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Mährisches Tagblatt. Nr. 19, Olmütz, 24.01.1890.

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[Spaltenumbruch] schenden Witterungscharacter für die nächste Zeit
nicht zu erwarten steht, auf unbestimmte
Zeit verschoben.
Wir werden seinerzeit den
Zeitpunct des Stattfindens des Eisfestes unseren
Lesern bekanntgeben. -- Gestern wurde am Cis-
laufplatze die für das Eisfest projectirte electrische
Beleuchtug geprobt und lieferte die Probe ein sehr
befriedigendes Resultat.

(Dentscher Journalisten- und Schritt-
steller-Verein für Mähren und Schlesien.)

Wie wir erfahren sind in Troppau sechzig Mit-
glieder dem deutschen Journalisten- und Schrift-
steller-Verein für Mähren und Schlesien beigetreten.
Diese wackere Unterstützung des Vereines verdient
umsomehr Anerkennung als man an anderen Orten
nicht gleich opferwillig ist einen Verein zu unterstützen,
der u. A. auch humanitäre Tendenzen verfolgt.
Man benützt zwar die Presse eifrigst, aber man
findet sich nicht bewogen auch einmal einen
Journalisten-Verein werkthätig zu unterstützen.

(Vom Männergefangverein.)

Morgen
Abends 8 Uhr findet im Vereinsheim des
Männergesangvereins die Jahresversammlung
für 1889 statt.

(Bund der Deutschen Nerdmährens.)

Sonntag, den 26. d. M., Nachmittaga, findet
im Bundeszimmer eine Sitzung der Bundeslei-
tung statt.

(Vom Theater.)

Freytag's Lustspiel "Die
Journalisten", eines der wenigen modernen Lust-
spiele, das durch seine gediegene Characteristik,
seinen liebenswürdigen Humor und seine fein-
pointirte Sprache Anspruch auf die Bezeichnung
"classisch" erheben darf, ging gestern auf unserer
Bühne zum Benefice unseres jugendlichen Lieb-
habers Herrn Rittner in Scene. Gerne möch-
ten wir uns um des Beneficianten willen, der
als das einzige Talent unter unserem Schauspiel-
personale gelten kann und uns schon manche vor-
zügliche Leistung geboten hat, jedes Tadels über
diese Aufführung enthalten. Allein diese war eine
so frivol-leichtfertige, und es wurde gegen den
Geist der Dichtung und gegen seine edle Sprache
so sehr Sünde auf Sünde gehäuft, daß eine
ernste Rüge nicht unausgesprochen bleiben darf.
Unter den Sündern nahm Herr Benke, der
Darsteller des "Oldendorf" den ersten Platz ein.
Er behandelte seine Rolle so en bagatelle, als
hätte er eine Possenfigur zu zeichnen. Nicht nur daß
er in nichts weniger als salonfähiger Toilette beim
Obersten Berg zu Besuch erschien, grüßte er bei
seinem Eintreten mit "Servus", sprach von einem
"Schlimling" und hatte seine Rolle so wenig
inne, daß jede geistige Disposition über dieselbe
mangeln mußte. Zu anderen Zeiten hätte man
solch' einer Verhöhnung der Dichtung wie des
Publicums gegenüber entschiedene Verwahrung
bei offener Scene eingelegt. Nicht viel besser er-
ging's mit der übrigen Aufführung, bei der
peinliche Pausen und Stockungen im Dialoge an
[Spaltenumbruch] der Tagesordnung waren und Bolz-Rittner fast
für Alle sprechen mußte. Wie hätte es auch anders
sein können. Wichtige Rollen, von denen jede
eine ganze künstlerische Kraft fordert, waren mit
den Herren vom Chore besetzt -- doch wozu
noch weiter diesem Jammer kritische Aufmerksamkeit
schenken. Es genüge, wenn wir sagen, daß die ge-
strige Vorstellung das Aergste leistete, das wir
seit vielen Jahren hier erlebten. Ueber solche
Misere konnte auch die Beliebtheit, deren sich
Herr Rittner erfreut, nicht hinweghelfen. Ueberdieß
liegt der "Bolz" denn doch noch zu weit abseits
von seinem Können. Er ist noch zu jung für
den Bolz. Er besitzt wohl die Lebhaftigkeit
und das leichte Blut dafür, weiß auch manche
leichte humoristische Wendung zu gemüthvoller
Wirkung zu bringen; aber es fehlt noch die
geistige Ueberlegenheit und die sichere Eleganz,
ohne welche Bolz nicht gedacht werden kann. In
der prächtigen Erzählung vom Brande ließ er
richtig hervorleuchten, daß sie improvisirt sei,
allein die Unsicherheit der Andern wirkte lähmend
auch auf ihn. Das Publicum würdigte sein
Streben und spendete ihm stürmischen Beifall,
der ihn für den schwachen Besuch der Vorstellung
entschädigen mußte. Auch an einem lebhaften
Empfange und einer prächtigen Kranzspende fehlte
es nicht.

(Die Wetterprognose)

für die nächste Zeit
lautet: Unruhiges, vorwiegend trübes, regneri-
sches und mildes Wetter anhaltend.

(Bankzinsfußermäßigung.)

Der General-
rath der österr.-ungarischen Bank beschloß die
Ermäßigung des Zinsfußes von 5 auf 41/2 Perc.
im Escompte und von 6 auf 51/2 Perc. im
Lombard. Die Ermäßigung tritt heute in Kraft.

(Ein alter Dienstbote.)

Im Dorfe Sul-
kowetz bei Boskowitz starb dieser Tage die Magd
Ursula Loucar im Alter von 94 Jahren. Die
Verblichene hat vom Jahre 1814 an, also 76
Jahre, bei einer und derselben Familie gedient.

