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Mainzer Journal. Nr. 96. Mainz, 26. September 1848.

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und Gesuchen aufzufordern. Abgesehen davon, daß der angebli-
chen Commission jegliche Legitimation fehlt und schon ihre Exi-
stenz den von ihr selbst angezogenen Waffenstillstands=Bedingun-
gen widerspricht, erkennt das Land nur in der provisorischen Re-
gierung die höchste Regierungsbehörde der Herzogthümer an, und
die Landesversammlung hat in den einstimmig gefaßten und in
das Staatsgrundgesetz aufgenommenen Beschlüssen vom 4. d. M.
es ausgesprochen, daß jede Veränderung in der bestehenden Lan-
desregierung ihrer Zustimmung bedürfe. Die Landesversamm-
lung hat daher die lediglich durch die angeschlossene Bekanntmach-
ung zu ihrer Kunde gelangten Umtriebe ihrer ernstlichen Erwäg-
ung unterzogen, und in denselben nur einen Versuch zu anarchi-
schen Bestrebungen und zur Störung der öffentlichen Ordnung
erblicken können, um dadurch Zwiespalt im Jnnern des Landes zu
erregen und dasselbe durch Schwächung der zur Vertheidigung
dienenden Kräfte dem Feinde zu überantworten. Zwar hält die
Landesversammlung sich überzeugt, daß die Bevölkerung der Her-
zogthümer, in Verbindung und Einklang mit den Beamten, sich
durch jene Unruhestifter, an deren Spitze ein für das Land un-
heilvoller Name steht, nicht wird irre leiten lassen, sondern, durch-
drungen von der Nothwendigkeit des festen Zusammensaltens
zur Erreichung des Allen gemeinsamen Ziels, mit Entschiedenheit
der Erneuerung des bereits einmal durch die Haltung des Volks
vereitelten Versuchs, das Land in Wirren zu stürzen, entgegentre-
ten werde; zwar darf die Landesversammlung vertrauensvoll
voraussetzen, daß auch die provisorische Regierung es nicht an ge-
eigneten Maßregeln gegen jenes Attentat werde fehlen lassen;
aber die Landesversammlung hat es doch bei der Wichtigkeit der
Sache für ihre Pflicht erkennen müssen, die provisorische Regie-
rung hiebei ihrer entschiedenen Unterstützung zu versichern und
dieselbe aufzufordern, aufs Schleunigste mit aller Kraft und Ener-
gie gegen jene Unruhestifter und deren fernere Bestrebungen ein-
zuschreiten, die Bevölkerung des Landes vor jeder Theilnahme an
denselben zu warnen, die Unterdrückung der Bekanntmachung und
etwaiger sonstigen Erlasse anzuordnen, die Verhaftung und ge-
richtliche Bestrafung der Schuldigen, wo sie innerhalb der Her-
zogthümer betroffen werden möchten, zu verfügen und zur Auf-
rechthaltung der Ordnung und Ruhe, wie zur Abwehr etwaiger
Versuche der Gewalt die nöthigen militärischen Kräste an den geeig-
neten Orten und namentlich in denzunächst den Einflüssen der Anar-
chisten ausgesetzten Districten aufzustellen und mit entsprechenden Jn-
structionen zu versehen. Kiel in der schleswig=holsteinischen Landes-
versammlung, den 22. September 1848. Bargum, Präsident.
Samwer, Schriftführer."

Kiel 23. Septbr. ( B. H. ) Gleichzeitig mit der ( vorerwähn-
ten ) Verfügung der provisorischen Regierung hat, wie wir aus
guter Quelle vernehmen, die dänische Jmmediat=Commission
Schreiben an die Landesversammlung und die provis. Regierung
erlassen, worin diese, bei Vermeidung rechtlicher Ahndung, auf-
gefordert werden, sich sofort aufzulösen.

Oesterreichische Monarchie.

