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Mainzer Journal. Nr. 85. Mainz, 13. September 1848.

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[Beginn Spaltensatz] pfangen: Admiral Albini hat amtlich hierher berichtet, daß er
die sardinischen Truppen in Venedig eingeschifft habe, und im
Laufe des heutigen Tages ( wahrscheinlich des 7. d. M. ) absegele.
Die k. k. Eskadre wird zur Erfüllung ihrer Bestimmung heute
Nacht von Triest absegeln.

Berlin. Das neueste Militärwochenblatt berichtet: Staven-
hagen,
Oberst vom gr. Generalstabe, Deetz, Hauptm. u. Art. -
Offiz. des Platzes Magdeburg, unter Verleihung des Char. als
Major, v. Ernst, Pr.=Lt. vom Jngen.=Korps, Bergmann,
Pr.=Lt., aggr. der Garde=Art.=Brig., v. Boddien, Rittm. vom
2. Ul.=Regt., unter Aggregirung bei dem Rgt., alle fünf zu dem
Reichs=Kriegs=Ministerium
kommandirt.

Mainz 12. September. Jn der letzten Sitzung des hie-
sigen Bürgervereines wurde der Beschluß gefaßt, geeigneten
Ortes eine Verstärkung der hiesigen Gensdarmerie, sowie der
s. g. Armee=Gensdarmen in Vorschlag zu bringen. So gerne wir
nun auch Schutz gegen das zügellose Treiben eines Theiles der
hiesigen preußischen Garnison erhalten möchten, so scheint uns
diese Maßregel doch nicht dazu geeignet. Fördert die wahre Civi-
lisation, -- dann erst werden solche barbarische Scenen, wie wir
sie in den letzten Tagen zu beklagen hatten, nicht mehr vorkom-
men! Vorläufig ist und bleibt das ein Hauptübelstand, daß die
Soldaten außer dem Dienste Waffen tragen und es ist mit aller
Kraft dahin zu wirken, daß diesem Vorrechte endlich einmal ein
Ende gemacht werde. Am 21. Mai hieß es, obgleich dies Ge-
rücht sich bei der Untersuchung nicht bewährt haben soll: die
Bürger haben ihre Waffen gegen das Militär mißbraucht. Was
war nun das Erste, was man that? Man nahm den Bürgern
ihre Waffen, weil sie dieselben mißbraucht haben sollten. Warum
gestattet man aber den Soldaten noch täglich ihr Seitengewehr
gegen Bürger, gegen Solche, die ganz wehrlos einhergehen, zu
mißbrauchen? Jst der Landsknecht denn mehr als der Bürger?
Beinahe scheint es, daß in Mainz Gewalt über Recht gehe und
daß der Bürger schweigen müsse, wo Säbel und Bajonette be-
fehlen. Wir sind weit davon entfernt, Schmähungen und Schimpf-
reden gegen Soldaten entschuldigen zu wollen. Man untersuche
aber auch, was dergleichen Excessen vorhergegangen ist, man
beobachte nur das oft herausfordernde Benehmen der preußischen
Soldaten, und man wird es dann sehr erklärlich finden, daß
auch unsere geringeren Classen sich manchmal in ihrer Weise Luft
zu machen suchen. Gebe Gott, daß die beiden in diesen Tagen
gefallenen Opfer die letzten seyen, welche unsere Bürgerschaft ge-
bracht hat und daß unsere Vaterstadt bald wieder ein Asyl des
Friedens seyn möge, was sie in früheren weniger stürmischen
Zeiten war!

Frankreich.

