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Mainzer Journal. Nr. 96. Mainz, 26. September 1848.

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Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 96. Mittwoch, den 27. September. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Rundschreiben
des Reichsministeriums der Justiz an die Justizmini-
sterien der Einzelnstaaten
.

Mit Schmerz und Besorgniß muß jeden wahren Vaterlands-
freund der immer maßloser um sich greifende Mißbrauch der
Presse zu verbrecherischen Zwecken erfüllen. Wenn die Nation
mit Recht die Preßfreiheit als eines ihrer theuersten Güter be-
trachtet, welches ihr daher auch in keiner Weise verkümmert
werden darf, so soll dasselbe doch keineswegs ein Freibrief seyn
zu den frechsten Beschimpfungen und Verleumdungen von Behör-
den und Beamten, zur Provocation zum Aufruhr und zum ge-
waltsamen Umsturz aller bestehenden Verhältnisse. Die provi-
sorische Centralgewalt für Deutschland, welche nach Art. 2. des
Gesetzes vom 28. Juni d. J. die vollziehende Gewalt zu üben hat
in allen Angelegenheiten, welche die Sicherheit und Wohlfahrt
des deutschen Bundesstaates betreffen, darf nicht länger ruhig
zusehen, daß die mittelst der Presse begangenen Vergehen und
Verbrechen ungestraft bleiben; wie sie einerseits nicht daran
tenkt, der Preßfreiheit selbst Schranken zu stellen,
oder durch präventive Maßregeln entgegenzutre-
den,
so muß sie andererseits ernstlich darauf bestehen, daß jedes
Vergehen und Verbrechen, welches mittelst der Presse verübt
wird, nach Maßgabe der bestehenden Strafgesetze zur Unter-
suchung und Ahndung gezogen werde.

Ebenso darf es nicht länger geduldet werden, daß in Ver-
einen und Volksversammlungen Behörden und Beamte beschimpft,
der Umsturz der bestehenden Verfassungen proclamirt, und das
Volk zur gewaltsamen Empörung gegen die gesetzlichen Zustände
aufgefordert wird. Auch das Vereins= und Versamm-
lungsrecht soll dem deutschen Volke unverkürzt er-
halten werden;
die Verbrechen aber, zu denen dieses Recht
mißbraucht wird, oder welche bei Ausübung desselben verübt wer-
den, müssen nach den bestehenden Gesetzen bestraft werden.

Demgemäß ersucht das Reichsministerium der Justiz die
Justizministerien der Einzelnstaaten, die betreffenden Behörden
nach Vorstehendem mit strenger Anweisung zu versehen. Frankfurt
a. M., den 24. September 1848. Das Reichsministerium der
Justiz: R. Mohl.



Das Gefecht bei Staufen.

Wir sind, sagt die Karlsruher Zeitung, in den Stand gesetzt,
über dieses Gefecht folgende nähere Einzelheiten mitzutheilen:

Staufen 24. September 1848. Heute Morgen um 6 Uhr
brach General Hoffmann von Freiburg auf, mit 2 Bataillonen, 1
Eskadron und 4 Geschützen. Als wir gegen Heitersheim kamen,
entdeckte man gegen das Gebirge hin zwischen Staufen und Hei-
tersheim mehrere bedeutende Haufen von Aufrührern. General
Hoffmann ließ sogleich die Truppen querfeldein marschiren, um
die Freischaaren, die Stand zu halten schienen, anzugreifen. Die
Truppen hatten aber kaum die nächste kleine Höhe erstiegen, als
die Freischaaren eilig ihre Position verließen und sich nach Stau-
fen warfen. Hier errichteten dieselben eine Menge Barrikaden,
und brachen die Brücke über den Neumagen ab. Die Truppen
folgten im Sturmschritt nach, und schritten, in 2 Kolonnen ge-
theilt, deren eine General Hoffmann, die andere General v. Gay-
ling commandirte, sogleich zum Angriff.

