[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.ber sie einigermassen bestürtzt geschienen, aber dennoch es vor eine vortheil- Schloß A 3
ber ſie einigermaſſen beſtuͤrtzt geſchienen, aber dennoch es vor eine vortheil- Schloß A 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="5"/> ber ſie einigermaſſen beſtuͤrtzt geſchienen, aber dennoch es vor eine vortheil-<lb/> hafftige Parthey gehalten welche nicht auszuſchlagen ſey. Jhr Gemahl<lb/> war uͤber dieſen Entſchluß nicht wenig vergnuͤgt, und erwartete den Morgen<lb/> mit Schmertzen um der <hi rendition="#aq">Amarian</hi>en Einwilligung zu dieſem Vorhaben zu-<lb/> vernehmen. Er ware kaum aufgeſtanden, ſo war ſein erſtes, daß er nach<lb/> derſelbigen ſchickte, und ſie zu ſprechen verlangte, allein es kam die unverhoffte<lb/> Antwort zuruͤcke: <hi rendition="#fr">Sie waͤr nicht da, und es wuͤſte kein Menſch wo<lb/> ſie ſey.</hi> Er forſchte bey allen Bedienten nach, und durchſuchte alle Win-<lb/> ckel, es fand ſich aber faſt keine Spur, daß ſie jemahls da geweſen. Wie<lb/> groß mein Erſtaunen bey Anhoͤrung dieſer Poſt geweſen ſeyn muͤſſe, iſt leicht<lb/> zu vermuthen. Jch war gantz troſtloß, und machte mir ſo gefaͤhrliche Vor-<lb/> ſtellungen, welche mich auf tauſendfache Art quaͤlten. Der Graf zeigte ei-<lb/> ne wehmuͤthige Sorge, nur die Graͤfin ſchien bey dieſem allen gleichguͤltig.<lb/> Jch ſahe keine Urſach noch Vorwand mehr mich allhier aufzuhalten, und<lb/> wurde demnach zum Aufbruch von mir ſelbſt genoͤthiget, welcher auch nach<lb/> einer verpflichteten Danckſagung vor die erwieſene Hoͤflichkeit nach meinem<lb/> Schloſſe zu erfolgte. Den Weg biß dahin brachte ich mit lauter ſchwermuͤ-<lb/> thigen Gedancken zu, und befuͤrchtete mich einer gaͤntzlichen Beraubung mei-<lb/> ner Geliebten. Jch langte in halber Verzweifelung allda an, und mein Ge-<lb/> muͤthe war um deſto unruhiger, da ich dasjenige ſo gleich entbehren ſolte,<lb/> welches ich noch nicht einmahl recht geſehen. Jch wuͤrde dieſen traurigen<lb/> Einfaͤllen noch weiter nachgedacht haben, wenn mich nicht mein treuer <hi rendition="#fr">An-<lb/> ton</hi> durch ſeinen Eintritt in das Zimmer darinnen verſtoͤret, und mir den<lb/> Aufenthalt meiner <hi rendition="#aq">Amarian</hi>en eroͤfnet haͤtte. Jch weiß, ſagte er, gnaͤdiger<lb/> Herr, wo dieſes Frauenzimmer ſo ſchleunig hingekommen, und ich habe es<lb/> auf eine ſo wunderliche Art ausgeforſcht, daß es ohne dieſem wohl noch eine<lb/> Zeitlang wuͤrde verborgen geblieben ſeyn. Sie iſt auf dem Schloſſe <hi rendition="#aq">Don-<lb/> rich,</hi> allwo ſie aus Haß der Graͤfin von <hi rendition="#aq">Landhorſt,</hi> welche ſie, gnaͤdiger Herr,<lb/> ihr nicht zum Gemahl goͤnnet, auf behalten wird. Dieſe Graͤfin hat ſie in<lb/> der Nacht, da Ewr. Gnaden auf ihrem Schloſſe geweſen, und dero Zunei-<lb/> gung entdecket haben, aus dem Bette wegnehmen, und ohne Vorwiſſen ih-<lb/> res Gemahls auf gedachtes Schloß fuͤhren laſſen, allwo ſie in einer duͤſtern<lb/> Kammer als die groͤſte Miſſethaͤterin verwahret wird. Dieſe Nachricht<lb/> beweate mich nicht anders, als wenn man einem Tyger ſeine Jungen entreiſ-<lb/> ſen will, und ich ließ augenblicklich ein halb dutzend meiner Bedienten her-<lb/> bey rufen, welche mich an den betruͤbten Ort begleiten, und meine Geliebte<lb/> allenfals mit Gewalt erledigen ſolten. Jch kam in dieſer Geſellſchafft mit<lb/> dem einbrechenden Abend allda an, und man wegerte ſich nicht, mich in das<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Schloß</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0015]
