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Die Bayerische Presse. Nr. 136. Würzburg, 7. Juni 1850.

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Die Bayerische Presse.
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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

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Nr. 136.
Würzburg, Freitag den 7. Juni. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 5. Juni. Se. Maj. der König
haben unterm 16. Mai. d. Js. dem Postkonduk-
teur Johann Wehner zu Würzburg wegen der
von ihm in verschiedenen Eigenschaften zurückge-
legten mehr als 50jährigen tadellosen Militär-
und Civil=Dienstleistung die Ehrenmünze des kgl.
Ludwigordens allergnädigst zu verleihen geruht.

München, 6. Juni. Se. Maj. der König
haben vermittelst allerhöchster Entschließung vom
1. d. M. nachstehende Beförderungen und Ernen-
nungen im formationsmäßigen Stande der Armee-
Aerzte anzuordnen geruht. Befördert werden: zum
Regimentsarzte I. Klasse: der Regimentsarzt II.
Klasse Dr. Anton Vogel im 7. Jnf.=Reg. Karl
Pappenheim; zu Regimentsärzten II. Klasse: die
Bataillonsärzte 1 ) Dr. Friedrich Kühn vom 4.
Chevauxl.=Reg. König im 6. Jnf.=Reg. vacant
Herzog Wilhelm, 2 ) Dr. Friedrich Recknagel v.
14. Jnf.=Reg. Zandt im 5. Jnf.=Reg. Großher-
zog von Hessen; zu Bataillonsärzten: die Unter-
ärzte I. Klasse 1 ) Dr. Gregor Schmalz vom Ge-
nie=Reg. bei der Kommandantschaft Wülzburg, 2 )
Dr. Wilhelm Fruth im 1. Jäger=Bat., 3 ) Dr.
Hugo Schröder im 5. Chevauxl.=Reg. Leiningen,
4 ) Dr. Karl v. Bezold im 13. Jnf.=Reg. Hert-
ling, 5 ) Dr. Eduard Sämer im 5. Chevauxl. -
Reg. Leiningen; zu Unterärzten I. Klasse: die Un-
terärzte II. Klasse 1 ) Dr. Adam Stucky von der
Kommandantschaft Landau im 5. Jnf.=Reg. Groß-
herzog von Hessen, 2 ) Dr. Maxim. Lindenmayer
von der Kommandantschaft Nürnberg im 4. Chev. -
Reg. König, 3 ) Dr. Christian Hoffmann von der
Kommandantschaft Würzburg im 12. Jnf.=Reg.
König Otto von Griechenland, 4 ) Dr. Heinrich
v. Hinsberg von der Kommandantschaft München
im 14. Jnf.=Reg. Zandt, 5 ) Dr. Jsaak Frank
von der Kommandantfchaft Würzburg im 12. Jn-
fant. = Reg. König Otto v. Griechenland, 6 ) Dr.
David Ullmann von der Kommandantschaft Augs-
burg im Genie=Reg., 7 ) Dr. Nikolaus Bayer von
der Kommandantschaft Augsburg im 2. Artillerie-
Regiment vac. Zoller. Ernannt werden in provi-
sorischer Eigenschaft: zu Unterärzten 2ter Klasse:
1 ) der Soldat im 5. Jnf.=Reg. Großherzog von
Hessen Dr. Gustav Döderlein bei der Komman-
dantschaft Landau, 2 ) Dr. Joh. Mich. Streeb
aus Wendelstein bei der Kommandantschaft Würz-
burg, 3 ) Dr. August Eckart aus Emskirchen bei
der Kommandantschaft Augsburg, 4 ) Dr. August
Deisch aus Regensburg bei der Kommandantschaft
München, 5 ) Dr. Franz Martin aus Amorbach
bei der Kommandantschaft Nürnberg, 6 ) Dr. Franz
Joseph Roth aus Aschaffenburg bei der Komman-
dantschaft Würzburg, 7 ) der Soldat im 12. Jn-
fant.=Reg. König Otto v. Griechenland Dr. Franz
Heger aus Silbach in Unterfranken bei der Kom-
mandantschaft Augsburg.

Se. Maj. der König haben unterm 4. Juni
l. J. allergnädigst geruht, den geprüften Rechts-
praktikanten Kilian Küttenbaum aus Würzburg,
dermalen zu Königshofen, zum Aktuar bei der
Gerichts = und Polizei = Behörde Ellingen zu er-
nennen.

