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Mainzer Journal. Nr. 86. Mainz, 14. September 1848.

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[Beginn Spaltensatz] rufen worden; hiernächst ersuche ich die hohe Versammlung,
Jhre Sitzungen auf eine angemessene Zeit aussetzen zu wollen."

Köln 13. September. ( K. Z. ) Wie es sich jetzt herausstellt,
haben die Soldaten bei dem vorgestrigen höchst beklagenswerthen
Vorfalle nicht Einen, sondern mehrere Bürger ohne alle Veran-
lassung verwundet. Was das Auffallendste ist, daß ganze Com-
pagnieen in ihren Jacken, in den Hemdsärmeln, theilweise ohne
Mützen, auf den Ruf: "Heraus! heraus! mit den Waffen!"
die Caserne mit blanken Säbeln unter wildem Gebrülle
verlassen und nach der Thieboldsgasse stürmen konnten, ohne
daß sich irgend ein Officier, selbst nicht der Officier du jour,
der doch in der Caserne anwesend seyn mußte, ihnen entgegen
stellte. Dieser Ausfall in Massen hat die Bürgerschaft am meisten
erbittert. Es würde gestern gewiß zu Excessen an der Caserne
gekommen seyn, wenn nicht die Bürgerwehr dieselbe gleich, nach-
dem sie alarmirt worden, umstellt hätte. Aus dem Volke wurde mit
Steinen gegen die Caserne geworfen, aber eben so aus den Fen-
stern derselben nach der Olivengasse und der Streitzeuggasse mit
Ziegeln u. s. w. Von den Fenstern aus verhöhnten die Soldaten
die Bürger, welche zu Tausenden die Caserne umlagerten, mit
allerlei Geberden, wodurch die Wuth des Volkes sich nur immer
steigerte. Ein Soldat des 27. Regiments wurde in der Schilder-
gasse vom Volke mißhandelt, durch die Bürgerwehr aber vor
ärgeren Mißhandlungen geschützt, nachdem er sich in ein Haus
geflüchtet hatte. Unbegreiflich ist es, weßhalb man, da man die
Stimmung des Volkes sah, noch Soldaten des 27. Regiments
auf die Straße ließ. Einige Gensd'armen, die einen Tumul-
tuanten verhaften wollten, wurden vom Volke gezwungen, den-
selben loszulassen, und dabei mißhandelt. Am Abend erschien zur
Beruhigung der aufgeregten Gemüther folgende Bekanntmach-
ung des Gemeinderathes:

Der Gemeinderath hat so eben, Abends 7 Uhr, in außeror-
dentlicher Sitzung beschlossen, eine Deputation aus seiner Mitte
sofort nach Coblenz zu dem commandirenden General und dem
Ober=Präsidenten der Rheinprovinz zu senden, um in Ueberein-
stimmung mit dem laut und allgemein ausgesprochenen Verlangen
der Bürgerschaft die sofortige Entfernung des 27. Jnfanteriere-
giments von Köln dringenst zu beantragen. Köln, 12. September
1848. Oberbürgermeister, Beigeordnete und Gemeindeverordnete.

Bis nach 11 Uhr war die Bürgerwehr noch an der Caserne
auf ihrem Posten. Am Abende fielen keine weiteren Störungen
vor. Das andere, noch hieher bestimmte Bataillon desselben Re-
gimentes soll schon Gegenbefehl erhalten haben. Jn unserer
Bürgerwehr ist gestern wie heute wieder die Frage angeregt wor-
den und hat zu den heftigsten Debatten Veranlassung gegeben, ob
es passend sey, daß der Chef=Präsident unserer Regierung auch
zugleich erster Commandant unserer Bürgerwehr bleibe, und ob
beide Stellungen mit einander vereinbar seyen. Die Mehrzahl der
Bürgerwehr hat sich aufs Energischste dagegen ausgesprochen.
Wahrscheinlich werden wir heute diese Frage entscheiden sehen.

Köln 13. September. So eben geht folgende telegraphische
Depesche von Coblenz hier ein: "Coblenz 13. September 1848,
11 Vormittags. Das Generalcommando des 8. Armeecorps an
den königl. Oberpräsidenten der Rheinprovinz Hrn. Eichmann
in Köln. "Die Deputation des Kölner Stadtrathes kehrt mit ei-
nem sie befriedigenden Resultate zurück."

