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Die Bayerische Presse. Nr. 136. Würzburg, 7. Juni 1850.

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[Spaltenumbruch] der Hoffnung und der Erlösungszuversicht aus den
Uebeln der Welt, welche die Religion allein ge-
währt, können gerade die leidenden und gedrückten
Classen der Menschen am wenigsten entbehren.
Das Christenthum vollends ist ja in ganz spezifi-
scher Weise die Religion der Armen, der Geplag-
ten, der Unglücklichen. Wenn daher die arbeiten-
den Classen wirklich, wie behauptet wird, mit so
viel Noth des Lebens zu kämpfen, wennn sie
Grund haben ihre Zustände als drückend und un-
glücklich zu beklagen, wie sollten denn sie ein Jn-
teresse dabei finden die Wahrheit der Religion zu
läugnen, von der allein sie die heilsamste Stär-
kung in der Noth empfangen können?

   

Das Schauspiel, welches Frankreich seit der
Februar=Revolution darbietet, ist eins der trau-
rigsten und zugleich eins der belehrendsten, die
man sehen kann; es zeigt klar die stets wachsende
und täglich mehr hervortretende Ohnmacht der
Jdeen und Grundsätze, welche die französischen
Revolution in der Welt geltend machen wollte.
Seit 60 Jahren suchen diese Jdeen und Grund-
sätze eine Regierung zu gründen, wodurch sie die
Gesellschaft leiten konnten, und all ihre Versuche
sind gänzlich mißlungen. Alle Regierungen, wel-
che die Revolution seit 1789 zu gründen gesucht
hat, sind gefallen, die einen unter dem Gewicht
der Verachtung, die sie einflößten, die andern da-
durch, daß sie sich dem Prinzip zu entziehen such-
ten, dem sie ihr Dasein verdankten. Selbst das
Kaiserreich, dessen Fall zur unmittelbaren Ursache
die Niederlage unserer Heere und das Einrücken
der Feinde in Frankreich hatte, ist durch das
Phantom der Revolution an den Rand des Ab-
grundes gebracht. Napoleon gestand auf St. He-
lena: "ich mußte ohne Unterlaß siegen, um den
revolutionären Concessionen zu entgehen, die der
Friede von mir verlangt haben würde." Er wollte
also lieber seinen beständigen Krieg gegen Europa
führen, als im Jnnern gegen die revolutionären
Consequenzen seines Ursprunges kämpfen, die Wech-
selfälle des Krieges schienen ihm minder gefähr-
lich, als der Abhang, auf dem sein Thron stand.
Der revolutionäre Ursprung seiner Macht war es
also, welcher den Kaiser zu den thörichten und
riesigen Kriegszügen nöthigte, die seinen Sturz
herbeigeführt haben. -- Die Restauration ist
gefallen, indem sie gegen die in der Charte von
1814 enthaltenen revolutionären Grundsätze anzu-
kämpfen suchte. -- Louis Philipp hat den Kampf
nicht einmal versucht. Die Nationalgarde hatte
im Namen der Volkssouverainetät feinen Thron
aufgerichtet, sie hat ihn, ohne es zu wissen und
zu wollen, umgestützt durch ihr Geschrei: "es
lebe die Reform!" und es gelang der Revolu-
tion, nach einer mehr als 40jährigen Unterbre-
chung Frankreich auf's Neue die republikanische
Regierungsform aufzulegen, welche der wahrste
Ausdruck ihrer Grundsätze ist. Diese privilegirte
Regierung der Revolution hat nur 4 Monate
dauern können, vom 24. Februar bis zum 25.
Juni. Seit dem Juni 1848 ist die Revolution
unter Vormundschaft gesetzt: die Republik hat der
Militärdiktatur unter Cavaignac Platz gemacht,
um sich dann unter Louis Nepoleon in eine
Quasi=Monarchie zu verwandeln. Der Name der
Republik steht noch an den öffentlichen Gebäuden,
die republikanischen Regierung hat aber aufgehört,
zu existiren. Diejenigen, welche in ihrem Namen
handeln, sprechen von ihr mit der größten Ver-
achtung. Die niedern Klassen, welche sie mit Be-
geisterung begrüßt haben, finden ihren Glauben
an sie sehr erschüttert. Die Arbeiter und die
Bauern stimmen noch für die republikanischen und
socialistischen Candidaten und werden es noch
lange thun, aber es fällt ihnen nicht mehr ein,
sich für die Chimären des Socialismus zu schla-
gen. Nur die untersten Schichten der Pariser
Bevölkerung sind der Republik noch wahrhaft er-
geben. Wird also die Republik bald aufhören?
Ja und nein. Ja, denn sie hängt nur an einem
Faden. Nein, denn man ist nicht einig darüber,
wer ihr folgen soll und wird sich auch vielleicht
nicht sobald darüber einigen. Die Zeit hat indeß
[Spaltenumbruch] seit einigen Monaten die Frage sehr vereinfacht
und vereinfacht sie täglich mehr. Die Täuschun-
gen und Hoffnungen z. B., welche Louis Napo-
leon 6 Millionen Stimmen verschafft haben, be-
ginnen schon zu zerrinnen. Das Volk, nament-
lich auf dem Lande, hat sich durch diesen Namen
verleiten lassen und sich eingebildet, er allein ver-
möge den Ruhm und die Sicherheit des Kaiser-
reichs zurückzuführen; der Kaiser schläft aber im
Hotel der Jnvaliden den ewigen Schlaf und das
Volk hat bald von dem Erwählten des 10. De-
zember gesagt, was der Fuchs in der Fabel von
der Larve: o quanta species. cerebrum non
habet
. -- Diese Schwierigkeit ist also beseitigt;
eine viel größere besteht aber noch, die Rivalität
der beiden Zweige des Hauses Bourbon; so
lange sie dauert, bleiben wir im Provisorium.
Vor 6 Monaten war das, was man la fusion
nennt und was eigentlich nichts anders ist, als
eine einfache Verzichtleistung des Hauses Orleans
auf die Krone, viel weniger vorgerückt, als jetzt,
wenigstens glaubten dieses diejenigen, welche bei
dieser Sache thätig sind. Man rechnete auf den
jetzt in England stattfindenden Familien=Congreß
und die Anwesenheit der Herzogin von Orleans zu
Claremont, hat sich aber ganz getäuscht. Die
Herzogin hat bis jetzt allem Zureden kein Gehör
gegeben, und hält, wie sie sagt, ihren Sohn zur
Disposition für Frankreich, für den Fall, daß es,
der revolutionären Experimente müde, zur Monar-
chie zurückkehrt. Die Herzogin ist sicher die aus-
gezeichnetste Fürstin unserer Zeit; sie hat einen
seltenen Geist und ein heroisches Herz. Der Muth
und die Geistesgegenwart, die sie am 24. Febr.
bewiesen hat, müßten sie allein unsterblich ma-
chen; aber sie hat mehr Phantasie als Verstand.
Sie ist aus einer Prinzessin eines kleinen deut-
schen Hofes die Gattin des Thronerben von
Frankreich geworden und es ist darum begreiflich,
daß sie damals eine glänzende Zukunft erwartete.
Jhre gerechten Hoffnungen wurden durch den Tod
des Prinzen vernichtet, und da mußte sie natür-
lich ihre Gefühle und Erwartungen ganz auf ih-
ren Sohn übertragen. Seit dem 24. Febr. mag
ihr oft das Bild Maria Theresia's vorgeschwebt
und ihre mütterliche Zärtlichkeit gesteigert haben.
Alle diese Gefühle sind so natürlich, so edel und
erhaben, daß man sich über den Jrrthum nicht
wundern kann, zu dem sie ein Geist verleitet hat,
der es nie recht verstanden hat, sich vor den ge-
bieterischen Forderungen der Politik zu beugen.



