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Die Bayerische Presse. Nr. 241. Würzburg, 8. Oktober 1850.

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[Spaltenumbruch] jener Gegend, von welcher der kgl. Wagen kom-
men mußte. Alsbald verkündeten schon von der
Ferne und immer näher und lauter werdende
Hoch das Herannahen desselben. Von einer Es-
kadr. Cavallerie der k. Landwehr geleitet, langte
König Max, ihm zur Seite König Otto, in
blauem, reich mit Silber gesticktem griechischem
Costüme, unter dem lebhaftesten Volksjübel am
Königszelte an, in welchem sich bereits das ge-
sammte diplomatische Corps, die Staatsminister
und die höhern Staatsstellen, dann der Magi-
strat zum Empfange eingefunden hatten. Die
vis a vis dem Königszelte auf der Anhöhe postirten 6
Regimentsmusiken begannen vereinigt die Volkshymne
-- heute begleitet von circa 90 Tambours ( ! ) --
zu spielen. Der Volksjubel wollte sich kaum etwas
legen als von ferne abermals Hoch ertönten,
in welche die Gesammtmasse beim Anblicke des
Herannahens der Königin Marie, ihr zur Seite
die Prinzessin Luitpold, aufs neue rauschend ein-
fiel, so daß sie darüber die Gesammtmusik sammt
ihren 90 Tambours weit übertönte. Nach gegen-
seitig ceremoniellem Empfange begann nun die
von dem König selbst vorgenommene Preisever-
theilung an die Landwirthe ec., während welcher
vorgenanntes, aus 6 Regimentsmusiken bestehendes
Musikkorps, verschiedene Stückweisen aufspielte.
Nach gänzlich beendeter Preisevertheilung begann
das Pferderennen. 20 Rennmeister ließen hiebei
ihre Pferde laufen. Die Rennbahn, welche 1 / 4
deutsche Meile beträgt, wurde, bei sehr nassem
Boden, binnen 12--13 Minuten umritten. Nach
Beendigung des Rennens kehrten König Max mit
dem König Otto, die Königin Marie mit der
Prinzessin Luitpold ec., im Geleite der Landwehr-
Cavallerie unter gleichem Volksjubel und dem
Donner der Kanonen sofort zur Stadt zurück.
Hinter dem Königszelte hatte sich ein vierspänni-
ger mit Gemüsen und Früchten beladener, mit
Guirlanden und Blumen festlich gezierter Wagen
aufgestellt, den die Bamberger Gärtner gleich vor.
Jahre zum Feste gebracht hatten. 4 schmucke
Gärtnerinnen hielten in Körbchen die schönsten
ihrer Früchte, dem hohen Königspaar wohl zuge-
dacht, während einer der mit angekommenen Gärt-
ner den silbernen Pokal, welchen König Max den-
selben vor. Jahr zum Andenken gegeben, zum
Credenz für dasselbe bereit hielt, aber -- leider
mußte dies Vorkommen wohl dem König zu mel-
den entgangen sein, denn noch harrten sie des
Königs, als solcher bereits die Rückfahrt schon
angetreten. -- Die Bamberger entschlossen sich
nun zur Residenz noch zu fahren -- ob sie dort
heute noch vorgekommen, wissen wir nicht. --
Die unzählige Volksmasse, welche sich entlang der
Anhöhe, sowie auf dem Festplatze selbst aufgestellt
hatte, zog sich nach Rückfahrt des Hofes zum
Theil nach den dortigen Wirthsbuden, zum Theil
nach der Stadt zurück. -- Gestern Abend erschien
König Otto an der Seite seines kgl. Bruders
Max und der Königin Marie im Hoftheater und
wurden von dem der Vorstellung der "Jungfrau
von Orleons" zahlreich anwohnenden Publikum
enthusiastisch begrüßt. -- Morgen gehen die
obengenannten Majestäten nach Hohenschwan-
gau zurück, während der König und die
Königin von Sachsen, welche dem heutigen Volks-
feste gleichfalls anwohnten, nach Sachsen zurück-
kehren. -- Die Enthüllung der Bavaria wird,
wenn der Himmel es gestattet am kommenden
Mittwoch stattfinden. -- Fürst von Schwarzen-
berg wird morgen Mittag 11 Uhr nach Bregenz
abreisen, dort dem Kaiser von Oesterreich seine
Aufwartung machen und dann denselben nach
Hohenschwangau begleiten, wohin sich -- neueren
Nachrichten zufolge -- auch König Otto von
Griechenland begeben wird. -- Heute sind Kuriere
von Wien und Frankfurt, direkt an den k. k. Mi-
nisterpräsidenten, Fürsten Schwarzenberg abgesen-
det, hier eingetroffen. Außerdem beehrten den
österr. Diplomaten mehrere hohe Personen mit
ihrem Besuch. -- Morgen findet ein Manöver nach
Neu=Freiman statt, wozu 8 Bataillone Jnfanterie,
6 Eskadronen Cavallerie, 1 fahrende und 1 rei-
tende Batterie Artillerie auszurücken haben. Der
[Spaltenumbruch] Ausmarsch findet bei günstiger Witterung schon
Morgens 6 Uhr statt. -- Vom 10. angefangen,
wird die Jnfanterie wieder bis auf 50 Mann
per Kompagnie beurlaubt.