Die Vertheidigung war sehr lebhaft und bei weitem ausdauern-
der, als früher bei Freiburg; allein der Muth unserer braven
Soldaten, an deren Spitze die beiden Generale, überwand alle
Hindernisse. Unser Verlust ist gering. Wir haben nur 2 Todte
und 7 bis 10 Verwundete, während die Rebellen sehr viele Leute
verloren haben. Die Leichen liegen vor und in der Stadt noch
ungezählt. Gefangene wurden 60 gemacht, welche morgen nach
Freiburg gebracht werden, da sie hier nach dem Abmarsch des
Militärs nicht bleiben können. Leider ist Struve entkommen; nur
der Hut und Mantel seiner Frau blieb in den Händen der Sol-
daten. Erbeutet wurde noch eine Masse von Waffen aller Art,
acht Pferde und einige tausend Gulden. Der Geist der Truppen
ist vortrefflich. Morgen will der General die Verfolgung der Re-
bellen, welche heute nur durch die Nacht unterbrochen wurde,
fortsetzen.

[Spaltenumbruch]
Deutschland.
Reichstag.

Frankfurt 26. Sept. Jn der heutigen Sitzung der verfas-
sunggebenden Reichsversammlung stellte Simon von Trier den
Antrag: die Nationalversammlung möge in Folge des dänischen
Ministerialschreibens vom 17. d. M. ihre, dem Waffenstillstand
ertheilte Genehmigung für null und nichtig erklären und die Dis-
cussion über denselben demnächst wieder aufnehmen. Der Antrag
wurde abgewiesen. Der Reichsminister des Aeußern erklärte in-
dessen: Die nach öffentlichen Blättern ernannte und aus Moltke
und seinen Freunden bestehende Jmmediat=Commission werde
von der Centralgewalt unter keinen Umständen anerkannt wer-
den. Was die Grundrechte betrifft, so ist der Art. IV.
von der Reichsversammlung in folgender Fassung jetzt ange-
nommen worden: §. 17. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist
frei. §. 18. Unterricht zu ertheilen und Unterrichts= und Erzie-
hungsanstalten zu gründen, steht jedem Deutschen frei, wenn er seine
moralische, wissenschaftliche und resp. technische Befähigung vor
der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat. Das gesammte
Unterrichts= und Erziehungswesen steht unter Oberaufsicht des
Staates, und ist der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher
enthoben. Der deutschen Jugend wird durch genügende öffentliche
Schulanstalten das Recht auf allgemeine menschliche und bürger-
liche Bildung gewährleistet. Niemand darf die seiner Obhut an-
vertraute Jugend ohne den Grad von Unterricht lassen, der für die
unteren Volksschulen vorgeschrieben ist. Die öffentlichen Lehrer ha-
ben die Rechte der Staatsdiener. Die Gemeinden wählen
aus den Geprüften die Lehrer der Volksschulen.
§. 19.
Für den Unterricht in Volksschulen und niedern Gewerbsschulen
wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf allen öffentlichen
Bildungsanstalten freier Unterricht gewährt werden. Armen-
schulen finden nicht statt. Die Gemeinde besoldet den Leh-
rer in an gemessener Weise.
Unvermögenden Gemeinden
kommen hierbei Staatsmittel zur Hülfe. §. 20. Es steht einem Jedem
frei, seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden,
wie und wo er will." Nach dem frühern Beschluß wurde mit
vorläufiger Umgehung des Art. V. ( §§. 21. und 22. ) sofort zu
Art. VI. übergegangen. §. 23. lautet: "Die Deutschen haben
das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, einer
besondern Erlaubniß dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen
unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffent-
liche Sicherheit verboten werden." Der erste Satz wurde ange-
nommen; über den zweiten Satz, Volksversammlungen u. s. w.,
dessen Weglassung die Ausschußminorität ( Schüler, Simon, Soi-
r [unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen]on, Blum, Wigard ) beantragte, wurde namentlich abgestimmt,
und derselbe ebenfalls ( mit 255 gegen 132 Stimmen ) angenommen.

