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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 21. Burg/Berlin, 1836.

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225 Conversations=Blatt. 226
[Beginn Spaltensatz]

Geschrei. Rettet Euch. - Andere. Bleibt!
Die Damen. Ai Dios! Ai! -

Alle Empleados springen in den Platz hinein; der
Stier kommt auch gleichfalls wieder durch eine der vielen
Thüren, und in diesem Augenblick stehen die Empleados
auch wieder außen.

(Allgemeines Gelächter und Geräusch und Gestampf.)

Plötzliches:Aha - - -! Aha - - -! Viva
Montes!!!! Eh viva
! - -!

Montes hat nämlich ein Meisterwerk geliefert. Er
nahm eine lange Stange, attaquirte den Stier, und wie
dieser rasend angriff, sprang er ihm, mit Hülfe der Stange,
über die hohen, blutigen Hörner weg.

Ueberschwenglicher Beifall.

Trompetenstoß.

Das Thier ist mit dem todten Pferde beschäftigt.
Montes tritt als Matador vor die Loge des Corregidors.

Geschrei. Silencio! Silencio!

(Stille tritt ein.)

Montes. So werde ich denn mit Gottes Hülfe
und unterm Schutze der heiligen Jungfrau den Stier
Tormento tödten, und es lebe der König und das ganze
königliche Haus! Er wirft die Montera (Mütze) in die
Luft.) Chor. Viva el Rey! nuestro Sennor Fernando
setteno
! (Es lebe der König, unser Herr Ferdinand VII.)

(Stille tritt ein.) Montes, dem die Fuß=Quadrille
folgt, steht bereits vor dem Stier, der ihn brüllend an-
starrt. Tormento attaquirt das rothe Tuch des Matadors.
Montes weicht geschickt aus. So geht es unter hup! hup!
sechsmal.

Plötzlicher, mit Donnergewalt losbrechender Beifalls-
sturm. Auf einen Stoß hatte Montes den Stier sin san-
gue
(ohne daß das Thier Blut auswirft) - getödtet, und
ihm die espada bis an das Heft in den Nacken gestoßen.
Tormento stürzt im edlen letzten Kampf auf die Knie, wie
ein sterbender Held.

Gebrüll. Muerto! Muerto!

Kränze, Blumen, Gedichte regnen auf den berühmten
Matador herab, während der todte Stier von vier mit
Schellen behangenen Maulthieren im Galopp fortgezogen
wird.

Unterdessen hat sich schon die Quadrille wieder wie
oben aufgestellt. Die todten Pferde wurden von Emplea-
dos
fortgezogen. Trompetenstöße tönen, die Thüre fliegt
auf und der zweite Stier erscheint.

    (Fortsetzung folgt.)



Der Meisterlügner.

Von Joh. N. Vogel.
(Beschluß.)

Diesen Dienst kann ich euch wohl erweisen, erwiederte
ich, nahm sodann einen irdenen Krug und begab mich zu
dem Flusse.

An diesem angelangt, fand ich aber, daß er fest zu-
gefroren war, und da ich nichts erblickte, womit ich das
Eis zerschlagen konnte, riß ich mir rasch den Kopf vom
[Spaltenumbruch] Rumpfe, schlug ein Loch in die Eisrinde, schöpfte den Krug
voll und eilte hierauf wieder zu den durstigen Mähern.

Schon ganz nahe bei diesen hörte ich plötzlich ein
schallendes Gelächter; neugierig, die Ursache desselben zu
erfahren, blickte ich um mich und gewahrte zwei junge
Mäherinnen, welche dasselbe hervorbrachten. Jch fragte
sie ganz verwundert, warum sie doch gar so sehr lachten.
Da begannen sie aber neuerdings und zwar aus vollem
Halse zu lachen, und erst nach einigen Minuten vermochten
sie mich zu fragen, wo ich doch nur meinen Kopf gelassen
hätte. Jetzt erst bemerkte ich, daß ich ihn an dem Ufer
des Flusses vergessen hatte. Jch lief daher spornstreichs
zurück und kam noch eben recht, ihn den gefräßigen Zähnen
eines Fuchses, der sich schon über ihn hergemacht hatte, zu
entreißen. Jch brachte hierauf den Mähern das verlangte
Wasser und machte mich auf den Weg nach Hause. Als
ich schon bald mein Vaterhaus erreicht hatte, verfinsterte
es sich aber mit Einmal, der Donner rollte und Blitze
durchzuckten den Himmel. Jch trat eben an die Schwelle
des Vaterhauses, als eine große leuchtende Kugel mit vie-
len feurigen und funkensprühenden Wirbeln durch die Lüfte
sauste und plötzlich hart vor mir zur Erde fiel, wo sie mit
einem ungeheuren Knalle zerplatzte.

