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Marburger Zeitung. Nr. 58, Marburg, 14.05.1912.

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Nr. 58, 14. Mai 1912 Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch]
Vom Zirkus Schmidt.

Heute abends
findet die letzte hiesige Vorstellung des Zirkus
Schmidt statt; morgen gibt er bereits in Klagenfurt
seine dortige Eröffnungsvorstellung. In den letzten
Tagen erregten insbesondere die telepathischen Vor-
führungen des Herrn Svengali beim Publikum
großes Aufsehen. Einzelne Personen aus dem Zu-
schauerraume übertrugen ihre Gedankenbefehle auf
ihn und Svengali führte sie in verblüffender Weise
durch. So holte er von einer Dame, die sich auf
der Galerie befand, eine Hutnadel und brachte sie,
wie der Auftraggeber es sich gedacht hatte, einer
Dame in der ersten Reihe. Dann holte er, einem
Gedanken einer anderen Persönlichkeit folgend, ein
Pferd aus dem Marstall in die Manege usw. Das
Publikum war über die Leistungen Svengalis, denen
es mit gespanntem Interesse folgte, verblüfft.

Gastwirtegenossenschaft Umgebung
Marburg.

Am 31. Mai 1912 um 2 Uhr nach-
mittags findet im Gasthause des Obmannes der
Genossenschaft, Herrn M. Pukl in Roßwein die
Generalversammlung der Gastwirtegenossenschaft des
Bezirkes Umgebung Marburg statt.




Aus dem Gerichtssaale.
Vor dem Verwaltungsgerichtshofe

gelangte am 11. d. M. eine Beschwerde des Herrn
Anton Kaschmann in Marburg gegen den steier-
märkischen Landesausschuß zur Verhandlung, der
die Beanständigungen Kaschmanns hinsichtlich eines
Schupfens, den sein Nachbar, der Anstreichermeister
Rudolf Holzinger in Marburg, erbaut hat, als
unbegründet zurückgewiesen hatte. Kaschmann be-
hauptet, daß der Schupfen zu hoch gebaut sei und
sich nicht in einer genügenden Entfernung von seinem
Besitze befinde, wodurch seine Rechte verletzt worden
seien. Die Beschwerde wurde auf Grund der vor-
liegenden Sachverständigengutachten als im Gesetze
nicht begründet abgewiesen.

Mit Brandlegung bedroht.

Am 9. April
kam es zwischen dem 34jährigen verheirateten In-
wohner Michael Sok und seinem Nachbar Franz
Sulek in Kulmberg bei Friedau zu einer Rauferei,
bei welcher Sulek mehrere Hiebe mit einer Haue
erhielt. Sok, der damals betrunken war, kam nachts
zum Hause des Sulek und äußerte Drohungen,
daß er das Haus an den vier Ecken anzünden
werde. Auch dem Nachbar Andreas Zoran hatte
er in diesem Sinne gedroht. Die Leute leben nun
in Furcht und sind bemüßigt, in den Nächten, wenn
Sok betrunken ist, Wache zu halten. Sok wurde
zu vier Monaten schweren Kerker verurteilt.

Vom Bruder mit Ermordung be-
droht.

Am 8. April d. J. kam der 29 jährige
Johann Wutte, der derzeit ohne bestimmte Be-
schäftigung ist, zu seinem Bruder Anton Wutte
in Kreuzberg, wo er nach einem Streite mit diesem
zu exzedieren begann. Er zerschlug eine Lampe
und mehrere Fensterscheiben und begann seinen
Bruder mit seinem gezückten Taschenmesser zu be-
drohen und zu verfolgen. Dem Anton Wutte
gelang es, durch Flucht sich seinem rasenden
Bruder zu entziehen, der auch später noch dritten
[Spaltenumbruch] Personen gegenüber die Drohung ausstieß, daß er
seinen Bruder ermorden müsse, und wenn er
6 Jahre Kerker erhalten sollte. Diese Drohungen
waren mit Rücksicht darauf, daß Johann Wutte
als gewalttätig bekannt ist und daß er den Anton
Wutte schon zweimal vorher mit einem Messer
angegriffen hatte, sowie in der Erwägung des Um-
standes, daß Johann Wutte schon wiederholt wegen
Raufhandels und einmal auch wegen Verbrechens
des Totschlages schon vorbestraft, erscheint sicherlich
geeignet, dem Bedrohten begründete Besorgnisse
einzuflößen. Anton Wutte geriet auch tatsächlich
in Furcht und holte die Gendarmerie, die bald
erschien und den Johann Wutte festnehmen wollte.
Seiner Festnahme widersetzte sich Johann Wutte
durch gewaltsame Handanlegung und gefährliche
Drohung, indem er mit den Händen herumschlug,
sich auf die Gendarmen Mathias Kerznar und
Bernhard Supanc zu stürzen drohte und sie zu
schlagen versuchte. Er konnte erst gefesselt werden,
nachdem Tit. Postenführer Mathias Kerznar von
seiner Waffe Gebrauch gemacht und dem Be-
schuldigten einen Stich in den linken Oberschenkel
versetzt hatte. Wutte verantwortete sich bei der
heutigen Verhandlung mit Volltrunkenheit. Der
Gerichtshof verurteilte ihn heute zu dreizehn Mo-
naten schweren Kerkers.




