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Die Bayerische Presse. Nr. 241. Würzburg, 8. Oktober 1850.

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[Spaltenumbruch] heutigen Tage wird dem hiesigen Garnisonsgericht
unter Bezugnahme auf die zur Nr. 424 Jn.=Pr.
gegebene Entscheidung zur Untersuchung und wei-
teren rechtlichen Verfügung hier neben zugefertigt
und 2 ) dem bleibenden landständischen Ausschuß
hiervon Nachricht ertheilt. v. Urff, Generalmajor
Eichenberg, Generalauditor. An den permanenten
landständischen Ausschuß hier.

Hanau, 6. Okt. Eine gestern Abend von
Kassel hier angekommene Deputation, bestehend
aus den Oberappellationsgerichtsräthen Schotten,
Schellenberg und Elwers, sowie dem General-
staatsprokurator Kerstig begab sich heute Vormit-
tag nach Wilhelmsbad, um Sr. k. Hoheit dem
Kurfürsten eine auf die jüngsten Ereignisse in Kas-
sel sich beziehende Adresse des Oberappellations-
gerichts zu überreichen. Es wurde diesen Herren
die Antwort, da die Minister nicht anwesend seien,
( sie hatten sich früh Morgens nach Frankfurt be-
geben ) könne der Kurfürst sie nicht empfangen;
derselbe wolle sie morgen erwarten. -- Zugleich
ist der Obristlieutenant Hildebrand als Beauf-
tragter des Offiziercorps von Kassel hier anwe-
send. Er hatte Mittags Audienz bei Sr. k. Ho-
heit, von dem man nur erfahren, daß sich der
Kurfürst geäußert, es befremde ihn, daß man un-
terstelle, er verletze die Verfassung, oder wolle sie
verletzen. Hr. Hildebrand soll auf 4 Uhr Nach-
mittags nochmals vorbeschieden sein. Näheres hat
über den Erfolg seiner Sendung nicht verlautet.

   

Hanau, 7. Okt.1 1 / 2 Uhr Nachmittags. Die
Sendung des Obristleutenants Hildebrand und
der Deputation des Oberappellationsgerichts an
Se. k. Hoh. den Kurfürsten ist ohne Erfolg ge-
blieben.

Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Flensburg, 1. Okt. Der außerordentliche
Regierungscommissär hat folgende Bekanntmachung
erlassen: Da öffentlichen Blättern zufolge die so-
genannte Statthalterschaft in Kiel Scheidemünze
ausprägen zu lassen beabsichtigt, so werden alle
Bewohner des Herzogthums Schleswig hierdurch
vor der Annahme solcher Münze verwarnt und
darauf aufmerksam gemacht, daß dieselbe jeder
Garantie ermangelt, indem sie als gesetzlich gil-
tige Münze nicht wird anerkannt und ein An-
spruch an die Staaatskasse so wenig in Beziehung
auf diese Münze, als auf irgend welche von ei-
ner der insurrectionellen Regierungen ausgestellte
Repräsentiven, namentlich die sogenannten Kassen-
scheine, wird zugestanden werden.

Vor Rendsburg, 3. Okt. Die sogenannte
Belagerung von Friedrichstadt dauert fort; doch
nur von einer Seite, wie solches auch nur mög-
lich, denn die beiden andern Seiten. sind von Was-
ser umgeben und die vierte, nördliche Seite steht
den Dänen offen. Es wachsen täglich neue Schan-
zenwerke aus der Erde und bei dem moorigen
Terrain kann man gar nicht wissen, wie und wo
die Dänen ihre Schanzenanlagen alle haben; ein
Sturm ist deshalb nicht gut zu wagen und sind
deshalb die Aussichten, um Friedrichstadt in Be-
sitz zu bekommen, sehr schwach, ja Terrainkundige
behaupten, daß bei den angewandten Mitteln gar
keine Aussicht auf Erfolg sei. Man erwartet auch
in den nächsten Tagen auf Aufgeben des ganzen
Planes. Das Bombardement erfolgte heute auch
nur sehr schwach und in 8 bis 10 Minuten lan-
gen Pausen fiel immer ein Schuß von den schles-
wig=holst. Batterien, während die der Dänen ganz
schwiegen. Ein Vordringen mit Massen ist ganz
unmöglich, weil nur ein schmaler Chausseeweg und
einige Dämme durch dieses Marschland passirbar
sind. Fast scheint es aber auch, daß es mit die-
sem Angriff gar nicht recht Ernst gemeint sei,
sondern man will durch diese Art, mit dem Feinde
sich zu engagiren, bewirken, daß derselbe seine fe-
sten Positionen im Centrum verlassen soll und
selber in die Offensive übergehe, wie solches gleich-
falls bei dem Angriff auf Missunde beabsichtigt
[Spaltenumbruch] worden war; allein darin wird man sich auch
diesesmal gewaltig täuschen, denn die Dänen wol-
len vorläufig nur Schleswig bis zu ihren festen
Positionen behalten, alles Weitere hoffen sie auf
dem Wege den Unterhandlung mit den Großmäch-
ten zu erreichen um ihre Kräfte zu schonen. Sie
vertheidigen deshalb auch nur ihren Landstrich in-
nerhalb ihrer Schanzen und lassen sich auf ein
Vorschreiten nicht ein Hier sind sie aber auch
gänzlich gesichert und werden von der schleswig-
holsteinischen Armee nicht herausgebracht werden.

