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Marburger Zeitung. Nr. 58, Marburg, 14.05.1912.

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Marburger Zeitung Nr. 58 14. Mai 1912

[Spaltenumbruch]
Der Gewerbeverein Marburg

ladet
hiermit seine Mitglieder zu der am Donnerstag
den 16. d. M. um 3 Uhr nachmittags im weißen
Saale der Brauerei Götz in Marburg stattfindenden
gründenden Versammlung des deutschen Lehrherren-
bundes, welche mit folgender Tagesordnung abge-
halten wird, ein: 1. Wahl des Vorsitzenden und
Schriftführers. 2. Berichterstattung über den Zweck
und die Aufgaben des Deutschen Lehrherrenbundes.
Berichterstatter: Handelskammerrat Karl Mörtl,
Cilli. 3. Wahl der Hauptleitung. 4. Anträge und
Anregungen. Da diese Versammlung für die
Interessen des Gewerbestandes im Unterlande von
allergrößter Bedeutung ist, wird um zuverlässiges
Erscheinen gebeten.

Marburger Bioskop.

Mittwoch den 15.
bis Freitag den 17. Mai gelangen die schon in der
Voranzeige genannten Schlager, Der Untergang der
Titanic und Die Gefangennahme des Apachenhäupt-
lings Bonnot in Paris, unwiderruflich nur diese
drei Tage zur Vorführung. Die Direktion gibt sich
der angenehmen Hoffnung hin, recht volle Häuser
verzeichnen zu können, da die Schlager gewiß all-
gemeines Interesse erwecken dürften. -- Donnerstag
vollständig neues Programm, Vorstellungen wie a[n]
Sonntagen. -- Freitag den 17. d. Highlife-Vor-
stellung mit Konzert der Südbahn-Werkstättenkapelle.
Da die Direktion auf einen guten Besuch hofft,
scheute sie keine Kosten und stellt für den Abend
ein vollkommen neues Programm bei. -- Samstag
wieder Programmwechsel.

Todesfall.

Am 11. d. ist in Hochenegg
bei Cilli der Gasthaus- und Realitätenbesitzer
Johann Pötscher im 57. Lebensjahre nach längerem
Leiden gestorben. Er war ein wackerer Volksgenosse.

Panorama International.

Um das
große Publikum an das Panorama, dieser groß-
artigen Bildungsstätte, die von den hervorragendsten
Gelehrten bestens empfohlen wird, mehr und mehr
zu gewöhnen, hat die Unternehmung für Vereine
und Korporationen Karten zu 20 Heller eingeführt,
die bei den betreffenden Herren Vertrauensmännern
erhältlich sind. Diese Ermäßigung gilt auch für
die Mitglieder des Lehrerhausvereines, Wirtschafts-
verbandes usw. Karten sind auch einzeln zu haben.
Diese Woche hochinteressant für jedermann, eine
Wanderung durch Mexiko.

Volkstombola in Marburg.

Am 19.
Mai am Hauptplatze. Beginn 3 Uhr nachmittags.
Da der Kartenverkauf für die Tombola ein sehr
reger ist, wird darauf aufmerksam gemacht, daß nur
eine beschränkte Anzahl ausgegeben wird, daher es
angezeigt ist, sich ehetunlichst dieselben zu besorgen.
Am Tage der Tombola findet keinerlei Preiser-
mäßigung der Karten statt. Verkaufsstellen sind
vorderhand: Martinz, Platzer, Pirchan, Hollicek,
Heinz, Scheidbach, Schram, Wolfram, Kokoschinegg
und Heu. Ferners folgende Trafiken: Tegetthoffstr.,
Burggasse, Hauptplatz und Herrengasse. Eine Reihe
neuer Verkaufsstellen werden noch eröffnet.

E. A. Pollaks Grand Elektro-Bio-
skop in Brunndorf.

Wie schon erwähnt, ge-
langt Donnerstag den 16. Mai das Oberammer-
gauer Passionsspiel (Christi Leiden und Sterben,
von der Geburt bis zur Himmelfahrt) zur Aufführung.
Auch werden als Programmergänzung einige andere
Bilder eingereiht.

Festgenommener Einschleicher.

Der
erst vor 14 Tagen wegen Diebstahl aus der Straf-
haft entlassene Michael Scherz, 28 Jahre alt, aus
Maria Rast, schlich in der Nacht zum 13. d. im
Gasthofe Zur Südbahn, Tegetthoffstraße, in ein
Dachzimmer, um dort Diebstähle zu verüben. Als
er am frühen Morgen ertappt wurde, ergriff er
die Flucht, konnte jedoch nach kurzer Verfolgung
durch Wachleute im Hause 5 der Mühlgasse fest-
genommen werden.

Verhaftete Hühnerdiebe.

Der wiederholt
wegen Hühnerdiebstähle vorbestrafte 50 Jahre alte
Taglöhner Andreas Sobetz aus Ragosnitz, Bezirk
Marburg und der 17 Jahre alte Taglöhner Fried.
Kerchlanko wurden gestern früh von einem Wach-
mann angehalten, weil sie gestohlenes Geflügel zum
Verkaufe nach Marburg gebracht hatten. Die beiden
haben in der Nacht zum 13. d. Mts. die Hühner-
diebstähle in der Umgebung von Marburg verübt.

Unglücksfall mit einem Heuwagen.

