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Mährisches Tagblatt. Nr. 300, Olmütz, 30.12.1896.

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[Spaltenumbruch]

Abg. Dr. Pergelt weist energisch die Ver-
dächtigungen zurück, welche seitens der Abg. Reiniger
und Iro vorgebracht wurden. Er characterisirt
diese Art von Verläumdung, wie sie in die
Parteien und Gemeinden eindringe, gleich einem
bösen Gifte. Gegen eine solche Kampfesweise
müsse er entschieden protestiren. Redner weist
nach, daß seine Partei, die deutschfortschrittliche,
schon seit dem Jahre 1885 für die directen
Wahlen in den Landgemeinden kämpfte, zu einer
Zeit, als die deutsch-nationalen Herren noch nicht
Abgeordnete waren und eine Volkspartei noch
gar nicht existirte. (Zwischenrufe seitens der
Deutschnationalen.) Seine Partei stehe der Re-
gierung mit Mißtrauen gegenüber. Es sei un-
möglich, ihr zu imputiren, daß sie Regierungs-
einflüssen zugänglich sei. Sie sei von der Noth-
wendigkeit des Gesetzes über die directen Wahlen
so durchdrungen, daß sie selbst den Antrag auf
Beschleunigung des Verfahrens einbrachte; es gehe
also nicht an, sie als hinterhältig zu bezeichnen.
Weder seitens der Partei noch seitens eines Mit-
gliedes derselben seien Verhandlungen mit ande-
ren Parteien oder mit dem Oberst-Landmarschall
gepflogen worden, welche auf den Gegenstand der
Tagesordnung Bezug gehabt hätten.

Graf Bouquoy erklärt namens des Groß-
grundbesitzes, daß auch seitens seiner Partei nicht
der geringste prinzipielle Widerstand gegen die
directen Wahlen bestehe, aber die gegenwärtig
beschleunigte Durchberathung dieses Gesetzes wäre
schon darum schwierig, weil in der Vorlage des
Landesausschusses Bestimmungen enthalten sind,
welche erst durch eine Commission abgeändert
werden müßten.

Abg. Prade unterstützt die Ausführungen
der dentschnationalen Abgeordneten. Wenn im
Reichsrathe die Socialdemokraten interpelliren
werden, warum der neue Reichsrath nicht auf Grund
der directen Wahlen in Böhmen gewählt worden
ist, wird die Regierung einfach sagen können, ich
habe mein Bestes gewollt aber da der böhmische
Landtag mit, dem Gesetz nicht rechtzeitig fertig
geworden ist, so kann ich zu meinem größten Be-
dauern nichts thun. Abg. Dr. Vasaty wendet sich neu-
erlich gegen den Abgeordneten Herold, welcher er-
klärt, daß seine Partei eine Opposition, wie sie
der Abgeordnete Vasaty treibt, niemals acceptiren
würde, weil sie des böhmischen Volkes unwürdig
sei. Die Debatte wird geschlossen.

Berichterstatter Dr. Schlesinger weist
die Verleumdungen und Verdrehungen seitens der
Deutschnationalen zurück und verwahrt sich, daß
seine Partei als hinterhältig bezeichnet werde. Er
wendet sich gegen den Vorwurf, daß er in Wien
Abmachungen mit der Regierung getroffen habe.
Er habe lediglich im Interesse des deutschen
Volkes dem Ministerpräsidenten Informationen
ertheilt, ohne daß eine Abmachung erfolgt wäre.
Bezüglich der directen Wahlen habe er mit
dem Ministerpräsidenten gar nichts gesprochen.
Wie ernst es die Partei des Redners mit den
[Spaltenumbruch] directen Wahlen meint, beweise, daß sie den
Antrag auf Beschleunigung des Verfahrens ein-
gebracht habe, und daß der eigentliche Antrag
des Landesausschusses von seiner Partei ausge-
gangen sei.

Der Berichterstatter gebraucht gegenüber den
Deutschnationalen den Ausdruck "Bauernfängerei."

Der Oberstlandmarschall bemerkt.
wenn der Ausdruck "Bauernfängerei" in einem
gewissen landläufigen Sinne gebraucht worden
sei, so müßte er ihn nicht in der Ordnung
finden. Abg. Dr. Schlesinger entgegnet, daß er
den Ausdruck nicht in beleidigendem Sinne ge-
braucht habe. -- Bei der Abstimmung wird der
Resolutionsantrag des Abg. Dr. Vasaty ab-
gelehnt und das Budgetprovisorium mit allen
gegen die Stimmen der Deutschnationalen an-
genommen.




Politische Nachrichten.
(Der deutsch-österreichische Gewerbe-Con-
greß,)

welcher in den letzten Tagen in Linz statt-
fand und vorgestern beendet wurde, beschloß,
Protest zu erheben gegen einzelne Bestimmungen
der jetzt angenommenen Gewerbe-Novelle
und an die Regierung das Ansuchen zu richten,
die Gewerbe-Novelle von 1883 besser zu hand-
haben. Bezüglich der Reichsrathswahlen
wurde ein Programm angenommen, nach welchem
die Gewerbepartei, wenn es nicht möglich
wäre, Candidaten aus ihren eigenen Kreisen auf-
zustellen, ihre Stimmen jenen Candidaten ohne
Partei-Unterschied geben wird, welche sich ver-
pflichten, den Forderungen des Gewerbestandes
in der Weise Rechnung zu tragen, daß sie die
Beschlüsse der Gewerbetage und Gewerbe-Con-
gresse anerkennen. Bezüglich der Unfallyer-
sicherung
beschloß der Congreß, daß eine
weitere Heranziehung handwerksmäßiger Gewerbe
nicht mehr stattfinde und daß die Unfallversicherung
für diese Betriebe sowie bei Krankencafsen den
Genossenschaften überlassen werde. Weiters kamen
die bekannten Wünsche bezüglich des Befähi-
gungs-Nachweises, Lehrlingswesens

etc. zur Sprache.




