Herders Conversations-Lexikon. Bd. 1. Freiburg im Breisgau, 1857.Von seinen Schriften besitzen wir noch: Commentare zum 1. Buch der Analytica, den Büchern der Topica, zu Sophistici Elenchi, zu den Metaphysica, letztere von Bonitz, Berlin 1847, Fragen aus der Physik (quaestiones naturales), von Spiegel, München 1842 herausgegeben. Die merkwürdige Schrift "über Schicksal u. Selbstbestimmung" sowie "über die Seele" ist 1824 von Orelli in Zürich herausgegeben worden. Alexander, St., Schüler des alex. Clemens, Bischof von Flavias in Cappadocien, unter Septimius Severus wegen seines Glaubens eingekerkert, später Coadjutor des Bischofs Nicephorus von Jerusalem, daher Hierosolymitanus genannt, starb um die Mitte des 3. Jahrh. während der Christenverfolgung des Kaisers Decius im Kerker zu Cäsarea. Alexander - Name von 8 Päpsten. A. I., St., Nachfolger des Evaristus, stand der röm. Kirche im Anfange des 2. Jahrh. vor; Martyrer; wenig von seinem Leben bekannt. - A. II., hieß früher Anselm, Mailänder von Geburt, begann schon als Priester in seiner Vaterstadt den Kampf gegen die Laster der Zeit, besonders unter den Geistlichen; er wurde Bischof von Lucca, befreundete sich mit Hildebrand u. St. Petrus Damiani, u. bestieg 1061 als A. II. den päpstlichen Stuhl. Er siegte über den Gegenpapst (Honorius II. sich nennend) u. fuhr in seiner strengen Wirksamkeit fort, namentl. gegen den ausschweifenden jungen Heinrich IV. von Deutschland, st. jedoch vor der Entscheidung des Streites; sein Nachfolger war Hildebrand als Gregor VII. - A. III., früher Cardinal Roland, Papst seit 1159, der große Gegner Friedrich Barbarossas, demüthigte auch den stolzen Plantagenet, Heinrich II. von England, der den Mord Thomas Beckets veranlaßt hatte; st. 1177. - A. IV., aus dem Geschlechte der Conti, 1254 erwählt, wurde während seiner ganzen Amtsdauer durch feindliche Waffen, namentl. des Hohenstaufen Manfred, bedrängt, durch Ränke, Revolutionen u. Nachstellungen gefährdet, obgleich es ihm nicht an Geistesvorzügen gebrach; st. 1261. - A. V., Peter Philargi, auf Kandia geb., zuerst Franciskaner, kam später nach Italien u. Oxford u. lag den Wissenschaften ob, wurde dann zu Paris Doctor u. Professor. Im Dienste des Herzogs Joh. Galeazzo von Mailand erhielt er das Bisthum Vicenza, 1402 das Erzb. Mailand u. den Kardinalshut, 1409 wählte ihn das Pisaner Concil zum Papste. Da ihm geistliche Oberhirten u. viele weltliche Fürsten den Gehorsam verweigerten u. den Gegenpäpsten Gregor XII. u. Benedict XIII. anhingen, war des Papstes Wirksamkeit eine geringe. Der Cardinal Balth. Cossa trieb den König Ladislaus von Neapel, der in den Kirchenstaat eingefallen war, zurück, beherrschte aber nun selbst den Papst u. soll ihn 1410 vergiftet haben; er folgte als Johann XXIII. - A. VI., früher Roderich Borgia, adeliger Spanier, wurde durch seinen mütterlichen Oheim Calixt III. im 25. Jahre Cardinal, zeigte sich klug u. geschäftsgewandt u. wurde 1492 Papst. Er entehrte den päpstlichen Stuhl bis zum 18. Aug. 1503. Von einer römischen Dame Vanozza hatte er 4 Söhne u. 1 Tochter u. benutzte seine Stellung als Papst, diese Kinder glänzend zu verheirathen u. mit fürstlichen Besitzungen auszustatten. Zu diesem Zwecke scheute er weder List noch Treulosigkeit, nicht Meuchelmord oder Krieg, u. die Söhne waren eines solchen Vaters würdig, besonders der herculische Cäsar Borgia, der den Vater tyrannisirte. A. st. an einem bösartigen Fieber, nach der früheren Sage an Gift, das er u. Cäsar für einen Cardinal zugerichtet u. zufällig selbst gekostet hatten. - A. VII., früher Fabio Chigi aus Siena, den 8. Apr. 1655 zum Papste gewählt, erlebte die Conversion von Gustav Adolfs Tochter Christine, aber von Seite des Königs Ludwig XIV. von Frankreich arge Demüthigungen, auch die jansenistischen Streitigkeiten dauerten unter ihm mit verderblicher Bitterkeit fort; st. 1667. - A. VIII., ein Ottoboni aus Venedig, 1689 