Köln 25. Sept. 3 Uhr Nachmittags. Die saubere "Neue
Rheinische Zeitung" berichtet: "Die Volksversammlung auf dem
Altenmarkt hat sich bis 6 Uhr vertagt. Vor dem Severinsthore
sollen große Haufen bewaffneter Bauern stehen, aber bis jetzt am
Eingang verhindert worden seyn. Gerüchten zufolge sind in Düs-
seldorf ebenfalls Unruhen ausgebrochen. Mit dem von Mainz an-
gelangten Dampfschiff geht die Nachricht ein, daß der größte
Theil von Würtemberg und Baden aufgestanden ist
und die Republik prokla mirt hat.
Die obige Vertagung
der Volksversammlung scheint damit zusammenzuhängen." Aus
Frankfurt vom 23. September wird demselben Blatte ge-
schrieben: "Es finden Verhaftungen in Masse statt. -- Man
erzählt sich, daß bereits 14 von den Gefangenen in Mainz er-
schossen worden.
" O Wahrheit, wie lange mußt du dich
noch malträtiren lassen! [ Nach Privatnachrichten soll in Köln in
der Nacht vom 25. auf den 26. ein ernster Barrikadenkampf aus-
gebrochen seyn. ]

Stuttgart 24. September. ( D. Z. ) Der heutige Tag und
mit ihm wohl überhaupt die nächste Zeit sind vollkommen ruhig.
Die gefürchtete Volksversammlung, zwar stark besucht, ging aus,
fast wie das Hornberger Schießen, wie man bei uns sagt. Der
erste Redner sprach aus, man möge aus Rücksichten für die Um-
stände die Versammlung unterlassen. Damit unterblieb die Thä-
tigkeit derer, welche die Versammlung bestellt hatten. Einige kurze
Reden folgten, bald aber wars aus, und sicher ist das beste Mittel
gegen die aufregenden Versammlungen der letzten Wochen, sie ein-
[Ende Spaltensatz]

Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 96. Mittwoch, den 27. September. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Rundschreiben
des Reichsministeriums der Justiz an die Justizmini-
sterien der Einzelnstaaten
.

Mit Schmerz und Besorgniß muß jeden wahren Vaterlands-
freund der immer maßloser um sich greifende Mißbrauch der
Presse zu verbrecherischen Zwecken erfüllen. Wenn die Nation
mit Recht die Preßfreiheit als eines ihrer theuersten Güter be-
trachtet, welches ihr daher auch in keiner Weise verkümmert
werden darf, so soll dasselbe doch keineswegs ein Freibrief seyn
zu den frechsten Beschimpfungen und Verleumdungen von Behör-
den und Beamten, zur Provocation zum Aufruhr und zum ge-
waltsamen Umsturz aller bestehenden Verhältnisse. Die provi-
sorische Centralgewalt für Deutschland, welche nach Art. 2. des
Gesetzes vom 28. Juni d. J. die vollziehende Gewalt zu üben hat
in allen Angelegenheiten, welche die Sicherheit und Wohlfahrt
des deutschen Bundesstaates betreffen, darf nicht länger ruhig
zusehen, daß die mittelst der Presse begangenen Vergehen und
Verbrechen ungestraft bleiben; wie sie einerseits nicht daran
tenkt, der Preßfreiheit selbst Schranken zu stellen,
oder durch präventive Maßregeln entgegenzutre-
den,
so muß sie andererseits ernstlich darauf bestehen, daß jedes
Vergehen und Verbrechen, welches mittelst der Presse verübt
wird, nach Maßgabe der bestehenden Strafgesetze zur Unter-
suchung und Ahndung gezogen werde.

Ebenso darf es nicht länger geduldet werden, daß in Ver-
einen und Volksversammlungen Behörden und Beamte beschimpft,
der Umsturz der bestehenden Verfassungen proclamirt, und das
Volk zur gewaltsamen Empörung gegen die gesetzlichen Zustände
aufgefordert wird. Auch das Vereins= und Versamm-
lungsrecht soll dem deutschen Volke unverkürzt er-
halten werden;
die Verbrechen aber, zu denen dieses Recht
mißbraucht wird, oder welche bei Ausübung desselben verübt wer-
den, müssen nach den bestehenden Gesetzen bestraft werden.

Demgemäß ersucht das Reichsministerium der Justiz die
Justizministerien der Einzelnstaaten, die betreffenden Behörden
nach Vorstehendem mit strenger Anweisung zu versehen. Frankfurt
a. M., den 24. September 1848. Das Reichsministerium der
Justiz: R. Mohl.