Mährischer Landtag.


(3. Sitzung.)

Die heutige Vormittagssitzung des mähr.
Landtages, in welcher zum größten Theile nur
geschäftliche Mittheilungen erfolgten, verlief in
vollkommener Ruhe.

Die Sitzung nahm folgenden Verlauf:

Die eingelangten Petitionen werden den
Ausschüssen zugewiesen.

Abg. Dr. Baron Prazak und Genossen
beantragen: Die k. k. Regierung wird aufge-
fordert, den in der Landtagssitzung vom 13.
Jänner 1863 von der Regierung vorgelegten
[Spaltenumbruch] Gesetzentwurf über die Einführung von Bezirks-
vertretungen, welcher in den Sessionen der Jahre
1864, 1866 und 1871 Gegenstand der Verhand-
lungen des Landtags war, dem Landtage zur
Berathung wieder vorzulegen.

Die Abg. Richter und Genossen inter-
pelliren den Statthalter wegen der infolge von
Boycott-Actikeln wiederholten Confiscation eines
in Leipnik erscheinenden Blattes. Nächste Sitzung
Abends 6 Uhr. Tagesordnung: 1. Bericht des
Finanzausschusses wegen des 4 monatlichen Budget-
Provisoriums; 2. Gesuch der Landeshauptstadt
Brünn um ein 4% Darlehen von 5 Millionen
aus der am 1. Jänner 1897 ins Leben tretenden
Landesculturbank der Markgrasschaft Mähren,
rückzahlbar in 41/2 proc. Jahresraten in 541/2
Jahren; 3. Wahl des neuen Landesausschusses
und der Ersatzmänner.




Locales und Provinzielles.


(Auszeichnung.)

Der Kaiser hat dem
Handelsbeisitzer bei dem Landesgerichte in Troppau
Ferdinand Quittner für die Dauer dieser
Function taxfrei den Titel eines kaiserlichen
Rathes verliehen.

(Personales.)

Der hochw. Fürsterzbischof,
Dr. Theodor Kohn hat sich gestern mit dem
Schnellzuge nach Wien begeben, woselbst er von
Seiner Majestät in Privataudienz empfangen
werden wird. -- Herr Landtagsabgeordneter,
Bürgermeister Carl Brandhuber ist heute
Nachts von Brünn, wo er den Sitzungen des
mährischen Landtages beiwohnte, hier eingetroffen.

(Evangelischer Jahresschlußgottesdienst.)

Zum Beschlusse des alten Jahres wird in der
hiesigen evangelischen Kirche morgen den 31.
December um 51/2 Uhr Abends ein feier-
licher Jahresschlußgottesoienst abgehalten werden.
Der Beginn dieses Gottesdienstes wurde, um
auch den auswärtigen Glaubensgenossen den
Besuch der Kirche zu ermöglichen, von 5 Uhr
auf 51/2 Uhr verlegt.

(Jahresschlußgottesdienst in der Stadt-
pfarrkirche zu Sct. Mauritz.)

Das bürgerliche
Jahr wird morgen in der pröpstlichen Stadtpfarr-
kirche St. Mauritz mit einem feierlichen Gottes-
dienste geschlossen werden. Um 5 Uhr Nachmittags
wird vom hochw. Domprälaten Dr. Johann
Wache eine auf den Tag bezughabende Predigt
gehalten, worauf das Te Deum angestimmt und
der hl. Segen ertheilt werden wird.

(Todesfall.)

In Dürnholz wurde Sams-
tag des Wirthschaftsrath und Theresianische Guts-
verwalter Alfred Ritter v. Eisenste in zur
letzten Ruhe bestattet. Der Verstorbene war Ritter
des Franz Josef-Ordens, Ehrenbürger von Dürn-
holz, Fröllersdorf und Guttenfeld und hatte sich
um die Thaya-Regulirung hervorragende Ver-
dienste erworben.




[Spaltenumbruch]
Im Süden.
Eine Weihnachtsgeschichte von Conrad Telmann.

Nachdruck verboten.

(15. Fortsetzung.)

Frau Martha Rennert selber fühlte sich jetzt
von Tag zu Tag wirklich schwächer und wenn sie
auch kaum mehr über irgend etwas zu klagen
hatte, meinte sie doch manchmal, sie werde den
Weihnachtsabend gar nicht mehr erleben, sondern
schon vorher still einschlafen, um nicht mehr zu
erwachen. Und diesen letzten Weihnachten, an dem
sie wohl wuße, daß ihr Kind von den fremden
lieben Menschen beschenkt werden würde, hätte sie
gern noch mit ihm zusammen verlebt. Wer konnte
wissen, welche Weihnachtsfeste ihm in der Zukunft
bescheert sein mochten? -- Dann aber sah sie die
Sonne des 24. December doch noch aufgehen und
blickte mit einem still glücklichen Lächeln vor sich
hinaus. "Heute ist Weihnachten!" jubelte ihr
der kleine Gotthold entgegen, und sie küßte seine
Stirn und wiederholte nickend leise: "Ja, mein
Kind, heute ist unser letzter Weihnachten bei-
sammen!" Darauf aber gab der Knabe nicht Acht
und verstand es auch wohl nicht, sondern fuhr
fort, zu ihr von allen seinen Wünschen und Er-
wartungen zu sprechen, und daß die Tante ihm
gesagt habe, weil die Mama krank sei, werde der
Weihnachtsmann ihr Alles bringen, was er für
[Spaltenumbruch] ihn bestimmt habe, und sie werde es ihm dann
aufbauen. Und er fragte erstaunt, wie es denn
nur möglich sei, daß es auch hier einen Weih-
nachtsmann geben könne, wo doch gar kein Schnee
sei und man sich die Apfelsinen ja nur so von den
Bäumen abpflücken dürfe. "Das kommt daher,"
erwiderte die Kranke, "daß überall, wo Gottes
Sonne scheint, die Erde auch gute Menschen
trägt!"