Papst, wußte sich durch Dienste im Felde der Politik mit Ludwig XIV. besser zu stellen, verwarf die 4 gallicanischen Von seinen Schriften besitzen wir noch: Commentare zum 1. Buch der Analytica, den Büchern der Topica, zu Sophistici Elenchi, zu den Metaphysica, letztere von Bonitz, Berlin 1847, Fragen aus der Physik (quaestiones naturales), von Spiegel, München 1842 herausgegeben. Die merkwürdige Schrift „über Schicksal u. Selbstbestimmung“ sowie „über die Seele“ ist 1824 von Orelli in Zürich herausgegeben worden. Alexander, St., Schüler des alex. Clemens, Bischof von Flavias in Cappadocien, unter Septimius Severus wegen seines Glaubens eingekerkert, später Coadjutor des Bischofs Nicephorus von Jerusalem, daher Hierosolymitanus genannt, starb um die Mitte des 3. Jahrh. während der Christenverfolgung des Kaisers Decius im Kerker zu Cäsarea. Alexander – Name von 8 Päpsten. A. I., St., Nachfolger des Evaristus, stand der röm. Kirche im Anfange des 2. Jahrh. vor; Martyrer; wenig von seinem Leben bekannt. – A. II., hieß früher Anselm, Mailänder von Geburt, begann schon als Priester in seiner Vaterstadt den Kampf gegen die Laster der Zeit, besonders unter den Geistlichen; er wurde Bischof von Lucca, befreundete sich mit Hildebrand u. St. Petrus Damiani, u. bestieg 1061 als A. II. den päpstlichen Stuhl. Er siegte über den Gegenpapst (Honorius II. sich nennend) u. fuhr in seiner strengen Wirksamkeit fort, namentl. gegen den ausschweifenden jungen Heinrich IV. von Deutschland, st. jedoch vor der Entscheidung des Streites; sein Nachfolger war Hildebrand als Gregor VII. – A. III., früher Cardinal Roland, Papst seit 1159, der große Gegner Friedrich Barbarossas, demüthigte auch den stolzen Plantagenet, Heinrich II. von England, der den Mord Thomas Beckets veranlaßt hatte; st. 1177. – A. IV., aus dem Geschlechte der Conti, 1254 erwählt, wurde während seiner ganzen Amtsdauer durch feindliche Waffen, namentl. des Hohenstaufen Manfred, bedrängt, durch Ränke, Revolutionen u. Nachstellungen gefährdet, obgleich es ihm nicht an Geistesvorzügen gebrach; st. 1261. – A. V., Peter Philargi, auf Kandia geb., zuerst Franciskaner, kam später nach Italien u. Oxford u. lag den Wissenschaften ob, wurde dann zu Paris Doctor u. Professor. Im Dienste des Herzogs Joh. Galeazzo von Mailand erhielt er das Bisthum Vicenza, 1402 das Erzb. Mailand u. den Kardinalshut, 1409 wählte ihn das Pisaner Concil zum Papste. Da ihm geistliche Oberhirten u. viele weltliche Fürsten den Gehorsam verweigerten u. den Gegenpäpsten Gregor XII. u. Benedict XIII. anhingen, war des Papstes Wirksamkeit eine geringe. Der Cardinal Balth. Cossa trieb den König Ladislaus von Neapel, der in den Kirchenstaat eingefallen war, zurück, beherrschte aber nun selbst den Papst u. soll ihn 1410 vergiftet haben; er folgte als Johann XXIII. – A. VI., früher Roderich Borgia, adeliger Spanier, wurde durch seinen mütterlichen Oheim Calixt III. im 25. Jahre Cardinal, zeigte sich klug u. geschäftsgewandt u. wurde 1492 Papst. Er entehrte den päpstlichen Stuhl bis zum 18. Aug. 1503. Von einer römischen Dame Vanozza hatte er 4 Söhne u. 1 Tochter u. benutzte seine Stellung als Papst, diese Kinder glänzend zu verheirathen u. mit fürstlichen Besitzungen auszustatten. Zu diesem Zwecke scheute er weder List noch Treulosigkeit, nicht Meuchelmord oder Krieg, u. die Söhne waren eines solchen Vaters würdig, besonders der herculische Cäsar Borgia, der den Vater tyrannisirte. A. st. an einem bösartigen Fieber, nach der früheren Sage an Gift, das er u. Cäsar für einen Cardinal zugerichtet u. zufällig selbst gekostet hatten. – A. VII., früher Fabio Chigi aus Siena, den 8. Apr. 1655 zum Papste gewählt, erlebte die Conversion von Gustav Adolfs Tochter Christine, aber von Seite des Königs Ludwig XIV. von Frankreich arge Demüthigungen, auch die jansenistischen Streitigkeiten dauerten unter ihm mit verderblicher Bitterkeit fort; st. 1667. – A. VIII., ein Ottoboni aus Venedig, 1689 Papst, wußte sich durch Dienste im Felde der Politik mit Ludwig XIV. besser zu stellen, verwarf die 4 gallicanischen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0110" n="109"/> Von seinen Schriften besitzen wir noch: Commentare zum 1. Buch der Analytica, den Büchern der Topica, zu Sophistici Elenchi, zu den Metaphysica, letztere von Bonitz, Berlin 1847, Fragen aus der Physik <hi rendition="#i">(quaestiones naturales)</hi>, von Spiegel, München 1842 herausgegeben. Die merkwürdige Schrift „über Schicksal u. 