Der Knecht Franz Selak aus der Umgebung von
Schleinitz fuhr am 10. d. nachmittags mit einem
hochbeladenen Heuwagen gegen Marburg. Oben
auf dem Wagen saß ein Schulmädchen, das auf
dem Heimwege ins Elternhaus begriffen war und
[Spaltenumbruch] vom Knechte auf den Wagen gesetzt wurde. Da
sich der Knecht um das Kind nicht weiter kümmerte,
fing dieses zum Zeitvertreib mit einem Taschen-
messer zu spielen an, wobei es auf noch unauf-
geklärte Weise dem Bindeseile zu nahe kam und
dasselbe durchschnitt. Infolge dieser so plötzlich
entstandenen Lockerung der Heumassen gerieten diese
vorne und rückwärts ins Gleiten. Der vordere
Teil derselben fiel auf die Pferde, die dadurch scheu
wurden und durchgingen, während der Rest des
rückwärtigen Teiles, auf welchem auch das kleine
Mädchen saß, herabgeschleudert wurde und das
Kind vollends begrub. Auf den Feldern arbeitende
Landleute eilten rasch herbei und konnten das voll-
kommen im Heu vergrabene Kind nur mit großer
Mühe vom sicheren Erstickungstode befreien. Unter-
dessen aber raste das Gespann in wilder Hast weiter.
Der Wagen wurde hin- und hergeschleudert, wobei
eines der Räder desselben an einem stark vor-
ragenden Kilometerstein zerschellte und sich daher
der Wagen zur Seite neigte, wobei der Knecht
Selak derart unglücklich zum Sturze kam, daß er
sich eine schwere Verletzung der Schädeldecke zuzog,
in bewußtlosem Zustande aufgefunden und zurück
nach Schleinitz gebracht wurde.

Ein Todessturz vom Wagen.

Durch ein
furchtbares Unglück verlor vorgestern ein Familien-
vater sein Leben und eine Familie ihren Ernährer.
Der beim hiesigen Kaufmanne Herrn Tischler be-
dienstete 29jährige Franz Schalamon fuhr Sonn-
tag nachmittags in einem einspännigen kleinen Streif-
wagen, auf dem zwei leere Bierfässer und eine Kiste
verladen waren, auf der Reichsstraße von Leiters-
berg gegen Marburg. In der Nähe des Gasthauses
Zur Taferne scheute das Pferd vor einem entgegen-
kommenden Automobil und galoppierte gegen die
Kokoschinegg-Allee. An der Ecke der Allee, beim Gast-
hause kippte der Wagen um und Schalomon wurde
mit solcher Wucht an die dortige Plakatierungssäule
geschleudert, daß er einen Schädelbruch erlitt und
das Gehirn herausquoll. Schalamon war sofort
tot. Seine Leiche wurde neben einem Baum auf
der Erde gebettet und mit einer Kotze zugedeckt.
Ein Leichenwagen der städtischen Bestattungsanstalt
führte den Toten dann in die Totenkammer des
Stadtfriedhofes. Eine große Menschenmenge hatte
sich an der Unglücksstelle angesammelt. Das Pferd
neigte überhaupt, wie uns mitgeteilt wird, zum
Scheuwerden. Am 8. April d. J. scheute es an der
gleichen Stelle; damals war es vor einen Wagen
gespannt, in welchem sich Herr und Frau Tischler
befanden, die beide aus dem Wagen geschleudert
wurden, glücklicherweise ohne sich hiebet zu verletzen.
Teilweise soll an dem vorgestrigen Unglücke auch
der Umstand schuld gewesen sein, daß die beiden
Achsen des Streifwagens mit Ketten derart ver-
bunden waren, daß die vordere Achse nicht rasch
genug der Kurve folgen konnte, in welche der Wagen
durch das Pferd gerissen wurde. Schalamon, der
ein so trauriges Ende fand, hinterläßt eine Witwe
mit drei unversorgten Kindern, denen durch ein
furchtbares Schicksal urplötzlich der Ernährer, der
Gatte und Vater entrissen wurde. Sie befinden sich
nun in der traurigsten Lage; hoffentlich finden sich
viele gute Marburger Herzen, welche der von einem
entsetzlichen Schlage getroffenen Familie eines braven
Arbeiters hilfreich unter die Arme greifen. Spenden,
welche an unsere Verwaltung gelangen, wird diese
ausweisen.

Fahrraddiebstahl.

Am vergangenen Sams-
tag abends wurde dem Fleischermeister Blasius
Gfellmann aus dem Vorhause des Hauses Bahn-
hofstraße Nr. 3 ein Fahrrad im Werte von 120 K.
durch unbekannten Täter entwendet. Das Rad, ein
Styriafabrikat, hat schwarzen Rahmenbau, solche
Felgen mit grünen Streifen, Freilauf mit Rücktritts-
bremse, Vollscheibe mit der Einprägung Styria,
graue neue Gebirgsmäntel und mäßig gebogene
Lenkstange.

Eine Bitte an die deutschen Aus-
flügler.

Von einer völkisch verdienstvollen Per-
sönlichkeit in Straß wird uns geschrieben: Der Früh-
ling sendet seine Boten ins Land. Auf den Bergen,
in den Tälern und Ebenen erfreut sich die Pflanzen-
welt des herrlichen Gedeihens. Die Zeit der Aus-
flüge ist gekommen. Wohin sollen wir gehen. fragt
so manche Familie, so manche wanderlustige Gesell-
schaft. Die Beantwortung dieser Frage stützt sich
zunächst darauf, wenn irgend möglich auch bei Aus-
flügen das Angenehme mit dem Nützlichen zu ver-
binden. Hiezu bietet sich für uns Deutsche und
Deutschgesinnte die schönste Gelegenheit, unser Ziel
in der Gastwirtschaft Reininger in Pölitsch-
[Spaltenumbruch] dorf
zwischen Jahring und St. Egydi aufzuschlagen.
Sowohl für die von Norden als von Süden oder
Osten kommenden ist durch günstige Zugsverbin-
dung die Möglichkeit gegeben, in einem Nachmittag
Herrn Reininger, einem Manne, der auf einer kleinen
deutschen Insel, welche sich nur auf sein Besitztum
ausdehnt, umgeben von slowenisch-klerikalen Feinden,
den gefährlichsten Versuchungen ausgesetzt gleich
einem Fels im Meere den anschlagenden Wellen
Trotz bietet, durch eifrigen Besuch Dank zu zollen
für die treue Wacht, die dieser unerschrockene Kämpfer
dort oben auf dem schönen Plateau hält. Leicht
und angenehm ist es, in der Mitte unserer Ge-
sinnungsgenossen deutsch zu sein und zu bleiben,
nicht so auf Rosen gebetet aber dort, wo man rings-
um immerwährenden Ankläffungen nationaler Feinde
preisgegeben ist. Hier wäre also, wie eingangs er-
wähnt, dem Nützlichen gewiß gedient, wobei aber
auch das Angenehme auf seine Rechnung kommt,
da für den durch das schöne Jahringtal über den
schattigen Pölitschberg dahinziehenden Wanderer
aus Küche und Keller des Herrn Reininger beste
Labung winkt. Das Gasthaus ist von der Station
Egydi-Tunnel in 50 Minuten leicht erreichbar.

