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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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erweckte, die gewöhnlich die romantische genannt wird. Ihr Chorführer war Mickiewicz (gest. 1856), dem sich Zaleski, Malczeski, Goszcynski, Chodzko, Gorecki, Grabowski, Czaykowski, Slowacki etc. anschließen. Als Historiker hat besonders Lelewel großen Einfluß ausgeübt; in der Rechtsgeschichte ist Maciejowski ausgezeichnet. Seit 1831 ist jede höhere geistige Bestrebung im eigentlichen Polen unterdrückt und die Literatur mit der Blüte der Nation in das Ausland geflüchtet, dagegen blieb die literarische Thätigkeit in dem österr. und preuß. Polen nicht unbedeutend.


Polnischer Reichstag, Sejm, die alle 2 Jahre regelmäßig einberufene poln. Nationalversammlung, bestand aus dem Senate, d. h. aus geistlichen und weltlichen höheren Würdeträgern u. den Landboten, d. h. den von dem Adel der Woiwodschaften gewählten (182) Deputirten. Seit 1652 galt das "Liberum veto" (s. Polen), welches bewirkte, daß von 105 Reichstagen der letzten 2 Jahrh. 56 ohne Beschlußfassung auseinander mußten.


Polo, Marco, venetian. Patricier, machte 1271 mit seinem Vater Nicolo u. seinem Oheim Matteo eine Reise zu dem Khan Kublai nach Bokhara, wurde von demselben sehr ehrenvoll behandelt, reiste in dessen Auftrage nach China u. Malacca, kehrte über Persien zurück u. 1295 über Konstantinopel heim. Er wurde in einer Seeschlacht von den Genuesen gefangen u. verfaßte in der Gefangenschaft die Beschreibung seiner großen Reisen, die sowohl geschichtliches Interesse haben als eine angenehme Lectüre darbieten; die Glaubwürdigkeit P.s, wo er als Augenzeuge erzählt, hat sich in neuester Zeit erwiesen. Die erste Ausgabe des Reiseberichts gab Ramusio in seiner Sammlung (Venedig 1559), die erste kritische Boni (Florenz 1827).


Polock, s. Polozk.


Polonaise (-ähs), frz.-dtsch., poln. Nationaltanz, mit einigen Abänderungen über ganz Europa verbreitet, mit langsamer Bewegung; darnach benanntes Tonstück im 3/4 Tact, gewöhnlich aus 2 Theilen und 1 Trio bestehend.


Polonico, Maß zu Triest = 1245 Par, Kubikzoll.


Polozk, russ. Stadt an der Düna, im Gouvernement Witebsk, Sitz eines griech.-unirten Erzbischofs, mit. 11900 E., lebhaftem Verkehr. Blutige Gefechte 30. und 31. Juli, 1., 17. u. 18. August; 18., 19. und 20. Oct. 1812.


Polpoltinnik, russ. 1/4 Rubel.


Polterabend, der Abend vor der Hochzeit.


Poltin, Poltinnik, russ. 1/2 Rubel.


Poltron, frz., ein Feigling, Prahler.


Poltura, -ack, ungar. Rechnungsmünze = 11/2, kr.


Poluschke, russ. Kupfermünze = 1/4 Kopeke.


Poly, griech., viel, kommt in unzähligen Zusammensetzungen vor, z. B.:


Polyadelphia, griech., vielbrüdrige Pflanzen, bei Linne Pflanzen mit Zwitterblüten, die Staubfäden in 3 oder mehre Bündel verwachsen. Polyämie, Vollblütigkeit; Polyandrie, Vielmännerei, wo eine Frau mehre Männer hat; Polyandria, Zwitterblüten mit vielen Staubfäden; Polyangia, Blüten mit vielen Samenfächern; Polyanthea, Blumensammlung; Polyarchie, Vielherrschaft; Polyautographie, die Kunst, von Zeichnungen, Schriften etc. auf Marmorplatten Abdrücke zu nehmen.


Polyänus, griech. Rhetor aus dem 2. Jahrh. n. Chr. Schrieb: "Ueber die Kriegslisten", eine für die Kriegsalterthümer nicht unwichtige Schrift (Ausgabe von Korais, Paris 1809).


Polybius, griech. Geschichtschreiber, geb. 203 v. Chr. zu Megalopolis in Arkadien, Staatsmann und Feldherr des achäischen Bundes, wurde nach der Besiegung des Perseus als Geisel nach Rom abgeführt, Freund des jüngern Scipio, begleitete diesen auf seinem Feldzuge gegen Karthago, erlebte die Vernichtung des achäischen Bundes u. milderte durch seinen Einfluß das Loos der besiegten Landsleute. Von seiner Geschichte, die in 40 Büchern die Zeit vom 2. punischen Kriege bis auf Perseus umfaßt, haben sich nur 5 vollständig, die andern in größeren und kleineren Bruchstücken erhalten; die Darstellung ist trocken, selbst rauh, aber klar und bestimmt, die Sachkenntniß des Feldherrn und Staatsmanns tritt überall

erweckte, die gewöhnlich die romantische genannt wird. Ihr Chorführer war Mickiewicz (gest. 1856), dem sich Zaleski, Malczeski, Goszcynski, Chodzko, Gorecki, Grabowski, Czaykowski, Slowacki etc. anschließen. Als Historiker hat besonders Lelewel großen Einfluß ausgeübt; in der Rechtsgeschichte ist Maciejowski ausgezeichnet. Seit 1831 ist jede höhere geistige Bestrebung im eigentlichen Polen unterdrückt und die Literatur mit der Blüte der Nation in das Ausland geflüchtet, dagegen blieb die literarische Thätigkeit in dem österr. und preuß. Polen nicht unbedeutend.


