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Die Bayerische Presse. Nr. 232. Würzburg, 27. September 1850.

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[Spaltenumbruch] glied des nämlichen Fabrikrathes wollte, wie man
sagt, dieser Tage einen Geschäftsmann in Blies-
kastel vermögen, mit ihm in das Haus des dor-
tigen Pfarrers sich zu begeben, um denselben we-
gen seines gegen Freund Tafel abgegebenen Vo-
tums zu züchtigen, und nur die Vorstellung, daß
man dort von dem ziemlich handfesten Pfarrer
eine schlimme Begrüßung zu erwarten habe, be-
wog den durch seine politische Chamäleonsnatur
zu Zweibrücken bekannten Mann von seinem Vor-
haben abzustehen. Und solche Leute sind es, die
Herrn Tafel Zeugnisse seines Katholicismus aus-
stellen, der Gesammtgeistlichkeit des Bisthumes
gegenüber Ehren=Tafel als einen ächt kirchlichen
Priester darstellen und den Herrn Bischof durch
Drohungen zwingen wollen, gegen Alle zu Gun-
sten des Einen und Einzigen einzuschreiten!

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 25. Sept. Der bleibende landstän-
dische Ausschuß hat heute Morgen folgende Ein-
ladung von Seiten des Ministerium des Jnnern
erhalten: Zum Zwecke der Berathung der auf den
Antrag sämmtlicher Ministerialzustände zu erlassen-
den weiteren, die Handhabung des Kriegszustan-
des betreffenden gesetzlichen Ausnahmemaßregeln
ist eine Sitzung des Gesammtministeriums auf
den 27. d. M., Vormittags 11 Uhr, in dessen
Sitzungszimmer dahier anberaumt worden. Behufs
der durch § 95 der Verfassungsurkunde vorge-
schriebenen Zuziehung des bleibenden landständi-
schen Ausschusses zu der vom Gesammtstaatsmi-
nisterium abzugebenden Erklärung über die We-
sentlichkeit und Unaufschieblichkeit der gedachten,
ungesäumt zu ergreifenden, die Sicherheit des
Staates bezweckenden Maßregeln werden Sie hier-
durch ergebenst eingeladen, sich in der gedachten
Sitzung einzufinden, womit das weitere Ersuchen
verbunden wird, die Eröffnung Jhrer deßfallsigen
Entschließung noch am Tage des Empfangs die-
ser Einladung an den Hofrath von Ende abgeben
zu wollen.

Die Hauptstaatskasse ist vom Finanzminister
Hassenpflug soeben angewiesen worden, keinerlei
Zahlungen mehr zu leisten.

Fulda, 23. Sept. Unsere Landbürgermeister
haben die Verordnung, den Kriegszustand betr.,
meistens unpublicirt gelassen; nur einige wenige
sollen sich durch die Gendarmen, die von ihrem
Commandeur dahier eine besondere Jnstruktion
hierzu erhalten hatten, zur Anklebung der Pla-
cate haben verleiten lassen.

   

Zu den kurhessischen Zuständen. Wört-
lich aus den Verhandlungen des zweiten demokra-
tischen Kongresses zu Berlin ( als Beilage zu den
Volksblättern ausgegeben ) : Sitzung von 27. Okt.
1848: "Es folgen die Berichte der einzelnen
Kreisausschüsse. Bayrhofer für Oberhessen sagt:
"Jn Marburg besteht ein demokratisch = socialer
Verein, ein Verein der Republikaner und eine
Turngemeinde, welche zusammen einen Bezirks-
ausschuß in Marburg gebildet haben. Oberhessen
ist vollständig demokratisirt, hofft von Frankfurt,
dem reaktionären Dorfe, worin Alles zu Nichts
wird, nichts mehr, wartet nur auf die allgemeine
demokratische Republik, welche von den Central-
punkten kommen muß. Auch die Bauern der dor-
tigen Kreise fragen oft, ob die Republik nicht
bald kommen werde. Wir wollen übrigens keine,
als die sociale Republik; wir wollen kein bloßes
Formenwesen! Unter den übrigen Kurhessen ist
Hanau wesentlich demokratisch, auch in Kassel
macht die Demokratie bedeutende Fortschritte."

Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Kiel, 22. Sept. Große Thätigkeit entwickelt
die Kommission des Finanzausschusses, welche mor-
gen ihren Bericht der Versammlung abstatten will.
Es haben sich ihr aber auch ganz enorme Schwie-
rigkeiten entgegengestellt; denn alle Arten von
[Spaltenumbruch] Steuern, Zwangsanleihen, Creirung von Kassen-
anweisungen und andere Finanzoperationen sind so
ziemlich erschöpft, und es ist schwer, wieder etwas
Neues aufzufinden, wodurch gegen 5 Millionen
Mark, welche sich die Statthalterschaft noch ganz
besonders vorbehalten hat. Man hat hin und her
deliberirt und ist aus dem alten Zauberkreis der
"gezwungenen Anleihe", auf den Grund= und
Häuserbesitz und auf das Kapital nicht herausge-
kommen, welche der Versammlung empfohlen wer-
den wird. Mit dieser gezwungenen Anleihe wird
es jedoch schon sehr übel gehen, denn bereits sind
viele Güter und Häuser durch dieses Experiment
so tief verschuldet, daß eine weitere Geldaufnahme
nicht mehr möglich. Man denke aber auch, daß
der Krieg bis jetzt die Summe von 34 Millio-
nen Mark in den Herzogthümern verschlungen,
wovon fast alles von Holstein, mit seinen 330,000
Einwohnern getragen worden ist, denn Schleswig
hat nur Anfangs bis zum Waffenstillstande vom
12. Juli v. J. dazu beigetragen. -- Allgemein
ist man auf den Antrag des Grafen Reventlow-
Farve gespannt, in Betreff der schnellen Anbah-
nung eines Friedens mit Dänemark; derselbe er-
suchte in der letzten Sitzung den Finanzausschuß
um schnelle Berichterstattung, da, bevor er seinen
Antrag stellen könne, er Einsicht in jenen Bericht
haben müsse.