Während so Mutter und Kind in still-freu-
diger Hoffnung beieinander kauerten und auch in
der Seele des sterbenden Weibes ein seltsames,
weihnachtliches Glänzen aufgeleuchtet war, hatte
Frau Anna Heimburg den Weihnachtstisch herge-
richtet. Den Baum hatte Franz Heimburg selber
mit Kerzen und buntem Behang geschmückt; der
stand nun, über und über mit Goldstaub bestreut,
in der Mitte des Tisches und wartete nur noch
auf den Augenblick wo er im Lichterglanz er-
stahlen sollte. Die Geschenke waren alle mit
weißen Tüchern überbreitet, damit Keiner vom
Andern wußte, was der heimlich eingehandelt hatte.
So kam die Dämmerstunde endlich heran.

Franz Heimburg saß an der geschlossenen
Glasthür des Balkons oben in ihrer beiden
Wohnzimmer und schaute träumerisch über die
Baumwipfel des Gartens hinaus bis auf den
Streifen blauen Meeres, der in der Ferne unter
den rosig angehauchten Abendwolken aufdämmerte.
Sein Herz war sehr bewegt, und mancherlei Ge-
[Spaltenumbruch] danken wogten in seinem Innern. Aber er hatte
sich vorgenommen, tapfer zu sein, und er war's.
Da ging die Thür leise auf und sein Weib trat
ein. Er vermochte in der tiefen Dämmerung, die
das Gemach schon durchwebte, nicht viel mehr
als die Umrisse ihrer schlanken Gestalt zu er-
kennen, aber er streckte ihr seine Arme entgegen
und fragte: "Nun, Anna, ist Alles fertig? Ist
es Zeit?"

Es kam nicht gleich eine Antwort. Die junge
Frau hatte sich wieder auf ihres Mannes Kniee
gesetzt, um ihm die beiden Arme um den Hals
zu legen und ihren Kopf an seiner Schulter zu
bergen. So ruhten sie eine Weile beieinander,
ohne zu sprechen, und ließen den Sturm in ihrer
Seele sich sänftigen. Dann sagte Frau Anna
leise: "Franz, es muß etwas, das all' die Tage
hindurch unausgesprochen auf uns gelegen hat,
erst gesprochen werden, ehe wir hinabgehen
können."

Ein leichter Schauer ging ihm unter ihren
Worten über den Leib hin. "So sprich es aus,
Anna."

"Du weißt es, Franz. Ich will von Dir er-
bitten, daß dies Kind, dem wir heute sehr wider
den Wunsch und Willen, mit dem wir die Heimat
verließen, einen Weihnachtstisch aufgebaut haben
und das bald ein elternloses Kind sein wird,
unser Kind werde.

(Fortsetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

Abg. Dr. Pergelt weiſt energiſch die Ver-
dächtigungen zurück, welche ſeitens der Abg. Reiniger
und Iro vorgebracht wurden. Er characteriſirt
dieſe Art von Verläumdung, wie ſie in die
Parteien und Gemeinden eindringe, gleich einem
böſen Gifte. Gegen eine ſolche Kampfesweiſe
müſſe er entſchieden proteſtiren. Redner weiſt
nach, daß ſeine Partei, die deutſchfortſchrittliche,
ſchon ſeit dem Jahre 1885 für die directen
Wahlen in den Landgemeinden kämpfte, zu einer
Zeit, als die deutſch-nationalen Herren noch nicht
Abgeordnete waren und eine Volkspartei noch
gar nicht exiſtirte. (Zwiſchenrufe ſeitens der
Deutſchnationalen.) Seine Partei ſtehe der Re-
gierung mit Mißtrauen gegenüber. Es ſei un-
möglich, ihr zu imputiren, daß ſie Regierungs-
einflüſſen zugänglich ſei. Sie ſei von der Noth-
wendigkeit des Geſetzes über die directen Wahlen
ſo durchdrungen, daß ſie ſelbſt den Antrag auf
Beſchleunigung des Verfahrens einbrachte; es gehe
alſo nicht an, ſie als hinterhältig zu bezeichnen.
Weder ſeitens der Partei noch ſeitens eines Mit-
gliedes derſelben ſeien Verhandlungen mit ande-
ren Parteien oder mit dem Oberſt-Landmarſchall
gepflogen worden, welche auf den Gegenſtand der
Tagesordnung Bezug gehabt hätten.

Graf Bouquoy erklärt namens des Groß-
grundbeſitzes, daß auch ſeitens ſeiner Partei nicht
der geringſte prinzipielle Widerſtand gegen die
directen Wahlen beſtehe, aber die gegenwärtig
beſchleunigte Durchberathung dieſes Geſetzes wäre
ſchon darum ſchwierig, weil in der Vorlage des
Landesausſchuſſes Beſtimmungen enthalten ſind,
welche erſt durch eine Commiſſion abgeändert
werden müßten.