Blieskastel, 3. Okt. Gestern kam der be-
kannte Christian Zinn, zur Freischaarenzeit Com-
mandant der Sensenmänner, aus Frankreich hier
durch, um sich in Zweibrücken der Staatsbehörde
zu stellen. Wahrscheinlich war es die Noth, welche
ihn zu diesem verzweifelten Schritte gedrängt hat.
Die übrigen politischen Flüchtlinge, welche sich
bisher in der Nähe der Grenze aufhielten, wur-
den kürzlich gezwungen, im Jnnern Frankreichs
ihren Aufenthalt zu nehmen. Nur zwei, König
und Helwig, durften bleiben, der erstere, weil er
sich häuslich niedergelassen, der zweite, weil er
bei einer verheiratheten Tochter lebt. Die übri-
gen, worunter die Herren Didier, Notär Schmidt,
Kötz, Mayer u. a. mußten theils in die Bre-
tagne, theils entschlossen sie sich zur Auswande-
rung nach Amerika.    ( Pf. Z. )

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel 5. Okt. Beschlüsse kurfürstl. General-
auditoriats auf die vom bleibenden landständischen
Anschusse gegen den Generallieutenant v. Haynau
erhobenen Anklagen: Auszug aus dem Jnquisi-
tionsprotokolle des Generalauditoriats. Kassel, am
4. Okt. 1850. Nr. 4240 betreffend die vom
bleibenden landständischen Ausschusse gegen den
Generallieutenant v. Haynau dahier erhobene An-
klage wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt, Ver-
fassungsverletzung und Theilnahme am Hochver-
rath. Beschluß. Dem hiesigen Garnisonsgerichte
wird diese Anklage des bleibenden Ständeaus-
schusses vom 2. d. M. hieneben zugeferdigt und
dabei Nachstehendes eröffnet: Die Anklage hat
zum Gegenstande, daß der Generallieutenant v.
Haynau unter Berufung auf die ihm durch Ver-
ordnungen vom 7. und 28. v. M. beigelegte Ei-
genschaft eines Oberbefehlshabers über den Com-
mandeur der hiesigen Bürgergarde, Seidler, we-
gen verweigerter Anerkennung seiner Autorität
vorbehaltlich weiterer Maßregeln die Suspension
vom Dienste ausgesprochen hat. Jnsofern dem
Generallieutenant von Haynau zu einer solchen,
auf die Bestimmungen des Bürgergardengesetzes
vom 23. Juni 1832 nicht zu gründenden, Hand-
lung die Berechtigung fehlt, würde solche mit
Rücksicht auf die von demselben eingenommene
öffentliche Stellung und die hienach für den Fall
der Nichtbefolgung seiner Anordnungen in Aus-
sicht stehenden Gewaltmaßregeln als eine Verge-
waltigung zu betrachten sein. Eine Berechtigung
des Generallieutenants v. Haynau zu der dem
Bürgergardecommandeur Seidler gegenüber vor-
genommenen Handlung liegt aber nicht vor. Denn,
was zunächst die Verordnung vom 7. v. M. be-
trifft, so ist die Erklärung des Kriegszustandes,
wie die Motive der Verordnung selbst ergeben,
nicht in Folge einer Kriegserklärung gegen ir-
gend einen Feind, sondern nur zur Aufrecht-
haltung der Sicherheit des Staats und der öffent-
lichen Ordnung, mithin als eine auf die innere
Landesverwaltung bezügliche Anordnung erfolgt,
und konnte sonach, in so fern dadurch die ge-
setzlichen Bestimmungen über die Bürgergarden
abgeändert werden sollen, in Ermangelung der
landständischen Zustimmung und, da es sich nicht
um Vollziehung oder Handhabung bestehender
Gesetze handelt, nur auf die Vorschrift des §
95 der Verfassungsurkunde Absatz 2 ( von den
Worten: Auch kann ec. an ) gegründet werden.
Zur Rechtsbeständigkeit einer in der letzteren
Weise zu erlassenden Anordnung gehört aber nicht
nur eine vorausgegangene Erklärung des Ge-
sammtstaatsministeriums, daß die betreffenden
Maßregeln zur Sicherheit des Staats oder zur
Erhaltung der ernstlich bedrohten öffentlichen Ord-
nung wesentlich und unaufschieblich sei, sondern
auch die Zuziehung des ständischen Ausschusses zu
dieser Erklärung, d. h. einstweiligen Supplirung
des landständischen Consenses durch Zustimmung
des Ausschusses. Während das erste Erforder-
[Spaltenumbruch] niß in der Verordnung sich beurkundet findet,
fehlt es an der Beurkundung des zweiten hinge-
gen gänzlich, indem vielmehr das Gegentheil, daß
eine Zustimmung des bleibenden Ständeausschus-
ses nicht stattgefunden habe, in der Verordnung
geradezu gesagt ist. Bei einer solchen Sachlage
kann die Contrasignatur der Minister dem frag-
lichen unzuverständigerweise einseitig erfolgten Er-
lasse allgemeine Vollziehbarkeit nicht sichern. Die
weitere Verordnung vom 28. v. M. schließt nun
zwar jede Cognition über die rechtliche Giltigkeit
oder Wirksamkeit der Verordnung vom 7. v. M.