Schaubühne.

Wohltätigkeitsvorstellung zu Gunsten
der Kernstockschule in Pößnitz.

Es war ein wohltuender Anblick, zu sehen,
eine wie große Zahl völkisch Gesinnter dem Rufe
unseres Abgeordneten Wastian gefolgt waren und
das Theater füllten.

Herr Raimund Grabner, der artistische Leiter
des Ensembles Grazer Volksschauspieler, das sich in
dankenswerter Weise in den Dienst der guten Sache
gestellt hatte, trug den schönen Prolog Kernstocks
vor, der in herrlichen Worten den Wert und die
Bedeutung der deutschen Schule würdigte.

An die Aufführung selbst darf man allerdings
den Maßstäb strenger Kritik nicht anlegen und man
muß noch vielfach den guten Willen für das Werk
[Spaltenumbruch] nehmen. Immerhin aber war brav gelernt und das
Zusammenspiel machte dem ernsten Geist des jungen
Ensembles alle Ehre. Herr, Geza Krisch gab seinem
Pfarrer Hell ganz sympathische Züge, ist aber in
die seelische Tragik dieser Gestalt noch nicht einge-
drungen. Desgleichen vergriff sich Herr Mahr als
Wurzelsepp anfangs im Ton, indem er dem ver-
bitterten Menschenverächter, dem Wurzelsepp, zu viel
von mildem Humor beilegte. Doch versteht er gut
zu spielen. Gute Volksgestalten boten die Damen
Lina Schmidt (Brigitte), Mizi Markhl (Anna), die
nur ihrer heimlichen Liebe noch besser Ausdruck zu
geben sich bemühen muß, Mizi Lichtner (das Weib
des Wirtes), der wir sehr natürliches Spiel nach-
rühmen müssen, und die Herren Egon Renner
(Michel Berndorfer), Otto Kühn (Talmüller-Loisl).
Herr Ludwig Korb als Schulmeister verfiel in den
Fehler, den die meisten Darsteller dieser Rolle machen,
Auch er unterstrich die Komik dieser Figur, statt
durch Ernst ihre unfreiwillige Komik hervortreten
zu lassen. Aber: Kein Meister fällt vom Himmel
und ernstes Streben kann auch auch aus diesem
Ensemble noch eines von künstlerischer Bedeutung
machen. Wir Grenzdeutschen wollen allen Darstellern
jedenfalls dankbar sein, daß sie ihr Scherflein zum
Ausbaue unserer Grenzwälle beigetragen haben. In.




[irrelevantes Material]


Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Obst- und Weinbauschule in Marburg
von Montag den 6. bis einschließlich Sonntag den 12. Mai 1912

Tag Lustdruck-Tagsm.
(0° red. Baromet.)
Temperatur u. Celstus Bewölkung,
Tagesmittel
Niederschläge m / m Bemer-
kungen
7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abendsTagesmittelHöchsteNiederste
in der
Luft
am
Boden
in der
Luft
am
Boden
Montag741.810.116.310.212.217.924.57.03.350.5Regen
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Sonntag737.415 227 319.420.628.834.310 35.61·
[irrelevantes Material]
Nr. 58, 14. Mai 1912 Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch]
Vom Zirkus Schmidt.

