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Die Bayerische Presse. Nr. 136. Würzburg, 7. Juni 1850.

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[Spaltenumbruch] ßischen Kabinets mit allen uns zu Gebot stehen-
den Mitteln bewundern, nach welcher der Kaiser
von Rußland aus keinem anderen Grunde um
Nichtintervention zwischen Preußen und Oesterreich
gebeten wird, als damit "der Krieg nicht zu ei-
nem europäischen werde," sondern damit Preußen
allein das Vergnügen habe, mit Oesterreich in der
Zerrüttung der beiderseitigen Finanzen zu wettei-
fern. Jn derselben Numer bringen unsere " Neue-
sten Nachrichten einen Brief der Berliner mini-
steriellen "Deutschen Reform" aus Wien.

Der "Karlsruher Ztg." wird aus Frankfurt
vom 4. Juni geschrieben: Die Demokratie ist in
Frankfurt für den Augenblick machtlos, aber zahl-
reich und ununterbrochen thätig, und sie hat, wie
anderswo, nachdem bisher vorzugsweise an der
Haltung der Truppen ihr Bestreben gescheitert,
ihre Thätigkeit gegen dies hauptsächlichste Hinder-
niß zu richten begonnen und zunächst die Einen
gegen die Andern aufzuhetzen versucht. Die Bayern
liegen in Sachsenhausen und kommen mit den
übrigen Truppentheilen weniger in Berührung;
die Oesterreicher sind theilweise Böhmen, die kein
Deutsch verstehen, theilweise sind sie erst eben hier
eingerückt; es bleiben also die Preußen und die
Frankfurter, und bei diesen -- namentlich den
Frankfurtern -- geworbenen Leuten aus aller
Herren Länder, und mitunter von den zweifelhaf-
testen Antezedentien, sind die Hetzereien nicht ohne
Erfolg geblieben, und so bedurfte es nur eines
bestimmten Anlasses, um die Verstimmung in Er-
bitterung zu verwandeln. Ein solcher Anlaß war
das kürzliche Manöver.

Heidelberg, 2. Juni. Auf dem vor zwei
Jahren in Jena abgehaltenen Universitäts=Congresse
wurde beschlossen, daß der nächste in Heidelberg
sollte gehalten werden. Allein wie so Vieles bei
den damals obwaltenden Verhältnissen in den Hin-
tergrund treten mußte, so war es auch mit die-
sem Congresse. Er konnte unter den damaligen
Verhältnissen nicht stattfinden. Dieses soll nun
in diesem Jahre geschehen, und zwar in dem Mo-
nate September. Unsere Staatsregierung hat dazu
nicht nur bereits die Erlaubniß ertheilt, sondern
auch der betreffenden Komission zur Bestreitung
von dadurch herbeigeführten Ausgaben eine be-
stimmte Summe zur Verfügung gestellt.

   

Stuttgart, 3. Jum. Unsere Landesversamm-
lung befindet sich in einem mitleiderregenden Zu-
stand; sie kann nicht leben und nicht sterben, und
ist sich selbst zur Qual. Viele Mitglieder gehen
deßhalb mit dem verzweifelten Gedanken um, ih-
rem Leben ein gewaltsames Ende zu bereiten, und
sind nur noch in der Wahl der Todesart verle-
gen. Wozu das elende Dasein noch länger fri-
sten? rufen sie in richtiger Erkenntniß der Unheil-
barkeit ihrer Krankheit aus; ein rascher Tod, ein
schnelles Ende ist diesen Martern langsamen Hin-
siechens weitaus vorzuziehen. Andere dagegen ha-
ben noch mehr Religion, indem sie den Entschluß
aussprechen, ihr Sterbestündlein in Geduld und
Ergebung abzuwarten, und als wahre Christen-
menschen mit Fassung zu ertragen, was der Him-
mel über sie kommen läßt. Seit die Minister
durch ihr Ausbleiben in der letzten Verhandlung
zu erkennen gegeben haben, daß sie vorerst nichts
mehr mit der Versammlung zu beginnen wissen,
und sich damit die leidende Versammlung als wie
der Kranke von seinem Arzte aufgegeben sieht, ist
bleicher Schrecken in ihre Glieder gefahren. Die-
ser Landesversammlung geht es nun wie einem
vollblütigen Jüngling, dem erfahrene Männer
stets wohlmeinend und warnend zuriefen, nicht
allzusehr auf seine Gesundheit hineinzustürmen,
der aber im Glauben an die Unerschöpflichkeit
seiner Kraft sämmtlichen Warnungen zum Trotz
sich allen Leidenschaften überließ, bis er endlich
siech und matt auf das Krankenlager kam. Nim-
mermehr wollte die Landesversammlung glauben,
daß auch ihre Kraft gebrochen werden könne; sie
fühlte sich äußerlich stark und kräftig, tobte nach
allen Seiten hin, aber siehe da, plötzlich befällt
sie ein schleichendes Fieber und ohnmächtig und
gebrochen wälzt sie sich nun auf ihrem Lager,
[Spaltenumbruch] und wenn sie dem Fieberkranken gleich auch noch
öfters unmuthig vom Lager aufspringt und ihren
Zustand unerträglich findet, so muß sie fortan
doch Alles geduldig über sich ergehen lassen, und
manche bittere Pille schlucken.

