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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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gewürdiget werden. Er umarmte hierauf den Grafen mit einer zärtli-
chen Wehmuth, welcher noch zu ihm sprach: Adieu Printz ohne Land,
Prince sans biens, von diesem aber die Antwort erhielt: adieu Graf
ohne Kopf,
Comte sans tete.
Bingley.
Diese wenigen Worte haben gewiß einen besondern Nachdruck. Denn
die Personen, so dieselbe gesprochen, und der Erfolg, welcher sie mit ei-
nem traurigen Ausgang bestätiget, machen diesen Propheceyungs-vollen
Abschied auf ewig merckwürdig.
Tulsching.
Allerdings, Mylord, traf dieses bey beyden ein. Der Printz flüchte-
te sich nach Teutschland, und muste die gehabten Gouvernements von
Holl- und Seeland, Utrecht, und Bourgogne nebst seinen eigenen Gü-
tern
verlassen. Der Graf von Egmond aber verlohr in Gesellschafft
des Grafen von Horn, und 18. anderer Standes-Personen bey der An-
kunfft des Alba auf dem Marckt zu Brüssel sein Leben. Der aufgerich-
tete Blut-Rath, Conseil des Troubles, forderte zwar den Printzen,
Grafen von Hochstrade, und Culenburg, und andere abwesenden Her-
ren mehr vor sich, welche aber nach dem Exempel des Fuchses sagten: Ve-
stigia me terrent.
Bingley.
Jst es denn an dem, daß dieses Blut-Gerichte aus so vortreflichen
Männern bestanden, welche die Leute mit Schuhen, Kleidern, und an-
dern Nothwendigkeiten versorgen, und dieses als ihr Handwerck zu trei-
ben gewohnt gewesen?
Tulsching.
Dieses hat alles seine Richtigkeit, und kan man leicht die Wahrheit
auch davon urtheilen, daß ihr President, Antonius Vargas, ein so vortref-
licher Latiniste gewesen, daß sein Ausspruch gemeiniglich hierinnen bestan-
den; Haeretici fraxerunt templa, bona nihil faxerunt contra, ergo
debent omnes patibulare,
und, der wenn sie sich auf ihre Privilegia be-
rufen haben, zu antworten gepflegt: Non curamus vestros privilegios.
Der Printz inzwischen erschien nicht, und wurde nach gesetzter Frist des
Lasters der beleidigten Majestät schuldig erkant, und ihm alle seine
Güter weggenommen. Dieses brachte ihn so in Harnisch, daß er eine in
Teutschland geworbene Armee unter dem Commando seiner Brüder,
Ludewig und Adolph, Grafen von Nassau in die Niederlande rücken
lies, welche den gegenseitigen Generalen, Grafen von Aremberg, völlig
schlu-
gewuͤrdiget werden. Er umarmte hierauf den Grafen mit einer zaͤrtli-
chen Wehmuth, welcher noch zu ihm ſprach: Adieu Printz ohne Land,
Prince ſans biens, von dieſem aber die Antwort erhielt: adieu Graf
ohne Kopf,
Comte ſans tête.
Bingley.
Dieſe wenigen Worte haben gewiß einen beſondern Nachdruck. Denn
die Perſonen, ſo dieſelbe geſprochen, und der Erfolg, welcher ſie mit ei-
nem traurigen Ausgang beſtaͤtiget, machen dieſen Propheceyungs-vollen
Abſchied auf ewig merckwuͤrdig.
Tulſching.
Allerdings, Mylord, traf dieſes bey beyden ein. Der Printz fluͤchte-
te ſich nach Teutſchland, und muſte die gehabten Gouvernements von
Holl- und Seeland, Utrecht, und Bourgogne nebſt ſeinen eigenen Guͤ-
tern
verlaſſen. Der Graf von Egmond aber verlohr in Geſellſchafft
des Grafen von Horn, und 18. anderer Standes-Perſonen bey der An-
kunfft des Alba auf dem Marckt zu Bruͤſſel ſein Leben. Der aufgerich-
tete Blut-Rath, Conſeil des Troubles, forderte zwar den Printzen,
Grafen von Hochſtrade, und Culenburg, und andere abweſenden Her-
ren mehr vor ſich, welche aber nach dem Exempel des Fuchſes ſagten: Ve-
ſtigia me terrent.
Bingley.
Jſt es denn an dem, daß dieſes Blut-Gerichte aus ſo vortreflichen
Maͤnnern beſtanden, welche die Leute mit Schuhen, Kleidern, und an-
dern Nothwendigkeiten verſorgen, und dieſes als ihr Handwerck zu trei-
ben gewohnt geweſen?
Tulſching.
Dieſes hat alles ſeine Richtigkeit, und kan man leicht die Wahrheit
auch davon urtheilen, daß ihr Preſident, Antonius Vargas, ein ſo vortref-
licher Latiniſte geweſen, daß ſein Ausſpruch gemeiniglich hierinnen beſtan-
den; Hæretici fraxerunt templa, bona nihil faxerunt contra, ergo
debent omnes patibulare,
und, der wenn ſie ſich auf ihre Privilegia be-
rufen haben, zu antworten gepflegt: Non curamus veſtros privilegios.
Der Printz inzwiſchen erſchien nicht, und wurde nach geſetzter Friſt des
Laſters der beleidigten Majeſtaͤt ſchuldig erkant, und ihm alle ſeine
Guͤter weggenommen. Dieſes brachte ihn ſo in Harniſch, daß er eine in
Teutſchland geworbene Armee unter dem Commando ſeiner Bruͤder,
Ludewig und Adolph, Grafen von Naſſau in die Niederlande ruͤcken
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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/33>, abgerufen am 18.12.2024.