(Zimmerfener.)

Gestern Abends gegen 11
Uhr entstand im 1. Stocke des Hauses Nr. 19
der Theresiengasse ein Zimmerfeuer, indem eine
hölzerne Riegelwand durch die Gluth eines in
der Nähe stehenden Ofens in Brand gerathen
war. Der sogleich am Brandplatze erschienenen
Berufs- und freiwilligen Feuerwehr gelang es,
den Brand in Kürze zu dämpfen, doch wurde
zur größten Sicherheit während der ganzen
Nacht eine Feuerwache am Brandorte zurück-
gelassen. Herr Bürgermeister v. Engel war
ebenfalls an Ort und Stelle erschienen. Bezüglich
der Entstehungsursache des Feuers war nachträg-
lich noch erhoben worden, daß die Riegelwand
bereits mehrere Tage geglimmt haben dürfte,
da am gestrigen Tage selbst sehr wenig geheizt
worden war.

(Ein breunender und ein wüthender
Hund.)

Man schreibt aus Bistritz am Hostein:
[Spaltenumbruch] Am 20. d. M. erregte ein brennender Hund,
welcher aus dem hiesigen Bräuhause lief, großes
Entsetzen. Der Hund, ein Neufundländer, der
dem Herrn Baumeister Otto Zemann gehörte,
wurde, wie später bekannt wurde, mit doppeltem.
Drathe an einem Hinterfuße angebunden, mit
Petroleum überschüttet und angezündet. Das
arme Thier, welchem es gelang, sich loßzureißen,
kam unter furchtbarem Geheule, von einem Flam-
menmeere umgeben nach Hause gestürmt und
direct in die Kanzlei, wo es dem glücklicherweise
anwesenden Assistenten bald gelaug, die Flammen
an dem gequälten Thiere zu unterdrücken. Einem
großen Glücke ist es zuzuschreiben, daß die in
der Kanzlei massenhaft angesammelten Schriften
nicht in Brand geriethen, wodurch leicht bei dem
herrschenden Winde das ganze Haus in Flammen
hätte aufgehen und so ein unabsehbares Unglück
herbeigeführt werden können. Die Thäter, die
auf diese bestialische Weise den keineswegs bissigen
Hund aus dem Wege räumen wollten, werden
hoffentlich der gerechten Strafe nicht entgehen. --
Aus Bielitz wird geschriebrn: Ein wüthender
Hund von besonders großer Gestalt richtete am
19. d. M. in Dzieditz viel Unheil an und ver-
setzte die Bevölkerung in große Aufregung. Das
wüthende Thier biß den zehnjährigen Sohn des
Gemeindevorstehers von Dzieditz in die Kehle,
so daß der Knabe nach einigen Stunden eines
schrecklichen Todes starb; am selben Tage warf
der Hund einen Mann zu Boden und biß den
Unglücklichen derart in die Hand, daß er hoffnungs-
los darnieder liegt. Außerdem biß das Thier
12 Kettenhunde, die sofort erschossen werden
mußten. Die Berölkerung durch das Treiben des
Thieres in große Aufregung versetzt, zog nun,
mit Knüppeln und Gewehren bewaffnet, nach
dem Hunde aus, ohne ihn zu finden. Montag
Früh wurde endlich, zur allgemeinen Beruhigung,
der Hund verendet im nahen Walde aufgefunden.

(22 Ausweis- und Unterstandslose.)

Heute Nachts wurden in der Stadt nicht weni-
ger als 22 Personen wegen Ausweis- und Un-
terstandslosigkeit polizeilich eingezogen und heute
der weiteren gesetzlichen Behandlung zugeführt.

(Feuerwehr-Kränzchen.)

Die Mitglieder
der freiwilligen Feuerwehr in Weska, veranstalten
Samstag, den 25. Jänner l. J. im Saale des
Gemeinde-Gasthauses in Weska ein Kränzchen.
Anfang 7 Uhr Abends. Eintritt a Person 50 kr.
Das Reinerträgniß fließt in den Feuerwehrfond.




Vom Tage.
(Gräfin Wickenburg-Almasy +.)

Vor-
gestern Abends starb in Gries bei Bozen die als
Dichterin bekannte Gräfin Wilhelmine Wicken-
burg-Almasy
an einer Folgekrankheit der
Influenza. Schon längere Zeit leidend, zog sich
die Gräfin mit ihrem Gatten nach Gries zurück,




[Spaltenumbruch]
Der Erbe des Hauses.

(15. Fortsetzung.)

"Wird er je wieder zu Verstand kommen?"
war die Frage, welche Jasper Lowders Seele
bewegte. "Wird er im Stande sein, nach Eng-
land in seiner Eigenschaft als der Sohn des
Baronets zurückzukehren?

Der arme Guy lag in einem groben wolle-
nen Hemde Vicini's auf dem Bette als dieser
begleitet von Dr. Spezzo, einem geschäftigen,
kleinen Italiener, zurückkehrte.

"Wen haben wir denn hier?" rief der
Doctor, eilig ins Zimmer tretend. "Laßt mich
diesen schiffbrüchigen Engländer sehen. Macht
Platz, Palestro."

Der Schreiber trat zur Seite und stellte
sich am Fuße des Bettes auf, wo er sowohl den
Kranken als seinen Frennd mit seltsam forschen-
den Blicken betrachten konnte.

Der Doctor verbeugte sich vor Lowder,
welcher sich als Guy Tressillian vorstellte und
ihn beschwor, das Leben seines armen Freundes
zu retten.

"Doctor Spezzo ist der geschickteste Art in
ganz Sicilien," sagte Frau Vicini ernsthaft. "Er
hat ein Haus in Palermo und ein Landgut un-
weit von hier. Wenn er für den armen jungen
Herrn nichts thun kann, so kann es Niemand."