Als der Funkenregen, den das Zerplatzen dieser selt-
samen Erscheinung verursachte, um mich zerstob, gewahrte
ich drei Büchelchen, welche auf der Stelle lagen, auf wel-
cher die Kugel zerplatzte. Jch hob die Büchelchen auf,
und fand in jedem derselben, denke nur....

Nun, fragte Bajo, was fandest du denn?

Cyrill. Jch fand in jedem dieser drei Büchelchen
aufgezeichnet, daß dein Vater zwanzig Jahre dem meinigen
als Knecht gedient habe.

Du lügst, schrie Bajo erzürnt, mein Vater war ein
reicher Handelsmann, und der deine ein armer Tagelöhner,
der....

Das weiß ich recht wohl, erwiederte lachend Cyrill,
aber ich weiß auch, daß ich meine Wette gewonnen habe.

Was?! rief Bajo, ganz starr vor Erstaunen.

Nun ja, fuhr jener lachend fort; hast du mir nicht
eben selbst zugestanden, daß ich dich belogen habe?

Alle Geier! schrie Bajo; so hast du mich hinter das
Licht geführt?

Mit deiner Erlaubniß, entgegnete Cyrill, und zwar
mit deinen eigenen Waffen. Sagte ich es aber nicht vor-
her? wer am Ende lacht, der lacht am besten!

Da schlug sich Bajo voll grimmen Aergers mit der
Faust vor die Stirn, und sprudelte, vom Hohne Cyrills
gestachelt, von Galle über, und von Schmähungen auf
seine Unvorsichtigkeit und Cyrills Hinterlist.

Allmälig aber milderten sich die Lavaausbrüche seines
Zornes, und zuletzt mußte er sogar zwischen Aerger und
Lachen seinem Gegner den Sieg zuerkennen.

Jndessen war auch der Morgen hereingebrochen, und
die beiden Krämer theilten sich in das von den Räubern
zurückgelassene Geld, und kehrten in das Dorf zurück, in
welchem der Jahrmarkt abgehalten wurde. Der neue Mei-
sterlügner schenkte dem Wirth den fünfundzwanzigsten Un-
garisch; Bajo aber bekannte frei, daß nicht er, sondern
[Ende Spaltensatz]

225 Conversations=Blatt. 226
[Beginn Spaltensatz]

Geschrei. Rettet Euch. – Andere. Bleibt!
Die Damen. Ai Dios! Ai! –

Alle Empleados springen in den Platz hinein; der
Stier kommt auch gleichfalls wieder durch eine der vielen
Thüren, und in diesem Augenblick stehen die Empleados
auch wieder außen.

(Allgemeines Gelächter und Geräusch und Gestampf.)

Plötzliches:Aha – – –! Aha – – –! Viva
Montes!!!! Eh viva
! – –!

Montes hat nämlich ein Meisterwerk geliefert. Er
nahm eine lange Stange, attaquirte den Stier, und wie
dieser rasend angriff, sprang er ihm, mit Hülfe der Stange,
über die hohen, blutigen Hörner weg.

Ueberschwenglicher Beifall.

Trompetenstoß.

Das Thier ist mit dem todten Pferde beschäftigt.
Montes tritt als Matador vor die Loge des Corregidors.

Geschrei. Silencio! Silencio!

(Stille tritt ein.)

Montes. So werde ich denn mit Gottes Hülfe
und unterm Schutze der heiligen Jungfrau den Stier
Tormento tödten, und es lebe der König und das ganze
königliche Haus! Er wirft die Montera (Mütze) in die
Luft.) Chor. Viva el Rey! nuestro Sennor Fernando
setteno
! (Es lebe der König, unser Herr Ferdinand VII.)

(Stille tritt ein.) Montes, dem die Fuß=Quadrille
folgt, steht bereits vor dem Stier, der ihn brüllend an-
starrt. Tormento attaquirt das rothe Tuch des Matadors.
Montes weicht geschickt aus. So geht es unter hup! hup!
sechsmal.

Plötzlicher, mit Donnergewalt losbrechender Beifalls-
sturm. Auf einen Stoß hatte Montes den Stier sin san-
gue
(ohne daß das Thier Blut auswirft) – getödtet, und
ihm die espada bis an das Heft in den Nacken gestoßen.
Tormento stürzt im edlen letzten Kampf auf die Knie, wie
ein sterbender Held.

Gebrüll. Muerto! Muerto!

Kränze, Blumen, Gedichte regnen auf den berühmten
Matador herab, während der todte Stier von vier mit
Schellen behangenen Maulthieren im Galopp fortgezogen
wird.

Unterdessen hat sich schon die Quadrille wieder wie
oben aufgestellt. Die todten Pferde wurden von Emplea-
dos
fortgezogen. Trompetenstöße tönen, die Thüre fliegt
auf und der zweite Stier erscheint.

    (Fortsetzung folgt.)



Der Meisterlügner.

Von Joh. N. Vogel.
(Beschluß.)