Preßburg 18. September. ( D. Z. ) Gestern früh verließ
ich Pesth und Hunderte von flüchtigen Frauen und Kindern lang-
ten Abends mit mir hier an. Als wir mit dem Dampfboote bei
Komorn vorüber fuhren, sahen wir die ganze Stadt in Flammen
stehen. Jellachich rückt mit seinen Kroaten und aus allen Gegen-
den zusammenströmenden östereichischen Truppen geradezu auf
Budapest los, die wenigen ihm entgegengestellten ungarischen
Truppen, von ihrem Führer, dem Grafen Adam Teleki, ver-
lassen, wurden zum Rückzuge genöthigt, und nun sammeln sich
die Patrioten in Ofen, wo -- wenn es anders so weit kommt --
eine entscheidende Schlacht geliefert werden soll. Da der Aus-
gang derselben kaum einem Zweifel unterliegen kann, und die
natürliche Folge eine Plünderung mit den gewöhnlichen Anhäng-
seln seyn dürfte, so ist Alles darauf bedacht, die Frauen und
Kinder in Sicherheit zu bringen. Hier in Preßburg glaubt man
sich vor der Hand sicher, da die Stadt "gutgesinnt" ist.

Frankreich.

H Paris 23. September 1). Jch habe mein Versprechen, Sie
mit Nachrichten zu versorgen, nicht vergessen; da ich indessen
voraussah, daß die Wahlen die Lage der Dinge völlig umgestal-
ten würden, habe ich es vorgezogen, den Erfolg derselben erst
abzuwarten, um Sie dann mit der Bahn bekannt zu machen,
auf welche wir fortan nothwendig angewiesen sind. Jch gestehe
Jhnen offen, es ist schwer, unmöglich beinahe, auch nur die
nächste Zukunft zu durchschauen. Die drückendste Ungewißheit,
ich darf wohl sagen Aengstlichkeit, beherrscht alle Gemüther; die
Namen der drei neuen Volksvertreter haben die Parteien genau
[Spaltenumbruch] abgegränzt, keine einzige ist besiegt und nach meiner Ueberzeugung
wird diejenige den endlichen Sieg erringen, welche den rechten
Augenblick zu benutzen versteht. Des Druckes müde, unter dem
die Gesammtheit leidet, will die Masse des Volkes nur das Eine,
daß endlich der provisorische Zustand aufhöre, in welchem wir
seit sieben Monaten leben. Republik oder Königthum, das gilt
gleich! der Handelsmann will verkaufen, der Handwerker will
arbeiten, der Eigenthümer will seine Kapitalien zur Geltung
bringen. Alle sind in der Ueberzeugung eins, daß, wenn Louis
Napoleon sich in diesem Augenblicke der Gewalt bemächtigen
wollte, das Gelingen ihm nicht schwer fallen würde. Die Arbei-
ter sind für ihn, die Nationalgarde ebenfalls, wenigstens würde sie
sich weder für, noch gegen ihn schlagen; was die Armee betrifft,
so ist sie nicht allein günstig für ihn gestimmt, sondern sie wird
auch nichts thun, wenn die Nationalgarde ihr nicht mit ihrem
Beispiele vorangeht. Die Regierung begreift ihre kritische Lage
ganz gut, das Schlimmste aber ist, daß sie zu keinem Entschlusse
kommen kann, sie schwankt und tappt im Finstern und während
dieser Zeit gewinnen ihre Gegner immer mehr Terrain und wer-
den mit jedem Tage stärker. Es ist eben viel die Rede davon,
daß Cavaignac die Absicht haben soll, sich Ledru=Rollin zu nähern;
dieser Schritt würde indessen das Signal zu seinem Falle seyn,
und wir hätten dann alle die Gefahren noch einmal durchzu-
machen, die wir unter dem Ministerium Lamartine bestanden haben.
Die Rothen wollen um jeden Preis wieder ans Ruder. Sie
werden zu diesem Zwecke noch einmal einen Straßenkampf wagen
und an die brutale Gewalt appelliren, und dann wäre der Kampf
tausendmal fürchterlicher als früher, denn es wäre ein Kampf
auf Leben und Tod.