aus ( § 1 ) , es ist dieser Ausspruch je-
doch nicht rechtsverbindlich. Die Verordnung vom
28. kündigt sich nämlich nicht als eine solche an,
welche mit landständischer Zustimmung erlassen worden
sei, sondern bezieht sich allgemein in dem, dem
§ 1 zunächst vorhergehenden Satze, auf den § 95
der Verfassungsurkunde, dessen Absatz 2 von den
Worten: Auch kann ec. an, hiernach allein in Be-
tracht gezogen werden kann. Es ist nun aber die
Vorschrift des § 95 in Ansehung der bei außer-
ordentlichen Maßregeln vorher erforderlichen Zu-
stimmung des landständischen Ausschusses als beo-
bachtet nicht nachgewiesen, was aus Folgendem
hervorgeht. Nach dem Eingange der Verordnung
vom 7. v. M. hat der bleibende Ständeausschuß
gegen seine Zuziehung zum Erlaß der darin ent-
haltenen Maßregeln allgemeinen Widerspruch ein-
gelegt. Jm Anhange zu der Verordnung vom
28. v. M. aber wird verkündigt, daß der ge-
dachte Ausschuß die von der Ständeversammlung
begonnene Rebellion fortsetze. Nach dem dabei
weiter Angeführten bezieht sich dieser Ausspruch
auf das Verhalten des Ausschusses, den Verord-
nungen vom 4. und 7. v. M. gegenüber. Folge-
weise wird hierdurch dargelegt, daß sich derselbe
mit der Staatsregierung auch hinsichtlich des Er-
lasses der Verordnung vom 28. nicht in Einver-
ständnisse befinde. Denn diese letztere ist gerade
zur Handhabung und Ergänzung der Verordnung
vom 7. v. M. erlassen worden und wenn der
Ausschuß damit einverstanden gewesen wäre, hätte
von seinem Verhalten als von einer fortgesetzt
werdenden Rebellion nicht geredet werden können.
Hiernach steht nicht anzunehmen, daß die in der
Verordnung vom 28. v. M. stattgehabte allge-
meine Beziehung auf den § 95 der Verfassungs-
urkunde den Sinn haben solle, daß eine Zustim-
mung des landständischen Ausschusses zu den frag-
lichen Maßregeln stattgefunden habe. Eine solche
Zustimmung ist deßhalb auch nicht durch die mi-
nisterielle Contrasignatur bezeugt und beurkundet.
Damit stimmt die von dem bleibenden Stände-
ausschusse in glaubhafter Form gemachte Mitthei-
lung über die der vorliegenden Verordnung vor-
ausgegangenen Verhandlungen überein, indem
danach der gedachte Ausschuß seine Theilnahme
an der deßfallsigen Berathung und Beschluß-
fassung geradezu abgelehnt hat. Wäre aber
auch eine Zustimmung des bleibenden Stände-
ausschusses erfolgt, so würde die Verordnung nichts
desto weniger unzuständiger Weise erlassen sein,
weil dieselbe geradezu Bestimmungen der Verfas-
sungsurkunde aufhebt, eine solche Aufhebung aber
nach Maßgabe der im § 153 der Verfassungsur-
kunde enthaltenen Vorschriften nur unter Mitwirk-
ung der Landstände selbst bewirkt werden kann.
Hiernach ist der erhobenen Anklage, in so weit
sie das Vergeben einer Vergewaltigung als indi-
cirt darlegt, stattzugeben und wird demnach dem
Garnisonsgerichte auf den Grund des § 33 der
Militärstrafgerichtsordnung Auftrag ertheilt, die
Untersuchung gegen den genannten Angeklagten,
einzuleiten und hierin das weitere Rechtliche zu
verfügen. 2 ) Dem bleibenden landständischen Aus-
schusse wird hiervon Nachricht ertheilt v. Urff, Ge-
neralmajor. Eichenberg, Generalauditeur. Auszug
aus dem Jnquisitionsprotocolle des Generalaudi-
torats. Kassel, am 4. Oktober 1850 Nr. 432.
Betreffend die von dem permanenten landständi-
schen Ausschusse gegen den Generallieutenant von
Haynau dahier, wegen Auflösung der hiesigen Bür-
gergarde erhobene Anklage. Beschluß: Die Ein-
gabe des bleibenden landständischen Ausschusses vom

[Spaltenumbruch] jener Gegend, von welcher der kgl. Wagen kom-
men mußte. Alsbald verkündeten schon von der
Ferne und immer näher und lauter werdende
Hoch das Herannahen desselben. Von einer Es-
kadr. Cavallerie der k. Landwehr geleitet, langte
König Max, ihm zur Seite König Otto, in
blauem, reich mit Silber gesticktem griechischem
Costüme, unter dem lebhaftesten Volksjübel am
Königszelte an, in welchem sich bereits das ge-
sammte diplomatische Corps, die Staatsminister
und die höhern Staatsstellen, dann der Magi-
strat zum Empfange eingefunden hatten. Die
vis à vis dem Königszelte auf der Anhöhe postirten 6
Regimentsmusiken begannen vereinigt die Volkshymne
-- heute begleitet von circa 90 Tambours ( ! ) --
zu spielen. Der Volksjubel wollte sich kaum etwas
legen als von ferne abermals Hoch ertönten,
in welche die Gesammtmasse beim Anblicke des
Herannahens der Königin Marie, ihr zur Seite
die Prinzessin Luitpold, aufs neue rauschend ein-
fiel, so daß sie darüber die Gesammtmusik sammt
ihren 90 Tambours weit übertönte. Nach gegen-
seitig ceremoniellem Empfange begann nun die
von dem König selbst vorgenommene Preisever-
theilung an die Landwirthe ec., während welcher
vorgenanntes, aus 6 Regimentsmusiken bestehendes
Musikkorps, verschiedene Stückweisen aufspielte.