Kiel, 3. Okt. Jn der heutigen Sitzung der
Landesversammlung wurde der Departementschef
Francke von dem Dr. Müller wegen der in den
"Hamburger Nachrichten" von gestern enthaltenen
Mittheilung über die Friedensmänner interpellirt.
Der Departementschef gab eine ausführliche Dar-
stellung des Thatsächlichen, zollte den Bestrebungen
der Friedensmänner die größte Anerkennung und
wünschte ihren Bemühungen den Erfolg, den die
aufopfernden Anstrengungen dieser höchst ehrenwer-
then Männer, den Frieden zu bewirken, verdienen
müßten. Er erklärte es für seine volle Ueber-
zeugung, daß die schlesw.=holsteinische Sache ruhig
einem Schiedsgericht überlassen werden könne; so
gut sei das Recht des Landes. Da er diese Zu-
versicht habe, so habe er keinen Anstand genommen,
dasselbe den Friedensmännern zu erklären, vorbe-
haltlich der Zusammensetzung des vorgeschlagenen
Schiedsgerichts. Die Friedensmänner hätten mit
dem dänischen Minister der auswärtigen Angele-
geheiten in Kopenhagen und dem dortigen Con-
seilspräsidenten Unterredungen gehabt, und auf eine
schriftliche Anfrage habe man sich auch dort für
eine solche Entscheidung erklärt. Die Friedens-
männer hätten nur gemeint, daß Männer in die-
sem Gerichte Sitz nehmen müßten, die an dem
Kriege zwischen Deutschland und Dänemark nicht
Theil genommen und kein Jnteresse an dieser Sache
hätten. Auf die Schwierigkeit der Zusammensetzung
sei aufmerksam gemacht worden. Es sei auf die al-
ten Recesse, namentlich den gültigen Koldinger
Receß von 1533, hingewiesen worden. Es sei
aber kein Versuch in Betreff eines Stillstandes
des Krieges gemacht, weßhalb er den Friedens-
männern zu erkennen gegeben habe, daß man dies-
seits den Atrocitäten, Abnormitäten und Scheuß-
lichkeiten, die täglich im Schleswigschen vorfielen,
entschieden entgegentreten werde. Wenn indeß von
Dänemark eine auf Grundlage der angeführten
Recesse fundirte Proposition gemacht werden wür-
de, so werde er dem zweiten Organ des Landes
diese mittheilen, wenn sie nicht ganz ungehörig sei.
Dr. Müller dankte für die ausführliche Beantwort-
ung seiner Frage. Die Antwort des Departe-
mentschefs stimmt wesentlich mit dem von den
Herren Sturge und Gen. veröffentlichten Bericht
überein.

   

Altona, 4. Okt. Die "H. N." veröffentlichen
eine Widerlegung des bayerischen ehemaligen Feld-
caplans Filser der vom "Flensb. Corresp." und
dänischen Blättern gegen die bayerischen Soldaien
erhobenen Beschuldigungen, als hätten diese in der
Kirche zu Skanderup die scheußlichsten Greuel ver-
übt. Uebrigens hat das dänische Ministerium da-
durch sich veranlaßt gesehen, den Gegenstand in
amtliche Behandlung zu nehmen, deren Resultat
demnächst amtlich veröffentlicht werden dürfte.

Kiel, 4. Okt. Die langen geheimen Sitzungen
der letzten Tage, zu denen gestern und vorgestern
auch noch Abendsitzungen kamen, haben, wie man
hört, die Verhandlungen über die Finanzfrage end-
lich zum Schluß gebracht. Als das Wesentliche
der Beschlüsse, soweit sie vor die Oeffentlichkeit
treten werden, wird bezeichnet eine gezwungene An-
leihe, welche vom Vermögen und vom Einkommen
erhoben werden wird; vom Vermögen zu 1 pCt.,
vom Einkommen nach dem Ansatz des letzten Jah-
res, falls nicht eine Veränderung von mindestens
1 / 4 des Betrags nachgewiesen werden kann.

   

Koburg, 2. Okt. Unsere Ständeversammlung
hat die vom Staatsministerium in den letzten Ta-
[Spaltenumbruch] gen getroffenen außerordentlichen Vorkehrungen
zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung einstimmig
genehmigt und zum Gesetze erhoben. Am 9. d. M.
wird eine Abtheilung gothaischer Soldaten hier
eintreffen; die Familie des Staatsministers von
Seebach ist von hier nach Gotha abgereist, da
ihr nach den Jnsulten der letzten Tage -- ein
Pöbelhaufe zertrümmerte beinahe alle Fenster in
der Wohnung des Ministers -- der Aufenthalt
hier verleidet worden ist.