Aus der Pfalz 12. September. Schon vor einiger Zeit
beabsichtigten die Bürgermeister des ehemaligen Kreises Bingen,
zu einer gemeinsamen Besprechung über ihre jetzige Geschäftsfüh-
rung sich in Sprendlingen zu versammeln. Besonders wollte
man sich bereden, welche Aenderungen man in dem Geschäftsgange
mit den s. g. Regierungs=Commissionen, namentlich zur Herbei-
führung eines freieren Gemeindelebens und Entfernung der oft
sehr kleinlichen und drückenden Beaufsichtigung beantragen wollte.
Man beabsichtigte, den Gemeinderäthen die Befugniß zu Crediter-
weiterungen bis 50 fl., zu Crediteröffnungen bis 25 fl., zu kleinen
Bauten ohne vorherige Genehmigung, sowie die Erlaubniß zu er-
wirken, sich ohne höhere Autorisation versammeln zu dürfen. Zur
Besprechung dieser zunächst nur die Ortsvorstände angehenden
Angelegenheiten war nun öffentlich nach Sprendlingen zu einer
Volksversammlung der Bürgermeister des ehemaligen
Kreises Bingen auf Donnerstag, den 7. September, eingeladen
worden. Diese curiose Fassung veranlaßte denn, daß nicht nur
die Bürgermeister, sondern auch viel Volk sich einfand. Der zur
Abhaltung der Versammlung bestimmte Saal war nun zu klein
und man machte den Vorschlag, dieselbe in der den Protestanten
und Katholiken gemeinschaftlichen Kirche abzuhalten. Die beiden
Ortsgeistlichen waren mit diesem Beginnen nicht einverstanden,
die weltlichen Mitglieder des Kirchenvorstandes, den Bürgermei-
ster an der Spitze, öffneten aber die Kirche und hineindrang nun
das Volk, was denn da zusammen gekommen war. Wir wollen
annehmen, daß die Noth des Augenblickes diesen Entschluß herbei-
[Spaltenumbruch] geführt hat, sonst muß aber im Namen der Freiheit gegen derglei-
chen Unterfangen entschieden Verwahrung eingelegt werden. Die
Kirche hat mit politischen Dingen Nichts zu thun, sie ist zu got-
tesdienstlichen Versammlungen bestimmt, will man sich über bür-
gerliche Dinge besprechen, dann gehe man auf das Rathhaus,
oder an einen anderen öffentlichen Ort. Jn der Kirche wurde
nun die Volksversammlung abgehalten und von den Bürgermei-
stern und dem, was sie verhandeln wollten, keine Notiz mehr ge-
nommen. Daher entfernten sich auch mehrere derselben. Präsi-
dent, Vicepräsident ( jetzt die häufigsten Aemter in Deutschland, so
daß man fast überall über einen Präsidenten, Vorsitzenden stol-
pert ) , Schriftführer u. s. w. wurden herkömmlichermaßen gewählt
und dann beschlossen: bei der Regierung zu beantragen, daß künf-
tig der Höchstbestimmte bei der Wahl auch Bürgermeister werde,
die Gemeinderathssitzungen öffentlich, die Zugeständnisse vom 6.
März möglichst zu verwirklichen seyen. Zugleich wurde eine
Adresse an die Nationalversammlung beschlossen, um die Zustim-
mung zum Beschlusse vom 5. September, die Sistirung des Waf-
fenstillstandes mit Dänemark betreffend auszudrücken und der
Reichsversammlung, der einzigen Vertreterin des ganzen deutschen
Volkes, in allen ihren Bestrebungen für die Einheit Deutschlands
die kräftigste Mitwirkung mit Gut und Blut zu geloben. Auch
wurde beantragt, die seitherigen Bürgermeister sollten wegen der
veränderten Zeitumstände sämmtlich abtreten und neue Wahlen
angeordnet werden. Noch andere Vorschläge ( unter ihnen soll
auch der vorgekommen seyn: die Gemeinden sollen Pfarrer und
Schullehrer nur auf sechs oder neun Jahre annehmen ) konnten
nicht verhandelt werden. Zur weiteren Besprechung wurde wie-
der eine Versammlung auf Montag den 18. September Vormit-
tags 10 Uhr in Sprendlingen festgesetzt und zur Prüfung und
Einreichung weiterer Vorschläge eine Commission ernannt. Auf
Sonntag den 27. August war in Sprendlingen ebenfalls Volks-
versammlung abgehalten worden, bei welcher ihr Präsident, der
in Kreuznach sich aufhaltende deutsch=kath. Prediger Würmle
( ! ) für die Republik arbeitete. Ein Sohn des Frankfurter De-
putirten Brunck gab von sich, was er irgendwo nur gelesen hatte
und tobte gegen die Frankfurter Versammluag, in welcher " Pfaf-
fen und Aristokraten" säßen. Auch ein Metzger, ein Barbier und
ein Kammmacher sprachen zum Volke. Nachdem man hinläng-
lich für das kommende Heil der Welt gewirkt zu haben glaubte,
ging man auseinander, -- die meisten Anwesenden eben als Zu-
schauer bei einem Schauspiele, ohne viel sich um die Sache zu
kümmern.