Landtagsverhandlungen.

München, 3. Juni. Der III. Ausschuß der
Kammer der Abgeordneten hat auf Antrag des
Referenten Hirschberger über die Gesuche und
Vorstellungen um Ausscheidung aus der allge-
meinen Jmmobiliar = Feuerversicherungsanstalt und
beziehungsweise Abänderung des Gesetzes vom 1.
Juli 1834, die allgemeine Brandversicherungs-
ordnung betreffend, beschlossen, folgende Anträge
an die Kammer zu bringen: I. den Anträgen auf
Aufhebung der allgemeinen bayerischen Jmmobi-
liar=Versicherungs=Anstalt sowohl, als auf bloße
Dezentralisation derselben und Ausscheidung nach
Kreisen und Städten sei nicht statt zu geben, da-
gegen II. an die königl. Staatsregierung unter
Mittheilung sämmtlicher Original=Vorstellungen
die Bitte zu stellen, 1 ) die dermalen geltende
Brandversicherungsordnung unter besonderer Rück-
sichtsnahme auf die erhobenen Beschwerden a )
über mangelhafte Klassifikation, b ) über Ueber-
schätzung des Gebäudewerthes, c ) über Mangel
an Kontrolle durch die Betheiligten, d ) über
mangelhafte Handhabung der Feuerpolizei und e )
über Mängel am Vollzug überhaupt, einer gründ-
lichen Revision zu unterstellen und einen hierauf
gegründeten Gesetzentwurf dem nächsten Landtage
vorzulegen; 2 ) die Abstellung jener Gebrechen,
deren Beseitigung schon nach den gegenwärtig gel-
tenden Gesetzen und Berordnungen verfügt wer-
den kann, sofort anzuordnen.

[Spaltenumbruch]

München, 5. Juni. Die Kammer der Ab-
geordneten hat heute, um endlich über den Gese-
tzes=Entwurf: "die Geschäftsordnung des Land-
tags betr.," einen Gesammtbeschluß zu erzielen,
den Anträgen der Reichsräthe nachgegeben, wonach
der Gesetzes=Entwurf schon morgen an Se. Maj.
den König in der von der Regierung genehm be-
fundenen Fassung übergeben wird. Deßgleichen
wurde den Wünschen der Reichsräthe über den
Gesetzes=Entwurf: "die Vorspanns= und Quar-
tierlasten betr.," in den meisten Punkten entsprochen.

Deutschland.

München, 1. Juni. Gegen den hiesigen
"Volksboten" ist wegen Beleidigung des 2. Prä-
sidenten Weis auf Grund des Preßgesetzes von
der Staatsbehörde eine Untersuchung eingeleitet.

