Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 86. Mainz, 14. September 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] und ihren Heeren würde wahrscheinlich der Sieg verbleiben.
Würde aber die Partei der Zukunft siegen, und sie könnte es nur
durch das Proletariat und einen verzehrenden revolutionären Fana-
tismus und Terrorismus, -- nun so würde Deutschland in kurzer
Frist die Geschichte der ersten französischen Revolution durchlaufen;
dann würden auf einige Zeit die blinden zerstörenden Kräfte herr-
schen und nachdem sie Diejenigen verschlungen, von denen sie entfesselt
wurden und die in ihrer Thorheit gemeint, sie nach Willkühr beherr-
schen zu können, ein verödetes Land und ein sittlich zerstörtes
Volk einem Gewaltsherrscher zurücklassen, der darum als Heiland
und Retter begrüßt werden würde, weil er wenigstens Ordnung
und die Möglichkeit eines friedlichen Lebens wiederbrächte.
Hiernach können wir das Streben und Wirken der Partei der
Zukunft nur als höchst gefährlich für die Freiheit und die
Wohlfahrt
Deutschlands ansehen, und dieses und dieses allein
sind die Gründe, warum wir als offene Gegner desselben aufge-
treten sind.

Jnzwischen, seit dieses geschrieben, ist das Schleswig=Hol-
steinische Ereigniß eingetreten, die Nationalversammlung hat den
von Preußen geschlossenen Waffenstillstand verworfen und damit
nicht nur die Unterwerfung des mächtigsten Königreiches in
Deutschland unter die Reichsgewalt zur Entscheidung gebracht,
sondern sie hat auch den europäischen Mächten gezeigt, daß sie es
fortan nicht mehr mit deutschen Einzelstaaten, sondern mit dem
deutschen Reiche zu thuen haben, mit dem Reiche, das fremd den
Schleichwegen der alten Diplomatie, keine andere Rücksicht kennt
als Deutschlands Recht, Ehre und Vortheil. Und wir hoffen,
daß dieses Ereigniß, wenn wir auch seine endliche Entwicklung im
Augenblicke noch nicht absehen, wesentlich zur Versöhnung
und Vereinigung der Parteien
beitragen und alle Pa-
trioten um die Reichsgewalt schaaren werde.



Deutschland.

Wien 9. September 1). ( A. Z. ) Heute wurde die große
Deputation der ungarischen Nationalversammlung von Sr.
Majestät in Schönbrunn empfangen. Jn einer von dem Reichs-
tagspräsidenten Pazmandy vorgetragenen Adresse ( welche in
einer heute spät in der Nacht gepflogenen Berathung der Depu-
tation in einigen Ausdrücken wesentlich gemildert worden war )
bat die Deputation im Namen des Reichstags, Se. Majestät
möge seinem Versprechen gemäß den Reichstag in Person schlie-
ßen, den von beiden Häusern der Versammlung angenommenen
Gesetzvorschlägen ( über die Truppenaushebung und über die
Ausgabe von 60 Millionen Papiergeld ) die Sanction ertheilen,
und durch eine k. Proclamation an die Nation und an die Armee
den aufrührerischen Bestrebungen in Croatien sowohl als in
Südungarn offen und entschieden in den Weg treten Se.
Majestät antwortete hierauf, daß seine schwankende Gesundheit
ihm nicht erlaube nach Pesth zu kommen, daß er die betreffenden
Gesetze prüfen und seine Entschließung darüber dem Reichstage
durch das ungarische Ministerium mittheilen werde, daß er
übrigens seinem Eide gemäß stets bereit seyn werde die Gesetze
des Reichs und die Jntegrität der zur ungarischen Krone gehö-
rigen Länder aufrechtzuerhalten. Diese unentschiedene und aus-
weichende Antwort muß um so niederschlagender auf die De-
putation wirken, als eben heute mit der Agramer Zeitung
ein Handschreiben des Kaisers an den Baron Jellachich hier-
her gelangt ist, worin das Manifest vom 10. Juni, durch welches der
Banus seiner Würde enthoben worden war, förmlich wiederrufen,
das tiefe Leidwesen Sr. Majestät darüber ausgedrückt, das Ver-
fahren des Banus vollkommen gebilligt und er als eine feste Stütze
des Thrones dargestellt wird. Andererseits wurde gestern von
dem hiesigen Gesammtministerium an den Erzherzog=Palatin in
Pesth eine Denkschrift gerichtet, welche mit einem kaiserl. Hand-
schreiben einbegleitet war, worin alle seit dem März in Bezug
auf Ungarn eingetretenen Staatsveränderungen und Gewähr-
ungen des Monarchen als der pragmatischen Sanction und den
Jnteressen der österreichischen Provinzen widerstreitend dargestellt
werden. Mittlerweile werden Baron Jellachich und die raitzischen
Jnsurgenten von dem hiesigen Kriegsministerium offen und ins-
geheim auf jede mögliche Weise ( mit Geld, Geschütz, congreve-
schen Raketen, Munition, Wundärzten ) unterstützt. Das was
man seit Monaten nur ahnte, tritt nun offen an den Tag. Die
österreichische Regierung will in Ungarn mit Kriegsgewalt eine
Contre=Revolution ausführen. Auch in Ungarn ist man den
neuesten Nachrichten aus Pesth zufolge zu dem Aeußersten ent-
schlossen. Mittlerweile werden in Südungarn Schaaren von
[Spaltenumbruch] unschuldigen deutschen und ungarischen Landbewohnern wegen
eines ihnen gänzlich fremden Zweckes hingeschlachtet, lebendig ge-
braten und aller ihrer Habe beraubt von raitzischen Horden und von
Eindringlingen aus einem benachbarten Lande, welche offen verkün-
digen alle Deutsche und Ungarn im Banate, im Bacser und im Ba-
ranyaer Comitate mit Stumpf und Stiel ausrotten und ihre Wohn-
plätze einnehmen zu wollen 1). Diese Jnsurgenten werden von ei-
nem großen Theil der k. k. Officiere, selbst in den ungarischen
Regimentern, als ihre treuen Bundesgenossen betrachtet, und der
kais. österreichische Consul in Belgrad, Mayrhofer, befindet
sich im Lager derselben. Nach allem diesem ist es kein Zweifel,
daß Ungarn in kurzem der Schauplatz des erbittersten Bürgerkriegs
und der blutigsten Zerstörung seyn muß. Und doch ließen sich
diese Zerwürfnisse noch jetzt mit redlichem Willen und der billigen
Anerkennung aller Rechte friedlich schlichten! Man versuche doch
zuerst ob nicht eine aus den gesetzgebenden Körpern Oesterreichs
und Ungarns ernannte Commission dieses staatsrechtliche Problem
lösen könne, ehe der Knoten vom Schwerte, von dem in Bruder-
blut getauchten, zerhauen werden soll. -- Der Fürst Esterhazy
hat seine Stelle als ungarischer Minister des Auswärtigen nieder-
gelegt. Der bekannte Graf Stephan Szechenyi, bisher Mi-
nister der öffentlichen Arbeiten, und seit einiger Zeit nervös lei-
dend, ist durch die Aufregung der letzteren Tage in Raserei ver-
fallen, und wurde gestern hieher in Jörgens Jrrenanstalt gebracht.
Kossuth ist wieder sehr leidend. Man befürchtete daß in Pesth
auf die Nachricht von dem Empfang der Deputation eine provisot
rische Regierung, Kossuth zum Dictator und General Ba-
konyi
zum Heerführer werde ernannt werden. Erzherzog Steg
phan befindet sich noch in Pesth. Jellachich ist den heutigen Nach-
richten zufolge in Warasdin.