   

Stuttgart, 4. Juni. Die Abstimmung von
gestern Nacht hat im Lager der Demokratie eine
große Erbitterung gegen die beiden Abgeordneten
A. Seeger und Zimmermann hervorgebracht, durch
deren Nein die Anklage des Ministers des Aus-
wärtigen Frhrn. v. Wächter=Splitter vor der Ver-
tagung der Landesversammlung nicht mehr be-
schlossen werden konnte, um so mehr, als Alle
überzeugt sein zu dürfen glauben, daß die Ver-
sammlung nicht wieder werde zusammenkommen,
sondern während der Vertagung aufgelöst werden
wird.

Dresden, 2. Juni. Die gestern stattgehabte
Auflösung der Kammern hat hier im Allgemeinen
mehr einen befriedigenden als einen aufregenden
Eindruck hervorgebracht, und schon heute sucht
man fast vergeblich nach einer äußerlichen hervor-
tretenden Wirkung derselben. Ein großer Theil
der Abgeordneten hat bereits gestern Dresden ver-
lassen. Wie wenig die Regierung von der Auf-
lösung der Kammern für Störung der öffentli-
chen Ruhe gefürchtet hat, geht am deutlichsten
daraus hervor, daß sowohl während des Auflö-
sungsaktes selbst, als auch nach demselben, fast
gar keine außergewöhnlichen Sicherheitsmaßregeln
getroffen worden waren. Jm Landhause waren
außer den gewöhnlichen beiden Ehrenposten nur
einige Polizeidiener zu bemerken, die denn auch
mehr als ausreichend gewesen sind, um einige aus
dem Galleriepublikum sich bildende Gruppen er-
folgreich zum Auseinandergehen einzuladen. Die
Verstärkung mehrerer Wachtposten und einige in
der Nacht die Stadt durchziehende Patrouil-
len finden ihre Ursachen mehr in der Na-
tur des Belagerungszustandes als in der Beforg-
niß vor staatsgefährlichen Demonstrationen. Wie
wir vernehmen, wird die Regierung die Gründe,
welche sie zu der Auflösung der Kammern bewo-
gen haben, dem Lande in einer besonderen An-
sprache darlegen.

Dresden, 3. Juni. Das Justizministerium
macht bekannt, daß nunmehr Todesstrafen, welche
wegen von heute an begangener Verbrechen erkannt
werden, zum Vollzuge kommen, insoweit nicht Se.
Maj. der König in einzelnen Fällen aus besonde-
ren Gründen eine Begnadigung eintreten zu lassen
geruhen wird.

Dresden, 4. Juni. Das Gesammtministe-
rium hat beschlossen, den mittelst Bekanntmachung
vom 8. Mai v. J. über die Residenzstadt Dres-
den und deren Umgebung im Kreise von drei Mei-
len verhangenen Kriegszustand wiederum aufzu-
heben.

Hannover, 31. Mai. Unlängst hat eine Be-
rathung der Minister mit dem Präsidenten und
Vicepräsidenten stattgefunden, der in der Ver-
tagung der Stände Ende Juni für zweckmäßig
erachtet und bestimmt wurde, welche von den Ge-
setzentwürfen noch zuvor erledigt werden sollen.
Unter den Gesetzentwürfen, welche aber einstweilen
zurückgelegt werden sollen, ist auch der über das
Volksschulwesen. Gegen die Vertagung, welche
namentlich von den ländlichen Abgeordneten ge-
wünscht wird, sollen sich Stüve und Ellissen er-
klärt haben.

   

Wien, 31. Mai. Nach einem ministeriellen
Erlasse werden die Herbstferien an der hiesigen
Universität schon am 15. Juni beginnen und bis
zum 15. Okt. dauern, damit die Reformen, welche
das Ministerium in dem höheren Studienplane
vorzunehmen gedenkt, vollendet werden könnten.

Wien, 1. Juni. Auf der Durchreise des
Kaisers durch Klagenfurt hatte sich Arthur Gör-
gey eine Audienz bei Sr. Majestät erbeten, welche
ihm auch gewährt wurde. Derselbe soll, wie von
einem Augenzeuge versichert wird, sehr leidend und
kränklich aussehen.

Wien, 1. Juni. Unter den aus der revolu-
tionären Periode Ungarns herrührenden, neuer-
dings aufgefundenen Schriftstücken befindet sich
[Spaltenumbruch] ein Briefwechsel Bems mit Kossuth, deren Erste-
rer sich damals, augenblicklicher Sieger, in Her-
mannstadt befand und den Lenker der Schicksale
Ungarns zur Milde gegen die kaum bezwungenen
Sachsen und Romanen zu stimmen suchte. Doch
Kossuth, der trotz, des hellen, beinahe gemüthlichen
Glanzes seiner blauen Augen stets große Vor-
liebe für terroristische Maßregeln nährte, sprach
sich in ziemlich schlechtem Französisch gegen das
System der Nachsicht aus und scheint jedenfalls
den Ausschlag gegeben zu haben: die Hinrichtung
des Pfarrers Roth und eine Reihe ähnlicher,
beauerlichen Maßregeln liefern dafür nur all-
zudeutliche Belege. Daß überhaupt Milde
keine Tugend der revolutionären ungarischen
Regierung war, ist durch eine Menge unwi-
dersprechlicher Thatsachen festgestellt. Nahebei
hundert angeblich wegen Hochverraths gefällte und
in der That vollzogene Urtheile, fast durchweg
auf Todesstrafe lautend, sind bereits nachgewiesen.
Wie wir vernehmen, wird das betreffende Verzei-
chniß als sehr charakteristischer Beitrag zur Ge-
schichte des magyarischen Aufstandes demnächst ver-
öffentlicht werden.