München, 1. Juni. Se. k. Hoh. der Prinz
Albert von Sachsen ist heute Mittag 11 Uhr mit
Extrapost von hier nach Salzburg abgereist. Vor
dieser Abreise machten JJ. kk. MM. Max und
Ludwig noch persönlich die Abschiedsvisite. Der
Telegraph meldet im Voraus nach Salzburg, daß
der hohe Reisende München verlassen, heute in
Trauenstein übernachten und morgen zum Mit-
tagszeit in Salzburg ankommen wird. -- Das
erlauchte Königspaar Max und Marie begibt sich
erst morgen nach Berg. -- Der Armeebefehl ist
heute von Sr. Majestät unterzeichnet worden und
enthält gegen 400 Beförderungen. Das Erschei-
nen desselben dürfte jedoch erst in der nächsten
Woche erfolgen. -- Eine projektirte theilweise
Beurlaubung im 2. Armeecorps ist wieder rück-
gängig gemacht worden.

   

g München, 4. Juni. Wir haben hier ein
Blättchen, das wegen seines Annoncenreichthums
viel gelesen, inmitten der Haupt= und Residenz-
stadt des Königreichs Bayern nichts eifriger zu
thun hat, als uns den Bayern feindlichen und
Preußen freundlichen Blättern Alles zusammenzu-
lesen, was irgend die Politik Preußens in ein
günstiges, diejenige Bayerns oder Oesterreichs in
ein ungünstiges Licht zu stellen ihm geeignet scheint.
Es ist dies eine traurige Erscheinung, wenn der
sich so nennende "Liberalismus" mit dem Hasse
gegen das eigene nächste Vaterland anfangen zu
müssen glaubt, um seine "Jdeen" zu veranschau-
lichen. Wer das engere Vaterland nicht zu lie-
ben versteht, wird nie und nimmermehr das wei-
tere zu lieben vermögen. Es ist durchaus nicht
etwa die Gerechtigkeitsliebe, die sich hier geltend
macht, indem sie auch die preuß. Anschauung der
Dinge mitvertreten lassen wollte, noch ist es der
liebe Zufall oder eine Art von Unzurechnungsfä-
higkeit des Redigirenden, sondern die strengste Par-
tei=Auffassung vom reinsten Wasser, welche überall
nur Dasjenige aus der Unmasse von verschieden-
artigsten politischen Nachrichten den Lesern mit-
theilt, was der specifisch preußischen Politik irgend-
wie Vorschub leisten kann. Jn der Regel werden
auch -- wie dies allerdings bei ganz unbedeuten-
den politischen Tagesblättern zu geschehen pflegt --
die Quellen nicht angegeben. Man merkt aber
nicht, woher die Nachrichten fließen. Heute lesen
wir eine sehr neue Nachricht in diesem Blättchen,
die ohne Zweifel die Absicht hat, Oesterreich recht
schrecklich in der öffentlichen Meinung herunterzu-
setzen, damit Preußen desto höher steige. Man
höre nur ein Stück dieser politischen Weisheit:
"Nach einer andern nicht minder zuverlässigen
Quelle hat der Prinz von Preußen zugleich den
Auftrag, den Kaiser von Rußland dahin zu be-
stimmen, daß er -- falls Oesterreich einen im
Bundesrecht nicht begründeten Krieg gegen Preußen
beginne -- sich nicht einmische, damit dieser Krieg
nicht zu einem europäischen werde." Erstens möch-
ten wir fragen: in welchem Artikel des Bundes-
rechts wohl angegeben ist, wie ein Krieg ausse-
hen muß, damit er als "im Bundesrecht begrün-
det " erscheine. Nach diesem erst wäre es wohl
möglich anzugeben, welches ein im Bundes-
recht nicht begründeter Krieg
sei. Zwei-
tens müssen wir allerdings nach jener "nicht min-
der zuverlässigen Quelle" die Großmuth des preu-

[Spaltenumbruch] der Hoffnung und der Erlösungszuversicht aus den
Uebeln der Welt, welche die Religion allein ge-
währt, können gerade die leidenden und gedrückten
Classen der Menschen am wenigsten entbehren.
Das Christenthum vollends ist ja in ganz spezifi-
scher Weise die Religion der Armen, der Geplag-
ten, der Unglücklichen. Wenn daher die arbeiten-
den Classen wirklich, wie behauptet wird, mit so
viel Noth des Lebens zu kämpfen, wennn sie
Grund haben ihre Zustände als drückend und un-
glücklich zu beklagen, wie sollten denn sie ein Jn-
teresse dabei finden die Wahrheit der Religion zu
läugnen, von der allein sie die heilsamste Stär-
kung in der Noth empfangen können?