   

Wien, 1. Okt. Ungarns Zustände sind zum
Verzweifeln trübselig, und die zahlreichen, immer
rührigen Feinde benutzten sie, um das Ministe-
rim darüber anzuklagen, was eine Folge hundert-
jährigen Unrechts ist. Ein kurzer Ausflug, den
ich dieser Tage in die nahen Grenzcomitate von
Preßburg und Tyrnau machte, hat mich mit ei-
genen Augen überzeugt; das gesegnete Land liegt
zur Zeit wild und unangebaut, viele Grundbesitzer
stehen am Abgrund des Ruins, denn sie haben
während der zwei letzten Jahre nicht nur keine
Rente gezogen, sondern die schwersten Ausgaben
machen müssen. Wie mag es nicht im Jnnern
des Landes und nach der türkischen Grenze hin
ausschauen? Es ist eine Riesenarbeit, aus Un-
garn ein Stück civilisirter Erde zu machen, und
bei dem besten Willen, denn die Regierung zeigt,
ist es doch nicht minder wahr, daß sie die Größe
der Uebel, womit sie zu kämpfen hat, noch gar
nicht in ihrer ganzen Größe zu übersehen vermag.
Demnach wird auch der Plan einer deutschen
Colonisirung auf bessere Zeiten vertagt werden
müssen.

Wien, 3. Okt. Was die Ernennung des Hrn.
von Radowitz zum preußischen Minister der aus-
wärtigen Angelegenheiten hier für einen Eindruck
gemacht habe? Keinen sonderlich günstigen. Ei-
nige fromme Seelen meinen zwar, daß Hr. von
Radowitz, weil er ein strenggläubiger Katholik sei.
auf seinem jetzigen hochverantwortlichen Posten in
sich gehen und eine Politik ändern werde, welche
vollkommen geeignet ist, Deutschland an den Rand
des Verderbens zu bringen. Diese Meinung wird
aber nur von sehr wenigen getheilt, weil man
weiß, daß Hr. v. Radowitz bei weitem mehr
Diener seines kgl. Gebieters, als der katholischen
Kirche ist. Wäre er das letztere mehr, so würde
die Politik, der er huldigt, die seinige unmöglich
sein können. Glauben Sie das einem ächten Ka-
tholiken! Nie vermöchte ein solcher die Hand zur
Spaltung Deutschlands zu bieten. Wenn der
König von Preußen die gegenwärtige preußische
Politik für seinen eigensten Gedanken erklärt hat,
so bleibt dem Hrn. v. Radowitz, nachdem er den
Ministerposten angenommen hat, nur übrig, diese
Politik unter einigen geringen Motifikationen fort-
zusetzen. Und so erwartet man denn hier im
Ganzen die Fortspielung des seit zwei Jahren ge-
triebenen Spieles. Darauf deutet auch ein Leit-
artikel der "Deutschen Reform" vom 25. Sept.
hin. Zuverlässig hat dieses Spiel Deutschlands
Macht und Ansehen nach Außen nicht erhöhet,
und eben so wenig hat es sein inneres Glück ge-
fördert. Es muß also dieses Spiel, gelinde ge-
sagt, ein eminent der wahren Staatsweisheit wi-
dersprechendes genannt werden. Jst es politische
Beschränktheit, oder politischer Starrsinn, daß das-
selbe von Preußen nicht endlich aufgegeben wird?
Vielleicht beides. Es hat nur noch gefehlt, was
jetzt geschehen ist, daß nämlich der hessische Steuer-
verweigerungs=Aufruhr von preußischer Seite für
legal erklärt wurde. Wer schreit gegen die kur-
hessische Regierung? Alle demokratischen und re-
publikanischen Schattirungen im Unisono. Jhnen
hat das preußische Cabinet sich jetzt durch offen-
kundige Aktenstücke beigesellt. Ein schlimmer An-
fang der amtlichen Thätigkeit des neuen Ministers
der auswärtigen Angelegenheiten Preußens! Wie
soll das Alles enden? Der jetzige Zustand der
Dinge ist wahrhaft unerträglich; er verletzt das
Rechtsgefühl, er verletzt den gesunden Menschen-
verstand. Nur wenn Preußen auf den Rechts-
boden der Bundesverträge zurückkehrt, wo leider
kein Anschein vorhanden, können die deutschen Wir-
ren in befriedigender Art gelöst werden.

[Spaltenumbruch] heutigen Tage wird dem hiesigen Garnisonsgericht
unter Bezugnahme auf die zur Nr. 424 Jn.=Pr.
gegebene Entscheidung zur Untersuchung und wei-
teren rechtlichen Verfügung hier neben zugefertigt
und 2 ) dem bleibenden landständischen Ausschuß
hiervon Nachricht ertheilt. v. Urff, Generalmajor
Eichenberg, Generalauditor. An den permanenten
landständischen Ausschuß hier.

Hanau, 6. Okt. Eine gestern Abend von
Kassel hier angekommene Deputation, bestehend
aus den Oberappellationsgerichtsräthen Schotten,
Schellenberg und Elwers, sowie dem General-
staatsprokurator Kerstig begab sich heute Vormit-
tag nach Wilhelmsbad, um Sr. k. Hoheit dem
Kurfürsten eine auf die jüngsten Ereignisse in Kas-
sel sich beziehende Adresse des Oberappellations-
gerichts zu überreichen. Es wurde diesen Herren
die Antwort, da die Minister nicht anwesend seien,
( sie hatten sich früh Morgens nach Frankfurt be-
geben ) könne der Kurfürst sie nicht empfangen;
derselbe wolle sie morgen erwarten. -- Zugleich
ist der Obristlieutenant Hildebrand als Beauf-
tragter des Offiziercorps von Kassel hier anwe-
send. Er hatte Mittags Audienz bei Sr. k. Ho-
heit, von dem man nur erfahren, daß sich der
Kurfürst geäußert, es befremde ihn, daß man un-
terstelle, er verletze die Verfassung, oder wolle sie
verletzen. Hr. Hildebrand soll auf 4 Uhr Nach-
mittags nochmals vorbeschieden sein. Näheres hat
über den Erfolg seiner Sendung nicht verlautet.