Altona 11. September. ( B. H. ) Die gestern angekommene
hannöverische Jnfanterie hat uns heute Vormittag verlassen;
die gestern angekommene preußische Jnfanterie wird heute Nach-
mittags den Rückmarsch antreten. Zu gleicher Zeit werden heute
noch preußische Gardebataillone hier eintreffen. Auch die Würt-
temberger bereiten sich zur Rückkehr vor, doch ist ein Bataillon
des achten württembergischen Jnfanterieregiments heute nach Nor-
den befördert worden, um einen Theil der in den Herzogthümern
bleibenden Besatzung zu bilden. -- Die hanseatische Cavallerie
wird mit einem Bataillon Württemberger und einem Bataillon
Badener während des Waffenstillstandes im Schleswigschen ver-
bleiben.

Rendsburg 11. September. ( A. M. ) Gestern Abend machte
der General v. Wrangel bei seiner Reise durch Rendsburg den
Mitgliedern der provisorischen Regierung einen Besuch und
theilte die erfreuliche Nachricht mit, daß er die bestimmte Hoff-
nung zu hegen Veranlassung habe, es werde das dänische Gou-
vernement darin willigen, daß die Trennung unserer
Truppen
in Schleswigsche und Holsteinische während des
Waffenstillstandes wegfalle und daß ferner der §. 7. der
Waffenstillstandsconvention dahin verändert werde, daß die
von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze und Ver-
fügungen in Kraft erhalten würden und der neuen Regierung
nur freistehe, einzelne Erlasse ( ? ) der provisorischen Regierung
aufzuheben.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth 7. September. ( A. Z. ) Man lebt jetzt hier in der ge-
spanntesten Erwartung der Dinge, die da kommen sollen. Die
große Reichstagsdeputation dürfte gestern in Wien eingetroffen
seyn und vielleicht schon heute Audienz erhalten haben. Die hie-
sige, übrigens nicht sehr mächtige, radicale ( oder vielmehr stock-
magyarische ) Partei bedingt von dem Erfolg dieser Sendung ihre
künftige Haltung, und man ist hier auf Alles, selbst auf verzwei-
felte Entschlüsse gefaßt. Mittlerweile dürfte Jellachich mit seinen
Gränzern, die er wohl übertrieben auf 80,000 angibt, die Drave
überschritten haben, und wenn auch seine Drohung in drei Wo-
chen in Pesth zu seyn eitle Prahlerei ist, so dürfte er uns doch
mehr zu schaffen geben als die Magyaren in ihrem sanguinischen
Sinn ahnen mögen. Die mit so großem Pomp verkündigten Siege
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] rufen worden; hiernächst ersuche ich die hohe Versammlung,
Jhre Sitzungen auf eine angemessene Zeit aussetzen zu wollen.“

Köln 13. September. ( K. Z. ) Wie es sich jetzt herausstellt,
haben die Soldaten bei dem vorgestrigen höchst beklagenswerthen
Vorfalle nicht Einen, sondern mehrere Bürger ohne alle Veran-
lassung verwundet. Was das Auffallendste ist, daß ganze Com-
pagnieen in ihren Jacken, in den Hemdsärmeln, theilweise ohne
Mützen, auf den Ruf: „Heraus! heraus! mit den Waffen!“
die Caserne mit blanken Säbeln unter wildem Gebrülle
verlassen und nach der Thieboldsgasse stürmen konnten, ohne
daß sich irgend ein Officier, selbst nicht der Officier du jour,
der doch in der Caserne anwesend seyn mußte, ihnen entgegen
stellte. Dieser Ausfall in Massen hat die Bürgerschaft am meisten
erbittert. Es würde gestern gewiß zu Excessen an der Caserne
gekommen seyn, wenn nicht die Bürgerwehr dieselbe gleich, nach-
dem sie alarmirt worden, umstellt hätte. Aus dem Volke wurde mit
Steinen gegen die Caserne geworfen, aber eben so aus den Fen-
stern derselben nach der Olivengasse und der Streitzeuggasse mit
Ziegeln u. s. w. Von den Fenstern aus verhöhnten die Soldaten
die Bürger, welche zu Tausenden die Caserne umlagerten, mit
allerlei Geberden, wodurch die Wuth des Volkes sich nur immer
steigerte. Ein Soldat des 27. Regiments wurde in der Schilder-
gasse vom Volke mißhandelt, durch die Bürgerwehr aber vor
ärgeren Mißhandlungen geschützt, nachdem er sich in ein Haus
geflüchtet hatte. Unbegreiflich ist es, weßhalb man, da man die
Stimmung des Volkes sah, noch Soldaten des 27. Regiments
auf die Straße ließ. Einige Gensd'armen, die einen Tumul-
tuanten verhaften wollten, wurden vom Volke gezwungen, den-
selben loszulassen, und dabei mißhandelt. Am Abend erschien zur
Beruhigung der aufgeregten Gemüther folgende Bekanntmach-
ung des Gemeinderathes:

