Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

Er Gesetz / Ordenet Obrigkeit / Gibt gelehrte weise Leute / die zum Regiment dienen. Vnd also eusserlich erbar Wandel vnd Leben zu führen / vermag etlicher maß die Vernunfft aus jhren Krefften / wiewol sie offt durch angeborne schwacheit / vnd durch List des Teuffels / auch daran gehindert wird.

Wiewol ich nu einem solchen eusserlichen Leben / vnd den guten Wercken / gerne so viel Lobes lasse / als jhm gebüret / Denn in diesem Leben vnd im Weltlichen Wesen ist je nicht bessers / denn Redligkeit vnd Tugend / Wie denn Aristoteles sagt / daß weder Morgenstern noch Abendstern / lieblicher / schöner sey / denn Erbarkeit vnd Gerechtigkeit / Wie denn Gott solche Tugend auch belohnet mit leiblichen Gaben / So sol man doch gute Werck / vnd solchen wandel nicht also hoch heben / daß es Christo zu schmach reiche. Denn also schliesse ich / vnd bin des gewiß / Erticht ists / vnd nicht wahr / daß wir durch vnser Werck solten Vergebung der Sünde verdienen.

Auch ists Lügen / vnd nicht wahr / daß ein Mensch für GOTT könne gerecht vnd from werden / durch seine Werck vnd eusserliche Frömkeit.

Auch ist es vngrund / vnd nicht wahr / daß die Menschlich Vernunfft / aus jhren Krefften vermügen solt / Gott vber alles zu lieben / sein Gebot zu halten / Ihn zu fürchten / gewiß darauff zu stehen / daß Gott das Gebet erhöre / Gott zu dancken / vnd gehorsam zu seyn / in Trübsaln vnd andern / was Gottes Gesetz gebeut / Als / nicht frembdes Gutes begehren / etc. Denn das alles vermag die Vernunfft nicht / Wiewol sie eusserlich erbar leben vnd gute Werck etlicher maß vermag.

Auch ist es ertichtet / vnd nicht wahr / vnd ein Lesterung wieder Christum / daß die jenigen solten ohne Sünde seyn / die Gottes Gebot allein eusserlich halten / ohne Geist vnd Gnade im Hertzen.

Dieses meines Beschluß / habe ich Zeugniß nicht allein aus der heiligen Schrifft / Sondern auch aus den alten Vätern. Augustinus redet vnd handelt solchs auffs aller reichlichst / wieder die Pelagianer / Daß die Gnade nicht geben wird vmb vnsers Verdiensts willen. Vnd im Buch de natura & gratia, das ist / von der Natur vnd Gnade sagt er also: So das vermügen der Natur durch den Freyen Willen gnug ist / beyde / zu erkennen wie man leben sol / vnd also recht zu leben / So ist Christus vmb sonst gestorben.

Warumb solt ich hie auch nicht ruffen vnd schreien mit Paulo / Ich mag billich schreien / Ihr habt Christum verloren / die jhr durch des Gesetzes Werck gerecht werden wolt / Vnd seyd von der Gna-

Er Gesetz / Ordenet Obrigkeit / Gibt gelehrte weise Leute / die zum Regiment dienen. Vnd also eusserlich erbar Wandel vnd Leben zu führen / vermag etlicher maß die Vernunfft aus jhren Krefften / wiewol sie offt durch angeborne schwacheit / vnd durch List des Teuffels / auch daran gehindert wird.

Wiewol ich nu einem solchen eusserlichen Leben / vnd den guten Wercken / gerne so viel Lobes lasse / als jhm gebüret / Denn in diesem Leben vnd im Weltlichen Wesen ist je nicht bessers / denn Redligkeit vnd Tugend / Wie denn Aristoteles sagt / daß weder Morgenstern noch Abendstern / lieblicher / schöner sey / denn Erbarkeit vnd Gerechtigkeit / Wie denn Gott solche Tugend auch belohnet mit leiblichen Gaben / So sol man doch gute Werck / vnd solchen wandel nicht also hoch heben / daß es Christo zu schmach reiche. Denn also schliesse ich / vnd bin des gewiß / Erticht ists / vnd nicht wahr / daß wir durch vnser Werck solten Vergebung der Sünde verdienen.