Nach Beschluß der kgl. Regierung von Schwa-
ben und Neuburg ist auf Grund des Art. 19.
Ziffer 4. des Gesetzes vom 26. Februar dieses
Jahres, ( die Versammlung und Vereine betr. )
[Spaltenumbruch] die Schließung des Arbeiter = Bildungs = und des
Wander=Unterstützungs=Vereines zu Augsburg, des
Arbeiter = Bildungs = und Unterstützungs=Vereines
zu Kempten, dann des Arbeiter = Bildungs = und
Unterstützungs = Vereines zu Memmingen verfügt
worden.



Die Stimmung der Arbeiter und die
Arbeitervereine.

Es ist eine sehr beachtenswerthe Thatsache, daß
in der Unzufriedenheit der Arbeiter eines der wich-
tigsten und gefährlichsten Gährungselemente unse-
rer Zeit liegt. Die Februarrevolution von Paris
war großentheils ihr Werk, und überall in Deutsch-
land stützen sich die demokratischen und Revoluti-
onsparteien vornehmlich auf die arbeitenden Clas-
sen. Unter den Arbeitern hat man aber nach dem
neuerlich aufgekommenen Sprachgebrauch nicht alle
die arbeiten, selbst nicht alle welche Leibesarbeit
verrichten, sondern im prägnanten Sinn in der
That nur die Handwerksgesellen, und in zweiter
Linie noch die Fabrikarbeiter und die städtischen
Tagelöhner zu verstehen, keineswegs aber die große
Masse der kleinen Bauern und ihrer Knechte. --
Es ist eine merkwürdige Erscheinung, daß die ver-
neinenden Lehren unserer Tage in sozialer, poli-
tischer und religiöser Richtung ganz vorzüglich in
dem Stande der Handwerksgesellen einen empfäng-
lichen Boden gefunden haben, und daß die Saat
der Revolution gerade unter diesen Classen üppig
aufgegangen ist. Die Erscheinung wird um so
auffallender wenn man bedenkt, daß diese Arbei-
ter von der Verwirklichung jener Lehren wenig
für sich zu hoffen, vieles zu fürchten haben, und
daß somit ihre natürlichen Jnteressen von der
Strömung welcher sie sich hingeben, selber bedroht
sind. Sie lassen sich von den Sozialisten und
Communisten leicht beschwatzen und gewinnen; und
es ist klar daß der Communismus und Sozialis-
mus, würde er irgendwo für den Moment --
auf die Dauer hält derlei Unsinn nicht an --
praktisch eingeführt, gerade diese Arbeiter um ihr
Brod brächte. Das Eigenthum ist zwar nicht
das Produkt der Arbeit, aber das Eigenthum be-
darf zu seiner Ausbildung und Benutzung der Ar-
beit, und es lohnt auch die Arbeit. Wird das Ei-
genthum zerstört, oder in seiner Sicherheit gefährdet,
so vermindert sich in dem Maße der Gefährdung auch
das Begehren nach Arbeit u. damit der Lohn für die Ar-
beit. Die Eigenthümer beschränken sich auf das absolut
nöthige. Sie vermeiden jede Ausgabe zu welcher sie nicht
gezwungen sind. Die Bauten werden eingestellt,
keine neuen Möbeln angeschafft, neue Kleider nur
von gemeinem Stoff und so spärlich als möglich
begehrt; für Luxusgegenstände, für künstlerische
Werke welche wieder eine Menge von Händen
auch der Handwerker beschäftigen, nichts verwen-
det. Diese Stockung der Arbeit, wie wir sie im
Jahr 1848 in Frankreich voraus, in schwächeren
Nachwirkungen aber auch in Deutschland erfahren
haben, hält so lange an als das Eigenthum sich
bedroht fühlt. Erst wenn das Vertrauen der Ei-
genthümer wieder steigt, nehmen auch die Arbeits-
bestellungen und damit die Aussicht der Arbeiter
auf Verdienst wieder zu. So sehr sind ihre Jn-
teressen mit denen der Eigenthümer verbunden,
daß weder diese ohne die Leistungen der Arbeiter