Das Gefecht bei Staufen.

Wir sind, sagt die Karlsruher Zeitung, in den Stand gesetzt,
über dieses Gefecht folgende nähere Einzelheiten mitzutheilen:

Staufen 24. September 1848. Heute Morgen um 6 Uhr
brach General Hoffmann von Freiburg auf, mit 2 Bataillonen, 1
Eskadron und 4 Geschützen. Als wir gegen Heitersheim kamen,
entdeckte man gegen das Gebirge hin zwischen Staufen und Hei-
tersheim mehrere bedeutende Haufen von Aufrührern. General
Hoffmann ließ sogleich die Truppen querfeldein marschiren, um
die Freischaaren, die Stand zu halten schienen, anzugreifen. Die
Truppen hatten aber kaum die nächste kleine Höhe erstiegen, als
die Freischaaren eilig ihre Position verließen und sich nach Stau-
fen warfen. Hier errichteten dieselben eine Menge Barrikaden,
und brachen die Brücke über den Neumagen ab. Die Truppen
folgten im Sturmschritt nach, und schritten, in 2 Kolonnen ge-
theilt, deren eine General Hoffmann, die andere General v. Gay-
ling commandirte, sogleich zum Angriff.

Die Vertheidigung war sehr lebhaft und bei weitem ausdauern-
der, als früher bei Freiburg; allein der Muth unserer braven
Soldaten, an deren Spitze die beiden Generale, überwand alle
Hindernisse. Unser Verlust ist gering. Wir haben nur 2 Todte
und 7 bis 10 Verwundete, während die Rebellen sehr viele Leute
verloren haben. Die Leichen liegen vor und in der Stadt noch
ungezählt. Gefangene wurden 60 gemacht, welche morgen nach
Freiburg gebracht werden, da sie hier nach dem Abmarsch des
Militärs nicht bleiben können. Leider ist Struve entkommen; nur
der Hut und Mantel seiner Frau blieb in den Händen der Sol-
daten. Erbeutet wurde noch eine Masse von Waffen aller Art,
acht Pferde und einige tausend Gulden. Der Geist der Truppen
ist vortrefflich. Morgen will der General die Verfolgung der Re-
bellen, welche heute nur durch die Nacht unterbrochen wurde,
fortsetzen.

[Spaltenumbruch]
Deutschland.
Reichstag.

Frankfurt 26. Sept. Jn der heutigen Sitzung der verfas-
sunggebenden Reichsversammlung stellte Simon von Trier den
Antrag: die Nationalversammlung möge in Folge des dänischen
Ministerialschreibens vom 17. d. M. ihre, dem Waffenstillstand
ertheilte Genehmigung für null und nichtig erklären und die Dis-
cussion über denselben demnächst wieder aufnehmen. Der Antrag
wurde abgewiesen. Der Reichsminister des Aeußern erklärte in-
dessen: Die nach öffentlichen Blättern ernannte und aus Moltke
und seinen Freunden bestehende Jmmediat=Commission werde
von der Centralgewalt unter keinen Umständen anerkannt wer-
den. Was die Grundrechte betrifft, so ist der Art. IV.
von der Reichsversammlung in folgender Fassung jetzt ange-
nommen worden: §. 17. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist
frei. §. 18. Unterricht zu ertheilen und Unterrichts= und Erzie-
hungsanstalten zu gründen, steht jedem Deutschen frei, wenn er seine
moralische, wissenschaftliche und resp. technische Befähigung vor
der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat. Das gesammte
Unterrichts= und Erziehungswesen steht unter Oberaufsicht des
Staates, und ist der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher
enthoben. Der deutschen Jugend wird durch genügende öffentliche
Schulanstalten das Recht auf allgemeine menschliche und bürger-
liche Bildung gewährleistet. Niemand darf die seiner Obhut an-
vertraute Jugend ohne den Grad von Unterricht lassen, der für die
unteren Volksschulen vorgeschrieben ist. Die öffentlichen Lehrer ha-
ben die Rechte der Staatsdiener. Die Gemeinden wählen
aus den Geprüften die Lehrer der Volksschulen.
§. 19.
Für den Unterricht in Volksschulen und niedern Gewerbsschulen
wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf allen öffentlichen
Bildungsanstalten freier Unterricht gewährt werden. Armen-
schulen finden nicht statt. Die Gemeinde besoldet den Leh-
rer in an gemessener Weise.
Unvermögenden Gemeinden
kommen hierbei Staatsmittel zur Hülfe. §. 20. Es steht einem Jedem
frei, seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden,
wie und wo er will.“ Nach dem frühern Beschluß wurde mit
vorläufiger Umgehung des Art. V. ( §§. 21. und 22. ) sofort zu
Art. VI. übergegangen. §. 23. lautet: „Die Deutschen haben
das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, einer
besondern Erlaubniß dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen
unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffent-
liche Sicherheit verboten werden.“ Der erste Satz wurde ange-
nommen; über den zweiten Satz, Volksversammlungen u. s. w.,
dessen Weglassung die Ausschußminorität ( Schüler, Simon, Soi-
r [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]on, Blum, Wigard ) beantragte, wurde namentlich abgestimmt,
und derselbe ebenfalls ( mit 255 gegen 132 Stimmen ) angenommen.

