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Die Bayerische Presse. Nr. 138. Würzburg, 10. Juni 1850.

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[Spaltenumbruch] lassen habe. -- Schluß der Sitzung nach halb
2 Uhr.

Deutschland.

# München, 6. Juni. Die Politik Preu-
ßens erregt hier bei allen Vaterlandsfreunden tie-
fen Schmerz. Man wird durch dieselbe unwill-
kührlich an die Zeiten der Schmach erinnert, de-
ren Gedächtniß kaum durch den Befreiungskrieg
verwischt worden ist. Preußen hatte die Zeit der
Noth Oesterreichs, als dieses mit Feinden rings-
um zu kämpfen und von Deutschland keine Hülfe
zu erwarten hatte, benutzt, sich nach " Arrondi-
rung " auf Kosten der deutschen Einheit umzuthun.
Als endlich Oesterreich sich die äußere Feinde vom
Halse geschafft und im Jnnern reorganisirt hatte,
was mit einem beispiellosen Aufwand an geistiger
und materieller Kraft geschehen, wandte es sich zu
Deutschlands wichtigster Angelegenheit und suchte
dieses, das unterdessen nicht an Einigkeit zugenom-
men hatte, in beiderseitigem Jnteresse durch engere
Bande mit sich zu vereinigen. Die Verhandlun-
gen mit Preußen führten zu keinem Ziele. Die
Münchener Uebereinkunft wurde nur von einem
Theile der deutschen Staaten unterzeichnet. Es
handelte sich aber um die Befestigung eines ganz
Deutschland umschließenden Bandes. Oesterreich
blieb daher in seinem Streben nach jenem Ziele
nichts anderes mehr übrig, als die Berufung des
Frankfurter Congresses. Nachdem alle anderen
Formen staatsrechtlicher Verhandlungen zu keinem
Refultate geführt hatten, war nur noch die übrig
geblieben, die, obgleich in keinem guten Angeden-
ken stehend, doch wenigstens noch eine durch eine
lange Reihe von Vorgängen und durch zum Theil
noch bestehende Rechte und Gewohnheiten, bei der
obwaltenden Lage der Dinge die einzig mögliche
erschien. Die preußische Presse und deren Anhang
machte Oesterreich den Vorwurf, es wolle den
alten Bundestag wieder herstellen, und zwar de-
finitiv herstellen. Als es verlautet, Oesterreich
werde, wenn auch der Frankfurter Congreß zu kei-
nem Ziele führe, sämmtliche Unterzeichner der
Wiener=Congreßakte zur Ordnung der deutsch=eu-
ropäischen Verhältnisse -- und für Oesterreich ist
sein Verhältniß zu Deutschland eine europäische,
nicht bloß eine österreichisch=deutsche Angelegenheit
-- zu einer Conferenz einladen, wußte Preußens
Presse es wieder auf die mannigfachste Weise zu
verdächtigen, und es besonders des Verrathes
Deutschlands an ausländische Jnteressen zu be-
zichtigen. Jetzt geht aber dasselbe Preußen, be-
vor
Oesterreich jener Nothwendigkeit gewichen
wäre, und bringt die deutschen Angelegenheiten
vor das einseitige Forum einer ausländischen
Macht und noch dazu derjenigen, die Deutschland
mit vollem Recht als die ihm feindseligste zu be-
trachten hat, vor das Forum Rußlands. Und
die ministerielle "Deutsche Reform" nennt die
( vorlänfig wohl noch bloß angebliche ) Zustimmung
Rußlands zu der Oesterreich feindseligen Politik
Preußens eine erfreuliche Nachricht." Zugleich
rüstet Preußen im ausgedehntesten Maßstab.
Wenn wir auch das Allermindesten annehmen,
daß jene Rüstungen nicht Oesterreich gelten, son-
dern vielleicht Frankreich, wozu es aber wirklich
einen starken und gutmüthigen Glauben braucht,
so bleibt es aber doch unläugbar, daß das preu-
ßische Heer sich auf einen Krieg gegen Oesterreich
und nicht gegen Frankreich freut. Diese Freude
des Heeres und jene Freude der ministeriellen
Presse über das Zunicken Rußlands find das nun
etwa Beweise, daß es Preußen aufrichtig mit
Deutschland meint, daß es, wie es so lange hieß,
in Deutschland aufgehen wolle? Will Preußen
ein großes Deutschland, oder ein großes Preußen?
Soll Preußen in Deutschland, oder Deutschland
in Preußen ( und Rußland! ) aufgehen? --

München, 7. Juni. Die hiesigen Jnfanterie-
Regimenter haben täglich 100 Mann zum Patro-
nenmachen abzugeben, da in kürzester Zeit zwei
Millionen Stück scharfe Patronen angefertigt sein
müssen. -- Der zweite Ausschuß der Kammer
der Abgeordneten wird nächster Tage mit den
[Spaltenumbruch] Berathungen über das Budget zum Schlusse ge-
langen.

