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Mainzer Journal. Nr. 45. Mainz, 30. Juli 1848.

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[Beginn Spaltensatz] s. w. Dieses Alles solle durch ein allgemeines Gesetz
bestimmt werden, entweder für ganz Deutschland, oder doch durch
die einzelnen deutschen Staaten für ihr ganzes Gebiet. Allein in
einem solchen allgemeinen Gesetz können wir nur einen arm-
seligen Nothbehelf erblicken, der am Ende gar wenig nutzen wird;
denn die Bestimmungen eines allgemeinen Gesetzes sind eben so
allgemein und weit, daß sie Raum genug bieten, um dazwischen
durchzuschlüpfen. Die Verhältnisse in jeder Gemeinde sind ferner
eigenthümlich und bedürfen einer speciellen Beurtheilung. Jst z. B.
in einer Gemeinde ein Gewerbe bereits übersetzt, so dürfen nicht
neue Genossen desselben Gewerbes, auch wenn sie ihre Erwerbs-
fähigkeit nachweisen, aufgenommen werden. Da muß also ein
Richter, eine Jury da seyn, welche in jedem einzelnen Fall
über die Aufnahme entscheidet. Wer anders aber kann diese Jury
abgeben, als die Gemeinde selbst? Diese und nur diese
allein, weiß am Besten, was ihr frommt, diese und nur diese
allein hat auch das Jnteresse, mit aller Treue für ihr eige-
nes Beste zusorgen; diese und nur diese allein hat auch das
nächste, beste, ja das einzige Recht dazu.

Also kein todtes allgemeines Gesetz mit einer wächsernen Nase
und tausend Schlupflöchern für die Willkühr, sondern der ein-
fache, klare Rechtsgrundsatz: die Gemeinde selbst erkennt
frei und ohne Appellation
( wie jede Jury inappellabel
ist ) über die Aufnahme in ihr Gemeindebürgerrecht.
Jede Gemeinde mag dann für sich gewisse Regeln und Statuten
über diesen Gegenstand ihren besonderen Verhältnissen gemäß
feststellen. Es gehört dieses zu einem anderen wesentlichen
Rechte
der freien deutschen Gemeinde, nämlich dem Rechte der
Autonomie, der Selbstgesetzgebung.
Aber es schwin-
delt uns fast, wenn wir auf die bisherige Wirthschaft des auf= und
abgeklärten Polizeistaates hinsehen, indem wir diese Forderung
aussprechen -- und doch kann nicht von wahrer Gemeindefreiheit
die Rede seyn, wenn die Gemeinden, namentlich die Städte nicht
das Recht haben, all ihre inneren Angelegenheiten durch Statuten
selbst zu ordnen, wie dieses durch das Alterthum, durch die ganze
mittlere Zeit bis in die unglückseligen Zeiten des modernen Abso-
lutismus der Fall war. Aber wird da nicht die Einförmigkeit
nothleiden? Ja, das war auch ein feines Steckenpferd der Akten-
und Kamaschenhelden -- diese Einförmigkeit; in unseren Augen
aber ist es rein eine unendliche Abgeschmaktheit, alle Gemeinden
von den Hochalpen Tyrols bis in's märkische Flachland und zum
Sande der Dünen, vom Rhein bis zur Weichsel -- in Stadt und
Dorf -- über Einen Kamm zu scheeren und an Ein Joch einer
ganz gleichen Gemeindeordnung zu spannen.