   

Hanau, 7. Okt.1 1 / 2 Uhr Nachmittags. Die
Sendung des Obristleutenants Hildebrand und
der Deputation des Oberappellationsgerichts an
Se. k. Hoh. den Kurfürsten ist ohne Erfolg ge-
blieben.

Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Flensburg, 1. Okt. Der außerordentliche
Regierungscommissär hat folgende Bekanntmachung
erlassen: Da öffentlichen Blättern zufolge die so-
genannte Statthalterschaft in Kiel Scheidemünze
ausprägen zu lassen beabsichtigt, so werden alle
Bewohner des Herzogthums Schleswig hierdurch
vor der Annahme solcher Münze verwarnt und
darauf aufmerksam gemacht, daß dieselbe jeder
Garantie ermangelt, indem sie als gesetzlich gil-
tige Münze nicht wird anerkannt und ein An-
spruch an die Staaatskasse so wenig in Beziehung
auf diese Münze, als auf irgend welche von ei-
ner der insurrectionellen Regierungen ausgestellte
Repräsentiven, namentlich die sogenannten Kassen-
scheine, wird zugestanden werden.

Vor Rendsburg, 3. Okt. Die sogenannte
Belagerung von Friedrichstadt dauert fort; doch
nur von einer Seite, wie solches auch nur mög-
lich, denn die beiden andern Seiten. sind von Was-
ser umgeben und die vierte, nördliche Seite steht
den Dänen offen. Es wachsen täglich neue Schan-
zenwerke aus der Erde und bei dem moorigen
Terrain kann man gar nicht wissen, wie und wo
die Dänen ihre Schanzenanlagen alle haben; ein
Sturm ist deshalb nicht gut zu wagen und sind
deshalb die Aussichten, um Friedrichstadt in Be-
sitz zu bekommen, sehr schwach, ja Terrainkundige
behaupten, daß bei den angewandten Mitteln gar
keine Aussicht auf Erfolg sei. Man erwartet auch
in den nächsten Tagen auf Aufgeben des ganzen
Planes. Das Bombardement erfolgte heute auch
nur sehr schwach und in 8 bis 10 Minuten lan-
gen Pausen fiel immer ein Schuß von den schles-
wig=holst. Batterien, während die der Dänen ganz
schwiegen. Ein Vordringen mit Massen ist ganz
unmöglich, weil nur ein schmaler Chausseeweg und
einige Dämme durch dieses Marschland passirbar
sind. Fast scheint es aber auch, daß es mit die-
sem Angriff gar nicht recht Ernst gemeint sei,
sondern man will durch diese Art, mit dem Feinde
sich zu engagiren, bewirken, daß derselbe seine fe-
sten Positionen im Centrum verlassen soll und
selber in die Offensive übergehe, wie solches gleich-
falls bei dem Angriff auf Missunde beabsichtigt
[Spaltenumbruch] worden war; allein darin wird man sich auch
diesesmal gewaltig täuschen, denn die Dänen wol-
len vorläufig nur Schleswig bis zu ihren festen
Positionen behalten, alles Weitere hoffen sie auf
dem Wege den Unterhandlung mit den Großmäch-
ten zu erreichen um ihre Kräfte zu schonen. Sie
vertheidigen deshalb auch nur ihren Landstrich in-
nerhalb ihrer Schanzen und lassen sich auf ein
Vorschreiten nicht ein Hier sind sie aber auch
gänzlich gesichert und werden von der schleswig-
holsteinischen Armee nicht herausgebracht werden.

Kiel, 3. Okt. Jn der heutigen Sitzung der
Landesversammlung wurde der Departementschef
Francke von dem Dr. Müller wegen der in den
„Hamburger Nachrichten“ von gestern enthaltenen
Mittheilung über die Friedensmänner interpellirt.
Der Departementschef gab eine ausführliche Dar-
stellung des Thatsächlichen, zollte den Bestrebungen
der Friedensmänner die größte Anerkennung und
wünschte ihren Bemühungen den Erfolg, den die
aufopfernden Anstrengungen dieser höchst ehrenwer-
then Männer, den Frieden zu bewirken, verdienen
müßten. Er erklärte es für seine volle Ueber-
zeugung, daß die schlesw.=holsteinische Sache ruhig
einem Schiedsgericht überlassen werden könne; so
gut sei das Recht des Landes. Da er diese Zu-
versicht habe, so habe er keinen Anstand genommen,
dasselbe den Friedensmännern zu erklären, vorbe-
haltlich der Zusammensetzung des vorgeschlagenen
Schiedsgerichts. Die Friedensmänner hätten mit
dem dänischen Minister der auswärtigen Angele-
geheiten in Kopenhagen und dem dortigen Con-
seilspräsidenten Unterredungen gehabt, und auf eine
schriftliche Anfrage habe man sich auch dort für
eine solche Entscheidung erklärt. Die Friedens-
männer hätten nur gemeint, daß Männer in die-
sem Gerichte Sitz nehmen müßten, die an dem
Kriege zwischen Deutschland und Dänemark nicht
Theil genommen und kein Jnteresse an dieser Sache
hätten. Auf die Schwierigkeit der Zusammensetzung
sei aufmerksam gemacht worden. Es sei auf die al-
ten Recesse, namentlich den gültigen Koldinger
Receß von 1533, hingewiesen worden. Es sei
aber kein Versuch in Betreff eines Stillstandes
des Krieges gemacht, weßhalb er den Friedens-
männern zu erkennen gegeben habe, daß man dies-
seits den Atrocitäten, Abnormitäten und Scheuß-
lichkeiten, die täglich im Schleswigschen vorfielen,
entschieden entgegentreten werde. Wenn indeß von
Dänemark eine auf Grundlage der angeführten
Recesse fundirte Proposition gemacht werden wür-
de, so werde er dem zweiten Organ des Landes
diese mittheilen, wenn sie nicht ganz ungehörig sei.
Dr. Müller dankte für die ausführliche Beantwort-
ung seiner Frage. Die Antwort des Departe-
mentschefs stimmt wesentlich mit dem von den
Herren Sturge und Gen. veröffentlichten Bericht
überein.