Wien, 2. Juni. Aus Venedig wird be-
richtet: Die Stimmung ist hier ziemlich befriedi-
gend, auffallend war nur, daß gerade an jenem
Tage, wo die Kunde von dem gegen die Person
Sr. Majestät des Königs von Preußen versuchten
Attentate hieher kam, zahlreiche rothe Abzeichen,
als: z. B. Halsbinden, Hutbänder u. dergl. auf-
tauchten.

Berlin, 1. Juni. Die Vorarbeiten des Mi-
nisters von der Heydt für den Kasseler " Zoll-
kongreß
haben im Staatsministerium entschie-
dene Widersacher gefunden; die Herren v. Rabe
und v. Manteuffel, die dem Princip des freicn
Handels zugethan sind, werden ihnen nicht zu-
stimmen, und somit erscheint es zweifelhaft, ob sie
die Billigung des Staatsministeriums überhaupt
finden werden. -- Von Seiten unserer Jndustriel-
len wird die Kündigung des "Handelsvertrages
mit Belgien" dringend gefordert, und Herr v. d.
Heidt ist geneigt, diesem Verlangen nachzugeben.

Posen, 1. Juni. Die Zeitungen haben bereits
des Aufenthalts des Geh. Raths ( in catholicis )
aus unserm Cultusministerium, Hrn. Aulicke, er-
wähnt; wie wir jetzt berichten können, hat dessen
Anwesenheit wichtige Früchte getragen, indem ein-
mal der Streit wegen der Eidesleistung der ka-
tholischen Geistlichen auf die Verfassung zur völli-
gen Zufriedenheit der Regierung ausgeglichen ist,
so daß schon heute die katholischen Religionslehrer
diesen Eid in Folge einer Anweisung von Seite
des Erzbischofs abgelegt haben; und dann das
seit 1842 vom hiesigen Clerus mit großem Eifer
betriebene Werk der Gründung einer katholisch-
theologischen Fakultät in unserer Stadt, gleich wie
in Münster in Westphalen, und in Braunsberg
( Collegium Hosianum ) in Ostpreußen, nunmehr
zur Ausführung kommen wird. Seit 1842 hat
sich ein Fundationskapital von mehr als 100,000
Thlrn. angesammelt; dazu kommen die Fonds des
hiesigen, jetzt aufhörenden Priesterseminars, so daß
es an Geldmitteln nicht gebricht. Es werden acht
Lehrstühle eingerichtet werden: 5 für katholifche
Theologie, 1 für Philosophie, 1 für classische
Philologie und 1 für Geschichte. Ob die Anstalt
einen ausschließlich polnischen Charakter erhalten
werde, haben wir bisher nicht in Erfahrung brin-
gen können; doch ist so viel gewiß, daß dem Erz-
bischof das Recht, die Fakultätslehrer zu berufen,
eingeräumt worden ist.

Frankreich.

C Paris, 2. Juni. Die Stellung des Ge-
rals Changarnier zum Präsidenten der Republik
ist seit einem Jahre der Gegenstand der wider-
sprechendsten Beurtheilungen. Nach dem 29. Jan.
1849 glaubte man, daß Changarnier Herrn L.
Bonaparte zur Erlangung des Kaiserthrons be-
hülflich sein werde. Am 13. Juni desselben Jah-
res "rettete Changarnier die Gesellschaft", indem
er einen Putsch vereitelte und vor Allem die Na-
tionalversammlung von einigen unbequemen Mon-

[Spaltenumbruch] ßischen Kabinets mit allen uns zu Gebot stehen-
den Mitteln bewundern, nach welcher der Kaiser
von Rußland aus keinem anderen Grunde um
Nichtintervention zwischen Preußen und Oesterreich
gebeten wird, als damit „der Krieg nicht zu ei-
nem europäischen werde,“ sondern damit Preußen
allein das Vergnügen habe, mit Oesterreich in der
Zerrüttung der beiderseitigen Finanzen zu wettei-
fern. Jn derselben Numer bringen unsere „ Neue-
sten Nachrichten einen Brief der Berliner mini-
steriellen „Deutschen Reform“ aus Wien.

Der „Karlsruher Ztg.“ wird aus Frankfurt
vom 4. Juni geschrieben: Die Demokratie ist in
Frankfurt für den Augenblick machtlos, aber zahl-
reich und ununterbrochen thätig, und sie hat, wie
anderswo, nachdem bisher vorzugsweise an der
Haltung der Truppen ihr Bestreben gescheitert,
ihre Thätigkeit gegen dies hauptsächlichste Hinder-
niß zu richten begonnen und zunächst die Einen
gegen die Andern aufzuhetzen versucht. Die Bayern
liegen in Sachsenhausen und kommen mit den
übrigen Truppentheilen weniger in Berührung;
die Oesterreicher sind theilweise Böhmen, die kein
Deutsch verstehen, theilweise sind sie erst eben hier
eingerückt; es bleiben also die Preußen und die
Frankfurter, und bei diesen -- namentlich den
Frankfurtern -- geworbenen Leuten aus aller
Herren Länder, und mitunter von den zweifelhaf-
testen Antezedentien, sind die Hetzereien nicht ohne
Erfolg geblieben, und so bedurfte es nur eines
bestimmten Anlasses, um die Verstimmung in Er-
bitterung zu verwandeln. Ein solcher Anlaß war
das kürzliche Manöver.