[Spaltenumbruch] zum Genuß ihres Vermögens gelangen, noch die
Arbeiter ohne die Sicherheit der Eigenthümer Be-
schäftigung und ein befriedigendes Auskommen fin-
den können. Wenn daher die communistischen und
sozialistischen Systeme die Ruhe des Eigenthums
bedrohen, so gefährden sie ganz gleichzeitig und in
demselben Maß auch die Existenz der Arbeiter.
-- Nicht minder auffallend ist es, daß die Arbei-
ter in unsern Tagen so leicht für demokratische
und politisch revolutionäre Tendenzen gewonnen
werden. Sie können unmöglich dabei gewinnen,
denn würde der Staat noch so demokratisch ein-
gerichtet werden, so würde die Regierung desselben
doch nie von den Handwerksgesellen weder direkt
noch indirekt geleitet werden. Jm günstigsten Fall
hätten sie von der Demokratie doch nur den un-
nützen Schein der Mitherrschaft, und wären in
Wahrheit bloße Werkzeuge in der Hand betrüge-
rischer Führer, welche ihre Zahl und ihre Arme
zu selbstsüchtigen Zwecken zu mißbrauchen und ihre
Zeit und ihre Kräfte sich dienstbar zu machen ver-
ständen. Die Arbeiter würden aber bei dem Um-
sturz auch der politischen Staatsordnung jedenfalls
schwere Verluste erleiden; denn die Erschütterung
des öffentlichen Credits wird von der Jndustrie
viel stärker empfunden als von dem Landbau, und
jedes revolutionäre Erdbeben -- unter der Herr-
schaft der ihnen angepriesenen Grundsätze aber
würden diese Erdbeben so gewöhnlich werden wie
die physischen in Columbien -- zerstört einen gro-
ßen Theil der vorhandenen Kapitalkräfte, und
schließt und entvölkert eine Masse von Werkstät-
ten. -- Endlich haben auch irreligiöse und sogar
atheistische Lehren unter den Arbeitern eine grö-
ßere Verbreitung in neuester Zeit gefunden als in
irgendeiner andern Classe der Bevölkerung. Nicht
bloß Auszüge von kritischen Werken mit negativer
Richtung, wie von Strauß' Leben Jesu, und die
abgeschmackten Erdichtungen des modernen Unglau-
bens, wie die mancherlei "Enthüllungen" des wah-
ren Lebens und der Todesgeschichte Christi, finden
unter den Arbeitern einen zahlreichen Leserkreis,
sondern selbst die abstrakten Spekulationen von
Feuerbach, Edgar Bauer u. a., und was immer
die neuere Litteratur an philosophisch klingendem
Atheismus hervorgebracht hat, werden nicht selten
von Arbeitern eifrig studirt, als hätten sie hier
einen Born erfrischender Weisheit entdeckt. Die
Negation scheint sie anzuziehen; und so hat denn
auch der Deutschkatholizismus seine Rekruten vor-
zugsweise unter den Arbeitern gesucht und gefun-
den, und viel zahlreichere Anhänger hat der reli-
giöse Jndifferentismus nun in dieser Classe erwor-
ben, welche früher das Gepräge jener bürgerlichen
Ehrbarkeit und jener schlichten, von methodistischer
Kopfhängerei wie von spekulativen Zweifeln freien
häuslichen Frömmigkeit an sich trug, durch die
sich das niedere Bürgerthum der deutschen Städte
einst auszeichnete. Auch diese neue Richtung der
Verneinung in religiösen Dingen kann unmöglich
den wahren Bedürfnissen und den natürlichen Jn-
teressen der Arbeiter zusagen; denn wo wirkliche
Leiden den Menschen beugen und die Noth ihn
niederdrückt, da hat sich von jeher die moralische
Kraft der Religion am herrlichsten bewährt. Sie
mildert das Leiden, indem sie es ertragen lehrt;
sie richtet den Gebeugten auf, indem sie ihn auf
Gottes Macht und Liebe hinweist. Des Trostes,