Es ist auffallend, daß jetzt nur Wenige mehr an den Fortbe-
stand der Republik glauben, während vor drei Monaten noch
alle Welt sie für fest begründet hielt. Der Grund dieser Umstimm-
ung der öffentlichen Meinung liegt darin, daß alle Jene, welche
seither nach einander am Ruder waren, statt offen und ent-
schieden auf einer neuen Bahn zu wandeln, statt jene Ver-
besserungen herbeizuführen, welche unsere Zeit gebieterisch for-
dert, weiter nichts gewesen sind, als armselige Affen unserer
alten Revolutionäre von 1789, und so kam es denn, daß die
Republik nicht geliebt, sondern Anfangs gefürchtet und dann
verwünscht worden ist. Jch habe dieser Tage mit mehreren Män-
nern aus der Provinz gesprochen, und es herrschte unter ihnen nur
Eine Stimme darüber, daß fast ganz Frankreich die Republik
nur noch duldet, und daß, wenn die Regierung nicht in ganz
kurzer Zeit ihr System wechselt, es bei der ersten besten Gelegen-
heit mit der Republik aus ist. Unsere Lage ist mit einem Worte
traurig, sehr traurig, und wenn nicht alle Zeichen trügen, so
werden wir noch furchtbare Prüfungen zu bestehen haben, ehe
wieder bessere Tage kommen. Drei Parteien stehen sich einander
gegenüber, wie ich Jhnen schon bemerkt habe, und jede von
ihnen muß die beiden andern vernichten und erwürgen, wenn sie
siegen und sich befestigen soll. Welche Partei aber diesen Sieg
davontragen wird, das weiß Gott! -- Wie ich eben noch ver-
nehme, wird die Regierung den Prozeß gegen Raspail und Ge-
nossen sofort eröffnen. Die Sache wird indessen aller Wahrschein-
lichkeit noch nicht zu Paris, sondern vor den Assisen zu Orleans
verhandelt werden. Jn der Hauptstadt könnte dieser Prozeß zu
schlimmen Dingen führen, und bedenkliche Volksbewegungen
veranlassen. Das gestrige ultrademokratische Banquet ist ganz
ruhig abgelaufen. Bestimmte Nachrichten von Louis Napoleon
fehlen noch, man glaubt indessen allgemein, daß er schon in
Paris sey. Die Aufregung der letzten Tage hat sich immer noch
nicht ganz gelegt, und ein Theil der Truppen ist fortwährend in
den Kasernen consignirt.

* * * Paris 24. September. Die ganze gestrige Sitzung war
der Berathung über Anlegung von Ackerbauschulen und Muster-
wirthschaften gewidmet und am Ende beschloß die Nationalver-
sammlung, die Sache sey eine dringliche, die nicht mehr auf die
lange Bank geschoben werden dürfe, was sie sich schon von An-
fang an hätte sagen können. Also wieder ein verlorener Tag!
Beim Beginne der Sitzung war ein Schreiben des Justizmini-
sters mit der Anzeige eingelaufen, daß die Regierung ihren frühe-
ren Gesetzentwurf über Wiedereinführung der Ehescheidung zu-
rücknehme, was beifällig aufgenommen wurde. Jn der vorletz-
ten Sitzung erschien auch zum erstenmal der in Bordeaux gewählte
Graf Mol e und wurde von seinen alten parlamentarischen Freunden
herzlich begrüßt. Der Moniteur erklärt jetzt, alle Gerüchte über
bevorstehende Ministerveränderungen seyen unbegründet, das Mi-
nisterium sey vom ersten Tage seines Bestehens an vollkommen
einig gewesen und kein Mitglied denke daran seinen Posten auf-
zugeben.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

1) Von einem Franzosen.