Branntweinrausch und Messerstich.

Am 12. Mai abends tranken die Taglöhner Johann
Kottnik und Johann Rudarst in der Wohnung des
letzteren Branntwein. Als beide gemeinsam um viertel
10 Uhr die Wohnung verließen, trafen sie vor dem
Hause Uferstraße 12 den dort wohnhaften Tele-
graphenarbeiter Jakob Wesiag, welchem sie seit län-
gerer Zeit feindlich gesinnt sind. Nach kurzem
Wortwechsel zog Kottnik sein Taschenmesser und ver-
setzte damit dem Wesiag einen Stich in den Kopf.
Der Verletzte wurde mit dem Rettungswagen in
das Allgemeine Krankenhaus überführt. Kottnik
wurde verhaftet und dem Kreisgerichte eingeliefert.

Praktische Firmungsgeschenke

empfiehlt
das bekannte Marburger Uhrenhaus A. Kiffmann,
Herrengasse und Tegetthoffstraße, für welche die
Beilage in der heutigen Nammer eine reiche Aus-
wahl in Uhren bietet.

Frühlings-Liederabend des Marburger
Männergesaugvereines.

Am Samstag den
18. d. findet im Prunksaale des Brauhauses Götz
ein Frühlings-Liederabend des Marburger Männer-
gesangvereines unter der Leitung des Ehrensang-
wartes Herrn Rudolf Wagner und des Sang-
wartes Herrn Franz Schönherr statt. Musik: Süd-
bahnwerkstattenkapelle. Bei warmen Wetter findet
der Liederabend in der Brauhausveranda statt.

Die heutige Nummer

der Marburger
Zeitung erscheint mit Rücksicht auf den übermorgigen
Feiertag, welcher die Ausgabe der nächsten Nummer
schon morgen nötig macht, in geringerem textlichem
Umfange.

Musikstaatsprüfung und Ferialkurs.

Bei den eben beendeten Staatsprüfungen für das
Lehramt der Musik wurden 14 Kandidaten der
Musikschulen Kaiser in Wien staatlich approbiert,
und zwar die Damen V. blucha, Eug. Haber-
mann, Ivanka Hrast (Laibach), Herta Leiter (mit
"Auszeichnung", Innsbruck), Frl. H. Neuwirth,
R. Polacsek (Szentes), Gert. Pollak (Pilsen), Marg.
Rowensky (Reichenau); die Herren: Frater Zach.
Bergler, A. Hunger, E. Neiß, Frater Gottlieb
Stawars, E. Wiedfeld (London) und Heinr. Zirm
(Oberrochlitz). -- Der 14. Ferialkurs der Musik-
schulen Kaiser beginnt am 18. Juli l. J. Prospekte
durch die Kanzler, Wien, 7. Bez., Halbgasse 9.




[irrelevantes Material - 12 Zeilen fehlen]
Marburger Zeitung Nr. 58 14. Mai 1912

[Spaltenumbruch]
Der Gewerbeverein Marburg

ladet
hiermit ſeine Mitglieder zu der am Donnerstag
den 16. d. M. um 3 Uhr nachmittags im weißen
Saale der Brauerei Götz in Marburg ſtattfindenden
gründenden Verſammlung des deutſchen Lehrherren-
bundes, welche mit folgender Tagesordnung abge-
halten wird, ein: 1. Wahl des Vorſitzenden und
Schriftführers. 2. Berichterſtattung über den Zweck
und die Aufgaben des Deutſchen Lehrherrenbundes.
Berichterſtatter: Handelskammerrat Karl Mörtl,
Cilli. 3. Wahl der Hauptleitung. 4. Anträge und
Anregungen. Da dieſe Verſammlung für die
Intereſſen des Gewerbeſtandes im Unterlande von
allergrößter Bedeutung iſt, wird um zuverläſſiges
Erſcheinen gebeten.

Marburger Bioſkop.

Mittwoch den 15.
bis Freitag den 17. Mai gelangen die ſchon in der
Voranzeige genannten Schlager, Der Untergang der
Titanic und Die Gefangennahme des Apachenhäupt-
lings Bonnot in Paris, unwiderruflich nur dieſe
drei Tage zur Vorführung. Die Direktion gibt ſich
der angenehmen Hoffnung hin, recht volle Häuſer
verzeichnen zu können, da die Schlager gewiß all-
gemeines Intereſſe erwecken dürften. — Donnerstag
vollſtändig neues Programm, Vorſtellungen wie a[n]
Sonntagen. — Freitag den 17. d. Highlife-Vor-
ſtellung mit Konzert der Südbahn-Werkſtättenkapelle.
Da die Direktion auf einen guten Beſuch hofft,
ſcheute ſie keine Koſten und ſtellt für den Abend
ein vollkommen neues Programm bei. — Samstag
wieder Programmwechſel.

Todesfall.

Am 11. d. iſt in Hochenegg
bei Cilli der Gaſthaus- und Realitätenbeſitzer
Johann Pötſcher im 57. Lebensjahre nach längerem
Leiden geſtorben. Er war ein wackerer Volksgenoſſe.

Panorama International.