Der Gemeinderath hat so eben, Abends 7 Uhr, in außeror-
dentlicher Sitzung beschlossen, eine Deputation aus seiner Mitte
sofort nach Coblenz zu dem commandirenden General und dem
Ober=Präsidenten der Rheinprovinz zu senden, um in Ueberein-
stimmung mit dem laut und allgemein ausgesprochenen Verlangen
der Bürgerschaft die sofortige Entfernung des 27. Jnfanteriere-
giments von Köln dringenst zu beantragen. Köln, 12. September
1848. Oberbürgermeister, Beigeordnete und Gemeindeverordnete.

Bis nach 11 Uhr war die Bürgerwehr noch an der Caserne
auf ihrem Posten. Am Abende fielen keine weiteren Störungen
vor. Das andere, noch hieher bestimmte Bataillon desselben Re-
gimentes soll schon Gegenbefehl erhalten haben. Jn unserer
Bürgerwehr ist gestern wie heute wieder die Frage angeregt wor-
den und hat zu den heftigsten Debatten Veranlassung gegeben, ob
es passend sey, daß der Chef=Präsident unserer Regierung auch
zugleich erster Commandant unserer Bürgerwehr bleibe, und ob
beide Stellungen mit einander vereinbar seyen. Die Mehrzahl der
Bürgerwehr hat sich aufs Energischste dagegen ausgesprochen.
Wahrscheinlich werden wir heute diese Frage entscheiden sehen.

Köln 13. September. So eben geht folgende telegraphische
Depesche von Coblenz hier ein: „Coblenz 13. September 1848,
11 Vormittags. Das Generalcommando des 8. Armeecorps an
den königl. Oberpräsidenten der Rheinprovinz Hrn. Eichmann
in Köln. „Die Deputation des Kölner Stadtrathes kehrt mit ei-
nem sie befriedigenden Resultate zurück.“