Zweibrücken, 5. Juni. Am 3. d., Abends
nach Feierabend, wollte ein bejahrter Maurer nach
dem nahen Dörfchen Jrheim, seinem Wohnorte,
gehen. Er war ein Veteran der ehemal. französ.
Armee unter dem Kaiserreich. Das Dach an dem
Gebäude, woran er in der Stadt arbeitete, wurde
an diesem Tage aufgeschlagen und die Arbeiter,
üblicher Weise, von dem Banherrn regalirt. Hei-
ter im Geiste sang er sein französ. Lied, wozu
ihm zufällig ein kleiner Junge auf der Mundhar-
monika accompagnirte. Unterwegs begegneten ihm
einige Chevauxlegers, denen der Gesang verdäch-
tig vorkommen mußte, denn sie rissen von einem
in der Nähe befindlichen Thore Planken heraus
und maltraitirten den Hilflosen der Art, daß er
in Folge der Verwundungen am Kopfe und der
eingetretenen Brust heute, zum Jammer seiner
fünf armen Kinder, starb.

   

Frankfurt, 8. Juni. Die Zahl der hier be-
reits anwesenden Bevollmächtigten zum Staaten-
Congresse ist durch die Ankunft des Hrn. Lega-
tionsraths Dr. Liebe ( für Braunschweig, resp.
Oldenburg ) vermehrt worden. -- Auf der Rück-
reise von Kassel nach Darmstadt hat Se. k. Hoh.
der Großherzog von Hessen gestern die hiesige
Stadt berührt.

   

Oberingelheim, 7. Juni. Einem Jsraeliten
wurde von mehreren "Bürgern" am Pfingfimon-
tage zugerufen: "Was er zum Besten gebe!"
und da er keine Antwort gab, wurde ihm über-
aus bürgerfreundlich bedeutet: "Jn zwei Mona-
ten gibst du unverlangt Alles, oder wir gehen
hinter dich." Auf eine deßfallsige Beschwerde bei
einem Führer unserer Rothen, erwiderte derselbe:
"Die Juden sind ein schlechtes Volk, welches sich
von der guten Sache zurückgezogen hat; aber in
zwei Monaten reden wir mit ihnen." Bekanntlich
hat schon Börne gesagt: "Jn Deutschland schließt
jede Volksbewegung mit einer Judenverfolgung."
Es wäre gut, wenn die Jsraeliten sich diesen
Ausspruch des von ihnen verehrten Propheten
merken und bedenken wollten, von welcher Seite
her ihnen diesmal die Verfolgung droht. --

   

Mainz, 6. Juni. Wie wir vernehmen ist
gegen den Redakteur des hiesigen Tagblattes,
s. g. Giftblättchens, wegen des in der Nummer
vom 2. d. erschienenen Artikels über das Frohn-
leichnamsfest eine Untersuchung eingeleitet, und
der angebliche Redakteur jenes Blattes auf An-
ordnung des Untersuchungsrichters Hrn. Dr. Dael
heute Morgen verhaftet worden. Die Anschuldi-
gung lautet dahin, daß er Gegenstände der Ver-
ehrung, Lehren, Einrichtungen und Gebräuche der
vom Staate anerkannten römisch = katholischen Re-
ligionspartei durch Spott und Verachtung öffent-
lich herabgewürdigt habe.

   

Mainz, 8. Juni. So eben Nachmittags ge-
gen 4 Uhr haben die Geschwornen sämmtliche Mai-
Angeklagte, welche sich vor Gericht gestellt hatten,
für nicht schuldig erklärt, worauf dieselben von
dem Hrn. Präsidenten des Assisenhofes entlassen
worden sind. Philipp Ludwig Müller von Horch-
heim wurde jedoch in gefänglicher Haft zurückbe-
halten, indem er neuerdings des Landesverrathes
angeklagt und an die nächsten Assisen verwiesen
worden ist.

Kassel, 7. Juni. Heute fand zunächst eine
geheime Ständesitzung statt, worin der bleibende
landständische Ausschuß gewählt wurde. Derselbe
besteht aus den Abgeordneten Eberhard, Henkel,
Nebelthau, Schneider und Schwarzenberg. -- Jn
der öffentlichen Sitzung wurden zunächst mehrere
noch unerledigte Jnterpellationen in Erinnerung
gebracht, ohne daß eine Erledigung derselben er-
folgte. Der Abg. Oetker machte der Landtags-
kommission bemerklich, daß seine Anfrage in Be-
treff des angenommenen und noch nicht verkündig-
ten Anwaltsgesetzes bereits vor 14 Tagen gestellt
worden sei. Dann kamen zwei Anträge der Abg.
Manns und Berlit, die öffentliche Versteigerung
von Brennholz betreffend, zur Berathung. Die
Regierung wurde um Auskunft und einstweilige
[Spaltenumbruch] Sistirung des Verkaufs ersucht. Hiernächst wurde
die Jnstruktion des permanenten Ständeausschusses
berathen und beschlossen. Die Versammlung schritt
hierauf zur Berathung des Berichts des Budget-
ausschusses über die Proposition der Regierung,
verzinsliche Staatsschuldscheine, eventuell unver-
zinsliche Kassenscheine im Betrag von 760,000
Thaler zu emittiren. Der Antrag des Ausschusses
geht dahin: "die Berathung des vorgelegten Ge-
setzentwurfs ec. abzulehnen". Der Landtagskom-
missär verlas eine lange Entgegnung auf den Be-
richt des Budgetausschusses. Der Antrag des
Ausschusses wurde mit allen gegen eine Stimme
( die des Hrn. Abg. Lieberknecht ) angenommen.
Auch die weitern Anträge des Ausschusses wurden
genehmigt.