Doch noch Eines! Das Wohl und Wehe der Gemeinden steht
auf dem Spiel; bei den deßfallsigen Berathungen des Parla-
mentes sind alle Gemeinden auf's Höchste betheiligt. Warum
gehen also von den Gemeinden, von den Städten keine Adressen
ein? Warum ahmen sie nicht jene nicht genug zu lobenden Ge-
werbsleute nach, die ohne auf Einladung zu warten in Ge-
mäßheit jenes Urrechtes unter allen Urrechten -- des Rechtes
nämlich für sich selbst zu sorgen und seiner eigenen Haut sich zu
wehren -- zu einem Congreß zusammengetreten sind, um selbst-
thätig eine Gewerbeordnung herbeizuführen? jene edlen und
klugen deutschen Handwerksleute, die sich endlich einmal
emancipirt haben von dem Geschwätz der Herren, welche bisher
den Zeitgeist machten, um in alter Weise ihre eigene Sache selbst
zu führen? Noch ist es Zeit; möchten die Rheinischen Städte
vorangehen! Traurig, wenn die deutschen Städte ihre höchsten
und wichtigsten Rechte nicht einmal einer Adresse würdig erachte-
ten! Freies Recht über die Aufnahme in's Ortsbürgerrecht zu
beschließen; freie Selbstgesetzgebung in allen Gemeindesachen;
freie Wahl des Gemeindevorstandes; freie Selbstverwaltung des
Gemeindehaushaltes; Handhabung der Ortspolizei; freie Selbst-
besteuerung für Gemeindebedürfnisse -- das sind die wesentlichsten
Rechte der wahren deutschen Gemeindefreiheit. Aber wo ist unter
all' dieser wohlgesinnten Feinheit und gesinnungstüchtigen Grob-
heit der wahre, ächte Freiheitssinn und Freiheitsmuth zu finden?!



Schleswig=holsteinische Angelegenheiten.

Die provisorische Regierung hat folgenden Aufruf erlassen:
Mitbürger! Die Unterhandlungen, welche zur Anbahnung fried-
licher Ausgleichung mit Dänemark geführt worden, sind abge-
brochen.
Die Feindseligkeiten sind wieder eröffnet: die Waffen
werden entscheiden. Deutschland hat gezeigt, daß es den Frieden
wünscht. Auch die billigsten Forderungen sind von Dänemark
verworfen. Unehrenhafte Bedingungen sind gescheitert an dem
Willen Deutschlands, an der Festigkeit des tapferen Feldherrn,
der an der Spitze des deutschen Heeres die Gränze des Landes
bewacht. Schleswig=Holsteiner! wir sind dem deutschen Vater-
[Spaltenumbruch] lande zu dauerndem Danke verpflichtet. Preußen und die Staa-
ten des 10. Armeecorps stehen für uns in den Waffen. Alle
deutschen Seestädte bringen seit Monaten unserer Sache schwere
Opfer. Laßt uns dieser Theilnahme uns würdig beweisen. Nur
Einigkeit und Thatkraft führen rasch an's Ziel. Unsere junge
Mannschaft eilt freudig zu den Fahnen, damit wir, beim An-
fange des Kampfes durch die List der Dänen ungerüstet, mit
Ehren unseren deutschen Brüdern zur Seite treten. Wir wollen
alle bereit seyn, jeder anderen Anforderung zu entsprechen,
welche die energische Fortführung des Krieges nöthig macht.
Mitbürger! Wir dürfen nicht zweifeln an dem Sjege unserer
gerechten Sache. Fern sei es von uns, in fremdes Recht hin-
über greifen zu wollen. Aber was unser ist, von unseren Vor-
fahren als ein heiliges Vermächtniß uns überkommen, das wol-
len wir bewahren und behaupten. Die Herzogthümer ge-
hören unzertrennlich dem deutschen Vaterlande
an.
Für das Vaterland haben wir zu den Waffen gegriffen, ist
das Blut unserer deutschen Brüder geflossen. Mit ihm wollen
wir einig seyn, zu siegen oder zu fallen. Rendsburg 25. Juli
1848. Die provisorische Regierung. Beseler. F. Reventlou.
J. Bremer. Th. Olshausen.

Rendsburg 25. Juli. ( Schl.=H. Z. ) Ein Courier brachte
diesen Morgen die Nachricht, welche die obenstehende Proclama-
tion den Bewohnern des Landes mittheilt. Dank dem Uebermuth
der Dänen, die von den Malmöer Bedingungen nichts ablassen
wollten, sind die Waffenstillstands=Unterhandlungen abgebrochen,
und ist die Entscheidung wieder dem Schwerte übergeben; daß
dieses jetzt ernstlich dreinschlagen werde, daran dürfen wir nach
Allem, was vorausgegangen, nicht zweifeln. Gestern Mittag
gab bei einem Gastmahl, welches die Offiziere der zu Haders-
leben garnisonirenden Truppen dem Oberbefehlshaber der Armee
veranstaltet hatten, ein "tapferer" Trinkspruch des Generals
Wrangel den anwesenden Offizieren die erwünschte Kunde, und
schon heute werden die militärischen Operationen wieder begonnen
haben.