[Spaltenumbruch]

Der Doctor nickte bei diesem Complimente
freundlich mit dem Kopfe, und ging dann an
sein Geschäft.

Er fühlte den Puls des Patienten, richtete
einige Fragen an Lowder und untersuchte dann
Guy's Wunde.

Sein Gesicht wurde sehr ernst, als er sich
in diese Aufgabe vertiefte. Ein oder zweimal
schüttelte er traurig den Kopf. Die männliche
Schönheit seines Patienten, der edle Ausdruck
des einst so heiteren, gutmüthigen Gesichtes
machten einen tiefen Eindruck auf ihn.

Eine kleine Weile herrschte tiefes Still-
schweigen in dem Zimmer und die Zuschauer
betrachteten den Doctor und den Kranken mit
gleichem Interesse. Vicini hielt das Licht mit
fester Hand. Seine Frau murmelte Gebete zur
Mutter Gottes und zu ihrem Schutzpatron und
gelobte große Kerzen für beide Altare zu spenden,
wenn der arme, junge Engländer nur davon
käme. Lowder starrte den Doctor an, als ob
dieser die Entscheidung über sein Leben oder
seinen Tod in Händen hielte. Palestro schaute
zu wie Jemand, der ein Schauspiel beobachtet.

Endlich hielt der Doctor mit der Sonde
in der Hand inne und schaute Lowder mit wohl-
wollenden Blickeu, in denen tiefe Traurigkeit
lag, an.

"Nun?" fragte Lowder ungeduldig.

"Vicine sagte mir, daß der junge Mann
Euer Secretär oder Diener ist", sagte der
Doctor.


[Spaltenumbruch]

"Ja -- so etwas dergleichen," entgegnete
Lowder unruhig.

"Dennoch seht Ihr wie Brüder aus," be-
merkte Doktor Spezzo etwas überrascht. "Die
Aehnlichkeit ist wunderbar! Der junge Mann
sieht so vornehm aus wie ein Mylord! Und er
ist nur ein gemietheter Diener -- ein Gesell-
schafter -- so etwas, nun gut! Hat er Freunde?"

Wieder zitterte Lowder. Was bedeutete diese
Frage, von einem Arzt gestellt?

"Nein, er hat keine Freunde außer mir,"
antwortete er; sein bleiches Gesicht über Guy's
Kissen beugend.

"Keine Freunde! Armer Junge! Wenn er
Jemanden hätte, würde ich rathen, nach denselben
zu schicken, da er aber Niemanden hat ..,"

Er hielt inne, schaute mitleidsvoll auf das
leichenblasse Gesicht auf dem Kissen, dann begann
erstillschweigend die furchtbare Wunde zu verbinden.

"Aber Ihr habt mir Eure Entscheidung
noch nicht gesagt, Doktor," rief Lowder jetzt
aus. "Wie bald muß er sterben?"

"Sterben? Ich habe nicht gesagt, daß er
sterben wird," erklärte der Doktor, schonungslos
die goldenen Locken wegschneidend, die um die
Wunde herumklebten und lange Streifen von
Pflaster auf den entblößten Schädel legend. "Er
wird nicht sterben, Signor!"

"Nicht sterben!" keuchte Lowder, aschfahl
werdend.

Fortsetzung folgt.)


[Spaltenumbruch] ſchenden Witterungscharacter für die nächſte Zeit
nicht zu erwarten ſteht, auf unbeſtimmte
Zeit verſchoben.
Wir werden ſeinerzeit den
Zeitpunct des Stattfindens des Eisfeſtes unſeren
Leſern bekanntgeben. — Geſtern wurde am Cis-
laufplatze die für das Eisfeſt projectirte electriſche
Beleuchtug geprobt und lieferte die Probe ein ſehr
befriedigendes Reſultat.

(Dentſcher Journaliſten- und Schritt-
ſteller-Verein für Mähren und Schleſien.)

Wie wir erfahren ſind in Troppau ſechzig Mit-
glieder dem deutſchen Journaliſten- und Schrift-
ſteller-Verein für Mähren und Schleſien beigetreten.
Dieſe wackere Unterſtützung des Vereines verdient
umſomehr Anerkennung als man an anderen Orten
nicht gleich opferwillig iſt einen Verein zu unterſtützen,
der u. A. auch humanitäre Tendenzen verfolgt.
Man benützt zwar die Preſſe eifrigſt, aber man
findet ſich nicht bewogen auch einmal einen
Journaliſten-Verein werkthätig zu unterſtützen.

(Vom Männergefangverein.)

Morgen
Abends 8 Uhr findet im Vereinsheim des
Männergeſangvereins die Jahresverſammlung
für 1889 ſtatt.

(Bund der Deutſchen Nerdmährens.)

Sonntag, den 26. d. M., Nachmittaga, findet
im Bundeszimmer eine Sitzung der Bundeslei-
tung ſtatt.

(Vom Theater.)