Um das
große Publikum an das Panorama, dieſer groß-
artigen Bildungsſtätte, die von den hervorragendſten
Gelehrten beſtens empfohlen wird, mehr und mehr
zu gewöhnen, hat die Unternehmung für Vereine
und Korporationen Karten zu 20 Heller eingeführt,
die bei den betreffenden Herren Vertrauensmännern
erhältlich ſind. Dieſe Ermäßigung gilt auch für
die Mitglieder des Lehrerhausvereines, Wirtſchafts-
verbandes uſw. Karten ſind auch einzeln zu haben.
Dieſe Woche hochintereſſant für jedermann, eine
Wanderung durch Mexiko.

Volkstombola in Marburg.

Am 19.
Mai am Hauptplatze. Beginn 3 Uhr nachmittags.
Da der Kartenverkauf für die Tombola ein ſehr
reger iſt, wird darauf aufmerkſam gemacht, daß nur
eine beſchränkte Anzahl ausgegeben wird, daher es
angezeigt iſt, ſich ehetunlichſt dieſelben zu beſorgen.
Am Tage der Tombola findet keinerlei Preiser-
mäßigung der Karten ſtatt. Verkaufsſtellen ſind
vorderhand: Martinz, Platzer, Pirchan, Hollicek,
Heinz, Scheidbach, Schram, Wolfram, Kokoſchinegg
und Heu. Ferners folgende Trafiken: Tegetthoffſtr.,
Burggaſſe, Hauptplatz und Herrengaſſe. Eine Reihe
neuer Verkaufsſtellen werden noch eröffnet.

E. A. Pollaks Grand Elektro-Bio-
ſkop in Brunndorf.

Wie ſchon erwähnt, ge-
langt Donnerstag den 16. Mai das Oberammer-
gauer Paſſionsſpiel (Chriſti Leiden und Sterben,
von der Geburt bis zur Himmelfahrt) zur Aufführung.
Auch werden als Programmergänzung einige andere
Bilder eingereiht.

Feſtgenommener Einſchleicher.

Der
erſt vor 14 Tagen wegen Diebſtahl aus der Straf-
haft entlaſſene Michael Scherz, 28 Jahre alt, aus
Maria Raſt, ſchlich in der Nacht zum 13. d. im
Gaſthofe Zur Südbahn, Tegetthoffſtraße, in ein
Dachzimmer, um dort Diebſtähle zu verüben. Als
er am frühen Morgen ertappt wurde, ergriff er
die Flucht, konnte jedoch nach kurzer Verfolgung
durch Wachleute im Hauſe 5 der Mühlgaſſe feſt-
genommen werden.

Verhaftete Hühnerdiebe.

Der wiederholt
wegen Hühnerdiebſtähle vorbeſtrafte 50 Jahre alte
Taglöhner Andreas Sobetz aus Ragosnitz, Bezirk
Marburg und der 17 Jahre alte Taglöhner Fried.
Kerchlanko wurden geſtern früh von einem Wach-
mann angehalten, weil ſie geſtohlenes Geflügel zum
Verkaufe nach Marburg gebracht hatten. Die beiden
haben in der Nacht zum 13. d. Mts. die Hühner-
diebſtähle in der Umgebung von Marburg verübt.

Unglücksfall mit einem Heuwagen.

Der Knecht Franz Selak aus der Umgebung von
Schleinitz fuhr am 10. d. nachmittags mit einem
hochbeladenen Heuwagen gegen Marburg. Oben
auf dem Wagen ſaß ein Schulmädchen, das auf
dem Heimwege ins Elternhaus begriffen war und
[Spaltenumbruch] vom Knechte auf den Wagen geſetzt wurde. Da
ſich der Knecht um das Kind nicht weiter kümmerte,
fing dieſes zum Zeitvertreib mit einem Taſchen-
meſſer zu ſpielen an, wobei es auf noch unauf-
geklärte Weiſe dem Bindeſeile zu nahe kam und
dasſelbe durchſchnitt. Infolge dieſer ſo plötzlich
entſtandenen Lockerung der Heumaſſen gerieten dieſe
vorne und rückwärts ins Gleiten. Der vordere
Teil derſelben fiel auf die Pferde, die dadurch ſcheu
wurden und durchgingen, während der Reſt des
rückwärtigen Teiles, auf welchem auch das kleine
Mädchen ſaß, herabgeſchleudert wurde und das
Kind vollends begrub. Auf den Feldern arbeitende
Landleute eilten raſch herbei und konnten das voll-
kommen im Heu vergrabene Kind nur mit großer
Mühe vom ſicheren Erſtickungstode befreien. Unter-
deſſen aber raſte das Geſpann in wilder Haſt weiter.
Der Wagen wurde hin- und hergeſchleudert, wobei
eines der Räder desſelben an einem ſtark vor-
ragenden Kilometerſtein zerſchellte und ſich daher
der Wagen zur Seite neigte, wobei der Knecht
Selak derart unglücklich zum Sturze kam, daß er
ſich eine ſchwere Verletzung der Schädeldecke zuzog,
in bewußtloſem Zuſtande aufgefunden und zurück
nach Schleinitz gebracht wurde.

Ein Todesſturz vom Wagen.