♁ Aus der Pfalz 12. September. Schon vor einiger Zeit
beabsichtigten die Bürgermeister des ehemaligen Kreises Bingen,
zu einer gemeinsamen Besprechung über ihre jetzige Geschäftsfüh-
rung sich in Sprendlingen zu versammeln. Besonders wollte
man sich bereden, welche Aenderungen man in dem Geschäftsgange
mit den s. g. Regierungs=Commissionen, namentlich zur Herbei-
führung eines freieren Gemeindelebens und Entfernung der oft
sehr kleinlichen und drückenden Beaufsichtigung beantragen wollte.
Man beabsichtigte, den Gemeinderäthen die Befugniß zu Crediter-
weiterungen bis 50 fl., zu Crediteröffnungen bis 25 fl., zu kleinen
Bauten ohne vorherige Genehmigung, sowie die Erlaubniß zu er-
wirken, sich ohne höhere Autorisation versammeln zu dürfen. Zur
Besprechung dieser zunächst nur die Ortsvorstände angehenden
Angelegenheiten war nun öffentlich nach Sprendlingen zu einer
Volksversammlung der Bürgermeister des ehemaligen
Kreises Bingen auf Donnerstag, den 7. September, eingeladen
worden. Diese curiose Fassung veranlaßte denn, daß nicht nur
die Bürgermeister, sondern auch viel Volk sich einfand. Der zur
Abhaltung der Versammlung bestimmte Saal war nun zu klein
und man machte den Vorschlag, dieselbe in der den Protestanten
und Katholiken gemeinschaftlichen Kirche abzuhalten. Die beiden
Ortsgeistlichen waren mit diesem Beginnen nicht einverstanden,
die weltlichen Mitglieder des Kirchenvorstandes, den Bürgermei-
ster an der Spitze, öffneten aber die Kirche und hineindrang nun
das Volk, was denn da zusammen gekommen war. Wir wollen
annehmen, daß die Noth des Augenblickes diesen Entschluß herbei-
[Spaltenumbruch] geführt hat, sonst muß aber im Namen der Freiheit gegen derglei-
chen Unterfangen entschieden Verwahrung eingelegt werden. Die
Kirche hat mit politischen Dingen Nichts zu thun, sie ist zu got-
tesdienstlichen Versammlungen bestimmt, will man sich über bür-
gerliche Dinge besprechen, dann gehe man auf das Rathhaus,
oder an einen anderen öffentlichen Ort. Jn der Kirche wurde
nun die Volksversammlung abgehalten und von den Bürgermei-
stern und dem, was sie verhandeln wollten, keine Notiz mehr ge-
nommen. Daher entfernten sich auch mehrere derselben. Präsi-
dent, Vicepräsident ( jetzt die häufigsten Aemter in Deutschland, so
daß man fast überall über einen Präsidenten, Vorsitzenden stol-
pert ) , Schriftführer u. s. w. wurden herkömmlichermaßen gewählt
und dann beschlossen: bei der Regierung zu beantragen, daß künf-
tig der Höchstbestimmte bei der Wahl auch Bürgermeister werde,
die Gemeinderathssitzungen öffentlich, die Zugeständnisse vom 6.
März möglichst zu verwirklichen seyen. Zugleich wurde eine
Adresse an die Nationalversammlung beschlossen, um die Zustim-
mung zum Beschlusse vom 5. September, die Sistirung des Waf-
fenstillstandes mit Dänemark betreffend auszudrücken und der
Reichsversammlung, der einzigen Vertreterin des ganzen deutschen
Volkes, in allen ihren Bestrebungen für die Einheit Deutschlands
die kräftigste Mitwirkung mit Gut und Blut zu geloben. Auch
wurde beantragt, die seitherigen Bürgermeister sollten wegen der
veränderten Zeitumstände sämmtlich abtreten und neue Wahlen
angeordnet werden. Noch andere Vorschläge ( unter ihnen soll
auch der vorgekommen seyn: die Gemeinden sollen Pfarrer und
Schullehrer nur auf sechs oder neun Jahre annehmen ) konnten
nicht verhandelt werden. Zur weiteren Besprechung wurde wie-
der eine Versammlung auf Montag den 18. September Vormit-
tags 10 Uhr in Sprendlingen festgesetzt und zur Prüfung und
Einreichung weiterer Vorschläge eine Commission ernannt. Auf
Sonntag den 27. August war in Sprendlingen ebenfalls Volks-
versammlung abgehalten worden, bei welcher ihr Präsident, der
in Kreuznach sich aufhaltende deutsch=kath. Prediger Würmle
( ! ) für die Republik arbeitete. Ein Sohn des Frankfurter De-
putirten Brunck gab von sich, was er irgendwo nur gelesen hatte
und tobte gegen die Frankfurter Versammluag, in welcher „ Pfaf-
fen und Aristokraten“ säßen. Auch ein Metzger, ein Barbier und
ein Kammmacher sprachen zum Volke. Nachdem man hinläng-
lich für das kommende Heil der Welt gewirkt zu haben glaubte,
ging man auseinander, — die meisten Anwesenden eben als Zu-
schauer bei einem Schauspiele, ohne viel sich um die Sache zu
kümmern.

Altona 11. September. ( B. H. ) Die gestern angekommene
hannöverische Jnfanterie hat uns heute Vormittag verlassen;
die gestern angekommene preußische Jnfanterie wird heute Nach-
mittags den Rückmarsch antreten. Zu gleicher Zeit werden heute
noch preußische Gardebataillone hier eintreffen. Auch die Würt-
temberger bereiten sich zur Rückkehr vor, doch ist ein Bataillon
des achten württembergischen Jnfanterieregiments heute nach Nor-
den befördert worden, um einen Theil der in den Herzogthümern
bleibenden Besatzung zu bilden. — Die hanseatische Cavallerie
wird mit einem Bataillon Württemberger und einem Bataillon
Badener während des Waffenstillstandes im Schleswigschen ver-
bleiben.