Nach gänzlich beendeter Preisevertheilung begann
das Pferderennen. 20 Rennmeister ließen hiebei
ihre Pferde laufen. Die Rennbahn, welche 1 / 4
deutsche Meile beträgt, wurde, bei sehr nassem
Boden, binnen 12--13 Minuten umritten. Nach
Beendigung des Rennens kehrten König Max mit
dem König Otto, die Königin Marie mit der
Prinzessin Luitpold ec., im Geleite der Landwehr-
Cavallerie unter gleichem Volksjubel und dem
Donner der Kanonen sofort zur Stadt zurück.
Hinter dem Königszelte hatte sich ein vierspänni-
ger mit Gemüsen und Früchten beladener, mit
Guirlanden und Blumen festlich gezierter Wagen
aufgestellt, den die Bamberger Gärtner gleich vor.
Jahre zum Feste gebracht hatten. 4 schmucke
Gärtnerinnen hielten in Körbchen die schönsten
ihrer Früchte, dem hohen Königspaar wohl zuge-
dacht, während einer der mit angekommenen Gärt-
ner den silbernen Pokal, welchen König Max den-
selben vor. Jahr zum Andenken gegeben, zum
Credenz für dasselbe bereit hielt, aber -- leider
mußte dies Vorkommen wohl dem König zu mel-
den entgangen sein, denn noch harrten sie des
Königs, als solcher bereits die Rückfahrt schon
angetreten. -- Die Bamberger entschlossen sich
nun zur Residenz noch zu fahren -- ob sie dort
heute noch vorgekommen, wissen wir nicht. --
Die unzählige Volksmasse, welche sich entlang der
Anhöhe, sowie auf dem Festplatze selbst aufgestellt
hatte, zog sich nach Rückfahrt des Hofes zum
Theil nach den dortigen Wirthsbuden, zum Theil
nach der Stadt zurück. -- Gestern Abend erschien
König Otto an der Seite seines kgl. Bruders
Max und der Königin Marie im Hoftheater und
wurden von dem der Vorstellung der „Jungfrau
von Orleons“ zahlreich anwohnenden Publikum
enthusiastisch begrüßt. -- Morgen gehen die
obengenannten Majestäten nach Hohenschwan-
gau zurück, während der König und die
Königin von Sachsen, welche dem heutigen Volks-
feste gleichfalls anwohnten, nach Sachsen zurück-
kehren. -- Die Enthüllung der Bavaria wird,
wenn der Himmel es gestattet am kommenden
Mittwoch stattfinden. -- Fürst von Schwarzen-
berg wird morgen Mittag 11 Uhr nach Bregenz
abreisen, dort dem Kaiser von Oesterreich seine
Aufwartung machen und dann denselben nach
Hohenschwangau begleiten, wohin sich -- neueren
Nachrichten zufolge -- auch König Otto von
Griechenland begeben wird. -- Heute sind Kuriere
von Wien und Frankfurt, direkt an den k. k. Mi-
nisterpräsidenten, Fürsten Schwarzenberg abgesen-
det, hier eingetroffen. Außerdem beehrten den
österr. Diplomaten mehrere hohe Personen mit
ihrem Besuch. -- Morgen findet ein Manöver nach
Neu=Freiman statt, wozu 8 Bataillone Jnfanterie,
6 Eskadronen Cavallerie, 1 fahrende und 1 rei-
tende Batterie Artillerie auszurücken haben. Der
[Spaltenumbruch] Ausmarsch findet bei günstiger Witterung schon
Morgens 6 Uhr statt. -- Vom 10. angefangen,
wird die Jnfanterie wieder bis auf 50 Mann
per Kompagnie beurlaubt.

Blieskastel, 3. Okt. Gestern kam der be-
kannte Christian Zinn, zur Freischaarenzeit Com-
mandant der Sensenmänner, aus Frankreich hier
durch, um sich in Zweibrücken der Staatsbehörde
zu stellen. Wahrscheinlich war es die Noth, welche
ihn zu diesem verzweifelten Schritte gedrängt hat.
Die übrigen politischen Flüchtlinge, welche sich
bisher in der Nähe der Grenze aufhielten, wur-
den kürzlich gezwungen, im Jnnern Frankreichs
ihren Aufenthalt zu nehmen. Nur zwei, König
und Helwig, durften bleiben, der erstere, weil er
sich häuslich niedergelassen, der zweite, weil er
bei einer verheiratheten Tochter lebt. Die übri-
gen, worunter die Herren Didier, Notär Schmidt,
Kötz, Mayer u. a. mußten theils in die Bre-
tagne, theils entschlossen sie sich zur Auswande-
rung nach Amerika.    ( Pf. Z. )

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel 5. Okt. Beschlüsse kurfürstl. General-
auditoriats auf die vom bleibenden landständischen
Anschusse gegen den Generallieutenant v. Haynau
erhobenen Anklagen: Auszug aus dem Jnquisi-
tionsprotokolle des Generalauditoriats. Kassel, am
4. Okt. 1850. Nr. 4240 betreffend die vom
bleibenden landständischen Ausschusse gegen den
Generallieutenant v. Haynau dahier erhobene An-
klage wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt, Ver-
fassungsverletzung und Theilnahme am Hochver-
rath. Beschluß. Dem hiesigen Garnisonsgerichte
wird diese Anklage des bleibenden Ständeaus-
schusses vom 2. d. M. hieneben zugeferdigt und
dabei Nachstehendes eröffnet: Die Anklage hat
zum Gegenstande, daß der Generallieutenant v.