^ Aus Baden, 25. Sept. Gegen Hundert
Mannheimer Bürger sind wegen Theilnahme am
badischen Aufstand unter polizeilicher Aufsicht ge-
stellt worden.

# Vom Oberrhein, 25. Sept. Unlängst war
ein gewisser Johann Schmitt, der sich für einen
politischen Flüchtling aus Luzern, gebürtig aus
Würzburg, ausgab, und mit einem Geleitschein
von der Oberverwaltung des Oberrheins versehen
war, in das Gasthaus zur Traube in Zabern
( Elsaß ) gekommen. Sein interessantes Aeußere
und sein gutes Benehmen verschafften ihm Zu-
tritt. Er versicherte den Wirth, daß seine Fami-
lie ihn nicht lange in dieser mißlichen Lage las-
len und ihm baldigst Geld schicken würde. Er
ließ sich während seines Aufenthaltes das Essen
auf das Zimmer bringen unter dem Vorwande
seine Kleidung sei zu schlecht an die Tafel. Rach-
dem dieser Mensch einige Wochen in dem Wirths-
haus sich aufgehalten, verschwand er eines Mit-
tags und bei näheren Nachforschungen waren ei-
nige Nebenzimmer erbrochen und für mehrere
Hundert Franks Effekten entwendet. Es stellte
sich nachher heraus, daß dieser kein Flüchtling
sondern ein entsprungener Dieb war. Man ist
des Verbrechers jedoch noch nicht habhaft ge-
worden.

Wiesbaden, 23. Sept. Unseren sogenannten
Deutschkatholiken und ihren Führern, Sittenpredi-
ger sich nennend, scheint es jetzt ganz so ergehen
zu wollen, wie den Akteurs in jenen kleineren
Lustspielen, die man mit dem Namen Lokalposse
zu bezeichnen pflegt. Posse und die in derselben
spielenden Akteurs gefallen gewöhnlich nur in ih-
rer Lokalität und da nur so lange, als die an
sich werthlose Posse den Reiz der Neuheit hat,
Posse und Akteus werden einige Zeit beklatscht.
dann aber, da sie nicht mehr gefallen, vom Re-
pertoir gestrichen. Nachdem die für den Deutsch-
katholicismus schwärmenden Protestanten allmälig
den blauen Dunst, den die Helden dieser Sekte
eine kurze Zeit um sich zu verbreiten wußten, von
der Wirklichkeit zu unterscheiden angefangen; nach-
dem sich die Abwesenheit aller festen Grundsätze
in der Sekte und die Hohlheit der Gedanken ih-
rer Führer erkannt, fanden sie sich immer weniger
als Zuschauer bei sogenannter deutschkatholischen
Gottesverehrung ein, so oft auch die Akteurs wech-
selten. Das Schlimmste bei der Sache ist, daß
von da auch die Subsidien von den frühern Ver-
ehrern ausbleiben. Ein vor Kurzem erlassener
phrasenreicher Aufruf zur Subscription von Bei-
trägen hatte schlechten Erfolg. Jn der sehr zu-
sammengeschmolzenen Gemeinde herrscht Zwiespalt.
Die wenigen Besitzenden, welche nun die Last al-
[Spaltenumbruch] lein tragen sollen, suchen sich derselben zu entzie-
hen und in dem Schoße der protestantischen Kirche
sich zu bergen. Mehrere sollen bereits um Auf-
nahme in denselben eingekommen sein. Mit ihrem
famosen Sittenprediger, dem pfaffenfeindlichen Hrn.
Graf haben sich die Häupter überworfen und den-
selben sogar vor Gericht bescheiden lassen. Hr.
Graf scheint hier seine Rolle als Prediger ausge-
spielt zu haben und wird sich bald nach einem an-
dern Erwerb umsehen müssen. Sic transit glo-
ria mundi!

   

Wiesbaden, 25. Sept. Heute, um 11 Uhr
Vormittags, ist die Wiedereröffnung unsers Land-
tags erfolgt. Vorsitzender ist der Abg. Wirth.
Ministerpräsident Wintzingerode empfiehlt zuvör-
derst die Berathung über die rückständigen Bud-
gets und kündigt die Vorlage einer Dienstprag-
matik an. -- Der Abg. Leisler stellt den An-
trag: "Die Kammer zollt der ehrenwerthen Hal-
tung, welche das kurhessische Volk in seinem
Kampf für die Aufrechthaltung der Verfassung an
den Tag legt, volle Anerkennung." Dieser An-
trag wird einstimmig zum Beschluß erhoben.