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St. Petrus Damiani, u. bestieg 1061 als A. II. den päpstlichen Stuhl. Er siegte über den Gegenpapst (Honorius II. sich nennend) u. fuhr in seiner strengen Wirksamkeit fort, namentl. gegen den ausschweifenden jungen Heinrich IV. von Deutschland, st. jedoch vor der Entscheidung des Streites; sein Nachfolger war Hildebrand als Gregor VII. – A. III., früher Cardinal Roland, Papst seit 1159, der große Gegner Friedrich Barbarossas, demüthigte auch den stolzen Plantagenet, Heinrich II. von England, der den Mord Thomas Beckets veranlaßt hatte; st. 1177. – A. IV., aus dem Geschlechte der Conti, 1254 erwählt, wurde während seiner ganzen Amtsdauer durch feindliche Waffen, namentl. des Hohenstaufen Manfred, bedrängt, durch Ränke, Revolutionen u. Nachstellungen gefährdet, obgleich es ihm nicht an Geistesvorzügen gebrach; st. 1261. – A. V., Peter Philargi, auf Kandia geb., zuerst Franciskaner, kam später nach Italien u. Oxford u. lag den Wissenschaften ob, wurde dann zu Paris Doctor u. Professor. Im Dienste des Herzogs Joh. Galeazzo von Mailand erhielt er das Bisthum Vicenza, 1402 das Erzb. Mailand u. den Kardinalshut, 1409 wählte ihn das Pisaner Concil zum Papste. Da ihm geistliche Oberhirten u. viele weltliche Fürsten den Gehorsam verweigerten u. den Gegenpäpsten Gregor XII. u. Benedict XIII. anhingen, war des Papstes Wirksamkeit eine geringe. Der Cardinal Balth. Cossa trieb den König Ladislaus von Neapel, der in den Kirchenstaat eingefallen war, zurück, beherrschte aber nun selbst den Papst u. soll ihn 1410 vergiftet haben; er folgte als Johann XXIII. – A. VI., früher Roderich Borgia, adeliger Spanier, wurde durch seinen mütterlichen Oheim Calixt III. im 25. Jahre Cardinal, zeigte sich klug u. geschäftsgewandt u. wurde 1492 Papst. Er entehrte den päpstlichen Stuhl bis zum 18. Aug. 1503. Von einer römischen Dame Vanozza hatte er 4 Söhne u. 1 Tochter u. benutzte seine Stellung als Papst, diese Kinder glänzend zu verheirathen u. mit fürstlichen Besitzungen auszustatten. Zu diesem Zwecke scheute er weder List noch Treulosigkeit, nicht Meuchelmord oder Krieg, u. die Söhne waren eines solchen Vaters würdig, besonders der herculische Cäsar Borgia, der den Vater tyrannisirte. A. st. an einem bösartigen Fieber, nach der früheren Sage an Gift, das er u. Cäsar für einen Cardinal zugerichtet u. zufällig selbst gekostet hatten. – A. VII., früher Fabio Chigi aus Siena, den 8. Apr. 1655 zum Papste gewählt, erlebte die Conversion von Gustav Adolfs Tochter Christine, aber von Seite des Königs Ludwig XIV. von Frankreich arge Demüthigungen, auch die jansenistischen Streitigkeiten dauerten unter ihm mit verderblicher Bitterkeit fort; st. 1667. – A. VIII., ein Ottoboni aus Venedig, 1689 Papst, wußte sich durch Dienste im Felde der Politik mit Ludwig XIV. besser zu stellen, verwarf die 4 gallicanischen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0110]
Von seinen Schriften besitzen wir noch: Commentare zum 1. Buch der Analytica, den Büchern der Topica, zu Sophistici Elenchi, zu den Metaphysica, letztere von Bonitz, Berlin 1847, Fragen aus der Physik (quaestiones naturales), von Spiegel, München 1842 herausgegeben. Die merkwürdige Schrift „über Schicksal u. Selbstbestimmung“ sowie „über die Seele“ ist 1824 von Orelli in Zürich herausgegeben worden.