* * * Paris 11. September. Das Lustigste bei unseren Zu-
ständen ist, daß wir nun sogar die Wühler, welche uns bis an
den Rand des Abgrundes geführt, noch bezahlen sollen! Es liegt
nämlich der Nationalversammlung ein Gesetzentwurf vor, ver-
möge dessen das Land alle Jahre 300,000 Francs "an die wäh-
rend der letzten Regierung aus politischen Gründen verurtheilten
Bürger" zahlen soll. Wenn Sie nun erwägen, daß fast alle diese
"Bürger" bei dem letzten Regierungswechsel sehr anständig, Viele
davon wahrhaft glänzend versorgt worden sind und daß fast das
ganze Land die gegenwärtigen Zustände im Stillen verwünscht,
so können Sie sich schon selbst denken, wie dieser Vorschlag auf-
genommen worden ist. Es ist die alte Geschichte von der Milch-
kuh, die früher von Louis Philippe und seinem Anhang gemolken
worden ist und jetzt, so lange es eben angeht, von den Republi-
kanern gemolken werden soll, das gute Thier aber, welches die
Milch geben muß, ist das "dumme Volk," welches durch all die-
sen Wirrwarr nichts weiter gewonnen hat als einen Wechsel
seiner Herren und nach dem Grundsatz: daß nie etwas Besseres
nachkommt -- am Ende noch ärger geschunden wird, als dieses
früher der Fall war. Der "National" meint freilich mit ächt
französischem Bombaste, die Revolution von 1830 habe ja auch
ihre unter der Restauration gemachten Schulden bezahlt und die
Revolution von 1848 werde doch nicht undankbarer seyn wollen,
als ihre Vorgängerin vom Jahre 1830 gewesen. Was seyen
300,000 Francs mehr oder weniger in unserem Büdget? Ein
Tropfen Wassers im Ocean! Am Ende erklärt er sogar in sei-
nem heiligen Eifer Jeden, der gegen diesen Vorschlag sprechen
würde, für einen Feind der Republik! So der National, der
allerdings sehr gut weiß, was er thut, denn die 300,000 Francs
werden zum großen Theile ihm und seinen Leuten zu gute kom-
men. Das Beste an der Sache ist, daß mit solchen Gesetzen allen
Wühlern auf ewige Zeiten die trostreiche Aussicht auf eine Leib-
rente eröffnet wird, wenn ihre Pläne gelingen und die letzte Re-
volution sobald als möglich durch eine darauf folgende allerletzte
wieder verschlungen wird. Sollte Das nicht auch ein Geheimniß
[Spaltenumbruch] Jhrer deutschen Anarchisten seyn und würden die Herren sich
nicht vielleicht dazu verstehen, auf das Revolutioniren zu verzich-
ten, wenn man ihnen ihre Leibrente jetzt schon zahlte oder auf
die demnächst zur Erledigung kommenden Ministerportefeuilles
und Präsidentensessel ihnen eine sichere Anwartschaft eröffnete?

Nach den in Paris eingelaufenen Correspondenzen aus dem
südlichen Jtalien sollen die neapolitanischen Truppen bei Messina
gelandet, allein von den Sicilianern zurückgeschlagen worden
seyn. Die sicilianische Regierung soll bei der englischen Flotte um
Hülfe nachgesucht haben.

Marschall Bugeaud hat auf eine von Paris aus an ihn
gerichtete Anfrage erklärt, daß er eine Wahl in die Nationalver-
sammlung, wenn sie in der Hauptstadt auf ihn fiele, gern an-
nehmen würde. Der alte Degen scheint also das Kriegshandwerk
mit dem friedlicheren eines Gesetzgebers vertauschen zu wollen.
Jn seiner Antwort heißt es unter Anderem: "Jch werde mit
Kraft und Ausdauer die civilisirte Societät gegen die antisocialen
Jdeen der Communisten und Terroristen vertheidigen, ich werde
die Jnteressen der Hauptstadt und ihrer Banmeile vertreten,
kurz ich werde mit Leib und Seele ein Kämpfer für Ordnung,
Familie und Eigenthum seyn. Sollten aber die Anarchisten noch
einmal über die Societät herfallen, so werde ich kein theilnahm-
loser Zuschauer des Bürgerkrieges bleiben, sondern in die Reihen
der Nationalgarde und der Armee eintreten und für eine so schöne
und heilige Sache mich mit Freuden meinen braven ehemaligen
Unterbefehlshabern anschließen, die in den Junitagen gefallen sind."

