Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

druckt / wenn die Leute in solchen Irrthumb kommen / daß sie verhoffen rein vnd heilig zu seyn für Gott / durch solche Heucheley. So kennen auch solche Heuchler Gottes Gabe noch Gebot nicht / denn Gott wil haben / daß wir mit Dancksagung seiner Gaben brauchen sollen.

Vnd ich wüst wol Exempel fürzubringen / wie manch from Hertz vnd armes Gewissen dadurch betrübet worden / vnd in Fahr kommen ist / daß es nicht vnterricht / daß der Ehestand / die Ehepflicht vnd was an der Ehe ist / heilig vnd Christlich were. Der gros Jammer ist erfolget aus der Mönchen vngeschicktem predigen / welche ohne maß den Celibat / die Keuscheit lobeten / vnd den Ehelichen Stand für ein vnrein Leben außschrien / daß er sehr hinderlich were zu der Seligkeit / vnd voll Sünden.

Aber vnser Wiedersacher halten nicht so hart vber dem Ehelosen Stand / vmb des scheins willen der Heiligkeit / Denn sie wissen / daß zu Rom / auch in allen jhren Stifften / ohne Heucheley / ohne schein eytel Vnzucht ist / So ist es auch jhr ernst nicht / Keusch zu leben / sondern wissentlich machen sie die Heucheley für den Leuten / Derhalben sie erger / vnd jhr Heucheley ist heßlicher / denn der Ketzer Encratiten / den war doch mehr ernst. Aber diesen Epicureis ists nicht ernst / sondern sie spotten Gott vnd der Welt / vnd wenden allein diesen Schein für / damit jhr frey Leben zu erhalten.

Zum Sechsten / So wir so viel vrsache haben / warumb wir des Bapsts Gesetz vom Celibat nicht können annehmen / so sind doch darüber vnzehliche Fehrligkeiten der Gewissen / vnseglich viel Ergerniß. Darumb ob solch Bapsts Gesetz gleich nicht vnrecht were / so solt doch billich alle Erbare Leute abschrecken / solche Beschwerung der Gewissen / daß so vnzehlich Seelen dadurch verderben.

Es haben lang für dieser zeit viel Erbare Leute auch vnter jhnen jhr eigen Bischoffe / Canonici, &c. geklaget vber die grosse / schwere Last des Celibats / vnd befunden / daß sie selbs vnd andere Leute in grosser Fahr jhrer Gewissen darüber kemen. Aber der klag hat sich niemand angenommen / darüber ist es am Tag / wie an vielen örten / wo Pfaffen Stiffte seyn / gemeine Zucht dadurch zerrüttet wird / was für grewlicher Vnzucht / Sünde vnd Schande / was grosser vngehörter Laster / dadurch geursacht. Es sind der Poeten Schriffte vnd Satyrae vorhanden / darinne mag sich ROMA spiegeln.

Also rechnet GOtt der Allmechtige die verachtung seiner Gabe vnd seiner Gebot / in den jenigen / die den Ehestand verbieten. So man nu offt etliche nötige Gesetz aus vrsach geendert hat / wenn es der gemein Nutz erfoddert / warumb solt denn dis Gesetz nicht geendert

druckt / wenn die Leute in solchen Irrthumb kom̃en / daß sie verhoffen rein vnd heilig zu seyn für Gott / durch solche Heucheley. So kennen auch solche Heuchler Gottes Gabe noch Gebot nicht / denn Gott wil haben / daß wir mit Dancksagung seiner Gaben brauchen sollen.

Vnd ich wüst wol Exempel fürzubringen / wie manch from Hertz vnd armes Gewissen dadurch betrübet worden / vnd in Fahr kom̃en ist / daß es nicht vnterricht / daß der Ehestand / die Ehepflicht vnd was an der Ehe ist / heilig vnd Christlich were. Der gros Jammer ist erfolget aus der Mönchen vngeschicktem predigen / welche ohne maß den Celibat / die Keuscheit lobeten / vnd den Ehelichen Stand für ein vnrein Leben außschrien / daß er sehr hinderlich were zu der Seligkeit / vnd voll Sünden.

