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Marburger Zeitung. Nr. 138, Marburg, 18.11.1913.

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Marburger Zeitung Nr. 138, 18. November 1913

[Spaltenumbruch]
Karl Jellek +.

Vorgestern starb nach kurzem
schweren Leiden der Gastwirt und Hausbesitzer
Herr Karl Jellek in Marburg. Dieser Trauer-
fall hat nicht nur in den wettesten Kreisen der
Marburger Bevlkerung, sondern im ganzen Unter-
lande lebhafte Anteilnahme hervorgerufen. Karl Jellek
stand erst im 41. Lebensjahre. Er war ein biederer,
offener Charakter, ein trefflicher, reeller Geschäfts-
mann, ein strammer Deutscher, der das Stammes-
bewußtsein über die geschäftlichen Interessen stellte,
ein herzensguter Mensch. Die Lücke, die sein Hin-
scheiden hinterläßt, wird schmerzlich fühlbar werden.
-- Das Leichenbegängnis fand heute Dienstag um
halb 4 Uhr nachmittags unter außerordentlich
zahlreicher Beteiligung statt. Die zahlreichen Kranz-
spenden gaben Zeugnis von der Wirtschätzung und
Liebe, deren sich der Verblichene erfreute. Die Liebe,
die alle, die ihn kannten, für ihn empfunden haben,
soll ihm in seine stille Ruhestätte hinableuchten, sie
soll ihm sagen, daß alle, die ihm im Leben nahe-
standen, seiner treu gedenken werden, bis sie selbst
die allen bestimmte ewige Heimstatt aufsuchen! K.

Landwirtschaftliche Versammlung.

Am
16. November fand im Gasthof zur Stadt Wien
eine Versammlung der Filiale Marburg der Land-
wirtschaftsgesellschaft statt, zu der sich erfreulicher-
weise auch eine Anzahl von Damen, Besitzerinnen
von Weingärten, eingefunden hatte. Der Vorstand,
Gutsbesitzer Herr Dr. Tausch, widmete einleitend
dem verstorbenen Mitgliede Herrn Oehm einen warm
empfundenen Nachruf, verwies dann auf die am
nächsten Freitag stattfindenden Sprengversuche am
Bacher und erteilte hierauf nach Mitteilung des
sonstigen Einlaufes dem Leiter der Landes-Obst-
und Weinbauschule Herrn Dir. Zweifler das
Wort zu seinem Vortrage über Weingartendüngung.
Der Redner verwies u. a. auf die hohe Bedeutung
des Stalldüngers für die Weingärten. Auf jeden
Hektar soll eine Düngermenge von 600 Meter-
zentner kommen, welche Menge für drei Jahre
ausreicht. Eine zweijährige Düngung mit einer
geringeren Menge ist nicht rätlich, weil dann der
Weingarten in zwei Teile aufgeteilt werden muß,
was zuviel Arbeit verursache. Das Gesamtgewicht
des zu verwendenden Düngers soll durch die An-
zahl der Rebstöcke dividiert werden, weil man
dann, weil der Dünger in Körben zu den Reben
getragen wird, schon einen Anhaltspunkt dafür
habe, wieviel Dünger zu den einzelnen Reben ge-
tragen werden soll. Die Herbst- und Winterdüngung
ist jeder anderen vorzuziehen; am schlechtesten ist
die Düngung im Sommer. Der Dünger soll breit
untergraben werden. Der Redner besprach dann
die Kompost- und Gründüngung; letztere sei schon
den Römern bekannt gewesen, dürfe aber nur durch
schmetterlingsblütige Pflanzen erfolgen, weil nur
diese den Stickstoff in der nötigen Menge auf-
speichern. Insbesondere im zusammenhängenden
Friedau-Luttenberger Gebiete, wo der Stallmist
nicht ausreiche, sei die Gründüngung zu empfehlen.
Direktor Zweifler besprach dann den Kalkstickstoff,
der von einem Industriezweige in der letzten Zeit
als Kunstdüngemittel sehr angepriesen und billig
angeboten werde. Die Erfahrungen über dieses
Mittel sind aber noch lange nicht abgeschlossen,
sie gehen weit auseinander. Bevor nicht die Er-
fahrungen abgeschlossen sind, könnte es der Redner
nicht verantworten, auch nur ein Wort für das
genannte neue Kunstdüngemittel zu sprechen, dessen
Staub auch Retz- und Ätzwirkungen im Gefolge
hat. Man solle sich überhaupt nicht bei neuen,
unerprobten Mitteln durch billige Preise verlocken
lassen. Wenn die Industrie einmal den Stickstoff
der Luft in einer besseren Weise wird binden
können, dann werde man für ein folches Mittel
eintreten können; heute aber wäre ein endgültiges
Urteil zu verfrüht. Der Redner besprach nun die
Arten und die richtigen Verwendungen der Kunst-
düngemittel, die dem Stalldünger gegenüber aber
nur als Hilfsmittel erscheinen und schloß unter
lebhaftem Beifall, den Vorstand Herr Dr. Ta[u]sch
dann in herzliche Worte kleidete. Es wurde dann
einhellig einer Entschließung zugestimmt, in welcher
darauf verwiesen wird, daß der Kunstdünger ohne-
hin nie den Stalldünger ersetzen könne und in
der vor der Reklame für noch unerprobte neue
Kunstdüngemittel, die zumeist nur den Fabriken
nützen, gewarnt wird. In unserem Filialgebiet
sind uns nur die Lehrkräfte der Landes Obst-
und Weinbauschule maßgebend und deshalb müsse
auch Einsprache erhoben werden gegen die Licht-
bilder- und andere Vorträge von Personen, welche
nur ihren Fabriken verantwortlich sind, für welche
sie arbeiten. Unsere Anstaltslehrer aber fühlen sich
[Spaltenumbruch] bei allen Vorträgen, Ratschlägen und Unterweisungen
verantwortlich gegenüber den Mitgliedern der Land-
wirtschaftsgesellschaft und der Landwirtschaft über-
haupt. -- Nachdem Herr Dir. Zweifler noch
einige Anfragen beantwortet und Herr Paul
Ruppnig die Augen der Anwesenden durch
Vorweisung von prachtvollen, riesigen Erdbeer-
Pröbstlingen aus seinen Anlagen erfreut hatte,
schloß Herr Doktor Tausch die interessant und
anregend verlaufene Versammlung.

Theaternachricht.