Die "Presse" bringt heute einen ausführlichen ihr " mitge-
theilten " Artikel, nach welchem Oesterreich bis jetzt nichts weiter
erklärt hat, als daß es die englisch=französische Vermittelung an-
nehme. Ueber das Wie -- das Wichtigste in allen Dingen --
ist durchaus noch nichts entschieden. Oesterreich will vor Allem,
ehe es näher auf die Sache eingeht, seine diplomatischen Bezieh-
ungen zur französischen Republik ordnen, und es sollen zu diesem
Zwecke von beiden Seiten Gesandte für Wien und Paris ernannt
werden. Während der Zeit will der Freiherr von Wessenberg die
französisch=englischen Vorschläge "studiren" und sie in einem aus-
führlichen Memorandum beantworten, welches allen bei den
Wiener Verträgen vom Jahre 1815 betheiligten Mächten mit-
getheilt werden soll, unbeschadet der "guten Dienste" Englands
und Frankreichs, welche Oesterreich für die Pacification Jtaliens
benutzen will. Jm österreichischen Ministerrathe selbst -- und hier
scheint die "Presse" im Jrrthum zu seyn -- soll Verschiedenheit
der Ansichten herrschen. Eine Fraction wolle sich mit der Etsch-
linie begnügen, eine zweite verlange im Einverständniß mit der
deutschen Centralgewalt die Minciolinie, eine dritte endlich die
Wiederherstellung des lombardisch=venetianischen Königreiches
mit liberalen Jnstitutionen und nationaler Administration unter
einem in Jtalien geborenen Sohne des Erzherzogs Rainer. Ge-
räth die Sache, wie es allen Anschein hat, auf diese, auf die di-
plomatische Bahn, so ist an einer friedlichen Lösung der Frage
nicht zu zweifeln, nur wird es noch sehr lange dauern.

Der König der Belgier hat den ihm zugedachten Gesandten
der Republik, einen Herrn Labrousse nicht angenommen. Herr
Labrousse war vor der Februarrevolution Lehrer an einem Erzie-
hungsinstitute in Brüssel.

Ohne Erlaubniß des Präfecten darf künftig kein Jagdpulver
in den Departements mehr verkauft werden. Auch eine von den
Errungenschaften der Februarrevolution!

Cavaignac, Lamoriciere, Marrast und Ducoux haben sich
verabredet, den ganzen Betrag der Gehalte, die sie beziehen,
zu Festen zu verwenden, und die Minister zur Nachahmung
aufzumuntern. Es liegt deßhalb der Nationalversammlung ein
Vorschlag vor, den Gehalt des Präsidenten der National-
versammlung von 4000 auf 10,000 Francs zu erhöhen.
Marrast's letzter Ball hat allein so viel gekostet; Tolbecque,
der Director der ehemaligen Hofbälle, leitete das Orchester, das
"Souper" war durch den berühmten Chevel besorgt, und die
Erfrischungen von Poiree und Blanche; kurz, es war Alles so
"aristokratisch" als möglich.

Jm russischen Gesandtschaftspalast auf dem Vendome-
platze herrscht große Thätigkeit; man setzt Alles in Bereit-
schaft, um den Grafen Pahlen aufzunehmen. Der Graf soll
nämlich in höchsteigener Person die Anerkennung der fran-
zösischen Republik durch den Kaiser von Rußland überbrin-
gen, wovon sich die junge Republik über die Maßen geschmeichelt
fühlt. Auf Marrast's Ball sah man -- o Glückseligkeit! -- " be-
reits mehrere Russen." Man bemerkte außerdem, daß sich Ge-
neral Cavaignac vorzugsweise mit dem englischen Gesandten, Lord
Normanby und dem preußischen Gesandten, Grafen Hatzfeld, un-
terhielt. Ohne Zweifel dem Waffenstillstand von Malmö zu
Ehren!

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] pfangen: Admiral Albini hat amtlich hierher berichtet, daß er
die sardinischen Truppen in Venedig eingeschifft habe, und im
Laufe des heutigen Tages ( wahrscheinlich des 7. d. M. ) absegele.
Die k. k. Eskadre wird zur Erfüllung ihrer Bestimmung heute
Nacht von Triest absegeln.

Berlin. Das neueste Militärwochenblatt berichtet: Staven-
hagen,
Oberst vom gr. Generalstabe, Deetz, Hauptm. u. Art. -
Offiz. des Platzes Magdeburg, unter Verleihung des Char. als
Major, v. Ernst, Pr.=Lt. vom Jngen.=Korps, Bergmann,
Pr.=Lt., aggr. der Garde=Art.=Brig., v. Boddien, Rittm. vom
2. Ul.=Regt., unter Aggregirung bei dem Rgt., alle fünf zu dem
Reichs=Kriegs=Ministerium
kommandirt.