Diesen Dienst kann ich euch wohl erweisen, erwiederte
ich, nahm sodann einen irdenen Krug und begab mich zu
dem Flusse.

An diesem angelangt, fand ich aber, daß er fest zu-
gefroren war, und da ich nichts erblickte, womit ich das
Eis zerschlagen konnte, riß ich mir rasch den Kopf vom
[Spaltenumbruch] Rumpfe, schlug ein Loch in die Eisrinde, schöpfte den Krug
voll und eilte hierauf wieder zu den durstigen Mähern.

Schon ganz nahe bei diesen hörte ich plötzlich ein
schallendes Gelächter; neugierig, die Ursache desselben zu
erfahren, blickte ich um mich und gewahrte zwei junge
Mäherinnen, welche dasselbe hervorbrachten. Jch fragte
sie ganz verwundert, warum sie doch gar so sehr lachten.
Da begannen sie aber neuerdings und zwar aus vollem
Halse zu lachen, und erst nach einigen Minuten vermochten
sie mich zu fragen, wo ich doch nur meinen Kopf gelassen
hätte. Jetzt erst bemerkte ich, daß ich ihn an dem Ufer
des Flusses vergessen hatte. Jch lief daher spornstreichs
zurück und kam noch eben recht, ihn den gefräßigen Zähnen
eines Fuchses, der sich schon über ihn hergemacht hatte, zu
entreißen. Jch brachte hierauf den Mähern das verlangte
Wasser und machte mich auf den Weg nach Hause. Als
ich schon bald mein Vaterhaus erreicht hatte, verfinsterte
es sich aber mit Einmal, der Donner rollte und Blitze
durchzuckten den Himmel. Jch trat eben an die Schwelle
des Vaterhauses, als eine große leuchtende Kugel mit vie-
len feurigen und funkensprühenden Wirbeln durch die Lüfte
sauste und plötzlich hart vor mir zur Erde fiel, wo sie mit
einem ungeheuren Knalle zerplatzte.

Als der Funkenregen, den das Zerplatzen dieser selt-
samen Erscheinung verursachte, um mich zerstob, gewahrte
ich drei Büchelchen, welche auf der Stelle lagen, auf wel-
cher die Kugel zerplatzte. Jch hob die Büchelchen auf,
und fand in jedem derselben, denke nur....

Nun, fragte Bajo, was fandest du denn?

Cyrill. Jch fand in jedem dieser drei Büchelchen
aufgezeichnet, daß dein Vater zwanzig Jahre dem meinigen
als Knecht gedient habe.

Du lügst, schrie Bajo erzürnt, mein Vater war ein
reicher Handelsmann, und der deine ein armer Tagelöhner,
der....

Das weiß ich recht wohl, erwiederte lachend Cyrill,
aber ich weiß auch, daß ich meine Wette gewonnen habe.

Was?! rief Bajo, ganz starr vor Erstaunen.

Nun ja, fuhr jener lachend fort; hast du mir nicht
eben selbst zugestanden, daß ich dich belogen habe?

Alle Geier! schrie Bajo; so hast du mich hinter das
Licht geführt?

Mit deiner Erlaubniß, entgegnete Cyrill, und zwar
mit deinen eigenen Waffen. Sagte ich es aber nicht vor-
her? wer am Ende lacht, der lacht am besten!

Da schlug sich Bajo voll grimmen Aergers mit der
Faust vor die Stirn, und sprudelte, vom Hohne Cyrills
gestachelt, von Galle über, und von Schmähungen auf
seine Unvorsichtigkeit und Cyrills Hinterlist.

Allmälig aber milderten sich die Lavaausbrüche seines
Zornes, und zuletzt mußte er sogar zwischen Aerger und
Lachen seinem Gegner den Sieg zuerkennen.

Jndessen war auch der Morgen hereingebrochen, und
die beiden Krämer theilten sich in das von den Räubern
zurückgelassene Geld, und kehrten in das Dorf zurück, in
welchem der Jahrmarkt abgehalten wurde. Der neue Mei-
sterlügner schenkte dem Wirth den fünfundzwanzigsten Un-
garisch; Bajo aber bekannte frei, daß nicht er, sondern
[Ende Spaltensatz]

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Allmälig aber milderten sich die Lavaausbrüche seines Zornes, und zuletzt mußte er sogar zwischen Aerger und Lachen seinem Gegner den Sieg zuerkennen. Jndessen war auch der Morgen hereingebrochen, und die beiden Krämer theilten sich in das von den Räubern zurückgelassene Geld, und kehrten in das Dorf zurück, in welchem der Jahrmarkt abgehalten wurde. Der neue Mei- sterlügner schenkte dem Wirth den fünfundzwanzigsten Un- garisch; Bajo aber bekannte frei, daß nicht er, sondern

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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 21. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt21_1836/3>, abgerufen am 06.06.2024.