[Beginn Spaltensatz] spruch zu nehmen und zur Einsendung von Berichten, Eingaben
und Gesuchen aufzufordern. Abgesehen davon, daß der angebli-
chen Commission jegliche Legitimation fehlt und schon ihre Exi-
stenz den von ihr selbst angezogenen Waffenstillstands=Bedingun-
gen widerspricht, erkennt das Land nur in der provisorischen Re-
gierung die höchste Regierungsbehörde der Herzogthümer an, und
die Landesversammlung hat in den einstimmig gefaßten und in
das Staatsgrundgesetz aufgenommenen Beschlüssen vom 4. d. M.
es ausgesprochen, daß jede Veränderung in der bestehenden Lan-
desregierung ihrer Zustimmung bedürfe. Die Landesversamm-
lung hat daher die lediglich durch die angeschlossene Bekanntmach-
ung zu ihrer Kunde gelangten Umtriebe ihrer ernstlichen Erwäg-
ung unterzogen, und in denselben nur einen Versuch zu anarchi-
schen Bestrebungen und zur Störung der öffentlichen Ordnung
erblicken können, um dadurch Zwiespalt im Jnnern des Landes zu
erregen und dasselbe durch Schwächung der zur Vertheidigung
dienenden Kräfte dem Feinde zu überantworten. Zwar hält die
Landesversammlung sich überzeugt, daß die Bevölkerung der Her-
zogthümer, in Verbindung und Einklang mit den Beamten, sich
durch jene Unruhestifter, an deren Spitze ein für das Land un-
heilvoller Name steht, nicht wird irre leiten lassen, sondern, durch-
drungen von der Nothwendigkeit des festen Zusammensaltens
zur Erreichung des Allen gemeinsamen Ziels, mit Entschiedenheit
der Erneuerung des bereits einmal durch die Haltung des Volks
vereitelten Versuchs, das Land in Wirren zu stürzen, entgegentre-
ten werde; zwar darf die Landesversammlung vertrauensvoll
voraussetzen, daß auch die provisorische Regierung es nicht an ge-
eigneten Maßregeln gegen jenes Attentat werde fehlen lassen;
aber die Landesversammlung hat es doch bei der Wichtigkeit der
Sache für ihre Pflicht erkennen müssen, die provisorische Regie-
rung hiebei ihrer entschiedenen Unterstützung zu versichern und
dieselbe aufzufordern, aufs Schleunigste mit aller Kraft und Ener-
gie gegen jene Unruhestifter und deren fernere Bestrebungen ein-
zuschreiten, die Bevölkerung des Landes vor jeder Theilnahme an
denselben zu warnen, die Unterdrückung der Bekanntmachung und
etwaiger sonstigen Erlasse anzuordnen, die Verhaftung und ge-
richtliche Bestrafung der Schuldigen, wo sie innerhalb der Her-
zogthümer betroffen werden möchten, zu verfügen und zur Auf-
rechthaltung der Ordnung und Ruhe, wie zur Abwehr etwaiger
Versuche der Gewalt die nöthigen militärischen Kräste an den geeig-
neten Orten und namentlich in denzunächst den Einflüssen der Anar-
chisten ausgesetzten Districten aufzustellen und mit entsprechenden Jn-
structionen zu versehen. Kiel in der schleswig=holsteinischen Landes-
versammlung, den 22. September 1848. Bargum, Präsident.
Samwer, Schriftführer.“

Kiel 23. Septbr. ( B. H. ) Gleichzeitig mit der ( vorerwähn-
ten ) Verfügung der provisorischen Regierung hat, wie wir aus
guter Quelle vernehmen, die dänische Jmmediat=Commission
Schreiben an die Landesversammlung und die provis. Regierung
erlassen, worin diese, bei Vermeidung rechtlicher Ahndung, auf-
gefordert werden, sich sofort aufzulösen.

Oesterreichische Monarchie.

Preßburg 18. September. ( D. Z. ) Gestern früh verließ
ich Pesth und Hunderte von flüchtigen Frauen und Kindern lang-
ten Abends mit mir hier an. Als wir mit dem Dampfboote bei
Komorn vorüber fuhren, sahen wir die ganze Stadt in Flammen
stehen. Jellachich rückt mit seinen Kroaten und aus allen Gegen-
den zusammenströmenden östereichischen Truppen geradezu auf
Budapest los, die wenigen ihm entgegengestellten ungarischen
Truppen, von ihrem Führer, dem Grafen Adam Teleki, ver-
lassen, wurden zum Rückzuge genöthigt, und nun sammeln sich
die Patrioten in Ofen, wo — wenn es anders so weit kommt —
eine entscheidende Schlacht geliefert werden soll. Da der Aus-
gang derselben kaum einem Zweifel unterliegen kann, und die
natürliche Folge eine Plünderung mit den gewöhnlichen Anhäng-
seln seyn dürfte, so ist Alles darauf bedacht, die Frauen und
Kinder in Sicherheit zu bringen. Hier in Preßburg glaubt man
sich vor der Hand sicher, da die Stadt „gutgesinnt“ ist.

Frankreich.