Heidelberg, 2. Juni. Auf dem vor zwei
Jahren in Jena abgehaltenen Universitäts=Congresse
wurde beschlossen, daß der nächste in Heidelberg
sollte gehalten werden. Allein wie so Vieles bei
den damals obwaltenden Verhältnissen in den Hin-
tergrund treten mußte, so war es auch mit die-
sem Congresse. Er konnte unter den damaligen
Verhältnissen nicht stattfinden. Dieses soll nun
in diesem Jahre geschehen, und zwar in dem Mo-
nate September. Unsere Staatsregierung hat dazu
nicht nur bereits die Erlaubniß ertheilt, sondern
auch der betreffenden Komission zur Bestreitung
von dadurch herbeigeführten Ausgaben eine be-
stimmte Summe zur Verfügung gestellt.

   

Stuttgart, 3. Jum. Unsere Landesversamm-
lung befindet sich in einem mitleiderregenden Zu-
stand; sie kann nicht leben und nicht sterben, und
ist sich selbst zur Qual. Viele Mitglieder gehen
deßhalb mit dem verzweifelten Gedanken um, ih-
rem Leben ein gewaltsames Ende zu bereiten, und
sind nur noch in der Wahl der Todesart verle-
gen. Wozu das elende Dasein noch länger fri-
sten? rufen sie in richtiger Erkenntniß der Unheil-
barkeit ihrer Krankheit aus; ein rascher Tod, ein
schnelles Ende ist diesen Martern langsamen Hin-
siechens weitaus vorzuziehen. Andere dagegen ha-
ben noch mehr Religion, indem sie den Entschluß
aussprechen, ihr Sterbestündlein in Geduld und
Ergebung abzuwarten, und als wahre Christen-
menschen mit Fassung zu ertragen, was der Him-
mel über sie kommen läßt. Seit die Minister
durch ihr Ausbleiben in der letzten Verhandlung
zu erkennen gegeben haben, daß sie vorerst nichts
mehr mit der Versammlung zu beginnen wissen,
und sich damit die leidende Versammlung als wie
der Kranke von seinem Arzte aufgegeben sieht, ist
bleicher Schrecken in ihre Glieder gefahren. Die-
ser Landesversammlung geht es nun wie einem
vollblütigen Jüngling, dem erfahrene Männer
stets wohlmeinend und warnend zuriefen, nicht
allzusehr auf seine Gesundheit hineinzustürmen,
der aber im Glauben an die Unerschöpflichkeit
seiner Kraft sämmtlichen Warnungen zum Trotz
sich allen Leidenschaften überließ, bis er endlich
siech und matt auf das Krankenlager kam. Nim-
mermehr wollte die Landesversammlung glauben,
daß auch ihre Kraft gebrochen werden könne; sie
fühlte sich äußerlich stark und kräftig, tobte nach
allen Seiten hin, aber siehe da, plötzlich befällt
sie ein schleichendes Fieber und ohnmächtig und
gebrochen wälzt sie sich nun auf ihrem Lager,
[Spaltenumbruch] und wenn sie dem Fieberkranken gleich auch noch
öfters unmuthig vom Lager aufspringt und ihren
Zustand unerträglich findet, so muß sie fortan
doch Alles geduldig über sich ergehen lassen, und
manche bittere Pille schlucken.

   

Stuttgart, 4. Juni. Die Abstimmung von
gestern Nacht hat im Lager der Demokratie eine
große Erbitterung gegen die beiden Abgeordneten
A. Seeger und Zimmermann hervorgebracht, durch
deren Nein die Anklage des Ministers des Aus-
wärtigen Frhrn. v. Wächter=Splitter vor der Ver-
tagung der Landesversammlung nicht mehr be-
schlossen werden konnte, um so mehr, als Alle
überzeugt sein zu dürfen glauben, daß die Ver-
sammlung nicht wieder werde zusammenkommen,
sondern während der Vertagung aufgelöst werden
wird.

Dresden, 2. Juni. Die gestern stattgehabte
Auflösung der Kammern hat hier im Allgemeinen
mehr einen befriedigenden als einen aufregenden
Eindruck hervorgebracht, und schon heute sucht
man fast vergeblich nach einer äußerlichen hervor-
tretenden Wirkung derselben. Ein großer Theil
der Abgeordneten hat bereits gestern Dresden ver-
lassen. Wie wenig die Regierung von der Auf-
lösung der Kammern für Störung der öffentli-
chen Ruhe gefürchtet hat, geht am deutlichsten
daraus hervor, daß sowohl während des Auflö-
sungsaktes selbst, als auch nach demselben, fast
gar keine außergewöhnlichen Sicherheitsmaßregeln
getroffen worden waren. Jm Landhause waren
außer den gewöhnlichen beiden Ehrenposten nur
einige Polizeidiener zu bemerken, die denn auch
mehr als ausreichend gewesen sind, um einige aus
dem Galleriepublikum sich bildende Gruppen er-
folgreich zum Auseinandergehen einzuladen. Die
Verstärkung mehrerer Wachtposten und einige in
der Nacht die Stadt durchziehende Patrouil-
len finden ihre Ursachen mehr in der Na-
tur des Belagerungszustandes als in der Beforg-
niß vor staatsgefährlichen Demonstrationen. Wie
wir vernehmen, wird die Regierung die Gründe,
welche sie zu der Auflösung der Kammern bewo-
gen haben, dem Lande in einer besonderen An-
sprache darlegen.