Altona 25. Juli. ( B. H. ) Die Waffenstillstands=Verhandlun-
gen sind abgebrochen. Morgen Abend werden Beseler und Professor
Christiansen über Altona, wo sich ihnen der Abg. Kaufmann
Semper anschließen wird, nach Frankfurt a. M. reisen, um die
Centralgewalt zur energischen Wiederaufnahme des Krieges zu
bewegen.

Das "Kieler Corr.=Bl." schreibt: "Wie perfide bei Stellung
der Waffenstillstandsbedingungen die Dänen zu Werke gehen,
wird leicht klar aus folgender Mittheilung, welche uns aus ge-
achteter Quelle zugekommen ist. Bekanntlich war eine der dunkeln
Waffenstillstandsbedingungen, daß während desselben die holstei-
nischen Soldaten in Holstein, die schleswigschen in Schleswig
stationirt werden sollten. Der Graf Pourtales bewirkte daher
eine Umfrage in unserer Armee nach den gebornen Schleswigern.
Einem höheren preußischen Officier scheint indeß die Sache be-
denklich und als auf seine Veranlassung auf eine stricte Jnterpre-
tation dieser Bedingung gedrungen wird, kommt es denn zu Tage:
daß die Dänen der Meinung waren, sie wollten ihre, in der
dänischen Armee befindlichen und zu dieser gehörigen sogenannten
schleswigschen Bataillone und Regimenter, welche früher aller-
dings von Schleswig aus rekrutirt wurden, jetzt aber natürlich
größtentheils aus Dänen bestehen und von dänischen Offizieren
commandirt werden, in Schleswig stationiren! Die Folge dieser
Bedingung wäre also die vollständige Wiederbesetzung Schles-
wigs durch die Dänen geworden und Letztere hätten, obwohl
besiegt, durch diesen Waffenstillstand doch eine noch bessere Posi-
tion bekommen, als durch die Gefechte vom 9. April, wo sie
Sieger waren.



Deutschland.

Wien. [ Kriegsschauplatz. ] Die neuesten Nachrichten aus
Verona vom 20. Juli und aus Padua vom 21. melden nichts
Erhebliches. Der F.=M. Graf Radetzky war in Verona
und F.=M.=L. Welden in Padua. Der gänzliche Rückzug der
Neapolitaner in ihre Heimath und ihr Abzug aus Venedig be-
stätigt sich. Auch hat der Papst einen Erlaß ertheilt, alle mit den
österreichischen Generalen abgeschlossenen Capitulationen, welche
die Mailänder Regierung verletzen wollte, heilig zu halten. Jn
Folge dessen kehren die Croziati von Palma, Treviso, Vicensa
u. s. w. zum Trost des Landvolkes in Haufen nach dem Römischen
zurück.

Die neuesten Nachrichten aus Pesth vom 23. Juli melden,
daß F.=M.=L. Bechtold in den Gefechten bei St. Thomas
nicht geblieben ist. Allein es wird von Fünfkirchen gemeldet,
daß sich zwei Bataillone ungarischer Regimenter weigerten, auf
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] s. w. Dieses Alles solle durch ein allgemeines Gesetz
bestimmt werden, entweder für ganz Deutschland, oder doch durch
die einzelnen deutschen Staaten für ihr ganzes Gebiet. Allein in
einem solchen allgemeinen Gesetz können wir nur einen arm-
seligen Nothbehelf erblicken, der am Ende gar wenig nutzen wird;
denn die Bestimmungen eines allgemeinen Gesetzes sind eben so
allgemein und weit, daß sie Raum genug bieten, um dazwischen
durchzuschlüpfen. Die Verhältnisse in jeder Gemeinde sind ferner
eigenthümlich und bedürfen einer speciellen Beurtheilung. Jst z. B.
in einer Gemeinde ein Gewerbe bereits übersetzt, so dürfen nicht
neue Genossen desselben Gewerbes, auch wenn sie ihre Erwerbs-
fähigkeit nachweisen, aufgenommen werden. Da muß also ein
Richter, eine Jury da seyn, welche in jedem einzelnen Fall
über die Aufnahme entscheidet. Wer anders aber kann diese Jury
abgeben, als die Gemeinde selbst? Diese und nur diese
allein, weiß am Besten, was ihr frommt, diese und nur diese
allein hat auch das Jnteresse, mit aller Treue für ihr eige-
nes Beste zusorgen; diese und nur diese allein hat auch das
nächste, beste, ja das einzige Recht dazu.