Mainz 12. September. Jn der letzten Sitzung des hie-
sigen Bürgervereines wurde der Beschluß gefaßt, geeigneten
Ortes eine Verstärkung der hiesigen Gensdarmerie, sowie der
s. g. Armee=Gensdarmen in Vorschlag zu bringen. So gerne wir
nun auch Schutz gegen das zügellose Treiben eines Theiles der
hiesigen preußischen Garnison erhalten möchten, so scheint uns
diese Maßregel doch nicht dazu geeignet. Fördert die wahre Civi-
lisation, — dann erst werden solche barbarische Scenen, wie wir
sie in den letzten Tagen zu beklagen hatten, nicht mehr vorkom-
men! Vorläufig ist und bleibt das ein Hauptübelstand, daß die
Soldaten außer dem Dienste Waffen tragen und es ist mit aller
Kraft dahin zu wirken, daß diesem Vorrechte endlich einmal ein
Ende gemacht werde. Am 21. Mai hieß es, obgleich dies Ge-
rücht sich bei der Untersuchung nicht bewährt haben soll: die
Bürger haben ihre Waffen gegen das Militär mißbraucht. Was
war nun das Erste, was man that? Man nahm den Bürgern
ihre Waffen, weil sie dieselben mißbraucht haben sollten. Warum
gestattet man aber den Soldaten noch täglich ihr Seitengewehr
gegen Bürger, gegen Solche, die ganz wehrlos einhergehen, zu
mißbrauchen? Jst der Landsknecht denn mehr als der Bürger?
Beinahe scheint es, daß in Mainz Gewalt über Recht gehe und
daß der Bürger schweigen müsse, wo Säbel und Bajonette be-
fehlen. Wir sind weit davon entfernt, Schmähungen und Schimpf-
reden gegen Soldaten entschuldigen zu wollen. Man untersuche
aber auch, was dergleichen Excessen vorhergegangen ist, man
beobachte nur das oft herausfordernde Benehmen der preußischen
Soldaten, und man wird es dann sehr erklärlich finden, daß
auch unsere geringeren Classen sich manchmal in ihrer Weise Luft
zu machen suchen. Gebe Gott, daß die beiden in diesen Tagen
gefallenen Opfer die letzten seyen, welche unsere Bürgerschaft ge-
bracht hat und daß unsere Vaterstadt bald wieder ein Asyl des
Friedens seyn möge, was sie in früheren weniger stürmischen
Zeiten war!

Frankreich.

* * * Paris 11. September. Das Lustigste bei unseren Zu-
ständen ist, daß wir nun sogar die Wühler, welche uns bis an
den Rand des Abgrundes geführt, noch bezahlen sollen! Es liegt
nämlich der Nationalversammlung ein Gesetzentwurf vor, ver-
möge dessen das Land alle Jahre 300,000 Francs „an die wäh-
rend der letzten Regierung aus politischen Gründen verurtheilten
Bürger“ zahlen soll. Wenn Sie nun erwägen, daß fast alle diese
„Bürger“ bei dem letzten Regierungswechsel sehr anständig, Viele
davon wahrhaft glänzend versorgt worden sind und daß fast das
ganze Land die gegenwärtigen Zustände im Stillen verwünscht,
so können Sie sich schon selbst denken, wie dieser Vorschlag auf-
genommen worden ist. Es ist die alte Geschichte von der Milch-
kuh, die früher von Louis Philippe und seinem Anhang gemolken
worden ist und jetzt, so lange es eben angeht, von den Republi-
kanern gemolken werden soll, das gute Thier aber, welches die
Milch geben muß, ist das „dumme Volk,“ welches durch all die-
sen Wirrwarr nichts weiter gewonnen hat als einen Wechsel
seiner Herren und nach dem Grundsatz: daß nie etwas Besseres
nachkommt — am Ende noch ärger geschunden wird, als dieses
früher der Fall war. Der „National“ meint freilich mit ächt
französischem Bombaste, die Revolution von 1830 habe ja auch
ihre unter der Restauration gemachten Schulden bezahlt und die
Revolution von 1848 werde doch nicht undankbarer seyn wollen,
als ihre Vorgängerin vom Jahre 1830 gewesen. Was seyen
300,000 Francs mehr oder weniger in unserem Büdget? Ein
Tropfen Wassers im Ocean! Am Ende erklärt er sogar in sei-
nem heiligen Eifer Jeden, der gegen diesen Vorschlag sprechen
würde, für einen Feind der Republik! So der National, der
allerdings sehr gut weiß, was er thut, denn die 300,000 Francs
werden zum großen Theile ihm und seinen Leuten zu gute kom-
men. Das Beste an der Sache ist, daß mit solchen Gesetzen allen
Wühlern auf ewige Zeiten die trostreiche Aussicht auf eine Leib-
rente eröffnet wird, wenn ihre Pläne gelingen und die letzte Re-
volution sobald als möglich durch eine darauf folgende allerletzte
wieder verschlungen wird. Sollte Das nicht auch ein Geheimniß
[Spaltenumbruch] Jhrer deutschen Anarchisten seyn und würden die Herren sich
nicht vielleicht dazu verstehen, auf das Revolutioniren zu verzich-
ten, wenn man ihnen ihre Leibrente jetzt schon zahlte oder auf
die demnächst zur Erledigung kommenden Ministerportefeuilles
und Präsidentensessel ihnen eine sichere Anwartschaft eröffnete?