Heute gelangt die mit so
großem Beifall aufgenommene Operettenneuheit "Der
lachende Ehemann" zum viertenmale zur Aufführung
(Nr. 35, Serie gelb). Die Titelparie singt Direktor
Gustav Siege, in den Hauptpartien sind die Damen
Langer, Ilm und Swoboda, sowie die Herren Hey,
Steilau, Juhn und Willberger beschäftigt. Mittwoch
den 19. November (Nr. 36, Serie orange) und
Donnerstag den 20. November (Nr. 37, Serie gelb)
gastiert die überall gefeierte Tanzkünstlerin Zoula
de Boncza von der Pariser Komischen Oper. Das
Tanzprogramm für den ersten Abend ist folgendes:
Mendelssohn "Chant du printemps", Schubert
"Moment musical", Chopin "Marche funebre",
Weber "Derniere pensee musical" und "Imitation
a la valse", Archibald Joyce "Vision de Salome".
Außerdem gelangt die liebenswürdige Duoßene
"Unter vier Augen", sowie die lustige Posse "Die
dreiundsiebzig Kreuzer des Herrn Stutzelberger" mit
Direktor Adolf Siege d. Ä. in der Hauptrolle zur
Aufführung.

Gottscheer Familienabende in Mar-
burg.

Wir werden um die Aufnahme folgender
Zeilen ersucht: Von den in Marburg wohnhaften
Deutschen aus der Gottscheer Sprachinsel ist des
öfteren der Wunsch geäußert worden, es mögen sich
auch hier nach dem Beispiele anderer Städte, zum
Beispiel Wien, die Landsleute enger zusammen-
schließen und sich wenigstens einmal im Monate
regelmäßig zu einer geselligen Aussprache treffen.
Dieser Wunsch soll jetzt verwirklicht werden. Es sind
bereits jene Gottscheer, deren Anschriften man kennt,
zu der Samstag den 22. November im Hotel Meran
(Glasveranda) um 8 Uhr abends stattfindenden
Vorbesprechung eingeladen worden. Jene aus Gott-
schee gebürtigen Deutschen, die noch keine Einla-
dungen erhalten haben, werden höflichst gebeten,
ihre Adressen Herrn Phil. Dr. Franz Perz, Mar-
burg, Goethestraße 6, bekanntgeben zu wollen. Auch
den Gottscheern aus der nächsten Marburger Um-
gebung gilt diese Bitte.

Von der Südbahn.

Ernannt wurde zum
Stationschef: Josef Zeiler, Revident in Bozen-Gries,
zum Stationschef in Lebring. Versetzt der Sta-
tionschef: Oskar Roth, Revident und Stationschef
in Lebring, als Stationschef nach Judendorf; der
Adjunkt Josef Leitner von Marburg (Hauptbahnhof)
nach Graz (Hauptbahnhof); die Assistenten: Franz
Hojs von Store nach Feistritz; Alois Gruber von
Pettau nach Bruneck; Weikhard Gandint von
Donawitz nach Marburg (Haupibahnhof); Rudolf
Kottnig von Cilli nach Marburg (Hauptbahnhof);
Josef Kollmann von Unterdrauburg nach Pettau.
Neu aufgenommen wurde der Beamtenaspirant
Artur Herrisch (Römerbad). Pensioniert wurde
Anton Ohmona, Oberrevident in Marburg (Haupt-
bahnhof).

Der Deutschen Schulvereinsschule in
Hölldorf,

der ersten untersteirtschen Rosegger-
schule hat das Unterrichtsministerium mit Erlaß
vom 12. Oktober 1913 das Öffentlichkeitsrecht ver-
liehen.

Marburger Bioskoptheater

beim Hotel
Stadt Wien. Das große historische Kunstwerk "In
hoc signo vinces" ("In diesem Zeichen wirst du
siegen") gelangt unwiderruflich nur noch drei Tage
zur Vorführung. Wie schon gesagt, ist dieses Kunst-
werk ein zweites Quo vadis. Man muß dieses
prachtvolle Werk der Inßenierungs- und Filmkunst
gesehen haben; Worte können nur einen schwachen
Abglanz dieses Werkes ermöglichen. Da es für Mar-
burg gewiß eine ganz besondere Sehenswürdigkeit
ist, die nur in einer kinoliebenden Stadt geboten
werden kann, sei der Besuch dieses hervorragenden
und packenden Schaustückes allen Kreisen der Be-
völkerung empfohlen.

Wildschlingen am Bacher.

Auf dem
Bachern arbeiten seit einiger Zeit mehrere Wilderer
durch Legen von Drahtschlingen. So fand der
Keuschler Lorenz Mislag seine weidende Ziege in
einer starken Drahtschlinge gefangen. Das Tier
war schon nahezu erwürgt, die Schlinge aber sehr
geschickt gelegt.


[Spaltenumbruch]
Ein deutsches Volksbuch.