Also kein todtes allgemeines Gesetz mit einer wächsernen Nase
und tausend Schlupflöchern für die Willkühr, sondern der ein-
fache, klare Rechtsgrundsatz: die Gemeinde selbst erkennt
frei und ohne Appellation
( wie jede Jury inappellabel
ist ) über die Aufnahme in ihr Gemeindebürgerrecht.
Jede Gemeinde mag dann für sich gewisse Regeln und Statuten
über diesen Gegenstand ihren besonderen Verhältnissen gemäß
feststellen. Es gehört dieses zu einem anderen wesentlichen
Rechte
der freien deutschen Gemeinde, nämlich dem Rechte der
Autonomie, der Selbstgesetzgebung.
Aber es schwin-
delt uns fast, wenn wir auf die bisherige Wirthschaft des auf= und
abgeklärten Polizeistaates hinsehen, indem wir diese Forderung
aussprechen — und doch kann nicht von wahrer Gemeindefreiheit
die Rede seyn, wenn die Gemeinden, namentlich die Städte nicht
das Recht haben, all ihre inneren Angelegenheiten durch Statuten
selbst zu ordnen, wie dieses durch das Alterthum, durch die ganze
mittlere Zeit bis in die unglückseligen Zeiten des modernen Abso-
lutismus der Fall war. Aber wird da nicht die Einförmigkeit
nothleiden? Ja, das war auch ein feines Steckenpferd der Akten-
und Kamaschenhelden — diese Einförmigkeit; in unseren Augen
aber ist es rein eine unendliche Abgeschmaktheit, alle Gemeinden
von den Hochalpen Tyrols bis in's märkische Flachland und zum
Sande der Dünen, vom Rhein bis zur Weichsel — in Stadt und
Dorf — über Einen Kamm zu scheeren und an Ein Joch einer
ganz gleichen Gemeindeordnung zu spannen.

Doch noch Eines! Das Wohl und Wehe der Gemeinden steht
auf dem Spiel; bei den deßfallsigen Berathungen des Parla-
mentes sind alle Gemeinden auf's Höchste betheiligt. Warum
gehen also von den Gemeinden, von den Städten keine Adressen
ein? Warum ahmen sie nicht jene nicht genug zu lobenden Ge-
werbsleute nach, die ohne auf Einladung zu warten in Ge-
mäßheit jenes Urrechtes unter allen Urrechten — des Rechtes
nämlich für sich selbst zu sorgen und seiner eigenen Haut sich zu
wehren — zu einem Congreß zusammengetreten sind, um selbst-
thätig eine Gewerbeordnung herbeizuführen? jene edlen und
klugen deutschen Handwerksleute, die sich endlich einmal
emancipirt haben von dem Geschwätz der Herren, welche bisher
den Zeitgeist machten, um in alter Weise ihre eigene Sache selbst
zu führen? Noch ist es Zeit; möchten die Rheinischen Städte
vorangehen! Traurig, wenn die deutschen Städte ihre höchsten
und wichtigsten Rechte nicht einmal einer Adresse würdig erachte-
ten! Freies Recht über die Aufnahme in's Ortsbürgerrecht zu
beschließen; freie Selbstgesetzgebung in allen Gemeindesachen;
freie Wahl des Gemeindevorstandes; freie Selbstverwaltung des
Gemeindehaushaltes; Handhabung der Ortspolizei; freie Selbst-
besteuerung für Gemeindebedürfnisse — das sind die wesentlichsten
Rechte der wahren deutschen Gemeindefreiheit. Aber wo ist unter
all' dieser wohlgesinnten Feinheit und gesinnungstüchtigen Grob-
heit der wahre, ächte Freiheitssinn und Freiheitsmuth zu finden?!



Schleswig=holsteinische Angelegenheiten.