Die Bayerische Presse.
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Würzburg, Freitag den 7. Juni. 1850.


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Amtliche Nachrichten.

München, 5. Juni. Se. Maj. der König
haben unterm 16. Mai. d. Js. dem Postkonduk-
teur Johann Wehner zu Würzburg wegen der
von ihm in verschiedenen Eigenschaften zurückge-
legten mehr als 50jährigen tadellosen Militär-
und Civil=Dienstleistung die Ehrenmünze des kgl.
Ludwigordens allergnädigst zu verleihen geruht.

München, 6. Juni. Se. Maj. der König
haben vermittelst allerhöchster Entschließung vom
1. d. M. nachstehende Beförderungen und Ernen-
nungen im formationsmäßigen Stande der Armee-
Aerzte anzuordnen geruht. Befördert werden: zum
Regimentsarzte I. Klasse: der Regimentsarzt II.
Klasse Dr. Anton Vogel im 7. Jnf.=Reg. Karl
Pappenheim; zu Regimentsärzten II. Klasse: die
Bataillonsärzte 1 ) Dr. Friedrich Kühn vom 4.
Chevauxl.=Reg. König im 6. Jnf.=Reg. vacant
Herzog Wilhelm, 2 ) Dr. Friedrich Recknagel v.
14. Jnf.=Reg. Zandt im 5. Jnf.=Reg. Großher-
zog von Hessen; zu Bataillonsärzten: die Unter-
ärzte I. Klasse 1 ) Dr. Gregor Schmalz vom Ge-
nie=Reg. bei der Kommandantschaft Wülzburg, 2 )
Dr. Wilhelm Fruth im 1. Jäger=Bat., 3 ) Dr.
Hugo Schröder im 5. Chevauxl.=Reg. Leiningen,
4 ) Dr. Karl v. Bezold im 13. Jnf.=Reg. Hert-
ling, 5 ) Dr. Eduard Sämer im 5. Chevauxl. -
Reg. Leiningen; zu Unterärzten I. Klasse: die Un-
terärzte II. Klasse 1 ) Dr. Adam Stucky von der
Kommandantschaft Landau im 5. Jnf.=Reg. Groß-
herzog von Hessen, 2 ) Dr. Maxim. Lindenmayer
von der Kommandantschaft Nürnberg im 4. Chev. -
Reg. König, 3 ) Dr. Christian Hoffmann von der
Kommandantschaft Würzburg im 12. Jnf.=Reg.
König Otto von Griechenland, 4 ) Dr. Heinrich
v. Hinsberg von der Kommandantschaft München
im 14. Jnf.=Reg. Zandt, 5 ) Dr. Jsaak Frank
von der Kommandantfchaft Würzburg im 12. Jn-
fant. = Reg. König Otto v. Griechenland, 6 ) Dr.
David Ullmann von der Kommandantschaft Augs-
burg im Genie=Reg., 7 ) Dr. Nikolaus Bayer von
der Kommandantschaft Augsburg im 2. Artillerie-
Regiment vac. Zoller. Ernannt werden in provi-
sorischer Eigenschaft: zu Unterärzten 2ter Klasse:
1 ) der Soldat im 5. Jnf.=Reg. Großherzog von
Hessen Dr. Gustav Döderlein bei der Komman-
dantschaft Landau, 2 ) Dr. Joh. Mich. Streeb
aus Wendelstein bei der Kommandantschaft Würz-
burg, 3 ) Dr. August Eckart aus Emskirchen bei
der Kommandantschaft Augsburg, 4 ) Dr. August
Deisch aus Regensburg bei der Kommandantschaft
München, 5 ) Dr. Franz Martin aus Amorbach
bei der Kommandantschaft Nürnberg, 6 ) Dr. Franz
Joseph Roth aus Aschaffenburg bei der Komman-
dantschaft Würzburg, 7 ) der Soldat im 12. Jn-
fant.=Reg. König Otto v. Griechenland Dr. Franz
Heger aus Silbach in Unterfranken bei der Kom-
mandantschaft Augsburg.

Se. Maj. der König haben unterm 4. Juni
l. J. allergnädigst geruht, den geprüften Rechts-
praktikanten Kilian Küttenbaum aus Würzburg,
dermalen zu Königshofen, zum Aktuar bei der
Gerichts = und Polizei = Behörde Ellingen zu er-
nennen.

Nach Beschluß der kgl. Regierung von Schwa-
ben und Neuburg ist auf Grund des Art. 19.
Ziffer 4. des Gesetzes vom 26. Februar dieses
Jahres, ( die Versammlung und Vereine betr. )
[Spaltenumbruch] die Schließung des Arbeiter = Bildungs = und des
Wander=Unterstützungs=Vereines zu Augsburg, des
Arbeiter = Bildungs = und Unterstützungs=Vereines
zu Kempten, dann des Arbeiter = Bildungs = und
Unterstützungs = Vereines zu Memmingen verfügt
worden.



Die Stimmung der Arbeiter und die
Arbeitervereine.