Nach den in Paris eingelaufenen Correspondenzen aus dem
südlichen Jtalien sollen die neapolitanischen Truppen bei Messina
gelandet, allein von den Sicilianern zurückgeschlagen worden
seyn. Die sicilianische Regierung soll bei der englischen Flotte um
Hülfe nachgesucht haben.

Marschall Bugeaud hat auf eine von Paris aus an ihn
gerichtete Anfrage erklärt, daß er eine Wahl in die Nationalver-
sammlung, wenn sie in der Hauptstadt auf ihn fiele, gern an-
nehmen würde. Der alte Degen scheint also das Kriegshandwerk
mit dem friedlicheren eines Gesetzgebers vertauschen zu wollen.
Jn seiner Antwort heißt es unter Anderem: „Jch werde mit
Kraft und Ausdauer die civilisirte Societät gegen die antisocialen
Jdeen der Communisten und Terroristen vertheidigen, ich werde
die Jnteressen der Hauptstadt und ihrer Banmeile vertreten,
kurz ich werde mit Leib und Seele ein Kämpfer für Ordnung,
Familie und Eigenthum seyn. Sollten aber die Anarchisten noch
einmal über die Societät herfallen, so werde ich kein theilnahm-
loser Zuschauer des Bürgerkrieges bleiben, sondern in die Reihen
der Nationalgarde und der Armee eintreten und für eine so schöne
und heilige Sache mich mit Freuden meinen braven ehemaligen
Unterbefehlshabern anschließen, die in den Junitagen gefallen sind.“

Die „Presse“ bringt heute einen ausführlichen ihr „ mitge-
theilten “ Artikel, nach welchem Oesterreich bis jetzt nichts weiter
erklärt hat, als daß es die englisch=französische Vermittelung an-
nehme. Ueber das Wie — das Wichtigste in allen Dingen —
ist durchaus noch nichts entschieden. Oesterreich will vor Allem,
ehe es näher auf die Sache eingeht, seine diplomatischen Bezieh-
ungen zur französischen Republik ordnen, und es sollen zu diesem
Zwecke von beiden Seiten Gesandte für Wien und Paris ernannt
werden. Während der Zeit will der Freiherr von Wessenberg die
französisch=englischen Vorschläge „studiren“ und sie in einem aus-
führlichen Memorandum beantworten, welches allen bei den
Wiener Verträgen vom Jahre 1815 betheiligten Mächten mit-
getheilt werden soll, unbeschadet der „guten Dienste“ Englands
und Frankreichs, welche Oesterreich für die Pacification Jtaliens
benutzen will. Jm österreichischen Ministerrathe selbst — und hier
scheint die „Presse“ im Jrrthum zu seyn — soll Verschiedenheit
der Ansichten herrschen. Eine Fraction wolle sich mit der Etsch-
linie begnügen, eine zweite verlange im Einverständniß mit der
deutschen Centralgewalt die Minciolinie, eine dritte endlich die
Wiederherstellung des lombardisch=venetianischen Königreiches
mit liberalen Jnstitutionen und nationaler Administration unter
einem in Jtalien geborenen Sohne des Erzherzogs Rainer. Ge-
räth die Sache, wie es allen Anschein hat, auf diese, auf die di-
plomatische Bahn, so ist an einer friedlichen Lösung der Frage
nicht zu zweifeln, nur wird es noch sehr lange dauern.

Der König der Belgier hat den ihm zugedachten Gesandten
der Republik, einen Herrn Labrousse nicht angenommen. Herr
Labrousse war vor der Februarrevolution Lehrer an einem Erzie-
hungsinstitute in Brüssel.