Berlin 10. September. ( B. H. ) Nach Frankfurt ist gestern
Abend ein außerordentlicher Courier mit Depeschen für den
Reichsverweser und Herrn Camphausen abgegangen, welche wohl
die dänische Frage zum Abschluß bringen werden. Hier haben
bisher nur mehrere Minister=Conferenzen stattgefunden, die ganze
Krisis wird aber wohl an vierzehn Tage dauern, da man auch
noch an Herrn v. Schön nach Königsberg geschrieben, um ihm
eventuell die Präsidentur des Ministerraths ohne Portefeuille an-
zutragen. Die Stadt ist vollkommen ruhig, da jede Partei unter
der Schwere des Augenblicks wohl einsieht, was dazu gehöre,
um jetzt die Leitung der Geschäfte zu übernehmen. -- Nach einer
Angabe der "National=Zeitung" ist General v. Peucker mit
Aufträgen des Reichsverwesers hier angekommen.

Berlin 11. September. ( St. A. ) Jn der heutigen Sitzung
der Nationalversammlung hat der Ministerpräsident v. Auers-
wald bei dem Beginn der Sitzung folgende Erklärung abgegeben:
"Das Ministerium hat in Verfolg der Verhandlungen dieser Ver-
sammlung vom 7. d. M. keinen Augenblick gezögert, bei des Kö-
nigs Majestät seine Entlassung nachzusuchen und dieselbe dem-
nächst, wie folgt, begründet: ,,,,Ew. k. Maj. haben wir bereits
die ehrerbietige Bitte um Entbindung von den uns anvertrauten
Aemtern vorgetragen. Jndem wir dieses Gesuch hierdurch ehr-
furchtsvoll wiederholen, erlauben wir uns, zur Begründun-
desselben Folgendes anzuführen: Unserer Ansicht nach muß das
von uns vertretene und in der Sitzung der Nationalversamm-
lung vom 7. d. M. vertheidigte Princip: daß derselben die Fest-
setzung von Verwaltungsmaßregeln nicht zustehe, aufrecht erhal-
ten werden, weil ohne dasselbe die constitutionelle Monarchie nich-
bestehen kann. Wir glauben aber aus dem in jener Sitzung ge-
faßten Beschlusse der Nat.=Vers. einen Mangel an Vertrauen zu
unseren Personen folgern zu müssen, welcher es uns in hohem
Grade schwierig machen würde, jenes Princip aufrecht zu erhal-
ten. Aus diesem Grunde bitten wir Ew. königl. Maj. ehrfurchts-
voll, uns die nachgesuchte Dienstentlassung allergnädigst ertheilen
zu wollen. Berlin, 9. Sept. 1848. Die Staatsminister
( gez. ) v. Auerswald. Hansemann. Frhr. v. Schreckenstein. Milde.
Märcker. Gierke. Kühlwetter. An des Königs Majestät.''''

Es haben des Königs Majestät darauf erklärt: "Jch bin
mit der in Jhrem Berichte vom 9. d. M. ausgesprochenen Ansicht
einverstanden, daß ohne Aufrechthaltung des darin aufgestellten
Princips die constitutionelle Monarchie nicht bestehen kann.
Gleichwohl werde Jch Jhnen aus dem von Jhnen angeführten
Grunde die nachgesuchte Dienstentlassung ertheilen. Bis zur
Bildung eines neuen Ministeriums haben Sie Jhre Geschäfte
fortzuführen. Sanssouci, den 10. September 1848. gez.
Friedrich Wilhelm. ( contras. ) von Auerswald. Jch habe
Jhnen ferner mitzutheilen, [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]baß der Abgeordnete in der deutschen
Nationalversammlung Herr v. Beckerath zu Sr. Majestät be-
[Ende Spaltensatz]

1) Von einem Ungarn, was wohl zu merken ist. Der Mann ver-
langt alle möglichen Zugeständnisse, von dem Treiben ungarischer Lan-
desverräther spricht er kein Wort!
1) Bekanntlich werden von der Gegenseite ganz dieselben Klagen
gegen die Ungarn erhoben.