Der Verlag
Otto Spamer in Leipzig hat in seine Jung-Deutsch-
land-Bücheret ein neues Jugendbuch eingereiht:
"Deutsches Blut" von Karl Bienenstein. In
vornehm-schlichtem Einband und wirklich guter
Schriftsatzausführung kam es (mit Bildern von
Richard Knötel) zum Preise von 3·50 Mark in den
Vertrieb. Ein kerngesundes, echt deutsches Buch, er-
füllt von Treue und Liebe zum Vaterlande und
zur Heimat, durchglüht von der Begeisterung für
alles Vollkommene, Große und Mannhafte, verdient
es, ein Volksbuch zu werden. Anfeuerung und Auf-
munterung kommen in hellem Strome aus dem
Buche. Die Geschichte spielt in jener traurigen Zeit,
da noch der Türke den größten Teil des benach-
barten Ungarns in seiner Gewalt hielt und obwohl man
mit ihm in Frieden lebte, in Steiermark bald da
und dort räuberische Streifscharen auftauchten, Dörfer
plünderten, Menschen mordeten und die Habseligkeiten
wegschleppten. In meisterhafter Prägung zeigt uns
der Dichter Karl Bienenstein jene große Vergangen-
heit, in der Wien, Deutschland und die ganze
Christenheit vom Erbfeinde befreit wurden und stellt
uns vor die Persönlichkeiten, die sich damals um
Wien so große Verdienste erworben: Herzog Karl
von Lothringen, Graf Rüdiger von Starhemberg,
Johann Sobieski u. a. In dieses Bild der großen
Zeit zeichnete mit lebenssatten, naturfreudigen Farben
der Dichter einen deutschen Heldenjüngling, Michael
Kolschicki, hinein, der in edler, voller Hingabe seinem
Volk in Not und Wirrsal unbezahlbare Dienste
leistete. Als ein elternloser Knabe von der Straße
aufgelesen, kommt er in polnische Erziehung, wird
durch ein widerliches Schicksal in Räuberhände ge-
schlagen, kommt zu deutschen Bauern, dient ihnen
treu und ehrlich, wird dann von einer türkischen
Räuberhorde entführt, entgeht einer Ermordung und
kommt in die Dienste des Großveziers Achmed
Köprülis, dem er mannhaft und ehrlich dient und
ihn sogar zweimal vor dem Tode rettet, so daß er
zum Leutnant erhoben wird. Als solcher zieht er
gegen sein Vaterland in den Kampf und harrt, wenn
auch mit blutendem Herzen, in seiner entsetzlichen
Lage heldenhaft aus. Endlich kommt er durch. Wieder
bei seinem gliebten christlichen Deutschvolke! Helden-
mutig ringt er für den deutschen Sieg. Nach dem
Kriege gründet er ein Heim und dient selig im glück-
lichen Ehebund mit einem liebreizenden Wesen, als
friedlicher Bürger seinem Volke. Und nun findet
er noch seinen alten, tot vermeinten Vater; das
Glück kann er jetzt im Kreise seiner Lieben genießen
wie selten einer. Dies alles ist in einer Sprache
geschrieben, die dahin fließt wie ein sonnüberlachter,
quellreiner Wiesenbach, ruhig und still im Glanze
der fremdwortlosen, ausdruckvollen und klangschönen
Muttersprache. In ihr liegt die Kraft, die Anmut
und die Schönheit, Zärtlichkeit und Beherztheit.
"Deutsches Blut" von Karl Bienenstein müssen wir
zu den besten Heldengeschichten der deutschen Literatur
stellen. Es sollte Eingang finden in jedes deutsche
Haus, in jede deutsche Schule B.

Erlegter Adler.

Aus Windischgraz
schreibt man: In Hl. Geist am Ursulaberge bei
Windischgraz wurde im Revier des Herrn In-
genieur Viertl ein über zwei Meter in der Spann-
weite messender Adler geschossen. Der Adler trug
ein vier Wochen altes Lamm von der Herde, wo-
rauf auf die Hilferufe der Hirtin ihr Vater kam
und den Adler durch einen Schuß erlegte.

Achtung auf einen Einbrecher.

Im
Unterlande treibt sich seit einiger Zeit ein licht-
scheues Individuum herum, welches es hauptsächlich
auf Pfarrhöfe abgesehen hat. So machte der Ein-
brecher auch dem Pfarrhofe Montpreis einen Be-
such. Nachdem er sich einige Dokumente und Geld
angeeignet hatte, suchte er das Weite. Er ist etwa
40 Jahre alt, mittelgroß, hat bräunlichen Anzug,
grünlichen Hut und spricht geläufig slowenisch mit
istrianischem Dialekt, deutsch und auch einige Brocken
lateinisch. Der Mann erzählte, er wäre bei den
Barmherzigen Brüdern in Graz gewesen.

Eine Lembacher Gasthauskonzessions-
geschichte.

Die Wiener Deutschnationale Korre-
spondenz meldet: Die deutschen Ortsbewohner der
Gemeinde Lembach bei Marburg haben seit ge-
raumer Zeit den Wunsch, ein deutsches Kasino,
das der Sammelpunkt der dortigen Deutschen sein
soll, zu besitzen. Der flowenische Gemeindeaus-
schuß, unterstützt von den verschiedenen slowenischen
Abgeordneten, hat sich dieser Forderung mit Er-
folg entgegengestellt und der Wunsch der Deutschen
Lembachs wurde von der Behörde immer wieder
abgewiesen. Die Angelegenheit gelangt nunmehr

Marburger Zeitung Nr. 138, 18. November 1913

[Spaltenumbruch]
Karl Jellek †.

Vorgeſtern ſtarb nach kurzem
ſchweren Leiden der Gaſtwirt und Hausbeſitzer
Herr Karl Jellek in Marburg. Dieſer Trauer-
fall hat nicht nur in den wetteſten Kreiſen der
Marburger Bevlkerung, ſondern im ganzen Unter-
lande lebhafte Anteilnahme hervorgerufen. Karl Jellek
ſtand erſt im 41. Lebensjahre. Er war ein biederer,
offener Charakter, ein trefflicher, reeller Geſchäfts-
mann, ein ſtrammer Deutſcher, der das Stammes-
bewußtſein über die geſchäftlichen Intereſſen ſtellte,
ein herzensguter Menſch. Die Lücke, die ſein Hin-
ſcheiden hinterläßt, wird ſchmerzlich fühlbar werden.
— Das Leichenbegängnis fand heute Dienstag um
halb 4 Uhr nachmittags unter außerordentlich
zahlreicher Beteiligung ſtatt. Die zahlreichen Kranz-
ſpenden gaben Zeugnis von der Wirtſchätzung und
Liebe, deren ſich der Verblichene erfreute. Die Liebe,
die alle, die ihn kannten, für ihn empfunden haben,
ſoll ihm in ſeine ſtille Ruheſtätte hinableuchten, ſie
ſoll ihm ſagen, daß alle, die ihm im Leben nahe-
ſtanden, ſeiner treu gedenken werden, bis ſie ſelbſt
die allen beſtimmte ewige Heimſtatt aufſuchen! K.

Landwirtſchaftliche Verſammlung.

