Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

ctiones oder Gnugthun / das ist / durch etliche Wercke / die wir ohne das nicht schüldig weren / Oder / daß die Gewalt der Schlüssel Befehl haben / Pein auffzulegen / oder ein theil der Pein zu erlassen. Dasselbige solten nun die Wiedersacher aus der Schrifft beweisen / das werden sie wol lassen.

Darüber so ist es gewiß / daß Christus Tod ein Gnugthuung ist / nicht allein für die Schuld gegen Gott / sondern auch für den ewigen Tod / wie klar der Spruch Oseae lautet: Tod / Ich wil dein Tod seyn. Was ist es denn für ein Grewel zu sagen / daß Christi Tod gnugthue / für die Schuld gegen Gott / Aber die Pein / so wir leiden / die erlöse vns vom ewigen Tode? Also daß dis Wort des Propheten / Tod / ich wil dein Tod seyn / nicht von Christo / sondern von vnsern Wercken / vnd dazu von elenden Menschlichen Satzungen / die Gott nicht geboten hat / sollen verstanden werden. Vnd noch darüber dürffen sie sagen / daß dieselbigen Wercke für den ewigen Tod gnugthun / wenn sie gleich in Todsünden geschehen.

Es muß billich eim frommen Hertzen wehe thun / die gantz vngeschickte Rede der Wiedersacher. Denn wer es lieset vnd bedencket / dem müssen je Hertzlich wehe thun / solche öffentliche Teuffels Lehre / die der leidige Satan in die Welt gestrewet hat / die rechte Lehre des Euangelij vnterzudrücken / damit niemands oder wenig möchten vnterrichtet werden / was das Gesetz oder Euangelium / was Bus oder Glaube / oder was die Wolthat Christi seyn.

Denn vom Gesetz sagen sie also: GOtt hat vnser Schwacheit angesehen / vnd hat dem Menschen ein Ziel vnd Maß gesetzt der Wercke / welche er zu thun schüldig ist / das sind die Wercke der Zehen Gebot / etc. daß er von den vbrigen / von den operibus supererogationis, das ist / von den Wercken / die er nicht schüldig ist / möcht gnugthun für seine Fehl vnd Sünde.

Da ertichten sie jhnen selbs einen Trawm / als vermöge oder könne ein Mensch also GOttes Gesetz erfüllen / daß er etwas mehr vnd vbrigs thue / denn das Gesetz erfoddert / so doch die gantze heilige Schrifft zeuget / alle Propheten auch zeugen / daß Gottes Gesetz viel höhers foddere / denn wir jmmer zu thun vermögen. Aber sie wollen wehnen / das Gesetz Gottes / vnd Gott sey zu frieden mit eusserlichen Wercken / vnd sehen nicht / wie das Gesetz foddert / daß wir Gott lieben sollen von gantzem Hertzen / etc. vnd aller böser Lüste los seyn. Darumb ist kein Mensch auff Erden / der so viel thut / als das Gesetz erfoddert.

Darumb ists bey Verstendigen gantz närrisch vnd Kindisch an-

ctiones oder Gnugthun / das ist / durch etliche Wercke / die wir ohne das nicht schüldig weren / Oder / daß die Gewalt der Schlüssel Befehl haben / Pein auffzulegen / oder ein theil der Pein zu erlassen. Dasselbige solten nun die Wiedersacher aus der Schrifft beweisen / das werden sie wol lassen.

Darüber so ist es gewiß / daß Christus Tod ein Gnugthuung ist / nicht allein für die Schuld gegen Gott / sondern auch für den ewigen Tod / wie klar der Spruch Oseae lautet: Tod / Ich wil dein Tod seyn. Was ist es denn für ein Grewel zu sagen / daß Christi Tod gnugthue / für die Schuld gegen Gott / Aber die Pein / so wir leiden / die erlöse vns vom ewigen Tode? Also daß dis Wort des Propheten / Tod / ich wil dein Tod seyn / nicht von Christo / sondern von vnsern Wercken / vnd dazu von elenden Menschlichen Satzungen / die Gott nicht geboten hat / sollen verstanden werden. Vnd noch darüber dürffen sie sagen / daß dieselbigen Wercke für den ewigen Tod gnugthun / wenn sie gleich in Todsünden geschehen.