   

Dresden, 4. Juni. ( Schluß der Ansprache
des Ministeriums an das Volk. ) Sechs Monate
war der Landtag versammelt. Nicht einmal die
wichtige, angesichts der Finanzlage des Landes
dringendste Aufgabe, das Budget, ist erledigt. Die
Lage des Landes erheischt eine Anzahl wichtiger,
höchst eingreifender Gesetze. Die deshalb gemach-
ten Erfahrungen ließen jede Hossnung schwinden,
darüber zu einer Vereinigung mit den Kammern
zu gelangen, Ganz neuerdings hat endlich die
zweite Kammer die Zustimmung zu einer für die
dringensten Staatsbedürfnisse, insbesondere für die
Eisenbahnen erforderlichen Anleihe so verzögert,
daß der Erfolg zum großen Nachtheile des Lan-
des gefährdet worden ist. Ein solcher Zustand
kann nicht auf die Dauer bestehen, er zehrt an
dem Marke des Landes und führt es langsam, aber si-
cher dem Ruine entgegen. So lange der provisorische
Zustand der wichtigsten Verhältnisse fortdauert,
so lange die dringend nothwendigen Gesetze, die
der Regierung die erforderliche Kraft verleihen
sollen, um dem Wirken der Revolutionspartei mit
Erfolg entgegenzutreten, und dadurch das Land vor
neuem Unheil bewahren zu können, nicht gegeben,
so lange die wichtigsten Finanzfragen noch uner-
ledigt sind, so lange werden außerordentliche Si-
cherheitsmaßregeln fortdauern müssen, wodurch die
Lasten des Landes vermehrt und der Druck der
in Folge der revolutionären Bewegungen der ver-
gangenen Jahre ohnehin so vermehrten Abgaben
noch mehr erhöht werden muß. Se. Majestät
der König haben es daher als Allerhöchst ihre hei-
lige Regentenpflicht erachtet, diesen Zustand nicht
fortbestehen zu lassen, und deßhalb die Kammern
am 1. ds. Mts. aufgelöst. Die Unterzeichneten
Staatsminister haben aber auch Sr. Majestät dem
König nicht rathen können, die Wahlen noch ein-
mal nach dem provisorischen Gesetz vom 24. Nov.
1848 vornehmen zu lassen. Die nunmehr zweimal
gemachte Erfahrung hat den Beweis geliefert, daß
es nicht möglich sein wird, auf diesem Wege
Kammern zu erlangen, von denen zu erwarten ist,
daß sie unsere provisorischen Zustände auf eine
dem Wohle des Vaterlandes dienliche Weise be-
enden werden, und die außerordentlich geringe
Theilnahme, welche insbesondere die nachträglichen
Wahlen fast überall im Lande gefunden haben,
beweist, daß dieselbe Ansicht auch im Volke weit
verbreitet ist. Würde daher eine solche Maßregel
ihr dazu dienen, die unheilvollen provisorischen
Zustände, in denen sich Sachsen befindet, mit allen
ihren Gefahren und Nachtheilen ohne Aussicht
auf eine Beendigung zu verlängern, so scheint
dieselbe auch deßhalb unzulässig, weil dadurch je-
nen provisorischen, eigentlich nur für einen Fall
rechneten Gesetzen die volle Wirkung definitiver,
für die Dauer bestimmter Gesetze ganz gegen die
Absicht beigelegt werden würde, die bei Erlassung
derselben obgewaltet hat. Se. Majestät der Kö-
nig haben sich daher entschlossen, einen Schritt zu
thun, der ebenso der Verfassung ensprechend, als
bei der jetzigen Lage der Dinge nothwendig ist.
Allerhöchstdieselben haben beschlossen, die Kammern
des Jahres 1848 in derselben Zusammensetzung,
wie sie damals versammelt waren, noch einmal
und zwar zu einem ordentlichen Landtage zusam-
menzuberufen. Se. Majestät der König werden
diesem Landtage jedoch nur den Entwurf eines
definitiven Wahlgesetzes und einige andere Gegen-

[Spaltenumbruch] lassen habe. -- Schluß der Sitzung nach halb
2 Uhr.

Deutschland.