Schwerin, 22. Sept. Am heutigen Tage
traf ein großer Theil von Mitgliedern der auf-
gelösten Abgeordnetenkammer hier ein. Wie wir
hören, wollten sich die Herren, und zwar jeder
mit seinen politischen Freunden; zunächst als Pri-
vatleute über ihr Verhalten gegenüber dem 24.
ds. berathen. ( Das Staatsgrundgesetz schreibt
nemlich in § 99 vor, daß eine aufgelöste Kam-
mer nach 12 Wochen, vom Tage der Auflösung
an gerechnet, ohne Einberufung wieder zusammen-
treten soll, wenn die Anordnung der neuen Wah-
len unterlassen wird. ) Die Eintreffenden wurden
nun theils schon auf dem Eisenbahnhofe, theils
in den Gasthöfen durch den Polizeiwachtmeister
Behncke aufgesucht und aufgefordert, sich alsbald
im Polizeilokale einzufinden. Dort ist ihnen, mit
Bezug auf ein Ministerialreskript, die Frage vor-
gelegt: ob sie die am 24. d. M. von dem Herrn
M. Wiggers angesetzte Versammlung von frühe-
ren Abgeordneten zu besuchen gedächten, und ist
jedem dabei zugleich angezeigt worden, daß er im
Falle einer nicht klaren Antwort, nach vergeblicher
Wiederholung der Frage, spätestens mit dem ersten
Bahnzuge des nächsten Tages durch Zwangsmaß-
regeln von hier werde entfernt werden. Dasselbe
Präjudiz ist für den Fall angedroht, daß die
Frage bejaht und dann nicht sofort die Nichttheil-
nahme an der Versammlung zugesichert werde.
Nur durch diese Zusicherung ist es Männern wie
dem Landsyndikus Groth=Rostock, den Gutsbe-
sitzern Engel Charlottenthal, Müller=Warnkenha-
gen, Kaufmann Havemann aus Grabow und An-
deren gelungen, sich den weiteren Maßregeln der
Polizei zu entziehen.

   

Schwerin, 23. Sept. Gestern und heute ha-
ben unter den Mitgliedern der für aufgehoben
erklärten Abgeordnetenkammer Besprechungen über
die gegenwärtige faktische und rechtliche Lage der
Dinge stattgefunden und zu dem Endresultate ge-
führt, daß einstimmig die Abgabe einer verwah-
renden Erklärung an das Gesammtministerium
beschlossen und vollzogen worden ist. Da meh-
rere Mitglieder für den Augenblick nicht anwe-
send waren, jedoch gebeten hatten, ihnen die
Theilnahme an der beschlossenen Maßregel mög-
lich zu machen, so wird die Uebergabe der Er-
klärung erst nach Einholung der betreffenden Un-
terschriften erfolgen. Es wird noch gemeldet, daß
heute Nachmittag mehrere im Hotel de Paris
versammelte Mitglieder der Linken ( Moritz Wig-
gers, Kloß, Reinhard, Wendt, Beutler, Zesch,
Meklenburg, Genzke, u. A. ) , nachdem sie einer
Aufforderung des Stadtwachtmeisters Behncke, auf
dem Polizeibureau zu erscheinen, nicht Folge ge-
leistet, durch mehrere Stadtdiener und Gendar-
men dorthin abgeführt sind. Vorher hatten sie
erklärt, als Abgeordnete hier zu sein, und na-
mentlich M. Wiggers die ihn Arretirenden darauf
aufmerksam gemacht, daß sie als solche nicht ver-
haftet werden dürften.

Wien, 23. Sept. Jn unsern politischen Krei-
sen hat die Nachricht, daß Lord Palmerston den

[Spaltenumbruch] glied des nämlichen Fabrikrathes wollte, wie man
sagt, dieser Tage einen Geschäftsmann in Blies-
kastel vermögen, mit ihm in das Haus des dor-
tigen Pfarrers sich zu begeben, um denselben we-
gen seines gegen Freund Tafel abgegebenen Vo-
tums zu züchtigen, und nur die Vorstellung, daß
man dort von dem ziemlich handfesten Pfarrer
eine schlimme Begrüßung zu erwarten habe, be-
wog den durch seine politische Chamäleonsnatur
zu Zweibrücken bekannten Mann von seinem Vor-
haben abzustehen. Und solche Leute sind es, die
Herrn Tafel Zeugnisse seines Katholicismus aus-
stellen, der Gesammtgeistlichkeit des Bisthumes
gegenüber Ehren=Tafel als einen ächt kirchlichen
Priester darstellen und den Herrn Bischof durch
Drohungen zwingen wollen, gegen Alle zu Gun-
sten des Einen und Einzigen einzuschreiten!