Die provisorische Regierung hat folgenden Aufruf erlassen:
Mitbürger! Die Unterhandlungen, welche zur Anbahnung fried-
licher Ausgleichung mit Dänemark geführt worden, sind abge-
brochen.
Die Feindseligkeiten sind wieder eröffnet: die Waffen
werden entscheiden. Deutschland hat gezeigt, daß es den Frieden
wünscht. Auch die billigsten Forderungen sind von Dänemark
verworfen. Unehrenhafte Bedingungen sind gescheitert an dem
Willen Deutschlands, an der Festigkeit des tapferen Feldherrn,
der an der Spitze des deutschen Heeres die Gränze des Landes
bewacht. Schleswig=Holsteiner! wir sind dem deutschen Vater-
[Spaltenumbruch] lande zu dauerndem Danke verpflichtet. Preußen und die Staa-
ten des 10. Armeecorps stehen für uns in den Waffen. Alle
deutschen Seestädte bringen seit Monaten unserer Sache schwere
Opfer. Laßt uns dieser Theilnahme uns würdig beweisen. Nur
Einigkeit und Thatkraft führen rasch an's Ziel. Unsere junge
Mannschaft eilt freudig zu den Fahnen, damit wir, beim An-
fange des Kampfes durch die List der Dänen ungerüstet, mit
Ehren unseren deutschen Brüdern zur Seite treten. Wir wollen
alle bereit seyn, jeder anderen Anforderung zu entsprechen,
welche die energische Fortführung des Krieges nöthig macht.
Mitbürger! Wir dürfen nicht zweifeln an dem Sjege unserer
gerechten Sache. Fern sei es von uns, in fremdes Recht hin-
über greifen zu wollen. Aber was unser ist, von unseren Vor-
fahren als ein heiliges Vermächtniß uns überkommen, das wol-
len wir bewahren und behaupten. Die Herzogthümer ge-
hören unzertrennlich dem deutschen Vaterlande
an.
Für das Vaterland haben wir zu den Waffen gegriffen, ist
das Blut unserer deutschen Brüder geflossen. Mit ihm wollen
wir einig seyn, zu siegen oder zu fallen. Rendsburg 25. Juli
1848. Die provisorische Regierung. Beseler. F. Reventlou.
J. Bremer. Th. Olshausen.

Rendsburg 25. Juli. ( Schl.=H. Z. ) Ein Courier brachte
diesen Morgen die Nachricht, welche die obenstehende Proclama-
tion den Bewohnern des Landes mittheilt. Dank dem Uebermuth
der Dänen, die von den Malmöer Bedingungen nichts ablassen
wollten, sind die Waffenstillstands=Unterhandlungen abgebrochen,
und ist die Entscheidung wieder dem Schwerte übergeben; daß
dieses jetzt ernstlich dreinschlagen werde, daran dürfen wir nach
Allem, was vorausgegangen, nicht zweifeln. Gestern Mittag
gab bei einem Gastmahl, welches die Offiziere der zu Haders-
leben garnisonirenden Truppen dem Oberbefehlshaber der Armee
veranstaltet hatten, ein „tapferer“ Trinkspruch des Generals
Wrangel den anwesenden Offizieren die erwünschte Kunde, und
schon heute werden die militärischen Operationen wieder begonnen
haben.

Altona 25. Juli. ( B. H. ) Die Waffenstillstands=Verhandlun-
gen sind abgebrochen. Morgen Abend werden Beseler und Professor
Christiansen über Altona, wo sich ihnen der Abg. Kaufmann
Semper anschließen wird, nach Frankfurt a. M. reisen, um die
Centralgewalt zur energischen Wiederaufnahme des Krieges zu
bewegen.

Das „Kieler Corr.=Bl.“ schreibt: „Wie perfide bei Stellung
der Waffenstillstandsbedingungen die Dänen zu Werke gehen,
wird leicht klar aus folgender Mittheilung, welche uns aus ge-
achteter Quelle zugekommen ist. Bekanntlich war eine der dunkeln
Waffenstillstandsbedingungen, daß während desselben die holstei-
nischen Soldaten in Holstein, die schleswigschen in Schleswig
stationirt werden sollten. Der Graf Pourtalés bewirkte daher
eine Umfrage in unserer Armee nach den gebornen Schleswigern.
Einem höheren preußischen Officier scheint indeß die Sache be-
denklich und als auf seine Veranlassung auf eine stricte Jnterpre-
tation dieser Bedingung gedrungen wird, kommt es denn zu Tage:
daß die Dänen der Meinung waren, sie wollten ihre, in der
dänischen Armee befindlichen und zu dieser gehörigen sogenannten
schleswigschen Bataillone und Regimenter, welche früher aller-
dings von Schleswig aus rekrutirt wurden, jetzt aber natürlich
größtentheils aus Dänen bestehen und von dänischen Offizieren
commandirt werden, in Schleswig stationiren! Die Folge dieser
Bedingung wäre also die vollständige Wiederbesetzung Schles-
wigs durch die Dänen geworden und Letztere hätten, obwohl
besiegt, durch diesen Waffenstillstand doch eine noch bessere Posi-
tion bekommen, als durch die Gefechte vom 9. April, wo sie
Sieger waren.