□ München, 6. Juni. Die Politik Preu-
ßens erregt hier bei allen Vaterlandsfreunden tie-
fen Schmerz. Man wird durch dieselbe unwill-
kührlich an die Zeiten der Schmach erinnert, de-
ren Gedächtniß kaum durch den Befreiungskrieg
verwischt worden ist. Preußen hatte die Zeit der
Noth Oesterreichs, als dieses mit Feinden rings-
um zu kämpfen und von Deutschland keine Hülfe
zu erwarten hatte, benutzt, sich nach „ Arrondi-
rung “ auf Kosten der deutschen Einheit umzuthun.
Als endlich Oesterreich sich die äußere Feinde vom
Halse geschafft und im Jnnern reorganisirt hatte,
was mit einem beispiellosen Aufwand an geistiger
und materieller Kraft geschehen, wandte es sich zu
Deutschlands wichtigster Angelegenheit und suchte
dieses, das unterdessen nicht an Einigkeit zugenom-
men hatte, in beiderseitigem Jnteresse durch engere
Bande mit sich zu vereinigen. Die Verhandlun-
gen mit Preußen führten zu keinem Ziele. Die
Münchener Uebereinkunft wurde nur von einem
Theile der deutschen Staaten unterzeichnet. Es
handelte sich aber um die Befestigung eines ganz
Deutschland umschließenden Bandes. Oesterreich
blieb daher in seinem Streben nach jenem Ziele
nichts anderes mehr übrig, als die Berufung des
Frankfurter Congresses. Nachdem alle anderen
Formen staatsrechtlicher Verhandlungen zu keinem
Refultate geführt hatten, war nur noch die übrig
geblieben, die, obgleich in keinem guten Angeden-
ken stehend, doch wenigstens noch eine durch eine
lange Reihe von Vorgängen und durch zum Theil
noch bestehende Rechte und Gewohnheiten, bei der
obwaltenden Lage der Dinge die einzig mögliche
erschien. Die preußische Presse und deren Anhang
machte Oesterreich den Vorwurf, es wolle den
alten Bundestag wieder herstellen, und zwar de-
finitiv herstellen. Als es verlautet, Oesterreich
werde, wenn auch der Frankfurter Congreß zu kei-
nem Ziele führe, sämmtliche Unterzeichner der
Wiener=Congreßakte zur Ordnung der deutsch=eu-
ropäischen Verhältnisse -- und für Oesterreich ist
sein Verhältniß zu Deutschland eine europäische,
nicht bloß eine österreichisch=deutsche Angelegenheit
-- zu einer Conferenz einladen, wußte Preußens
Presse es wieder auf die mannigfachste Weise zu
verdächtigen, und es besonders des Verrathes
Deutschlands an ausländische Jnteressen zu be-
zichtigen. Jetzt geht aber dasselbe Preußen, be-
vor
Oesterreich jener Nothwendigkeit gewichen
wäre, und bringt die deutschen Angelegenheiten
vor das einseitige Forum einer ausländischen
Macht und noch dazu derjenigen, die Deutschland
mit vollem Recht als die ihm feindseligste zu be-
trachten hat, vor das Forum Rußlands. Und
die ministerielle „Deutsche Reform“ nennt die
( vorlänfig wohl noch bloß angebliche ) Zustimmung
Rußlands zu der Oesterreich feindseligen Politik
Preußens eine erfreuliche Nachricht.“ Zugleich
rüstet Preußen im ausgedehntesten Maßstab.
Wenn wir auch das Allermindesten annehmen,
daß jene Rüstungen nicht Oesterreich gelten, son-
dern vielleicht Frankreich, wozu es aber wirklich
einen starken und gutmüthigen Glauben braucht,
so bleibt es aber doch unläugbar, daß das preu-
ßische Heer sich auf einen Krieg gegen Oesterreich
und nicht gegen Frankreich freut. Diese Freude
des Heeres und jene Freude der ministeriellen
Presse über das Zunicken Rußlands find das nun
etwa Beweise, daß es Preußen aufrichtig mit
Deutschland meint, daß es, wie es so lange hieß,
in Deutschland aufgehen wolle? Will Preußen
ein großes Deutschland, oder ein großes Preußen?
Soll Preußen in Deutschland, oder Deutschland
in Preußen ( und Rußland! ) aufgehen? --

München, 7. Juni. Die hiesigen Jnfanterie-
Regimenter haben täglich 100 Mann zum Patro-
nenmachen abzugeben, da in kürzester Zeit zwei
Millionen Stück scharfe Patronen angefertigt sein
müssen. -- Der zweite Ausschuß der Kammer
der Abgeordneten wird nächster Tage mit den
[Spaltenumbruch] Berathungen über das Budget zum Schlusse ge-
langen.

Zweibrücken, 5. Juni. Am 3. d., Abends
nach Feierabend, wollte ein bejahrter Maurer nach
dem nahen Dörfchen Jrheim, seinem Wohnorte,
gehen. Er war ein Veteran der ehemal. französ.
Armee unter dem Kaiserreich. Das Dach an dem
Gebäude, woran er in der Stadt arbeitete, wurde
an diesem Tage aufgeschlagen und die Arbeiter,
üblicher Weise, von dem Banherrn regalirt. Hei-
ter im Geiste sang er sein französ. Lied, wozu
ihm zufällig ein kleiner Junge auf der Mundhar-
monika accompagnirte. Unterwegs begegneten ihm
einige Chevauxlegers, denen der Gesang verdäch-
tig vorkommen mußte, denn sie rissen von einem
in der Nähe befindlichen Thore Planken heraus
und maltraitirten den Hilflosen der Art, daß er
in Folge der Verwundungen am Kopfe und der
eingetretenen Brust heute, zum Jammer seiner
fünf armen Kinder, starb.

   

Frankfurt, 8. Juni. Die Zahl der hier be-
reits anwesenden Bevollmächtigten zum Staaten-
Congresse ist durch die Ankunft des Hrn. Lega-
tionsraths Dr. Liebe ( für Braunschweig, resp.
Oldenburg ) vermehrt worden. -- Auf der Rück-
reise von Kassel nach Darmstadt hat Se. k. Hoh.
der Großherzog von Hessen gestern die hiesige
Stadt berührt.