Köln 25. Sept. 3 Uhr Nachmittags. Die saubere „Neue
Rheinische Zeitung“ berichtet: „Die Volksversammlung auf dem
Altenmarkt hat sich bis 6 Uhr vertagt. Vor dem Severinsthore
sollen große Haufen bewaffneter Bauern stehen, aber bis jetzt am
Eingang verhindert worden seyn. Gerüchten zufolge sind in Düs-
seldorf ebenfalls Unruhen ausgebrochen. Mit dem von Mainz an-
gelangten Dampfschiff geht die Nachricht ein, daß der größte
Theil von Würtemberg und Baden aufgestanden ist
und die Republik prokla mirt hat.
Die obige Vertagung
der Volksversammlung scheint damit zusammenzuhängen.“ Aus
Frankfurt vom 23. September wird demselben Blatte ge-
schrieben: „Es finden Verhaftungen in Masse statt. — Man
erzählt sich, daß bereits 14 von den Gefangenen in Mainz er-
schossen worden.
“ O Wahrheit, wie lange mußt du dich
noch malträtiren lassen! [ Nach Privatnachrichten soll in Köln in
der Nacht vom 25. auf den 26. ein ernster Barrikadenkampf aus-
gebrochen seyn. ]

Stuttgart 24. September. ( D. Z. ) Der heutige Tag und
mit ihm wohl überhaupt die nächste Zeit sind vollkommen ruhig.
Die gefürchtete Volksversammlung, zwar stark besucht, ging aus,
fast wie das Hornberger Schießen, wie man bei uns sagt. Der
erste Redner sprach aus, man möge aus Rücksichten für die Um-
stände die Versammlung unterlassen. Damit unterblieb die Thä-
tigkeit derer, welche die Versammlung bestellt hatten. Einige kurze
Reden folgten, bald aber wars aus, und sicher ist das beste Mittel
gegen die aufregenden Versammlungen der letzten Wochen, sie ein-
[Ende Spaltensatz]