Am
16. November fand im Gaſthof zur Stadt Wien
eine Verſammlung der Filiale Marburg der Land-
wirtſchaftsgeſellſchaft ſtatt, zu der ſich erfreulicher-
weiſe auch eine Anzahl von Damen, Beſitzerinnen
von Weingärten, eingefunden hatte. Der Vorſtand,
Gutsbeſitzer Herr Dr. Tauſch, widmete einleitend
dem verſtorbenen Mitgliede Herrn Oehm einen warm
empfundenen Nachruf, verwies dann auf die am
nächſten Freitag ſtattfindenden Sprengverſuche am
Bacher und erteilte hierauf nach Mitteilung des
ſonſtigen Einlaufes dem Leiter der Landes-Obſt-
und Weinbauſchule Herrn Dir. Zweifler das
Wort zu ſeinem Vortrage über Weingartendüngung.
Der Redner verwies u. a. auf die hohe Bedeutung
des Stalldüngers für die Weingärten. Auf jeden
Hektar ſoll eine Düngermenge von 600 Meter-
zentner kommen, welche Menge für drei Jahre
ausreicht. Eine zweijährige Düngung mit einer
geringeren Menge iſt nicht rätlich, weil dann der
Weingarten in zwei Teile aufgeteilt werden muß,
was zuviel Arbeit verurſache. Das Geſamtgewicht
des zu verwendenden Düngers ſoll durch die An-
zahl der Rebſtöcke dividiert werden, weil man
dann, weil der Dünger in Körben zu den Reben
getragen wird, ſchon einen Anhaltspunkt dafür
habe, wieviel Dünger zu den einzelnen Reben ge-
tragen werden ſoll. Die Herbſt- und Winterdüngung
iſt jeder anderen vorzuziehen; am ſchlechteſten iſt
die Düngung im Sommer. Der Dünger ſoll breit
untergraben werden. Der Redner beſprach dann
die Kompoſt- und Gründüngung; letztere ſei ſchon
den Römern bekannt geweſen, dürfe aber nur durch
ſchmetterlingsblütige Pflanzen erfolgen, weil nur
dieſe den Stickſtoff in der nötigen Menge auf-
ſpeichern. Insbeſondere im zuſammenhängenden
Friedau-Luttenberger Gebiete, wo der Stallmiſt
nicht ausreiche, ſei die Gründüngung zu empfehlen.
Direktor Zweifler beſprach dann den Kalkſtickſtoff,
der von einem Induſtriezweige in der letzten Zeit
als Kunſtdüngemittel ſehr angeprieſen und billig
angeboten werde. Die Erfahrungen über dieſes
Mittel ſind aber noch lange nicht abgeſchloſſen,
ſie gehen weit auseinander. Bevor nicht die Er-
fahrungen abgeſchloſſen ſind, könnte es der Redner
nicht verantworten, auch nur ein Wort für das
genannte neue Kunſtdüngemittel zu ſprechen, deſſen
Staub auch Retz- und Ätzwirkungen im Gefolge
hat. Man ſolle ſich überhaupt nicht bei neuen,
unerprobten Mitteln durch billige Preiſe verlocken
laſſen. Wenn die Induſtrie einmal den Stickſtoff
der Luft in einer beſſeren Weiſe wird binden
können, dann werde man für ein folches Mittel
eintreten können; heute aber wäre ein endgültiges
Urteil zu verfrüht. Der Redner beſprach nun die
Arten und die richtigen Verwendungen der Kunſt-
düngemittel, die dem Stalldünger gegenüber aber
nur als Hilfsmittel erſcheinen und ſchloß unter
lebhaftem Beifall, den Vorſtand Herr Dr. Ta[u]ſch
dann in herzliche Worte kleidete. Es wurde dann
einhellig einer Entſchließung zugeſtimmt, in welcher
darauf verwieſen wird, daß der Kunſtdünger ohne-
hin nie den Stalldünger erſetzen könne und in
der vor der Reklame für noch unerprobte neue
Kunſtdüngemittel, die zumeiſt nur den Fabriken
nützen, gewarnt wird. In unſerem Filialgebiet
ſind uns nur die Lehrkräfte der Landes Obſt-
und Weinbauſchule maßgebend und deshalb müſſe
auch Einſprache erhoben werden gegen die Licht-
bilder- und andere Vorträge von Perſonen, welche
nur ihren Fabriken verantwortlich ſind, für welche
ſie arbeiten. Unſere Anſtaltslehrer aber fühlen ſich
[Spaltenumbruch] bei allen Vorträgen, Ratſchlägen und Unterweiſungen
verantwortlich gegenüber den Mitgliedern der Land-
wirtſchaftsgeſellſchaft und der Landwirtſchaft über-
haupt. — Nachdem Herr Dir. Zweifler noch
einige Anfragen beantwortet und Herr Paul
Ruppnig die Augen der Anweſenden durch
Vorweiſung von prachtvollen, rieſigen Erdbeer-
Pröbſtlingen aus ſeinen Anlagen erfreut hatte,
ſchloß Herr Doktor Tauſch die intereſſant und
anregend verlaufene Verſammlung.

Theaternachricht.

Heute gelangt die mit ſo
großem Beifall aufgenommene Operettenneuheit „Der
lachende Ehemann“ zum viertenmale zur Aufführung
(Nr. 35, Serie gelb). Die Titelparie ſingt Direktor
Guſtav Siege, in den Hauptpartien ſind die Damen
Langer, Ilm und Swoboda, ſowie die Herren Hey,
Steilau, Juhn und Willberger beſchäftigt. Mittwoch
den 19. November (Nr. 36, Serie orange) und
Donnerstag den 20. November (Nr. 37, Serie gelb)
gaſtiert die überall gefeierte Tanzkünſtlerin Zoula
de Boncza von der Pariſer Komiſchen Oper. Das
Tanzprogramm für den erſten Abend iſt folgendes:
Mendelsſohn „Chant du printemps“, Schubert
„Moment muſical“, Chopin „Marche funebre“,
Weber „Derniere penſee muſical“ und „Imitation
a la valſe“, Archibald Joyce „Viſion de Salome“.
Außerdem gelangt die liebenswürdige Duoſzene
„Unter vier Augen“, ſowie die luſtige Poſſe „Die
dreiundſiebzig Kreuzer des Herrn Stutzelberger“ mit
Direktor Adolf Siege d. Ä. in der Hauptrolle zur
Aufführung.

Gottſcheer Familienabende in Mar-
burg.

Wir werden um die Aufnahme folgender
Zeilen erſucht: Von den in Marburg wohnhaften
Deutſchen aus der Gottſcheer Sprachinſel iſt des
öfteren der Wunſch geäußert worden, es mögen ſich
auch hier nach dem Beiſpiele anderer Städte, zum
Beiſpiel Wien, die Landsleute enger zuſammen-
ſchließen und ſich wenigſtens einmal im Monate
regelmäßig zu einer geſelligen Ausſprache treffen.
Dieſer Wunſch ſoll jetzt verwirklicht werden. Es ſind
bereits jene Gottſcheer, deren Anſchriften man kennt,
zu der Samstag den 22. November im Hotel Meran
(Glasveranda) um 8 Uhr abends ſtattfindenden
Vorbeſprechung eingeladen worden. Jene aus Gott-
ſchee gebürtigen Deutſchen, die noch keine Einla-
dungen erhalten haben, werden höflichſt gebeten,
ihre Adreſſen Herrn Phil. Dr. Franz Perz, Mar-
burg, Goetheſtraße 6, bekanntgeben zu wollen. Auch
den Gottſcheern aus der nächſten Marburger Um-
gebung gilt dieſe Bitte.