Rendsburg 11. September. ( A. M. ) Gestern Abend machte
der General v. Wrangel bei seiner Reise durch Rendsburg den
Mitgliedern der provisorischen Regierung einen Besuch und
theilte die erfreuliche Nachricht mit, daß er die bestimmte Hoff-
nung zu hegen Veranlassung habe, es werde das dänische Gou-
vernement darin willigen, daß die Trennung unserer
Truppen
in Schleswigsche und Holsteinische während des
Waffenstillstandes wegfalle und daß ferner der §. 7. der
Waffenstillstandsconvention dahin verändert werde, daß die
von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze und Ver-
fügungen in Kraft erhalten würden und der neuen Regierung
nur freistehe, einzelne Erlasse ( ? ) der provisorischen Regierung
aufzuheben.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth 7. September. ( A. Z. ) Man lebt jetzt hier in der ge-
spanntesten Erwartung der Dinge, die da kommen sollen. Die
große Reichstagsdeputation dürfte gestern in Wien eingetroffen
seyn und vielleicht schon heute Audienz erhalten haben. Die hie-
sige, übrigens nicht sehr mächtige, radicale ( oder vielmehr stock-
magyarische ) Partei bedingt von dem Erfolg dieser Sendung ihre
künftige Haltung, und man ist hier auf Alles, selbst auf verzwei-
felte Entschlüsse gefaßt. Mittlerweile dürfte Jellachich mit seinen
Gränzern, die er wohl übertrieben auf 80,000 angibt, die Drave
überschritten haben, und wenn auch seine Drohung in drei Wo-
chen in Pesth zu seyn eitle Prahlerei ist, so dürfte er uns doch
mehr zu schaffen geben als die Magyaren in ihrem sanguinischen
Sinn ahnen mögen. Die mit so großem Pomp verkündigten Siege
[Ende Spaltensatz]