Heute abends
findet die letzte hieſige Vorſtellung des Zirkus
Schmidt ſtatt; morgen gibt er bereits in Klagenfurt
ſeine dortige Eröffnungsvorſtellung. In den letzten
Tagen erregten insbeſondere die telepathiſchen Vor-
führungen des Herrn Svengali beim Publikum
großes Aufſehen. Einzelne Perſonen aus dem Zu-
ſchauerraume übertrugen ihre Gedankenbefehle auf
ihn und Svengali führte ſie in verblüffender Weiſe
durch. So holte er von einer Dame, die ſich auf
der Galerie befand, eine Hutnadel und brachte ſie,
wie der Auftraggeber es ſich gedacht hatte, einer
Dame in der erſten Reihe. Dann holte er, einem
Gedanken einer anderen Perſönlichkeit folgend, ein
Pferd aus dem Marſtall in die Manege uſw. Das
Publikum war über die Leiſtungen Svengalis, denen
es mit geſpanntem Intereſſe folgte, verblüfft.

Gaſtwirtegenoſſenſchaft Umgebung
Marburg.

Am 31. Mai 1912 um 2 Uhr nach-
mittags findet im Gaſthauſe des Obmannes der
Genoſſenſchaft, Herrn M. Pukl in Roßwein die
Generalverſammlung der Gaſtwirtegenoſſenſchaft des
Bezirkes Umgebung Marburg ſtatt.




Aus dem Gerichtsſaale.
Vor dem Verwaltungsgerichtshofe

gelangte am 11. d. M. eine Beſchwerde des Herrn
Anton Kaſchmann in Marburg gegen den ſteier-
märkiſchen Landesausſchuß zur Verhandlung, der
die Beanſtändigungen Kaſchmanns hinſichtlich eines
Schupfens, den ſein Nachbar, der Anſtreichermeiſter
Rudolf Holzinger in Marburg, erbaut hat, als
unbegründet zurückgewieſen hatte. Kaſchmann be-
hauptet, daß der Schupfen zu hoch gebaut ſei und
ſich nicht in einer genügenden Entfernung von ſeinem
Beſitze befinde, wodurch ſeine Rechte verletzt worden
ſeien. Die Beſchwerde wurde auf Grund der vor-
liegenden Sachverſtändigengutachten als im Geſetze
nicht begründet abgewieſen.

Mit Brandlegung bedroht.

Am 9. April
kam es zwiſchen dem 34jährigen verheirateten In-
wohner Michael Sok und ſeinem Nachbar Franz
Sulek in Kulmberg bei Friedau zu einer Rauferei,
bei welcher Sulek mehrere Hiebe mit einer Haue
erhielt. Sok, der damals betrunken war, kam nachts
zum Hauſe des Sulek und äußerte Drohungen,
daß er das Haus an den vier Ecken anzünden
werde. Auch dem Nachbar Andreas Zoran hatte
er in dieſem Sinne gedroht. Die Leute leben nun
in Furcht und ſind bemüßigt, in den Nächten, wenn
Sok betrunken iſt, Wache zu halten. Sok wurde
zu vier Monaten ſchweren Kerker verurteilt.

Vom Bruder mit Ermordung be-
droht.

Am 8. April d. J. kam der 29 jährige
Johann Wutte, der derzeit ohne beſtimmte Be-
ſchäftigung iſt, zu ſeinem Bruder Anton Wutte
in Kreuzberg, wo er nach einem Streite mit dieſem
zu exzedieren begann. Er zerſchlug eine Lampe
und mehrere Fenſterſcheiben und begann ſeinen
Bruder mit ſeinem gezückten Taſchenmeſſer zu be-
drohen und zu verfolgen. Dem Anton Wutte
gelang es, durch Flucht ſich ſeinem raſenden
Bruder zu entziehen, der auch ſpäter noch dritten
[Spaltenumbruch] Perſonen gegenüber die Drohung ausſtieß, daß er
ſeinen Bruder ermorden müſſe, und wenn er
6 Jahre Kerker erhalten ſollte. Dieſe Drohungen
waren mit Rückſicht darauf, daß Johann Wutte
als gewalttätig bekannt iſt und daß er den Anton
Wutte ſchon zweimal vorher mit einem Meſſer
angegriffen hatte, ſowie in der Erwägung des Um-
ſtandes, daß Johann Wutte ſchon wiederholt wegen
Raufhandels und einmal auch wegen Verbrechens
des Totſchlages ſchon vorbeſtraft, erſcheint ſicherlich
geeignet, dem Bedrohten begründete Beſorgniſſe
einzuflößen. Anton Wutte geriet auch tatſächlich
in Furcht und holte die Gendarmerie, die bald
erſchien und den Johann Wutte feſtnehmen wollte.
Seiner Feſtnahme widerſetzte ſich Johann Wutte
durch gewaltſame Handanlegung und gefährliche
Drohung, indem er mit den Händen herumſchlug,
ſich auf die Gendarmen Mathias Kerznar und
Bernhard Supanc zu ſtürzen drohte und ſie zu
ſchlagen verſuchte. Er konnte erſt gefeſſelt werden,
nachdem Tit. Poſtenführer Mathias Kerznar von
ſeiner Waffe Gebrauch gemacht und dem Be-
ſchuldigten einen Stich in den linken Oberſchenkel
verſetzt hatte. Wutte verantwortete ſich bei der
heutigen Verhandlung mit Volltrunkenheit. Der
Gerichtshof verurteilte ihn heute zu dreizehn Mo-
naten ſchweren Kerkers.