Polnischer Reichstag, Sejm, die alle 2 Jahre regelmäßig einberufene poln. Nationalversammlung, bestand aus dem Senate, d. h. aus geistlichen und weltlichen höheren Würdeträgern u. den Landboten, d. h. den von dem Adel der Woiwodschaften gewählten (182) Deputirten. Seit 1652 galt das „Liberum veto“ (s. Polen), welches bewirkte, daß von 105 Reichstagen der letzten 2 Jahrh. 56 ohne Beschlußfassung auseinander mußten.


Polo, Marco, venetian. Patricier, machte 1271 mit seinem Vater Nicolo u. seinem Oheim Matteo eine Reise zu dem Khan Kublai nach Bokhara, wurde von demselben sehr ehrenvoll behandelt, reiste in dessen Auftrage nach China u. Malacca, kehrte über Persien zurück u. 1295 über Konstantinopel heim. Er wurde in einer Seeschlacht von den Genuesen gefangen u. verfaßte in der Gefangenschaft die Beschreibung seiner großen Reisen, die sowohl geschichtliches Interesse haben als eine angenehme Lectüre darbieten; die Glaubwürdigkeit P.s, wo er als Augenzeuge erzählt, hat sich in neuester Zeit erwiesen. Die erste Ausgabe des Reiseberichts gab Ramusio in seiner Sammlung (Venedig 1559), die erste kritische Boni (Florenz 1827).


Polock, s. Polozk.


Polonaise (–ähs), frz.-dtsch., poln. Nationaltanz, mit einigen Abänderungen über ganz Europa verbreitet, mit langsamer Bewegung; darnach benanntes Tonstück im 3/4 Tact, gewöhnlich aus 2 Theilen und 1 Trio bestehend.


Polonico, Maß zu Triest = 1245 Par, Kubikzoll.


Polozk, russ. Stadt an der Düna, im Gouvernement Witebsk, Sitz eines griech.-unirten Erzbischofs, mit. 11900 E., lebhaftem Verkehr. Blutige Gefechte 30. und 31. Juli, 1., 17. u. 18. August; 18., 19. und 20. Oct. 1812.


Polpoltinnik, russ. 1/4 Rubel.


Polterabend, der Abend vor der Hochzeit.


Poltin, Poltinnik, russ. 1/2 Rubel.


Poltron, frz., ein Feigling, Prahler.


Poltura, –ack, ungar. Rechnungsmünze = 11/2, kr.


Poluschke, russ. Kupfermünze = 1/4 Kopeke.


Poly, griech., viel, kommt in unzähligen Zusammensetzungen vor, z. B.:


Polyadelphia, griech., vielbrüdrige Pflanzen, bei Linné Pflanzen mit Zwitterblüten, die Staubfäden in 3 oder mehre Bündel verwachsen. Polyämie, Vollblütigkeit; Polyandrie, Vielmännerei, wo eine Frau mehre Männer hat; Polyandria, Zwitterblüten mit vielen Staubfäden; Polyangia, Blüten mit vielen Samenfächern; Polyanthea, Blumensammlung; Polyarchie, Vielherrschaft; Polyautographie, die Kunst, von Zeichnungen, Schriften etc. auf Marmorplatten Abdrücke zu nehmen.


Polyänus, griech. Rhetor aus dem 2. Jahrh. n. Chr. Schrieb: „Ueber die Kriegslisten“, eine für die Kriegsalterthümer nicht unwichtige Schrift (Ausgabe von Korais, Paris 1809).


Polybius, griech. Geschichtschreiber, geb. 203 v. Chr. zu Megalopolis in Arkadien, Staatsmann und Feldherr des achäischen Bundes, wurde nach der Besiegung des Perseus als Geisel nach Rom abgeführt, Freund des jüngern Scipio, begleitete diesen auf seinem Feldzuge gegen Karthago, erlebte die Vernichtung des achäischen Bundes u. milderte durch seinen Einfluß das Loos der besiegten Landsleute. Von seiner Geschichte, die in 40 Büchern die Zeit vom 2. punischen Kriege bis auf Perseus umfaßt, haben sich nur 5 vollständig, die andern in größeren und kleineren Bruchstücken erhalten; die Darstellung ist trocken, selbst rauh, aber klar und bestimmt, die Sachkenntniß des Feldherrn und Staatsmanns tritt überall