   

Das Schauspiel, welches Frankreich seit der
Februar=Revolution darbietet, ist eins der trau-
rigsten und zugleich eins der belehrendsten, die
man sehen kann; es zeigt klar die stets wachsende
und täglich mehr hervortretende Ohnmacht der
Jdeen und Grundsätze, welche die französischen
Revolution in der Welt geltend machen wollte.
Seit 60 Jahren suchen diese Jdeen und Grund-
sätze eine Regierung zu gründen, wodurch sie die
Gesellschaft leiten konnten, und all ihre Versuche
sind gänzlich mißlungen. Alle Regierungen, wel-
che die Revolution seit 1789 zu gründen gesucht
hat, sind gefallen, die einen unter dem Gewicht
der Verachtung, die sie einflößten, die andern da-
durch, daß sie sich dem Prinzip zu entziehen such-
ten, dem sie ihr Dasein verdankten. Selbst das
Kaiserreich, dessen Fall zur unmittelbaren Ursache
die Niederlage unserer Heere und das Einrücken
der Feinde in Frankreich hatte, ist durch das
Phantom der Revolution an den Rand des Ab-
grundes gebracht. Napoleon gestand auf St. He-
lena: „ich mußte ohne Unterlaß siegen, um den
revolutionären Concessionen zu entgehen, die der
Friede von mir verlangt haben würde.“ Er wollte
also lieber seinen beständigen Krieg gegen Europa
führen, als im Jnnern gegen die revolutionären
Consequenzen seines Ursprunges kämpfen, die Wech-
selfälle des Krieges schienen ihm minder gefähr-
lich, als der Abhang, auf dem sein Thron stand.
Der revolutionäre Ursprung seiner Macht war es
also, welcher den Kaiser zu den thörichten und
riesigen Kriegszügen nöthigte, die seinen Sturz
herbeigeführt haben. -- Die Restauration ist
gefallen, indem sie gegen die in der Charte von
1814 enthaltenen revolutionären Grundsätze anzu-
kämpfen suchte. -- Louis Philipp hat den Kampf
nicht einmal versucht. Die Nationalgarde hatte
im Namen der Volkssouverainetät feinen Thron
aufgerichtet, sie hat ihn, ohne es zu wissen und
zu wollen, umgestützt durch ihr Geschrei: „es
lebe die Reform!“ und es gelang der Revolu-
tion, nach einer mehr als 40jährigen Unterbre-
chung Frankreich auf's Neue die republikanische
Regierungsform aufzulegen, welche der wahrste
Ausdruck ihrer Grundsätze ist. Diese privilegirte
Regierung der Revolution hat nur 4 Monate
dauern können, vom 24. Februar bis zum 25.
Juni. Seit dem Juni 1848 ist die Revolution
unter Vormundschaft gesetzt: die Republik hat der
Militärdiktatur unter Cavaignac Platz gemacht,
um sich dann unter Louis Nepoleon in eine
Quasi=Monarchie zu verwandeln. Der Name der
Republik steht noch an den öffentlichen Gebäuden,
die republikanischen Regierung hat aber aufgehört,
zu existiren. Diejenigen, welche in ihrem Namen
handeln, sprechen von ihr mit der größten Ver-
achtung. Die niedern Klassen, welche sie mit Be-
geisterung begrüßt haben, finden ihren Glauben
an sie sehr erschüttert. Die Arbeiter und die
Bauern stimmen noch für die republikanischen und
socialistischen Candidaten und werden es noch
lange thun, aber es fällt ihnen nicht mehr ein,
sich für die Chimären des Socialismus zu schla-
gen. Nur die untersten Schichten der Pariser
Bevölkerung sind der Republik noch wahrhaft er-
geben. Wird also die Republik bald aufhören?
Ja und nein. Ja, denn sie hängt nur an einem
Faden. Nein, denn man ist nicht einig darüber,
wer ihr folgen soll und wird sich auch vielleicht
nicht sobald darüber einigen. Die Zeit hat indeß
[Spaltenumbruch] seit einigen Monaten die Frage sehr vereinfacht
und vereinfacht sie täglich mehr. Die Täuschun-
gen und Hoffnungen z. B., welche Louis Napo-
leon 6 Millionen Stimmen verschafft haben, be-
ginnen schon zu zerrinnen. Das Volk, nament-
lich auf dem Lande, hat sich durch diesen Namen
verleiten lassen und sich eingebildet, er allein ver-
möge den Ruhm und die Sicherheit des Kaiser-
reichs zurückzuführen; der Kaiser schläft aber im
Hotel der Jnvaliden den ewigen Schlaf und das
Volk hat bald von dem Erwählten des 10. De-
zember gesagt, was der Fuchs in der Fabel von
der Larve: o quanta species. cerebrum non
habet
. -- Diese Schwierigkeit ist also beseitigt;
eine viel größere besteht aber noch, die Rivalität
der beiden Zweige des Hauses Bourbon; so
lange sie dauert, bleiben wir im Provisorium.
Vor 6 Monaten war das, was man la fusion
nennt und was eigentlich nichts anders ist, als
eine einfache Verzichtleistung des Hauses Orleans
auf die Krone, viel weniger vorgerückt, als jetzt,
wenigstens glaubten dieses diejenigen, welche bei
dieser Sache thätig sind. Man rechnete auf den
jetzt in England stattfindenden Familien=Congreß
und die Anwesenheit der Herzogin von Orleans zu
Claremont, hat sich aber ganz getäuscht. Die
Herzogin hat bis jetzt allem Zureden kein Gehör
gegeben, und hält, wie sie sagt, ihren Sohn zur
Disposition für Frankreich, für den Fall, daß es,
der revolutionären Experimente müde, zur Monar-
chie zurückkehrt. Die Herzogin ist sicher die aus-
gezeichnetste Fürstin unserer Zeit; sie hat einen
seltenen Geist und ein heroisches Herz. Der Muth
und die Geistesgegenwart, die sie am 24. Febr.
bewiesen hat, müßten sie allein unsterblich ma-
chen; aber sie hat mehr Phantasie als Verstand.
Sie ist aus einer Prinzessin eines kleinen deut-
schen Hofes die Gattin des Thronerben von
Frankreich geworden und es ist darum begreiflich,
daß sie damals eine glänzende Zukunft erwartete.
Jhre gerechten Hoffnungen wurden durch den Tod
des Prinzen vernichtet, und da mußte sie natür-
lich ihre Gefühle und Erwartungen ganz auf ih-
ren Sohn übertragen. Seit dem 24. Febr. mag
ihr oft das Bild Maria Theresia's vorgeschwebt
und ihre mütterliche Zärtlichkeit gesteigert haben.
Alle diese Gefühle sind so natürlich, so edel und
erhaben, daß man sich über den Jrrthum nicht
wundern kann, zu dem sie ein Geist verleitet hat,
der es nie recht verstanden hat, sich vor den ge-
bieterischen Forderungen der Politik zu beugen.



