wassern von Pauwating, Bis zur Bucht des Taquamenaw. X. Hiawatha's Werben. „Wie die Bogenschnur zum Bogen, So gehört das Weib zum Manne; Ob sie ihn auch biegt, sie dient ihm, Ob sie ihn auch spannt, doch folgt sie; Keines nütz, fehlt ihm das andre!“ So sprach bei sich selbst der junge Hiawatha, sinnend, grübelnd, Sehr bewegt in seinem Herzen, Lustlos, langend, hoffend, fürchtend, Träumend stets von Minnehaha, Von der süßen Lachend Wasser Jn dem Lande der Dacotahs. „Nimm ein Mädchen deines Volkes,“ Sagte warnend die Nokomis, „Geh' nicht ostwärts, geh' nicht westwärts, Geh' nicht frei'n um eine Fremde! Wie ein Feuer auf dem Herdstein Jst des Nachbars traute Tochter; Wie das Sternlicht, wie das Mondlicht Jst die Wackerste der Fremden!“ So rieth ab und sprach Nokomis, Und nur dieß gab Hiawatha Jhr zur Antwort: „Alte, Gute! Lieblich ist und schön das Feu'rlicht, Doch das Sternlicht ist mir lieber, Lieber auch ist mir das Mondlicht!“ Ernst darauf sprach die Nokomis: „Bring' nicht her ein müssig Mädchen, Bring' nicht her ein Weib, das unnütz, Plumpe Hände, träge Füße; Bring' ein Weib mit flinken Fingern, Herz und Hand, die gleich sich rühren, Füße willig und geschwinde!“ Lächelte mein Hiawatha: „Jn dem Lande der Dacotahs Lebt des Pfeilemachers Tochter, Minnehaha, Lachend Wasser, Schmuckste sie von allen Weibern. Diese bring' ich dir zum Wigwam; Sie soll laufen deine Wege, Seyn dein Sternlicht, Mondlicht, Feu'rlicht, Sonnenlicht auch meines Volkes!“ Noch rieth ab und sprach Nokomis: „Keine Fremde bring' zum Wigwam Aus dem Lande der Dacotahs! Wild und kühn sind die Dacotahs, Oft schon kriegten mit wir ihnen, Fehden gibt es unvergess'ne, Wunden gibt es, die noch schmerzen, Und die neu sich öffnen können!“ Lachend sprach mein Hiawatha: „Wenn aus keinem Grund, aus diesem Möcht' ich frei'n mir die Dacotah, Daß sich uns're Stämme einten, Daß der Fehden wir vergäßen, Daß die Wunden sich verschlössen, Harsch und heil für alle Zeiten!“ So nun fortging Hiawatha Jn die Landschaft der Dacotahs, Jn das Land der schmucken Weiber, Schreitend über Moor und Matte, Durch unendlich lange Wälder, Durch ununterbrochnes Schweigen. Zauber=Moccasons am Fuße, Jeden Schritt 'ne Meile maß er; Lang doch schien vor ihm die Reise, Und sein Herz lief vor den Füßen. Und so reist' er ohne Rasten, Bis den Wasserfall er hörte, Jhn, den Fall von Minnehaha, Donnernd, rufend durch das Schweigen. „Lieblich ist der Ton!“ sprach leis er, „Lieblich, die mich ruft, die Stimme!“ Auf des Waldes Außensäumen, Zwischen Sonnenlicht und Schatten, Grasten falbe Damhirschheerden, Doch sie sah'n nicht Hiawatha;

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Zitationshilfe: Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 6. Stuttgart/Tübingen, 10. Februar 1856, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt06_1856/8>, abgerufen am 16.07.2024.