Haynau unter Berufung auf die ihm durch Ver-
ordnungen vom 7. und 28. v. M. beigelegte Ei-
genschaft eines Oberbefehlshabers über den Com-
mandeur der hiesigen Bürgergarde, Seidler, we-
gen verweigerter Anerkennung seiner Autorität
vorbehaltlich weiterer Maßregeln die Suspension
vom Dienste ausgesprochen hat. Jnsofern dem
Generallieutenant von Haynau zu einer solchen,
auf die Bestimmungen des Bürgergardengesetzes
vom 23. Juni 1832 nicht zu gründenden, Hand-
lung die Berechtigung fehlt, würde solche mit
Rücksicht auf die von demselben eingenommene
öffentliche Stellung und die hienach für den Fall
der Nichtbefolgung seiner Anordnungen in Aus-
sicht stehenden Gewaltmaßregeln als eine Verge-
waltigung zu betrachten sein. Eine Berechtigung
des Generallieutenants v. Haynau zu der dem
Bürgergardecommandeur Seidler gegenüber vor-
genommenen Handlung liegt aber nicht vor. Denn,
was zunächst die Verordnung vom 7. v. M. be-
trifft, so ist die Erklärung des Kriegszustandes,
wie die Motive der Verordnung selbst ergeben,
nicht in Folge einer Kriegserklärung gegen ir-
gend einen Feind, sondern nur zur Aufrecht-
haltung der Sicherheit des Staats und der öffent-
lichen Ordnung, mithin als eine auf die innere
Landesverwaltung bezügliche Anordnung erfolgt,
und konnte sonach, in so fern dadurch die ge-
setzlichen Bestimmungen über die Bürgergarden
abgeändert werden sollen, in Ermangelung der
landständischen Zustimmung und, da es sich nicht
um Vollziehung oder Handhabung bestehender
Gesetze handelt, nur auf die Vorschrift des §
95 der Verfassungsurkunde Absatz 2 ( von den
Worten: Auch kann ec. an ) gegründet werden.
Zur Rechtsbeständigkeit einer in der letzteren
Weise zu erlassenden Anordnung gehört aber nicht
nur eine vorausgegangene Erklärung des Ge-
sammtstaatsministeriums, daß die betreffenden
Maßregeln zur Sicherheit des Staats oder zur
Erhaltung der ernstlich bedrohten öffentlichen Ord-
nung wesentlich und unaufschieblich sei, sondern
auch die Zuziehung des ständischen Ausschusses zu
dieser Erklärung, d. h. einstweiligen Supplirung
des landständischen Consenses durch Zustimmung
des Ausschusses. Während das erste Erforder-
[Spaltenumbruch] niß in der Verordnung sich beurkundet findet,
fehlt es an der Beurkundung des zweiten hinge-
gen gänzlich, indem vielmehr das Gegentheil, daß
eine Zustimmung des bleibenden Ständeausschus-
ses nicht stattgefunden habe, in der Verordnung
geradezu gesagt ist. Bei einer solchen Sachlage
kann die Contrasignatur der Minister dem frag-
lichen unzuverständigerweise einseitig erfolgten Er-
lasse allgemeine Vollziehbarkeit nicht sichern. Die
weitere Verordnung vom 28. v. M. schließt nun
zwar jede Cognition über die rechtliche Giltigkeit
oder Wirksamkeit der Verordnung vom 7. v. M.
aus ( § 1 ) , es ist dieser Ausspruch je-
doch nicht rechtsverbindlich. Die Verordnung vom
28. kündigt sich nämlich nicht als eine solche an,
welche mit landständischer Zustimmung erlassen worden
sei, sondern bezieht sich allgemein in dem, dem
§ 1 zunächst vorhergehenden Satze, auf den § 95
der Verfassungsurkunde, dessen Absatz 2 von den
Worten: Auch kann ec. an, hiernach allein in Be-
tracht gezogen werden kann. Es ist nun aber die
Vorschrift des § 95 in Ansehung der bei außer-
ordentlichen Maßregeln vorher erforderlichen Zu-
stimmung des landständischen Ausschusses als beo-
bachtet nicht nachgewiesen, was aus Folgendem
hervorgeht. Nach dem Eingange der Verordnung
vom 7. v. M. hat der bleibende Ständeausschuß
gegen seine Zuziehung zum Erlaß der darin ent-
haltenen Maßregeln allgemeinen Widerspruch ein-
gelegt. Jm Anhange zu der Verordnung vom
28. v. M. aber wird verkündigt, daß der ge-
dachte Ausschuß die von der Ständeversammlung
begonnene Rebellion fortsetze. Nach dem dabei
weiter Angeführten bezieht sich dieser Ausspruch
auf das Verhalten des Ausschusses, den Verord-
nungen vom 4. und 7. v. M. gegenüber. Folge-
weise wird hierdurch dargelegt, daß sich derselbe
mit der Staatsregierung auch hinsichtlich des Er-
lasses der Verordnung vom 28. nicht in Einver-
ständnisse befinde. Denn diese letztere ist gerade
zur Handhabung und Ergänzung der Verordnung
vom 7. v. M. erlassen worden und wenn der
Ausschuß damit einverstanden gewesen wäre, hätte
von seinem Verhalten als von einer fortgesetzt
werdenden Rebellion nicht geredet werden können.