Abg. Prade unterſtützt die Ausführungen
der dentſchnationalen Abgeordneten. Wenn im
Reichsrathe die Socialdemokraten interpelliren
werden, warum der neue Reichsrath nicht auf Grund
der directen Wahlen in Böhmen gewählt worden
iſt, wird die Regierung einfach ſagen können, ich
habe mein Beſtes gewollt aber da der böhmiſche
Landtag mit, dem Geſetz nicht rechtzeitig fertig
geworden iſt, ſo kann ich zu meinem größten Be-
dauern nichts thun. Abg. Dr. Vašaty wendet ſich neu-
erlich gegen den Abgeordneten Herold, welcher er-
klärt, daß ſeine Partei eine Oppoſition, wie ſie
der Abgeordnete Vašaty treibt, niemals acceptiren
würde, weil ſie des böhmiſchen Volkes unwürdig
ſei. Die Debatte wird geſchloſſen.

Berichterſtatter Dr. Schleſinger weiſt
die Verleumdungen und Verdrehungen ſeitens der
Deutſchnationalen zurück und verwahrt ſich, daß
ſeine Partei als hinterhältig bezeichnet werde. Er
wendet ſich gegen den Vorwurf, daß er in Wien
Abmachungen mit der Regierung getroffen habe.
Er habe lediglich im Intereſſe des deutſchen
Volkes dem Miniſterpräſidenten Informationen
ertheilt, ohne daß eine Abmachung erfolgt wäre.
Bezüglich der directen Wahlen habe er mit
dem Miniſterpräſidenten gar nichts geſprochen.
Wie ernſt es die Partei des Redners mit den
[Spaltenumbruch] directen Wahlen meint, beweiſe, daß ſie den
Antrag auf Beſchleunigung des Verfahrens ein-
gebracht habe, und daß der eigentliche Antrag
des Landesausſchuſſes von ſeiner Partei ausge-
gangen ſei.

Der Berichterſtatter gebraucht gegenüber den
Deutſchnationalen den Ausdruck „Bauernfängerei.“

Der Oberſtlandmarſchall bemerkt.
wenn der Ausdruck „Bauernfängerei“ in einem
gewiſſen landläufigen Sinne gebraucht worden
ſei, ſo müßte er ihn nicht in der Ordnung
finden. Abg. Dr. Schleſinger entgegnet, daß er
den Ausdruck nicht in beleidigendem Sinne ge-
braucht habe. — Bei der Abſtimmung wird der
Reſolutionsantrag des Abg. Dr. Vašaty ab-
gelehnt und das Budgetproviſorium mit allen
gegen die Stimmen der Deutſchnationalen an-
genommen.




Politiſche Nachrichten.
(Der deutſch-öſterreichiſche Gewerbe-Con-
greß,)

welcher in den letzten Tagen in Linz ſtatt-
fand und vorgeſtern beendet wurde, beſchloß,
Proteſt zu erheben gegen einzelne Beſtimmungen
der jetzt angenommenen Gewerbe-Novelle
und an die Regierung das Anſuchen zu richten,
die Gewerbe-Novelle von 1883 beſſer zu hand-
haben. Bezüglich der Reichsrathswahlen
wurde ein Programm angenommen, nach welchem
die Gewerbepartei, wenn es nicht möglich
wäre, Candidaten aus ihren eigenen Kreiſen auf-
zuſtellen, ihre Stimmen jenen Candidaten ohne
Partei-Unterſchied geben wird, welche ſich ver-
pflichten, den Forderungen des Gewerbeſtandes
in der Weiſe Rechnung zu tragen, daß ſie die
Beſchlüſſe der Gewerbetage und Gewerbe-Con-
greſſe anerkennen. Bezüglich der Unfallyer-
ſicherung
beſchloß der Congreß, daß eine
weitere Heranziehung handwerksmäßiger Gewerbe
nicht mehr ſtattfinde und daß die Unfallverſicherung
für dieſe Betriebe ſowie bei Krankencafſen den
Genoſſenſchaften überlaſſen werde. Weiters kamen
die bekannten Wünſche bezüglich des Befähi-
gungs-Nachweiſes, Lehrlingsweſens

ꝛc. zur Sprache.




Mähriſcher Landtag.


(3. Sitzung.)

Die heutige Vormittagsſitzung des mähr.
Landtages, in welcher zum größten Theile nur
geſchäftliche Mittheilungen erfolgten, verlief in
vollkommener Ruhe.

Die Sitzung nahm folgenden Verlauf:

Die eingelangten Petitionen werden den
Ausſchüſſen zugewieſen.

Abg. Dr. Baron Pražak und Genoſſen
beantragen: Die k. k. Regierung wird aufge-
fordert, den in der Landtagsſitzung vom 13.
Jänner 1863 von der Regierung vorgelegten
[Spaltenumbruch] Geſetzentwurf über die Einführung von Bezirks-
vertretungen, welcher in den Seſſionen der Jahre
1864, 1866 und 1871 Gegenſtand der Verhand-
lungen des Landtags war, dem Landtage zur
Berathung wieder vorzulegen.

Die Abg. Richter und Genoſſen inter-
pelliren den Statthalter wegen der infolge von
Boycott-Actikeln wiederholten Confiscation eines
in Leipnik erſcheinenden Blattes. Nächſte Sitzung
Abends 6 Uhr. Tagesordnung: 1. Bericht des
Finanzausſchuſſes wegen des 4 monatlichen Budget-
Proviſoriums; 2. Geſuch der Landeshauptſtadt
Brünn um ein 4% Darlehen von 5 Millionen
aus der am 1. Jänner 1897 ins Leben tretenden
Landesculturbank der Markgraſſchaft Mähren,
rückzahlbar in 4½ proc. Jahresraten in 54½
Jahren; 3. Wahl des neuen Landesausſchuſſes
und der Erſatzmänner.