Deutschland.

Wien. [ Kriegsschauplatz. ] Die neuesten Nachrichten aus
Verona vom 20. Juli und aus Padua vom 21. melden nichts
Erhebliches. Der F.=M. Graf Radetzky war in Verona
und F.=M.=L. Welden in Padua. Der gänzliche Rückzug der
Neapolitaner in ihre Heimath und ihr Abzug aus Venedig be-
stätigt sich. Auch hat der Papst einen Erlaß ertheilt, alle mit den
österreichischen Generalen abgeschlossenen Capitulationen, welche
die Mailänder Regierung verletzen wollte, heilig zu halten. Jn
Folge dessen kehren die Croziati von Palma, Treviso, Vicensa
u. s. w. zum Trost des Landvolkes in Haufen nach dem Römischen
zurück.

Die neuesten Nachrichten aus Pesth vom 23. Juli melden,
daß F.=M.=L. Bechtold in den Gefechten bei St. Thomas
nicht geblieben ist. Allein es wird von Fünfkirchen gemeldet,
daß sich zwei Bataillone ungarischer Regimenter weigerten, auf
[Ende Spaltensatz]

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[0002] s. w. Dieses Alles solle durch ein allgemeines Gesetz bestimmt werden, entweder für ganz Deutschland, oder doch durch die einzelnen deutschen Staaten für ihr ganzes Gebiet. Allein in einem solchen allgemeinen Gesetz können wir nur einen arm- seligen Nothbehelf erblicken, der am Ende gar wenig nutzen wird; denn die Bestimmungen eines allgemeinen Gesetzes sind eben so allgemein und weit, daß sie Raum genug bieten, um dazwischen durchzuschlüpfen. Die Verhältnisse in jeder Gemeinde sind ferner eigenthümlich und bedürfen einer speciellen Beurtheilung. Jst z. B. in einer Gemeinde ein Gewerbe bereits übersetzt, so dürfen nicht neue Genossen desselben Gewerbes, auch wenn sie ihre Erwerbs- fähigkeit nachweisen, aufgenommen werden. Da muß also ein Richter, eine Jury da seyn, welche in jedem einzelnen Fall über die Aufnahme entscheidet. Wer anders aber kann diese Jury abgeben, als die Gemeinde selbst? Diese und nur diese allein, weiß am Besten, was ihr frommt, diese und nur diese allein hat auch das Jnteresse, mit aller Treue für ihr eige- nes Beste zusorgen; diese und nur diese allein hat auch das nächste, beste, ja das einzige Recht dazu. Also kein todtes allgemeines Gesetz mit einer wächsernen Nase und tausend Schlupflöchern für die Willkühr, sondern der ein- fache, klare Rechtsgrundsatz: die Gemeinde selbst erkennt frei und ohne Appellation ( wie jede Jury inappellabel ist ) über die Aufnahme in ihr Gemeindebürgerrecht. Jede Gemeinde mag dann für sich gewisse Regeln und Statuten über diesen Gegenstand ihren besonderen Verhältnissen gemäß feststellen. Es gehört dieses zu einem anderen wesentlichen Rechte der freien deutschen Gemeinde, nämlich dem Rechte der Autonomie, der Selbstgesetzgebung. Aber es schwin- delt uns fast, wenn wir auf die bisherige Wirthschaft des auf= und abgeklärten Polizeistaates hinsehen, indem wir diese Forderung aussprechen — und doch kann nicht von wahrer Gemeindefreiheit die Rede seyn, wenn die Gemeinden, namentlich die Städte nicht das Recht haben, all ihre inneren Angelegenheiten durch Statuten selbst zu ordnen, wie dieses durch das Alterthum, durch die ganze mittlere Zeit bis in die unglückseligen Zeiten des modernen Abso- lutismus der Fall war. Aber wird da nicht die Einförmigkeit nothleiden? Ja, das war auch ein feines Steckenpferd der Akten- und Kamaschenhelden — diese Einförmigkeit; in unseren Augen aber ist es rein eine unendliche Abgeschmaktheit, alle Gemeinden von den Hochalpen Tyrols bis in's märkische Flachland und zum Sande der Dünen, vom Rhein