Hiernach steht nicht anzunehmen, daß die in der
Verordnung vom 28. v. M. stattgehabte allge-
meine Beziehung auf den § 95 der Verfassungs-
urkunde den Sinn haben solle, daß eine Zustim-
mung des landständischen Ausschusses zu den frag-
lichen Maßregeln stattgefunden habe. Eine solche
Zustimmung ist deßhalb auch nicht durch die mi-
nisterielle Contrasignatur bezeugt und beurkundet.
Damit stimmt die von dem bleibenden Stände-
ausschusse in glaubhafter Form gemachte Mitthei-
lung über die der vorliegenden Verordnung vor-
ausgegangenen Verhandlungen überein, indem
danach der gedachte Ausschuß seine Theilnahme
an der deßfallsigen Berathung und Beschluß-
fassung geradezu abgelehnt hat. Wäre aber
auch eine Zustimmung des bleibenden Stände-
ausschusses erfolgt, so würde die Verordnung nichts
desto weniger unzuständiger Weise erlassen sein,
weil dieselbe geradezu Bestimmungen der Verfas-
sungsurkunde aufhebt, eine solche Aufhebung aber
nach Maßgabe der im § 153 der Verfassungsur-
kunde enthaltenen Vorschriften nur unter Mitwirk-
ung der Landstände selbst bewirkt werden kann.
Hiernach ist der erhobenen Anklage, in so weit
sie das Vergeben einer Vergewaltigung als indi-
cirt darlegt, stattzugeben und wird demnach dem
Garnisonsgerichte auf den Grund des § 33 der
Militärstrafgerichtsordnung Auftrag ertheilt, die
Untersuchung gegen den genannten Angeklagten,
einzuleiten und hierin das weitere Rechtliche zu
verfügen. 2 ) Dem bleibenden landständischen Aus-
schusse wird hiervon Nachricht ertheilt v. Urff, Ge-
neralmajor. Eichenberg, Generalauditeur. Auszug
aus dem Jnquisitionsprotocolle des Generalaudi-
torats. Kassel, am 4. Oktober 1850 Nr. 432.
Betreffend die von dem permanenten landständi-
schen Ausschusse gegen den Generallieutenant von
Haynau dahier, wegen Auflösung der hiesigen Bür-
gergarde erhobene Anklage. Beschluß: Die Ein-
gabe des bleibenden landständischen Ausschusses vom

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[0002] jener Gegend, von welcher der kgl. Wagen kom- men mußte. Alsbald verkündeten schon von der Ferne und immer näher und lauter werdende Hoch das Herannahen desselben. Von einer Es- kadr. Cavallerie der k. Landwehr geleitet, langte König Max, ihm zur Seite König Otto, in blauem, reich mit Silber gesticktem griechischem Costüme, unter dem lebhaftesten Volksjübel am Königszelte an, in welchem sich bereits das ge- sammte diplomatische Corps, die Staatsminister und die höhern Staatsstellen, dann der Magi- strat zum Empfange eingefunden hatten. Die vis à vis dem Königszelte auf der Anhöhe postirten 6 Regimentsmusiken begannen vereinigt die Volkshymne -- heute begleitet von circa 90 Tambours ( ! ) -- zu spielen. Der Volksjubel wollte sich kaum etwas legen als von ferne abermals Hoch ertönten, in welche die Gesammtmasse beim Anblicke des Herannahens der Königin Marie, ihr zur Seite die Prinzessin Luitpold, aufs neue rauschend ein- fiel, so daß sie darüber die Gesammtmusik sammt ihren 90 Tambours weit übertönte. Nach gegen- seitig ceremoniellem Empfange begann nun die von dem König selbst vorgenommene Preisever- theilung an die Landwirthe ec., während welcher vorgenanntes, aus 6 Regimentsmusiken bestehendes Musikkorps, verschiedene Stückweisen aufspielte. Nach gänzlich beendeter Preisevertheilung begann das Pferderennen. 20 Rennmeister ließen hiebei ihre Pferde laufen. Die Rennbahn, welche 1 / 4 deutsche Meile beträgt, wurde, bei sehr nassem Boden, binnen 12--13 Minuten umritten. Nach Beendigung des Rennens kehrten König Max mit dem König Otto, die Königin Marie mit der Prinzessin Luitpold ec., im Geleite der Landwehr- Cavallerie unter gleichem Volksjubel und dem Donner der Kanonen sofort zur Stadt zurück. Hinter dem Königszelte hatte sich ein vierspänni- ger mit Gemüsen und Früchten beladener, mit Guirlanden und Blumen festlich gezierter Wagen aufgestellt, den die Bamberger Gärtner gleich vor. Jahre zum Feste gebracht hatten. 4 schmucke Gärtnerinnen hielten in Körbchen die schönsten ihrer Früchte, dem hohen Königspaar wohl zuge- dacht, während einer der mit angekommenen Gärt- ner den silbernen Pokal, welchen König Max den- selben vor. Jahr zum Andenken gegeben, zum Credenz für dasselbe bereit hielt, aber -- leider mußte dies Vorkommen wohl dem König zu mel- den entgangen sein, denn noch harrten sie des Königs, als solcher bereits die Rückfahrt schon angetreten. -- Die Bamberger entschlossen sich nun zur Residenz noch zu fahren -- ob sie dort heute noch vorgekommen, wissen wir nicht. -- Die unzählige Volksmasse, welche sich entlang der Anhöhe, sowie auf dem Festplatze selbst aufgestellt hatte, zog sich nach Rückfahrt des Hofes zum Theil nach den dortigen