Locales und Provinzielles.


(Auszeichnung.)

Der Kaiſer hat dem
Handelsbeiſitzer bei dem Landesgerichte in Troppau
Ferdinand Quittner für die Dauer dieſer
Function taxfrei den Titel eines kaiſerlichen
Rathes verliehen.

(Perſonales.)

Der hochw. Fürſterzbiſchof,
Dr. Theodor Kohn hat ſich geſtern mit dem
Schnellzuge nach Wien begeben, woſelbſt er von
Seiner Majeſtät in Privataudienz empfangen
werden wird. — Herr Landtagsabgeordneter,
Bürgermeiſter Carl Brandhuber iſt heute
Nachts von Brünn, wo er den Sitzungen des
mähriſchen Landtages beiwohnte, hier eingetroffen.

(Evangeliſcher Jahresſchlußgottesdienſt.)

Zum Beſchluſſe des alten Jahres wird in der
hieſigen evangeliſchen Kirche morgen den 31.
December um 5½ Uhr Abends ein feier-
licher Jahresſchlußgottesoienſt abgehalten werden.
Der Beginn dieſes Gottesdienſtes wurde, um
auch den auswärtigen Glaubensgenoſſen den
Beſuch der Kirche zu ermöglichen, von 5 Uhr
auf 5½ Uhr verlegt.

(Jahresſchlußgottesdienſt in der Stadt-
pfarrkirche zu Sct. Mauritz.)

Das bürgerliche
Jahr wird morgen in der pröpſtlichen Stadtpfarr-
kirche St. Mauritz mit einem feierlichen Gottes-
dienſte geſchloſſen werden. Um 5 Uhr Nachmittags
wird vom hochw. Domprälaten Dr. Johann
Wache eine auf den Tag bezughabende Predigt
gehalten, worauf das Te Deum angeſtimmt und
der hl. Segen ertheilt werden wird.

(Todesfall.)

In Dürnholz wurde Sams-
tag des Wirthſchaftsrath und Thereſianiſche Guts-
verwalter Alfred Ritter v. Eiſenſte in zur
letzten Ruhe beſtattet. Der Verſtorbene war Ritter
des Franz Joſef-Ordens, Ehrenbürger von Dürn-
holz, Fröllersdorf und Guttenfeld und hatte ſich
um die Thaya-Regulirung hervorragende Ver-
dienſte erworben.




[Spaltenumbruch]
Im Süden.
Eine Weihnachtsgeſchichte von Conrad Telmann.

Nachdruck verboten.

(15. Fortſetzung.)

Frau Martha Rennert ſelber fühlte ſich jetzt
von Tag zu Tag wirklich ſchwächer und wenn ſie
auch kaum mehr über irgend etwas zu klagen
hatte, meinte ſie doch manchmal, ſie werde den
Weihnachtsabend gar nicht mehr erleben, ſondern
ſchon vorher ſtill einſchlafen, um nicht mehr zu
erwachen. Und dieſen letzten Weihnachten, an dem
ſie wohl wuße, daß ihr Kind von den fremden
lieben Menſchen beſchenkt werden würde, hätte ſie
gern noch mit ihm zuſammen verlebt. Wer konnte
wiſſen, welche Weihnachtsfeſte ihm in der Zukunft
beſcheert ſein mochten? — Dann aber ſah ſie die
Sonne des 24. December doch noch aufgehen und
blickte mit einem ſtill glücklichen Lächeln vor ſich
hinaus. „Heute iſt Weihnachten!“ jubelte ihr
der kleine Gotthold entgegen, und ſie küßte ſeine
Stirn und wiederholte nickend leiſe: „Ja, mein
Kind, heute iſt unſer letzter Weihnachten bei-
ſammen!“ Darauf aber gab der Knabe nicht Acht
und verſtand es auch wohl nicht, ſondern fuhr
fort, zu ihr von allen ſeinen Wünſchen und Er-
wartungen zu ſprechen, und daß die Tante ihm
geſagt habe, weil die Mama krank ſei, werde der
Weihnachtsmann ihr Alles bringen, was er für
[Spaltenumbruch] ihn beſtimmt habe, und ſie werde es ihm dann
aufbauen. Und er fragte erſtaunt, wie es denn
nur möglich ſei, daß es auch hier einen Weih-
nachtsmann geben könne, wo doch gar kein Schnee
ſei und man ſich die Apfelſinen ja nur ſo von den
Bäumen abpflücken dürfe. „Das kommt daher,“
erwiderte die Kranke, „daß überall, wo Gottes
Sonne ſcheint, die Erde auch gute Menſchen
trägt!“

Während ſo Mutter und Kind in ſtill-freu-
diger Hoffnung beieinander kauerten und auch in
der Seele des ſterbenden Weibes ein ſeltſames,
weihnachtliches Glänzen aufgeleuchtet war, hatte
Frau Anna Heimburg den Weihnachtstiſch herge-
richtet. Den Baum hatte Franz Heimburg ſelber
mit Kerzen und buntem Behang geſchmückt; der
ſtand nun, über und über mit Goldſtaub beſtreut,
in der Mitte des Tiſches und wartete nur noch
auf den Augenblick wo er im Lichterglanz er-
ſtahlen ſollte. Die Geſchenke waren alle mit
weißen Tüchern überbreitet, damit Keiner vom
Andern wußte, was der heimlich eingehandelt hatte.
So kam die Dämmerſtunde endlich heran.