Landtagsverhandlungen.

München, 3. Juni. Der III. Ausschuß der
Kammer der Abgeordneten hat auf Antrag des
Referenten Hirschberger über die Gesuche und
Vorstellungen um Ausscheidung aus der allge-
meinen Jmmobiliar = Feuerversicherungsanstalt und
beziehungsweise Abänderung des Gesetzes vom 1.
Juli 1834, die allgemeine Brandversicherungs-
ordnung betreffend, beschlossen, folgende Anträge
an die Kammer zu bringen: I. den Anträgen auf
Aufhebung der allgemeinen bayerischen Jmmobi-
liar=Versicherungs=Anstalt sowohl, als auf bloße
Dezentralisation derselben und Ausscheidung nach
Kreisen und Städten sei nicht statt zu geben, da-
gegen II. an die königl. Staatsregierung unter
Mittheilung sämmtlicher Original=Vorstellungen
die Bitte zu stellen, 1 ) die dermalen geltende
Brandversicherungsordnung unter besonderer Rück-
sichtsnahme auf die erhobenen Beschwerden a )
über mangelhafte Klassifikation, b ) über Ueber-
schätzung des Gebäudewerthes, c ) über Mangel
an Kontrolle durch die Betheiligten, d ) über
mangelhafte Handhabung der Feuerpolizei und e )
über Mängel am Vollzug überhaupt, einer gründ-
lichen Revision zu unterstellen und einen hierauf
gegründeten Gesetzentwurf dem nächsten Landtage
vorzulegen; 2 ) die Abstellung jener Gebrechen,
deren Beseitigung schon nach den gegenwärtig gel-
tenden Gesetzen und Berordnungen verfügt wer-
den kann, sofort anzuordnen.

[Spaltenumbruch]

München, 5. Juni. Die Kammer der Ab-
geordneten hat heute, um endlich über den Gese-
tzes=Entwurf: „die Geschäftsordnung des Land-
tags betr.,“ einen Gesammtbeschluß zu erzielen,
den Anträgen der Reichsräthe nachgegeben, wonach
der Gesetzes=Entwurf schon morgen an Se. Maj.
den König in der von der Regierung genehm be-
fundenen Fassung übergeben wird. Deßgleichen
wurde den Wünschen der Reichsräthe über den
Gesetzes=Entwurf: „die Vorspanns= und Quar-
tierlasten betr.,“ in den meisten Punkten entsprochen.

Deutschland.

München, 1. Juni. Gegen den hiesigen
„Volksboten“ ist wegen Beleidigung des 2. Prä-
sidenten Weis auf Grund des Preßgesetzes von
der Staatsbehörde eine Untersuchung eingeleitet.

München, 1. Juni. Se. k. Hoh. der Prinz
Albert von Sachsen ist heute Mittag 11 Uhr mit
Extrapost von hier nach Salzburg abgereist. Vor
dieser Abreise machten JJ. kk. MM. Max und
Ludwig noch persönlich die Abschiedsvisite. Der
Telegraph meldet im Voraus nach Salzburg, daß
der hohe Reisende München verlassen, heute in
Trauenstein übernachten und morgen zum Mit-
tagszeit in Salzburg ankommen wird. -- Das
erlauchte Königspaar Max und Marie begibt sich
erst morgen nach Berg. -- Der Armeebefehl ist
heute von Sr. Majestät unterzeichnet worden und
enthält gegen 400 Beförderungen. Das Erschei-
nen desselben dürfte jedoch erst in der nächsten
Woche erfolgen. -- Eine projektirte theilweise
Beurlaubung im 2. Armeecorps ist wieder rück-
gängig gemacht worden.

   