Aber vnser Wiedersacher halten nicht so hart vber dem Ehelosen Stand / vmb des scheins willen der Heiligkeit / Denn sie wissen / daß zu Rom / auch in allen jhren Stifften / ohne Heucheley / ohne schein eytel Vnzucht ist / So ist es auch jhr ernst nicht / Keusch zu leben / sondern wissentlich machen sie die Heucheley für den Leuten / Derhalben sie erger / vnd jhr Heucheley ist heßlicher / denn der Ketzer Encratiten / den war doch mehr ernst. Aber diesen Epicureis ists nicht ernst / sondern sie spotten Gott vnd der Welt / vnd wenden allein diesen Schein für / damit jhr frey Leben zu erhalten.

Zum Sechsten / So wir so viel vrsache haben / warumb wir des Bapsts Gesetz vom Celibat nicht können annehmen / so sind doch darüber vnzehliche Fehrligkeiten der Gewissen / vnseglich viel Ergerniß. Darumb ob solch Bapsts Gesetz gleich nicht vnrecht were / so solt doch billich alle Erbare Leute abschrecken / solche Beschwerung der Gewissen / daß so vnzehlich Seelen dadurch verderben.

Es haben lang für dieser zeit viel Erbare Leute auch vnter jhnen jhr eigen Bischoffe / Canonici, &c. geklaget vber die grosse / schwere Last des Celibats / vnd befunden / daß sie selbs vnd andere Leute in grosser Fahr jhrer Gewissen darüber kemen. Aber der klag hat sich niemand angenom̃en / darüber ist es am Tag / wie an vielen örten / wo Pfaffen Stiffte seyn / gemeine Zucht dadurch zerrüttet wird / was für grewlicher Vnzucht / Sünde vnd Schande / was grosser vngehörter Laster / dadurch geursacht. Es sind der Poeten Schriffte vnd Satyrae vorhanden / darinne mag sich ROMA spiegeln.

Also rechnet GOtt der Allmechtige die verachtung seiner Gabe vnd seiner Gebot / in den jenigen / die den Ehestand verbieten. So man nu offt etliche nötige Gesetz aus vrsach geendert hat / weñ es der gemein Nutz erfoddert / warumb solt denn dis Gesetz nicht geendert