[Beginn Spaltensatz] und ihren Heeren würde wahrscheinlich der Sieg verbleiben.
Würde aber die Partei der Zukunft siegen, und sie könnte es nur
durch das Proletariat und einen verzehrenden revolutionären Fana-
tismus und Terrorismus, — nun so würde Deutschland in kurzer
Frist die Geschichte der ersten französischen Revolution durchlaufen;
dann würden auf einige Zeit die blinden zerstörenden Kräfte herr-
schen und nachdem sie Diejenigen verschlungen, von denen sie entfesselt
wurden und die in ihrer Thorheit gemeint, sie nach Willkühr beherr-
schen zu können, ein verödetes Land und ein sittlich zerstörtes
Volk einem Gewaltsherrscher zurücklassen, der darum als Heiland
und Retter begrüßt werden würde, weil er wenigstens Ordnung
und die Möglichkeit eines friedlichen Lebens wiederbrächte.
Hiernach können wir das Streben und Wirken der Partei der
Zukunft nur als höchst gefährlich für die Freiheit und die
Wohlfahrt
Deutschlands ansehen, und dieses und dieses allein
sind die Gründe, warum wir als offene Gegner desselben aufge-
treten sind.

Jnzwischen, seit dieses geschrieben, ist das Schleswig=Hol-
steinische Ereigniß eingetreten, die Nationalversammlung hat den
von Preußen geschlossenen Waffenstillstand verworfen und damit
nicht nur die Unterwerfung des mächtigsten Königreiches in
Deutschland unter die Reichsgewalt zur Entscheidung gebracht,
sondern sie hat auch den europäischen Mächten gezeigt, daß sie es
fortan nicht mehr mit deutschen Einzelstaaten, sondern mit dem
deutschen Reiche zu thuen haben, mit dem Reiche, das fremd den
Schleichwegen der alten Diplomatie, keine andere Rücksicht kennt
als Deutschlands Recht, Ehre und Vortheil. Und wir hoffen,
daß dieses Ereigniß, wenn wir auch seine endliche Entwicklung im
Augenblicke noch nicht absehen, wesentlich zur Versöhnung
und Vereinigung der Parteien
beitragen und alle Pa-
trioten um die Reichsgewalt schaaren werde.



Deutschland.

Wien 9. September 1). ( A. Z. ) Heute wurde die große
Deputation der ungarischen Nationalversammlung von Sr.
Majestät in Schönbrunn empfangen. Jn einer von dem Reichs-
tagspräsidenten Pazmandy vorgetragenen Adresse ( welche in
einer heute spät in der Nacht gepflogenen Berathung der Depu-
tation in einigen Ausdrücken wesentlich gemildert worden war )
bat die Deputation im Namen des Reichstags, Se. Majestät
möge seinem Versprechen gemäß den Reichstag in Person schlie-
ßen, den von beiden Häusern der Versammlung angenommenen
Gesetzvorschlägen ( über die Truppenaushebung und über die
Ausgabe von 60 Millionen Papiergeld ) die Sanction ertheilen,
und durch eine k. Proclamation an die Nation und an die Armee
den aufrührerischen Bestrebungen in Croatien sowohl als in
Südungarn offen und entschieden in den Weg treten Se.
Majestät antwortete hierauf, daß seine schwankende Gesundheit
ihm nicht erlaube nach Pesth zu kommen, daß er die betreffenden
Gesetze prüfen und seine Entschließung darüber dem Reichstage
durch das ungarische Ministerium mittheilen werde, daß er
übrigens seinem Eide gemäß stets bereit seyn werde die Gesetze
des Reichs und die Jntegrität der zur ungarischen Krone gehö-
rigen Länder aufrechtzuerhalten. Diese unentschiedene und aus-
weichende Antwort muß um so niederschlagender auf die De-
putation wirken, als eben heute mit der Agramer Zeitung
ein Handschreiben des Kaisers an den Baron Jellachich hier-
her gelangt ist, worin das Manifest vom 10. Juni, durch welches der
Banus seiner Würde enthoben worden war, förmlich wiederrufen,
das tiefe Leidwesen Sr. Majestät darüber ausgedrückt, das Ver-
fahren des Banus vollkommen gebilligt und er als eine feste Stütze
des Thrones dargestellt wird. Andererseits wurde gestern von
dem hiesigen Gesammtministerium an den Erzherzog=Palatin in
Pesth eine Denkschrift gerichtet, welche mit einem kaiserl. Hand-
schreiben einbegleitet war, worin alle seit dem März in Bezug
auf Ungarn eingetretenen Staatsveränderungen und Gewähr-
ungen des Monarchen als der pragmatischen Sanction und den
Jnteressen der österreichischen Provinzen widerstreitend dargestellt
werden. Mittlerweile werden Baron Jellachich und die raitzischen
Jnsurgenten von dem hiesigen Kriegsministerium offen und ins-
geheim auf jede mögliche Weise ( mit Geld, Geschütz, congreve-
schen Raketen, Munition, Wundärzten ) unterstützt. Das was
man seit Monaten nur ahnte, tritt nun offen an den Tag. Die
österreichische Regierung will in Ungarn mit Kriegsgewalt eine
Contre=Revolution ausführen. Auch in Ungarn ist man den
neuesten Nachrichten aus Pesth zufolge zu dem Aeußersten ent-
schlossen. Mittlerweile werden in Südungarn Schaaren von
[Spaltenumbruch] unschuldigen deutschen und ungarischen Landbewohnern wegen
eines ihnen gänzlich fremden Zweckes hingeschlachtet, lebendig ge-
braten und aller ihrer Habe beraubt von raitzischen Horden und von
Eindringlingen aus einem benachbarten Lande, welche offen verkün-
digen alle Deutsche und Ungarn im Banate, im Bacser und im Ba-
ranyaer Comitate mit Stumpf und Stiel ausrotten und ihre Wohn-
plätze einnehmen zu wollen 1). Diese Jnsurgenten werden von ei-
nem großen Theil der k. k. Officiere, selbst in den ungarischen
Regimentern, als ihre treuen Bundesgenossen betrachtet, und der
kais. österreichische Consul in Belgrad, Mayrhofer, befindet
sich im Lager derselben. Nach allem diesem ist es kein Zweifel,
daß Ungarn in kurzem der Schauplatz des erbittersten Bürgerkriegs
und der blutigsten Zerstörung seyn muß. Und doch ließen sich
diese Zerwürfnisse noch jetzt mit redlichem Willen und der billigen
Anerkennung aller Rechte friedlich schlichten! Man versuche doch
zuerst ob nicht eine aus den gesetzgebenden Körpern Oesterreichs
und Ungarns ernannte Commission dieses staatsrechtliche Problem
lösen könne, ehe der Knoten vom Schwerte, von dem in Bruder-
blut getauchten, zerhauen werden soll. — Der Fürst Esterhazy
hat seine Stelle als ungarischer Minister des Auswärtigen nieder-
gelegt. Der bekannte Graf Stephan Szechenyi, bisher Mi-
nister der öffentlichen Arbeiten, und seit einiger Zeit nervös lei-
dend, ist durch die Aufregung der letzteren Tage in Raserei ver-
fallen, und wurde gestern hieher in Jörgens Jrrenanstalt gebracht.
Kossuth ist wieder sehr leidend. Man befürchtete daß in Pesth
auf die Nachricht von dem Empfang der Deputation eine provisot
rische Regierung, Kossuth zum Dictator und General Ba-
konyi
zum Heerführer werde ernannt werden. Erzherzog Steg
phan befindet sich noch in Pesth. Jellachich ist den heutigen Nach-
richten zufolge in Warasdin.