Dresden, 3. Juni. Das Justizministerium
macht bekannt, daß nunmehr Todesstrafen, welche
wegen von heute an begangener Verbrechen erkannt
werden, zum Vollzuge kommen, insoweit nicht Se.
Maj. der König in einzelnen Fällen aus besonde-
ren Gründen eine Begnadigung eintreten zu lassen
geruhen wird.

Dresden, 4. Juni. Das Gesammtministe-
rium hat beschlossen, den mittelst Bekanntmachung
vom 8. Mai v. J. über die Residenzstadt Dres-
den und deren Umgebung im Kreise von drei Mei-
len verhangenen Kriegszustand wiederum aufzu-
heben.

Hannover, 31. Mai. Unlängst hat eine Be-
rathung der Minister mit dem Präsidenten und
Vicepräsidenten stattgefunden, der in der Ver-
tagung der Stände Ende Juni für zweckmäßig
erachtet und bestimmt wurde, welche von den Ge-
setzentwürfen noch zuvor erledigt werden sollen.
Unter den Gesetzentwürfen, welche aber einstweilen
zurückgelegt werden sollen, ist auch der über das
Volksschulwesen. Gegen die Vertagung, welche
namentlich von den ländlichen Abgeordneten ge-
wünscht wird, sollen sich Stüve und Ellissen er-
klärt haben.

   

Wien, 31. Mai. Nach einem ministeriellen
Erlasse werden die Herbstferien an der hiesigen
Universität schon am 15. Juni beginnen und bis
zum 15. Okt. dauern, damit die Reformen, welche
das Ministerium in dem höheren Studienplane
vorzunehmen gedenkt, vollendet werden könnten.

Wien, 1. Juni. Auf der Durchreise des
Kaisers durch Klagenfurt hatte sich Arthur Gör-
gey eine Audienz bei Sr. Majestät erbeten, welche
ihm auch gewährt wurde. Derselbe soll, wie von
einem Augenzeuge versichert wird, sehr leidend und
kränklich aussehen.

Wien, 1. Juni. Unter den aus der revolu-
tionären Periode Ungarns herrührenden, neuer-
dings aufgefundenen Schriftstücken befindet sich
[Spaltenumbruch] ein Briefwechsel Bems mit Kossuth, deren Erste-
rer sich damals, augenblicklicher Sieger, in Her-
mannstadt befand und den Lenker der Schicksale
Ungarns zur Milde gegen die kaum bezwungenen
Sachsen und Romanen zu stimmen suchte. Doch
Kossuth, der trotz, des hellen, beinahe gemüthlichen
Glanzes seiner blauen Augen stets große Vor-
liebe für terroristische Maßregeln nährte, sprach
sich in ziemlich schlechtem Französisch gegen das
System der Nachsicht aus und scheint jedenfalls
den Ausschlag gegeben zu haben: die Hinrichtung
des Pfarrers Roth und eine Reihe ähnlicher,
beauerlichen Maßregeln liefern dafür nur all-
zudeutliche Belege. Daß überhaupt Milde
keine Tugend der revolutionären ungarischen
Regierung war, ist durch eine Menge unwi-
dersprechlicher Thatsachen festgestellt. Nahebei
hundert angeblich wegen Hochverraths gefällte und
in der That vollzogene Urtheile, fast durchweg
auf Todesstrafe lautend, sind bereits nachgewiesen.
Wie wir vernehmen, wird das betreffende Verzei-
chniß als sehr charakteristischer Beitrag zur Ge-
schichte des magyarischen Aufstandes demnächst ver-
öffentlicht werden.

Wien, 2. Juni. Aus Venedig wird be-
richtet: Die Stimmung ist hier ziemlich befriedi-
gend, auffallend war nur, daß gerade an jenem
Tage, wo die Kunde von dem gegen die Person
Sr. Majestät des Königs von Preußen versuchten
Attentate hieher kam, zahlreiche rothe Abzeichen,
als: z. B. Halsbinden, Hutbänder u. dergl. auf-
tauchten.

Berlin, 1. Juni. Die Vorarbeiten des Mi-
nisters von der Heydt für den Kasseler „ Zoll-
kongreß
haben im Staatsministerium entschie-
dene Widersacher gefunden; die Herren v. Rabe
und v. Manteuffel, die dem Princip des freicn
Handels zugethan sind, werden ihnen nicht zu-
stimmen, und somit erscheint es zweifelhaft, ob sie
die Billigung des Staatsministeriums überhaupt
finden werden. -- Von Seiten unserer Jndustriel-
len wird die Kündigung des „Handelsvertrages
mit Belgien“ dringend gefordert, und Herr v. d.
Heidt ist geneigt, diesem Verlangen nachzugeben.