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 25. Sept. Der bleibende landstän-
dische Ausschuß hat heute Morgen folgende Ein-
ladung von Seiten des Ministerium des Jnnern
erhalten: Zum Zwecke der Berathung der auf den
Antrag sämmtlicher Ministerialzustände zu erlassen-
den weiteren, die Handhabung des Kriegszustan-
des betreffenden gesetzlichen Ausnahmemaßregeln
ist eine Sitzung des Gesammtministeriums auf
den 27. d. M., Vormittags 11 Uhr, in dessen
Sitzungszimmer dahier anberaumt worden. Behufs
der durch § 95 der Verfassungsurkunde vorge-
schriebenen Zuziehung des bleibenden landständi-
schen Ausschusses zu der vom Gesammtstaatsmi-
nisterium abzugebenden Erklärung über die We-
sentlichkeit und Unaufschieblichkeit der gedachten,
ungesäumt zu ergreifenden, die Sicherheit des
Staates bezweckenden Maßregeln werden Sie hier-
durch ergebenst eingeladen, sich in der gedachten
Sitzung einzufinden, womit das weitere Ersuchen
verbunden wird, die Eröffnung Jhrer deßfallsigen
Entschließung noch am Tage des Empfangs die-
ser Einladung an den Hofrath von Ende abgeben
zu wollen.

Die Hauptstaatskasse ist vom Finanzminister
Hassenpflug soeben angewiesen worden, keinerlei
Zahlungen mehr zu leisten.

Fulda, 23. Sept. Unsere Landbürgermeister
haben die Verordnung, den Kriegszustand betr.,
meistens unpublicirt gelassen; nur einige wenige
sollen sich durch die Gendarmen, die von ihrem
Commandeur dahier eine besondere Jnstruktion
hierzu erhalten hatten, zur Anklebung der Pla-
cate haben verleiten lassen.

   

Zu den kurhessischen Zuständen. Wört-
lich aus den Verhandlungen des zweiten demokra-
tischen Kongresses zu Berlin ( als Beilage zu den
Volksblättern ausgegeben ) : Sitzung von 27. Okt.
1848: „Es folgen die Berichte der einzelnen
Kreisausschüsse. Bayrhofer für Oberhessen sagt:
„Jn Marburg besteht ein demokratisch = socialer
Verein, ein Verein der Republikaner und eine
Turngemeinde, welche zusammen einen Bezirks-
ausschuß in Marburg gebildet haben. Oberhessen
ist vollständig demokratisirt, hofft von Frankfurt,
dem reaktionären Dorfe, worin Alles zu Nichts
wird, nichts mehr, wartet nur auf die allgemeine
demokratische Republik, welche von den Central-
punkten kommen muß. Auch die Bauern der dor-
tigen Kreise fragen oft, ob die Republik nicht
bald kommen werde. Wir wollen übrigens keine,
als die sociale Republik; wir wollen kein bloßes
Formenwesen! Unter den übrigen Kurhessen ist
Hanau wesentlich demokratisch, auch in Kassel
macht die Demokratie bedeutende Fortschritte.“

Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Kiel, 22. Sept. Große Thätigkeit entwickelt
die Kommission des Finanzausschusses, welche mor-
gen ihren Bericht der Versammlung abstatten will.
Es haben sich ihr aber auch ganz enorme Schwie-
rigkeiten entgegengestellt; denn alle Arten von
[Spaltenumbruch] Steuern, Zwangsanleihen, Creirung von Kassen-
anweisungen und andere Finanzoperationen sind so
ziemlich erschöpft, und es ist schwer, wieder etwas
Neues aufzufinden, wodurch gegen 5 Millionen
Mark, welche sich die Statthalterschaft noch ganz
besonders vorbehalten hat. Man hat hin und her
deliberirt und ist aus dem alten Zauberkreis der
„gezwungenen Anleihe“, auf den Grund= und
Häuserbesitz und auf das Kapital nicht herausge-
kommen, welche der Versammlung empfohlen wer-
den wird. Mit dieser gezwungenen Anleihe wird
es jedoch schon sehr übel gehen, denn bereits sind
viele Güter und Häuser durch dieses Experiment
so tief verschuldet, daß eine weitere Geldaufnahme
nicht mehr möglich. Man denke aber auch, daß
der Krieg bis jetzt die Summe von 34 Millio-
nen Mark in den Herzogthümern verschlungen,
wovon fast alles von Holstein, mit seinen 330,000
Einwohnern getragen worden ist, denn Schleswig
hat nur Anfangs bis zum Waffenstillstande vom
12. Juli v. J. dazu beigetragen. -- Allgemein
ist man auf den Antrag des Grafen Reventlow-
Farve gespannt, in Betreff der schnellen Anbah-
nung eines Friedens mit Dänemark; derselbe er-
suchte in der letzten Sitzung den Finanzausschuß
um schnelle Berichterstattung, da, bevor er seinen
Antrag stellen könne, er Einsicht in jenen Bericht
haben müsse.

△ Aus Baden, 25. Sept. Gegen Hundert
Mannheimer Bürger sind wegen Theilnahme am
badischen Aufstand unter polizeilicher Aufsicht ge-
stellt worden.

□ Vom Oberrhein, 25. Sept. Unlängst war
ein gewisser Johann Schmitt, der sich für einen
politischen Flüchtling aus Luzern, gebürtig aus
Würzburg, ausgab, und mit einem Geleitschein
von der Oberverwaltung des Oberrheins versehen
war, in das Gasthaus zur Traube in Zabern
( Elsaß ) gekommen. Sein interessantes Aeußere
und sein gutes Benehmen verschafften ihm Zu-
tritt. Er versicherte den Wirth, daß seine Fami-
lie ihn nicht lange in dieser mißlichen Lage las-
len und ihm baldigst Geld schicken würde. Er
ließ sich während seines Aufenthaltes das Essen
auf das Zimmer bringen unter dem Vorwande
seine Kleidung sei zu schlecht an die Tafel. Rach-
dem dieser Mensch einige Wochen in dem Wirths-
haus sich aufgehalten, verschwand er eines Mit-
tags und bei näheren Nachforschungen waren ei-
nige Nebenzimmer erbrochen und für mehrere
Hundert Franks Effekten entwendet. Es stellte
sich nachher heraus, daß dieser kein Flüchtling
sondern ein entsprungener Dieb war. Man ist
des Verbrechers jedoch noch nicht habhaft ge-
worden.