Schaubühne.

Wohltätigkeitsvorſtellung zu Gunſten
der Kernſtockſchule in Pößnitz.

Es war ein wohltuender Anblick, zu ſehen,
eine wie große Zahl völkiſch Geſinnter dem Rufe
unſeres Abgeordneten Waſtian gefolgt waren und
das Theater füllten.

Herr Raimund Grabner, der artiſtiſche Leiter
des Enſembles Grazer Volksſchauſpieler, das ſich in
dankenswerter Weiſe in den Dienſt der guten Sache
geſtellt hatte, trug den ſchönen Prolog Kernſtocks
vor, der in herrlichen Worten den Wert und die
Bedeutung der deutſchen Schule würdigte.

An die Aufführung ſelbſt darf man allerdings
den Maßſtäb ſtrenger Kritik nicht anlegen und man
muß noch vielfach den guten Willen für das Werk
[Spaltenumbruch] nehmen. Immerhin aber war brav gelernt und das
Zuſammenſpiel machte dem ernſten Geiſt des jungen
Enſembles alle Ehre. Herr, Geza Kriſch gab ſeinem
Pfarrer Hell ganz ſympathiſche Züge, iſt aber in
die ſeeliſche Tragik dieſer Geſtalt noch nicht einge-
drungen. Desgleichen vergriff ſich Herr Mahr als
Wurzelſepp anfangs im Ton, indem er dem ver-
bitterten Menſchenverächter, dem Wurzelſepp, zu viel
von mildem Humor beilegte. Doch verſteht er gut
zu ſpielen. Gute Volksgeſtalten boten die Damen
Lina Schmidt (Brigitte), Mizi Markhl (Anna), die
nur ihrer heimlichen Liebe noch beſſer Ausdruck zu
geben ſich bemühen muß, Mizi Lichtner (das Weib
des Wirtes), der wir ſehr natürliches Spiel nach-
rühmen müſſen, und die Herren Egon Renner
(Michel Berndorfer), Otto Kühn (Talmüller-Loisl).
Herr Ludwig Korb als Schulmeiſter verfiel in den
Fehler, den die meiſten Darſteller dieſer Rolle machen,
Auch er unterſtrich die Komik dieſer Figur, ſtatt
durch Ernſt ihre unfreiwillige Komik hervortreten
zu laſſen. Aber: Kein Meiſter fällt vom Himmel
und ernſtes Streben kann auch auch aus dieſem
Enſemble noch eines von künſtleriſcher Bedeutung
machen. Wir Grenzdeutſchen wollen allen Darſtellern
jedenfalls dankbar ſein, daß ſie ihr Scherflein zum
Ausbaue unſerer Grenzwälle beigetragen haben. In.




[irrelevantes Material]


Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Obſt- und Weinbauſchule in Marburg
von Montag den 6. bis einſchließlich Sonntag den 12. Mai 1912