g München, 4. Juni. Wir haben hier ein
Blättchen, das wegen seines Annoncenreichthums
viel gelesen, inmitten der Haupt= und Residenz-
stadt des Königreichs Bayern nichts eifriger zu
thun hat, als uns den Bayern feindlichen und
Preußen freundlichen Blättern Alles zusammenzu-
lesen, was irgend die Politik Preußens in ein
günstiges, diejenige Bayerns oder Oesterreichs in
ein ungünstiges Licht zu stellen ihm geeignet scheint.
Es ist dies eine traurige Erscheinung, wenn der
sich so nennende „Liberalismus“ mit dem Hasse
gegen das eigene nächste Vaterland anfangen zu
müssen glaubt, um seine „Jdeen“ zu veranschau-
lichen. Wer das engere Vaterland nicht zu lie-
ben versteht, wird nie und nimmermehr das wei-
tere zu lieben vermögen. Es ist durchaus nicht
etwa die Gerechtigkeitsliebe, die sich hier geltend
macht, indem sie auch die preuß. Anschauung der
Dinge mitvertreten lassen wollte, noch ist es der
liebe Zufall oder eine Art von Unzurechnungsfä-
higkeit des Redigirenden, sondern die strengste Par-
tei=Auffassung vom reinsten Wasser, welche überall
nur Dasjenige aus der Unmasse von verschieden-
artigsten politischen Nachrichten den Lesern mit-
theilt, was der specifisch preußischen Politik irgend-
wie Vorschub leisten kann. Jn der Regel werden
auch -- wie dies allerdings bei ganz unbedeuten-
den politischen Tagesblättern zu geschehen pflegt --
die Quellen nicht angegeben. Man merkt aber
nicht, woher die Nachrichten fließen. Heute lesen
wir eine sehr neue Nachricht in diesem Blättchen,
die ohne Zweifel die Absicht hat, Oesterreich recht
schrecklich in der öffentlichen Meinung herunterzu-
setzen, damit Preußen desto höher steige. Man
höre nur ein Stück dieser politischen Weisheit:
„Nach einer andern nicht minder zuverlässigen
Quelle hat der Prinz von Preußen zugleich den
Auftrag, den Kaiser von Rußland dahin zu be-
stimmen, daß er -- falls Oesterreich einen im
Bundesrecht nicht begründeten Krieg gegen Preußen
beginne -- sich nicht einmische, damit dieser Krieg
nicht zu einem europäischen werde.“ Erstens möch-
ten wir fragen: in welchem Artikel des Bundes-
rechts wohl angegeben ist, wie ein Krieg ausse-
hen muß, damit er als „im Bundesrecht begrün-
det “ erscheine. Nach diesem erst wäre es wohl
möglich anzugeben, welches ein im Bundes-
recht nicht begründeter Krieg
sei. Zwei-
tens müssen wir allerdings nach jener „nicht min-
der zuverlässigen Quelle“ die Großmuth des preu-