H Paris 23. September 1). Jch habe mein Versprechen, Sie
mit Nachrichten zu versorgen, nicht vergessen; da ich indessen
voraussah, daß die Wahlen die Lage der Dinge völlig umgestal-
ten würden, habe ich es vorgezogen, den Erfolg derselben erst
abzuwarten, um Sie dann mit der Bahn bekannt zu machen,
auf welche wir fortan nothwendig angewiesen sind. Jch gestehe
Jhnen offen, es ist schwer, unmöglich beinahe, auch nur die
nächste Zukunft zu durchschauen. Die drückendste Ungewißheit,
ich darf wohl sagen Aengstlichkeit, beherrscht alle Gemüther; die
Namen der drei neuen Volksvertreter haben die Parteien genau
[Spaltenumbruch] abgegränzt, keine einzige ist besiegt und nach meiner Ueberzeugung
wird diejenige den endlichen Sieg erringen, welche den rechten
Augenblick zu benutzen versteht. Des Druckes müde, unter dem
die Gesammtheit leidet, will die Masse des Volkes nur das Eine,
daß endlich der provisorische Zustand aufhöre, in welchem wir
seit sieben Monaten leben. Republik oder Königthum, das gilt
gleich! der Handelsmann will verkaufen, der Handwerker will
arbeiten, der Eigenthümer will seine Kapitalien zur Geltung
bringen. Alle sind in der Ueberzeugung eins, daß, wenn Louis
Napoleon sich in diesem Augenblicke der Gewalt bemächtigen
wollte, das Gelingen ihm nicht schwer fallen würde. Die Arbei-
ter sind für ihn, die Nationalgarde ebenfalls, wenigstens würde sie
sich weder für, noch gegen ihn schlagen; was die Armee betrifft,
so ist sie nicht allein günstig für ihn gestimmt, sondern sie wird
auch nichts thun, wenn die Nationalgarde ihr nicht mit ihrem
Beispiele vorangeht. Die Regierung begreift ihre kritische Lage
ganz gut, das Schlimmste aber ist, daß sie zu keinem Entschlusse
kommen kann, sie schwankt und tappt im Finstern und während
dieser Zeit gewinnen ihre Gegner immer mehr Terrain und wer-
den mit jedem Tage stärker. Es ist eben viel die Rede davon,
daß Cavaignac die Absicht haben soll, sich Ledru=Rollin zu nähern;
dieser Schritt würde indessen das Signal zu seinem Falle seyn,
und wir hätten dann alle die Gefahren noch einmal durchzu-
machen, die wir unter dem Ministerium Lamartine bestanden haben.
Die Rothen wollen um jeden Preis wieder ans Ruder. Sie
werden zu diesem Zwecke noch einmal einen Straßenkampf wagen
und an die brutale Gewalt appelliren, und dann wäre der Kampf
tausendmal fürchterlicher als früher, denn es wäre ein Kampf
auf Leben und Tod.

Es ist auffallend, daß jetzt nur Wenige mehr an den Fortbe-
stand der Republik glauben, während vor drei Monaten noch
alle Welt sie für fest begründet hielt. Der Grund dieser Umstimm-
ung der öffentlichen Meinung liegt darin, daß alle Jene, welche
seither nach einander am Ruder waren, statt offen und ent-
schieden auf einer neuen Bahn zu wandeln, statt jene Ver-
besserungen herbeizuführen, welche unsere Zeit gebieterisch for-
dert, weiter nichts gewesen sind, als armselige Affen unserer
alten Revolutionäre von 1789, und so kam es denn, daß die
Republik nicht geliebt, sondern Anfangs gefürchtet und dann
verwünscht worden ist. Jch habe dieser Tage mit mehreren Män-
nern aus der Provinz gesprochen, und es herrschte unter ihnen nur
Eine Stimme darüber, daß fast ganz Frankreich die Republik
nur noch duldet, und daß, wenn die Regierung nicht in ganz
kurzer Zeit ihr System wechselt, es bei der ersten besten Gelegen-
heit mit der Republik aus ist. Unsere Lage ist mit einem Worte
traurig, sehr traurig, und wenn nicht alle Zeichen trügen, so
werden wir noch furchtbare Prüfungen zu bestehen haben, ehe
wieder bessere Tage kommen. Drei Parteien stehen sich einander
gegenüber, wie ich Jhnen schon bemerkt habe, und jede von
ihnen muß die beiden andern vernichten und erwürgen, wenn sie
siegen und sich befestigen soll. Welche Partei aber diesen Sieg
davontragen wird, das weiß Gott! — Wie ich eben noch ver-
nehme, wird die Regierung den Prozeß gegen Raspail und Ge-
nossen sofort eröffnen. Die Sache wird indessen aller Wahrschein-
lichkeit noch nicht zu Paris, sondern vor den Assisen zu Orleans
verhandelt werden. Jn der Hauptstadt könnte dieser Prozeß zu
schlimmen Dingen führen, und bedenkliche Volksbewegungen
veranlassen. Das gestrige ultrademokratische Banquet ist ganz
ruhig abgelaufen. Bestimmte Nachrichten von Louis Napoleon
fehlen noch, man glaubt indessen allgemein, daß er schon in
Paris sey. Die Aufregung der letzten Tage hat sich immer noch
nicht ganz gelegt, und ein Theil der Truppen ist fortwährend in
den Kasernen consignirt.