Von der Südbahn.

Ernannt wurde zum
Stationschef: Joſef Zeiler, Revident in Bozen-Gries,
zum Stationschef in Lebring. Verſetzt der Sta-
tionschef: Oskar Roth, Revident und Stationschef
in Lebring, als Stationschef nach Judendorf; der
Adjunkt Joſef Leitner von Marburg (Hauptbahnhof)
nach Graz (Hauptbahnhof); die Aſſiſtenten: Franz
Hojs von Storé nach Feiſtritz; Alois Gruber von
Pettau nach Bruneck; Weikhard Gandint von
Donawitz nach Marburg (Haupibahnhof); Rudolf
Kottnig von Cilli nach Marburg (Hauptbahnhof);
Joſef Kollmann von Unterdrauburg nach Pettau.
Neu aufgenommen wurde der Beamtenaſpirant
Artur Herriſch (Römerbad). Penſioniert wurde
Anton Ohmona, Oberrevident in Marburg (Haupt-
bahnhof).

Der Deutſchen Schulvereinsſchule in
Hölldorf,

der erſten unterſteirtſchen Roſegger-
ſchule hat das Unterrichtsminiſterium mit Erlaß
vom 12. Oktober 1913 das Öffentlichkeitsrecht ver-
liehen.

Marburger Bioſkoptheater

beim Hotel
Stadt Wien. Das große hiſtoriſche Kunſtwerk „In
hoc ſigno vinces“ („In dieſem Zeichen wirſt du
ſiegen“) gelangt unwiderruflich nur noch drei Tage
zur Vorführung. Wie ſchon geſagt, iſt dieſes Kunſt-
werk ein zweites Quo vadis. Man muß dieſes
prachtvolle Werk der Inſzenierungs- und Filmkunſt
geſehen haben; Worte können nur einen ſchwachen
Abglanz dieſes Werkes ermöglichen. Da es für Mar-
burg gewiß eine ganz beſondere Sehenswürdigkeit
iſt, die nur in einer kinoliebenden Stadt geboten
werden kann, ſei der Beſuch dieſes hervorragenden
und packenden Schauſtückes allen Kreiſen der Be-
völkerung empfohlen.

Wildſchlingen am Bacher.

Auf dem
Bachern arbeiten ſeit einiger Zeit mehrere Wilderer
durch Legen von Drahtſchlingen. So fand der
Keuſchler Lorenz Mislag ſeine weidende Ziege in
einer ſtarken Drahtſchlinge gefangen. Das Tier
war ſchon nahezu erwürgt, die Schlinge aber ſehr
geſchickt gelegt.


[Spaltenumbruch]
Ein deutſches Volksbuch.

Der Verlag
Otto Spamer in Leipzig hat in ſeine Jung-Deutſch-
land-Bücheret ein neues Jugendbuch eingereiht:
„Deutſches Blut“ von Karl Bienenſtein. In
vornehm-ſchlichtem Einband und wirklich guter
Schriftſatzausführung kam es (mit Bildern von
Richard Knötel) zum Preiſe von 3·50 Mark in den
Vertrieb. Ein kerngeſundes, echt deutſches Buch, er-
füllt von Treue und Liebe zum Vaterlande und
zur Heimat, durchglüht von der Begeiſterung für
alles Vollkommene, Große und Mannhafte, verdient
es, ein Volksbuch zu werden. Anfeuerung und Auf-
munterung kommen in hellem Strome aus dem
Buche. Die Geſchichte ſpielt in jener traurigen Zeit,
da noch der Türke den größten Teil des benach-
barten Ungarns in ſeiner Gewalt hielt und obwohl man
mit ihm in Frieden lebte, in Steiermark bald da
und dort räuberiſche Streifſcharen auftauchten, Dörfer
plünderten, Menſchen mordeten und die Habſeligkeiten
wegſchleppten. In meiſterhafter Prägung zeigt uns
der Dichter Karl Bienenſtein jene große Vergangen-
heit, in der Wien, Deutſchland und die ganze
Chriſtenheit vom Erbfeinde befreit wurden und ſtellt
uns vor die Perſönlichkeiten, die ſich damals um
Wien ſo große Verdienſte erworben: Herzog Karl
von Lothringen, Graf Rüdiger von Starhemberg,
Johann Sobieski u. a. In dieſes Bild der großen
Zeit zeichnete mit lebensſatten, naturfreudigen Farben
der Dichter einen deutſchen Heldenjüngling, Michael
Kolſchicki, hinein, der in edler, voller Hingabe ſeinem
Volk in Not und Wirrſal unbezahlbare Dienſte
leiſtete. Als ein elternloſer Knabe von der Straße
aufgeleſen, kommt er in polniſche Erziehung, wird
durch ein widerliches Schickſal in Räuberhände ge-
ſchlagen, kommt zu deutſchen Bauern, dient ihnen
treu und ehrlich, wird dann von einer türkiſchen
Räuberhorde entführt, entgeht einer Ermordung und
kommt in die Dienſte des Großveziers Achmed
Köprülis, dem er mannhaft und ehrlich dient und
ihn ſogar zweimal vor dem Tode rettet, ſo daß er
zum Leutnant erhoben wird. Als ſolcher zieht er
gegen ſein Vaterland in den Kampf und harrt, wenn
auch mit blutendem Herzen, in ſeiner entſetzlichen
Lage heldenhaft aus. Endlich kommt er durch. Wieder
bei ſeinem gliebten chriſtlichen Deutſchvolke! Helden-
mutig ringt er für den deutſchen Sieg. Nach dem
Kriege gründet er ein Heim und dient ſelig im glück-
lichen Ehebund mit einem liebreizenden Weſen, als
friedlicher Bürger ſeinem Volke. Und nun findet
er noch ſeinen alten, tot vermeinten Vater; das
Glück kann er jetzt im Kreiſe ſeiner Lieben genießen
wie ſelten einer. Dies alles iſt in einer Sprache
geſchrieben, die dahin fließt wie ein ſonnüberlachter,
quellreiner Wieſenbach, ruhig und ſtill im Glanze
der fremdwortloſen, ausdruckvollen und klangſchönen
Mutterſprache. In ihr liegt die Kraft, die Anmut
und die Schönheit, Zärtlichkeit und Beherztheit.
„Deutſches Blut“ von Karl Bienenſtein müſſen wir
zu den beſten Heldengeſchichten der deutſchen Literatur
ſtellen. Es ſollte Eingang finden in jedes deutſche
Haus, in jede deutſche Schule B.