Tag Luſtdruck-Tagsm.
(0° red. Baromet.)
Temperatur u. Celſtus Bewölkung,
Tagesmittel
Niederſchläge m / m Bemer-
kungen
7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abendsTagesmittelHöchſteNiederſte
in der
Luft
am
Boden
in der
Luft
am
Boden
Montag741.810.116.310.212.217.924.57.03.350.5Regen
Dienstag742.911 219 212.214.220.229.57 42.484.6
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[5/0005] Nr. 58, 14. Mai 1912 Marburger Zeitung Vom Zirkus Schmidt. Heute abends findet die letzte hieſige Vorſtellung des Zirkus Schmidt ſtatt; morgen gibt er bereits in Klagenfurt ſeine dortige Eröffnungsvorſtellung. In den letzten Tagen erregten insbeſondere die telepathiſchen Vor- führungen des Herrn Svengali beim Publikum großes Aufſehen. Einzelne Perſonen aus dem Zu- ſchauerraume übertrugen ihre Gedankenbefehle auf ihn und Svengali führte ſie in verblüffender Weiſe durch. So holte er von einer Dame, die ſich auf der Galerie befand, eine Hutnadel und brachte ſie, wie der Auftraggeber es ſich gedacht hatte, einer Dame in der erſten Reihe. Dann holte er, einem Gedanken einer anderen Perſönlichkeit folgend, ein Pferd aus dem Marſtall in die Manege uſw. Das Publikum war über die Leiſtungen Svengalis, denen es mit geſpanntem Intereſſe folgte, verblüfft. Gaſtwirtegenoſſenſchaft Umgebung Marburg. Am 31. Mai 1912 um 2 Uhr nach- mittags findet im Gaſthauſe des Obmannes der Genoſſenſchaft, Herrn M. Pukl in Roßwein die Generalverſammlung der Gaſtwirtegenoſſenſchaft des Bezirkes Umgebung Marburg ſtatt. Aus dem Gerichtsſaale. Vor dem Verwaltungsgerichtshofe gelangte am 11. d. M. eine Beſchwerde des Herrn Anton Kaſchmann in Marburg gegen den ſteier- märkiſchen Landesausſchuß zur Verhandlung, der die Beanſtändigungen Kaſchmanns hinſichtlich eines Schupfens, den ſein Nachbar, der Anſtreichermeiſter Rudolf Holzinger in Marburg, erbaut hat, als unbegründet zurückgewieſen hatte. Kaſchmann be- hauptet, daß der Schupfen zu hoch gebaut ſei und ſich nicht in einer genügenden Entfernung von ſeinem Beſitze befinde, wodurch ſeine Rechte verletzt worden ſeien. Die Beſchwerde wurde auf Grund der vor- liegenden Sachverſtändigengutachten als im Geſetze nicht begründet abgewieſen. Mit Brandlegung bedroht. Am 9. April kam es zwiſchen dem 34jährigen verheirateten In- wohner Michael Sok und ſeinem Nachbar Franz Sulek in Kulmberg bei Friedau zu einer Rauferei, bei welcher Sulek mehrere Hiebe mit einer Haue erhielt. Sok, der damals betrunken war, kam nachts zum Hauſe des Sulek und äußerte Drohungen, daß er das Haus an den vier Ecken anzünden werde. Auch dem Nachbar Andreas Zoran hatte er in dieſem Sinne gedroht. Die Leute leben nun in Furcht und ſind bemüßigt, in den Nächten, wenn Sok betrunken iſt, Wache zu halten. Sok wurde zu vier Monaten ſchweren Kerker verurteilt. Vom Bruder mit Ermordung be- droht. Am 8. April d. J. kam der 29 jährige Johann Wutte, der derzeit ohne beſtimmte Be- ſchäftigung iſt, zu ſeinem Bruder Anton Wutte in Kreuzberg, wo er nach einem Streite mit dieſem zu exzedieren begann. Er zerſchlug eine Lampe und mehrere Fenſterſcheiben und begann ſeinen Bruder mit ſeinem gezückten Taſchenmeſſer zu be- drohen und zu verfolgen. Dem Anton Wutte gelang es, durch Flucht ſich ſeinem raſenden Bruder zu entziehen, der auch ſpäter noch dritten Perſonen gegenüber die Drohung ausſtieß, daß er ſeinen Bruder ermorden müſſe, und wenn er 6 Jahre Kerker erhalten ſollte. Dieſe Drohungen waren mit Rückſicht darauf, daß Johann Wutte als gewalttätig bekannt iſt und daß er den Anton Wutte ſchon zweimal vorher mit einem Meſſer angegriffen hatte, ſowie in der Erwägung des Um- ſtandes, daß Johann Wutte ſchon wiederholt wegen Raufhandels und einmal auch wegen Verbrechens des Totſchlages ſchon vorbeſtraft, erſcheint