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[0002] der Hoffnung und der Erlösungszuversicht aus den Uebeln der Welt, welche die Religion allein ge- währt, können gerade die leidenden und gedrückten Classen der Menschen am wenigsten entbehren. Das Christenthum vollends ist ja in ganz spezifi- scher Weise die Religion der Armen, der Geplag- ten, der Unglücklichen. Wenn daher die arbeiten- den Classen wirklich, wie behauptet wird, mit so viel Noth des Lebens zu kämpfen, wennn sie Grund haben ihre Zustände als drückend und un- glücklich zu beklagen, wie sollten denn sie ein Jn- teresse dabei finden die Wahrheit der Religion zu läugnen, von der allein sie die heilsamste Stär- kung in der Noth empfangen können? ( A. Z. ) Das Schauspiel, welches Frankreich seit der Februar=Revolution darbietet, ist eins der trau- rigsten und zugleich eins der belehrendsten, die man sehen kann; es zeigt klar die stets wachsende und täglich mehr hervortretende Ohnmacht der Jdeen und Grundsätze, welche die französischen Revolution in der Welt geltend machen wollte. Seit 60 Jahren suchen diese Jdeen und Grund- sätze eine Regierung zu gründen, wodurch sie die Gesellschaft leiten konnten, und all ihre Versuche sind gänzlich mißlungen. Alle Regierungen, wel- che die Revolution seit 1789 zu gründen gesucht hat, sind gefallen, die einen unter dem Gewicht der Verachtung, die sie einflößten, die andern da- durch, daß sie sich dem Prinzip zu entziehen such- ten, dem sie ihr Dasein verdankten. Selbst das Kaiserreich, dessen Fall zur unmittelbaren Ursache die Niederlage unserer Heere und das Einrücken der Feinde in Frankreich hatte, ist durch das Phantom der Revolution an den Rand des Ab- grundes gebracht. Napoleon gestand auf St. He- lena: „ich mußte ohne Unterlaß siegen, um den revolutionären Concessionen zu entgehen, die der Friede von mir verlangt haben würde.“ Er wollte also lieber seinen beständigen Krieg gegen Europa führen, als im Jnnern gegen die revolutionären Consequenzen seines Ursprunges kämpfen, die Wech- selfälle des Krieges schienen ihm minder gefähr- lich, als der Abhang, auf dem sein Thron stand. Der revolutionäre Ursprung seiner Macht war es also, welcher den Kaiser zu den thörichten und riesigen Kriegszügen nöthigte, die seinen Sturz herbeigeführt haben. -- Die Restauration ist gefallen, indem sie gegen die in der Charte von 1814 enthaltenen revolutionären Grundsätze anzu- kämpfen suchte. -- Louis Philipp hat den Kampf nicht einmal versucht. Die Nationalgarde hatte im Namen der Volkssouverainetät feinen Thron aufgerichtet, sie hat ihn, ohne es zu wissen und zu wollen, umgestützt durch ihr Geschrei: „es lebe die Reform!“ und es gelang der Revolu- tion, nach einer mehr als 40jährigen Unterbre- chung Frankreich auf's Neue die republikanische Regierungsform aufzulegen, welche der wahrste Ausdruck ihrer Grundsätze ist. Diese privilegirte Regierung der Revolution hat nur 4 Monate dauern können, vom 24. Februar bis zum 25. Juni. Seit dem Juni 1848 ist die Revolution unter Vormundschaft gesetzt: die Republik hat der Militärdiktatur unter Cavaignac Platz gemacht, um sich dann unter Louis Nepoleon in eine Quasi=Monarchie zu verwandeln. Der Name der Republik steht noch an den öffentlichen Gebäuden, die republikanischen Regierung hat aber aufgehört, zu existiren. Diejenigen, welche in ihrem Namen handeln, sprechen von ihr mit der größten Ver- achtung. Die niedern Klassen, welche sie mit Be- geisterung begrüßt haben, finden ihren Glauben an sie sehr erschüttert. Die Arbeiter und die Bauern stimmen noch für die republikanischen und socialistischen Candidaten und werden es noch lange thun, aber es fällt ihnen nicht mehr ein, sich für die Chimären des Socialismus zu schla- gen. Nur die untersten Schichten der Pariser Bevölkerung sind der Republik noch wahrhaft er- geben. Wird also die Republik bald aufhören? Ja und nein. Ja, denn sie hängt nur an einem Faden. Nein, denn man ist nicht einig darüber, wer ihr folgen soll und wird sich auch vielleicht nicht sobald darüber einigen. Die Zeit hat indeß seit einigen Monaten die Frage sehr vereinfacht und vereinfacht sie täglich mehr. Die Täuschun- gen und Hoffnungen z. B., welche Louis Napo- leon 6 Millionen Stimmen verschafft haben, be- ginnen schon zu zerrinnen. Das Volk, nament- lich auf dem Lande, hat sich durch diesen Namen verleiten lassen und sich eingebildet, er allein ver- möge den Ruhm und die Sicherheit des Kaiser- reichs zurückzuführen; der Kaiser schläft aber im Hotel der Jnvaliden den ewigen Schlaf und das Volk hat bald von dem Erwählten des 10. De- zember gesagt, was der Fuchs in der Fabel von der Larve: o quanta species. cerebrum non habet. -- Diese Schwierigkeit ist also beseitigt; eine viel größere besteht aber noch, die Rivalität der beiden Zweige des Hauses Bourbon; so lange sie dauert, bleiben wir im Provisorium. Vor 6 Monaten war das, was man la fusion nennt und was eigentlich nichts anders ist, als eine einfache Verzichtleistung des Hauses Orleans auf die Krone, viel weniger vorgerückt, als jetzt, wenigstens glaubten dieses diejenigen, welche bei dieser Sache thätig sind. Man rechnete auf den jetzt in England stattfindenden Familien=Congreß und die Anwesenheit der Herzogin von Orleans zu Claremont, hat sich aber ganz getäuscht. Die Herzogin hat bis jetzt allem Zureden kein Gehör gegeben, und hält, wie sie sagt, ihren Sohn zur Disposition für Frankreich, für den Fall, daß es, der revolutionären Experimente müde, zur Monar- chie zurückkehrt. Die Herzogin ist sicher die aus- gezeichnetste Fürstin unserer Zeit; sie hat einen seltenen Geist und ein heroisches Herz. Der Muth und die Geistesgegenwart, die sie am 24. Febr. bewiesen hat, müßten sie allein unsterblich ma- chen; aber sie hat mehr Phantasie als Verstand. Sie ist aus einer Prinzessin eines kleinen deut- schen Hofes die Gattin des Thronerben von Frankreich geworden und es ist darum begreiflich, daß sie damals eine glänzende Zukunft erwartete. Jhre gerechten