bis zur Weichsel — in Stadt und Dorf — über Einen Kamm zu scheeren und an Ein Joch einer ganz gleichen Gemeindeordnung zu spannen. Doch noch Eines! Das Wohl und Wehe der Gemeinden steht auf dem Spiel; bei den deßfallsigen Berathungen des Parla- mentes sind alle Gemeinden auf's Höchste betheiligt. Warum gehen also von den Gemeinden, von den Städten keine Adressen ein? Warum ahmen sie nicht jene nicht genug zu lobenden Ge- werbsleute nach, die ohne auf Einladung zu warten in Ge- mäßheit jenes Urrechtes unter allen Urrechten — des Rechtes nämlich für sich selbst zu sorgen und seiner eigenen Haut sich zu wehren — zu einem Congreß zusammengetreten sind, um selbst- thätig eine Gewerbeordnung herbeizuführen? jene edlen und klugen deutschen Handwerksleute, die sich endlich einmal emancipirt haben von dem Geschwätz der Herren, welche bisher den Zeitgeist machten, um in alter Weise ihre eigene Sache selbst zu führen? Noch ist es Zeit; möchten die Rheinischen Städte vorangehen! Traurig, wenn die deutschen Städte ihre höchsten und wichtigsten Rechte nicht einmal einer Adresse würdig erachte- ten! Freies Recht über die Aufnahme in's Ortsbürgerrecht zu beschließen; freie Selbstgesetzgebung in allen Gemeindesachen; freie Wahl des Gemeindevorstandes; freie Selbstverwaltung des Gemeindehaushaltes; Handhabung der Ortspolizei; freie Selbst- besteuerung für Gemeindebedürfnisse — das sind die wesentlichsten Rechte der wahren deutschen Gemeindefreiheit. Aber wo ist unter all' dieser wohlgesinnten Feinheit und gesinnungstüchtigen Grob- heit der wahre, ächte Freiheitssinn und Freiheitsmuth zu finden?! Schleswig=holsteinische Angelegenheiten. Die provisorische Regierung hat folgenden Aufruf erlassen: Mitbürger! Die Unterhandlungen, welche zur Anbahnung fried- licher Ausgleichung mit Dänemark geführt worden, sind abge- brochen. Die Feindseligkeiten sind wieder eröffnet: die Waffen werden entscheiden. Deutschland hat gezeigt, daß es den Frieden wünscht. Auch die billigsten Forderungen sind von Dänemark verworfen. Unehrenhafte Bedingungen sind gescheitert an dem Willen Deutschlands, an der Festigkeit des tapferen Feldherrn, der an der Spitze des deutschen Heeres die Gränze des Landes bewacht. Schleswig=Holsteiner! wir sind dem deutschen Vater- lande zu dauerndem Danke verpflichtet. Preußen und die Staa- ten des 10. Armeecorps stehen für uns in den Waffen. Alle deutschen Seestädte bringen seit Monaten unserer Sache schwere Opfer. Laßt uns dieser Theilnahme uns würdig beweisen. Nur Einigkeit und Thatkraft führen rasch an's Ziel. Unsere junge Mannschaft eilt freudig zu den Fahnen, damit wir, beim An- fange des Kampfes durch die List der Dänen ungerüstet, mit Ehren unseren deutschen Brüdern zur Seite treten. Wir wollen alle bereit seyn, jeder anderen Anforderung zu entsprechen, welche die energische Fortführung des Krieges nöthig macht. Mitbürger! Wir dürfen nicht zweifeln an dem Sjege unserer gerechten Sache. Fern sei es von uns, in fremdes Recht hin- über greifen zu wollen. Aber was unser ist, von unseren Vor- fahren als ein heiliges Vermächtniß uns überkommen, das wol- len wir bewahren und behaupten. Die Herzogthümer ge- hören unzertrennlich dem deutschen Vaterlande an. Für das Vaterland haben wir zu den Waffen gegriffen, ist das Blut unserer deutschen Brüder geflossen. Mit ihm wollen wir einig seyn, zu siegen oder zu fallen. Rendsburg 25. Juli 1848. Die provisorische Regierung. Beseler. F. Reventlou. J. Bremer. Th. Olshausen. Rendsburg 25. Juli. ( Schl.