Es muß billich eim from̃en Hertzen wehe thun / die gantz vngeschickte Rede der Wiedersacher. Denn wer es lieset vnd bedencket / dem müssen je Hertzlich wehe thun / solche öffentliche Teuffels Lehre / die der leidige Satan in die Welt gestrewet hat / die rechte Lehre des Euangelij vnterzudrücken / damit niemands oder wenig möchten vnterrichtet werden / was das Gesetz oder Euangelium / was Bus oder Glaube / oder was die Wolthat Christi seyn.

Denn vom Gesetz sagen sie also: GOtt hat vnser Schwacheit angesehen / vnd hat dem Menschen ein Ziel vnd Maß gesetzt der Wercke / welche er zu thun schüldig ist / das sind die Wercke der Zehen Gebot / etc. daß er von den vbrigen / von den operibus supererogationis, das ist / von den Wercken / die er nicht schüldig ist / möcht gnugthun für seine Fehl vnd Sünde.

Da ertichten sie jhnen selbs einen Trawm / als vermöge oder könne ein Mensch also GOttes Gesetz erfüllen / daß er etwas mehr vnd vbrigs thue / denn das Gesetz erfoddert / so doch die gantze heilige Schrifft zeuget / alle Propheten auch zeugen / daß Gottes Gesetz viel höhers foddere / denn wir jmmer zu thun vermögen. Aber sie wollen wehnen / das Gesetz Gottes / vnd Gott sey zu frieden mit eusserlichen Wercken / vnd sehen nicht / wie das Gesetz foddert / daß wir Gott lieben sollen von gantzem Hertzen / etc. vnd aller böser Lüste los seyn. Darumb ist kein Mensch auff Erden / der so viel thut / als das Gesetz erfoddert.