Berlin 10. September. ( B. H. ) Nach Frankfurt ist gestern
Abend ein außerordentlicher Courier mit Depeschen für den
Reichsverweser und Herrn Camphausen abgegangen, welche wohl
die dänische Frage zum Abschluß bringen werden. Hier haben
bisher nur mehrere Minister=Conferenzen stattgefunden, die ganze
Krisis wird aber wohl an vierzehn Tage dauern, da man auch
noch an Herrn v. Schön nach Königsberg geschrieben, um ihm
eventuell die Präsidentur des Ministerraths ohne Portefeuille an-
zutragen. Die Stadt ist vollkommen ruhig, da jede Partei unter
der Schwere des Augenblicks wohl einsieht, was dazu gehöre,
um jetzt die Leitung der Geschäfte zu übernehmen. — Nach einer
Angabe der „National=Zeitung“ ist General v. Peucker mit
Aufträgen des Reichsverwesers hier angekommen.

Berlin 11. September. ( St. A. ) Jn der heutigen Sitzung
der Nationalversammlung hat der Ministerpräsident v. Auers-
wald bei dem Beginn der Sitzung folgende Erklärung abgegeben:
„Das Ministerium hat in Verfolg der Verhandlungen dieser Ver-
sammlung vom 7. d. M. keinen Augenblick gezögert, bei des Kö-
nigs Majestät seine Entlassung nachzusuchen und dieselbe dem-
nächst, wie folgt, begründet: ‚‚‚‚Ew. k. Maj. haben wir bereits
die ehrerbietige Bitte um Entbindung von den uns anvertrauten
Aemtern vorgetragen. Jndem wir dieses Gesuch hierdurch ehr-
furchtsvoll wiederholen, erlauben wir uns, zur Begründun-
desselben Folgendes anzuführen: Unserer Ansicht nach muß das
von uns vertretene und in der Sitzung der Nationalversamm-
lung vom 7. d. M. vertheidigte Princip: daß derselben die Fest-
setzung von Verwaltungsmaßregeln nicht zustehe, aufrecht erhal-
ten werden, weil ohne dasselbe die constitutionelle Monarchie nich-
bestehen kann. Wir glauben aber aus dem in jener Sitzung ge-
faßten Beschlusse der Nat.=Vers. einen Mangel an Vertrauen zu
unseren Personen folgern zu müssen, welcher es uns in hohem
Grade schwierig machen würde, jenes Princip aufrecht zu erhal-
ten. Aus diesem Grunde bitten wir Ew. königl. Maj. ehrfurchts-
voll, uns die nachgesuchte Dienstentlassung allergnädigst ertheilen
zu wollen. Berlin, 9. Sept. 1848. Die Staatsminister
( gez. ) v. Auerswald. Hansemann. Frhr. v. Schreckenstein. Milde.
Märcker. Gierke. Kühlwetter. An des Königs Majestät.''''

Es haben des Königs Majestät darauf erklärt: „Jch bin
mit der in Jhrem Berichte vom 9. d. M. ausgesprochenen Ansicht
einverstanden, daß ohne Aufrechthaltung des darin aufgestellten
Princips die constitutionelle Monarchie nicht bestehen kann.
Gleichwohl werde Jch Jhnen aus dem von Jhnen angeführten
Grunde die nachgesuchte Dienstentlassung ertheilen. Bis zur
Bildung eines neuen Ministeriums haben Sie Jhre Geschäfte
fortzuführen. Sanssouci, den 10. September 1848. gez.
Friedrich Wilhelm. ( contras. ) von Auerswald. Jch habe
Jhnen ferner mitzutheilen, [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]baß der Abgeordnete in der deutschen
Nationalversammlung Herr v. Beckerath zu Sr. Majestät be-
[Ende Spaltensatz]