Alexander, St., Schüler des alex. Clemens, Bischof von Flavias in Cappadocien, unter Septimius Severus wegen seines Glaubens eingekerkert, später Coadjutor des Bischofs Nicephorus von Jerusalem, daher Hierosolymitanus genannt, starb um die Mitte des 3. Jahrh. während der Christenverfolgung des Kaisers Decius im Kerker zu Cäsarea.
Alexander – Name von 8 Päpsten. A. I., St., Nachfolger des Evaristus, stand der röm. Kirche im Anfange des 2. Jahrh. vor; Martyrer; wenig von seinem Leben bekannt. – A. II., hieß früher Anselm, Mailänder von Geburt, begann schon als Priester in seiner Vaterstadt den Kampf gegen die Laster der Zeit, besonders unter den Geistlichen; er wurde Bischof von Lucca, befreundete sich mit Hildebrand u. St. Petrus Damiani, u. bestieg 1061 als A. II. den päpstlichen Stuhl. Er siegte über den Gegenpapst (Honorius II. sich nennend) u. fuhr in seiner strengen Wirksamkeit fort, namentl. gegen den ausschweifenden jungen Heinrich IV. von Deutschland, st. jedoch vor der Entscheidung des Streites; sein Nachfolger war Hildebrand als Gregor VII. – A. III., früher Cardinal Roland, Papst seit 1159, der große Gegner Friedrich Barbarossas, demüthigte auch den stolzen Plantagenet, Heinrich II. von England, der den Mord Thomas Beckets veranlaßt hatte; st. 1177. – A. IV., aus dem Geschlechte der Conti, 1254 erwählt, wurde während seiner ganzen Amtsdauer durch feindliche Waffen, namentl. des Hohenstaufen Manfred, bedrängt, durch Ränke, Revolutionen u. Nachstellungen gefährdet, obgleich es ihm nicht an Geistesvorzügen gebrach; st. 1261. – A. V., Peter Philargi, auf Kandia geb., zuerst Franciskaner, kam später nach Italien u. Oxford u. lag den Wissenschaften ob, wurde dann zu Paris Doctor u. Professor. Im Dienste des Herzogs Joh. Galeazzo von Mailand erhielt er das Bisthum Vicenza, 1402 das Erzb. Mailand u. den Kardinalshut, 1409 wählte ihn das Pisaner Concil zum Papste. Da ihm geistliche Oberhirten u. viele weltliche Fürsten den Gehorsam verweigerten u. den Gegenpäpsten Gregor XII. u. Benedict XIII. anhingen, war des Papstes Wirksamkeit eine geringe. Der Cardinal Balth. Cossa trieb den König Ladislaus von Neapel, der in den Kirchenstaat eingefallen war, zurück, beherrschte aber nun selbst den Papst u. soll ihn 1410 vergiftet haben; er folgte als Johann XXIII. – A. VI., früher Roderich Borgia, adeliger Spanier, wurde durch seinen mütterlichen Oheim Calixt III. im 25. Jahre Cardinal, zeigte sich klug u. geschäftsgewandt u. wurde 1492 Papst. Er entehrte den päpstlichen Stuhl bis zum 18. Aug. 1503. Von einer römischen Dame Vanozza hatte er 4 Söhne u. 1 Tochter u. benutzte seine Stellung als Papst, diese Kinder glänzend zu verheirathen u. mit fürstlichen Besitzungen auszustatten. Zu diesem Zwecke scheute er weder List noch Treulosigkeit, nicht Meuchelmord oder Krieg, u. die Söhne waren eines solchen Vaters würdig, besonders der herculische Cäsar Borgia, der den Vater tyrannisirte. A. st. an einem bösartigen Fieber, nach der früheren Sage an Gift, das er u. Cäsar für einen Cardinal zugerichtet u. zufällig selbst gekostet hatten. – A. VII., früher Fabio Chigi aus Siena, den 8. Apr. 1655 zum Papste gewählt, erlebte die Conversion von Gustav Adolfs Tochter Christine, aber von Seite des Königs Ludwig XIV. von Frankreich arge Demüthigungen, auch die jansenistischen Streitigkeiten dauerten unter ihm mit verderblicher Bitterkeit fort; st. 1667. – A. VIII., ein Ottoboni aus Venedig, 1689 Papst, wußte sich durch Dienste im Felde der Politik mit Ludwig XIV. besser zu stellen, verwarf die 4 gallicanischen
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