Wiesbaden, 23. Sept. Unseren sogenannten
Deutschkatholiken und ihren Führern, Sittenpredi-
ger sich nennend, scheint es jetzt ganz so ergehen
zu wollen, wie den Akteurs in jenen kleineren
Lustspielen, die man mit dem Namen Lokalposse
zu bezeichnen pflegt. Posse und die in derselben
spielenden Akteurs gefallen gewöhnlich nur in ih-
rer Lokalität und da nur so lange, als die an
sich werthlose Posse den Reiz der Neuheit hat,
Posse und Akteus werden einige Zeit beklatscht.
dann aber, da sie nicht mehr gefallen, vom Re-
pertoir gestrichen. Nachdem die für den Deutsch-
katholicismus schwärmenden Protestanten allmälig
den blauen Dunst, den die Helden dieser Sekte
eine kurze Zeit um sich zu verbreiten wußten, von
der Wirklichkeit zu unterscheiden angefangen; nach-
dem sich die Abwesenheit aller festen Grundsätze
in der Sekte und die Hohlheit der Gedanken ih-
rer Führer erkannt, fanden sie sich immer weniger
als Zuschauer bei sogenannter deutschkatholischen
Gottesverehrung ein, so oft auch die Akteurs wech-
selten. Das Schlimmste bei der Sache ist, daß
von da auch die Subsidien von den frühern Ver-
ehrern ausbleiben. Ein vor Kurzem erlassener
phrasenreicher Aufruf zur Subscription von Bei-
trägen hatte schlechten Erfolg. Jn der sehr zu-
sammengeschmolzenen Gemeinde herrscht Zwiespalt.
Die wenigen Besitzenden, welche nun die Last al-
[Spaltenumbruch] lein tragen sollen, suchen sich derselben zu entzie-
hen und in dem Schoße der protestantischen Kirche
sich zu bergen. Mehrere sollen bereits um Auf-
nahme in denselben eingekommen sein. Mit ihrem
famosen Sittenprediger, dem pfaffenfeindlichen Hrn.
Graf haben sich die Häupter überworfen und den-
selben sogar vor Gericht bescheiden lassen. Hr.
Graf scheint hier seine Rolle als Prediger ausge-
spielt zu haben und wird sich bald nach einem an-
dern Erwerb umsehen müssen. Sic transit glo-
ria mundi!

   

Wiesbaden, 25. Sept. Heute, um 11 Uhr
Vormittags, ist die Wiedereröffnung unsers Land-
tags erfolgt. Vorsitzender ist der Abg. Wirth.
Ministerpräsident Wintzingerode empfiehlt zuvör-
derst die Berathung über die rückständigen Bud-
gets und kündigt die Vorlage einer Dienstprag-
matik an. -- Der Abg. Leisler stellt den An-
trag: „Die Kammer zollt der ehrenwerthen Hal-
tung, welche das kurhessische Volk in seinem
Kampf für die Aufrechthaltung der Verfassung an
den Tag legt, volle Anerkennung.“ Dieser An-
trag wird einstimmig zum Beschluß erhoben.

Schwerin, 22. Sept. Am heutigen Tage
traf ein großer Theil von Mitgliedern der auf-
gelösten Abgeordnetenkammer hier ein. Wie wir
hören, wollten sich die Herren, und zwar jeder
mit seinen politischen Freunden; zunächst als Pri-
vatleute über ihr Verhalten gegenüber dem 24.
ds. berathen. ( Das Staatsgrundgesetz schreibt
nemlich in § 99 vor, daß eine aufgelöste Kam-
mer nach 12 Wochen, vom Tage der Auflösung
an gerechnet, ohne Einberufung wieder zusammen-
treten soll, wenn die Anordnung der neuen Wah-
len unterlassen wird. ) Die Eintreffenden wurden
nun theils schon auf dem Eisenbahnhofe, theils
in den Gasthöfen durch den Polizeiwachtmeister
Behncke aufgesucht und aufgefordert, sich alsbald
im Polizeilokale einzufinden. Dort ist ihnen, mit
Bezug auf ein Ministerialreskript, die Frage vor-
gelegt: ob sie die am 24. d. M. von dem Herrn
M. Wiggers angesetzte Versammlung von frühe-
ren Abgeordneten zu besuchen gedächten, und ist
jedem dabei zugleich angezeigt worden, daß er im
Falle einer nicht klaren Antwort, nach vergeblicher
Wiederholung der Frage, spätestens mit dem ersten
Bahnzuge des nächsten Tages durch Zwangsmaß-
regeln von hier werde entfernt werden. Dasselbe
Präjudiz ist für den Fall angedroht, daß die
Frage bejaht und dann nicht sofort die Nichttheil-
nahme an der Versammlung zugesichert werde.
Nur durch diese Zusicherung ist es Männern wie
dem Landsyndikus Groth=Rostock, den Gutsbe-
sitzern Engel Charlottenthal, Müller=Warnkenha-
gen, Kaufmann Havemann aus Grabow und An-
deren gelungen, sich den weiteren Maßregeln der
Polizei zu entziehen.