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[577/0578] erweckte, die gewöhnlich die romantische genannt wird. Ihr Chorführer war Mickiewicz (gest. 1856), dem sich Zaleski, Malczeski, Goszcynski, Chodzko, Gorecki, Grabowski, Czaykowski, Slowacki etc. anschließen. Als Historiker hat besonders Lelewel großen Einfluß ausgeübt; in der Rechtsgeschichte ist Maciejowski ausgezeichnet. Seit 1831 ist jede höhere geistige Bestrebung im eigentlichen Polen unterdrückt und die Literatur mit der Blüte der Nation in das Ausland geflüchtet, dagegen blieb die literarische Thätigkeit in dem österr. und preuß. Polen nicht unbedeutend. Polnischer Reichstag, Sejm, die alle 2 Jahre regelmäßig einberufene poln. Nationalversammlung, bestand aus dem Senate, d. h. aus geistlichen und weltlichen höheren Würdeträgern u. den Landboten, d. h. den von dem Adel der Woiwodschaften gewählten (182) Deputirten. Seit 1652 galt das „Liberum veto“ (s. Polen), welches bewirkte, daß von 105 Reichstagen der letzten 2 Jahrh. 56 ohne Beschlußfassung auseinander mußten. Polo, Marco, venetian. Patricier, machte 1271 mit seinem Vater Nicolo u. seinem Oheim Matteo eine Reise zu dem Khan Kublai nach Bokhara, wurde von demselben sehr ehrenvoll behandelt, reiste in dessen Auftrage nach China u. Malacca, kehrte über Persien zurück u. 1295 über Konstantinopel heim. Er wurde in einer Seeschlacht von den Genuesen gefangen u. verfaßte in der Gefangenschaft die Beschreibung seiner großen Reisen, die sowohl geschichtliches Interesse haben als eine angenehme Lectüre darbieten; die Glaubwürdigkeit P.s, wo er als Augenzeuge erzählt, hat sich in neuester Zeit erwiesen. Die erste Ausgabe des Reiseberichts gab Ramusio in seiner Sammlung (Venedig 1559), die erste kritische Boni (Florenz 1827). Polock, s. Polozk. Polonaise (–ähs), frz.-dtsch., poln. Nationaltanz, mit einigen Abänderungen über ganz Europa verbreitet, mit langsamer Bewegung; darnach benanntes Tonstück im 3/4 Tact, gewöhnlich aus 2 Theilen und 1 Trio bestehend. Polonico, Maß zu Triest = 1245 Par, Kubikzoll. Polozk, russ. Stadt an der Düna, im Gouvernement Witebsk, Sitz eines griech.-unirten Erzbischofs, mit. 11900 E., lebhaftem Verkehr. Blutige Gefechte 30. und 31. Juli, 1., 17. u. 18. August; 18., 19. und 20. Oct. 1812. Polpoltinnik, russ. 1/4 Rubel. Polterabend, der Abend vor der Hochzeit. Poltin, Poltinnik, russ. 1/2 Rubel. Poltron, frz., ein Feigling, Prahler. Poltura, –ack, ungar. Rechnungsmünze = 11/2, kr. Poluschke, russ. Kupfermünze = 1/4 Kopeke. Poly, griech., viel, kommt in unzähligen Zusammensetzungen vor, z. B.: Polyadelphia, griech., vielbrüdrige Pflanzen, bei Linné Pflanzen mit Zwitterblüten, die Staubfäden in 3 oder mehre Bündel verwachsen. Polyämie, Vollblütigkeit; Polyandrie, Vielmännerei, wo eine Frau mehre Männer hat; Polyandria, Zwitterblüten mit vielen Staubfäden; Polyangia, Blüten mit vielen Samenfächern; Polyanthea, Blumensammlung; Polyarchie, Vielherrschaft; Polyautographie, die Kunst, von Zeichnungen, Schriften etc. auf Marmorplatten Abdrücke zu nehmen. Polyänus, griech. Rhetor aus dem 2. Jahrh. n. Chr. Schrieb: „Ueber die Kriegslisten“, eine für die Kriegsalterthümer nicht unwichtige Schrift (Ausgabe von Korais, Paris 1809). Polybius, griech. Geschichtschreiber, geb. 203 v. Chr. zu Megalopolis in Arkadien, Staatsmann und Feldherr des achäischen Bundes, wurde nach der Besiegung des Perseus als Geisel nach Rom abgeführt, Freund des jüngern Scipio, begleitete diesen auf seinem Feldzuge gegen Karthago, erlebte die Vernichtung des achäischen Bundes u. milderte durch seinen Einfluß das Loos der besiegten Landsleute. Von seiner Geschichte, die in 40 Büchern die Zeit vom 2. punischen Kriege bis auf Perseus umfaßt, haben sich nur 5 vollständig, die andern in größeren und kleineren Bruchstücken erhalten; die Darstellung ist trocken, selbst rauh, aber klar und bestimmt, die Sachkenntniß des Feldherrn und Staatsmanns tritt überall

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/578>, abgerufen am 24.08.2024.