Freytag’s Luſtſpiel „Die
Journaliſten“, eines der wenigen modernen Luſt-
ſpiele, das durch ſeine gediegene Characteriſtik,
ſeinen liebenswürdigen Humor und ſeine fein-
pointirte Sprache Anſpruch auf die Bezeichnung
„claſſiſch“ erheben darf, ging geſtern auf unſerer
Bühne zum Benefice unſeres jugendlichen Lieb-
habers Herrn Rittner in Scene. Gerne möch-
ten wir uns um des Beneficianten willen, der
als das einzige Talent unter unſerem Schauſpiel-
perſonale gelten kann und uns ſchon manche vor-
zügliche Leiſtung geboten hat, jedes Tadels über
dieſe Aufführung enthalten. Allein dieſe war eine
ſo frivol-leichtfertige, und es wurde gegen den
Geiſt der Dichtung und gegen ſeine edle Sprache
ſo ſehr Sünde auf Sünde gehäuft, daß eine
ernſte Rüge nicht unausgeſprochen bleiben darf.
Unter den Sündern nahm Herr Benke, der
Darſteller des „Oldendorf“ den erſten Platz ein.
Er behandelte ſeine Rolle ſo en bagatelle, als
hätte er eine Poſſenfigur zu zeichnen. Nicht nur daß
er in nichts weniger als ſalonfähiger Toilette beim
Oberſten Berg zu Beſuch erſchien, grüßte er bei
ſeinem Eintreten mit „Servus“, ſprach von einem
„Schlimling“ und hatte ſeine Rolle ſo wenig
inne, daß jede geiſtige Dispoſition über dieſelbe
mangeln mußte. Zu anderen Zeiten hätte man
ſolch’ einer Verhöhnung der Dichtung wie des
Publicums gegenüber entſchiedene Verwahrung
bei offener Scene eingelegt. Nicht viel beſſer er-
ging’s mit der übrigen Aufführung, bei der
peinliche Pauſen und Stockungen im Dialoge an
[Spaltenumbruch] der Tagesordnung waren und Bolz-Rittner faſt
für Alle ſprechen mußte. Wie hätte es auch anders
ſein können. Wichtige Rollen, von denen jede
eine ganze künſtleriſche Kraft fordert, waren mit
den Herren vom Chore beſetzt — doch wozu
noch weiter dieſem Jammer kritiſche Aufmerkſamkeit
ſchenken. Es genüge, wenn wir ſagen, daß die ge-
ſtrige Vorſtellung das Aergſte leiſtete, das wir
ſeit vielen Jahren hier erlebten. Ueber ſolche
Miſére konnte auch die Beliebtheit, deren ſich
Herr Rittner erfreut, nicht hinweghelfen. Ueberdieß
liegt der „Bolz“ denn doch noch zu weit abſeits
von ſeinem Können. Er iſt noch zu jung für
den Bolz. Er beſitzt wohl die Lebhaftigkeit
und das leichte Blut dafür, weiß auch manche
leichte humoriſtiſche Wendung zu gemüthvoller
Wirkung zu bringen; aber es fehlt noch die
geiſtige Ueberlegenheit und die ſichere Eleganz,
ohne welche Bolz nicht gedacht werden kann. In
der prächtigen Erzählung vom Brande ließ er
richtig hervorleuchten, daß ſie improviſirt ſei,
allein die Unſicherheit der Andern wirkte lähmend
auch auf ihn. Das Publicum würdigte ſein
Streben und ſpendete ihm ſtürmiſchen Beifall,
der ihn für den ſchwachen Beſuch der Vorſtellung
entſchädigen mußte. Auch an einem lebhaften
Empfange und einer prächtigen Kranzſpende fehlte
es nicht.

(Die Wetterprognoſe)

für die nächſte Zeit
lautet: Unruhiges, vorwiegend trübes, regneri-
ſches und mildes Wetter anhaltend.

(Bankzinsfußermäßigung.)

Der General-
rath der öſterr.-ungariſchen Bank beſchloß die
Ermäßigung des Zinsfußes von 5 auf 4½ Perc.
im Escompte und von 6 auf 5½ Perc. im
Lombard. Die Ermäßigung tritt heute in Kraft.

(Ein alter Dienſtbote.)

Im Dorfe Sul-
kowetz bei Boskowitz ſtarb dieſer Tage die Magd
Urſula Loucar im Alter von 94 Jahren. Die
Verblichene hat vom Jahre 1814 an, alſo 76
Jahre, bei einer und derſelben Familie gedient.

(Zimmerfener.)

Geſtern Abends gegen 11
Uhr entſtand im 1. Stocke des Hauſes Nr. 19
der Thereſiengaſſe ein Zimmerfeuer, indem eine
hölzerne Riegelwand durch die Gluth eines in
der Nähe ſtehenden Ofens in Brand gerathen
war. Der ſogleich am Brandplatze erſchienenen
Berufs- und freiwilligen Feuerwehr gelang es,
den Brand in Kürze zu dämpfen, doch wurde
zur größten Sicherheit während der ganzen
Nacht eine Feuerwache am Brandorte zurück-
gelaſſen. Herr Bürgermeiſter v. Engel war
ebenfalls an Ort und Stelle erſchienen. Bezüglich
der Entſtehungsurſache des Feuers war nachträg-
lich noch erhoben worden, daß die Riegelwand
bereits mehrere Tage geglimmt haben dürfte,
da am geſtrigen Tage ſelbſt ſehr wenig geheizt
worden war.

(Ein breunender und ein wüthender
Hund.)