   

Oberingelheim, 7. Juni. Einem Jsraeliten
wurde von mehreren „Bürgern“ am Pfingfimon-
tage zugerufen: „Was er zum Besten gebe!“
und da er keine Antwort gab, wurde ihm über-
aus bürgerfreundlich bedeutet: „Jn zwei Mona-
ten gibst du unverlangt Alles, oder wir gehen
hinter dich.“ Auf eine deßfallsige Beschwerde bei
einem Führer unserer Rothen, erwiderte derselbe:
„Die Juden sind ein schlechtes Volk, welches sich
von der guten Sache zurückgezogen hat; aber in
zwei Monaten reden wir mit ihnen.“ Bekanntlich
hat schon Börne gesagt: „Jn Deutschland schließt
jede Volksbewegung mit einer Judenverfolgung.“
Es wäre gut, wenn die Jsraeliten sich diesen
Ausspruch des von ihnen verehrten Propheten
merken und bedenken wollten, von welcher Seite
her ihnen diesmal die Verfolgung droht. --

   

Mainz, 6. Juni. Wie wir vernehmen ist
gegen den Redakteur des hiesigen Tagblattes,
s. g. Giftblättchens, wegen des in der Nummer
vom 2. d. erschienenen Artikels über das Frohn-
leichnamsfest eine Untersuchung eingeleitet, und
der angebliche Redakteur jenes Blattes auf An-
ordnung des Untersuchungsrichters Hrn. Dr. Dael
heute Morgen verhaftet worden. Die Anschuldi-
gung lautet dahin, daß er Gegenstände der Ver-
ehrung, Lehren, Einrichtungen und Gebräuche der
vom Staate anerkannten römisch = katholischen Re-
ligionspartei durch Spott und Verachtung öffent-
lich herabgewürdigt habe.

   

Mainz, 8. Juni. So eben Nachmittags ge-
gen 4 Uhr haben die Geschwornen sämmtliche Mai-
Angeklagte, welche sich vor Gericht gestellt hatten,
für nicht schuldig erklärt, worauf dieselben von
dem Hrn. Präsidenten des Assisenhofes entlassen
worden sind. Philipp Ludwig Müller von Horch-
heim wurde jedoch in gefänglicher Haft zurückbe-
halten, indem er neuerdings des Landesverrathes
angeklagt und an die nächsten Assisen verwiesen
worden ist.

Kassel, 7. Juni. Heute fand zunächst eine
geheime Ständesitzung statt, worin der bleibende
landständische Ausschuß gewählt wurde. Derselbe
besteht aus den Abgeordneten Eberhard, Henkel,
Nebelthau, Schneider und Schwarzenberg. -- Jn
der öffentlichen Sitzung wurden zunächst mehrere
noch unerledigte Jnterpellationen in Erinnerung
gebracht, ohne daß eine Erledigung derselben er-
folgte. Der Abg. Oetker machte der Landtags-
kommission bemerklich, daß seine Anfrage in Be-
treff des angenommenen und noch nicht verkündig-
ten Anwaltsgesetzes bereits vor 14 Tagen gestellt
worden sei. Dann kamen zwei Anträge der Abg.
Manns und Berlit, die öffentliche Versteigerung
von Brennholz betreffend, zur Berathung. Die
Regierung wurde um Auskunft und einstweilige
[Spaltenumbruch] Sistirung des Verkaufs ersucht. Hiernächst wurde
die Jnstruktion des permanenten Ständeausschusses
berathen und beschlossen. Die Versammlung schritt
hierauf zur Berathung des Berichts des Budget-
ausschusses über die Proposition der Regierung,
verzinsliche Staatsschuldscheine, eventuell unver-
zinsliche Kassenscheine im Betrag von 760,000
Thaler zu emittiren. Der Antrag des Ausschusses
geht dahin: „die Berathung des vorgelegten Ge-
setzentwurfs ec. abzulehnen“. Der Landtagskom-
missär verlas eine lange Entgegnung auf den Be-
richt des Budgetausschusses. Der Antrag des
Ausschusses wurde mit allen gegen eine Stimme
( die des Hrn. Abg. Lieberknecht ) angenommen.
Auch die weitern Anträge des Ausschusses wurden
genehmigt.

   