Franz Heimburg ſaß an der geſchloſſenen
Glasthür des Balkons oben in ihrer beiden
Wohnzimmer und ſchaute träumeriſch über die
Baumwipfel des Gartens hinaus bis auf den
Streifen blauen Meeres, der in der Ferne unter
den roſig angehauchten Abendwolken aufdämmerte.
Sein Herz war ſehr bewegt, und mancherlei Ge-
[Spaltenumbruch] danken wogten in ſeinem Innern. Aber er hatte
ſich vorgenommen, tapfer zu ſein, und er war’s.
Da ging die Thür leiſe auf und ſein Weib trat
ein. Er vermochte in der tiefen Dämmerung, die
das Gemach ſchon durchwebte, nicht viel mehr
als die Umriſſe ihrer ſchlanken Geſtalt zu er-
kennen, aber er ſtreckte ihr ſeine Arme entgegen
und fragte: „Nun, Anna, iſt Alles fertig? Iſt
es Zeit?“

Es kam nicht gleich eine Antwort. Die junge
Frau hatte ſich wieder auf ihres Mannes Kniee
geſetzt, um ihm die beiden Arme um den Hals
zu legen und ihren Kopf an ſeiner Schulter zu
bergen. So ruhten ſie eine Weile beieinander,
ohne zu ſprechen, und ließen den Sturm in ihrer
Seele ſich ſänftigen. Dann ſagte Frau Anna
leiſe: „Franz, es muß etwas, das all’ die Tage
hindurch unausgeſprochen auf uns gelegen hat,
erſt geſprochen werden, ehe wir hinabgehen
können.“

Ein leichter Schauer ging ihm unter ihren
Worten über den Leib hin. „So ſprich es aus,
Anna.“

„Du weißt es, Franz. Ich will von Dir er-
bitten, daß dies Kind, dem wir heute ſehr wider
den Wunſch und Willen, mit dem wir die Heimat
verließen, einen Weihnachtstiſch aufgebaut haben
und das bald ein elternloſes Kind ſein wird,
unſer Kind werde.

(Fortſetzung folgt.)