   

Schwerin, 23. Sept. Gestern und heute ha-
ben unter den Mitgliedern der für aufgehoben
erklärten Abgeordnetenkammer Besprechungen über
die gegenwärtige faktische und rechtliche Lage der
Dinge stattgefunden und zu dem Endresultate ge-
führt, daß einstimmig die Abgabe einer verwah-
renden Erklärung an das Gesammtministerium
beschlossen und vollzogen worden ist. Da meh-
rere Mitglieder für den Augenblick nicht anwe-
send waren, jedoch gebeten hatten, ihnen die
Theilnahme an der beschlossenen Maßregel mög-
lich zu machen, so wird die Uebergabe der Er-
klärung erst nach Einholung der betreffenden Un-
terschriften erfolgen. Es wird noch gemeldet, daß
heute Nachmittag mehrere im Hotel de Paris
versammelte Mitglieder der Linken ( Moritz Wig-
gers, Kloß, Reinhard, Wendt, Beutler, Zesch,
Meklenburg, Genzke, u. A. ) , nachdem sie einer
Aufforderung des Stadtwachtmeisters Behncke, auf
dem Polizeibureau zu erscheinen, nicht Folge ge-
leistet, durch mehrere Stadtdiener und Gendar-
men dorthin abgeführt sind. Vorher hatten sie
erklärt, als Abgeordnete hier zu sein, und na-
mentlich M. Wiggers die ihn Arretirenden darauf
aufmerksam gemacht, daß sie als solche nicht ver-
haftet werden dürften.

Wien, 23. Sept. Jn unsern politischen Krei-
sen hat die Nachricht, daß Lord Palmerston den