Posen, 1. Juni. Die Zeitungen haben bereits
des Aufenthalts des Geh. Raths ( in catholicis )
aus unserm Cultusministerium, Hrn. Aulicke, er-
wähnt; wie wir jetzt berichten können, hat dessen
Anwesenheit wichtige Früchte getragen, indem ein-
mal der Streit wegen der Eidesleistung der ka-
tholischen Geistlichen auf die Verfassung zur völli-
gen Zufriedenheit der Regierung ausgeglichen ist,
so daß schon heute die katholischen Religionslehrer
diesen Eid in Folge einer Anweisung von Seite
des Erzbischofs abgelegt haben; und dann das
seit 1842 vom hiesigen Clerus mit großem Eifer
betriebene Werk der Gründung einer katholisch-
theologischen Fakultät in unserer Stadt, gleich wie
in Münster in Westphalen, und in Braunsberg
( Collegium Hosianum ) in Ostpreußen, nunmehr
zur Ausführung kommen wird. Seit 1842 hat
sich ein Fundationskapital von mehr als 100,000
Thlrn. angesammelt; dazu kommen die Fonds des
hiesigen, jetzt aufhörenden Priesterseminars, so daß
es an Geldmitteln nicht gebricht. Es werden acht
Lehrstühle eingerichtet werden: 5 für katholifche
Theologie, 1 für Philosophie, 1 für classische
Philologie und 1 für Geschichte. Ob die Anstalt
einen ausschließlich polnischen Charakter erhalten
werde, haben wir bisher nicht in Erfahrung brin-
gen können; doch ist so viel gewiß, daß dem Erz-
bischof das Recht, die Fakultätslehrer zu berufen,
eingeräumt worden ist.

Frankreich.

C Paris, 2. Juni. Die Stellung des Ge-
rals Changarnier zum Präsidenten der Republik
ist seit einem Jahre der Gegenstand der wider-
sprechendsten Beurtheilungen. Nach dem 29. Jan.
1849 glaubte man, daß Changarnier Herrn L.
Bonaparte zur Erlangung des Kaiserthrons be-
hülflich sein werde. Am 13. Juni desselben Jah-
res „rettete Changarnier die Gesellschaft“, indem
er einen Putsch vereitelte und vor Allem die Na-
tionalversammlung von einigen unbequemen Mon-