   

Altona, 4. Okt. Die „H. N.“ veröffentlichen
eine Widerlegung des bayerischen ehemaligen Feld-
caplans Filser der vom „Flensb. Corresp.“ und
dänischen Blättern gegen die bayerischen Soldaien
erhobenen Beschuldigungen, als hätten diese in der
Kirche zu Skanderup die scheußlichsten Greuel ver-
übt. Uebrigens hat das dänische Ministerium da-
durch sich veranlaßt gesehen, den Gegenstand in
amtliche Behandlung zu nehmen, deren Resultat
demnächst amtlich veröffentlicht werden dürfte.

Kiel, 4. Okt. Die langen geheimen Sitzungen
der letzten Tage, zu denen gestern und vorgestern
auch noch Abendsitzungen kamen, haben, wie man
hört, die Verhandlungen über die Finanzfrage end-
lich zum Schluß gebracht. Als das Wesentliche
der Beschlüsse, soweit sie vor die Oeffentlichkeit
treten werden, wird bezeichnet eine gezwungene An-
leihe, welche vom Vermögen und vom Einkommen
erhoben werden wird; vom Vermögen zu 1 pCt.,
vom Einkommen nach dem Ansatz des letzten Jah-
res, falls nicht eine Veränderung von mindestens
1 / 4 des Betrags nachgewiesen werden kann.

   

Koburg, 2. Okt. Unsere Ständeversammlung
hat die vom Staatsministerium in den letzten Ta-
[Spaltenumbruch] gen getroffenen außerordentlichen Vorkehrungen
zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung einstimmig
genehmigt und zum Gesetze erhoben. Am 9. d. M.
wird eine Abtheilung gothaischer Soldaten hier
eintreffen; die Familie des Staatsministers von
Seebach ist von hier nach Gotha abgereist, da
ihr nach den Jnsulten der letzten Tage -- ein
Pöbelhaufe zertrümmerte beinahe alle Fenster in
der Wohnung des Ministers -- der Aufenthalt
hier verleidet worden ist.

   

Wien, 1. Okt. Ungarns Zustände sind zum
Verzweifeln trübselig, und die zahlreichen, immer
rührigen Feinde benutzten sie, um das Ministe-
rim darüber anzuklagen, was eine Folge hundert-
jährigen Unrechts ist. Ein kurzer Ausflug, den
ich dieser Tage in die nahen Grenzcomitate von
Preßburg und Tyrnau machte, hat mich mit ei-
genen Augen überzeugt; das gesegnete Land liegt
zur Zeit wild und unangebaut, viele Grundbesitzer
stehen am Abgrund des Ruins, denn sie haben
während der zwei letzten Jahre nicht nur keine
Rente gezogen, sondern die schwersten Ausgaben
machen müssen. Wie mag es nicht im Jnnern
des Landes und nach der türkischen Grenze hin
ausschauen? Es ist eine Riesenarbeit, aus Un-
garn ein Stück civilisirter Erde zu machen, und
bei dem besten Willen, denn die Regierung zeigt,
ist es doch nicht minder wahr, daß sie die Größe
der Uebel, womit sie zu kämpfen hat, noch gar
nicht in ihrer ganzen Größe zu übersehen vermag.
Demnach wird auch der Plan einer deutschen
Colonisirung auf bessere Zeiten vertagt werden
müssen.