Durch ein
furchtbares Unglück verlor vorgeſtern ein Familien-
vater ſein Leben und eine Familie ihren Ernährer.
Der beim hieſigen Kaufmanne Herrn Tiſchler be-
dienſtete 29jährige Franz Schalamon fuhr Sonn-
tag nachmittags in einem einſpännigen kleinen Streif-
wagen, auf dem zwei leere Bierfäſſer und eine Kiſte
verladen waren, auf der Reichsſtraße von Leiters-
berg gegen Marburg. In der Nähe des Gaſthauſes
Zur Taferne ſcheute das Pferd vor einem entgegen-
kommenden Automobil und galoppierte gegen die
Kokoſchinegg-Allee. An der Ecke der Allee, beim Gaſt-
hauſe kippte der Wagen um und Schalomon wurde
mit ſolcher Wucht an die dortige Plakatierungsſäule
geſchleudert, daß er einen Schädelbruch erlitt und
das Gehirn herausquoll. Schalamon war ſofort
tot. Seine Leiche wurde neben einem Baum auf
der Erde gebettet und mit einer Kotze zugedeckt.
Ein Leichenwagen der ſtädtiſchen Beſtattungsanſtalt
führte den Toten dann in die Totenkammer des
Stadtfriedhofes. Eine große Menſchenmenge hatte
ſich an der Unglücksſtelle angeſammelt. Das Pferd
neigte überhaupt, wie uns mitgeteilt wird, zum
Scheuwerden. Am 8. April d. J. ſcheute es an der
gleichen Stelle; damals war es vor einen Wagen
geſpannt, in welchem ſich Herr und Frau Tiſchler
befanden, die beide aus dem Wagen geſchleudert
wurden, glücklicherweiſe ohne ſich hiebet zu verletzen.
Teilweiſe ſoll an dem vorgeſtrigen Unglücke auch
der Umſtand ſchuld geweſen ſein, daß die beiden
Achſen des Streifwagens mit Ketten derart ver-
bunden waren, daß die vordere Achſe nicht raſch
genug der Kurve folgen konnte, in welche der Wagen
durch das Pferd geriſſen wurde. Schalamon, der
ein ſo trauriges Ende fand, hinterläßt eine Witwe
mit drei unverſorgten Kindern, denen durch ein
furchtbares Schickſal urplötzlich der Ernährer, der
Gatte und Vater entriſſen wurde. Sie befinden ſich
nun in der traurigſten Lage; hoffentlich finden ſich
viele gute Marburger Herzen, welche der von einem
entſetzlichen Schlage getroffenen Familie eines braven
Arbeiters hilfreich unter die Arme greifen. Spenden,
welche an unſere Verwaltung gelangen, wird dieſe
ausweiſen.

Fahrraddiebſtahl.

Am vergangenen Sams-
tag abends wurde dem Fleiſchermeiſter Blaſius
Gfellmann aus dem Vorhauſe des Hauſes Bahn-
hofſtraße Nr. 3 ein Fahrrad im Werte von 120 K.
durch unbekannten Täter entwendet. Das Rad, ein
Styriafabrikat, hat ſchwarzen Rahmenbau, ſolche
Felgen mit grünen Streifen, Freilauf mit Rücktritts-
bremſe, Vollſcheibe mit der Einprägung Styria,
graue neue Gebirgsmäntel und mäßig gebogene
Lenkſtange.

Eine Bitte an die deutſchen Aus-
flügler.

Von einer völkiſch verdienſtvollen Per-
ſönlichkeit in Straß wird uns geſchrieben: Der Früh-
ling ſendet ſeine Boten ins Land. Auf den Bergen,
in den Tälern und Ebenen erfreut ſich die Pflanzen-
welt des herrlichen Gedeihens. Die Zeit der Aus-
flüge iſt gekommen. Wohin ſollen wir gehen. fragt
ſo manche Familie, ſo manche wanderluſtige Geſell-
ſchaft. Die Beantwortung dieſer Frage ſtützt ſich
zunächſt darauf, wenn irgend möglich auch bei Aus-
flügen das Angenehme mit dem Nützlichen zu ver-
binden. Hiezu bietet ſich für uns Deutſche und
Deutſchgeſinnte die ſchönſte Gelegenheit, unſer Ziel
in der Gaſtwirtſchaft Reininger in Pölitſch-
[Spaltenumbruch] dorf
zwiſchen Jahring und St. Egydi aufzuſchlagen.
Sowohl für die von Norden als von Süden oder
Oſten kommenden iſt durch günſtige Zugsverbin-
dung die Möglichkeit gegeben, in einem Nachmittag
Herrn Reininger, einem Manne, der auf einer kleinen
deutſchen Inſel, welche ſich nur auf ſein Beſitztum
ausdehnt, umgeben von ſloweniſch-klerikalen Feinden,
den gefährlichſten Verſuchungen ausgeſetzt gleich
einem Fels im Meere den anſchlagenden Wellen
Trotz bietet, durch eifrigen Beſuch Dank zu zollen
für die treue Wacht, die dieſer unerſchrockene Kämpfer
dort oben auf dem ſchönen Plateau hält. Leicht
und angenehm iſt es, in der Mitte unſerer Ge-
ſinnungsgenoſſen deutſch zu ſein und zu bleiben,
nicht ſo auf Roſen gebetet aber dort, wo man rings-
um immerwährenden Ankläffungen nationaler Feinde
preisgegeben iſt. Hier wäre alſo, wie eingangs er-
wähnt, dem Nützlichen gewiß gedient, wobei aber
auch das Angenehme auf ſeine Rechnung kommt,
da für den durch das ſchöne Jahringtal über den
ſchattigen Pölitſchberg dahinziehenden Wanderer
aus Küche und Keller des Herrn Reininger beſte
Labung winkt. Das Gaſthaus iſt von der Station
Egydi-Tunnel in 50 Minuten leicht erreichbar.

Branntweinrauſch und Meſſerſtich.

Am 12. Mai abends tranken die Taglöhner Johann
Kottnik und Johann Rudarſt in der Wohnung des
letzteren Branntwein. Als beide gemeinſam um viertel
10 Uhr die Wohnung verließen, trafen ſie vor dem
Hauſe Uferſtraße 12 den dort wohnhaften Tele-
graphenarbeiter Jakob Weſiag, welchem ſie ſeit län-
gerer Zeit feindlich geſinnt ſind. Nach kurzem
Wortwechſel zog Kottnik ſein Taſchenmeſſer und ver-
ſetzte damit dem Weſiag einen Stich in den Kopf.
Der Verletzte wurde mit dem Rettungswagen in
das Allgemeine Krankenhaus überführt. Kottnik
wurde verhaftet und dem Kreisgerichte eingeliefert.