Es ist eine sehr beachtenswerthe Thatsache, daß
in der Unzufriedenheit der Arbeiter eines der wich-
tigsten und gefährlichsten Gährungselemente unse-
rer Zeit liegt. Die Februarrevolution von Paris
war großentheils ihr Werk, und überall in Deutsch-
land stützen sich die demokratischen und Revoluti-
onsparteien vornehmlich auf die arbeitenden Clas-
sen. Unter den Arbeitern hat man aber nach dem
neuerlich aufgekommenen Sprachgebrauch nicht alle
die arbeiten, selbst nicht alle welche Leibesarbeit
verrichten, sondern im prägnanten Sinn in der
That nur die Handwerksgesellen, und in zweiter
Linie noch die Fabrikarbeiter und die städtischen
Tagelöhner zu verstehen, keineswegs aber die große
Masse der kleinen Bauern und ihrer Knechte. --
Es ist eine merkwürdige Erscheinung, daß die ver-
neinenden Lehren unserer Tage in sozialer, poli-
tischer und religiöser Richtung ganz vorzüglich in
dem Stande der Handwerksgesellen einen empfäng-
lichen Boden gefunden haben, und daß die Saat
der Revolution gerade unter diesen Classen üppig
aufgegangen ist. Die Erscheinung wird um so
auffallender wenn man bedenkt, daß diese Arbei-
ter von der Verwirklichung jener Lehren wenig
für sich zu hoffen, vieles zu fürchten haben, und
daß somit ihre natürlichen Jnteressen von der
Strömung welcher sie sich hingeben, selber bedroht
sind. Sie lassen sich von den Sozialisten und
Communisten leicht beschwatzen und gewinnen; und
es ist klar daß der Communismus und Sozialis-
mus, würde er irgendwo für den Moment --
auf die Dauer hält derlei Unsinn nicht an --
praktisch eingeführt, gerade diese Arbeiter um ihr
Brod brächte. Das Eigenthum ist zwar nicht
das Produkt der Arbeit, aber das Eigenthum be-
darf zu seiner Ausbildung und Benutzung der Ar-
beit, und es lohnt auch die Arbeit. Wird das Ei-
genthum zerstört, oder in seiner Sicherheit gefährdet,
so vermindert sich in dem Maße der Gefährdung auch
das Begehren nach Arbeit u. damit der Lohn für die Ar-
beit. Die Eigenthümer beschränken sich auf das absolut
nöthige. Sie vermeiden jede Ausgabe zu welcher sie nicht
gezwungen sind. Die Bauten werden eingestellt,
keine neuen Möbeln angeschafft, neue Kleider nur
von gemeinem Stoff und so spärlich als möglich
begehrt; für Luxusgegenstände, für künstlerische
Werke welche wieder eine Menge von Händen
auch der Handwerker beschäftigen, nichts verwen-
det. Diese Stockung der Arbeit, wie wir sie im
Jahr 1848 in Frankreich voraus, in schwächeren
Nachwirkungen aber auch in Deutschland erfahren
haben, hält so lange an als das Eigenthum sich
bedroht fühlt. Erst wenn das Vertrauen der Ei-
genthümer wieder steigt, nehmen auch die Arbeits-
bestellungen und damit die Aussicht der Arbeiter
auf Verdienst wieder zu. So sehr sind ihre Jn-
teressen mit denen der Eigenthümer verbunden,
daß weder diese ohne die Leistungen der Arbeiter
[Spaltenumbruch] zum Genuß ihres Vermögens gelangen, noch die
Arbeiter ohne die Sicherheit der Eigenthümer Be-
schäftigung und ein befriedigendes Auskommen fin-
den können. Wenn daher die communistischen und
sozialistischen Systeme die Ruhe des Eigenthums