Auch ists Lügen / vnd nicht wahr / daß ein Mensch für GOTT könne gerecht vnd from werden / durch seine Werck vnd eusserliche Frömkeit.

Auch ist es vngrund / vnd nicht wahr / daß die Menschlich Vernunfft / aus jhren Krefften vermügen solt / Gott vber alles zu lieben / sein Gebot zu halten / Ihn zu fürchten / gewiß darauff zu stehen / daß Gott das Gebet erhöre / Gott zu dancken / vnd gehorsam zu seyn / in Trübsaln vnd andern / was Gottes Gesetz gebeut / Als / nicht frembdes Gutes begehren / etc. Denn das alles vermag die Vernunfft nicht / Wiewol sie eusserlich erbar leben vnd gute Werck etlicher maß vermag.

Auch ist es ertichtet / vnd nicht wahr / vnd ein Lesterung wieder Christum / daß die jenigen solten ohne Sünde seyn / die Gottes Gebot allein eusserlich halten / ohne Geist vnd Gnade im Hertzen.

Dieses meines Beschluß / habe ich Zeugniß nicht allein aus der heiligen Schrifft / Sondern auch aus den alten Vätern. Augustinus redet vnd handelt solchs auffs aller reichlichst / wieder die Pelagianer / Daß die Gnade nicht geben wird vmb vnsers Verdiensts willen. Vnd im Buch de natura & gratia, das ist / von der Natur vnd Gnade sagt er also: So das vermügen der Natur durch den Freyen Willen gnug ist / beyde / zu erkennen wie man leben sol / vnd also recht zu leben / So ist Christus vmb sonst gestorben.