Erlegter Adler.

Aus Windiſchgraz
ſchreibt man: In Hl. Geiſt am Urſulaberge bei
Windiſchgraz wurde im Revier des Herrn In-
genieur Viertl ein über zwei Meter in der Spann-
weite meſſender Adler geſchoſſen. Der Adler trug
ein vier Wochen altes Lamm von der Herde, wo-
rauf auf die Hilferufe der Hirtin ihr Vater kam
und den Adler durch einen Schuß erlegte.

Achtung auf einen Einbrecher.

Im
Unterlande treibt ſich ſeit einiger Zeit ein licht-
ſcheues Individuum herum, welches es hauptſächlich
auf Pfarrhöfe abgeſehen hat. So machte der Ein-
brecher auch dem Pfarrhofe Montpreis einen Be-
ſuch. Nachdem er ſich einige Dokumente und Geld
angeeignet hatte, ſuchte er das Weite. Er iſt etwa
40 Jahre alt, mittelgroß, hat bräunlichen Anzug,
grünlichen Hut und ſpricht geläufig ſloweniſch mit
iſtrianiſchem Dialekt, deutſch und auch einige Brocken
lateiniſch. Der Mann erzählte, er wäre bei den
Barmherzigen Brüdern in Graz geweſen.

Eine Lembacher Gaſthauskonzeſſions-
geſchichte.

Die Wiener Deutſchnationale Korre-
ſpondenz meldet: Die deutſchen Ortsbewohner der
Gemeinde Lembach bei Marburg haben ſeit ge-
raumer Zeit den Wunſch, ein deutſches Kaſino,
das der Sammelpunkt der dortigen Deutſchen ſein
ſoll, zu beſitzen. Der floweniſche Gemeindeaus-
ſchuß, unterſtützt von den verſchiedenen ſloweniſchen
Abgeordneten, hat ſich dieſer Forderung mit Er-
folg entgegengeſtellt und der Wunſch der Deutſchen
Lembachs wurde von der Behörde immer wieder
abgewieſen. Die Angelegenheit gelangt nunmehr