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0553" n="263"/>
druckt / wenn die Leute in solchen Irrthumb kom&#x0303;en / daß                      sie verhoffen rein vnd heilig zu seyn für Gott / durch solche Heucheley. So                      kennen auch solche Heuchler Gottes Gabe noch Gebot nicht / denn Gott wil haben /                      daß wir mit Dancksagung seiner Gaben brauchen sollen.</p>
        <p>Vnd ich wüst wol Exempel fürzubringen / wie manch from Hertz vnd armes Gewissen                      dadurch betrübet worden / vnd in Fahr kom&#x0303;en ist / daß es nicht                      vnterricht / daß der Ehestand / die Ehepflicht vnd was an der Ehe ist / heilig                      vnd Christlich were. Der gros Jammer ist erfolget aus der Mönchen vngeschicktem                      predigen / welche ohne maß den Celibat / die Keuscheit lobeten / vnd den                      Ehelichen Stand für ein vnrein Leben außschrien / daß er sehr hinderlich were zu                      der Seligkeit / vnd voll Sünden.</p>
        <p>Aber vnser Wiedersacher halten nicht so hart vber dem Ehelosen Stand / vmb des                      scheins willen der Heiligkeit / Denn sie wissen / daß zu Rom / auch in allen                      jhren Stifften / ohne Heucheley / ohne schein eytel Vnzucht ist / So ist es auch                      jhr ernst nicht / Keusch zu leben / sondern wissentlich machen sie die Heucheley                      für den Leuten / Derhalben sie erger / vnd jhr Heucheley ist heßlicher / denn                      der Ketzer Encratiten / den war doch mehr ernst. Aber diesen <hi rendition="#i">Epicureis</hi> ists nicht ernst / sondern sie spotten Gott vnd der Welt /                      vnd wenden allein diesen Schein für / damit jhr frey Leben zu erhalten.</p>
        <p>Zum Sechsten / So wir so viel vrsache haben / warumb wir des Bapsts Gesetz vom                      Celibat nicht können annehmen / so sind doch darüber vnzehliche Fehrligkeiten                      der Gewissen / vnseglich viel Ergerniß. Darumb ob solch Bapsts Gesetz gleich                      nicht vnrecht were / so solt doch billich alle Erbare Leute abschrecken / solche                      Beschwerung der Gewissen / daß so vnzehlich Seelen dadurch verderben.</p>
        <p>Es haben lang für dieser zeit viel Erbare Leute auch vnter jhnen jhr eigen                      Bischoffe / <hi rendition="#i">Canonici, &amp;c.</hi> geklaget vber die                      grosse / schwere Last des Celibats / vnd befunden / daß sie selbs vnd andere                      Leute in grosser Fahr jhrer Gewissen darüber kemen. Aber der klag hat sich                      niemand angenom&#x0303;en / darüber ist es am Tag / wie an vielen örten /                      wo Pfaffen Stiffte seyn / gemeine Zucht dadurch zerrüttet wird / was für                      grewlicher Vnzucht / Sünde vnd Schande / was grosser vngehörter Laster / dadurch                      geursacht. Es sind der Poeten Schriffte vnd <hi rendition="#i">Satyrae</hi> vorhanden / darinne mag sich <hi rendition="#i">ROMA</hi> spiegeln.</p>
        <p>Also rechnet GOtt der Allmechtige die verachtung seiner Gabe vnd seiner Gebot /                      in den jenigen / die den Ehestand verbieten. So man nu offt etliche nötige                      Gesetz aus vrsach geendert hat / wen&#x0303; es der gemein Nutz erfoddert                      / warumb solt denn dis Gesetz nicht geendert
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0553] druckt / wenn die Leute in solchen Irrthumb kom̃en / daß sie verhoffen rein vnd heilig zu seyn für Gott / durch solche Heucheley. So kennen auch solche Heuchler Gottes Gabe noch Gebot nicht / denn Gott wil haben / daß wir mit Dancksagung seiner Gaben brauchen sollen. Vnd ich wüst wol Exempel fürzubringen / wie manch from Hertz vnd armes Gewissen dadurch betrübet worden / vnd in Fahr kom̃en ist / daß es nicht vnterricht / daß der Ehestand / die Ehepflicht vnd was an der Ehe ist / heilig vnd Christlich were. Der gros Jammer ist erfolget aus der Mönchen vngeschicktem predigen / welche ohne maß den Celibat / die Keuscheit lobeten / vnd den Ehelichen Stand für ein vnrein Leben außschrien / daß er sehr hinderlich were zu der Seligkeit / vnd voll Sünden. Aber vnser Wiedersacher halten nicht so hart vber dem Ehelosen Stand / vmb des scheins willen der Heiligkeit / Denn sie wissen / daß zu Rom / auch in allen jhren Stifften / ohne Heucheley / ohne schein eytel Vnzucht ist / So ist es auch jhr ernst nicht / Keusch zu leben / sondern wissentlich machen sie die Heucheley für den Leuten / Derhalben sie erger / vnd jhr Heucheley ist heßlicher / denn der Ketzer Encratiten / den war doch mehr ernst. Aber diesen Epicureis ists nicht ernst / sondern sie spotten Gott vnd der Welt / vnd wenden allein diesen Schein für / damit jhr frey Leben zu erhalten. Zum Sechsten / So wir so viel vrsache haben / warumb wir des Bapsts Gesetz vom Celibat nicht können annehmen / so sind doch darüber vnzehliche Fehrligkeiten der Gewissen / vnseglich viel Ergerniß. Darumb ob solch Bapsts Gesetz gleich nicht vnrecht were / so solt doch billich alle Erbare Leute abschrecken / solche Beschwerung der Gewissen / daß so vnzehlich Seelen dadurch verderben. Es haben lang für dieser zeit viel Erbare Leute auch vnter jhnen jhr eigen Bischoffe / Canonici, &c. geklaget vber die grosse / schwere Last des Celibats / vnd befunden / daß sie selbs vnd andere Leute in grosser Fahr jhrer Gewissen darüber kemen. Aber der klag hat sich niemand angenom̃en / darüber ist es am Tag / wie an vielen örten / wo Pfaffen Stiffte seyn / gemeine Zucht dadurch zerrüttet wird / was für grewlicher Vnzucht / Sünde vnd Schande / was grosser vngehörter Laster / dadurch geursacht. Es sind der Poeten Schriffte vnd Satyrae vorhanden / darinne mag sich ROMA spiegeln. Also rechnet GOtt der Allmechtige die verachtung seiner Gabe vnd seiner Gebot / in den jenigen / die den Ehestand verbieten. So man nu offt etliche nötige Gesetz aus vrsach geendert hat / weñ es der gemein Nutz erfoddert / warumb solt denn dis Gesetz nicht geendert

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/553
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/553>, abgerufen am 04.07.2024.