bedrohen, so gefährden sie ganz gleichzeitig und in
demselben Maß auch die Existenz der Arbeiter.
-- Nicht minder auffallend ist es, daß die Arbei-
ter in unsern Tagen so leicht für demokratische
und politisch revolutionäre Tendenzen gewonnen
werden. Sie können unmöglich dabei gewinnen,
denn würde der Staat noch so demokratisch ein-
gerichtet werden, so würde die Regierung desselben
doch nie von den Handwerksgesellen weder direkt
noch indirekt geleitet werden. Jm günstigsten Fall
hätten sie von der Demokratie doch nur den un-
nützen Schein der Mitherrschaft, und wären in
Wahrheit bloße Werkzeuge in der Hand betrüge-
rischer Führer, welche ihre Zahl und ihre Arme
zu selbstsüchtigen Zwecken zu mißbrauchen und ihre
Zeit und ihre Kräfte sich dienstbar zu machen ver-
ständen. Die Arbeiter würden aber bei dem Um-
sturz auch der politischen Staatsordnung jedenfalls
schwere Verluste erleiden; denn die Erschütterung
des öffentlichen Credits wird von der Jndustrie
viel stärker empfunden als von dem Landbau, und
jedes revolutionäre Erdbeben -- unter der Herr-
schaft der ihnen angepriesenen Grundsätze aber
würden diese Erdbeben so gewöhnlich werden wie
die physischen in Columbien -- zerstört einen gro-
ßen Theil der vorhandenen Kapitalkräfte, und
schließt und entvölkert eine Masse von Werkstät-
ten. -- Endlich haben auch irreligiöse und sogar
atheistische Lehren unter den Arbeitern eine grö-
ßere Verbreitung in neuester Zeit gefunden als in
irgendeiner andern Classe der Bevölkerung. Nicht
bloß Auszüge von kritischen Werken mit negativer
Richtung, wie von Strauß' Leben Jesu, und die
abgeschmackten Erdichtungen des modernen Unglau-
bens, wie die mancherlei „Enthüllungen“ des wah-
ren Lebens und der Todesgeschichte Christi, finden
unter den Arbeitern einen zahlreichen Leserkreis,
sondern selbst die abstrakten Spekulationen von
Feuerbach, Edgar Bauer u. a., und was immer
die neuere Litteratur an philosophisch klingendem
Atheismus hervorgebracht hat, werden nicht selten
von Arbeitern eifrig studirt, als hätten sie hier
einen Born erfrischender Weisheit entdeckt. Die
Negation scheint sie anzuziehen; und so hat denn
auch der Deutschkatholizismus seine Rekruten vor-
zugsweise unter den Arbeitern gesucht und gefun-
den, und viel zahlreichere Anhänger hat der reli-
giöse Jndifferentismus nun in dieser Classe erwor-
ben, welche früher das Gepräge jener bürgerlichen
Ehrbarkeit und jener schlichten, von methodistischer
Kopfhängerei wie von spekulativen Zweifeln freien
häuslichen Frömmigkeit an sich trug, durch die
sich das niedere Bürgerthum der deutschen Städte
einst auszeichnete. Auch diese neue Richtung der
Verneinung in religiösen Dingen kann unmöglich
den wahren Bedürfnissen und den natürlichen Jn-
teressen der Arbeiter zusagen; denn wo wirkliche
Leiden den Menschen beugen und die Noth ihn
niederdrückt, da hat sich von jeher die moralische
Kraft der Religion am herrlichsten bewährt. Sie
mildert das Leiden, indem sie es ertragen lehrt;
sie richtet den Gebeugten auf, indem sie ihn auf
Gottes Macht und Liebe hinweist. Des Trostes,