Man ſchreibt aus Biſtřitz am Hoſtein:
[Spaltenumbruch] Am 20. d. M. erregte ein brennender Hund,
welcher aus dem hieſigen Bräuhauſe lief, großes
Entſetzen. Der Hund, ein Neufundländer, der
dem Herrn Baumeiſter Otto Zemann gehörte,
wurde, wie ſpäter bekannt wurde, mit doppeltem.
Drathe an einem Hinterfuße angebunden, mit
Petroleum überſchüttet und angezündet. Das
arme Thier, welchem es gelang, ſich loßzureißen,
kam unter furchtbarem Geheule, von einem Flam-
menmeere umgeben nach Hauſe geſtürmt und
direct in die Kanzlei, wo es dem glücklicherweiſe
anweſenden Aſſiſtenten bald gelaug, die Flammen
an dem gequälten Thiere zu unterdrücken. Einem
großen Glücke iſt es zuzuſchreiben, daß die in
der Kanzlei maſſenhaft angeſammelten Schriften
nicht in Brand geriethen, wodurch leicht bei dem
herrſchenden Winde das ganze Haus in Flammen
hätte aufgehen und ſo ein unabſehbares Unglück
herbeigeführt werden können. Die Thäter, die
auf dieſe beſtialiſche Weiſe den keineswegs biſſigen
Hund aus dem Wege räumen wollten, werden
hoffentlich der gerechten Strafe nicht entgehen. —
Aus Bielitz wird geſchriebrn: Ein wüthender
Hund von beſonders großer Geſtalt richtete am
19. d. M. in Dzieditz viel Unheil an und ver-
ſetzte die Bevölkerung in große Aufregung. Das
wüthende Thier biß den zehnjährigen Sohn des
Gemeindevorſtehers von Dzieditz in die Kehle,
ſo daß der Knabe nach einigen Stunden eines
ſchrecklichen Todes ſtarb; am ſelben Tage warf
der Hund einen Mann zu Boden und biß den
Unglücklichen derart in die Hand, daß er hoffnungs-
los darnieder liegt. Außerdem biß das Thier
12 Kettenhunde, die ſofort erſchoſſen werden
mußten. Die Berölkerung durch das Treiben des
Thieres in große Aufregung verſetzt, zog nun,
mit Knüppeln und Gewehren bewaffnet, nach
dem Hunde aus, ohne ihn zu finden. Montag
Früh wurde endlich, zur allgemeinen Beruhigung,
der Hund verendet im nahen Walde aufgefunden.

(22 Ausweis- und Unterſtandsloſe.)

Heute Nachts wurden in der Stadt nicht weni-
ger als 22 Perſonen wegen Ausweis- und Un-
terſtandsloſigkeit polizeilich eingezogen und heute
der weiteren geſetzlichen Behandlung zugeführt.

(Feuerwehr-Kränzchen.)

Die Mitglieder
der freiwilligen Feuerwehr in Weska, veranſtalten
Samſtag, den 25. Jänner l. J. im Saale des
Gemeinde-Gaſthauſes in Weska ein Kränzchen.
Anfang 7 Uhr Abends. Eintritt á Perſon 50 kr.
Das Reinerträgniß fließt in den Feuerwehrfond.




Vom Tage.
(Gräfin Wickenburg-Almaſy †.)

Vor-
geſtern Abends ſtarb in Gries bei Bozen die als
Dichterin bekannte Gräfin Wilhelmine Wicken-
burg-Almaſy
an einer Folgekrankheit der
Influenza. Schon längere Zeit leidend, zog ſich
die Gräfin mit ihrem Gatten nach Gries zurück,




[Spaltenumbruch]
Der Erbe des Hauſes.

(15. Fortſetzung.)

„Wird er je wieder zu Verſtand kommen?“
war die Frage, welche Jasper Lowders Seele
bewegte. „Wird er im Stande ſein, nach Eng-
land in ſeiner Eigenſchaft als der Sohn des
Baronets zurückzukehren?

Der arme Guy lag in einem groben wolle-
nen Hemde Vicini’s auf dem Bette als dieſer
begleitet von Dr. Spezzo, einem geſchäftigen,
kleinen Italiener, zurückkehrte.

„Wen haben wir denn hier?“ rief der
Doctor, eilig ins Zimmer tretend. „Laßt mich
dieſen ſchiffbrüchigen Engländer ſehen. Macht
Platz, Paleſtro.“

Der Schreiber trat zur Seite und ſtellte
ſich am Fuße des Bettes auf, wo er ſowohl den
Kranken als ſeinen Frennd mit ſeltſam forſchen-
den Blicken betrachten konnte.

Der Doctor verbeugte ſich vor Lowder,
welcher ſich als Guy Treſſillian vorſtellte und
ihn beſchwor, das Leben ſeines armen Freundes
zu retten.

„Doctor Spezzo iſt der geſchickteſte Art in
ganz Sicilien,“ ſagte Frau Vicini ernſthaft. „Er
hat ein Haus in Palermo und ein Landgut un-
weit von hier. Wenn er für den armen jungen
Herrn nichts thun kann, ſo kann es Niemand.“


[Spaltenumbruch]

Der Doctor nickte bei dieſem Complimente
freundlich mit dem Kopfe, und ging dann an
ſein Geſchäft.

Er fühlte den Puls des Patienten, richtete
einige Fragen an Lowder und unterſuchte dann
Guy’s Wunde.

Sein Geſicht wurde ſehr ernſt, als er ſich
in dieſe Aufgabe vertiefte. Ein oder zweimal
ſchüttelte er traurig den Kopf. Die männliche
Schönheit ſeines Patienten, der edle Ausdruck
des einſt ſo heiteren, gutmüthigen Geſichtes
machten einen tiefen Eindruck auf ihn.

Eine kleine Weile herrſchte tiefes Still-
ſchweigen in dem Zimmer und die Zuſchauer
betrachteten den Doctor und den Kranken mit
gleichem Intereſſe. Vicini hielt das Licht mit
feſter Hand. Seine Frau murmelte Gebete zur
Mutter Gottes und zu ihrem Schutzpatron und
gelobte große Kerzen für beide Altare zu ſpenden,
wenn der arme, junge Engländer nur davon
käme. Lowder ſtarrte den Doctor an, als ob
dieſer die Entſcheidung über ſein Leben oder
ſeinen Tod in Händen hielte. Paleſtro ſchaute
zu wie Jemand, der ein Schauſpiel beobachtet.