=H. Z. ) Ein Courier brachte diesen Morgen die Nachricht, welche die obenstehende Proclama- tion den Bewohnern des Landes mittheilt. Dank dem Uebermuth der Dänen, die von den Malmöer Bedingungen nichts ablassen wollten, sind die Waffenstillstands=Unterhandlungen abgebrochen, und ist die Entscheidung wieder dem Schwerte übergeben; daß dieses jetzt ernstlich dreinschlagen werde, daran dürfen wir nach Allem, was vorausgegangen, nicht zweifeln. Gestern Mittag gab bei einem Gastmahl, welches die Offiziere der zu Haders- leben garnisonirenden Truppen dem Oberbefehlshaber der Armee veranstaltet hatten, ein „tapferer“ Trinkspruch des Generals Wrangel den anwesenden Offizieren die erwünschte Kunde, und schon heute werden die militärischen Operationen wieder begonnen haben. Altona 25. Juli. ( B. H. ) Die Waffenstillstands=Verhandlun- gen sind abgebrochen. Morgen Abend werden Beseler und Professor Christiansen über Altona, wo sich ihnen der Abg. Kaufmann Semper anschließen wird, nach Frankfurt a. M. reisen, um die Centralgewalt zur energischen Wiederaufnahme des Krieges zu bewegen. Das „Kieler Corr.=Bl.“ schreibt: „Wie perfide bei Stellung der Waffenstillstandsbedingungen die Dänen zu Werke gehen, wird leicht klar aus folgender Mittheilung, welche uns aus ge- achteter Quelle zugekommen ist. Bekanntlich war eine der dunkeln Waffenstillstandsbedingungen, daß während desselben die holstei- nischen Soldaten in Holstein, die schleswigschen in Schleswig stationirt werden sollten. Der Graf Pourtalés bewirkte daher eine Umfrage in unserer Armee nach den gebornen Schleswigern. Einem höheren preußischen Officier scheint indeß die Sache be- denklich und als auf seine Veranlassung auf eine stricte Jnterpre- tation dieser Bedingung gedrungen wird, kommt es denn zu Tage: daß die Dänen der Meinung waren, sie wollten ihre, in der dänischen Armee befindlichen und zu dieser gehörigen sogenannten schleswigschen Bataillone und Regimenter, welche früher aller- dings von Schleswig aus rekrutirt wurden, jetzt aber natürlich größtentheils aus Dänen bestehen und von dänischen Offizieren commandirt werden, in Schleswig stationiren! Die Folge dieser Bedingung wäre also die vollständige Wiederbesetzung Schles- wigs durch die Dänen geworden und Letztere hätten, obwohl besiegt, durch diesen Waffenstillstand doch eine noch bessere Posi- tion bekommen, als durch die Gefechte vom 9. April, wo sie Sieger waren. Deutschland. Wien. [ Kriegsschauplatz. ] Die neuesten Nachrichten aus Verona vom 20. Juli und aus Padua vom 21. melden nichts Erhebliches. Der F.=M. Graf Radetzky war in Verona und F.=M.=L. Welden in Padua. Der gänzliche Rückzug der Neapolitaner in ihre Heimath und ihr Abzug aus Venedig be- stätigt sich. Auch hat der Papst einen Erlaß ertheilt, alle mit den österreichischen Generalen abgeschlossenen Capitulationen, welche die Mailänder Regierung verletzen wollte, heilig zu halten. Jn Folge dessen kehren die Croziati von Palma, Treviso, Vicensa u. s. w. zum Trost des Landvolkes in Haufen nach dem Römischen zurück. Die neuesten Nachrichten aus Pesth vom 23. Juli melden, daß F.=M.=L. Bechtold in den Gefechten bei St. Thomas nicht geblieben ist. Allein es wird von Fünfkirchen gemeldet, daß sich zwei Bataillone ungarischer Regimenter weigerten, auf

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 45. Mainz, 30. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal045_1848/2>, abgerufen am 21.11.2024.