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 136. Würzburg, Freitag den 7. Juni. 1850. Amtliche Nachrichten. München, 5. Juni. Se. Maj. der König haben unterm 16. Mai. d. Js. dem Postkonduk- teur Johann Wehner zu Würzburg wegen der von ihm in verschiedenen Eigenschaften zurückge- legten mehr als 50jährigen tadellosen Militär- und Civil=Dienstleistung die Ehrenmünze des kgl. Ludwigordens allergnädigst zu verleihen geruht. München, 6. Juni. Se. Maj. der König haben vermittelst allerhöchster Entschließung vom 1. d. M. nachstehende Beförderungen und Ernen- nungen im formationsmäßigen Stande der Armee- Aerzte anzuordnen geruht. Befördert werden: zum Regimentsarzte I. Klasse: der Regimentsarzt II. Klasse Dr. Anton Vogel im 7. Jnf.=Reg. Karl Pappenheim; zu Regimentsärzten II. Klasse: die Bataillonsärzte 1 ) Dr. Friedrich Kühn vom 4. Chevauxl.=Reg. König im 6. Jnf.=Reg. vacant Herzog Wilhelm, 2 ) Dr. Friedrich Recknagel v. 14. Jnf.=Reg. Zandt im 5. Jnf.=Reg. Großher- zog von Hessen; zu Bataillonsärzten: die Unter- ärzte I. Klasse 1 ) Dr. Gregor Schmalz vom Ge- nie=Reg. bei der Kommandantschaft Wülzburg, 2 ) Dr. Wilhelm Fruth im 1. Jäger=Bat., 3 ) Dr. Hugo Schröder im 5. Chevauxl.=Reg. Leiningen, 4 ) Dr. Karl v. Bezold im 13. Jnf.=Reg. Hert- ling, 5 ) Dr. Eduard Sämer im 5. Chevauxl. - Reg. Leiningen; zu Unterärzten I. Klasse: die Un- terärzte II. Klasse 1 ) Dr. Adam Stucky von der Kommandantschaft Landau im 5. Jnf.=Reg. Groß- herzog von Hessen, 2 ) Dr. Maxim. Lindenmayer von der Kommandantschaft Nürnberg im 4. Chev. - Reg. König, 3 ) Dr. Christian Hoffmann von der Kommandantschaft Würzburg im 12. Jnf.=Reg. König Otto von Griechenland, 4 ) Dr. Heinrich v. Hinsberg von der Kommandantschaft München im 14. Jnf.=Reg. Zandt, 5 ) Dr. Jsaak Frank von der Kommandantfchaft Würzburg im 12. Jn- fant. = Reg. König Otto v. Griechenland, 6 ) Dr. David Ullmann von der Kommandantschaft Augs- burg im Genie=Reg., 7 ) Dr. Nikolaus Bayer von der Kommandantschaft Augsburg im 2. Artillerie- Regiment vac. Zoller. Ernannt werden in provi- sorischer Eigenschaft: zu Unterärzten 2ter Klasse: 1 ) der Soldat im 5. Jnf.=Reg. Großherzog von Hessen Dr. Gustav Döderlein bei der Komman- dantschaft Landau, 2 ) Dr. Joh. Mich. Streeb aus Wendelstein bei der Kommandantschaft Würz- burg, 3 ) Dr. August Eckart aus Emskirchen bei der Kommandantschaft Augsburg, 4 ) Dr. August Deisch aus Regensburg bei der Kommandantschaft München, 5 ) Dr. Franz Martin aus Amorbach bei der Kommandantschaft Nürnberg, 6 ) Dr. Franz Joseph Roth aus Aschaffenburg bei der Komman- dantschaft Würzburg, 7 ) der Soldat im 12. Jn- fant.=Reg. König Otto v. Griechenland Dr. Franz Heger aus Silbach in Unterfranken bei der Kom- mandantschaft Augsburg. Se. Maj. der König haben unterm 4. Juni l. J. allergnädigst geruht, den geprüften Rechts- praktikanten Kilian Küttenbaum aus Würzburg, dermalen zu Königshofen, zum Aktuar bei der Gerichts = und Polizei = Behörde Ellingen zu er- nennen. Nach Beschluß der kgl. Regierung von Schwa- ben und Neuburg ist auf Grund des Art. 19. Ziffer 4. des Gesetzes vom 26. Februar dieses Jahres, ( die Versammlung und Vereine betr. ) die Schließung des Arbeiter = Bildungs = und des Wander=Unterstützungs=Vereines zu Augsburg, des Arbeiter = Bildungs = und Unterstützungs=Vereines zu Kempten, dann des Arbeiter = Bildungs = und Unterstützungs = Vereines zu Memmingen verfügt worden. Die Stimmung der Arbeiter und die Arbeitervereine. Es ist eine sehr beachtenswerthe Thatsache, daß in der Unzufriedenheit der Arbeiter eines der wich- tigsten und gefährlichsten Gährungselemente unse- rer Zeit liegt. Die Februarrevolution von Paris war großentheils ihr Werk, und überall in Deutsch- land stützen sich die demokratischen und Revoluti- onsparteien vornehmlich auf die arbeitenden Clas- sen. Unter den Arbeitern hat man aber nach dem neuerlich aufgekommenen Sprachgebrauch nicht alle die arbeiten, selbst nicht alle welche Leibesarbeit verrichten, sondern im prägnanten Sinn in der That nur die Handwerksgesellen, und in zweiter Linie noch die Fabrikarbeiter und die städtischen Tagelöhner zu verstehen, keineswegs aber die große Masse der kleinen Bauern und ihrer Knechte. -- Es ist eine merkwürdige Erscheinung, daß die ver- neinenden Lehren unserer Tage in sozialer, poli- tischer und religiöser Richtung ganz vorzüglich in dem Stande der Handwerksgesellen einen empfäng- lichen Boden gefunden haben, und daß die Saat der Revolution gerade unter diesen Classen üppig aufgegangen ist. Die Erscheinung wird um so auffallender wenn man bedenkt, daß diese Arbei- ter von der Verwirklichung jener Lehren wenig für sich zu hoffen, vieles zu fürchten haben, und daß somit ihre natürlichen Jnteressen von der Strömung welcher sie sich hingeben, selber bedroht sind. Sie lassen sich von den Sozialisten und Communisten leicht beschwatzen und gewinnen; und es ist