1) Von einem Ungarn, was wohl zu merken ist. Der Mann ver-
langt alle möglichen Zugeständnisse, von dem Treiben ungarischer Lan-
desverräther spricht er kein Wort!
1) Bekanntlich werden von der Gegenseite ganz dieselben Klagen
gegen die Ungarn erhoben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <p><pb facs="#f0002"/><cb type="start"/>
und ihren Heeren würde wahrscheinlich der Sieg verbleiben.<lb/>
Würde aber die Partei der Zukunft siegen, und sie könnte es nur<lb/>
durch das Proletariat und einen verzehrenden revolutionären Fana-<lb/>
tismus und Terrorismus, &#x2014; nun so würde Deutschland in kurzer<lb/>
Frist die Geschichte der ersten französischen Revolution durchlaufen;<lb/>
dann würden auf einige Zeit die blinden zerstörenden Kräfte herr-<lb/>
schen und nachdem sie Diejenigen verschlungen, von denen sie entfesselt<lb/>
wurden und die in ihrer Thorheit gemeint, sie nach Willkühr beherr-<lb/>
schen zu können, ein verödetes Land und ein sittlich zerstörtes<lb/>
Volk einem Gewaltsherrscher zurücklassen, der darum als Heiland<lb/>
und Retter begrüßt werden würde, weil er wenigstens Ordnung<lb/>
und die Möglichkeit eines friedlichen Lebens wiederbrächte.<lb/>
Hiernach können wir das Streben und Wirken der Partei der<lb/>
Zukunft nur als höchst gefährlich <hi rendition="#g">für die Freiheit und die<lb/>
Wohlfahrt</hi> Deutschlands ansehen, und dieses und dieses allein<lb/>
sind die Gründe, warum wir als offene Gegner desselben aufge-<lb/>
treten sind.</p><lb/>
        <p>Jnzwischen, seit dieses geschrieben, ist das Schleswig=Hol-<lb/>
steinische Ereigniß eingetreten, die Nationalversammlung hat den<lb/>
von Preußen geschlossenen Waffenstillstand verworfen und damit<lb/>
nicht nur die Unterwerfung des mächtigsten Königreiches in<lb/>
Deutschland unter die Reichsgewalt zur Entscheidung gebracht,<lb/>
sondern sie hat auch den europäischen Mächten gezeigt, daß sie es<lb/>
fortan nicht mehr mit deutschen Einzelstaaten, sondern mit dem<lb/>
deutschen Reiche zu thuen haben, mit dem Reiche, das fremd den<lb/>
Schleichwegen der alten Diplomatie, keine andere Rücksicht kennt<lb/>
als Deutschlands Recht, Ehre und Vortheil. Und wir hoffen,<lb/>
daß dieses Ereigniß, wenn wir auch seine endliche Entwicklung im<lb/>
Augenblicke noch nicht absehen, wesentlich <hi rendition="#g">zur Versöhnung<lb/>
und Vereinigung der Parteien</hi> beitragen und alle Pa-<lb/>
trioten um die Reichsgewalt schaaren werde.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Deutschland.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Wien 9. September <note place="foot" n="1)">Von einem Ungarn, was wohl zu merken ist. Der Mann ver-<lb/>
langt alle möglichen Zugeständnisse, von dem Treiben ungarischer Lan-<lb/>
desverräther spricht er kein Wort!</note>. ( A. Z. ) Heute wurde die große<lb/>
Deputation der ungarischen Nationalversammlung von Sr.<lb/>
Majestät in Schönbrunn empfangen. Jn einer von dem Reichs-<lb/>
tagspräsidenten Pazmandy vorgetragenen Adresse ( welche in<lb/>
einer heute spät in der Nacht gepflogenen Berathung der Depu-<lb/>
tation in einigen Ausdrücken wesentlich gemildert worden war )<lb/>
bat die Deputation im Namen des Reichstags, Se. Majestät<lb/>
möge seinem Versprechen gemäß den Reichstag in Person schlie-<lb/>
ßen, den von beiden Häusern der Versammlung angenommenen<lb/>
Gesetzvorschlägen ( über die Truppenaushebung und über die<lb/>
Ausgabe von 60 Millionen Papiergeld ) die Sanction ertheilen,<lb/>
und durch eine k. Proclamation an die Nation und an die Armee<lb/>
den aufrührerischen Bestrebungen in Croatien sowohl als in<lb/>
Südungarn offen und entschieden in den Weg treten <choice><abbr>ec.</abbr></choice> Se.<lb/>
Majestät antwortete hierauf, daß seine schwankende Gesundheit<lb/>
ihm nicht erlaube nach Pesth zu kommen, daß er die betreffenden<lb/>
Gesetze prüfen und seine Entschließung darüber dem Reichstage<lb/>
durch das ungarische Ministerium mittheilen werde, daß er<lb/>
übrigens seinem Eide gemäß stets bereit seyn werde die Gesetze<lb/>
des Reichs und die Jntegrität der zur ungarischen Krone gehö-<lb/>
rigen Länder aufrechtzuerhalten. Diese unentschiedene und aus-<lb/>
weichende Antwort muß um so niederschlagender auf die De-<lb/>
putation wirken, als eben heute mit der Agramer Zeitung<lb/>
ein Handschreiben des Kaisers an den Baron <hi rendition="#g">Jellachich</hi> hier-<lb/>
her gelangt ist, worin das Manifest vom 10. Juni, durch welches der<lb/>
Banus seiner Würde enthoben worden war, förmlich wiederrufen,<lb/>
das tiefe Leidwesen Sr. Majestät darüber ausgedrückt, das Ver-<lb/>
fahren des Banus vollkommen gebilligt und er als eine feste Stütze<lb/>
des Thrones dargestellt wird. Andererseits wurde gestern von<lb/>
dem hiesigen Gesammtministerium an den Erzherzog=Palatin in<lb/>
Pesth eine Denkschrift gerichtet, welche mit einem kaiserl. Hand-<lb/>
schreiben einbegleitet war, worin alle seit dem März in Bezug<lb/>
auf Ungarn eingetretenen Staatsveränderungen und Gewähr-<lb/>
ungen des Monarchen als der pragmatischen Sanction und den<lb/>
Jnteressen der österreichischen Provinzen widerstreitend dargestellt<lb/>
werden. Mittlerweile werden Baron Jellachich und die raitzischen<lb/>
Jnsurgenten von dem hiesigen Kriegsministerium offen und ins-<lb/>
geheim auf jede mögliche Weise ( mit Geld, Geschütz, congreve-<lb/>