Praktiſche Firmungsgeſchenke

empfiehlt
das bekannte Marburger Uhrenhaus A. Kiffmann,
Herrengaſſe und Tegetthoffſtraße, für welche die
Beilage in der heutigen Nammer eine reiche Aus-
wahl in Uhren bietet.

Frühlings-Liederabend des Marburger
Männergeſaugvereines.

Am Samstag den
18. d. findet im Prunkſaale des Brauhauſes Götz
ein Frühlings-Liederabend des Marburger Männer-
geſangvereines unter der Leitung des Ehrenſang-
wartes Herrn Rudolf Wagner und des Sang-
wartes Herrn Franz Schönherr ſtatt. Muſik: Süd-
bahnwerkſtattenkapelle. Bei warmen Wetter findet
der Liederabend in der Brauhausveranda ſtatt.

Die heutige Nummer

der Marburger
Zeitung erſcheint mit Rückſicht auf den übermorgigen
Feiertag, welcher die Ausgabe der nächſten Nummer
ſchon morgen nötig macht, in geringerem textlichem
Umfange.

Muſikſtaatsprüfung und Ferialkurs.

Bei den eben beendeten Staatsprüfungen für das
Lehramt der Muſik wurden 14 Kandidaten der
Muſikſchulen Kaiſer in Wien ſtaatlich approbiert,
und zwar die Damen V. blucha, Eug. Haber-
mann, Ivanka Hraſt (Laibach), Herta Leiter (mit
„Auszeichnung“, Innsbruck), Frl. H. Neuwirth,
R. Polacſek (Szentes), Gert. Pollak (Pilſen), Marg.
Rowensky (Reichenau); die Herren: Frater Zach.
Bergler, A. Hunger, E. Neiß, Frater Gottlieb
Stawars, E. Wiedfeld (London) und Heinr. Zirm
(Oberrochlitz). — Der 14. Ferialkurs der Muſik-
ſchulen Kaiſer beginnt am 18. Juli l. J. Proſpekte
durch die Kanzler, Wien, 7. Bez., Halbgaſſe 9.