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[0003] ßischen Kabinets mit allen uns zu Gebot stehen- den Mitteln bewundern, nach welcher der Kaiser von Rußland aus keinem anderen Grunde um Nichtintervention zwischen Preußen und Oesterreich gebeten wird, als damit „der Krieg nicht zu ei- nem europäischen werde,“ sondern damit Preußen allein das Vergnügen habe, mit Oesterreich in der Zerrüttung der beiderseitigen Finanzen zu wettei- fern. Jn derselben Numer bringen unsere „ Neue- sten Nachrichten einen Brief der Berliner mini- steriellen „Deutschen Reform“ aus Wien. Der „Karlsruher Ztg.“ wird aus Frankfurt vom 4. Juni geschrieben: Die Demokratie ist in Frankfurt für den Augenblick machtlos, aber zahl- reich und ununterbrochen thätig, und sie hat, wie anderswo, nachdem bisher vorzugsweise an der Haltung der Truppen ihr Bestreben gescheitert, ihre Thätigkeit gegen dies hauptsächlichste Hinder- niß zu richten begonnen und zunächst die Einen gegen die Andern aufzuhetzen versucht. Die Bayern liegen in Sachsenhausen und kommen mit den übrigen Truppentheilen weniger in Berührung; die Oesterreicher sind theilweise Böhmen, die kein Deutsch verstehen, theilweise sind sie erst eben hier eingerückt; es bleiben also die Preußen und die Frankfurter, und bei diesen -- namentlich den Frankfurtern -- geworbenen Leuten aus aller Herren Länder, und mitunter von den zweifelhaf- testen Antezedentien, sind die Hetzereien nicht ohne Erfolg geblieben, und so bedurfte es nur eines bestimmten Anlasses, um die Verstimmung in Er- bitterung zu verwandeln. Ein solcher Anlaß war das kürzliche Manöver. Heidelberg, 2. Juni. Auf dem vor zwei Jahren in Jena abgehaltenen Universitäts=Congresse wurde beschlossen, daß der nächste in Heidelberg sollte gehalten werden. Allein wie so Vieles bei den damals obwaltenden Verhältnissen in den Hin- tergrund treten mußte, so war es auch mit die- sem Congresse. Er konnte unter den damaligen Verhältnissen nicht stattfinden. Dieses soll nun in diesem Jahre geschehen, und zwar in dem Mo- nate September. Unsere Staatsregierung hat dazu nicht nur bereits die Erlaubniß ertheilt, sondern auch der betreffenden Komission zur Bestreitung von dadurch herbeigeführten Ausgaben eine be- stimmte Summe zur Verfügung gestellt. ( Sch. M. ) Stuttgart, 3. Jum. Unsere Landesversamm- lung befindet sich in einem mitleiderregenden Zu- stand; sie kann nicht leben und nicht sterben, und ist sich selbst zur Qual. Viele Mitglieder gehen deßhalb mit dem verzweifelten Gedanken um, ih- rem Leben ein gewaltsames Ende zu bereiten, und sind nur noch in der Wahl der Todesart verle- gen. Wozu das elende Dasein noch länger fri- sten? rufen sie in richtiger Erkenntniß der Unheil- barkeit ihrer Krankheit aus; ein rascher Tod, ein schnelles Ende ist diesen Martern langsamen Hin- siechens weitaus vorzuziehen. Andere dagegen ha- ben noch mehr Religion, indem sie den Entschluß aussprechen, ihr Sterbestündlein in Geduld und Ergebung abzuwarten, und als wahre Christen- menschen mit Fassung zu ertragen, was der Him- mel über sie kommen läßt. Seit die Minister durch ihr Ausbleiben in der letzten Verhandlung zu erkennen gegeben haben, daß sie vorerst nichts mehr mit der Versammlung zu beginnen wissen, und sich damit die leidende Versammlung als wie der Kranke von seinem Arzte aufgegeben sieht, ist bleicher Schrecken in ihre Glieder gefahren. Die- ser Landesversammlung geht es nun wie einem vollblütigen Jüngling, dem erfahrene Männer stets wohlmeinend und warnend zuriefen, nicht allzusehr auf seine Gesundheit hineinzustürmen, der aber im Glauben an die Unerschöpflichkeit seiner Kraft sämmtlichen Warnungen zum Trotz sich allen Leidenschaften überließ, bis er endlich siech und matt auf das Krankenlager kam. Nim- mermehr wollte die Landesversammlung glauben, daß auch ihre Kraft gebrochen werden könne; sie fühlte sich äußerlich stark und kräftig, tobte nach allen Seiten hin, aber siehe da, plötzlich befällt sie ein schleichendes Fieber und ohnmächtig und gebrochen wälzt sie sich nun auf ihrem Lager, und wenn sie dem Fieberkranken gleich auch noch öfters unmuthig vom Lager aufspringt und ihren Zustand unerträglich findet, so muß sie fortan doch Alles geduldig über sich ergehen lassen, und manche bittere Pille schlucken. ( K. Z. ) Stuttgart, 4. Juni. Die Abstimmung von gestern Nacht hat im Lager der Demokratie eine große Erbitterung gegen die beiden Abgeordneten A. Seeger und Zimmermann hervorgebracht, durch deren Nein die Anklage des Ministers des Aus- wärtigen Frhrn. v. Wächter=Splitter vor der Ver- tagung der Landesversammlung nicht mehr be- schlossen werden konnte, um so mehr, als Alle überzeugt sein zu dürfen glauben, daß die Ver- sammlung nicht wieder werde zusammenkommen, sondern während der Vertagung aufgelöst werden wird. Dresden, 2. Juni. Die gestern stattgehabte Auflösung der Kammern hat hier im Allgemeinen mehr einen befriedigenden als einen aufregenden Eindruck hervorgebracht, und schon heute sucht man fast vergeblich nach einer äußerlichen hervor- tretenden Wirkung derselben. Ein großer Theil der Abgeordneten hat bereits gestern Dresden ver- lassen. Wie wenig die Regierung von der Auf- lösung der Kammern für Störung der öffentli- chen Ruhe gefürchtet hat, geht am deutlichsten daraus hervor, daß sowohl während des Auflö- sungsaktes selbst, als auch nach demselben, fast gar keine außergewöhnlichen Sicherheitsmaßregeln getroffen worden waren. Jm Landhause waren außer den gewöhnlichen beiden Ehrenposten nur einige Polizeidiener zu bemerken, die denn auch mehr als ausreichend gewesen sind, um einige aus dem Galleriepublikum sich bildende Gruppen er- folgreich zum Auseinandergehen einzuladen. Die Verstärkung mehrerer Wachtposten und einige in der Nacht die Stadt durchziehende Patrouil- len finden ihre Ursachen mehr in der Na- tur des Belagerungszustandes als in der Beforg- niß vor staatsgefährlichen Demonstrationen. Wie wir vernehmen, wird die