Endlich hielt der Doctor mit der Sonde
in der Hand inne und ſchaute Lowder mit wohl-
wollenden Blickeu, in denen tiefe Traurigkeit
lag, an.

„Nun?“ fragte Lowder ungeduldig.

„Vicine ſagte mir, daß der junge Mann
Euer Secretär oder Diener iſt“, ſagte der
Doctor.


[Spaltenumbruch]

„Ja — ſo etwas dergleichen,“ entgegnete
Lowder unruhig.

„Dennoch ſeht Ihr wie Brüder aus,“ be-
merkte Doktor Spezzo etwas überraſcht. „Die
Aehnlichkeit iſt wunderbar! Der junge Mann
ſieht ſo vornehm aus wie ein Mylord! Und er
iſt nur ein gemietheter Diener — ein Geſell-
ſchafter — ſo etwas, nun gut! Hat er Freunde?“

Wieder zitterte Lowder. Was bedeutete dieſe
Frage, von einem Arzt geſtellt?

„Nein, er hat keine Freunde außer mir,“
antwortete er; ſein bleiches Geſicht über Guy’s
Kiſſen beugend.

„Keine Freunde! Armer Junge! Wenn er
Jemanden hätte, würde ich rathen, nach denſelben
zu ſchicken, da er aber Niemanden hat ..,“

Er hielt inne, ſchaute mitleidsvoll auf das
leichenblaſſe Geſicht auf dem Kiſſen, dann begann
erſtillſchweigend die furchtbare Wunde zu verbinden.

„Aber Ihr habt mir Eure Entſcheidung
noch nicht geſagt, Doktor,“ rief Lowder jetzt
aus. „Wie bald muß er ſterben?“

„Sterben? Ich habe nicht geſagt, daß er
ſterben wird,“ erklärte der Doktor, ſchonungslos
die goldenen Locken wegſchneidend, die um die
Wunde herumklebten und lange Streifen von
Pflaſter auf den entblößten Schädel legend. „Er
wird nicht ſterben, Signor!“

„Nicht ſterben!“ keuchte Lowder, aſchfahl
werdend.

Fortſetzung folgt.)


