Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 6. Stuttgart/Tübingen, 10. Februar 1856.[Beginn Spaltensatz]
Zog er um den Stamm des Baumes Mit dem Messer einen Gürtel; Unterhalb der tiefsten Zweige, Oberhalb der Wurzeln schnitt er, Bis der dicke Saft hervorquoll; Drauf, hinab den ganzen hohen Stamm, die gelbe Rinde spellt' er, Hob sie mit vorsicht'gem Holzkeil, Schälte ungeknickt vom Stamm sie. "Gib mir deiner Zweige, Ceder! Deiner starken schmeid'gen Aeste, Sicherer mein Boot zu machen, Stärker unter mir und fester!" Durch der Ceder hohe Spitze Ging ein Ton, ein Ruf des Grausens, Ging ein Murr'n des Widerstrebens; Doch sie flüsterte, sich neigend: "Nimm die Zweige, Hiawatha!" Hieb er ab die Cedernzweige, Formte stracks sie zum Gerüste, Formt' und stellte sie wie Bogen, Wie zwei Bogen sie zusammen. "Deiner Wurzeln gib, o Tamarak! Deiner Wurzelfasern, Lärche! Meinen Kahn damit zu binden, Seine Enden so zu binden, Daß der Fluß herein nicht dringe, Daß das Wasser mich nicht netze!" Und die Lärche, Mark und Fasern, Zitterte im Wehn des Morgens, Schlug die Stirn ihm mit den Büscheln, Sprach mit Einem langen Seufzer: "Nimm sie alle, Hiawatha! Aus dem Grund riß er die Fasern, Riß der Lärche zähe Wurzeln, Nähte fest und dicht die Rinde, Band sie fest an das Gerüste. "Gib mir deines Balsams, Fichte! Deines Balsams, deines Harzes, So die Nähte zu verschließen, Daß der Fluß herein nicht dringe, Daß das Wasser mich nicht netze!" Und die Fichte, hoch und finster, Schluchzete durch all' ihr Dunkel, Klirrte wie ein Strand mit Kieseln, Gab zur Antwort, klagend, weinend: "Nimm mein Harz, o Hiawatha!" Und er nahm die Balsamthränen, [Spaltenumbruch]
Nahm das Harz des Fichtenbaumes, Strich die Nähte zu, die Ritzen, Wasserdicht die Fugen strich er. "Gib mir deiner Stacheln, Jgel! Alle sie, o Kagh, mein Jgel! Will ich draus ein Halsband machen, Einen Gürtel meiner Schönen, Und zwei Stern' auf ihren Busen!" Aus 'nem hohlen Baum der Jgel Blickt' auf ihn verschlafnen Auges, Schoß die Stacheln ab wie Pfeile, Sprach mit schläfrigem Gemurmel Durch den Wirrwarr seines Barthaars: "Nimm die Stacheln, Hiawatha!" Las vom Grund er auf die Stacheln, All' die kleinen blanken Pfeile, Färbte roth und blau und gelb sie Mit dem Saft von Beer und Wurzel, Fügte künstlich in sein Boot sie: Um den Rumpf 'nen blanken Gürtel, Um den Bug ein schimmernd Halsband, Auf der Brust zwei lichte Sterne. Also ward gebaut das Bastboot, Ward gebaut im Thal, am Flusse, Tief im Jnnersten des Waldes. Waldes Leben auch war in ihm, Waldes Zauber und Geheimniß: Alle Leichtigkeit der Birke, Alle Zähigkeit der Ceder, Alle Schmeidigkeit der Lärche; Und so floß es auf dem Flusse, Wie ein gelbes Blatt im Herbste, Wie 'ne gelbe Wasserlilie. Ruder nicht hatt' Hiawatha, Hatte keine, brauchte keine, Denn sein Denken war ihm Ruder, Und sein Wünschen war ihm Steuer; Schnell und langsam, rechts und links auch Glitt und schwenkt' er, ganz nach Dünken. Rief er laut sodann dem Kwasind, Seinem Freund, dem Starken, Kwasind. Sprach: "Hilf diesen Fluß mir klären, Klären von versunknen Stämmen, Wie von Untief' auch und Sandbank!" Sprang sofort in's Wasser Kwasind, [Ende Spaltensatz]
Sprang, als wär' er eine Otter, Tauchete gleichwie ein Biber, Stand bis an den Leib im Wasser, Stand bis an die Achselgruben, Schwamm und jauchzte laut im Flusse, Zerrt' empor versunk'ne Stämme, Schöpfte mit der Hand den Sand aus, Mit den Füßen Schlamm und Flußkraut. [Beginn Spaltensatz]