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[4/0004] Marburger Zeitung Nr. 58 14. Mai 1912 Der Gewerbeverein Marburg ladet hiermit ſeine Mitglieder zu der am Donnerstag den 16. d. M. um 3 Uhr nachmittags im weißen Saale der Brauerei Götz in Marburg ſtattfindenden gründenden Verſammlung des deutſchen Lehrherren- bundes, welche mit folgender Tagesordnung abge- halten wird, ein: 1. Wahl des Vorſitzenden und Schriftführers. 2. Berichterſtattung über den Zweck und die Aufgaben des Deutſchen Lehrherrenbundes. Berichterſtatter: Handelskammerrat Karl Mörtl, Cilli. 3. Wahl der Hauptleitung. 4. Anträge und Anregungen. Da dieſe Verſammlung für die Intereſſen des Gewerbeſtandes im Unterlande von allergrößter Bedeutung iſt, wird um zuverläſſiges Erſcheinen gebeten. Marburger Bioſkop. Mittwoch den 15. bis Freitag den 17. Mai gelangen die ſchon in der Voranzeige genannten Schlager, Der Untergang der Titanic und Die Gefangennahme des Apachenhäupt- lings Bonnot in Paris, unwiderruflich nur dieſe drei Tage zur Vorführung. Die Direktion gibt ſich der angenehmen Hoffnung hin, recht volle Häuſer verzeichnen zu können, da die Schlager gewiß all- gemeines Intereſſe erwecken dürften. — Donnerstag vollſtändig neues Programm, Vorſtellungen wie an Sonntagen. — Freitag den 17. d. Highlife-Vor- ſtellung mit Konzert der Südbahn-Werkſtättenkapelle. Da die Direktion auf einen guten Beſuch hofft, ſcheute ſie keine Koſten und ſtellt für den Abend ein vollkommen neues Programm bei. — Samstag wieder Programmwechſel. Todesfall. Am 11. d. iſt in Hochenegg bei Cilli der Gaſthaus- und Realitätenbeſitzer Johann Pötſcher im 57. Lebensjahre nach längerem Leiden geſtorben. Er war ein wackerer Volksgenoſſe. Panorama International. Um das große Publikum an das Panorama, dieſer groß- artigen Bildungsſtätte, die von den hervorragendſten Gelehrten beſtens empfohlen wird, mehr und mehr zu gewöhnen, hat die Unternehmung für Vereine und Korporationen Karten zu 20 Heller eingeführt, die bei den betreffenden Herren Vertrauensmännern erhältlich ſind. Dieſe Ermäßigung gilt auch für die Mitglieder des Lehrerhausvereines, Wirtſchafts- verbandes uſw. Karten ſind auch einzeln zu haben. Dieſe Woche hochintereſſant für jedermann, eine Wanderung durch Mexiko. Volkstombola in Marburg. Am 19. Mai am Hauptplatze. Beginn 3 Uhr nachmittags. Da der Kartenverkauf für die Tombola ein ſehr reger iſt, wird darauf aufmerkſam gemacht, daß nur eine beſchränkte Anzahl ausgegeben wird, daher es angezeigt iſt, ſich ehetunlichſt dieſelben zu beſorgen. Am Tage der Tombola findet keinerlei Preiser- mäßigung der Karten ſtatt. Verkaufsſtellen ſind vorderhand: Martinz, Platzer, Pirchan, Hollicek, Heinz, Scheidbach, Schram, Wolfram, Kokoſchinegg und Heu. Ferners folgende Trafiken: Tegetthoffſtr., Burggaſſe, Hauptplatz und Herrengaſſe. Eine Reihe neuer Verkaufsſtellen werden noch eröffnet. E. A. Pollaks Grand Elektro-Bio- ſkop in Brunndorf. Wie ſchon erwähnt, ge- langt Donnerstag den 16. Mai das Oberammer- gauer Paſſionsſpiel (Chriſti Leiden und Sterben, von der Geburt bis zur Himmelfahrt) zur Aufführung. Auch werden als Programmergänzung einige andere Bilder eingereiht. Feſtgenommener Einſchleicher. Der erſt vor 14 Tagen wegen Diebſtahl aus der Straf- haft entlaſſene Michael Scherz, 28 Jahre alt, aus Maria Raſt, ſchlich in der Nacht zum 13. d. im Gaſthofe Zur Südbahn, Tegetthoffſtraße, in ein Dachzimmer, um dort Diebſtähle zu verüben. Als er am frühen Morgen ertappt wurde, ergriff er die Flucht, konnte jedoch nach kurzer Verfolgung durch Wachleute im Hauſe 5 der Mühlgaſſe feſt- genommen werden. Verhaftete Hühnerdiebe. Der wiederholt wegen Hühnerdiebſtähle vorbeſtrafte 50 Jahre alte Taglöhner Andreas Sobetz aus Ragosnitz, Bezirk Marburg und der 17 Jahre alte Taglöhner Fried. Kerchlanko wurden geſtern früh von einem Wach- mann angehalten, weil ſie geſtohlenes Geflügel zum Verkaufe nach Marburg gebracht hatten. Die beiden haben in der Nacht zum 13. d. Mts. die Hühner- diebſtähle in der Umgebung von Marburg verübt. Unglücksfall mit einem Heuwagen. Der Knecht Franz Selak aus der Umgebung von Schleinitz fuhr am 10. d. nachmittags mit einem hochbeladenen Heuwagen gegen Marburg. Oben auf dem Wagen ſaß ein Schulmädchen, das auf dem Heimwege ins Elternhaus begriffen war und vom Knechte auf den Wagen geſetzt wurde. Da ſich der Knecht um das Kind nicht weiter kümmerte, fing dieſes zum Zeitvertreib mit einem Taſchen- meſſer zu ſpielen an, wobei es auf noch unauf- geklärte Weiſe dem Bindeſeile zu nahe kam und dasſelbe durchſchnitt. Infolge dieſer ſo plötzlich entſtandenen Lockerung der Heumaſſen gerieten dieſe vorne und rückwärts ins Gleiten. Der vordere Teil derſelben fiel auf die Pferde, die dadurch ſcheu wurden und durchgingen, während der Reſt des rückwärtigen Teiles, auf welchem auch das kleine Mädchen ſaß, herabgeſchleudert wurde und das Kind vollends begrub. Auf den Feldern arbeitende Landleute eilten raſch herbei und konnten das voll- kommen im Heu vergrabene Kind nur mit großer Mühe vom ſicheren Erſtickungstode befreien. Unter- deſſen aber raſte das Geſpann in wilder Haſt weiter. Der Wagen wurde hin- und hergeſchleudert, wobei eines der Räder desſelben an einem ſtark vor- ragenden Kilometerſtein zerſchellte und ſich daher der Wagen zur Seite neigte, wobei der Knecht Selak derart unglücklich zum Sturze kam, daß er ſich eine ſchwere Verletzung der Schädeldecke zuzog, in bewußtloſem Zuſtande aufgefunden und zurück nach Schleinitz gebracht wurde. Ein Todesſturz vom Wagen. Durch ein furchtbares Unglück verlor vorgeſtern ein Familien- vater ſein Leben und eine Familie ihren Ernährer. Der beim hieſigen Kaufmanne Herrn Tiſchler be- dienſtete 29jährige Franz Schalamon fuhr Sonn- tag nachmittags in einem einſpännigen kleinen Streif- wagen, auf dem zwei leere Bierfäſſer und eine Kiſte verladen waren, auf der Reichsſtraße von Leiters- berg gegen Marburg. In der Nähe des Gaſthauſes Zur Taferne ſcheute das Pferd vor einem entgegen- kommenden Automobil und galoppierte gegen die Kokoſchinegg-Allee. An der Ecke der Allee, beim Gaſt- hauſe kippte