* * * Paris 24. September. Die ganze gestrige Sitzung war
der Berathung über Anlegung von Ackerbauschulen und Muster-
wirthschaften gewidmet und am Ende beschloß die Nationalver-
sammlung, die Sache sey eine dringliche, die nicht mehr auf die
lange Bank geschoben werden dürfe, was sie sich schon von An-
fang an hätte sagen können. Also wieder ein verlorener Tag!
Beim Beginne der Sitzung war ein Schreiben des Justizmini-
sters mit der Anzeige eingelaufen, daß die Regierung ihren frühe-
ren Gesetzentwurf über Wiedereinführung der Ehescheidung zu-
rücknehme, was beifällig aufgenommen wurde. Jn der vorletz-
ten Sitzung erschien auch zum erstenmal der in Bordeaux gewählte
Graf Mol é und wurde von seinen alten parlamentarischen Freunden
herzlich begrüßt. Der Moniteur erklärt jetzt, alle Gerüchte über
bevorstehende Ministerveränderungen seyen unbegründet, das Mi-
nisterium sey vom ersten Tage seines Bestehens an vollkommen
einig gewesen und kein Mitglied denke daran seinen Posten auf-
zugeben.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] spruch zu nehmen und zur Einsendung von Berichten, Eingaben und Gesuchen aufzufordern. Abgesehen davon, daß der angebli- chen Commission jegliche Legitimation fehlt und schon ihre Exi- stenz den von ihr selbst angezogenen Waffenstillstands=Bedingun- gen widerspricht, erkennt das Land nur in der provisorischen Re- gierung die höchste Regierungsbehörde der Herzogthümer an, und die Landesversammlung hat in den einstimmig gefaßten und in das Staatsgrundgesetz aufgenommenen Beschlüssen vom 4. d. M. es ausgesprochen, daß jede Veränderung in der bestehenden Lan- desregierung ihrer Zustimmung bedürfe. Die Landesversamm- lung hat daher die lediglich durch die angeschlossene Bekanntmach- ung zu ihrer Kunde gelangten Umtriebe ihrer ernstlichen Erwäg- ung unterzogen, und in denselben nur einen Versuch zu anarchi- schen Bestrebungen und zur Störung der öffentlichen Ordnung erblicken können, um dadurch Zwiespalt im Jnnern des Landes zu erregen und dasselbe durch Schwächung der zur Vertheidigung dienenden Kräfte dem Feinde zu überantworten. Zwar hält die Landesversammlung sich überzeugt, daß die Bevölkerung der Her- zogthümer, in Verbindung und Einklang mit den Beamten, sich durch jene Unruhestifter, an deren Spitze ein für das Land un- heilvoller Name steht, nicht wird irre leiten lassen, sondern, durch- drungen von der Nothwendigkeit des festen Zusammensaltens zur Erreichung des Allen gemeinsamen Ziels, mit Entschiedenheit der Erneuerung des bereits einmal durch die Haltung des Volks vereitelten Versuchs, das Land in Wirren zu stürzen, entgegentre- ten werde; zwar darf die Landesversammlung vertrauensvoll voraussetzen, daß auch die provisorische Regierung es nicht an ge- eigneten Maßregeln gegen jenes Attentat werde fehlen lassen; aber die Landesversammlung hat es doch bei der Wichtigkeit der Sache für ihre Pflicht erkennen müssen, die provisorische Regie- rung hiebei ihrer entschiedenen Unterstützung zu versichern und dieselbe aufzufordern, aufs Schleunigste mit aller Kraft und Ener- gie gegen jene Unruhestifter und deren fernere Bestrebungen ein- zuschreiten, die Bevölkerung des Landes vor jeder Theilnahme an denselben zu warnen, die Unterdrückung der Bekanntmachung und etwaiger sonstigen Erlasse anzuordnen, die Verhaftung und ge- richtliche Bestrafung der Schuldigen, wo sie innerhalb der Her- zogthümer betroffen werden möchten, zu verfügen und zur Auf- rechthaltung der Ordnung und Ruhe, wie zur Abwehr etwaiger Versuche der Gewalt die nöthigen militärischen Kräste an den geeig- neten Orten und namentlich in denzunächst den Einflüssen der Anar- chisten ausgesetzten Districten aufzustellen und mit entsprechenden Jn- structionen zu versehen. Kiel in der schleswig=holsteinischen Landes- versammlung, den 22. September 1848. Bargum, Präsident. Samwer, Schriftführer.