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[0005] Beilage zum Mainzer Journal. Nro 96. Mittwoch, den 27. September. 1848. Rundschreiben des Reichsministeriums der Justiz an die Justizmini- sterien der Einzelnstaaten. Mit Schmerz und Besorgniß muß jeden wahren Vaterlands- freund der immer maßloser um sich greifende Mißbrauch der Presse zu verbrecherischen Zwecken erfüllen. Wenn die Nation mit Recht die Preßfreiheit als eines ihrer theuersten Güter be- trachtet, welches ihr daher auch in keiner Weise verkümmert werden darf, so soll dasselbe doch keineswegs ein Freibrief seyn zu den frechsten Beschimpfungen und Verleumdungen von Behör- den und Beamten, zur Provocation zum Aufruhr und zum ge- waltsamen Umsturz aller bestehenden Verhältnisse. Die provi- sorische Centralgewalt für Deutschland, welche nach Art. 2. des Gesetzes vom 28. Juni d. J. die vollziehende Gewalt zu üben hat in allen Angelegenheiten, welche die Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates betreffen, darf nicht länger ruhig zusehen, daß die mittelst der Presse begangenen Vergehen und Verbrechen ungestraft bleiben; wie sie einerseits nicht daran tenkt, der Preßfreiheit selbst Schranken zu stellen, oder durch präventive Maßregeln entgegenzutre- den, so muß sie andererseits ernstlich darauf bestehen, daß jedes Vergehen und Verbrechen, welches mittelst der Presse verübt wird, nach Maßgabe der bestehenden Strafgesetze zur Unter- suchung und Ahndung gezogen werde. Ebenso darf es nicht länger geduldet werden, daß in Ver- einen und Volksversammlungen Behörden und Beamte beschimpft, der Umsturz der bestehenden Verfassungen proclamirt, und das Volk zur gewaltsamen Empörung gegen die gesetzlichen Zustände aufgefordert wird. Auch das Vereins= und Versamm- lungsrecht soll dem deutschen Volke unverkürzt er- halten werden; die Verbrechen aber, zu denen dieses Recht mißbraucht wird, oder welche bei Ausübung desselben verübt wer- den, müssen nach den bestehenden Gesetzen bestraft werden. Demgemäß ersucht das Reichsministerium der Justiz die Justizministerien der Einzelnstaaten, die betreffenden Behörden nach Vorstehendem mit strenger Anweisung zu versehen. Frankfurt a. M., den 24. September 1848. Das Reichsministerium der Justiz: R. Mohl. Das Gefecht bei Staufen. Wir sind, sagt die Karlsruher Zeitung, in den Stand gesetzt, über dieses Gefecht folgende nähere Einzelheiten mitzutheilen: Staufen 24. September 1848. Heute Morgen um 6 Uhr brach General Hoffmann von Freiburg auf, mit 2 Bataillonen, 1 Eskadron und 4 Geschützen. Als wir gegen Heitersheim kamen, entdeckte man gegen das Gebirge hin zwischen Staufen und Hei- tersheim mehrere bedeutende Haufen von Aufrührern. General Hoffmann ließ sogleich die Truppen querfeldein marschiren, um die Freischaaren, die Stand zu halten schienen, anzugreifen. Die Truppen hatten aber kaum die nächste kleine Höhe erstiegen, als die Freischaaren eilig ihre Position verließen und sich nach Stau- fen warfen. Hier errichteten dieselben eine Menge Barrikaden, und brachen die Brücke über den Neumagen ab. Die Truppen folgten im Sturmschritt nach, und schritten, in 2 Kolonnen ge- theilt, deren eine General Hoffmann, die andere General v. Gay- ling commandirte, sogleich zum Angriff. Die Vertheidigung war sehr lebhaft und bei weitem ausdauern- der, als früher bei Freiburg; allein der Muth unserer braven Soldaten, an deren Spitze die beiden Generale, überwand alle Hindernisse. Unser Verlust ist gering. Wir haben nur 2 Todte und 7 bis 10 Verwundete, während die Rebellen sehr viele Leute verloren haben. Die Leichen liegen vor und in der Stadt noch ungezählt. Gefangene wurden 60 gemacht, welche morgen nach Freiburg gebracht werden, da sie hier nach dem Abmarsch des Militärs nicht bleiben können. Leider ist Struve entkommen; nur der Hut und Mantel seiner Frau blieb in den Händen der Sol- daten. Erbeutet wurde noch eine Masse von Waffen aller Art, acht Pferde und einige tausend Gulden. Der Geist der Truppen ist vortrefflich. Morgen will der General die Verfolgung der Re- bellen, welche heute nur durch die Nacht unterbrochen wurde, fortsetzen. Deutschland. Reichstag. Frankfurt 26. Sept. Jn der heutigen Sitzung der verfas- sunggebenden Reichsversammlung stellte Simon von Trier den Antrag: die Nationalversammlung möge in Folge des dänischen Ministerialschreibens vom 17. d. M. ihre, dem Waffenstillstand ertheilte Genehmigung für null und nichtig erklären und die Dis- cussion über denselben demnächst wieder aufnehmen. Der Antrag wurde abgewiesen. Der Reichsminister des Aeußern erklärte in- dessen: Die nach öffentlichen Blättern ernannte und aus Moltke und seinen Freunden bestehende Jmmediat=Commission werde von der Centralgewalt unter keinen Umständen anerkannt wer- den. Was die Grundrechte betrifft, so ist der Art. IV. von der Reichsversammlung in folgender Fassung jetzt ange- nommen worden: §. 17. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. §. 18. Unterricht zu ertheilen und Unterrichts= und Erzie- hungsanstalten zu gründen, steht jedem Deutschen frei, wenn er seine moralische, wissenschaftliche und resp. technische Befähigung vor der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat. Das gesammte Unterrichts= und Erziehungswesen steht unter Oberaufsicht des Staates, und ist der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben. Der deutschen Jugend wird durch genügende öffentliche Schulanstalten das Recht auf allgemeine menschliche und bürger- liche Bildung gewährleistet. Niemand darf die seiner Obhut an- vertraute Jugend ohne den Grad von Unterricht lassen, der für die unteren Volksschulen vorgeschrieben ist. Die öffentlichen Lehrer ha- ben die Rechte der Staatsdiener. Die Gemeinden wählen aus den Geprüften die Lehrer der Volksschulen. §. 19. Für den Unterricht in Volksschulen und niedern Gewerbsschulen wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf allen öffentlichen Bildungsanstalten freier Unterricht gewährt werden. Armen- schulen finden nicht statt. Die Gemeinde besoldet den Leh- rer in an gemessener Weise. Unvermögenden Gemeinden kommen hierbei Staatsmittel zur Hülfe. §. 20. Es steht einem Jedem frei, seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will.“ Nach dem frühern Beschluß wurde mit vorläufiger Umgehung des Art. V. ( §§. 21. und 22. ) sofort zu Art. VI. übergegangen. §. 23. lautet: „Die Deutschen haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, einer besondern Erlaubniß dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffent- liche Sicherheit verboten werden.“ Der erste Satz wurde ange- nommen; über den zweiten Satz, Volksversammlungen u. s. w., dessen Weglassung die Ausschußminorität ( Schüler, Simon, Soi- r __on, Blum, Wigard ) beantragte, wurde namentlich abgestimmt, und derselbe ebenfalls ( mit 255 gegen 132 Stimmen ) angenommen. Köln 25. Sept. 3 Uhr Nachmittags. Die saubere „Neue Rheinische Zeitung“ berichtet: „Die Volksversammlung auf dem Altenmarkt hat sich bis 6 Uhr vertagt. Vor dem Severinsthore sollen große Haufen bewaffneter Bauern stehen, aber bis jetzt am Eingang verhindert worden seyn. Gerüchten zufolge sind in Düs- seldorf ebenfalls Unruhen ausgebrochen. Mit dem von Mainz an- gelangten Dampfschiff geht die Nachricht ein, daß der größte Theil von Würtemberg und Baden aufgestanden ist und die Republik prokla mirt hat. Die obige Vertagung der Volksversammlung scheint damit zusammenzuhängen.“ Aus Frankfurt vom 23. September wird demselben Blatte ge- schrieben: „Es finden Verhaftungen in Masse statt. — Man erzählt sich, daß bereits 14 von den Gefangenen in Mainz er- schossen worden. “ O Wahrheit, wie lange mußt du dich noch malträtiren lassen! [ Nach Privatnachrichten soll in Köln in der Nacht vom 25. auf den 26. ein ernster Barrikadenkampf aus- gebrochen seyn. ] Stuttgart 24. September. ( D. Z. ) Der heutige Tag und mit ihm wohl überhaupt die nächste Zeit sind vollkommen ruhig. Die gefürchtete Volksversammlung, zwar stark besucht, ging aus, fast wie das Hornberger Schießen, wie man bei uns sagt. Der erste Redner sprach aus, man möge aus Rücksichten für die Um- stände die Versammlung unterlassen. Damit unterblieb die Thä- tigkeit derer, welche die Versammlung bestellt hatten. Einige kurze Reden folgten, bald aber wars aus, und sicher ist das beste Mittel gegen die aufregenden Versammlungen der letzten Wochen, sie ein-

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 96. Mainz, 26. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal096_1848/5>, abgerufen am 21.11.2024.