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[[4]/0004] Abg. Dr. Pergelt weiſt energiſch die Ver- dächtigungen zurück, welche ſeitens der Abg. Reiniger und Iro vorgebracht wurden. Er characteriſirt dieſe Art von Verläumdung, wie ſie in die Parteien und Gemeinden eindringe, gleich einem böſen Gifte. Gegen eine ſolche Kampfesweiſe müſſe er entſchieden proteſtiren. Redner weiſt nach, daß ſeine Partei, die deutſchfortſchrittliche, ſchon ſeit dem Jahre 1885 für die directen Wahlen in den Landgemeinden kämpfte, zu einer Zeit, als die deutſch-nationalen Herren noch nicht Abgeordnete waren und eine Volkspartei noch gar nicht exiſtirte. (Zwiſchenrufe ſeitens der Deutſchnationalen.) Seine Partei ſtehe der Re- gierung mit Mißtrauen gegenüber. Es ſei un- möglich, ihr zu imputiren, daß ſie Regierungs- einflüſſen zugänglich ſei. Sie ſei von der Noth- wendigkeit des Geſetzes über die directen Wahlen ſo durchdrungen, daß ſie ſelbſt den Antrag auf Beſchleunigung des Verfahrens einbrachte; es gehe alſo nicht an, ſie als hinterhältig zu bezeichnen. Weder ſeitens der Partei noch ſeitens eines Mit- gliedes derſelben ſeien Verhandlungen mit ande- ren Parteien oder mit dem Oberſt-Landmarſchall gepflogen worden, welche auf den Gegenſtand der Tagesordnung Bezug gehabt hätten. Graf Bouquoy erklärt namens des Groß- grundbeſitzes, daß auch ſeitens ſeiner Partei nicht der geringſte prinzipielle Widerſtand gegen die directen Wahlen beſtehe, aber die gegenwärtig beſchleunigte Durchberathung dieſes Geſetzes wäre ſchon darum ſchwierig, weil in der Vorlage des Landesausſchuſſes Beſtimmungen enthalten ſind, welche erſt durch eine Commiſſion abgeändert werden müßten. Abg. Prade unterſtützt die Ausführungen der dentſchnationalen Abgeordneten. Wenn im Reichsrathe die Socialdemokraten interpelliren werden, warum der neue Reichsrath nicht auf Grund der directen Wahlen in Böhmen gewählt worden iſt, wird die Regierung einfach ſagen können, ich habe mein Beſtes gewollt aber da der böhmiſche Landtag mit, dem Geſetz nicht rechtzeitig fertig geworden iſt, ſo kann ich zu meinem größten Be- dauern nichts thun. Abg. Dr. Vašaty wendet ſich neu- erlich gegen den Abgeordneten Herold, welcher er- klärt, daß ſeine Partei eine Oppoſition, wie ſie der Abgeordnete Vašaty treibt, niemals acceptiren würde, weil ſie des böhmiſchen Volkes unwürdig ſei. Die Debatte wird geſchloſſen. Berichterſtatter Dr. Schleſinger weiſt die Verleumdungen und Verdrehungen ſeitens der Deutſchnationalen zurück und verwahrt ſich, daß ſeine Partei als hinterhältig bezeichnet werde. Er wendet ſich gegen den Vorwurf, daß er in Wien Abmachungen mit der Regierung getroffen habe. Er habe lediglich im Intereſſe des deutſchen Volkes dem Miniſterpräſidenten Informationen ertheilt, ohne daß eine Abmachung erfolgt wäre. Bezüglich der directen Wahlen habe er mit dem Miniſterpräſidenten gar nichts geſprochen. Wie ernſt es die Partei des Redners mit den directen Wahlen meint, beweiſe, daß ſie den Antrag auf Beſchleunigung des Verfahrens ein- gebracht habe, und daß der eigentliche Antrag des Landesausſchuſſes von ſeiner Partei ausge- gangen ſei. Der Berichterſtatter gebraucht gegenüber den Deutſchnationalen den Ausdruck „Bauernfängerei.“ Der Oberſtlandmarſchall bemerkt. wenn der Ausdruck „Bauernfängerei“ in einem gewiſſen landläufigen Sinne gebraucht worden ſei, ſo müßte er ihn nicht in der Ordnung finden. Abg. Dr. Schleſinger entgegnet, daß er den Ausdruck nicht in beleidigendem Sinne ge- braucht habe. — Bei der Abſtimmung wird der Reſolutionsantrag des Abg. Dr. Vašaty ab- gelehnt und das Budgetproviſorium mit allen gegen die Stimmen der Deutſchnationalen an- genommen. Politiſche Nachrichten. (Der deutſch-öſterreichiſche Gewerbe-Con- greß,) welcher in den letzten Tagen in Linz ſtatt- fand und vorgeſtern beendet wurde, beſchloß, Proteſt zu erheben gegen einzelne Beſtimmungen der jetzt angenommenen Gewerbe-Novelle und an die Regierung das Anſuchen zu richten, die Gewerbe-Novelle von 1883 beſſer zu hand- haben. Bezüglich der Reichsrathswahlen wurde ein Programm angenommen, nach welchem die Gewerbepartei, wenn es nicht möglich wäre, Candidaten aus ihren eigenen Kreiſen auf- zuſtellen, ihre Stimmen jenen Candidaten ohne Partei-Unterſchied geben wird, welche ſich ver- pflichten, den Forderungen des Gewerbeſtandes in der Weiſe Rechnung zu tragen, daß ſie die Beſchlüſſe der Gewerbetage und Gewerbe-Con- greſſe anerkennen. Bezüglich der Unfallyer- ſicherung beſchloß der Congreß, daß eine weitere Heranziehung handwerksmäßiger Gewerbe nicht mehr ſtattfinde und daß die Unfallverſicherung für dieſe Betriebe ſowie bei Krankencafſen den Genoſſenſchaften überlaſſen werde. Weiters kamen die bekannten Wünſche bezüglich des Befähi- gungs-Nachweiſes, Lehrlingsweſens ꝛc. zur Sprache. Mähriſcher Landtag. Brünn, 29. December. (3. Sitzung.) Die heutige Vormittagsſitzung des mähr. Landtages, in welcher zum größten Theile nur geſchäftliche Mittheilungen erfolgten, verlief in vollkommener Ruhe. Die Sitzung nahm folgenden Verlauf: Die eingelangten Petitionen werden den Ausſchüſſen zugewieſen. Abg. Dr. Baron Pražak und Genoſſen beantragen: Die k. k. Regierung wird aufge- fordert, den in der Landtagsſitzung vom 13. Jänner 1863 von der Regierung vorgelegten Geſetzentwurf über die Einführung von Bezirks- vertretungen, welcher in den Seſſionen der Jahre 1864, 1866 und 1871 Gegenſtand der Verhand- lungen des Landtags war, dem Landtage zur Berathung wieder vorzulegen. Die Abg. Richter und Genoſſen inter- pelliren den Statthalter wegen der infolge von Boycott-Actikeln wiederholten Confiscation eines in Leipnik erſcheinenden Blattes. Nächſte Sitzung Abends 6 Uhr. Tagesordnung: 1. Bericht des Finanzausſchuſſes wegen des 4 monatlichen Budget- Proviſoriums; 2. Geſuch der Landeshauptſtadt Brünn um ein 4% Darlehen von 5 Millionen aus