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Bacher und erteilte hierauf nach Mitteilung des<lb/>
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[4/0004] Marburger Zeitung Nr. 138, 18. November 1913 Karl Jellek †. Vorgeſtern ſtarb nach kurzem ſchweren Leiden der Gaſtwirt und Hausbeſitzer Herr Karl Jellek in Marburg. Dieſer Trauer- fall hat nicht nur in den wetteſten Kreiſen der Marburger Bevlkerung, ſondern im ganzen Unter- lande lebhafte Anteilnahme hervorgerufen. Karl Jellek ſtand erſt im 41. Lebensjahre. Er war ein biederer, offener Charakter, ein trefflicher, reeller Geſchäfts- mann, ein ſtrammer Deutſcher, der das Stammes- bewußtſein über die geſchäftlichen Intereſſen ſtellte, ein herzensguter Menſch. Die Lücke, die ſein Hin- ſcheiden hinterläßt, wird ſchmerzlich fühlbar werden. — Das Leichenbegängnis fand heute Dienstag um halb 4 Uhr nachmittags unter außerordentlich zahlreicher Beteiligung ſtatt. Die zahlreichen Kranz- ſpenden gaben Zeugnis von der Wirtſchätzung und Liebe, deren ſich der Verblichene erfreute. Die Liebe, die alle, die ihn kannten, für ihn empfunden haben, ſoll ihm in ſeine ſtille Ruheſtätte hinableuchten, ſie ſoll ihm ſagen, daß alle, die ihm im Leben nahe- ſtanden, ſeiner treu gedenken werden, bis ſie ſelbſt die allen beſtimmte ewige Heimſtatt aufſuchen! K. Landwirtſchaftliche Verſammlung. Am 16. November fand im Gaſthof zur Stadt Wien eine Verſammlung der Filiale Marburg der Land- wirtſchaftsgeſellſchaft ſtatt, zu der ſich erfreulicher- weiſe auch eine Anzahl von Damen, Beſitzerinnen von Weingärten, eingefunden hatte. Der Vorſtand, Gutsbeſitzer Herr Dr. Tauſch, widmete einleitend dem verſtorbenen Mitgliede Herrn Oehm einen warm empfundenen Nachruf, verwies dann auf die am nächſten Freitag ſtattfindenden Sprengverſuche am Bacher und erteilte hierauf nach Mitteilung des ſonſtigen Einlaufes dem Leiter der Landes-Obſt- und Weinbauſchule Herrn Dir. Zweifler das Wort zu ſeinem Vortrage über Weingartendüngung. Der Redner verwies u. a. auf die hohe Bedeutung des Stalldüngers für die Weingärten. Auf jeden Hektar ſoll eine Düngermenge von 600 Meter- zentner kommen, welche Menge für drei Jahre ausreicht. Eine zweijährige Düngung mit einer geringeren Menge iſt nicht rätlich, weil dann der Weingarten in zwei Teile aufgeteilt werden muß, was zuviel Arbeit verurſache. Das Geſamtgewicht des zu verwendenden Düngers ſoll durch die An- zahl der Rebſtöcke dividiert werden, weil man dann, weil der Dünger in Körben zu den Reben getragen wird, ſchon einen Anhaltspunkt dafür habe, wieviel Dünger zu den einzelnen Reben ge- tragen werden ſoll. Die Herbſt- und Winterdüngung iſt jeder anderen vorzuziehen; am ſchlechteſten iſt die Düngung im Sommer. Der Dünger ſoll breit untergraben werden. Der Redner beſprach dann die Kompoſt- und Gründüngung; letztere ſei ſchon den Römern bekannt geweſen, dürfe aber nur durch ſchmetterlingsblütige Pflanzen erfolgen, weil nur dieſe den Stickſtoff in der nötigen Menge auf- ſpeichern. Insbeſondere im zuſammenhängenden Friedau-Luttenberger Gebiete, wo der Stallmiſt nicht ausreiche, ſei die Gründüngung zu empfehlen. Direktor Zweifler beſprach dann den Kalkſtickſtoff, der von einem Induſtriezweige in der letzten Zeit als Kunſtdüngemittel ſehr angeprieſen und billig angeboten werde. Die Erfahrungen über dieſes Mittel ſind aber noch lange nicht abgeſchloſſen, ſie gehen weit auseinander. Bevor nicht die Er- fahrungen abgeſchloſſen ſind, könnte es der Redner nicht verantworten, auch nur ein Wort für das genannte neue Kunſtdüngemittel zu ſprechen, deſſen Staub auch Retz- und Ätzwirkungen im Gefolge hat. Man ſolle ſich überhaupt nicht bei neuen, unerprobten Mitteln durch billige Preiſe verlocken laſſen. Wenn die Induſtrie einmal den Stickſtoff der Luft in einer beſſeren Weiſe wird binden können, dann werde man für ein folches Mittel eintreten können; heute aber wäre ein endgültiges Urteil zu verfrüht. Der Redner beſprach nun die Arten und die richtigen Verwendungen der Kunſt- düngemittel, die dem Stalldünger gegenüber aber nur als Hilfsmittel erſcheinen und ſchloß unter lebhaftem Beifall, den Vorſtand Herr Dr. Tauſch dann in herzliche Worte kleidete. Es wurde dann einhellig einer Entſchließung zugeſtimmt, in welcher darauf verwieſen wird, daß der Kunſtdünger ohne- hin nie den Stalldünger erſetzen könne und in der vor der Reklame für noch unerprobte neue Kunſtdüngemittel, die zumeiſt nur den Fabriken nützen, gewarnt wird. In unſerem Filialgebiet ſind uns nur die Lehrkräfte der Landes Obſt- und Weinbauſchule maßgebend und deshalb müſſe auch Einſprache erhoben werden gegen die Licht- bilder- und andere Vorträge von Perſonen, welche nur ihren Fabriken verantwortlich ſind, für welche ſie arbeiten. Unſere Anſtaltslehrer aber fühlen ſich bei allen Vorträgen, Ratſchlägen und Unterweiſungen verantwortlich gegenüber den Mitgliedern der Land- wirtſchaftsgeſellſchaft und der Landwirtſchaft über- haupt. — Nachdem Herr Dir. Zweifler noch einige Anfragen beantwortet und Herr Paul Ruppnig die Augen der Anweſenden durch Vorweiſung von prachtvollen, rieſigen Erdbeer- Pröbſtlingen aus ſeinen Anlagen erfreut hatte, ſchloß Herr Doktor Tauſch die intereſſant und anregend verlaufene Verſammlung. Theaternachricht. Heute gelangt die mit ſo großem Beifall aufgenommene Operettenneuheit „Der lachende Ehemann“ zum viertenmale zur Aufführung (Nr. 35, Serie gelb). Die Titelparie ſingt Direktor Guſtav Siege, in den Hauptpartien ſind die Damen Langer, Ilm und Swoboda, ſowie die Herren Hey, Steilau, Juhn und Willberger beſchäftigt. Mittwoch den 19. November (Nr. 36, Serie orange) und Donnerstag den 20. November (Nr. 37, Serie gelb) gaſtiert die überall gefeierte Tanzkünſtlerin Zoula de Boncza von der Pariſer Komiſchen Oper. Das Tanzprogramm für den erſten Abend iſt folgendes: Mendelsſohn „Chant du printemps“, Schubert „Moment muſical“, Chopin „Marche funebre“, Weber „Derniere penſee muſical“ und „Imitation a la valſe“, Archibald Joyce „Viſion de Salome“. Außerdem gelangt die liebenswürdige Duoſzene „Unter vier Augen“, ſowie die luſtige Poſſe „Die dreiundſiebzig Kreuzer des Herrn Stutzelberger“ mit Direktor Adolf Siege d. Ä. in der Hauptrolle zur Aufführung. Gottſcheer Familienabende in Mar- burg. Wir werden um die Aufnahme folgender Zeilen erſucht: Von den in Marburg wohnhaften Deutſchen aus der Gottſcheer Sprachinſel iſt des öfteren der Wunſch geäußert worden, es mögen ſich auch hier nach dem Beiſpiele anderer Städte, zum Beiſpiel Wien, die Landsleute enger zuſammen- ſchließen und ſich wenigſtens einmal im Monate regelmäßig zu einer geſelligen Ausſprache treffen. Dieſer Wunſch ſoll jetzt verwirklicht werden. Es ſind bereits jene Gottſcheer, deren Anſchriften man kennt, zu der Samstag den 22. November im Hotel Meran (Glasveranda) um 8 Uhr abends ſtattfindenden