“ Kiel 23. Septbr. ( B. H. ) Gleichzeitig mit der ( vorerwähn- ten ) Verfügung der provisorischen Regierung hat, wie wir aus guter Quelle vernehmen, die dänische Jmmediat=Commission Schreiben an die Landesversammlung und die provis. Regierung erlassen, worin diese, bei Vermeidung rechtlicher Ahndung, auf- gefordert werden, sich sofort aufzulösen. Oesterreichische Monarchie. Preßburg 18. September. ( D. Z. ) Gestern früh verließ ich Pesth und Hunderte von flüchtigen Frauen und Kindern lang- ten Abends mit mir hier an. Als wir mit dem Dampfboote bei Komorn vorüber fuhren, sahen wir die ganze Stadt in Flammen stehen. Jellachich rückt mit seinen Kroaten und aus allen Gegen- den zusammenströmenden östereichischen Truppen geradezu auf Budapest los, die wenigen ihm entgegengestellten ungarischen Truppen, von ihrem Führer, dem Grafen Adam Teleki, ver- lassen, wurden zum Rückzuge genöthigt, und nun sammeln sich die Patrioten in Ofen, wo — wenn es anders so weit kommt — eine entscheidende Schlacht geliefert werden soll. Da der Aus- gang derselben kaum einem Zweifel unterliegen kann, und die natürliche Folge eine Plünderung mit den gewöhnlichen Anhäng- seln seyn dürfte, so ist Alles darauf bedacht, die Frauen und Kinder in Sicherheit zu bringen. Hier in Preßburg glaubt man sich vor der Hand sicher, da die Stadt „gutgesinnt“ ist. Frankreich. H Paris 23. September 1). Jch habe mein Versprechen, Sie mit Nachrichten zu versorgen, nicht vergessen; da ich indessen voraussah, daß die Wahlen die Lage der Dinge völlig umgestal- ten würden, habe ich es vorgezogen, den Erfolg derselben erst abzuwarten, um Sie dann mit der Bahn bekannt zu machen, auf welche wir fortan nothwendig angewiesen sind. Jch gestehe Jhnen offen, es ist schwer, unmöglich beinahe, auch nur die nächste Zukunft zu durchschauen. Die drückendste Ungewißheit, ich darf wohl sagen Aengstlichkeit, beherrscht alle Gemüther; die Namen der drei neuen Volksvertreter haben die Parteien genau abgegränzt, keine einzige ist besiegt und nach meiner Ueberzeugung wird diejenige den endlichen Sieg erringen, welche den rechten Augenblick zu benutzen versteht. Des Druckes müde, unter dem die Gesammtheit leidet, will die Masse des Volkes nur das Eine, daß endlich der provisorische Zustand aufhöre, in welchem wir seit sieben Monaten leben. Republik oder Königthum, das gilt gleich! der Handelsmann will verkaufen, der Handwerker will arbeiten, der Eigenthümer will seine Kapitalien zur Geltung bringen. Alle sind in der Ueberzeugung eins, daß, wenn Louis Napoleon sich in diesem Augenblicke der Gewalt bemächtigen wollte, das Gelingen ihm nicht schwer fallen würde. Die Arbei- ter sind für ihn, die Nationalgarde ebenfalls, wenigstens würde sie sich weder für, noch gegen ihn schlagen; was die Armee betrifft, so ist sie nicht allein günstig für ihn gestimmt, sondern sie wird auch nichts thun, wenn die Nationalgarde ihr nicht mit ihrem Beispiele vorangeht. Die Regierung begreift ihre kritische Lage ganz gut, das Schlimmste aber ist, daß sie zu keinem Entschlusse kommen kann, sie schwankt und tappt im Finstern und während dieser Zeit gewinnen ihre Gegner immer mehr Terrain und wer- den mit jedem Tage stärker. Es ist eben viel die Rede davon, daß Cavaignac die Absicht haben soll, sich Ledru=Rollin zu nähern; dieser Schritt würde indessen das Signal zu seinem Falle seyn, und wir hätten dann alle die Gefahren noch einmal durchzu- machen, die wir unter dem Ministerium