der am 1. Jänner 1897 ins Leben tretenden Landesculturbank der Markgraſſchaft Mähren, rückzahlbar in 4½ proc. Jahresraten in 54½ Jahren; 3. Wahl des neuen Landesausſchuſſes und der Erſatzmänner. Locales und Provinzielles. Olmütz, 30. Docember. (Auszeichnung.) Der Kaiſer hat dem Handelsbeiſitzer bei dem Landesgerichte in Troppau Ferdinand Quittner für die Dauer dieſer Function taxfrei den Titel eines kaiſerlichen Rathes verliehen. (Perſonales.) Der hochw. Fürſterzbiſchof, Dr. Theodor Kohn hat ſich geſtern mit dem Schnellzuge nach Wien begeben, woſelbſt er von Seiner Majeſtät in Privataudienz empfangen werden wird. — Herr Landtagsabgeordneter, Bürgermeiſter Carl Brandhuber iſt heute Nachts von Brünn, wo er den Sitzungen des mähriſchen Landtages beiwohnte, hier eingetroffen. (Evangeliſcher Jahresſchlußgottesdienſt.) Zum Beſchluſſe des alten Jahres wird in der hieſigen evangeliſchen Kirche morgen den 31. December um 5½ Uhr Abends ein feier- licher Jahresſchlußgottesoienſt abgehalten werden. Der Beginn dieſes Gottesdienſtes wurde, um auch den auswärtigen Glaubensgenoſſen den Beſuch der Kirche zu ermöglichen, von 5 Uhr auf 5½ Uhr verlegt. (Jahresſchlußgottesdienſt in der Stadt- pfarrkirche zu Sct. Mauritz.) Das bürgerliche Jahr wird morgen in der pröpſtlichen Stadtpfarr- kirche St. Mauritz mit einem feierlichen Gottes- dienſte geſchloſſen werden. Um 5 Uhr Nachmittags wird vom hochw. Domprälaten Dr. Johann Wache eine auf den Tag bezughabende Predigt gehalten, worauf das Te Deum angeſtimmt und der hl. Segen ertheilt werden wird. (Todesfall.) In Dürnholz wurde Sams- tag des Wirthſchaftsrath und Thereſianiſche Guts- verwalter Alfred Ritter v. Eiſenſte in zur letzten Ruhe beſtattet. Der Verſtorbene war Ritter des Franz Joſef-Ordens, Ehrenbürger von Dürn- holz, Fröllersdorf und Guttenfeld und hatte ſich um die Thaya-Regulirung hervorragende Ver- dienſte erworben. Im Süden. Eine Weihnachtsgeſchichte von Conrad Telmann. Nachdruck verboten. (15. Fortſetzung.) Frau Martha Rennert ſelber fühlte ſich jetzt von Tag zu Tag wirklich ſchwächer und wenn ſie auch kaum mehr über irgend etwas zu klagen hatte, meinte ſie doch manchmal, ſie werde den Weihnachtsabend gar nicht mehr erleben, ſondern ſchon vorher ſtill einſchlafen, um nicht mehr zu erwachen. Und dieſen letzten Weihnachten, an dem ſie wohl wuße, daß ihr Kind von den fremden lieben Menſchen beſchenkt werden würde, hätte ſie gern noch mit ihm zuſammen verlebt. Wer konnte wiſſen, welche Weihnachtsfeſte ihm in der Zukunft beſcheert ſein mochten? — Dann aber ſah ſie die Sonne des 24. December doch noch aufgehen und blickte mit einem ſtill glücklichen Lächeln vor ſich hinaus. „Heute iſt Weihnachten!“ jubelte ihr der kleine Gotthold entgegen, und ſie küßte ſeine Stirn und wiederholte nickend leiſe: „Ja, mein Kind, heute iſt unſer letzter Weihnachten bei- ſammen!“ Darauf aber gab der Knabe nicht Acht und verſtand es auch wohl nicht, ſondern fuhr fort, zu ihr von allen ſeinen Wünſchen und Er- wartungen zu ſprechen, und daß die Tante ihm geſagt habe, weil die Mama krank ſei, werde der Weihnachtsmann ihr Alles bringen, was er für ihn beſtimmt habe, und ſie werde es ihm dann aufbauen. Und er fragte erſtaunt, wie es denn nur möglich ſei, daß es auch hier einen Weih- nachtsmann geben könne, wo doch gar kein Schnee ſei und man ſich die Apfelſinen ja nur ſo von den Bäumen abpflücken dürfe. „Das kommt daher,“ erwiderte die Kranke, „daß überall, wo Gottes Sonne ſcheint, die Erde auch gute Menſchen trägt!“ Während ſo Mutter und Kind in ſtill-freu- diger Hoffnung beieinander kauerten und auch in der Seele des ſterbenden Weibes ein ſeltſames, weihnachtliches Glänzen aufgeleuchtet war, hatte Frau Anna Heimburg den Weihnachtstiſch herge- richtet. Den Baum hatte Franz Heimburg ſelber mit Kerzen und buntem Behang geſchmückt; der ſtand nun, über und über mit Goldſtaub beſtreut, in der Mitte des Tiſches und wartete nur noch auf den Augenblick wo er im Lichterglanz er- ſtahlen ſollte. Die Geſchenke waren alle mit weißen Tüchern überbreitet, damit Keiner vom Andern wußte, was der heimlich eingehandelt hatte. So kam die Dämmerſtunde endlich heran. Franz Heimburg ſaß an der geſchloſſenen Glasthür des Balkons oben in ihrer beiden Wohnzimmer und ſchaute träumeriſch über die Baumwipfel des Gartens hinaus bis auf den Streifen blauen Meeres, der in der Ferne unter den roſig angehauchten Abendwolken aufdämmerte. Sein Herz war ſehr bewegt, und mancherlei Ge- danken wogten in ſeinem Innern. Aber er hatte ſich vorgenommen, tapfer zu ſein, und er war’s. Da ging die Thür leiſe auf und ſein Weib trat ein. Er vermochte in der tiefen Dämmerung, die das Gemach ſchon durchwebte, nicht viel mehr als die Umriſſe ihrer ſchlanken Geſtalt zu er- kennen, aber er ſtreckte ihr ſeine Arme entgegen und fragte: „Nun, Anna, iſt Alles fertig? Iſt es Zeit?“ Es kam nicht gleich eine Antwort. Die junge Frau hatte ſich wieder auf ihres Mannes Kniee geſetzt, um ihm die beiden Arme um den Hals zu legen und ihren Kopf an ſeiner Schulter zu bergen. So ruhten ſie eine Weile beieinander, ohne zu ſprechen, und ließen den Sturm in ihrer Seele ſich ſänftigen. Dann ſagte Frau Anna leiſe: „Franz, es muß etwas, das all’ die Tage hindurch unausgeſprochen auf uns gelegen hat, erſt geſprochen werden, ehe wir hinabgehen können.“ Ein leichter Schauer ging ihm unter ihren Worten über den Leib hin. „So ſprich es aus, Anna.“ „Du weißt es, Franz. Ich will von Dir er- bitten, daß dies Kind, dem wir heute ſehr wider den Wunſch und Willen, mit dem wir die Heimat verließen, einen Weihnachtstiſch aufgebaut haben und das bald ein elternloſes Kind ſein wird, unſer Kind werde. (Fortſetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 300, Olmütz, 30.12.1896, S. [4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches300_1896/4>, abgerufen am 24.11.2024.