Wirthsbuden, zum Theil nach der Stadt zurück. -- Gestern Abend erschien König Otto an der Seite seines kgl. Bruders Max und der Königin Marie im Hoftheater und wurden von dem der Vorstellung der „Jungfrau von Orleons“ zahlreich anwohnenden Publikum enthusiastisch begrüßt. -- Morgen gehen die obengenannten Majestäten nach Hohenschwan- gau zurück, während der König und die Königin von Sachsen, welche dem heutigen Volks- feste gleichfalls anwohnten, nach Sachsen zurück- kehren. -- Die Enthüllung der Bavaria wird, wenn der Himmel es gestattet am kommenden Mittwoch stattfinden. -- Fürst von Schwarzen- berg wird morgen Mittag 11 Uhr nach Bregenz abreisen, dort dem Kaiser von Oesterreich seine Aufwartung machen und dann denselben nach Hohenschwangau begleiten, wohin sich -- neueren Nachrichten zufolge -- auch König Otto von Griechenland begeben wird. -- Heute sind Kuriere von Wien und Frankfurt, direkt an den k. k. Mi- nisterpräsidenten, Fürsten Schwarzenberg abgesen- det, hier eingetroffen. Außerdem beehrten den österr. Diplomaten mehrere hohe Personen mit ihrem Besuch. -- Morgen findet ein Manöver nach Neu=Freiman statt, wozu 8 Bataillone Jnfanterie, 6 Eskadronen Cavallerie, 1 fahrende und 1 rei- tende Batterie Artillerie auszurücken haben. Der Ausmarsch findet bei günstiger Witterung schon Morgens 6 Uhr statt. -- Vom 10. angefangen, wird die Jnfanterie wieder bis auf 50 Mann per Kompagnie beurlaubt. Blieskastel, 3. Okt. Gestern kam der be- kannte Christian Zinn, zur Freischaarenzeit Com- mandant der Sensenmänner, aus Frankreich hier durch, um sich in Zweibrücken der Staatsbehörde zu stellen. Wahrscheinlich war es die Noth, welche ihn zu diesem verzweifelten Schritte gedrängt hat. Die übrigen politischen Flüchtlinge, welche sich bisher in der Nähe der Grenze aufhielten, wur- den kürzlich gezwungen, im Jnnern Frankreichs ihren Aufenthalt zu nehmen. Nur zwei, König und Helwig, durften bleiben, der erstere, weil er sich häuslich niedergelassen, der zweite, weil er bei einer verheiratheten Tochter lebt. Die übri- gen, worunter die Herren Didier, Notär Schmidt, Kötz, Mayer u. a. mußten theils in die Bre- tagne, theils entschlossen sie sich zur Auswande- rung nach Amerika. ( Pf. Z. ) Die Ereignisse in Kurhessen. Kassel 5. Okt. Beschlüsse kurfürstl. General- auditoriats auf die vom bleibenden landständischen Anschusse gegen den Generallieutenant v. Haynau erhobenen Anklagen: Auszug aus dem Jnquisi- tionsprotokolle des Generalauditoriats. Kassel, am 4. Okt. 1850. Nr. 4240 betreffend die vom bleibenden landständischen Ausschusse gegen den Generallieutenant v. Haynau dahier erhobene An- klage wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt, Ver- fassungsverletzung und Theilnahme am Hochver- rath. Beschluß. Dem hiesigen Garnisonsgerichte wird diese Anklage des bleibenden Ständeaus- schusses vom 2. d. M. hieneben zugeferdigt und dabei Nachstehendes eröffnet: Die Anklage hat zum Gegenstande, daß der Generallieutenant v. Haynau unter Berufung auf die ihm durch Ver- ordnungen vom 7. und 28. v. M. beigelegte Ei- genschaft eines Oberbefehlshabers über den Com- mandeur der hiesigen Bürgergarde, Seidler, we- gen verweigerter Anerkennung seiner Autorität vorbehaltlich weiterer Maßregeln die Suspension vom Dienste ausgesprochen hat. Jnsofern dem Generallieutenant von Haynau zu einer solchen, auf die Bestimmungen des Bürgergardengesetzes vom 23. Juni 1832 nicht zu gründenden, Hand- lung die Berechtigung fehlt, würde solche mit Rücksicht auf die von demselben eingenommene öffentliche Stellung und die hienach für den Fall der Nichtbefolgung seiner Anordnungen in Aus- sicht stehenden Gewaltmaßregeln als eine Verge- waltigung zu betrachten sein. Eine Berechtigung des Generallieutenants v. Haynau zu der dem Bürgergardecommandeur Seidler gegenüber vor- genommenen Handlung liegt aber nicht vor. Denn, was zunächst die Verordnung vom 7. v. M. be- trifft, so ist die Erklärung des Kriegszustandes, wie die Motive der Verordnung selbst ergeben, nicht in Folge einer Kriegserklärung gegen ir- gend einen Feind, sondern nur zur Aufrecht- haltung der Sicherheit des Staats und der öffent- lichen Ordnung, mithin als eine auf die innere Landesverwaltung bezügliche Anordnung erfolgt, und konnte sonach, in so fern dadurch die ge- setzlichen Bestimmungen über die Bürgergarden abgeändert werden sollen, in Ermangelung der landständischen Zustimmung und, da es sich nicht um Vollziehung oder Handhabung bestehender Gesetze handelt, nur auf die Vorschrift des § 95 der Verfassungsurkunde Absatz 2 ( von den Worten: Auch kann ec. an ) gegründet werden. Zur Rechtsbeständigkeit einer in der letzteren Weise zu erlassenden Anordnung