Ohne Erlaubniß des Präfecten darf künftig kein Jagdpulver
in den Departements mehr verkauft werden. Auch eine von den
Errungenschaften der Februarrevolution!

Cavaignac, Lamoricière, Marrast und Ducoux haben sich
verabredet, den ganzen Betrag der Gehalte, die sie beziehen,
zu Festen zu verwenden, und die Minister zur Nachahmung
aufzumuntern. Es liegt deßhalb der Nationalversammlung ein
Vorschlag vor, den Gehalt des Präsidenten der National-
versammlung von 4000 auf 10,000 Francs zu erhöhen.
Marrast's letzter Ball hat allein so viel gekostet; Tolbecque,
der Director der ehemaligen Hofbälle, leitete das Orchester, das
„Souper“ war durch den berühmten Chevel besorgt, und die
Erfrischungen von Poirée und Blanche; kurz, es war Alles so
„aristokratisch“ als möglich.

Jm russischen Gesandtschaftspalast auf dem Vendome-
platze herrscht große Thätigkeit; man setzt Alles in Bereit-
schaft, um den Grafen Pahlen aufzunehmen. Der Graf soll
nämlich in höchsteigener Person die Anerkennung der fran-
zösischen Republik durch den Kaiser von Rußland überbrin-
gen, wovon sich die junge Republik über die Maßen geschmeichelt
fühlt. Auf Marrast's Ball sah man — o Glückseligkeit! — „ be-
reits mehrere Russen.“ Man bemerkte außerdem, daß sich Ge-
neral Cavaignac vorzugsweise mit dem englischen Gesandten, Lord
Normanby und dem preußischen Gesandten, Grafen Hatzfeld, un-
terhielt. Ohne Zweifel dem Waffenstillstand von Malmö zu
Ehren!