Dresden, 4. Juni. ( Schluß der Ansprache
des Ministeriums an das Volk. ) Sechs Monate
war der Landtag versammelt. Nicht einmal die
wichtige, angesichts der Finanzlage des Landes
dringendste Aufgabe, das Budget, ist erledigt. Die
Lage des Landes erheischt eine Anzahl wichtiger,
höchst eingreifender Gesetze. Die deshalb gemach-
ten Erfahrungen ließen jede Hossnung schwinden,
darüber zu einer Vereinigung mit den Kammern
zu gelangen, Ganz neuerdings hat endlich die
zweite Kammer die Zustimmung zu einer für die
dringensten Staatsbedürfnisse, insbesondere für die
Eisenbahnen erforderlichen Anleihe so verzögert,
daß der Erfolg zum großen Nachtheile des Lan-
des gefährdet worden ist. Ein solcher Zustand
kann nicht auf die Dauer bestehen, er zehrt an
dem Marke des Landes und führt es langsam, aber si-
cher dem Ruine entgegen. So lange der provisorische
Zustand der wichtigsten Verhältnisse fortdauert,
so lange die dringend nothwendigen Gesetze, die
der Regierung die erforderliche Kraft verleihen
sollen, um dem Wirken der Revolutionspartei mit
Erfolg entgegenzutreten, und dadurch das Land vor
neuem Unheil bewahren zu können, nicht gegeben,
so lange die wichtigsten Finanzfragen noch uner-
ledigt sind, so lange werden außerordentliche Si-
cherheitsmaßregeln fortdauern müssen, wodurch die
Lasten des Landes vermehrt und der Druck der
in Folge der revolutionären Bewegungen der ver-
gangenen Jahre ohnehin so vermehrten Abgaben
noch mehr erhöht werden muß. Se. Majestät
der König haben es daher als Allerhöchst ihre hei-
lige Regentenpflicht erachtet, diesen Zustand nicht
fortbestehen zu lassen, und deßhalb die Kammern
am 1. ds. Mts. aufgelöst. Die Unterzeichneten
Staatsminister haben aber auch Sr. Majestät dem
König nicht rathen können, die Wahlen noch ein-
mal nach dem provisorischen Gesetz vom 24. Nov.
1848 vornehmen zu lassen. Die nunmehr zweimal
gemachte Erfahrung hat den Beweis geliefert, daß
es nicht möglich sein wird, auf diesem Wege
Kammern zu erlangen, von denen zu erwarten ist,
daß sie unsere provisorischen Zustände auf eine
dem Wohle des Vaterlandes dienliche Weise be-
enden werden, und die außerordentlich geringe
Theilnahme, welche insbesondere die nachträglichen
Wahlen fast überall im Lande gefunden haben,
beweist, daß dieselbe Ansicht auch im Volke weit
verbreitet ist. Würde daher eine solche Maßregel
ihr dazu dienen, die unheilvollen provisorischen
Zustände, in denen sich Sachsen befindet, mit allen
ihren Gefahren und Nachtheilen ohne Aussicht
auf eine Beendigung zu verlängern, so scheint
dieselbe auch deßhalb unzulässig, weil dadurch je-
nen provisorischen, eigentlich nur für einen Fall
rechneten Gesetzen die volle Wirkung definitiver,
für die Dauer bestimmter Gesetze ganz gegen die
Absicht beigelegt werden würde, die bei Erlassung
derselben obgewaltet hat. Se. Majestät der Kö-
nig haben sich daher entschlossen, einen Schritt zu
thun, der ebenso der Verfassung ensprechend, als
bei der jetzigen Lage der Dinge nothwendig ist.
Allerhöchstdieselben haben beschlossen, die Kammern
des Jahres 1848 in derselben Zusammensetzung,
wie sie damals versammelt waren, noch einmal
und zwar zu einem ordentlichen Landtage zusam-
menzuberufen. Se. Majestät der König werden
diesem Landtage jedoch nur den Entwurf eines
definitiven Wahlgesetzes und einige andere Gegen-