schen Raketen, Munition, Wundärzten <choice><abbr>ec.</abbr></choice> ) unterstützt. Das was<lb/>
man seit Monaten nur ahnte, tritt nun offen an den Tag. Die<lb/>
österreichische Regierung will in Ungarn mit Kriegsgewalt eine<lb/>
Contre=Revolution ausführen. Auch in Ungarn ist man den<lb/>
neuesten Nachrichten aus Pesth zufolge zu dem Aeußersten ent-<lb/>
schlossen. Mittlerweile werden in Südungarn Schaaren von<lb/><cb n="2"/>
unschuldigen deutschen und ungarischen Landbewohnern wegen<lb/>
eines ihnen gänzlich fremden Zweckes hingeschlachtet, lebendig ge-<lb/>
braten und aller ihrer Habe beraubt von raitzischen Horden und von<lb/>
Eindringlingen aus einem benachbarten Lande, welche offen verkün-<lb/>
digen alle Deutsche und Ungarn im Banate, im Bacser und im Ba-<lb/>
ranyaer Comitate mit Stumpf und Stiel ausrotten und ihre Wohn-<lb/>
plätze einnehmen zu wollen <note place="foot" n="1)">Bekanntlich werden von der Gegenseite ganz dieselben Klagen<lb/>
gegen die Ungarn erhoben.</note>. Diese Jnsurgenten werden von ei-<lb/>
nem großen Theil der k. k. Officiere, selbst in den ungarischen<lb/>
Regimentern, als ihre treuen Bundesgenossen betrachtet, und der<lb/>
kais. österreichische Consul in Belgrad, <hi rendition="#g">Mayrhofer,</hi> befindet<lb/>
sich im Lager derselben. Nach allem diesem ist es kein Zweifel,<lb/>
daß Ungarn in kurzem der Schauplatz des erbittersten Bürgerkriegs<lb/>
und der blutigsten Zerstörung seyn muß. Und doch ließen sich<lb/>
diese Zerwürfnisse noch jetzt mit redlichem Willen und der billigen<lb/>
Anerkennung aller Rechte friedlich schlichten! Man versuche doch<lb/>
zuerst ob nicht eine aus den gesetzgebenden Körpern Oesterreichs<lb/>
und Ungarns ernannte Commission dieses staatsrechtliche Problem<lb/>
lösen könne, ehe der Knoten vom Schwerte, von dem in Bruder-<lb/>
blut getauchten, zerhauen werden soll. &#x2014; Der Fürst Esterhazy<lb/>
hat seine Stelle als ungarischer Minister des Auswärtigen nieder-<lb/>
gelegt. Der bekannte Graf Stephan <hi rendition="#g">Szechenyi,</hi> bisher Mi-<lb/>
nister der öffentlichen Arbeiten, und seit einiger Zeit nervös lei-<lb/>
dend, ist durch die Aufregung der letzteren Tage in Raserei ver-<lb/>
fallen, und wurde gestern hieher in Jörgens Jrrenanstalt gebracht.<lb/>
Kossuth ist wieder sehr leidend. Man befürchtete daß in Pesth<lb/>
auf die Nachricht von dem Empfang der Deputation eine provisot<lb/>
rische Regierung, <hi rendition="#g">Kossuth</hi> zum Dictator und General <hi rendition="#g">Ba-<lb/>
konyi</hi> zum Heerführer werde ernannt werden. Erzherzog Steg<lb/>
phan befindet sich noch in Pesth. Jellachich ist den heutigen Nach-<lb/>
richten zufolge in Warasdin.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Berlin 10. September. ( B. H. ) Nach Frankfurt ist gestern<lb/>
Abend ein außerordentlicher Courier mit Depeschen für den<lb/>
Reichsverweser und Herrn Camphausen abgegangen, welche wohl<lb/>
die dänische Frage zum Abschluß bringen werden. Hier haben<lb/>
bisher nur mehrere Minister=Conferenzen stattgefunden, die ganze<lb/>
Krisis wird aber wohl an vierzehn Tage dauern, da man auch<lb/>
noch an Herrn v. <hi rendition="#g">Schön</hi> nach Königsberg geschrieben, um ihm<lb/>
eventuell die Präsidentur des Ministerraths ohne Portefeuille an-<lb/>
zutragen. Die Stadt ist vollkommen ruhig, da jede Partei unter<lb/>
der Schwere des Augenblicks wohl einsieht, was dazu gehöre,<lb/>
um jetzt die Leitung der Geschäfte zu übernehmen. &#x2014; Nach einer<lb/>
Angabe der &#x201E;National=Zeitung&#x201C; ist General v. <hi rendition="#g">Peucker</hi> mit<lb/>
Aufträgen des Reichsverwesers hier angekommen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Berlin 11. September. ( St. A. ) Jn der heutigen Sitzung<lb/>
der Nationalversammlung hat der Ministerpräsident v. Auers-<lb/>
wald bei dem Beginn der Sitzung folgende Erklärung abgegeben:<lb/>
&#x201E;Das Ministerium hat in Verfolg der Verhandlungen dieser Ver-<lb/>
sammlung vom 7. d. M. keinen Augenblick gezögert, bei des Kö-<lb/>
nigs Majestät seine Entlassung nachzusuchen und dieselbe dem-<lb/>
nächst, wie folgt, begründet: &#x201A;&#x201A;&#x201A;&#x201A;Ew. k. Maj. haben wir bereits<lb/>
die ehrerbietige Bitte um Entbindung von den uns anvertrauten<lb/>
Aemtern vorgetragen. Jndem wir dieses Gesuch hierdurch ehr-<lb/>
furchtsvoll wiederholen, erlauben wir uns, zur Begründun-<lb/>
desselben Folgendes anzuführen: Unserer Ansicht nach muß das<lb/>
von uns vertretene und in der Sitzung der Nationalversamm-<lb/>
lung vom 7. d. M. vertheidigte Princip: daß derselben die Fest-<lb/>
setzung von Verwaltungsmaßregeln nicht zustehe, aufrecht erhal-<lb/>
ten werden, weil ohne dasselbe die constitutionelle Monarchie nich-<lb/>
bestehen kann. Wir glauben aber aus dem in jener Sitzung ge-<lb/>
faßten Beschlusse der Nat.=Vers. einen Mangel an Vertrauen zu<lb/>
unseren Personen folgern zu müssen, welcher es uns in hohem<lb/>
Grade schwierig machen würde, jenes Princip aufrecht zu erhal-<lb/>
ten. Aus diesem Grunde bitten wir Ew. königl. Maj. ehrfurchts-<lb/>
voll, uns die nachgesuchte Dienstentlassung allergnädigst ertheilen<lb/>
zu wollen. Berlin, 9. Sept. 1848. Die <hi rendition="#g">Staatsminister</hi><lb/>
( gez. ) v. Auerswald. Hansemann. Frhr. v. Schreckenstein. Milde.<lb/>
Märcker. Gierke. Kühlwetter. An des Königs Majestät.''''</p><lb/>
          <p>Es haben des Königs Majestät darauf erklärt: &#x201E;Jch bin<lb/>