der Wagen um und Schalomon wurde mit ſolcher Wucht an die dortige Plakatierungsſäule geſchleudert, daß er einen Schädelbruch erlitt und das Gehirn herausquoll. Schalamon war ſofort tot. Seine Leiche wurde neben einem Baum auf der Erde gebettet und mit einer Kotze zugedeckt. Ein Leichenwagen der ſtädtiſchen Beſtattungsanſtalt führte den Toten dann in die Totenkammer des Stadtfriedhofes. Eine große Menſchenmenge hatte ſich an der Unglücksſtelle angeſammelt. Das Pferd neigte überhaupt, wie uns mitgeteilt wird, zum Scheuwerden. Am 8. April d. J. ſcheute es an der gleichen Stelle; damals war es vor einen Wagen geſpannt, in welchem ſich Herr und Frau Tiſchler befanden, die beide aus dem Wagen geſchleudert wurden, glücklicherweiſe ohne ſich hiebet zu verletzen. Teilweiſe ſoll an dem vorgeſtrigen Unglücke auch der Umſtand ſchuld geweſen ſein, daß die beiden Achſen des Streifwagens mit Ketten derart ver- bunden waren, daß die vordere Achſe nicht raſch genug der Kurve folgen konnte, in welche der Wagen durch das Pferd geriſſen wurde. Schalamon, der ein ſo trauriges Ende fand, hinterläßt eine Witwe mit drei unverſorgten Kindern, denen durch ein furchtbares Schickſal urplötzlich der Ernährer, der Gatte und Vater entriſſen wurde. Sie befinden ſich nun in der traurigſten Lage; hoffentlich finden ſich viele gute Marburger Herzen, welche der von einem entſetzlichen Schlage getroffenen Familie eines braven Arbeiters hilfreich unter die Arme greifen. Spenden, welche an unſere Verwaltung gelangen, wird dieſe ausweiſen. Fahrraddiebſtahl. Am vergangenen Sams- tag abends wurde dem Fleiſchermeiſter Blaſius Gfellmann aus dem Vorhauſe des Hauſes Bahn- hofſtraße Nr. 3 ein Fahrrad im Werte von 120 K. durch unbekannten Täter entwendet. Das Rad, ein Styriafabrikat, hat ſchwarzen Rahmenbau, ſolche Felgen mit grünen Streifen, Freilauf mit Rücktritts- bremſe, Vollſcheibe mit der Einprägung Styria, graue neue Gebirgsmäntel und mäßig gebogene Lenkſtange. Eine Bitte an die deutſchen Aus- flügler. Von einer völkiſch verdienſtvollen Per- ſönlichkeit in Straß wird uns geſchrieben: Der Früh- ling ſendet ſeine Boten ins Land. Auf den Bergen, in den Tälern und Ebenen erfreut ſich die Pflanzen- welt des herrlichen Gedeihens. Die Zeit der Aus- flüge iſt gekommen. Wohin ſollen wir gehen. fragt ſo manche Familie, ſo manche wanderluſtige Geſell- ſchaft. Die Beantwortung dieſer Frage ſtützt ſich zunächſt darauf, wenn irgend möglich auch bei Aus- flügen das Angenehme mit dem Nützlichen zu ver- binden. Hiezu bietet ſich für uns Deutſche und Deutſchgeſinnte die ſchönſte Gelegenheit, unſer Ziel in der Gaſtwirtſchaft Reininger in Pölitſch- dorf zwiſchen Jahring und St. Egydi aufzuſchlagen. Sowohl für die von Norden als von Süden oder Oſten kommenden iſt durch günſtige Zugsverbin- dung die Möglichkeit gegeben, in einem Nachmittag Herrn Reininger, einem Manne, der auf einer kleinen deutſchen Inſel, welche ſich nur auf ſein Beſitztum ausdehnt, umgeben von ſloweniſch-klerikalen Feinden, den gefährlichſten Verſuchungen ausgeſetzt gleich einem Fels im Meere den anſchlagenden Wellen Trotz bietet, durch eifrigen Beſuch Dank zu zollen für die treue Wacht, die dieſer unerſchrockene Kämpfer dort oben auf dem ſchönen Plateau hält. Leicht und angenehm iſt es, in der Mitte unſerer Ge- ſinnungsgenoſſen deutſch zu ſein und zu bleiben, nicht ſo auf Roſen gebetet aber dort, wo man rings- um immerwährenden Ankläffungen nationaler Feinde preisgegeben iſt. Hier wäre alſo, wie eingangs er- wähnt, dem Nützlichen gewiß gedient, wobei aber auch das Angenehme auf ſeine Rechnung kommt, da für den durch das ſchöne Jahringtal über den ſchattigen Pölitſchberg dahinziehenden Wanderer aus Küche und Keller des Herrn Reininger beſte Labung winkt. Das Gaſthaus iſt von der Station Egydi-Tunnel in 50 Minuten leicht erreichbar. Branntweinrauſch und Meſſerſtich. Am 12. Mai abends tranken die Taglöhner Johann Kottnik und Johann Rudarſt in der Wohnung des letzteren Branntwein. Als beide gemeinſam um viertel 10 Uhr die Wohnung verließen, trafen ſie vor dem Hauſe Uferſtraße 12 den dort wohnhaften Tele- graphenarbeiter Jakob Weſiag, welchem ſie ſeit län- gerer Zeit feindlich geſinnt ſind. Nach kurzem Wortwechſel zog Kottnik ſein Taſchenmeſſer und ver- ſetzte damit dem Weſiag einen Stich in den Kopf. Der Verletzte wurde mit dem Rettungswagen in das Allgemeine Krankenhaus überführt. Kottnik wurde verhaftet und dem Kreisgerichte eingeliefert. Praktiſche Firmungsgeſchenke empfiehlt das bekannte Marburger Uhrenhaus A. Kiffmann, Herrengaſſe und Tegetthoffſtraße, für welche die Beilage in der heutigen Nammer eine reiche Aus- wahl in Uhren bietet. Frühlings-Liederabend des Marburger Männergeſaugvereines. Am Samstag den 18. d. findet im Prunkſaale des Brauhauſes Götz ein Frühlings-Liederabend des Marburger Männer- geſangvereines unter der Leitung des Ehrenſang- wartes Herrn Rudolf Wagner und des Sang- wartes Herrn Franz Schönherr ſtatt. Muſik: Süd- bahnwerkſtattenkapelle. Bei warmen Wetter findet der Liederabend in der Brauhausveranda ſtatt. Die heutige Nummer der Marburger Zeitung erſcheint mit Rückſicht auf den übermorgigen Feiertag, welcher die Ausgabe der nächſten Nummer ſchon morgen nötig macht, in geringerem textlichem Umfange. Muſikſtaatsprüfung und Ferialkurs. Bei den eben beendeten Staatsprüfungen für das Lehramt der Muſik wurden 14 Kandidaten der Muſikſchulen Kaiſer in Wien ſtaatlich approbiert, und zwar die Damen V. blucha, Eug. Haber- mann, Ivanka Hraſt (Laibach), Herta Leiter (mit „Auszeichnung“, Innsbruck), Frl. H. Neuwirth, R. Polacſek (Szentes), Gert. Pollak (Pilſen), Marg. Rowensky (Reichenau); die Herren: Frater Zach. Bergler, A. Hunger, E. Neiß, Frater Gottlieb Stawars, E. Wiedfeld (London) und Heinr. Zirm (Oberrochlitz). — Der 14. Ferialkurs der Muſik- ſchulen Kaiſer beginnt am 18. Juli l. J. Proſpekte durch die Kanzler, Wien, 7. Bez., Halbgaſſe 9. ____________

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 58, Marburg, 14.05.1912, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger58_1912/4>, abgerufen am 24.11.2024.