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[0002] lassen habe. -- Schluß der Sitzung nach halb 2 Uhr. Deutschland. □ München, 6. Juni. Die Politik Preu- ßens erregt hier bei allen Vaterlandsfreunden tie- fen Schmerz. Man wird durch dieselbe unwill- kührlich an die Zeiten der Schmach erinnert, de- ren Gedächtniß kaum durch den Befreiungskrieg verwischt worden ist. Preußen hatte die Zeit der Noth Oesterreichs, als dieses mit Feinden rings- um zu kämpfen und von Deutschland keine Hülfe zu erwarten hatte, benutzt, sich nach „ Arrondi- rung “ auf Kosten der deutschen Einheit umzuthun. Als endlich Oesterreich sich die äußere Feinde vom Halse geschafft und im Jnnern reorganisirt hatte, was mit einem beispiellosen Aufwand an geistiger und materieller Kraft geschehen, wandte es sich zu Deutschlands wichtigster Angelegenheit und suchte dieses, das unterdessen nicht an Einigkeit zugenom- men hatte, in beiderseitigem Jnteresse durch engere Bande mit sich zu vereinigen. Die Verhandlun- gen mit Preußen führten zu keinem Ziele. Die Münchener Uebereinkunft wurde nur von einem Theile der deutschen Staaten unterzeichnet. Es handelte sich aber um die Befestigung eines ganz Deutschland umschließenden Bandes. Oesterreich blieb daher in seinem Streben nach jenem Ziele nichts anderes mehr übrig, als die Berufung des Frankfurter Congresses. Nachdem alle anderen Formen staatsrechtlicher Verhandlungen zu keinem Refultate geführt hatten, war nur noch die übrig geblieben, die, obgleich in keinem guten Angeden- ken stehend, doch wenigstens noch eine durch eine lange Reihe von Vorgängen und durch zum Theil noch bestehende Rechte und Gewohnheiten, bei der obwaltenden Lage der Dinge die einzig mögliche erschien. Die preußische Presse und deren Anhang machte Oesterreich den Vorwurf, es wolle den alten Bundestag wieder herstellen, und zwar de- finitiv herstellen. Als es verlautet, Oesterreich werde, wenn auch der Frankfurter Congreß zu kei- nem Ziele führe, sämmtliche Unterzeichner der Wiener=Congreßakte zur Ordnung der deutsch=eu- ropäischen Verhältnisse -- und für Oesterreich ist sein Verhältniß zu Deutschland eine europäische, nicht bloß eine österreichisch=deutsche Angelegenheit -- zu einer Conferenz einladen, wußte Preußens Presse es wieder auf die mannigfachste Weise zu verdächtigen, und es besonders des Verrathes Deutschlands an ausländische Jnteressen zu be- zichtigen. Jetzt geht aber dasselbe Preußen, be- vor Oesterreich jener Nothwendigkeit gewichen wäre, und bringt die deutschen Angelegenheiten vor das einseitige Forum einer ausländischen Macht und noch dazu derjenigen, die Deutschland mit vollem Recht als die ihm feindseligste zu be- trachten hat, vor das Forum Rußlands. Und die ministerielle „Deutsche Reform“ nennt die ( vorlänfig wohl noch bloß angebliche ) Zustimmung Rußlands zu der Oesterreich feindseligen Politik Preußens eine erfreuliche Nachricht.“ Zugleich rüstet Preußen im ausgedehntesten Maßstab. Wenn wir auch das Allermindesten annehmen, daß jene Rüstungen nicht Oesterreich gelten, son- dern vielleicht Frankreich, wozu es aber wirklich einen starken und gutmüthigen Glauben braucht, so bleibt es aber doch unläugbar, daß das preu- ßische Heer sich auf einen Krieg gegen Oesterreich und nicht gegen Frankreich freut. Diese Freude des Heeres und jene Freude der ministeriellen Presse über das Zunicken Rußlands find das nun etwa Beweise, daß es Preußen aufrichtig mit Deutschland meint, daß es, wie es so lange hieß, in Deutschland aufgehen wolle? Will Preußen ein großes Deutschland, oder ein großes Preußen? Soll Preußen in Deutschland, oder Deutschland in Preußen ( und Rußland! ) aufgehen? -- München, 7. Juni. Die hiesigen Jnfanterie- Regimenter haben täglich 100 Mann zum Patro- nenmachen abzugeben, da in kürzester Zeit zwei Millionen Stück scharfe Patronen angefertigt sein müssen. -- Der zweite Ausschuß der Kammer der Abgeordneten wird nächster Tage mit den Berathungen über das Budget zum Schlusse ge- langen. Zweibrücken, 5. Juni. Am 3. d., Abends nach Feierabend, wollte ein bejahrter Maurer nach dem nahen Dörfchen Jrheim, seinem Wohnorte, gehen. Er war ein Veteran der ehemal. französ. Armee unter dem Kaiserreich. Das Dach an dem Gebäude, woran er in der Stadt arbeitete, wurde an diesem Tage aufgeschlagen und die Arbeiter, üblicher Weise, von dem Banherrn regalirt. Hei- ter im Geiste sang er sein französ. Lied, wozu ihm zufällig ein kleiner Junge auf der Mundhar- monika accompagnirte. Unterwegs begegneten ihm einige Chevauxlegers, denen der Gesang verdäch- tig vorkommen mußte, denn sie rissen von einem in der Nähe befindlichen Thore Planken heraus und maltraitirten den Hilflosen der Art, daß er in Folge der Verwundungen am Kopfe und der eingetretenen Brust heute, zum Jammer seiner fünf armen Kinder, starb. ( Voges.=B. ) Frankfurt, 8. Juni. Die Zahl der hier be- reits anwesenden Bevollmächtigten zum Staaten- Congresse ist durch die Ankunft des Hrn. Lega- tionsraths Dr. Liebe ( für Braunschweig, resp. Oldenburg ) vermehrt worden. -- Auf der Rück- reise von Kassel nach Darmstadt hat Se. k. Hoh. der Großherzog von Hessen gestern die hiesige Stadt berührt. ( Frkf. O.=P.=A.=Z. ) Oberingelheim, 7. Juni. Einem Jsraeliten wurde von mehreren „Bürgern“ am Pfingfimon- tage zugerufen: „Was er zum Besten gebe!“ und da er keine Antwort gab, wurde ihm über- aus bürgerfreundlich bedeutet: „Jn zwei Mona- ten gibst du unverlangt Alles, oder wir gehen hinter dich.“ Auf eine deßfallsige Beschwerde bei einem Führer unserer Rothen, erwiderte derselbe: „Die Juden sind ein schlechtes Volk, welches sich von der guten Sache zurückgezogen hat; aber in zwei Monaten reden wir mit ihnen.“ Bekanntlich hat schon Börne gesagt: „Jn Deutschland schließt jede Volksbewegung mit einer Judenverfolgung.