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[0003] rufen worden; hiernächst ersuche ich die hohe Versammlung, Jhre Sitzungen auf eine angemessene Zeit aussetzen zu wollen.“ Köln 13. September. ( K. Z. ) Wie es sich jetzt herausstellt, haben die Soldaten bei dem vorgestrigen höchst beklagenswerthen Vorfalle nicht Einen, sondern mehrere Bürger ohne alle Veran- lassung verwundet. Was das Auffallendste ist, daß ganze Com- pagnieen in ihren Jacken, in den Hemdsärmeln, theilweise ohne Mützen, auf den Ruf: „Heraus! heraus! mit den Waffen!“ die Caserne mit blanken Säbeln unter wildem Gebrülle verlassen und nach der Thieboldsgasse stürmen konnten, ohne daß sich irgend ein Officier, selbst nicht der Officier du jour, der doch in der Caserne anwesend seyn mußte, ihnen entgegen stellte. Dieser Ausfall in Massen hat die Bürgerschaft am meisten erbittert. Es würde gestern gewiß zu Excessen an der Caserne gekommen seyn, wenn nicht die Bürgerwehr dieselbe gleich, nach- dem sie alarmirt worden, umstellt hätte. Aus dem Volke wurde mit Steinen gegen die Caserne geworfen, aber eben so aus den Fen- stern derselben nach der Olivengasse und der Streitzeuggasse mit Ziegeln u. s. w. Von den Fenstern aus verhöhnten die Soldaten die Bürger, welche zu Tausenden die Caserne umlagerten, mit allerlei Geberden, wodurch die Wuth des Volkes sich nur immer steigerte. Ein Soldat des 27. Regiments wurde in der Schilder- gasse vom Volke mißhandelt, durch die Bürgerwehr aber vor ärgeren Mißhandlungen geschützt, nachdem er sich in ein Haus geflüchtet hatte. Unbegreiflich ist es, weßhalb man, da man die Stimmung des Volkes sah, noch Soldaten des 27. Regiments auf die Straße ließ. Einige Gensd'armen, die einen Tumul- tuanten verhaften wollten, wurden vom Volke gezwungen, den- selben loszulassen, und dabei mißhandelt. Am Abend erschien zur Beruhigung der aufgeregten Gemüther folgende Bekanntmach- ung des Gemeinderathes: Der Gemeinderath hat so eben, Abends 7 Uhr, in außeror- dentlicher Sitzung beschlossen, eine Deputation aus seiner Mitte sofort nach Coblenz zu dem commandirenden General und dem Ober=Präsidenten der Rheinprovinz zu senden, um in Ueberein- stimmung mit dem laut und allgemein ausgesprochenen Verlangen der Bürgerschaft die sofortige Entfernung des 27. Jnfanteriere- giments von Köln dringenst zu beantragen. Köln, 12. September 1848. Oberbürgermeister, Beigeordnete und Gemeindeverordnete. Bis nach 11 Uhr war die Bürgerwehr noch an der Caserne auf ihrem Posten. Am Abende fielen keine weiteren Störungen vor. Das andere, noch hieher bestimmte Bataillon desselben Re- gimentes soll schon Gegenbefehl erhalten haben. Jn unserer Bürgerwehr ist gestern wie heute wieder die Frage angeregt wor- den und hat zu den heftigsten Debatten Veranlassung gegeben, ob es passend sey, daß der Chef=Präsident unserer Regierung auch zugleich erster Commandant unserer Bürgerwehr bleibe, und ob beide Stellungen mit einander vereinbar seyen. Die Mehrzahl der Bürgerwehr hat sich aufs Energischste dagegen ausgesprochen. Wahrscheinlich werden wir heute diese Frage entscheiden sehen. Köln 13. September. So eben geht folgende telegraphische Depesche von Coblenz hier ein: „Coblenz 13. September 1848, 11 Vormittags. Das Generalcommando des 8. Armeecorps an den königl. Oberpräsidenten der Rheinprovinz Hrn. Eichmann in Köln. „Die Deputation des Kölner Stadtrathes kehrt mit ei- nem sie befriedigenden Resultate zurück.“ ♁ Aus der Pfalz 12. September. Schon vor einiger Zeit beabsichtigten die Bürgermeister des ehemaligen Kreises Bingen, zu einer gemeinsamen Besprechung über ihre jetzige Geschäftsfüh- rung sich in Sprendlingen zu versammeln. Besonders wollte man sich bereden, welche Aenderungen man in dem Geschäftsgange mit den s. g. Regierungs=Commissionen, namentlich zur Herbei- führung eines freieren Gemeindelebens und Entfernung der oft sehr kleinlichen und drückenden Beaufsichtigung beantragen wollte. Man beabsichtigte, den Gemeinderäthen die Befugniß zu Crediter- weiterungen bis 50 fl., zu Crediteröffnungen bis 25 fl., zu kleinen Bauten ohne vorherige Genehmigung, sowie die Erlaubniß zu er- wirken, sich ohne höhere Autorisation versammeln zu dürfen. Zur Besprechung dieser zunächst nur die Ortsvorstände angehenden Angelegenheiten war nun öffentlich nach Sprendlingen zu einer Volksversammlung der Bürgermeister des ehemaligen Kreises Bingen auf Donnerstag, den 7. September, eingeladen worden. Diese curiose Fassung veranlaßte denn, daß nicht nur die Bürgermeister, sondern auch viel Volk sich einfand. Der zur Abhaltung der Versammlung bestimmte Saal war nun zu klein und man machte den Vorschlag, dieselbe in der den Protestanten und Katholiken gemeinschaftlichen Kirche abzuhalten. Die beiden Ortsgeistlichen waren mit diesem Beginnen nicht einverstanden, die weltlichen Mitglieder des Kirchenvorstandes, den Bürgermei- ster an der Spitze, öffneten aber die Kirche und hineindrang nun das Volk, was denn da zusammen gekommen war. Wir wollen annehmen, daß die Noth des Augenblickes diesen Entschluß herbei- geführt