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[0002] glied des nämlichen Fabrikrathes wollte, wie man sagt, dieser Tage einen Geschäftsmann in Blies- kastel vermögen, mit ihm in das Haus des dor- tigen Pfarrers sich zu begeben, um denselben we- gen seines gegen Freund Tafel abgegebenen Vo- tums zu züchtigen, und nur die Vorstellung, daß man dort von dem ziemlich handfesten Pfarrer eine schlimme Begrüßung zu erwarten habe, be- wog den durch seine politische Chamäleonsnatur zu Zweibrücken bekannten Mann von seinem Vor- haben abzustehen. Und solche Leute sind es, die Herrn Tafel Zeugnisse seines Katholicismus aus- stellen, der Gesammtgeistlichkeit des Bisthumes gegenüber Ehren=Tafel als einen ächt kirchlichen Priester darstellen und den Herrn Bischof durch Drohungen zwingen wollen, gegen Alle zu Gun- sten des Einen und Einzigen einzuschreiten! Die Ereignisse in Kurhessen. Kassel, 25. Sept. Der bleibende landstän- dische Ausschuß hat heute Morgen folgende Ein- ladung von Seiten des Ministerium des Jnnern erhalten: Zum Zwecke der Berathung der auf den Antrag sämmtlicher Ministerialzustände zu erlassen- den weiteren, die Handhabung des Kriegszustan- des betreffenden gesetzlichen Ausnahmemaßregeln ist eine Sitzung des Gesammtministeriums auf den 27. d. M., Vormittags 11 Uhr, in dessen Sitzungszimmer dahier anberaumt worden. Behufs der durch § 95 der Verfassungsurkunde vorge- schriebenen Zuziehung des bleibenden landständi- schen Ausschusses zu der vom Gesammtstaatsmi- nisterium abzugebenden Erklärung über die We- sentlichkeit und Unaufschieblichkeit der gedachten, ungesäumt zu ergreifenden, die Sicherheit des Staates bezweckenden Maßregeln werden Sie hier- durch ergebenst eingeladen, sich in der gedachten Sitzung einzufinden, womit das weitere Ersuchen verbunden wird, die Eröffnung Jhrer deßfallsigen Entschließung noch am Tage des Empfangs die- ser Einladung an den Hofrath von Ende abgeben zu wollen. Wilhelmsbad, 24. Sept. 1850. Kur- fürstliches Ministerium des Jnnern. ( gez. ) Has- senpflug. Die Hauptstaatskasse ist vom Finanzminister Hassenpflug soeben angewiesen worden, keinerlei Zahlungen mehr zu leisten. Fulda, 23. Sept. Unsere Landbürgermeister haben die Verordnung, den Kriegszustand betr., meistens unpublicirt gelassen; nur einige wenige sollen sich durch die Gendarmen, die von ihrem Commandeur dahier eine besondere Jnstruktion hierzu erhalten hatten, zur Anklebung der Pla- cate haben verleiten lassen. ( N. H. Z. ) Zu den kurhessischen Zuständen. Wört- lich aus den Verhandlungen des zweiten demokra- tischen Kongresses zu Berlin ( als Beilage zu den Volksblättern ausgegeben ) : Sitzung von 27. Okt. 1848: „Es folgen die Berichte der einzelnen Kreisausschüsse. Bayrhofer für Oberhessen sagt: „Jn Marburg besteht ein demokratisch = socialer Verein, ein Verein der Republikaner und eine Turngemeinde, welche zusammen einen Bezirks- ausschuß in Marburg gebildet haben. Oberhessen ist vollständig demokratisirt, hofft von Frankfurt, dem reaktionären Dorfe, worin Alles zu Nichts wird, nichts mehr, wartet nur auf die allgemeine demokratische Republik, welche von den Central- punkten kommen muß. Auch die Bauern der dor- tigen Kreise fragen oft, ob die Republik nicht bald kommen werde. Wir wollen übrigens keine, als die sociale Republik; wir wollen kein bloßes Formenwesen! Unter den übrigen Kurhessen ist Hanau wesentlich demokratisch, auch in Kassel macht die Demokratie bedeutende Fortschritte.“ Schleswig=holsteinische Ange- legenheiten . Kiel, 22. Sept. Große Thätigkeit entwickelt die Kommission des Finanzausschusses, welche mor- gen ihren Bericht der Versammlung abstatten will. Es haben sich ihr aber auch ganz enorme Schwie- rigkeiten entgegengestellt; denn alle Arten von Steuern, Zwangsanleihen, Creirung von Kassen- anweisungen und andere Finanzoperationen sind so ziemlich erschöpft, und es ist schwer, wieder etwas Neues aufzufinden, wodurch gegen 5 Millionen Mark, welche sich die Statthalterschaft noch ganz besonders vorbehalten hat. Man hat hin und her deliberirt und ist aus dem alten Zauberkreis der „gezwungenen Anleihe“, auf den Grund= und Häuserbesitz und auf das Kapital nicht herausge- kommen, welche der Versammlung empfohlen wer- den wird. Mit dieser gezwungenen Anleihe wird es jedoch schon sehr übel gehen, denn bereits sind viele Güter und Häuser durch dieses Experiment so tief verschuldet, daß eine weitere Geldaufnahme nicht mehr möglich. Man denke aber auch, daß der Krieg bis jetzt die Summe von 34 Millio- nen Mark in den Herzogthümern verschlungen, wovon fast alles von Holstein, mit seinen 330,000 Einwohnern getragen worden ist, denn Schleswig hat nur Anfangs bis zum Waffenstillstande vom 12. Juli v. J. dazu beigetragen. -- Allgemein ist man auf den Antrag des Grafen Reventlow- Farve gespannt, in Betreff der schnellen Anbah- nung eines Friedens mit Dänemark; derselbe er- suchte in der letzten Sitzung den Finanzausschuß um schnelle Berichterstattung, da, bevor er seinen Antrag stellen könne, er Einsicht in jenen Bericht haben müsse. △ Aus Baden, 25. Sept. Gegen Hundert Mannheimer Bürger sind wegen Theilnahme am badischen Aufstand unter polizeilicher Aufsicht ge- stellt worden. □ Vom Oberrhein, 25. Sept. Unlängst war ein gewisser Johann Schmitt, der sich für einen politischen Flüchtling aus Luzern, gebürtig aus Würzburg, ausgab, und mit einem Geleitschein von der Oberverwaltung des Oberrheins versehen war, in das Gasthaus zur Traube in Zabern ( Elsaß ) gekommen. Sein interessantes Aeußere und sein gutes Benehmen verschafften ihm Zu- tritt. Er versicherte den Wirth, daß seine Fami- lie ihn nicht lange in dieser mißlichen Lage las- len und ihm baldigst Geld schicken würde. Er ließ sich während seines Aufenthaltes das Essen auf das Zimmer bringen unter dem Vorwande seine Kleidung sei zu schlecht an die Tafel. Rach- dem