Warumb solt ich hie auch nicht ruffen vnd schreien mit Paulo / Ich mag billich schreien / Ihr habt Christum verloren / die jhr durch des Gesetzes Werck gerecht werden wolt / Vnd seyd von der Gna-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0386"/>
Er Gesetz / Ordenet Obrigkeit / Gibt gelehrte weise Leute /                      die zum Regiment dienen. Vnd also eusserlich erbar Wandel vnd Leben zu führen /                      vermag etlicher maß die Vernunfft aus jhren Krefften / wiewol sie offt durch                      angeborne schwacheit / vnd durch List des Teuffels / auch daran gehindert wird.</p>
        <p>Wiewol ich nu einem solchen eusserlichen Leben / vnd den guten Wercken / gerne so                      viel Lobes lasse / als jhm gebüret / Denn in diesem Leben vnd im Weltlichen                      Wesen ist je nicht bessers / denn Redligkeit vnd Tugend / Wie denn <hi rendition="#i">Aristoteles</hi> sagt / daß weder Morgenstern noch Abendstern                      / lieblicher / schöner sey / denn Erbarkeit vnd Gerechtigkeit / Wie denn Gott                      solche Tugend auch belohnet mit leiblichen Gaben / So sol man doch gute Werck /                      vnd solchen wandel nicht also hoch heben / daß es Christo zu schmach reiche.                      Denn also schliesse ich / vnd bin des gewiß / Erticht ists / vnd nicht wahr /                      daß wir durch vnser Werck solten Vergebung der Sünde verdienen.</p>
        <p>Auch ists Lügen / vnd nicht wahr / daß ein Mensch für GOTT könne gerecht vnd from                      werden / durch seine Werck vnd eusserliche Frömkeit.</p>
        <p>Auch ist es vngrund / vnd nicht wahr / daß die Menschlich Vernunfft / aus jhren                      Krefften vermügen solt / Gott vber alles zu lieben / sein Gebot zu halten / Ihn                      zu fürchten / gewiß darauff zu stehen / daß Gott das Gebet erhöre / Gott zu                      dancken / vnd gehorsam zu seyn / in Trübsaln vnd andern / was Gottes Gesetz                      gebeut / Als / nicht frembdes Gutes begehren / etc. Denn das alles vermag die                      Vernunfft nicht / Wiewol sie eusserlich erbar leben vnd gute Werck etlicher maß                      vermag.</p>
        <p>Auch ist es ertichtet / vnd nicht wahr / vnd ein Lesterung wieder Christum / daß                      die jenigen solten ohne Sünde seyn / die Gottes Gebot allein eusserlich halten /                      ohne Geist vnd Gnade im Hertzen.</p>
        <p>Dieses meines Beschluß / habe ich Zeugniß nicht allein aus der heiligen Schrifft                      / Sondern auch aus den alten Vätern. <hi rendition="#i">Augustinus</hi> redet                      vnd handelt solchs auffs aller reichlichst / wieder die Pelagianer / Daß die                      Gnade nicht geben wird vmb vnsers Verdiensts willen. Vnd im Buch <hi rendition="#i">de natura &amp; gratia,</hi> das ist / von der Natur vnd                      Gnade sagt er also: So das vermügen der Natur durch den Freyen Willen gnug ist /                      beyde / zu erkennen wie man leben sol / vnd also recht zu leben / So ist                      Christus vmb sonst gestorben.</p>
        <p>Warumb solt ich hie auch nicht ruffen vnd schreien mit Paulo / Ich mag billich                      schreien / Ihr habt Christum verloren / die jhr durch des Gesetzes Werck gerecht                      werden wolt / Vnd seyd von der Gna-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0386] Er Gesetz / Ordenet Obrigkeit / Gibt gelehrte weise Leute / die zum Regiment dienen. Vnd also eusserlich erbar Wandel vnd Leben zu führen / vermag etlicher maß die Vernunfft aus jhren Krefften / wiewol sie offt durch angeborne schwacheit / vnd durch List des Teuffels / auch daran gehindert wird. Wiewol ich nu einem solchen eusserlichen Leben / vnd den guten Wercken / gerne so viel Lobes lasse / als jhm gebüret / Denn in diesem Leben vnd im Weltlichen Wesen ist je nicht bessers / denn Redligkeit vnd Tugend / Wie denn Aristoteles sagt / daß weder Morgenstern noch Abendstern / lieblicher / schöner sey / denn Erbarkeit vnd Gerechtigkeit / Wie denn Gott solche Tugend auch belohnet mit leiblichen Gaben / So sol man doch gute Werck / vnd solchen wandel nicht also hoch heben / daß es Christo zu schmach reiche. Denn also schliesse ich / vnd bin des gewiß / Erticht ists / vnd nicht wahr / daß wir durch vnser Werck solten Vergebung der Sünde verdienen. Auch ists Lügen / vnd nicht wahr / daß ein Mensch für GOTT könne gerecht vnd from werden / durch seine Werck vnd eusserliche Frömkeit. Auch ist es vngrund / vnd nicht wahr / daß die Menschlich Vernunfft / aus jhren Krefften vermügen solt / Gott vber alles zu lieben / sein Gebot zu halten / Ihn zu fürchten / gewiß darauff zu stehen / daß Gott das Gebet erhöre / Gott zu dancken / vnd gehorsam zu seyn / in Trübsaln vnd andern / was Gottes Gesetz gebeut / Als / nicht frembdes Gutes begehren / etc. Denn das alles vermag die Vernunfft nicht / Wiewol sie eusserlich erbar leben vnd gute Werck etlicher maß vermag. Auch ist es ertichtet / vnd nicht wahr / vnd ein Lesterung wieder Christum / daß die jenigen solten ohne Sünde seyn / die Gottes Gebot allein eusserlich halten / ohne Geist vnd Gnade im Hertzen. Dieses meines Beschluß / habe ich Zeugniß nicht allein aus der heiligen Schrifft / Sondern auch aus den alten Vätern. Augustinus redet vnd handelt solchs auffs aller reichlichst / wieder die Pelagianer / Daß die Gnade nicht geben wird vmb vnsers Verdiensts willen. Vnd im Buch de natura & gratia, das ist / von der Natur vnd Gnade sagt er also: So das vermügen der Natur durch den Freyen Willen gnug ist / beyde / zu erkennen wie man leben sol / vnd also recht zu leben / So ist Christus vmb sonst gestorben. Warumb solt ich hie auch nicht ruffen vnd schreien mit Paulo / Ich mag billich schreien / Ihr habt Christum verloren / die jhr durch des Gesetzes Werck gerecht werden wolt / Vnd seyd von der Gna-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/386
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/386>, abgerufen am 12.06.2024.