mit der in Jhrem Berichte vom 9. d. M. ausgesprochenen Ansicht<lb/>
einverstanden, daß ohne Aufrechthaltung des darin aufgestellten<lb/>
Princips die constitutionelle Monarchie nicht bestehen kann.<lb/>
Gleichwohl werde Jch Jhnen aus dem von Jhnen angeführten<lb/>
Grunde die nachgesuchte Dienstentlassung ertheilen. Bis zur<lb/>
Bildung eines neuen Ministeriums haben Sie Jhre Geschäfte<lb/>
fortzuführen. Sanssouci, den 10. September 1848. gez.<lb/><hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm.</hi> ( contras. ) von Auerswald. Jch habe<lb/>
Jhnen ferner mitzutheilen, <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="3"/>baß der Abgeordnete in der deutschen<lb/>
Nationalversammlung Herr v. <hi rendition="#g">Beckerath</hi> zu Sr. Majestät be-<lb/><cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0002] und ihren Heeren würde wahrscheinlich der Sieg verbleiben. Würde aber die Partei der Zukunft siegen, und sie könnte es nur durch das Proletariat und einen verzehrenden revolutionären Fana- tismus und Terrorismus, — nun so würde Deutschland in kurzer Frist die Geschichte der ersten französischen Revolution durchlaufen; dann würden auf einige Zeit die blinden zerstörenden Kräfte herr- schen und nachdem sie Diejenigen verschlungen, von denen sie entfesselt wurden und die in ihrer Thorheit gemeint, sie nach Willkühr beherr- schen zu können, ein verödetes Land und ein sittlich zerstörtes Volk einem Gewaltsherrscher zurücklassen, der darum als Heiland und Retter begrüßt werden würde, weil er wenigstens Ordnung und die Möglichkeit eines friedlichen Lebens wiederbrächte. Hiernach können wir das Streben und Wirken der Partei der Zukunft nur als höchst gefährlich für die Freiheit und die Wohlfahrt Deutschlands ansehen, und dieses und dieses allein sind die Gründe, warum wir als offene Gegner desselben aufge- treten sind. Jnzwischen, seit dieses geschrieben, ist das Schleswig=Hol- steinische Ereigniß eingetreten, die Nationalversammlung hat den von Preußen geschlossenen Waffenstillstand verworfen und damit nicht nur die Unterwerfung des mächtigsten Königreiches in Deutschland unter die Reichsgewalt zur Entscheidung gebracht, sondern sie hat auch den europäischen Mächten gezeigt, daß sie es fortan nicht mehr mit deutschen Einzelstaaten, sondern mit dem deutschen Reiche zu thuen haben, mit dem Reiche, das fremd den Schleichwegen der alten Diplomatie, keine andere Rücksicht kennt als Deutschlands Recht, Ehre und Vortheil. Und wir hoffen, daß dieses Ereigniß, wenn wir auch seine endliche Entwicklung im Augenblicke noch nicht absehen, wesentlich zur Versöhnung und Vereinigung der Parteien beitragen und alle Pa- trioten um die Reichsgewalt schaaren werde. Deutschland. Wien 9. September 1). ( A. Z. ) Heute wurde die große Deputation der ungarischen Nationalversammlung von Sr. Majestät in Schönbrunn empfangen. Jn einer von dem Reichs- tagspräsidenten Pazmandy vorgetragenen Adresse ( welche in einer heute spät in der Nacht gepflogenen Berathung der Depu- tation in einigen Ausdrücken wesentlich gemildert worden war ) bat die Deputation im Namen des Reichstags, Se. Majestät möge seinem Versprechen gemäß den Reichstag in Person schlie- ßen, den von beiden Häusern der Versammlung angenommenen Gesetzvorschlägen ( über die Truppenaushebung und über die Ausgabe von 60 Millionen Papiergeld ) die Sanction ertheilen, und durch eine k. Proclamation an die Nation und an die Armee den aufrührerischen Bestrebungen in Croatien sowohl als in Südungarn offen und entschieden in den Weg treten Se. Majestät antwortete hierauf, daß seine schwankende Gesundheit ihm nicht erlaube nach Pesth zu kommen, daß er die betreffenden Gesetze prüfen und seine Entschließung darüber dem Reichstage durch das ungarische Ministerium mittheilen werde, daß er übrigens seinem Eide gemäß stets bereit seyn werde die Gesetze des Reichs und die Jntegrität der zur ungarischen Krone gehö- rigen Länder aufrechtzuerhalten. Diese unentschiedene und aus- weichende Antwort muß um so niederschlagender auf die De- putation wirken, als eben heute mit der Agramer Zeitung ein Handschreiben des Kaisers an den Baron Jellachich hier- her gelangt ist, worin das Manifest vom 10. Juni, durch welches der Banus seiner Würde enthoben worden war, förmlich wiederrufen, das tiefe Leidwesen Sr. Majestät darüber ausgedrückt, das Ver- fahren des Banus vollkommen gebilligt und er als eine feste Stütze des Thrones dargestellt wird. Andererseits wurde gestern von dem hiesigen Gesammtministerium an den Erzherzog=Palatin in Pesth eine Denkschrift gerichtet, welche mit einem kaiserl. Hand- schreiben einbegleitet war, worin alle seit dem März in Bezug auf Ungarn eingetretenen Staatsveränderungen und Gewähr- ungen des Monarchen als der pragmatischen Sanction und den Jnteressen der österreichischen Provinzen widerstreitend dargestellt werden. Mittlerweile werden Baron Jellachich und die raitzischen Jnsurgenten von dem hiesigen Kriegsministerium offen und ins- geheim auf jede mögliche Weise ( mit Geld, Geschütz, congreve- schen Raketen, Munition, Wundärzten ) unterstützt. Das was man seit Monaten nur ahnte, tritt nun offen an den Tag. Die österreichische Regierung will in Ungarn mit Kriegsgewalt eine Contre=Revolution ausführen. Auch in Ungarn ist man den neuesten Nachrichten aus Pesth zufolge zu dem Aeußersten