ber ſie einigermaſſen beſtuͤrtzt geſchienen, aber dennoch es vor eine vortheil-
hafftige Parthey gehalten welche nicht auszuſchlagen ſey. Jhr Gemahl
war uͤber dieſen Entſchluß nicht wenig vergnuͤgt, und erwartete den Morgen
mit Schmertzen um der Amarianen Einwilligung zu dieſem Vorhaben zu-
vernehmen. Er ware kaum aufgeſtanden, ſo war ſein erſtes, daß er nach
derſelbigen ſchickte, und ſie zu ſprechen verlangte, allein es kam die unverhoffte
Antwort zuruͤcke: Sie waͤr nicht da, und es wuͤſte kein Menſch wo
ſie ſey. Er forſchte bey allen Bedienten nach, und durchſuchte alle Win-
ckel, es fand ſich aber faſt keine Spur, daß ſie jemahls da geweſen. Wie
groß mein Erſtaunen bey Anhoͤrung dieſer Poſt geweſen ſeyn muͤſſe, iſt leicht
zu vermuthen. Jch war gantz troſtloß, und machte mir ſo gefaͤhrliche Vor-
ſtellungen, welche mich auf tauſendfache Art quaͤlten. Der Graf zeigte ei-
ne wehmuͤthige Sorge, nur die Graͤfin ſchien bey dieſem allen gleichguͤltig.
Jch ſahe keine Urſach noch Vorwand mehr mich allhier aufzuhalten, und
wurde demnach zum Aufbruch von mir ſelbſt genoͤthiget, welcher auch nach
einer verpflichteten Danckſagung vor die erwieſene Hoͤflichkeit nach meinem
Schloſſe zu erfolgte. Den Weg biß dahin brachte ich mit lauter ſchwermuͤ-
thigen Gedancken zu, und befuͤrchtete mich einer gaͤntzlichen Beraubung mei-
ner Geliebten. Jch langte in halber Verzweifelung allda an, und mein Ge-
muͤthe war um deſto unruhiger, da ich dasjenige ſo gleich entbehren ſolte,
welches ich noch nicht einmahl recht geſehen. Jch wuͤrde dieſen traurigen
Einfaͤllen noch weiter nachgedacht haben, wenn mich nicht mein treuer An-
ton durch ſeinen Eintritt in das Zimmer darinnen verſtoͤret, und mir den
Aufenthalt meiner Amarianen eroͤfnet haͤtte. Jch weiß, ſagte er, gnaͤdiger
Herr, wo dieſes Frauenzimmer ſo ſchleunig hingekommen, und ich habe es
auf eine ſo wunderliche Art ausgeforſcht, daß es ohne dieſem wohl noch eine
Zeitlang wuͤrde verborgen geblieben ſeyn. Sie iſt auf dem Schloſſe Don-
rich, allwo ſie aus Haß der Graͤfin von Landhorſt, welche ſie, gnaͤdiger Herr,
ihr nicht zum Gemahl goͤnnet, auf behalten wird. Dieſe Graͤfin hat ſie in
der Nacht, da Ewr. Gnaden auf ihrem Schloſſe geweſen, und dero Zunei-
gung entdecket haben, aus dem Bette wegnehmen, und ohne Vorwiſſen ih-
res Gemahls auf gedachtes Schloß fuͤhren laſſen, allwo ſie in einer duͤſtern
Kammer als die groͤſte Miſſethaͤterin verwahret wird. Dieſe Nachricht
beweate mich nicht anders, als wenn man einem Tyger ſeine Jungen entreiſ-
ſen will, und ich ließ augenblicklich ein halb dutzend meiner Bedienten her-
bey rufen, welche mich an den betruͤbten Ort begleiten, und meine Geliebte
allenfals mit Gewalt erledigen ſolten. Jch kam in dieſer Geſellſchafft mit
dem einbrechenden Abend allda an, und man wegerte ſich nicht, mich in das
Schloß
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