Darumb ists bey Verstendigen gantz närrisch vnd Kindisch an-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0495" n="234"/>
ctiones</hi> oder Gnugthun / das ist / durch etliche Wercke / die wir ohne das nicht                      schüldig weren / Oder / daß die Gewalt der Schlüssel Befehl haben / Pein                      auffzulegen / oder ein theil der Pein zu erlassen. Dasselbige solten nun die                      Wiedersacher aus der Schrifft beweisen / das werden sie wol lassen.</p>
        <p>Darüber so ist es gewiß / daß Christus Tod ein Gnugthuung ist / nicht allein für                      die Schuld gegen Gott / sondern auch für den ewigen Tod / wie klar der Spruch                      Oseae lautet: Tod / Ich wil dein Tod seyn. Was ist es denn für ein Grewel zu                      sagen / daß Christi Tod gnugthue / für die Schuld gegen Gott / Aber die Pein /                      so wir leiden / die erlöse vns vom ewigen Tode? Also daß dis Wort des Propheten                      / Tod / ich wil dein Tod seyn / nicht von Christo / sondern von vnsern Wercken /                      vnd dazu von elenden Menschlichen Satzungen / die Gott nicht geboten hat /                      sollen verstanden werden. Vnd noch darüber dürffen sie sagen / daß dieselbigen                      Wercke für den ewigen Tod gnugthun / wenn sie gleich in Todsünden geschehen.</p>
        <p>Es muß billich eim from&#x0303;en Hertzen wehe thun / die gantz                      vngeschickte Rede der Wiedersacher. Denn wer es lieset vnd bedencket / dem                      müssen je Hertzlich wehe thun / solche öffentliche Teuffels Lehre / die der                      leidige Satan in die Welt gestrewet hat / die rechte Lehre des Euangelij                      vnterzudrücken / damit niemands oder wenig möchten vnterrichtet werden / was das                      Gesetz oder Euangelium / was Bus oder Glaube / oder was die Wolthat Christi                      seyn.</p>
        <p>Denn vom Gesetz sagen sie also: GOtt hat vnser Schwacheit angesehen / vnd hat dem                      Menschen ein Ziel vnd Maß gesetzt der Wercke / welche er zu thun schüldig ist /                      das sind die Wercke der Zehen Gebot / etc. daß er von den vbrigen / von den <hi rendition="#i">operibus supererogationis,</hi> das ist / von den Wercken /                      die er nicht schüldig ist / möcht gnugthun für seine Fehl vnd Sünde.</p>
        <p>Da ertichten sie jhnen selbs einen Trawm / als vermöge oder könne ein Mensch also                      GOttes Gesetz erfüllen / daß er etwas mehr vnd vbrigs thue / denn das Gesetz                      erfoddert / so doch die gantze heilige Schrifft zeuget / alle Propheten auch                      zeugen / daß Gottes Gesetz viel höhers foddere / denn wir jmmer zu thun                      vermögen. Aber sie wollen wehnen / das Gesetz Gottes / vnd Gott sey zu frieden                      mit eusserlichen Wercken / vnd sehen nicht / wie das Gesetz foddert / daß wir                      Gott lieben sollen von gantzem Hertzen / etc. vnd aller böser Lüste los seyn.                      Darumb ist kein Mensch auff Erden / der so viel thut / als das Gesetz erfoddert.</p>
        <p>Darumb ists bey Verstendigen gantz närrisch vnd Kindisch an-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0495] ctiones oder Gnugthun / das ist / durch etliche Wercke / die wir ohne das nicht schüldig weren / Oder / daß die Gewalt der Schlüssel Befehl haben / Pein auffzulegen / oder ein theil der Pein zu erlassen. Dasselbige solten nun die Wiedersacher aus der Schrifft beweisen / das werden sie wol lassen. Darüber so ist es gewiß / daß Christus Tod ein Gnugthuung ist / nicht allein für die Schuld gegen Gott / sondern auch für den ewigen Tod / wie klar der Spruch Oseae lautet: Tod / Ich wil dein Tod seyn. Was ist es denn für ein Grewel zu sagen / daß Christi Tod gnugthue / für die Schuld gegen Gott / Aber die Pein / so wir leiden / die erlöse vns vom ewigen Tode? Also daß dis Wort des Propheten / Tod / ich wil dein Tod seyn / nicht von Christo / sondern von vnsern Wercken / vnd dazu von elenden Menschlichen Satzungen / die Gott nicht geboten hat / sollen verstanden werden. Vnd noch darüber dürffen sie sagen / daß dieselbigen Wercke für den ewigen Tod gnugthun / wenn sie gleich in Todsünden geschehen. Es muß billich eim from̃en Hertzen wehe thun / die gantz vngeschickte Rede der Wiedersacher. Denn wer es lieset vnd bedencket / dem müssen je Hertzlich wehe thun / solche öffentliche Teuffels Lehre / die der leidige Satan in die Welt gestrewet hat / die rechte Lehre des Euangelij vnterzudrücken / damit niemands oder wenig möchten vnterrichtet werden / was das Gesetz oder Euangelium / was Bus oder Glaube / oder was die Wolthat Christi seyn. Denn vom Gesetz sagen sie also: GOtt hat vnser Schwacheit angesehen / vnd hat dem Menschen ein Ziel vnd Maß gesetzt der Wercke / welche er zu thun schüldig ist / das sind die Wercke der Zehen Gebot / etc. daß er von den vbrigen / von den operibus supererogationis, das ist / von den Wercken / die er nicht schüldig ist / möcht gnugthun für seine Fehl vnd Sünde. Da ertichten sie jhnen selbs einen Trawm / als vermöge oder könne ein Mensch also GOttes Gesetz erfüllen / daß er etwas mehr vnd vbrigs thue / denn das Gesetz erfoddert / so doch die gantze heilige Schrifft zeuget / alle Propheten auch zeugen / daß Gottes Gesetz viel höhers foddere / denn wir jmmer zu thun vermögen. Aber sie wollen wehnen / das Gesetz Gottes / vnd Gott sey zu frieden mit eusserlichen Wercken / vnd sehen nicht / wie das Gesetz foddert / daß wir Gott lieben sollen von gantzem Hertzen / etc. vnd aller böser Lüste los seyn. Darumb ist kein Mensch auff Erden / der so viel thut / als das Gesetz erfoddert. Darumb ists bey Verstendigen gantz närrisch vnd Kindisch an-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/495
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/495>, abgerufen am 22.11.2024.