ent- schlossen. Mittlerweile werden in Südungarn Schaaren von unschuldigen deutschen und ungarischen Landbewohnern wegen eines ihnen gänzlich fremden Zweckes hingeschlachtet, lebendig ge- braten und aller ihrer Habe beraubt von raitzischen Horden und von Eindringlingen aus einem benachbarten Lande, welche offen verkün- digen alle Deutsche und Ungarn im Banate, im Bacser und im Ba- ranyaer Comitate mit Stumpf und Stiel ausrotten und ihre Wohn- plätze einnehmen zu wollen 1). Diese Jnsurgenten werden von ei- nem großen Theil der k. k. Officiere, selbst in den ungarischen Regimentern, als ihre treuen Bundesgenossen betrachtet, und der kais. österreichische Consul in Belgrad, Mayrhofer, befindet sich im Lager derselben. Nach allem diesem ist es kein Zweifel, daß Ungarn in kurzem der Schauplatz des erbittersten Bürgerkriegs und der blutigsten Zerstörung seyn muß. Und doch ließen sich diese Zerwürfnisse noch jetzt mit redlichem Willen und der billigen Anerkennung aller Rechte friedlich schlichten! Man versuche doch zuerst ob nicht eine aus den gesetzgebenden Körpern Oesterreichs und Ungarns ernannte Commission dieses staatsrechtliche Problem lösen könne, ehe der Knoten vom Schwerte, von dem in Bruder- blut getauchten, zerhauen werden soll. — Der Fürst Esterhazy hat seine Stelle als ungarischer Minister des Auswärtigen nieder- gelegt. Der bekannte Graf Stephan Szechenyi, bisher Mi- nister der öffentlichen Arbeiten, und seit einiger Zeit nervös lei- dend, ist durch die Aufregung der letzteren Tage in Raserei ver- fallen, und wurde gestern hieher in Jörgens Jrrenanstalt gebracht. Kossuth ist wieder sehr leidend. Man befürchtete daß in Pesth auf die Nachricht von dem Empfang der Deputation eine provisot rische Regierung, Kossuth zum Dictator und General Ba- konyi zum Heerführer werde ernannt werden. Erzherzog Steg phan befindet sich noch in Pesth. Jellachich ist den heutigen Nach- richten zufolge in Warasdin. Berlin 10. September. ( B. H. ) Nach Frankfurt ist gestern Abend ein außerordentlicher Courier mit Depeschen für den Reichsverweser und Herrn Camphausen abgegangen, welche wohl die dänische Frage zum Abschluß bringen werden. Hier haben bisher nur mehrere Minister=Conferenzen stattgefunden, die ganze Krisis wird aber wohl an vierzehn Tage dauern, da man auch noch an Herrn v. Schön nach Königsberg geschrieben, um ihm eventuell die Präsidentur des Ministerraths ohne Portefeuille an- zutragen. Die Stadt ist vollkommen ruhig, da jede Partei unter der Schwere des Augenblicks wohl einsieht, was dazu gehöre, um jetzt die Leitung der Geschäfte zu übernehmen. — Nach einer Angabe der „National=Zeitung“ ist General v. Peucker mit Aufträgen des Reichsverwesers hier angekommen. Berlin 11. September. ( St. A. ) Jn der heutigen Sitzung der Nationalversammlung hat der Ministerpräsident v. Auers- wald bei dem Beginn der Sitzung folgende Erklärung abgegeben: „Das Ministerium hat in Verfolg der Verhandlungen dieser Ver- sammlung vom 7. d. M. keinen Augenblick gezögert, bei des Kö- nigs Majestät seine Entlassung nachzusuchen und dieselbe dem- nächst, wie folgt, begründet: ‚‚‚‚Ew. k. Maj. haben wir bereits die ehrerbietige Bitte um Entbindung von den uns anvertrauten Aemtern vorgetragen. Jndem wir dieses Gesuch hierdurch ehr- furchtsvoll wiederholen, erlauben wir uns, zur Begründun- desselben Folgendes anzuführen: Unserer Ansicht nach muß das von uns vertretene und in der Sitzung der Nationalversamm- lung vom 7. d. M. vertheidigte Princip: daß derselben die Fest- setzung von Verwaltungsmaßregeln nicht zustehe, aufrecht erhal- ten werden, weil ohne dasselbe die constitutionelle Monarchie nich- bestehen kann. Wir glauben aber aus dem in jener Sitzung ge- faßten Beschlusse der Nat.=Vers. einen Mangel an Vertrauen zu unseren Personen folgern zu müssen, welcher es uns in hohem Grade schwierig machen würde, jenes Princip aufrecht zu erhal- ten. Aus diesem Grunde bitten wir Ew. königl. Maj. ehrfurchts- voll, uns die nachgesuchte Dienstentlassung allergnädigst ertheilen zu wollen. Berlin, 9. Sept. 1848. Die Staatsminister ( gez. ) v. Auerswald. Hansemann. Frhr. v. Schreckenstein. Milde. Märcker. Gierke. Kühlwetter. An des Königs Majestät.'''' Es haben des Königs Majestät darauf erklärt: „Jch bin mit der in Jhrem Berichte vom 9. d. M. ausgesprochenen Ansicht einverstanden, daß ohne Aufrechthaltung des darin aufgestellten Princips die constitutionelle Monarchie nicht bestehen kann. Gleichwohl werde Jch Jhnen aus dem von Jhnen angeführten Grunde die nachgesuchte Dienstentlassung ertheilen. Bis zur Bildung eines neuen Ministeriums haben Sie Jhre Geschäfte fortzuführen. Sanssouci, den 10. September 1848. gez. Friedrich Wilhelm. ( contras. ) von Auerswald. Jch habe Jhnen ferner mitzutheilen, ___baß der Abgeordnete in der deutschen Nationalversammlung Herr v. Beckerath zu Sr. Majestät be- 1) Von einem Ungarn, was wohl zu merken ist. Der Mann ver- langt alle möglichen Zugeständnisse, von dem Treiben ungarischer Lan- desverräther spricht er kein Wort! 1) Bekanntlich werden von der Gegenseite ganz dieselben Klagen gegen die Ungarn erhoben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal086_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal086_1848/2
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 86. Mainz, 14. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal086_1848/2>, abgerufen am 23.11.2024.