gehört aber nicht nur eine vorausgegangene Erklärung des Ge- sammtstaatsministeriums, daß die betreffenden Maßregeln zur Sicherheit des Staats oder zur Erhaltung der ernstlich bedrohten öffentlichen Ord- nung wesentlich und unaufschieblich sei, sondern auch die Zuziehung des ständischen Ausschusses zu dieser Erklärung, d. h. einstweiligen Supplirung des landständischen Consenses durch Zustimmung des Ausschusses. Während das erste Erforder- niß in der Verordnung sich beurkundet findet, fehlt es an der Beurkundung des zweiten hinge- gen gänzlich, indem vielmehr das Gegentheil, daß eine Zustimmung des bleibenden Ständeausschus- ses nicht stattgefunden habe, in der Verordnung geradezu gesagt ist. Bei einer solchen Sachlage kann die Contrasignatur der Minister dem frag- lichen unzuverständigerweise einseitig erfolgten Er- lasse allgemeine Vollziehbarkeit nicht sichern. Die weitere Verordnung vom 28. v. M. schließt nun zwar jede Cognition über die rechtliche Giltigkeit oder Wirksamkeit der Verordnung vom 7. v. M. aus ( § 1 ) , es ist dieser Ausspruch je- doch nicht rechtsverbindlich. Die Verordnung vom 28. kündigt sich nämlich nicht als eine solche an, welche mit landständischer Zustimmung erlassen worden sei, sondern bezieht sich allgemein in dem, dem § 1 zunächst vorhergehenden Satze, auf den § 95 der Verfassungsurkunde, dessen Absatz 2 von den Worten: Auch kann ec. an, hiernach allein in Be- tracht gezogen werden kann. Es ist nun aber die Vorschrift des § 95 in Ansehung der bei außer- ordentlichen Maßregeln vorher erforderlichen Zu- stimmung des landständischen Ausschusses als beo- bachtet nicht nachgewiesen, was aus Folgendem hervorgeht. Nach dem Eingange der Verordnung vom 7. v. M. hat der bleibende Ständeausschuß gegen seine Zuziehung zum Erlaß der darin ent- haltenen Maßregeln allgemeinen Widerspruch ein- gelegt. Jm Anhange zu der Verordnung vom 28. v. M. aber wird verkündigt, daß der ge- dachte Ausschuß die von der Ständeversammlung begonnene Rebellion fortsetze. Nach dem dabei weiter Angeführten bezieht sich dieser Ausspruch auf das Verhalten des Ausschusses, den Verord- nungen vom 4. und 7. v. M. gegenüber. Folge- weise wird hierdurch dargelegt, daß sich derselbe mit der Staatsregierung auch hinsichtlich des Er- lasses der Verordnung vom 28. nicht in Einver- ständnisse befinde. Denn diese letztere ist gerade zur Handhabung und Ergänzung der Verordnung vom 7. v. M. erlassen worden und wenn der Ausschuß damit einverstanden gewesen wäre, hätte von seinem Verhalten als von einer fortgesetzt werdenden Rebellion nicht geredet werden können. Hiernach steht nicht anzunehmen, daß die in der Verordnung vom 28. v. M. stattgehabte allge- meine Beziehung auf den § 95 der Verfassungs- urkunde den Sinn haben solle, daß eine Zustim- mung des landständischen Ausschusses zu den frag- lichen Maßregeln stattgefunden habe. Eine solche Zustimmung ist deßhalb auch nicht durch die mi- nisterielle Contrasignatur bezeugt und beurkundet. Damit stimmt die von dem bleibenden Stände- ausschusse in glaubhafter Form gemachte Mitthei- lung über die der vorliegenden Verordnung vor- ausgegangenen Verhandlungen überein, indem danach der gedachte Ausschuß seine Theilnahme an der deßfallsigen Berathung und Beschluß- fassung geradezu abgelehnt hat. Wäre aber auch eine Zustimmung des bleibenden Stände- ausschusses erfolgt, so würde die Verordnung nichts desto weniger unzuständiger Weise erlassen sein, weil dieselbe geradezu Bestimmungen der Verfas- sungsurkunde aufhebt, eine solche Aufhebung aber nach Maßgabe der im § 153 der Verfassungsur- kunde enthaltenen Vorschriften nur unter Mitwirk- ung der Landstände selbst bewirkt werden kann. Hiernach ist der erhobenen Anklage, in so weit sie das Vergeben einer Vergewaltigung als indi- cirt darlegt, stattzugeben und wird demnach dem Garnisonsgerichte auf den Grund des § 33 der Militärstrafgerichtsordnung Auftrag ertheilt, die Untersuchung gegen den genannten Angeklagten, einzuleiten und hierin das weitere Rechtliche zu verfügen. 2 ) Dem bleibenden landständischen Aus- schusse wird hiervon Nachricht ertheilt v. Urff, Ge- neralmajor. Eichenberg, Generalauditeur. Auszug aus dem Jnquisitionsprotocolle des Generalaudi- torats. Kassel, am 4. Oktober 1850 Nr. 432. Betreffend die von dem permanenten landständi- schen Ausschusse gegen den Generallieutenant von Haynau dahier, wegen Auflösung der hiesigen Bür- gergarde erhobene Anklage. Beschluß: Die Ein- gabe des bleibenden landständischen Ausschusses vom

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 241. Würzburg, 8. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische241_1850/2>, abgerufen am 18.04.2024.