“ Es wäre gut, wenn die Jsraeliten sich diesen Ausspruch des von ihnen verehrten Propheten merken und bedenken wollten, von welcher Seite her ihnen diesmal die Verfolgung droht. -- ( M. J. ) Mainz, 6. Juni. Wie wir vernehmen ist gegen den Redakteur des hiesigen Tagblattes, s. g. Giftblättchens, wegen des in der Nummer vom 2. d. erschienenen Artikels über das Frohn- leichnamsfest eine Untersuchung eingeleitet, und der angebliche Redakteur jenes Blattes auf An- ordnung des Untersuchungsrichters Hrn. Dr. Dael heute Morgen verhaftet worden. Die Anschuldi- gung lautet dahin, daß er Gegenstände der Ver- ehrung, Lehren, Einrichtungen und Gebräuche der vom Staate anerkannten römisch = katholischen Re- ligionspartei durch Spott und Verachtung öffent- lich herabgewürdigt habe. ( M. J. ) Mainz, 8. Juni. So eben Nachmittags ge- gen 4 Uhr haben die Geschwornen sämmtliche Mai- Angeklagte, welche sich vor Gericht gestellt hatten, für nicht schuldig erklärt, worauf dieselben von dem Hrn. Präsidenten des Assisenhofes entlassen worden sind. Philipp Ludwig Müller von Horch- heim wurde jedoch in gefänglicher Haft zurückbe- halten, indem er neuerdings des Landesverrathes angeklagt und an die nächsten Assisen verwiesen worden ist. Kassel, 7. Juni. Heute fand zunächst eine geheime Ständesitzung statt, worin der bleibende landständische Ausschuß gewählt wurde. Derselbe besteht aus den Abgeordneten Eberhard, Henkel, Nebelthau, Schneider und Schwarzenberg. -- Jn der öffentlichen Sitzung wurden zunächst mehrere noch unerledigte Jnterpellationen in Erinnerung gebracht, ohne daß eine Erledigung derselben er- folgte. Der Abg. Oetker machte der Landtags- kommission bemerklich, daß seine Anfrage in Be- treff des angenommenen und noch nicht verkündig- ten Anwaltsgesetzes bereits vor 14 Tagen gestellt worden sei. Dann kamen zwei Anträge der Abg. Manns und Berlit, die öffentliche Versteigerung von Brennholz betreffend, zur Berathung. Die Regierung wurde um Auskunft und einstweilige Sistirung des Verkaufs ersucht. Hiernächst wurde die Jnstruktion des permanenten Ständeausschusses berathen und beschlossen. Die Versammlung schritt hierauf zur Berathung des Berichts des Budget- ausschusses über die Proposition der Regierung, verzinsliche Staatsschuldscheine, eventuell unver- zinsliche Kassenscheine im Betrag von 760,000 Thaler zu emittiren. Der Antrag des Ausschusses geht dahin: „die Berathung des vorgelegten Ge- setzentwurfs ec. abzulehnen“. Der Landtagskom- missär verlas eine lange Entgegnung auf den Be- richt des Budgetausschusses. Der Antrag des Ausschusses wurde mit allen gegen eine Stimme ( die des Hrn. Abg. Lieberknecht ) angenommen. Auch die weitern Anträge des Ausschusses wurden genehmigt. ( N. H. Z. ) Dresden, 4. Juni. ( Schluß der Ansprache des Ministeriums an das Volk. ) Sechs Monate war der Landtag versammelt. Nicht einmal die wichtige, angesichts der Finanzlage des Landes dringendste Aufgabe, das Budget, ist erledigt. Die Lage des Landes erheischt eine Anzahl wichtiger, höchst eingreifender Gesetze. Die deshalb gemach- ten Erfahrungen ließen jede Hossnung schwinden, darüber zu einer Vereinigung mit den Kammern zu gelangen, Ganz neuerdings hat endlich die zweite Kammer die Zustimmung zu einer für die dringensten Staatsbedürfnisse, insbesondere für die Eisenbahnen erforderlichen Anleihe so verzögert, daß der Erfolg zum großen Nachtheile des Lan- des gefährdet worden ist. Ein solcher Zustand kann nicht auf die Dauer bestehen, er zehrt an dem Marke des Landes und führt es langsam, aber si- cher dem Ruine entgegen. So lange der provisorische Zustand der wichtigsten Verhältnisse fortdauert, so lange die dringend nothwendigen Gesetze, die der Regierung die erforderliche Kraft verleihen sollen, um dem Wirken der Revolutionspartei mit Erfolg entgegenzutreten, und dadurch das Land vor neuem Unheil bewahren zu können, nicht gegeben, so lange die wichtigsten Finanzfragen noch uner- ledigt sind, so lange werden außerordentliche Si- cherheitsmaßregeln fortdauern müssen, wodurch die Lasten des Landes vermehrt und der Druck der in Folge der revolutionären Bewegungen der ver- gangenen Jahre ohnehin so vermehrten Abgaben noch mehr erhöht werden muß. Se. Majestät der König haben es daher als Allerhöchst ihre hei- lige Regentenpflicht erachtet, diesen Zustand nicht fortbestehen zu lassen, und deßhalb die Kammern am 1. ds. Mts. aufgelöst. Die Unterzeichneten Staatsminister haben aber auch Sr. Majestät dem König nicht rathen können, die Wahlen noch ein- mal nach dem provisorischen Gesetz vom 24. Nov. 1848 vornehmen zu lassen. Die nunmehr zweimal gemachte Erfahrung hat den Beweis geliefert, daß es nicht möglich sein wird, auf diesem Wege Kammern zu erlangen, von denen zu erwarten ist, daß sie unsere provisorischen Zustände auf eine dem Wohle des Vaterlandes dienliche Weise be- enden werden, und die außerordentlich geringe Theilnahme, welche insbesondere die nachträglichen Wahlen fast überall im Lande gefunden haben, beweist, daß dieselbe Ansicht auch im Volke weit verbreitet ist. Würde daher eine solche Maßregel ihr dazu dienen, die unheilvollen provisorischen Zustände, in denen sich Sachsen befindet, mit allen ihren Gefahren und Nachtheilen ohne Aussicht auf eine Beendigung zu verlängern, so scheint dieselbe auch deßhalb unzulässig, weil dadurch je- nen provisorischen, eigentlich nur für einen Fall rechneten Gesetzen die volle Wirkung definitiver, für die Dauer bestimmter Gesetze ganz gegen die Absicht beigelegt werden würde, die bei Erlassung derselben obgewaltet hat. Se. Majestät der Kö- nig haben sich daher entschlossen, einen Schritt zu thun, der ebenso der Verfassung ensprechend, als bei der jetzigen Lage der Dinge nothwendig ist. Allerhöchstdieselben haben beschlossen, die Kammern des Jahres 1848 in derselben Zusammensetzung, wie sie damals versammelt waren, noch einmal und zwar zu einem ordentlichen Landtage zusam- menzuberufen. Se. Majestät der König werden diesem Landtage jedoch nur den Entwurf eines definitiven Wahlgesetzes und einige andere Gegen-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 138. Würzburg, 10. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische138_1850/2>, abgerufen am 20.04.2024.