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] pfangen: Admiral Albini hat amtlich hierher berichtet, daß er die sardinischen Truppen in Venedig eingeschifft habe, und im Laufe des heutigen Tages ( wahrscheinlich des 7. d. M. ) absegele. Die k. k. Eskadre wird zur Erfüllung ihrer Bestimmung heute Nacht von Triest absegeln. Berlin. Das neueste Militärwochenblatt berichtet: Staven- hagen, Oberst vom gr. Generalstabe, Deetz, Hauptm. u. Art. - Offiz. des Platzes Magdeburg, unter Verleihung des Char. als Major, v. Ernst, Pr.=Lt. vom Jngen.=Korps, Bergmann, Pr.=Lt., aggr. der Garde=Art.=Brig., v. Boddien, Rittm. vom 2. Ul.=Regt., unter Aggregirung bei dem Rgt., alle fünf zu dem Reichs=Kriegs=Ministerium kommandirt. Mainz 12. September. Jn der letzten Sitzung des hie- sigen Bürgervereines wurde der Beschluß gefaßt, geeigneten Ortes eine Verstärkung der hiesigen Gensdarmerie, sowie der s. g. Armee=Gensdarmen in Vorschlag zu bringen. So gerne wir nun auch Schutz gegen das zügellose Treiben eines Theiles der hiesigen preußischen Garnison erhalten möchten, so scheint uns diese Maßregel doch nicht dazu geeignet. Fördert die wahre Civi- lisation, — dann erst werden solche barbarische Scenen, wie wir sie in den letzten Tagen zu beklagen hatten, nicht mehr vorkom- men! Vorläufig ist und bleibt das ein Hauptübelstand, daß die Soldaten außer dem Dienste Waffen tragen und es ist mit aller Kraft dahin zu wirken, daß diesem Vorrechte endlich einmal ein Ende gemacht werde. Am 21. Mai hieß es, obgleich dies Ge- rücht sich bei der Untersuchung nicht bewährt haben soll: die Bürger haben ihre Waffen gegen das Militär mißbraucht. Was war nun das Erste, was man that? Man nahm den Bürgern ihre Waffen, weil sie dieselben mißbraucht haben sollten. Warum gestattet man aber den Soldaten noch täglich ihr Seitengewehr gegen Bürger, gegen Solche, die ganz wehrlos einhergehen, zu mißbrauchen? Jst der Landsknecht denn mehr als der Bürger? Beinahe scheint es, daß in Mainz Gewalt über Recht gehe und daß der Bürger schweigen müsse, wo Säbel und Bajonette be- fehlen. Wir sind weit davon entfernt, Schmähungen und Schimpf- reden gegen Soldaten entschuldigen zu wollen. Man untersuche aber auch, was dergleichen Excessen vorhergegangen ist, man beobachte nur das oft herausfordernde Benehmen der preußischen Soldaten, und man wird es dann sehr erklärlich finden, daß auch unsere geringeren Classen sich manchmal in ihrer Weise Luft zu machen suchen. Gebe Gott, daß die beiden in diesen Tagen gefallenen Opfer die letzten seyen, welche unsere Bürgerschaft ge- bracht hat und daß unsere Vaterstadt bald wieder ein Asyl des Friedens seyn möge, was sie in früheren weniger stürmischen Zeiten war! Frankreich. * * * Paris 11. September. Das Lustigste bei unseren Zu- ständen ist, daß wir nun sogar die Wühler, welche uns bis an den Rand des Abgrundes geführt, noch bezahlen sollen! Es liegt nämlich der Nationalversammlung ein Gesetzentwurf vor, ver- möge dessen das Land alle Jahre 300,000 Francs „an die wäh- rend der letzten Regierung aus politischen Gründen verurtheilten Bürger“ zahlen soll. Wenn Sie nun erwägen, daß fast alle diese „Bürger“ bei dem letzten Regierungswechsel sehr anständig, Viele davon wahrhaft glänzend versorgt worden sind und daß fast das ganze Land die gegenwärtigen Zustände im Stillen verwünscht, so können Sie sich schon selbst denken, wie dieser Vorschlag auf- genommen worden ist. Es ist die alte Geschichte von der Milch- kuh, die früher von Louis Philippe und seinem Anhang gemolken worden ist und jetzt, so lange es eben angeht, von den Republi- kanern gemolken werden soll, das gute Thier aber, welches die Milch geben muß, ist das „dumme Volk,“ welches durch all die- sen Wirrwarr nichts weiter gewonnen hat als einen Wechsel seiner Herren und nach dem Grundsatz: daß nie etwas Besseres nachkommt — am Ende noch ärger geschunden wird, als dieses früher der Fall war. Der „National“ meint freilich mit ächt französischem Bombaste, die Revolution von 1830 habe ja auch ihre unter der Restauration gemachten Schulden bezahlt und die Revolution von 1848 werde doch nicht undankbarer seyn wollen, als ihre Vorgängerin vom Jahre 1830 gewesen. Was seyen 300,000 Francs mehr oder weniger in unserem Büdget? Ein Tropfen Wassers im Ocean! Am Ende erklärt er sogar in sei- nem heiligen Eifer Jeden, der gegen diesen Vorschlag sprechen würde, für einen Feind der Republik! So der National, der allerdings sehr gut weiß, was er thut, denn die 300,000 Francs werden zum großen Theile ihm und seinen Leuten zu gute kom- men. Das Beste an der Sache ist, daß mit solchen Gesetzen allen Wühlern auf ewige Zeiten die trostreiche Aussicht auf eine Leib- rente eröffnet wird, wenn ihre Pläne gelingen und die letzte Re- volution sobald als möglich durch eine darauf folgende allerletzte wieder verschlungen wird. Sollte Das nicht auch ein Geheimniß Jhrer deutschen Anarchisten seyn und würden