hat, sonst muß aber im Namen der Freiheit gegen derglei- chen Unterfangen entschieden Verwahrung eingelegt werden. Die Kirche hat mit politischen Dingen Nichts zu thun, sie ist zu got- tesdienstlichen Versammlungen bestimmt, will man sich über bür- gerliche Dinge besprechen, dann gehe man auf das Rathhaus, oder an einen anderen öffentlichen Ort. Jn der Kirche wurde nun die Volksversammlung abgehalten und von den Bürgermei- stern und dem, was sie verhandeln wollten, keine Notiz mehr ge- nommen. Daher entfernten sich auch mehrere derselben. Präsi- dent, Vicepräsident ( jetzt die häufigsten Aemter in Deutschland, so daß man fast überall über einen Präsidenten, Vorsitzenden stol- pert ) , Schriftführer u. s. w. wurden herkömmlichermaßen gewählt und dann beschlossen: bei der Regierung zu beantragen, daß künf- tig der Höchstbestimmte bei der Wahl auch Bürgermeister werde, die Gemeinderathssitzungen öffentlich, die Zugeständnisse vom 6. März möglichst zu verwirklichen seyen. Zugleich wurde eine Adresse an die Nationalversammlung beschlossen, um die Zustim- mung zum Beschlusse vom 5. September, die Sistirung des Waf- fenstillstandes mit Dänemark betreffend auszudrücken und der Reichsversammlung, der einzigen Vertreterin des ganzen deutschen Volkes, in allen ihren Bestrebungen für die Einheit Deutschlands die kräftigste Mitwirkung mit Gut und Blut zu geloben. Auch wurde beantragt, die seitherigen Bürgermeister sollten wegen der veränderten Zeitumstände sämmtlich abtreten und neue Wahlen angeordnet werden. Noch andere Vorschläge ( unter ihnen soll auch der vorgekommen seyn: die Gemeinden sollen Pfarrer und Schullehrer nur auf sechs oder neun Jahre annehmen ) konnten nicht verhandelt werden. Zur weiteren Besprechung wurde wie- der eine Versammlung auf Montag den 18. September Vormit- tags 10 Uhr in Sprendlingen festgesetzt und zur Prüfung und Einreichung weiterer Vorschläge eine Commission ernannt. Auf Sonntag den 27. August war in Sprendlingen ebenfalls Volks- versammlung abgehalten worden, bei welcher ihr Präsident, der in Kreuznach sich aufhaltende deutsch=kath. Prediger Würmle ( ! ) für die Republik arbeitete. Ein Sohn des Frankfurter De- putirten Brunck gab von sich, was er irgendwo nur gelesen hatte und tobte gegen die Frankfurter Versammluag, in welcher „ Pfaf- fen und Aristokraten“ säßen. Auch ein Metzger, ein Barbier und ein Kammmacher sprachen zum Volke. Nachdem man hinläng- lich für das kommende Heil der Welt gewirkt zu haben glaubte, ging man auseinander, — die meisten Anwesenden eben als Zu- schauer bei einem Schauspiele, ohne viel sich um die Sache zu kümmern. Altona 11. September. ( B. H. ) Die gestern angekommene hannöverische Jnfanterie hat uns heute Vormittag verlassen; die gestern angekommene preußische Jnfanterie wird heute Nach- mittags den Rückmarsch antreten. Zu gleicher Zeit werden heute noch preußische Gardebataillone hier eintreffen. Auch die Würt- temberger bereiten sich zur Rückkehr vor, doch ist ein Bataillon des achten württembergischen Jnfanterieregiments heute nach Nor- den befördert worden, um einen Theil der in den Herzogthümern bleibenden Besatzung zu bilden. — Die hanseatische Cavallerie wird mit einem Bataillon Württemberger und einem Bataillon Badener während des Waffenstillstandes im Schleswigschen ver- bleiben. Rendsburg 11. September. ( A. M. ) Gestern Abend machte der General v. Wrangel bei seiner Reise durch Rendsburg den Mitgliedern der provisorischen Regierung einen Besuch und theilte die erfreuliche Nachricht mit, daß er die bestimmte Hoff- nung zu hegen Veranlassung habe, es werde das dänische Gou- vernement darin willigen, daß die Trennung unserer Truppen in Schleswigsche und Holsteinische während des Waffenstillstandes wegfalle und daß ferner der §. 7. der Waffenstillstandsconvention dahin verändert werde, daß die von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze und Ver- fügungen in Kraft erhalten würden und der neuen Regierung nur freistehe, einzelne Erlasse ( ? ) der provisorischen Regierung aufzuheben. Oesterreichische Monarchie. Pesth 7. September. ( A. Z. ) Man lebt jetzt hier in der ge- spanntesten Erwartung der Dinge, die da kommen sollen. Die große Reichstagsdeputation dürfte gestern in Wien eingetroffen seyn und vielleicht schon heute Audienz erhalten haben. Die hie- sige, übrigens nicht sehr mächtige, radicale ( oder vielmehr stock- magyarische ) Partei bedingt von dem Erfolg dieser Sendung ihre künftige Haltung, und man ist hier auf Alles, selbst auf verzwei- felte Entschlüsse gefaßt. Mittlerweile dürfte Jellachich mit seinen Gränzern, die er wohl übertrieben auf 80,000 angibt, die Drave überschritten haben, und wenn auch seine Drohung in drei Wo- chen in Pesth zu seyn eitle Prahlerei ist, so dürfte er uns doch mehr zu schaffen geben als die Magyaren in ihrem sanguinischen Sinn ahnen mögen. Die mit so großem Pomp verkündigten Siege

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 86. Mainz, 14. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal086_1848/3>, abgerufen am 23.11.2024.