Wien, 3. Okt. Was die Ernennung des Hrn.
von Radowitz zum preußischen Minister der aus-
wärtigen Angelegenheiten hier für einen Eindruck
gemacht habe? Keinen sonderlich günstigen. Ei-
nige fromme Seelen meinen zwar, daß Hr. von
Radowitz, weil er ein strenggläubiger Katholik sei.
auf seinem jetzigen hochverantwortlichen Posten in
sich gehen und eine Politik ändern werde, welche
vollkommen geeignet ist, Deutschland an den Rand
des Verderbens zu bringen. Diese Meinung wird
aber nur von sehr wenigen getheilt, weil man
weiß, daß Hr. v. Radowitz bei weitem mehr
Diener seines kgl. Gebieters, als der katholischen
Kirche ist. Wäre er das letztere mehr, so würde
die Politik, der er huldigt, die seinige unmöglich
sein können. Glauben Sie das einem ächten Ka-
tholiken! Nie vermöchte ein solcher die Hand zur
Spaltung Deutschlands zu bieten. Wenn der
König von Preußen die gegenwärtige preußische
Politik für seinen eigensten Gedanken erklärt hat,
so bleibt dem Hrn. v. Radowitz, nachdem er den
Ministerposten angenommen hat, nur übrig, diese
Politik unter einigen geringen Motifikationen fort-
zusetzen. Und so erwartet man denn hier im
Ganzen die Fortspielung des seit zwei Jahren ge-
triebenen Spieles. Darauf deutet auch ein Leit-
artikel der „Deutschen Reform“ vom 25. Sept.
hin. Zuverlässig hat dieses Spiel Deutschlands
Macht und Ansehen nach Außen nicht erhöhet,
und eben so wenig hat es sein inneres Glück ge-
fördert. Es muß also dieses Spiel, gelinde ge-
sagt, ein eminent der wahren Staatsweisheit wi-
dersprechendes genannt werden. Jst es politische
Beschränktheit, oder politischer Starrsinn, daß das-
selbe von Preußen nicht endlich aufgegeben wird?
Vielleicht beides. Es hat nur noch gefehlt, was
jetzt geschehen ist, daß nämlich der hessische Steuer-
verweigerungs=Aufruhr von preußischer Seite für
legal erklärt wurde. Wer schreit gegen die kur-
hessische Regierung? Alle demokratischen und re-
publikanischen Schattirungen im Unisono. Jhnen
hat das preußische Cabinet sich jetzt durch offen-
kundige Aktenstücke beigesellt. Ein schlimmer An-
fang der amtlichen Thätigkeit des neuen Ministers
der auswärtigen Angelegenheiten Preußens! Wie
soll das Alles enden? Der jetzige Zustand der
Dinge ist wahrhaft unerträglich; er verletzt das
Rechtsgefühl, er verletzt den gesunden Menschen-
verstand. Nur wenn Preußen auf den Rechts-
boden der Bundesverträge zurückkehrt, wo leider
kein Anschein vorhanden, können die deutschen Wir-
ren in befriedigender Art gelöst werden.