dieser Mensch einige Wochen in dem Wirths- haus sich aufgehalten, verschwand er eines Mit- tags und bei näheren Nachforschungen waren ei- nige Nebenzimmer erbrochen und für mehrere Hundert Franks Effekten entwendet. Es stellte sich nachher heraus, daß dieser kein Flüchtling sondern ein entsprungener Dieb war. Man ist des Verbrechers jedoch noch nicht habhaft ge- worden. Wiesbaden, 23. Sept. Unseren sogenannten Deutschkatholiken und ihren Führern, Sittenpredi- ger sich nennend, scheint es jetzt ganz so ergehen zu wollen, wie den Akteurs in jenen kleineren Lustspielen, die man mit dem Namen Lokalposse zu bezeichnen pflegt. Posse und die in derselben spielenden Akteurs gefallen gewöhnlich nur in ih- rer Lokalität und da nur so lange, als die an sich werthlose Posse den Reiz der Neuheit hat, Posse und Akteus werden einige Zeit beklatscht. dann aber, da sie nicht mehr gefallen, vom Re- pertoir gestrichen. Nachdem die für den Deutsch- katholicismus schwärmenden Protestanten allmälig den blauen Dunst, den die Helden dieser Sekte eine kurze Zeit um sich zu verbreiten wußten, von der Wirklichkeit zu unterscheiden angefangen; nach- dem sich die Abwesenheit aller festen Grundsätze in der Sekte und die Hohlheit der Gedanken ih- rer Führer erkannt, fanden sie sich immer weniger als Zuschauer bei sogenannter deutschkatholischen Gottesverehrung ein, so oft auch die Akteurs wech- selten. Das Schlimmste bei der Sache ist, daß von da auch die Subsidien von den frühern Ver- ehrern ausbleiben. Ein vor Kurzem erlassener phrasenreicher Aufruf zur Subscription von Bei- trägen hatte schlechten Erfolg. Jn der sehr zu- sammengeschmolzenen Gemeinde herrscht Zwiespalt. Die wenigen Besitzenden, welche nun die Last al- lein tragen sollen, suchen sich derselben zu entzie- hen und in dem Schoße der protestantischen Kirche sich zu bergen. Mehrere sollen bereits um Auf- nahme in denselben eingekommen sein. Mit ihrem famosen Sittenprediger, dem pfaffenfeindlichen Hrn. Graf haben sich die Häupter überworfen und den- selben sogar vor Gericht bescheiden lassen. Hr. Graf scheint hier seine Rolle als Prediger ausge- spielt zu haben und wird sich bald nach einem an- dern Erwerb umsehen müssen. Sic transit glo- ria mundi! ( M. J. ) Wiesbaden, 25. Sept. Heute, um 11 Uhr Vormittags, ist die Wiedereröffnung unsers Land- tags erfolgt. Vorsitzender ist der Abg. Wirth. Ministerpräsident Wintzingerode empfiehlt zuvör- derst die Berathung über die rückständigen Bud- gets und kündigt die Vorlage einer Dienstprag- matik an. -- Der Abg. Leisler stellt den An- trag: „Die Kammer zollt der ehrenwerthen Hal- tung, welche das kurhessische Volk in seinem Kampf für die Aufrechthaltung der Verfassung an den Tag legt, volle Anerkennung.“ Dieser An- trag wird einstimmig zum Beschluß erhoben. Schwerin, 22. Sept. Am heutigen Tage traf ein großer Theil von Mitgliedern der auf- gelösten Abgeordnetenkammer hier ein. Wie wir hören, wollten sich die Herren, und zwar jeder mit seinen politischen Freunden; zunächst als Pri- vatleute über ihr Verhalten gegenüber dem 24. ds. berathen. ( Das Staatsgrundgesetz schreibt nemlich in § 99 vor, daß eine aufgelöste Kam- mer nach 12 Wochen, vom Tage der Auflösung an gerechnet, ohne Einberufung wieder zusammen- treten soll, wenn die Anordnung der neuen Wah- len unterlassen wird. ) Die Eintreffenden wurden nun theils schon auf dem Eisenbahnhofe, theils in den Gasthöfen durch den Polizeiwachtmeister Behncke aufgesucht und aufgefordert, sich alsbald im Polizeilokale einzufinden. Dort ist ihnen, mit Bezug auf ein Ministerialreskript, die Frage vor- gelegt: ob sie die am 24. d. M. von dem Herrn M. Wiggers angesetzte Versammlung von frühe- ren Abgeordneten zu besuchen gedächten, und ist jedem dabei zugleich angezeigt worden, daß er im Falle einer nicht klaren Antwort, nach vergeblicher Wiederholung der Frage, spätestens mit dem ersten Bahnzuge des nächsten Tages durch Zwangsmaß- regeln von hier werde entfernt werden. Dasselbe Präjudiz ist für den Fall angedroht, daß die Frage bejaht und dann nicht sofort die Nichttheil- nahme an der Versammlung zugesichert werde. Nur durch diese Zusicherung ist es Männern wie dem Landsyndikus Groth=Rostock, den Gutsbe- sitzern Engel Charlottenthal, Müller=Warnkenha- gen, Kaufmann Havemann aus Grabow und An- deren gelungen, sich den weiteren Maßregeln der Polizei zu entziehen. ( Meckl. Ztg. ) Schwerin, 23. Sept. Gestern und heute ha- ben unter den Mitgliedern der für aufgehoben erklärten Abgeordnetenkammer Besprechungen über die gegenwärtige faktische und rechtliche Lage der Dinge stattgefunden und zu dem Endresultate ge- führt, daß einstimmig die Abgabe einer verwah- renden Erklärung an das Gesammtministerium beschlossen und vollzogen worden ist. Da meh- rere Mitglieder für den Augenblick nicht anwe- send waren, jedoch gebeten hatten, ihnen die Theilnahme an der beschlossenen Maßregel mög- lich zu machen, so wird die Uebergabe der Er- klärung erst nach Einholung der betreffenden Un- terschriften erfolgen. Es wird noch gemeldet, daß heute Nachmittag mehrere im Hotel de Paris versammelte Mitglieder der Linken ( Moritz Wig- gers, Kloß, Reinhard, Wendt, Beutler, Zesch, Meklenburg, Genzke, u. A. ) , nachdem sie einer Aufforderung des Stadtwachtmeisters Behncke, auf dem Polizeibureau zu erscheinen, nicht Folge ge- leistet, durch mehrere Stadtdiener und Gendar- men dorthin abgeführt sind. Vorher hatten sie erklärt, als Abgeordnete hier zu sein, und na- mentlich M. Wiggers die ihn Arretirenden darauf aufmerksam gemacht, daß sie als solche nicht ver- haftet werden dürften. Wien, 23. Sept. Jn unsern politischen Krei- sen hat die Nachricht, daß Lord Palmerston den

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 232. Würzburg, 27. September 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische232_1850/2>, abgerufen am 18.04.2024.