Hoffnungen wurden durch den Tod des Prinzen vernichtet, und da mußte sie natür- lich ihre Gefühle und Erwartungen ganz auf ih- ren Sohn übertragen. Seit dem 24. Febr. mag ihr oft das Bild Maria Theresia's vorgeschwebt und ihre mütterliche Zärtlichkeit gesteigert haben. Alle diese Gefühle sind so natürlich, so edel und erhaben, daß man sich über den Jrrthum nicht wundern kann, zu dem sie ein Geist verleitet hat, der es nie recht verstanden hat, sich vor den ge- bieterischen Forderungen der Politik zu beugen. ( Schluß folgt. ) Landtagsverhandlungen. München, 3. Juni. Der III. Ausschuß der Kammer der Abgeordneten hat auf Antrag des Referenten Hirschberger über die Gesuche und Vorstellungen um Ausscheidung aus der allge- meinen Jmmobiliar = Feuerversicherungsanstalt und beziehungsweise Abänderung des Gesetzes vom 1. Juli 1834, die allgemeine Brandversicherungs- ordnung betreffend, beschlossen, folgende Anträge an die Kammer zu bringen: I. den Anträgen auf Aufhebung der allgemeinen bayerischen Jmmobi- liar=Versicherungs=Anstalt sowohl, als auf bloße Dezentralisation derselben und Ausscheidung nach Kreisen und Städten sei nicht statt zu geben, da- gegen II. an die königl. Staatsregierung unter Mittheilung sämmtlicher Original=Vorstellungen die Bitte zu stellen, 1 ) die dermalen geltende Brandversicherungsordnung unter besonderer Rück- sichtsnahme auf die erhobenen Beschwerden a ) über mangelhafte Klassifikation, b ) über Ueber- schätzung des Gebäudewerthes, c ) über Mangel an Kontrolle durch die Betheiligten, d ) über mangelhafte Handhabung der Feuerpolizei und e ) über Mängel am Vollzug überhaupt, einer gründ- lichen Revision zu unterstellen und einen hierauf gegründeten Gesetzentwurf dem nächsten Landtage vorzulegen; 2 ) die Abstellung jener Gebrechen, deren Beseitigung schon nach den gegenwärtig gel- tenden Gesetzen und Berordnungen verfügt wer- den kann, sofort anzuordnen. ( N. Korresp. ) München, 5. Juni. Die Kammer der Ab- geordneten hat heute, um endlich über den Gese- tzes=Entwurf: „die Geschäftsordnung des Land- tags betr.,“ einen Gesammtbeschluß zu erzielen, den Anträgen der Reichsräthe nachgegeben, wonach der Gesetzes=Entwurf schon morgen an Se. Maj. den König in der von der Regierung genehm be- fundenen Fassung übergeben wird. Deßgleichen wurde den Wünschen der Reichsräthe über den Gesetzes=Entwurf: „die Vorspanns= und Quar- tierlasten betr.,“ in den meisten Punkten entsprochen. Deutschland. München, 1. Juni. Gegen den hiesigen „Volksboten“ ist wegen Beleidigung des 2. Prä- sidenten Weis auf Grund des Preßgesetzes von der Staatsbehörde eine Untersuchung eingeleitet. München, 1. Juni. Se. k. Hoh. der Prinz Albert von Sachsen ist heute Mittag 11 Uhr mit Extrapost von hier nach Salzburg abgereist. Vor dieser Abreise machten JJ. kk. MM. Max und Ludwig noch persönlich die Abschiedsvisite. Der Telegraph meldet im Voraus nach Salzburg, daß der hohe Reisende München verlassen, heute in Trauenstein übernachten und morgen zum Mit- tagszeit in Salzburg ankommen wird. -- Das erlauchte Königspaar Max und Marie begibt sich erst morgen nach Berg. -- Der Armeebefehl ist heute von Sr. Majestät unterzeichnet worden und enthält gegen 400 Beförderungen. Das Erschei- nen desselben dürfte jedoch erst in der nächsten Woche erfolgen. -- Eine projektirte theilweise Beurlaubung im 2. Armeecorps ist wieder rück- gängig gemacht worden. ( A. Ab. ) g München, 4. Juni. Wir haben hier ein Blättchen, das wegen seines Annoncenreichthums viel gelesen, inmitten der Haupt= und Residenz- stadt des Königreichs Bayern nichts eifriger zu thun hat, als uns den Bayern feindlichen und Preußen freundlichen Blättern Alles zusammenzu- lesen, was irgend die Politik Preußens in ein günstiges, diejenige Bayerns oder Oesterreichs in ein ungünstiges Licht zu stellen ihm geeignet scheint. Es ist dies eine traurige Erscheinung, wenn der sich so nennende „Liberalismus“ mit dem Hasse gegen das eigene nächste Vaterland anfangen zu müssen glaubt, um seine „Jdeen“ zu veranschau- lichen. Wer das engere Vaterland nicht zu lie- ben versteht, wird nie und nimmermehr das wei- tere zu lieben vermögen. Es ist durchaus nicht etwa die Gerechtigkeitsliebe, die sich hier geltend macht, indem sie auch die preuß. Anschauung der Dinge mitvertreten lassen wollte, noch ist es der liebe Zufall oder eine Art von Unzurechnungsfä- higkeit des Redigirenden, sondern die strengste Par- tei=Auffassung vom reinsten Wasser, welche überall nur Dasjenige aus der Unmasse von verschieden- artigsten politischen Nachrichten den Lesern mit- theilt, was der specifisch preußischen Politik irgend- wie Vorschub leisten kann. Jn der Regel werden auch -- wie dies allerdings bei ganz unbedeuten- den politischen Tagesblättern zu geschehen pflegt -- die Quellen nicht angegeben. Man merkt aber nicht, woher die Nachrichten fließen. Heute lesen wir eine sehr neue Nachricht in diesem Blättchen, die ohne Zweifel die Absicht hat, Oesterreich recht schrecklich in der öffentlichen Meinung herunterzu- setzen, damit Preußen desto höher steige. Man höre nur ein Stück dieser politischen Weisheit: „Nach einer andern nicht minder zuverlässigen Quelle hat der Prinz von Preußen zugleich den Auftrag, den Kaiser von Rußland dahin zu be- stimmen, daß er -- falls Oesterreich einen im Bundesrecht nicht begründeten Krieg gegen Preußen beginne -- sich nicht einmische, damit dieser Krieg nicht zu einem europäischen werde.“ Erstens möch- ten wir fragen: in welchem Artikel des Bundes- rechts wohl angegeben ist, wie ein Krieg ausse- hen muß, damit er als „im Bundesrecht begrün- det “ erscheine. Nach diesem erst wäre es wohl möglich anzugeben, welches ein im Bundes- recht nicht begründeter Krieg sei. Zwei- tens müssen wir allerdings nach jener „nicht min- der zuverlässigen Quelle“ die Großmuth des preu-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 136. Würzburg, 7. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische136_1850/2>, abgerufen am 28.04.2024.