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[0003] heutigen Tage wird dem hiesigen Garnisonsgericht unter Bezugnahme auf die zur Nr. 424 Jn.=Pr. gegebene Entscheidung zur Untersuchung und wei- teren rechtlichen Verfügung hier neben zugefertigt und 2 ) dem bleibenden landständischen Ausschuß hiervon Nachricht ertheilt. v. Urff, Generalmajor Eichenberg, Generalauditor. An den permanenten landständischen Ausschuß hier. Hanau, 6. Okt. Eine gestern Abend von Kassel hier angekommene Deputation, bestehend aus den Oberappellationsgerichtsräthen Schotten, Schellenberg und Elwers, sowie dem General- staatsprokurator Kerstig begab sich heute Vormit- tag nach Wilhelmsbad, um Sr. k. Hoheit dem Kurfürsten eine auf die jüngsten Ereignisse in Kas- sel sich beziehende Adresse des Oberappellations- gerichts zu überreichen. Es wurde diesen Herren die Antwort, da die Minister nicht anwesend seien, ( sie hatten sich früh Morgens nach Frankfurt be- geben ) könne der Kurfürst sie nicht empfangen; derselbe wolle sie morgen erwarten. -- Zugleich ist der Obristlieutenant Hildebrand als Beauf- tragter des Offiziercorps von Kassel hier anwe- send. Er hatte Mittags Audienz bei Sr. k. Ho- heit, von dem man nur erfahren, daß sich der Kurfürst geäußert, es befremde ihn, daß man un- terstelle, er verletze die Verfassung, oder wolle sie verletzen. Hr. Hildebrand soll auf 4 Uhr Nach- mittags nochmals vorbeschieden sein. Näheres hat über den Erfolg seiner Sendung nicht verlautet. ( F. O.=Z. ) Hanau, 7. Okt.1 1 / 2 Uhr Nachmittags. Die Sendung des Obristleutenants Hildebrand und der Deputation des Oberappellationsgerichts an Se. k. Hoh. den Kurfürsten ist ohne Erfolg ge- blieben. Schleswig=holsteinische Ange- legenheiten . Flensburg, 1. Okt. Der außerordentliche Regierungscommissär hat folgende Bekanntmachung erlassen: Da öffentlichen Blättern zufolge die so- genannte Statthalterschaft in Kiel Scheidemünze ausprägen zu lassen beabsichtigt, so werden alle Bewohner des Herzogthums Schleswig hierdurch vor der Annahme solcher Münze verwarnt und darauf aufmerksam gemacht, daß dieselbe jeder Garantie ermangelt, indem sie als gesetzlich gil- tige Münze nicht wird anerkannt und ein An- spruch an die Staaatskasse so wenig in Beziehung auf diese Münze, als auf irgend welche von ei- ner der insurrectionellen Regierungen ausgestellte Repräsentiven, namentlich die sogenannten Kassen- scheine, wird zugestanden werden. Vor Rendsburg, 3. Okt. Die sogenannte Belagerung von Friedrichstadt dauert fort; doch nur von einer Seite, wie solches auch nur mög- lich, denn die beiden andern Seiten. sind von Was- ser umgeben und die vierte, nördliche Seite steht den Dänen offen. Es wachsen täglich neue Schan- zenwerke aus der Erde und bei dem moorigen Terrain kann man gar nicht wissen, wie und wo die Dänen ihre Schanzenanlagen alle haben; ein Sturm ist deshalb nicht gut zu wagen und sind deshalb die Aussichten, um Friedrichstadt in Be- sitz zu bekommen, sehr schwach, ja Terrainkundige behaupten, daß bei den angewandten Mitteln gar keine Aussicht auf Erfolg sei. Man erwartet auch in den nächsten Tagen auf Aufgeben des ganzen Planes. Das Bombardement erfolgte heute auch nur sehr schwach und in 8 bis 10 Minuten lan- gen Pausen fiel immer ein Schuß von den schles- wig=holst. Batterien, während die der Dänen ganz schwiegen. Ein Vordringen mit Massen ist ganz unmöglich, weil nur ein schmaler Chausseeweg und einige Dämme durch dieses Marschland passirbar sind. Fast scheint es aber auch, daß es mit die- sem Angriff gar nicht recht Ernst gemeint sei, sondern man will durch diese Art, mit dem Feinde sich zu engagiren, bewirken, daß derselbe seine fe- sten Positionen im Centrum verlassen soll und selber in die Offensive übergehe, wie solches gleich- falls bei dem Angriff auf Missunde beabsichtigt worden war; allein darin wird man sich auch diesesmal gewaltig täuschen, denn die Dänen wol- len vorläufig nur Schleswig bis zu ihren festen Positionen behalten, alles Weitere hoffen sie auf dem Wege den Unterhandlung mit den Großmäch- ten zu erreichen um ihre Kräfte zu schonen. Sie vertheidigen deshalb auch nur ihren Landstrich in- nerhalb ihrer Schanzen und lassen sich auf ein Vorschreiten nicht ein Hier sind sie aber auch gänzlich gesichert und werden von der schleswig- holsteinischen Armee nicht herausgebracht werden. Kiel, 3. Okt. Jn der heutigen Sitzung der Landesversammlung wurde der Departementschef Francke von dem Dr. Müller wegen der in den „Hamburger Nachrichten“ von gestern enthaltenen Mittheilung über die Friedensmänner interpellirt. Der Departementschef gab eine ausführliche Dar- stellung des Thatsächlichen, zollte den Bestrebungen der Friedensmänner die größte Anerkennung und wünschte ihren Bemühungen den Erfolg, den die aufopfernden Anstrengungen dieser höchst ehrenwer- then Männer, den Frieden zu bewirken, verdienen müßten. Er erklärte es für seine volle Ueber- zeugung, daß die schlesw.=holsteinische Sache ruhig einem Schiedsgericht überlassen werden könne; so gut sei das Recht des Landes. Da er diese Zu- versicht habe, so habe er keinen Anstand genommen, dasselbe den Friedensmännern zu erklären, vorbe- haltlich der Zusammensetzung des vorgeschlagenen Schiedsgerichts. Die Friedensmänner hätten mit dem dänischen Minister der auswärtigen Angele- geheiten in Kopenhagen und dem dortigen Con- seilspräsidenten Unterredungen gehabt, und auf eine schriftliche Anfrage habe man sich auch dort für eine solche Entscheidung erklärt. Die Friedens- männer hätten nur gemeint, daß Männer in die- sem Gerichte Sitz nehmen müßten, die an dem Kriege zwischen Deutschland und Dänemark nicht Theil genommen und kein Jnteresse an dieser Sache hätten. Auf die Schwierigkeit der Zusammensetzung sei aufmerksam gemacht worden. Es sei auf die al- ten Recesse, namentlich den gültigen Koldinger Receß von 1533, hingewiesen worden. Es sei aber kein Versuch in Betreff eines Stillstandes des Krieges gemacht, weßhalb er den Friedens- männern zu erkennen gegeben habe, daß man dies- seits den Atrocitäten, Abnormitäten und Scheuß- lichkeiten, die täglich im Schleswigschen vorfielen, entschieden entgegentreten werde. Wenn indeß von Dänemark eine auf Grundlage der angeführten Recesse fundirte Proposition gemacht werden wür- de, so werde er dem zweiten Organ des Landes diese mittheilen, wenn sie nicht ganz ungehörig sei. Dr. Müller dankte für die ausführliche Beantwort- ung seiner Frage. Die Antwort des Departe- mentschefs stimmt wesentlich mit dem von den Herren Sturge und Gen. veröffentlichten Bericht überein. ( D. R. ) Altona, 4. Okt. Die „H. N.