die Herren sich nicht vielleicht dazu verstehen, auf das Revolutioniren zu verzich- ten, wenn man ihnen ihre Leibrente jetzt schon zahlte oder auf die demnächst zur Erledigung kommenden Ministerportefeuilles und Präsidentensessel ihnen eine sichere Anwartschaft eröffnete? Nach den in Paris eingelaufenen Correspondenzen aus dem südlichen Jtalien sollen die neapolitanischen Truppen bei Messina gelandet, allein von den Sicilianern zurückgeschlagen worden seyn. Die sicilianische Regierung soll bei der englischen Flotte um Hülfe nachgesucht haben. Marschall Bugeaud hat auf eine von Paris aus an ihn gerichtete Anfrage erklärt, daß er eine Wahl in die Nationalver- sammlung, wenn sie in der Hauptstadt auf ihn fiele, gern an- nehmen würde. Der alte Degen scheint also das Kriegshandwerk mit dem friedlicheren eines Gesetzgebers vertauschen zu wollen. Jn seiner Antwort heißt es unter Anderem: „Jch werde mit Kraft und Ausdauer die civilisirte Societät gegen die antisocialen Jdeen der Communisten und Terroristen vertheidigen, ich werde die Jnteressen der Hauptstadt und ihrer Banmeile vertreten, kurz ich werde mit Leib und Seele ein Kämpfer für Ordnung, Familie und Eigenthum seyn. Sollten aber die Anarchisten noch einmal über die Societät herfallen, so werde ich kein theilnahm- loser Zuschauer des Bürgerkrieges bleiben, sondern in die Reihen der Nationalgarde und der Armee eintreten und für eine so schöne und heilige Sache mich mit Freuden meinen braven ehemaligen Unterbefehlshabern anschließen, die in den Junitagen gefallen sind.“ Die „Presse“ bringt heute einen ausführlichen ihr „ mitge- theilten “ Artikel, nach welchem Oesterreich bis jetzt nichts weiter erklärt hat, als daß es die englisch=französische Vermittelung an- nehme. Ueber das Wie — das Wichtigste in allen Dingen — ist durchaus noch nichts entschieden. Oesterreich will vor Allem, ehe es näher auf die Sache eingeht, seine diplomatischen Bezieh- ungen zur französischen Republik ordnen, und es sollen zu diesem Zwecke von beiden Seiten Gesandte für Wien und Paris ernannt werden. Während der Zeit will der Freiherr von Wessenberg die französisch=englischen Vorschläge „studiren“ und sie in einem aus- führlichen Memorandum beantworten, welches allen bei den Wiener Verträgen vom Jahre 1815 betheiligten Mächten mit- getheilt werden soll, unbeschadet der „guten Dienste“ Englands und Frankreichs, welche Oesterreich für die Pacification Jtaliens benutzen will. Jm österreichischen Ministerrathe selbst — und hier scheint die „Presse“ im Jrrthum zu seyn — soll Verschiedenheit der Ansichten herrschen. Eine Fraction wolle sich mit der Etsch- linie begnügen, eine zweite verlange im Einverständniß mit der deutschen Centralgewalt die Minciolinie, eine dritte endlich die Wiederherstellung des lombardisch=venetianischen Königreiches mit liberalen Jnstitutionen und nationaler Administration unter einem in Jtalien geborenen Sohne des Erzherzogs Rainer. Ge- räth die Sache, wie es allen Anschein hat, auf diese, auf die di- plomatische Bahn, so ist an einer friedlichen Lösung der Frage nicht zu zweifeln, nur wird es noch sehr lange dauern. Der König der Belgier hat den ihm zugedachten Gesandten der Republik, einen Herrn Labrousse nicht angenommen. Herr Labrousse war vor der Februarrevolution Lehrer an einem Erzie- hungsinstitute in Brüssel. Ohne Erlaubniß des Präfecten darf künftig kein Jagdpulver in den Departements mehr verkauft werden. Auch eine von den Errungenschaften der Februarrevolution! Cavaignac, Lamoricière, Marrast und Ducoux haben sich verabredet, den ganzen Betrag der Gehalte, die sie beziehen, zu Festen zu verwenden, und die Minister zur Nachahmung aufzumuntern. Es liegt deßhalb der Nationalversammlung ein Vorschlag vor, den Gehalt des Präsidenten der National- versammlung von 4000 auf 10,000 Francs zu erhöhen. Marrast's letzter Ball hat allein so viel gekostet; Tolbecque, der Director der ehemaligen Hofbälle, leitete das Orchester, das „Souper“ war durch den berühmten Chevel besorgt, und die Erfrischungen von Poirée und Blanche; kurz, es war Alles so „aristokratisch“ als möglich. Jm russischen Gesandtschaftspalast auf dem Vendome- platze herrscht große Thätigkeit; man setzt Alles in Bereit- schaft, um den Grafen Pahlen aufzunehmen. Der Graf soll nämlich in höchsteigener Person die Anerkennung der fran- zösischen Republik durch den Kaiser von Rußland überbrin- gen, wovon sich die junge Republik über die Maßen geschmeichelt fühlt. Auf Marrast's Ball sah man — o Glückseligkeit! — „ be- reits mehrere Russen.“ Man bemerkte außerdem, daß sich Ge- neral Cavaignac vorzugsweise mit dem englischen Gesandten, Lord Normanby und dem preußischen Gesandten, Grafen Hatzfeld, un- terhielt. Ohne Zweifel dem Waffenstillstand von Malmö zu Ehren! Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 85. Mainz, 13. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal085_1848/4>, abgerufen am 25.11.2024.