Vorbeſprechung eingeladen worden. Jene aus Gott- ſchee gebürtigen Deutſchen, die noch keine Einla- dungen erhalten haben, werden höflichſt gebeten, ihre Adreſſen Herrn Phil. Dr. Franz Perz, Mar- burg, Goetheſtraße 6, bekanntgeben zu wollen. Auch den Gottſcheern aus der nächſten Marburger Um- gebung gilt dieſe Bitte. Von der Südbahn. Ernannt wurde zum Stationschef: Joſef Zeiler, Revident in Bozen-Gries, zum Stationschef in Lebring. Verſetzt der Sta- tionschef: Oskar Roth, Revident und Stationschef in Lebring, als Stationschef nach Judendorf; der Adjunkt Joſef Leitner von Marburg (Hauptbahnhof) nach Graz (Hauptbahnhof); die Aſſiſtenten: Franz Hojs von Storé nach Feiſtritz; Alois Gruber von Pettau nach Bruneck; Weikhard Gandint von Donawitz nach Marburg (Haupibahnhof); Rudolf Kottnig von Cilli nach Marburg (Hauptbahnhof); Joſef Kollmann von Unterdrauburg nach Pettau. Neu aufgenommen wurde der Beamtenaſpirant Artur Herriſch (Römerbad). Penſioniert wurde Anton Ohmona, Oberrevident in Marburg (Haupt- bahnhof). Der Deutſchen Schulvereinsſchule in Hölldorf, der erſten unterſteirtſchen Roſegger- ſchule hat das Unterrichtsminiſterium mit Erlaß vom 12. Oktober 1913 das Öffentlichkeitsrecht ver- liehen. Marburger Bioſkoptheater beim Hotel Stadt Wien. Das große hiſtoriſche Kunſtwerk „In hoc ſigno vinces“ („In dieſem Zeichen wirſt du ſiegen“) gelangt unwiderruflich nur noch drei Tage zur Vorführung. Wie ſchon geſagt, iſt dieſes Kunſt- werk ein zweites Quo vadis. Man muß dieſes prachtvolle Werk der Inſzenierungs- und Filmkunſt geſehen haben; Worte können nur einen ſchwachen Abglanz dieſes Werkes ermöglichen. Da es für Mar- burg gewiß eine ganz beſondere Sehenswürdigkeit iſt, die nur in einer kinoliebenden Stadt geboten werden kann, ſei der Beſuch dieſes hervorragenden und packenden Schauſtückes allen Kreiſen der Be- völkerung empfohlen. Wildſchlingen am Bacher. Auf dem Bachern arbeiten ſeit einiger Zeit mehrere Wilderer durch Legen von Drahtſchlingen. So fand der Keuſchler Lorenz Mislag ſeine weidende Ziege in einer ſtarken Drahtſchlinge gefangen. Das Tier war ſchon nahezu erwürgt, die Schlinge aber ſehr geſchickt gelegt. Ein deutſches Volksbuch. Der Verlag Otto Spamer in Leipzig hat in ſeine Jung-Deutſch- land-Bücheret ein neues Jugendbuch eingereiht: „Deutſches Blut“ von Karl Bienenſtein. In vornehm-ſchlichtem Einband und wirklich guter Schriftſatzausführung kam es (mit Bildern von Richard Knötel) zum Preiſe von 3·50 Mark in den Vertrieb. Ein kerngeſundes, echt deutſches Buch, er- füllt von Treue und Liebe zum Vaterlande und zur Heimat, durchglüht von der Begeiſterung für alles Vollkommene, Große und Mannhafte, verdient es, ein Volksbuch zu werden. Anfeuerung und Auf- munterung kommen in hellem Strome aus dem Buche. Die Geſchichte ſpielt in jener traurigen Zeit, da noch der Türke den größten Teil des benach- barten Ungarns in ſeiner Gewalt hielt und obwohl man mit ihm in Frieden lebte, in Steiermark bald da und dort räuberiſche Streifſcharen auftauchten, Dörfer plünderten, Menſchen mordeten und die Habſeligkeiten wegſchleppten. In meiſterhafter Prägung zeigt uns der Dichter Karl Bienenſtein jene große Vergangen- heit, in der Wien, Deutſchland und die ganze Chriſtenheit vom Erbfeinde befreit wurden und ſtellt uns vor die Perſönlichkeiten, die ſich damals um Wien ſo große Verdienſte erworben: Herzog Karl von Lothringen, Graf Rüdiger von Starhemberg, Johann Sobieski u. a. In dieſes Bild der großen Zeit zeichnete mit lebensſatten, naturfreudigen Farben der Dichter einen deutſchen Heldenjüngling, Michael Kolſchicki, hinein, der in edler, voller Hingabe ſeinem Volk in Not und Wirrſal unbezahlbare Dienſte leiſtete. Als ein elternloſer Knabe von der Straße aufgeleſen, kommt er in polniſche Erziehung, wird durch ein widerliches Schickſal in Räuberhände ge- ſchlagen, kommt zu deutſchen Bauern, dient ihnen treu und ehrlich, wird dann von einer türkiſchen Räuberhorde entführt, entgeht einer Ermordung und kommt in die Dienſte des Großveziers Achmed Köprülis, dem er mannhaft und ehrlich dient und ihn ſogar zweimal vor dem Tode rettet, ſo daß er zum Leutnant erhoben wird. Als ſolcher zieht er gegen ſein Vaterland in den Kampf und harrt, wenn auch mit blutendem Herzen, in ſeiner entſetzlichen Lage heldenhaft aus. Endlich kommt er durch. Wieder bei ſeinem gliebten chriſtlichen Deutſchvolke! Helden- mutig ringt er für den deutſchen Sieg. Nach dem Kriege gründet er ein Heim und dient ſelig im glück- lichen Ehebund mit einem liebreizenden Weſen, als friedlicher Bürger ſeinem Volke. Und nun findet er noch ſeinen alten, tot vermeinten Vater; das Glück kann er jetzt im Kreiſe ſeiner Lieben genießen wie ſelten einer. Dies alles iſt in einer Sprache geſchrieben, die dahin fließt wie ein ſonnüberlachter, quellreiner Wieſenbach, ruhig und ſtill im Glanze der fremdwortloſen, ausdruckvollen und klangſchönen Mutterſprache. In ihr liegt die Kraft, die Anmut und die Schönheit, Zärtlichkeit und Beherztheit. „Deutſches Blut“ von Karl Bienenſtein müſſen wir zu den beſten Heldengeſchichten der deutſchen Literatur ſtellen. Es ſollte Eingang finden in jedes deutſche Haus, in jede deutſche Schule B. Erlegter Adler. Aus Windiſchgraz ſchreibt man: In Hl. Geiſt am Urſulaberge bei Windiſchgraz wurde im Revier des Herrn In- genieur Viertl ein über zwei Meter in der Spann- weite meſſender Adler geſchoſſen. Der Adler trug ein vier Wochen altes Lamm von der Herde, wo- rauf auf die Hilferufe der Hirtin ihr Vater kam und den Adler durch einen Schuß erlegte. Achtung auf einen Einbrecher. Im Unterlande treibt ſich ſeit einiger Zeit ein licht- ſcheues Individuum herum, welches es hauptſächlich auf Pfarrhöfe abgeſehen hat. So machte der Ein- brecher auch dem Pfarrhofe Montpreis einen Be- ſuch. Nachdem er ſich einige Dokumente und Geld angeeignet hatte, ſuchte er das Weite. Er iſt etwa 40 Jahre alt, mittelgroß, hat bräunlichen Anzug, grünlichen Hut und ſpricht geläufig ſloweniſch mit iſtrianiſchem Dialekt, deutſch und auch einige Brocken lateiniſch. Der Mann erzählte, er wäre bei den Barmherzigen Brüdern in Graz geweſen. Eine Lembacher Gaſthauskonzeſſions- geſchichte. Die Wiener Deutſchnationale Korre- ſpondenz meldet: Die deutſchen Ortsbewohner der Gemeinde Lembach bei Marburg haben ſeit ge- raumer Zeit den Wunſch, ein deutſches Kaſino, das der Sammelpunkt der dortigen Deutſchen ſein ſoll, zu beſitzen. Der floweniſche Gemeindeaus- ſchuß, unterſtützt von den verſchiedenen ſloweniſchen Abgeordneten, hat ſich dieſer Forderung mit Er- folg entgegengeſtellt und der Wunſch der Deutſchen Lembachs wurde von der Behörde immer wieder abgewieſen. Die Angelegenheit gelangt nunmehr

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 138, Marburg, 18.11.1913, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger138_1913/4>, abgerufen am 21.11.2024.