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[[5]/0005] ſchenden Witterungscharacter für die nächſte Zeit nicht zu erwarten ſteht, auf unbeſtimmte Zeit verſchoben. Wir werden ſeinerzeit den Zeitpunct des Stattfindens des Eisfeſtes unſeren Leſern bekanntgeben. — Geſtern wurde am Cis- laufplatze die für das Eisfeſt projectirte electriſche Beleuchtug geprobt und lieferte die Probe ein ſehr befriedigendes Reſultat. (Dentſcher Journaliſten- und Schritt- ſteller-Verein für Mähren und Schleſien.) Wie wir erfahren ſind in Troppau ſechzig Mit- glieder dem deutſchen Journaliſten- und Schrift- ſteller-Verein für Mähren und Schleſien beigetreten. Dieſe wackere Unterſtützung des Vereines verdient umſomehr Anerkennung als man an anderen Orten nicht gleich opferwillig iſt einen Verein zu unterſtützen, der u. A. auch humanitäre Tendenzen verfolgt. Man benützt zwar die Preſſe eifrigſt, aber man findet ſich nicht bewogen auch einmal einen Journaliſten-Verein werkthätig zu unterſtützen. (Vom Männergefangverein.) Morgen Abends 8 Uhr findet im Vereinsheim des Männergeſangvereins die Jahresverſammlung für 1889 ſtatt. (Bund der Deutſchen Nerdmährens.) Sonntag, den 26. d. M., Nachmittaga, findet im Bundeszimmer eine Sitzung der Bundeslei- tung ſtatt. (Vom Theater.) Freytag’s Luſtſpiel „Die Journaliſten“, eines der wenigen modernen Luſt- ſpiele, das durch ſeine gediegene Characteriſtik, ſeinen liebenswürdigen Humor und ſeine fein- pointirte Sprache Anſpruch auf die Bezeichnung „claſſiſch“ erheben darf, ging geſtern auf unſerer Bühne zum Benefice unſeres jugendlichen Lieb- habers Herrn Rittner in Scene. Gerne möch- ten wir uns um des Beneficianten willen, der als das einzige Talent unter unſerem Schauſpiel- perſonale gelten kann und uns ſchon manche vor- zügliche Leiſtung geboten hat, jedes Tadels über dieſe Aufführung enthalten. Allein dieſe war eine ſo frivol-leichtfertige, und es wurde gegen den Geiſt der Dichtung und gegen ſeine edle Sprache ſo ſehr Sünde auf Sünde gehäuft, daß eine ernſte Rüge nicht unausgeſprochen bleiben darf. Unter den Sündern nahm Herr Benke, der Darſteller des „Oldendorf“ den erſten Platz ein. Er behandelte ſeine Rolle ſo en bagatelle, als hätte er eine Poſſenfigur zu zeichnen. Nicht nur daß er in nichts weniger als ſalonfähiger Toilette beim Oberſten Berg zu Beſuch erſchien, grüßte er bei ſeinem Eintreten mit „Servus“, ſprach von einem „Schlimling“ und hatte ſeine Rolle ſo wenig inne, daß jede geiſtige Dispoſition über dieſelbe mangeln mußte. Zu anderen Zeiten hätte man ſolch’ einer Verhöhnung der Dichtung wie des Publicums gegenüber entſchiedene Verwahrung bei offener Scene eingelegt. Nicht viel beſſer er- ging’s mit der übrigen Aufführung, bei der peinliche Pauſen und Stockungen im Dialoge an der Tagesordnung waren und Bolz-Rittner faſt für Alle ſprechen mußte. Wie hätte es auch anders ſein können. Wichtige Rollen, von denen jede eine ganze künſtleriſche Kraft fordert, waren mit den Herren vom Chore beſetzt — doch wozu noch weiter dieſem Jammer kritiſche Aufmerkſamkeit ſchenken. Es genüge, wenn wir ſagen, daß die ge- ſtrige Vorſtellung das Aergſte leiſtete, das wir ſeit vielen Jahren hier erlebten. Ueber ſolche Miſére konnte auch die Beliebtheit, deren ſich Herr Rittner erfreut, nicht hinweghelfen. Ueberdieß liegt der „Bolz“ denn doch noch zu weit abſeits von ſeinem Können. Er iſt noch zu jung für den Bolz. Er beſitzt wohl die Lebhaftigkeit und das leichte Blut dafür, weiß auch manche leichte humoriſtiſche Wendung zu gemüthvoller Wirkung zu bringen; aber es fehlt noch die geiſtige Ueberlegenheit und die ſichere Eleganz, ohne welche Bolz nicht gedacht werden kann. In der prächtigen Erzählung vom Brande ließ er richtig hervorleuchten, daß ſie improviſirt ſei, allein die Unſicherheit der Andern wirkte lähmend auch auf ihn. Das Publicum würdigte ſein Streben und ſpendete ihm ſtürmiſchen Beifall, der ihn für den ſchwachen Beſuch der Vorſtellung entſchädigen mußte. Auch an einem lebhaften Empfange und einer prächtigen Kranzſpende fehlte es nicht. (Die Wetterprognoſe) für die nächſte Zeit lautet: Unruhiges, vorwiegend trübes, regneri- ſches und mildes Wetter anhaltend. (Bankzinsfußermäßigung.) Der General- rath der öſterr.-ungariſchen Bank beſchloß die Ermäßigung des Zinsfußes von 5 auf 4½ Perc. im Escompte und von 6 auf 5½ Perc. im Lombard. Die Ermäßigung tritt heute in Kraft. (Ein alter Dienſtbote.) Im Dorfe Sul- kowetz bei Boskowitz ſtarb dieſer Tage die Magd Urſula Loucar im Alter von 94 Jahren. Die Verblichene hat vom Jahre 1814 an, alſo 76 Jahre, bei einer und derſelben Familie gedient. (Zimmerfener.) Geſtern Abends gegen 11 Uhr entſtand im 1. Stocke des Hauſes Nr. 19 der Thereſiengaſſe ein Zimmerfeuer, indem eine hölzerne Riegelwand durch die Gluth eines in der Nähe ſtehenden Ofens in Brand gerathen war. Der ſogleich am Brandplatze erſchienenen Berufs- und freiwilligen Feuerwehr gelang es, den Brand in Kürze zu dämpfen, doch wurde zur größten Sicherheit während der ganzen Nacht eine Feuerwache am Brandorte zurück- gelaſſen. Herr Bürgermeiſter v. Engel war ebenfalls an Ort und Stelle erſchienen. Bezüglich der Entſtehungsurſache des Feuers war nachträg- lich noch erhoben worden, daß die Riegelwand bereits mehrere Tage geglimmt haben dürfte, da am geſtrigen Tage ſelbſt ſehr wenig geheizt worden war. (Ein breunender und ein wüthender Hund.) Man ſchreibt aus Biſtřitz am Hoſtein: Am 20. d. M. erregte ein brennender Hund, welcher aus dem hieſigen Bräuhauſe lief, großes Entſetzen. Der Hund, ein Neufundländer, der dem Herrn Baumeiſter Otto Zemann gehörte, wurde, wie ſpäter bekannt wurde, mit doppeltem. Drathe an einem Hinterfuße angebunden, mit Petroleum überſchüttet und angezündet. Das arme Thier, welchem es gelang, ſich loßzureißen, kam unter furchtbarem Geheule, von einem Flam- menmeere umgeben nach Hauſe geſtürmt und direct in die Kanzlei, wo es dem