ſicherlich geeignet, dem Bedrohten begründete Beſorgniſſe einzuflößen. Anton Wutte geriet auch tatſächlich in Furcht und holte die Gendarmerie, die bald erſchien und den Johann Wutte feſtnehmen wollte. Seiner Feſtnahme widerſetzte ſich Johann Wutte durch gewaltſame Handanlegung und gefährliche Drohung, indem er mit den Händen herumſchlug, ſich auf die Gendarmen Mathias Kerznar und Bernhard Supanc zu ſtürzen drohte und ſie zu ſchlagen verſuchte. Er konnte erſt gefeſſelt werden, nachdem Tit. Poſtenführer Mathias Kerznar von ſeiner Waffe Gebrauch gemacht und dem Be- ſchuldigten einen Stich in den linken Oberſchenkel verſetzt hatte. Wutte verantwortete ſich bei der heutigen Verhandlung mit Volltrunkenheit. Der Gerichtshof verurteilte ihn heute zu dreizehn Mo- naten ſchweren Kerkers. Schaubühne. Wohltätigkeitsvorſtellung zu Gunſten der Kernſtockſchule in Pößnitz. Es war ein wohltuender Anblick, zu ſehen, eine wie große Zahl völkiſch Geſinnter dem Rufe unſeres Abgeordneten Waſtian gefolgt waren und das Theater füllten. Herr Raimund Grabner, der artiſtiſche Leiter des Enſembles Grazer Volksſchauſpieler, das ſich in dankenswerter Weiſe in den Dienſt der guten Sache geſtellt hatte, trug den ſchönen Prolog Kernſtocks vor, der in herrlichen Worten den Wert und die Bedeutung der deutſchen Schule würdigte. An die Aufführung ſelbſt darf man allerdings den Maßſtäb ſtrenger Kritik nicht anlegen und man muß noch vielfach den guten Willen für das Werk nehmen. Immerhin aber war brav gelernt und das Zuſammenſpiel machte dem ernſten Geiſt des jungen Enſembles alle Ehre. Herr, Geza Kriſch gab ſeinem Pfarrer Hell ganz ſympathiſche Züge, iſt aber in die ſeeliſche Tragik dieſer Geſtalt noch nicht einge- drungen. Desgleichen vergriff ſich Herr Mahr als Wurzelſepp anfangs im Ton, indem er dem ver- bitterten Menſchenverächter, dem Wurzelſepp, zu viel von mildem Humor beilegte. Doch verſteht er gut zu ſpielen. Gute Volksgeſtalten boten die Damen Lina Schmidt (Brigitte), Mizi Markhl (Anna), die nur ihrer heimlichen Liebe noch beſſer Ausdruck zu geben ſich bemühen muß, Mizi Lichtner (das Weib des Wirtes), der wir ſehr natürliches Spiel nach- rühmen müſſen, und die Herren Egon Renner (Michel Berndorfer), Otto Kühn (Talmüller-Loisl). Herr Ludwig Korb als Schulmeiſter verfiel in den Fehler, den die meiſten Darſteller dieſer Rolle machen, Auch er unterſtrich die Komik dieſer Figur, ſtatt durch Ernſt ihre unfreiwillige Komik hervortreten zu laſſen. Aber: Kein Meiſter fällt vom Himmel und ernſtes Streben kann auch auch aus dieſem Enſemble noch eines von künſtleriſcher Bedeutung machen. Wir Grenzdeutſchen wollen allen Darſtellern jedenfalls dankbar ſein, daß ſie ihr Scherflein zum Ausbaue unſerer Grenzwälle beigetragen haben. In. _ Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Obſt- und Weinbauſchule in Marburg von Montag den 6. bis einſchließlich Sonntag den 12. Mai 1912 Tag Luſtdruck-Tagsm. (0° red. Baromet.) Temperatur u. Celſtus Bewölkung, Tagesmittel Niederſchläge m / m Bemer- kungen 7 Uhr früh 2 Uhr mittags 9 Uhr abends Tagesmittel Höchſte Niederſte in der Luft am Boden in der Luft am Boden Montag 741.8 10.1 16.3 10.2 12.2 17.9 24.5 7.0 3.3 5 0.5 Regen Dienstag 742.9 11 2 19 2 12.2 14.2 20.2 29.5 7 4 2.4 8 4.6 „ Mittwoch 742 0 11.6 13 7 12.8 12.7 16 8 18.6 10.2 7.0 8 3.8 „ Donnerst. 744.1 10.8 15 1 11.4 12.4 16.0 24.1 10.5 8.1 7 1.5 „ Freitag 738.1 11.4 17.2 14.6 14.4 18.4 24.7 10.0 5.7 7 0.5 „ Samstag 736.5 11.6 20.1 15.0 15.6 22.2 28 5 10.2 6 0 8 · Sonntag 737.4 15 2 27 3 19.4 20.6 28.8 34.3 10 3 5.6 1 · _

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 58, Marburg, 14.05.1912, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger58_1912/5>, abgerufen am 21.11.2024.