“ veröffentlichen eine Widerlegung des bayerischen ehemaligen Feld- caplans Filser der vom „Flensb. Corresp.“ und dänischen Blättern gegen die bayerischen Soldaien erhobenen Beschuldigungen, als hätten diese in der Kirche zu Skanderup die scheußlichsten Greuel ver- übt. Uebrigens hat das dänische Ministerium da- durch sich veranlaßt gesehen, den Gegenstand in amtliche Behandlung zu nehmen, deren Resultat demnächst amtlich veröffentlicht werden dürfte. Kiel, 4. Okt. Die langen geheimen Sitzungen der letzten Tage, zu denen gestern und vorgestern auch noch Abendsitzungen kamen, haben, wie man hört, die Verhandlungen über die Finanzfrage end- lich zum Schluß gebracht. Als das Wesentliche der Beschlüsse, soweit sie vor die Oeffentlichkeit treten werden, wird bezeichnet eine gezwungene An- leihe, welche vom Vermögen und vom Einkommen erhoben werden wird; vom Vermögen zu 1 pCt., vom Einkommen nach dem Ansatz des letzten Jah- res, falls nicht eine Veränderung von mindestens 1 / 4 des Betrags nachgewiesen werden kann. ( N. fr. Pr. ) Koburg, 2. Okt. Unsere Ständeversammlung hat die vom Staatsministerium in den letzten Ta- gen getroffenen außerordentlichen Vorkehrungen zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung einstimmig genehmigt und zum Gesetze erhoben. Am 9. d. M. wird eine Abtheilung gothaischer Soldaten hier eintreffen; die Familie des Staatsministers von Seebach ist von hier nach Gotha abgereist, da ihr nach den Jnsulten der letzten Tage -- ein Pöbelhaufe zertrümmerte beinahe alle Fenster in der Wohnung des Ministers -- der Aufenthalt hier verleidet worden ist. ( L. Z. ) Wien, 1. Okt. Ungarns Zustände sind zum Verzweifeln trübselig, und die zahlreichen, immer rührigen Feinde benutzten sie, um das Ministe- rim darüber anzuklagen, was eine Folge hundert- jährigen Unrechts ist. Ein kurzer Ausflug, den ich dieser Tage in die nahen Grenzcomitate von Preßburg und Tyrnau machte, hat mich mit ei- genen Augen überzeugt; das gesegnete Land liegt zur Zeit wild und unangebaut, viele Grundbesitzer stehen am Abgrund des Ruins, denn sie haben während der zwei letzten Jahre nicht nur keine Rente gezogen, sondern die schwersten Ausgaben machen müssen. Wie mag es nicht im Jnnern des Landes und nach der türkischen Grenze hin ausschauen? Es ist eine Riesenarbeit, aus Un- garn ein Stück civilisirter Erde zu machen, und bei dem besten Willen, denn die Regierung zeigt, ist es doch nicht minder wahr, daß sie die Größe der Uebel, womit sie zu kämpfen hat, noch gar nicht in ihrer ganzen Größe zu übersehen vermag. Demnach wird auch der Plan einer deutschen Colonisirung auf bessere Zeiten vertagt werden müssen. Wien, 3. Okt. Was die Ernennung des Hrn. von Radowitz zum preußischen Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten hier für einen Eindruck gemacht habe? Keinen sonderlich günstigen. Ei- nige fromme Seelen meinen zwar, daß Hr. von Radowitz, weil er ein strenggläubiger Katholik sei. auf seinem jetzigen hochverantwortlichen Posten in sich gehen und eine Politik ändern werde, welche vollkommen geeignet ist, Deutschland an den Rand des Verderbens zu bringen. Diese Meinung wird aber nur von sehr wenigen getheilt, weil man weiß, daß Hr. v. Radowitz bei weitem mehr Diener seines kgl. Gebieters, als der katholischen Kirche ist. Wäre er das letztere mehr, so würde die Politik, der er huldigt, die seinige unmöglich sein können. Glauben Sie das einem ächten Ka- tholiken! Nie vermöchte ein solcher die Hand zur Spaltung Deutschlands zu bieten. Wenn der König von Preußen die gegenwärtige preußische Politik für seinen eigensten Gedanken erklärt hat, so bleibt dem Hrn. v. Radowitz, nachdem er den Ministerposten angenommen hat, nur übrig, diese Politik unter einigen geringen Motifikationen fort- zusetzen. Und so erwartet man denn hier im Ganzen die Fortspielung des seit zwei Jahren ge- triebenen Spieles. Darauf deutet auch ein Leit- artikel der „Deutschen Reform“ vom 25. Sept. hin. Zuverlässig hat dieses Spiel Deutschlands Macht und Ansehen nach Außen nicht erhöhet, und eben so wenig hat es sein inneres Glück ge- fördert. Es muß also dieses Spiel, gelinde ge- sagt, ein eminent der wahren Staatsweisheit wi- dersprechendes genannt werden. Jst es politische Beschränktheit, oder politischer Starrsinn, daß das- selbe von Preußen nicht endlich aufgegeben wird? Vielleicht beides. Es hat nur noch gefehlt, was jetzt geschehen ist, daß nämlich der hessische Steuer- verweigerungs=Aufruhr von preußischer Seite für legal erklärt wurde. Wer schreit gegen die kur- hessische Regierung? Alle demokratischen und re- publikanischen Schattirungen im Unisono. Jhnen hat das preußische Cabinet sich jetzt durch offen- kundige Aktenstücke beigesellt. Ein schlimmer An- fang der amtlichen Thätigkeit des neuen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Preußens! Wie soll das Alles enden? Der jetzige Zustand der Dinge ist wahrhaft unerträglich; er verletzt das Rechtsgefühl, er verletzt den gesunden Menschen- verstand. Nur wenn Preußen auf den Rechts- boden der Bundesverträge zurückkehrt, wo leider kein Anschein vorhanden, können die deutschen Wir- ren in befriedigender Art gelöst werden.

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 241. Würzburg, 8. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische241_1850/3>, abgerufen am 29.03.2024.