glücklicherweiſe anweſenden Aſſiſtenten bald gelaug, die Flammen an dem gequälten Thiere zu unterdrücken. Einem großen Glücke iſt es zuzuſchreiben, daß die in der Kanzlei maſſenhaft angeſammelten Schriften nicht in Brand geriethen, wodurch leicht bei dem herrſchenden Winde das ganze Haus in Flammen hätte aufgehen und ſo ein unabſehbares Unglück herbeigeführt werden können. Die Thäter, die auf dieſe beſtialiſche Weiſe den keineswegs biſſigen Hund aus dem Wege räumen wollten, werden hoffentlich der gerechten Strafe nicht entgehen. — Aus Bielitz wird geſchriebrn: Ein wüthender Hund von beſonders großer Geſtalt richtete am 19. d. M. in Dzieditz viel Unheil an und ver- ſetzte die Bevölkerung in große Aufregung. Das wüthende Thier biß den zehnjährigen Sohn des Gemeindevorſtehers von Dzieditz in die Kehle, ſo daß der Knabe nach einigen Stunden eines ſchrecklichen Todes ſtarb; am ſelben Tage warf der Hund einen Mann zu Boden und biß den Unglücklichen derart in die Hand, daß er hoffnungs- los darnieder liegt. Außerdem biß das Thier 12 Kettenhunde, die ſofort erſchoſſen werden mußten. Die Berölkerung durch das Treiben des Thieres in große Aufregung verſetzt, zog nun, mit Knüppeln und Gewehren bewaffnet, nach dem Hunde aus, ohne ihn zu finden. Montag Früh wurde endlich, zur allgemeinen Beruhigung, der Hund verendet im nahen Walde aufgefunden. (22 Ausweis- und Unterſtandsloſe.) Heute Nachts wurden in der Stadt nicht weni- ger als 22 Perſonen wegen Ausweis- und Un- terſtandsloſigkeit polizeilich eingezogen und heute der weiteren geſetzlichen Behandlung zugeführt. (Feuerwehr-Kränzchen.) Die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr in Weska, veranſtalten Samſtag, den 25. Jänner l. J. im Saale des Gemeinde-Gaſthauſes in Weska ein Kränzchen. Anfang 7 Uhr Abends. Eintritt á Perſon 50 kr. Das Reinerträgniß fließt in den Feuerwehrfond. Vom Tage. (Gräfin Wickenburg-Almaſy †.) Vor- geſtern Abends ſtarb in Gries bei Bozen die als Dichterin bekannte Gräfin Wilhelmine Wicken- burg-Almaſy an einer Folgekrankheit der Influenza. Schon längere Zeit leidend, zog ſich die Gräfin mit ihrem Gatten nach Gries zurück, Der Erbe des Hauſes. Roman von Hermine Frankenſtein. (15. Fortſetzung.) „Wird er je wieder zu Verſtand kommen?“ war die Frage, welche Jasper Lowders Seele bewegte. „Wird er im Stande ſein, nach Eng- land in ſeiner Eigenſchaft als der Sohn des Baronets zurückzukehren? Der arme Guy lag in einem groben wolle- nen Hemde Vicini’s auf dem Bette als dieſer begleitet von Dr. Spezzo, einem geſchäftigen, kleinen Italiener, zurückkehrte. „Wen haben wir denn hier?“ rief der Doctor, eilig ins Zimmer tretend. „Laßt mich dieſen ſchiffbrüchigen Engländer ſehen. Macht Platz, Paleſtro.“ Der Schreiber trat zur Seite und ſtellte ſich am Fuße des Bettes auf, wo er ſowohl den Kranken als ſeinen Frennd mit ſeltſam forſchen- den Blicken betrachten konnte. Der Doctor verbeugte ſich vor Lowder, welcher ſich als Guy Treſſillian vorſtellte und ihn beſchwor, das Leben ſeines armen Freundes zu retten. „Doctor Spezzo iſt der geſchickteſte Art in ganz Sicilien,“ ſagte Frau Vicini ernſthaft. „Er hat ein Haus in Palermo und ein Landgut un- weit von hier. Wenn er für den armen jungen Herrn nichts thun kann, ſo kann es Niemand.“ Der Doctor nickte bei dieſem Complimente freundlich mit dem Kopfe, und ging dann an ſein Geſchäft. Er fühlte den Puls des Patienten, richtete einige Fragen an Lowder und unterſuchte dann Guy’s Wunde. Sein Geſicht wurde ſehr ernſt, als er ſich in dieſe Aufgabe vertiefte. Ein oder zweimal ſchüttelte er traurig den Kopf. Die männliche Schönheit ſeines Patienten, der edle Ausdruck des einſt ſo heiteren, gutmüthigen Geſichtes machten einen tiefen Eindruck auf ihn. Eine kleine Weile herrſchte tiefes Still- ſchweigen in dem Zimmer und die Zuſchauer betrachteten den Doctor und den Kranken mit gleichem Intereſſe. Vicini hielt das Licht mit feſter Hand. Seine Frau murmelte Gebete zur Mutter Gottes und zu ihrem Schutzpatron und gelobte große Kerzen für beide Altare zu ſpenden, wenn der arme, junge Engländer nur davon käme. Lowder ſtarrte den Doctor an, als ob dieſer die Entſcheidung über ſein Leben oder ſeinen Tod in Händen hielte. Paleſtro ſchaute zu wie Jemand, der ein Schauſpiel beobachtet. Endlich hielt der Doctor mit der Sonde in der Hand inne und ſchaute Lowder mit wohl- wollenden Blickeu, in denen tiefe Traurigkeit lag, an. „Nun?“ fragte Lowder ungeduldig. „Vicine ſagte mir, daß der junge Mann Euer Secretär oder Diener iſt“, ſagte der Doctor. „Ja — ſo etwas dergleichen,“ entgegnete Lowder unruhig. „Dennoch ſeht Ihr wie Brüder aus,“ be- merkte Doktor Spezzo etwas überraſcht. „Die Aehnlichkeit iſt wunderbar! Der junge Mann ſieht ſo vornehm aus wie ein Mylord! Und er iſt nur ein gemietheter Diener — ein Geſell- ſchafter — ſo etwas, nun gut! Hat er Freunde?“ Wieder zitterte Lowder. Was bedeutete dieſe Frage, von einem Arzt geſtellt? „Nein, er hat keine Freunde außer mir,“ antwortete er; ſein bleiches Geſicht über Guy’s Kiſſen beugend. „Keine Freunde! Armer Junge! Wenn er Jemanden hätte, würde ich rathen, nach denſelben zu ſchicken, da er aber Niemanden hat ..,“ Er hielt inne, ſchaute mitleidsvoll auf das leichenblaſſe Geſicht auf dem Kiſſen, dann begann erſtillſchweigend die furchtbare Wunde zu verbinden. „Aber Ihr habt mir Eure Entſcheidung noch nicht geſagt, Doktor,“ rief Lowder jetzt aus. „Wie bald muß er ſterben?“ „Sterben? Ich habe nicht geſagt, daß er ſterben wird,“ erklärte der Doktor, ſchonungslos die goldenen Locken wegſchneidend, die um die Wunde herumklebten und lange Streifen von Pflaſter auf den entblößten Schädel legend. „Er wird nicht ſterben, Signor!“ „Nicht ſterben!“ keuchte Lowder, aſchfahl werdend. Fortſetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 19, Olmütz, 24.01.1890, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches19_1890/5>, abgerufen am 23.11.2024.