Zog er um den Stamm des Baumes Mit dem Messer einen Gürtel; Unterhalb der tiefsten Zweige, Oberhalb der Wurzeln schnitt er, Bis der dicke Saft hervorquoll; Drauf, hinab den ganzen hohen Stamm, die gelbe Rinde spellt' er, Hob sie mit vorsicht'gem Holzkeil, Schälte ungeknickt vom Stamm sie. „Gib mir deiner Zweige, Ceder! Deiner starken schmeid'gen Aeste, Sicherer mein Boot zu machen, Stärker unter mir und fester!“ Durch der Ceder hohe Spitze Ging ein Ton, ein Ruf des Grausens, Ging ein Murr'n des Widerstrebens; Doch sie flüsterte, sich neigend: „Nimm die Zweige, Hiawatha!“ Hieb er ab die Cedernzweige, Formte stracks sie zum Gerüste, Formt' und stellte sie wie Bogen, Wie zwei Bogen sie zusammen. „Deiner Wurzeln gib, o Tamarak! Deiner Wurzelfasern, Lärche! Meinen Kahn damit zu binden, Seine Enden so zu binden, Daß der Fluß herein nicht dringe, Daß das Wasser mich nicht netze!“ Und die Lärche, Mark und Fasern, Zitterte im Wehn des Morgens, Schlug die Stirn ihm mit den Büscheln, Sprach mit Einem langen Seufzer: „Nimm sie alle, Hiawatha! Aus dem Grund riß er die Fasern, Riß der Lärche zähe Wurzeln, Nähte fest und dicht die Rinde, Band sie fest an das Gerüste. „Gib mir deines Balsams, Fichte! Deines Balsams, deines Harzes, So die Nähte zu verschließen, Daß der Fluß herein nicht dringe, Daß das Wasser mich nicht netze!“ Und die Fichte, hoch und finster, Schluchzete durch all' ihr Dunkel, Klirrte wie ein Strand mit Kieseln, Gab zur Antwort, klagend, weinend: „Nimm mein Harz, o Hiawatha!“ Und er nahm die Balsamthränen, [Spaltenumbruch]
Nahm das Harz des Fichtenbaumes, Strich die Nähte zu, die Ritzen, Wasserdicht die Fugen strich er. „Gib mir deiner Stacheln, Jgel! Alle sie, o Kagh, mein Jgel! Will ich draus ein Halsband machen, Einen Gürtel meiner Schönen, Und zwei Stern' auf ihren Busen!“ Aus 'nem hohlen Baum der Jgel Blickt' auf ihn verschlafnen Auges, Schoß die Stacheln ab wie Pfeile, Sprach mit schläfrigem Gemurmel Durch den Wirrwarr seines Barthaars: „Nimm die Stacheln, Hiawatha!“ Las vom Grund er auf die Stacheln, All' die kleinen blanken Pfeile, Färbte roth und blau und gelb sie Mit dem Saft von Beer und Wurzel, Fügte künstlich in sein Boot sie: Um den Rumpf 'nen blanken Gürtel, Um den Bug ein schimmernd Halsband, Auf der Brust zwei lichte Sterne. Also ward gebaut das Bastboot, Ward gebaut im Thal, am Flusse, Tief im Jnnersten des Waldes. Waldes Leben auch war in ihm, Waldes Zauber und Geheimniß: Alle Leichtigkeit der Birke, Alle Zähigkeit der Ceder, Alle Schmeidigkeit der Lärche; Und so floß es auf dem Flusse, Wie ein gelbes Blatt im Herbste, Wie 'ne gelbe Wasserlilie. Ruder nicht hatt' Hiawatha, Hatte keine, brauchte keine, Denn sein Denken war ihm Ruder, Und sein Wünschen war ihm Steuer; Schnell und langsam, rechts und links auch Glitt und schwenkt' er, ganz nach Dünken. Rief er laut sodann dem Kwasind, Seinem Freund, dem Starken, Kwasind. Sprach: „Hilf diesen Fluß mir klären, Klären von versunknen Stämmen, Wie von Untief' auch und Sandbank!“ Sprang sofort in's Wasser Kwasind, [Ende Spaltensatz]
Sprang, als wär' er eine Otter, Tauchete gleichwie ein Biber, Stand bis an den Leib im Wasser, Stand bis an die Achselgruben, Schwamm und jauchzte laut im Flusse, Zerrt' empor versunk'ne Stämme, Schöpfte mit der Hand den Sand aus, Mit den Füßen Schlamm und Flußkraut. <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0007" n="127"/> <fw type="pageNum" place="top">127</fw> <cb type="start"/> <lg n="5"> <l>Zog er um den Stamm des Baumes</l><lb/> <l>Mit dem Messer einen Gürtel;</l><lb/> <l>Unterhalb der tiefsten Zweige,</l><lb/> <l>Oberhalb der Wurzeln schnitt er,</l><lb/> <l>Bis der dicke Saft hervorquoll;</l><lb/> <l>Drauf, hinab den ganzen hohen</l><lb/> <l>Stamm, die gelbe Rinde spellt' er,</l><lb/> <l>Hob sie mit vorsicht'gem Holzkeil,</l><lb/> <l>Schälte ungeknickt vom Stamm sie.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>„Gib mir deiner Zweige, Ceder!</l><lb/> <l>Deiner starken schmeid'gen Aeste,</l><lb/> <l>Sicherer mein Boot zu machen,</l><lb/> <l>Stärker 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Zog er um den Stamm des Baumes
Mit dem Messer einen Gürtel;
Unterhalb der tiefsten Zweige,
Oberhalb der Wurzeln schnitt er,
Bis der dicke Saft hervorquoll;
Drauf, hinab den ganzen hohen
Stamm, die gelbe Rinde spellt' er,
Hob sie mit vorsicht'gem Holzkeil,
Schälte ungeknickt vom Stamm sie.