Regierung die Gründe, welche sie zu der Auflösung der Kammern bewo- gen haben, dem Lande in einer besonderen An- sprache darlegen. ( v. morg. Nummer. ) Dresden, 3. Juni. Das Justizministerium macht bekannt, daß nunmehr Todesstrafen, welche wegen von heute an begangener Verbrechen erkannt werden, zum Vollzuge kommen, insoweit nicht Se. Maj. der König in einzelnen Fällen aus besonde- ren Gründen eine Begnadigung eintreten zu lassen geruhen wird. Dresden, 4. Juni. Das Gesammtministe- rium hat beschlossen, den mittelst Bekanntmachung vom 8. Mai v. J. über die Residenzstadt Dres- den und deren Umgebung im Kreise von drei Mei- len verhangenen Kriegszustand wiederum aufzu- heben. Hannover, 31. Mai. Unlängst hat eine Be- rathung der Minister mit dem Präsidenten und Vicepräsidenten stattgefunden, der in der Ver- tagung der Stände Ende Juni für zweckmäßig erachtet und bestimmt wurde, welche von den Ge- setzentwürfen noch zuvor erledigt werden sollen. Unter den Gesetzentwürfen, welche aber einstweilen zurückgelegt werden sollen, ist auch der über das Volksschulwesen. Gegen die Vertagung, welche namentlich von den ländlichen Abgeordneten ge- wünscht wird, sollen sich Stüve und Ellissen er- klärt haben. ( Weserz. ) Wien, 31. Mai. Nach einem ministeriellen Erlasse werden die Herbstferien an der hiesigen Universität schon am 15. Juni beginnen und bis zum 15. Okt. dauern, damit die Reformen, welche das Ministerium in dem höheren Studienplane vorzunehmen gedenkt, vollendet werden könnten. Wien, 1. Juni. Auf der Durchreise des Kaisers durch Klagenfurt hatte sich Arthur Gör- gey eine Audienz bei Sr. Majestät erbeten, welche ihm auch gewährt wurde. Derselbe soll, wie von einem Augenzeuge versichert wird, sehr leidend und kränklich aussehen. Wien, 1. Juni. Unter den aus der revolu- tionären Periode Ungarns herrührenden, neuer- dings aufgefundenen Schriftstücken befindet sich ein Briefwechsel Bems mit Kossuth, deren Erste- rer sich damals, augenblicklicher Sieger, in Her- mannstadt befand und den Lenker der Schicksale Ungarns zur Milde gegen die kaum bezwungenen Sachsen und Romanen zu stimmen suchte. Doch Kossuth, der trotz, des hellen, beinahe gemüthlichen Glanzes seiner blauen Augen stets große Vor- liebe für terroristische Maßregeln nährte, sprach sich in ziemlich schlechtem Französisch gegen das System der Nachsicht aus und scheint jedenfalls den Ausschlag gegeben zu haben: die Hinrichtung des Pfarrers Roth und eine Reihe ähnlicher, beauerlichen Maßregeln liefern dafür nur all- zudeutliche Belege. Daß überhaupt Milde keine Tugend der revolutionären ungarischen Regierung war, ist durch eine Menge unwi- dersprechlicher Thatsachen festgestellt. Nahebei hundert angeblich wegen Hochverraths gefällte und in der That vollzogene Urtheile, fast durchweg auf Todesstrafe lautend, sind bereits nachgewiesen. Wie wir vernehmen, wird das betreffende Verzei- chniß als sehr charakteristischer Beitrag zur Ge- schichte des magyarischen Aufstandes demnächst ver- öffentlicht werden. Wien, 2. Juni. Aus Venedig wird be- richtet: Die Stimmung ist hier ziemlich befriedi- gend, auffallend war nur, daß gerade an jenem Tage, wo die Kunde von dem gegen die Person Sr. Majestät des Königs von Preußen versuchten Attentate hieher kam, zahlreiche rothe Abzeichen, als: z. B. Halsbinden, Hutbänder u. dergl. auf- tauchten. Berlin, 1. Juni. Die Vorarbeiten des Mi- nisters von der Heydt für den Kasseler „ Zoll- kongreß haben im Staatsministerium entschie- dene Widersacher gefunden; die Herren v. Rabe und v. Manteuffel, die dem Princip des freicn Handels zugethan sind, werden ihnen nicht zu- stimmen, und somit erscheint es zweifelhaft, ob sie die Billigung des Staatsministeriums überhaupt finden werden. -- Von Seiten unserer Jndustriel- len wird die Kündigung des „Handelsvertrages mit Belgien“ dringend gefordert, und Herr v. d. Heidt ist geneigt, diesem Verlangen nachzugeben. Posen, 1. Juni. Die Zeitungen haben bereits des Aufenthalts des Geh. Raths ( in catholicis ) aus unserm Cultusministerium, Hrn. Aulicke, er- wähnt; wie wir jetzt berichten können, hat dessen Anwesenheit wichtige Früchte getragen, indem ein- mal der Streit wegen der Eidesleistung der ka- tholischen Geistlichen auf die Verfassung zur völli- gen Zufriedenheit der Regierung ausgeglichen ist, so daß schon heute die katholischen Religionslehrer diesen Eid in Folge einer Anweisung von Seite des Erzbischofs abgelegt haben; und dann das seit 1842 vom hiesigen Clerus mit großem Eifer betriebene Werk der Gründung einer katholisch- theologischen Fakultät in unserer Stadt, gleich wie in Münster in Westphalen, und in Braunsberg ( Collegium Hosianum ) in Ostpreußen, nunmehr zur Ausführung kommen wird. Seit 1842 hat sich ein Fundationskapital von mehr als 100,000 Thlrn. angesammelt; dazu kommen die Fonds des hiesigen, jetzt aufhörenden Priesterseminars, so daß es an Geldmitteln nicht gebricht. Es werden acht Lehrstühle eingerichtet werden: 5 für katholifche Theologie, 1 für Philosophie, 1 für classische Philologie und 1 für Geschichte. Ob die Anstalt einen ausschließlich polnischen Charakter erhalten werde, haben wir bisher nicht in Erfahrung brin- gen können; doch ist so viel gewiß, daß dem Erz- bischof das Recht, die Fakultätslehrer zu berufen, eingeräumt worden ist. ( F. O.=P.=Z. ) Frankreich. C Paris, 2. Juni. Die Stellung des Ge- rals Changarnier zum Präsidenten der Republik ist seit einem Jahre der Gegenstand der wider- sprechendsten Beurtheilungen. Nach dem 29. Jan. 1849 glaubte man, daß Changarnier Herrn L. Bonaparte zur Erlangung des Kaiserthrons be- hülflich sein werde. Am 13. Juni desselben Jah- res „rettete Changarnier die Gesellschaft“, indem er einen Putsch vereitelte und vor Allem die Na- tionalversammlung von einigen unbequemen Mon-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 136. Würzburg, 7. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische136_1850/3>, abgerufen am 04.12.2024.