klar daß der Communismus und Sozialis- mus, würde er irgendwo für den Moment -- auf die Dauer hält derlei Unsinn nicht an -- praktisch eingeführt, gerade diese Arbeiter um ihr Brod brächte. Das Eigenthum ist zwar nicht das Produkt der Arbeit, aber das Eigenthum be- darf zu seiner Ausbildung und Benutzung der Ar- beit, und es lohnt auch die Arbeit. Wird das Ei- genthum zerstört, oder in seiner Sicherheit gefährdet, so vermindert sich in dem Maße der Gefährdung auch das Begehren nach Arbeit u. damit der Lohn für die Ar- beit. Die Eigenthümer beschränken sich auf das absolut nöthige. Sie vermeiden jede Ausgabe zu welcher sie nicht gezwungen sind. Die Bauten werden eingestellt, keine neuen Möbeln angeschafft, neue Kleider nur von gemeinem Stoff und so spärlich als möglich begehrt; für Luxusgegenstände, für künstlerische Werke welche wieder eine Menge von Händen auch der Handwerker beschäftigen, nichts verwen- det. Diese Stockung der Arbeit, wie wir sie im Jahr 1848 in Frankreich voraus, in schwächeren Nachwirkungen aber auch in Deutschland erfahren haben, hält so lange an als das Eigenthum sich bedroht fühlt. Erst wenn das Vertrauen der Ei- genthümer wieder steigt, nehmen auch die Arbeits- bestellungen und damit die Aussicht der Arbeiter auf Verdienst wieder zu. So sehr sind ihre Jn- teressen mit denen der Eigenthümer verbunden, daß weder diese ohne die Leistungen der Arbeiter zum Genuß ihres Vermögens gelangen, noch die Arbeiter ohne die Sicherheit der Eigenthümer Be- schäftigung und ein befriedigendes Auskommen fin- den können. Wenn daher die communistischen und sozialistischen Systeme die Ruhe des Eigenthums bedrohen, so gefährden sie ganz gleichzeitig und in demselben Maß auch die Existenz der Arbeiter. -- Nicht minder auffallend ist es, daß die Arbei- ter in unsern Tagen so leicht für demokratische und politisch revolutionäre Tendenzen gewonnen werden. Sie können unmöglich dabei gewinnen, denn würde der Staat noch so demokratisch ein- gerichtet werden, so würde die Regierung desselben doch nie von den Handwerksgesellen weder direkt noch indirekt geleitet werden. Jm günstigsten Fall hätten sie von der Demokratie doch nur den un- nützen Schein der Mitherrschaft, und wären in Wahrheit bloße Werkzeuge in der Hand betrüge- rischer Führer, welche ihre Zahl und ihre Arme zu selbstsüchtigen Zwecken zu mißbrauchen und ihre Zeit und ihre Kräfte sich dienstbar zu machen ver- ständen. Die Arbeiter würden aber bei dem Um- sturz auch der politischen Staatsordnung jedenfalls schwere Verluste erleiden; denn die Erschütterung des öffentlichen Credits wird von der Jndustrie viel stärker empfunden als von dem Landbau, und jedes revolutionäre Erdbeben -- unter der Herr- schaft der ihnen angepriesenen Grundsätze aber würden diese Erdbeben so gewöhnlich werden wie die physischen in Columbien -- zerstört einen gro- ßen Theil der vorhandenen Kapitalkräfte, und schließt und entvölkert eine Masse von Werkstät- ten. -- Endlich haben auch irreligiöse und sogar atheistische Lehren unter den Arbeitern eine grö- ßere Verbreitung in neuester Zeit gefunden als in irgendeiner andern Classe der Bevölkerung. Nicht bloß Auszüge von kritischen Werken mit negativer Richtung, wie von Strauß' Leben Jesu, und die abgeschmackten Erdichtungen des modernen Unglau- bens, wie die mancherlei „Enthüllungen“ des wah- ren Lebens und der Todesgeschichte Christi, finden unter den Arbeitern einen zahlreichen Leserkreis, sondern selbst die abstrakten Spekulationen von Feuerbach, Edgar Bauer u. a., und was immer die neuere Litteratur an philosophisch klingendem Atheismus hervorgebracht hat, werden nicht selten von Arbeitern eifrig studirt, als hätten sie hier einen Born erfrischender Weisheit entdeckt. Die Negation scheint sie anzuziehen; und so hat denn auch der Deutschkatholizismus seine Rekruten vor- zugsweise unter den Arbeitern gesucht und gefun- den, und viel zahlreichere Anhänger hat der reli- giöse Jndifferentismus nun in dieser Classe erwor- ben, welche früher das Gepräge jener bürgerlichen Ehrbarkeit und jener schlichten, von methodistischer Kopfhängerei wie von spekulativen Zweifeln freien häuslichen Frömmigkeit an sich trug, durch die sich das niedere Bürgerthum der deutschen Städte einst auszeichnete. Auch diese neue Richtung der Verneinung in religiösen Dingen kann unmöglich den wahren Bedürfnissen und den natürlichen Jn- teressen der Arbeiter zusagen; denn wo wirkliche Leiden den Menschen beugen und die Noth ihn niederdrückt, da hat sich von jeher die moralische Kraft der Religion am herrlichsten bewährt. Sie mildert das Leiden, indem sie es ertragen lehrt; sie richtet den Gebeugten auf, indem sie ihn auf Gottes Macht und Liebe hinweist. Des Trostes,

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 136. Würzburg, 7. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische136_1850/1>, abgerufen am 29.03.2024.