„Gib mir deiner Zweige, Ceder!
Deiner starken schmeid'gen Aeste,
Sicherer mein Boot zu machen,
Stärker unter mir und fester!“
Durch der Ceder hohe Spitze
Ging ein Ton, ein Ruf des Grausens,
Ging ein Murr'n des Widerstrebens;
Doch sie flüsterte, sich neigend:
„Nimm die Zweige, Hiawatha!“
Hieb er ab die Cedernzweige,
Formte stracks sie zum Gerüste,
Formt' und stellte sie wie Bogen,
Wie zwei Bogen sie zusammen.
„Deiner Wurzeln gib, o Tamarak!
Deiner Wurzelfasern, Lärche!
Meinen Kahn damit zu binden,
Seine Enden so zu binden,
Daß der Fluß herein nicht dringe,
Daß das Wasser mich nicht netze!“
Und die Lärche, Mark und Fasern,
Zitterte im Wehn des Morgens,
Schlug die Stirn ihm mit den Büscheln,
Sprach mit Einem langen Seufzer:
„Nimm sie alle, Hiawatha!
Aus dem Grund riß er die Fasern,
Riß der Lärche zähe Wurzeln,
Nähte fest und dicht die Rinde,
Band sie fest an das Gerüste.
„Gib mir deines Balsams, Fichte!
Deines Balsams, deines Harzes,
So die Nähte zu verschließen,
Daß der Fluß herein nicht dringe,
Daß das Wasser mich nicht netze!“
Und die Fichte, hoch und finster,
Schluchzete durch all' ihr Dunkel,
Klirrte wie ein Strand mit Kieseln,
Gab zur Antwort, klagend, weinend:
„Nimm mein Harz, o Hiawatha!“
Und er nahm die Balsamthränen,
Nahm das Harz des Fichtenbaumes,
Strich die Nähte zu, die Ritzen,
Wasserdicht die Fugen strich er.
„Gib mir deiner Stacheln, Jgel!
Alle sie, o Kagh, mein Jgel!
Will ich draus ein Halsband machen,
Einen Gürtel meiner Schönen,
Und zwei Stern' auf ihren Busen!“
Aus 'nem hohlen Baum der Jgel
Blickt' auf ihn verschlafnen Auges,
Schoß die Stacheln ab wie Pfeile,
Sprach mit schläfrigem Gemurmel
Durch den Wirrwarr seines Barthaars:
„Nimm die Stacheln, Hiawatha!“
Las vom Grund er auf die Stacheln,
All' die kleinen blanken Pfeile,
Färbte roth und blau und gelb sie
Mit dem Saft von Beer und Wurzel,
Fügte künstlich in sein Boot sie:
Um den Rumpf 'nen blanken Gürtel,
Um den Bug ein schimmernd Halsband,
Auf der Brust zwei lichte Sterne.
Also ward gebaut das Bastboot,
Ward gebaut im Thal, am Flusse,
Tief im Jnnersten des Waldes.
Waldes Leben auch war in ihm,
Waldes Zauber und Geheimniß:
Alle Leichtigkeit der Birke,
Alle Zähigkeit der Ceder,
Alle Schmeidigkeit der Lärche;
Und so floß es auf dem Flusse,
Wie ein gelbes Blatt im Herbste,
Wie 'ne gelbe Wasserlilie.
Ruder nicht hatt' Hiawatha,
Hatte keine, brauchte keine,
Denn sein Denken war ihm Ruder,
Und sein Wünschen war ihm Steuer;
Schnell und langsam, rechts und links auch
Glitt und schwenkt' er, ganz nach Dünken.
Rief er laut sodann dem Kwasind,
Seinem Freund, dem Starken, Kwasind.
Sprach: „Hilf diesen Fluß mir klären,
Klären von versunknen Stämmen,
Wie von Untief' auch und Sandbank!“
Sprang sofort in's Wasser Kwasind,
Sprang, als wär' er eine Otter,
Tauchete gleichwie ein Biber,
Stand bis an den Leib im Wasser,
Stand bis an die Achselgruben,
Schwamm und jauchzte laut im Flusse,
Zerrt' empor versunk'ne Stämme,
Schöpfte mit der Hand den Sand aus,
Mit den Füßen Schlamm und Flußkraut.
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