Lamartine bestanden haben. Die Rothen wollen um jeden Preis wieder ans Ruder. Sie werden zu diesem Zwecke noch einmal einen Straßenkampf wagen und an die brutale Gewalt appelliren, und dann wäre der Kampf tausendmal fürchterlicher als früher, denn es wäre ein Kampf auf Leben und Tod. Es ist auffallend, daß jetzt nur Wenige mehr an den Fortbe- stand der Republik glauben, während vor drei Monaten noch alle Welt sie für fest begründet hielt. Der Grund dieser Umstimm- ung der öffentlichen Meinung liegt darin, daß alle Jene, welche seither nach einander am Ruder waren, statt offen und ent- schieden auf einer neuen Bahn zu wandeln, statt jene Ver- besserungen herbeizuführen, welche unsere Zeit gebieterisch for- dert, weiter nichts gewesen sind, als armselige Affen unserer alten Revolutionäre von 1789, und so kam es denn, daß die Republik nicht geliebt, sondern Anfangs gefürchtet und dann verwünscht worden ist. Jch habe dieser Tage mit mehreren Män- nern aus der Provinz gesprochen, und es herrschte unter ihnen nur Eine Stimme darüber, daß fast ganz Frankreich die Republik nur noch duldet, und daß, wenn die Regierung nicht in ganz kurzer Zeit ihr System wechselt, es bei der ersten besten Gelegen- heit mit der Republik aus ist. Unsere Lage ist mit einem Worte traurig, sehr traurig, und wenn nicht alle Zeichen trügen, so werden wir noch furchtbare Prüfungen zu bestehen haben, ehe wieder bessere Tage kommen. Drei Parteien stehen sich einander gegenüber, wie ich Jhnen schon bemerkt habe, und jede von ihnen muß die beiden andern vernichten und erwürgen, wenn sie siegen und sich befestigen soll. Welche Partei aber diesen Sieg davontragen wird, das weiß Gott! — Wie ich eben noch ver- nehme, wird die Regierung den Prozeß gegen Raspail und Ge- nossen sofort eröffnen. Die Sache wird indessen aller Wahrschein- lichkeit noch nicht zu Paris, sondern vor den Assisen zu Orleans verhandelt werden. Jn der Hauptstadt könnte dieser Prozeß zu schlimmen Dingen führen, und bedenkliche Volksbewegungen veranlassen. Das gestrige ultrademokratische Banquet ist ganz ruhig abgelaufen. Bestimmte Nachrichten von Louis Napoleon fehlen noch, man glaubt indessen allgemein, daß er schon in Paris sey. Die Aufregung der letzten Tage hat sich immer noch nicht ganz gelegt, und ein Theil der Truppen ist fortwährend in den Kasernen consignirt. * * * Paris 24. September. Die ganze gestrige Sitzung war der Berathung über Anlegung von Ackerbauschulen und Muster- wirthschaften gewidmet und am Ende beschloß die Nationalver- sammlung, die Sache sey eine dringliche, die nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden dürfe, was sie sich schon von An- fang an hätte sagen können. Also wieder ein verlorener Tag! Beim Beginne der Sitzung war ein Schreiben des Justizmini- sters mit der Anzeige eingelaufen, daß die Regierung ihren frühe- ren Gesetzentwurf über Wiedereinführung der Ehescheidung zu- rücknehme, was beifällig aufgenommen wurde. Jn der vorletz- ten Sitzung erschien auch zum erstenmal der in Bordeaux gewählte Graf Mol é und wurde von seinen alten parlamentarischen Freunden herzlich begrüßt. Der Moniteur erklärt jetzt, alle Gerüchte über bevorstehende Ministerveränderungen seyen unbegründet, das Mi- nisterium sey vom ersten Tage seines Bestehens an vollkommen einig gewesen und kein Mitglied denke daran seinen Posten auf- zugeben. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg. 1) Von einem Franzosen.

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Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 96. Mainz, 26. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal096_1848/4>, abgerufen am 22.07.2024.