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Die Bayerische Presse. Nr. 113. Würzburg, 11. Mai 1850.

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München, 8. Mai. Der Referent über die
Lotto=Erträgnisse in der ersten Kammer, Reichs-
rath v. Lotzbeck, beantragt: die Kammer wolle
nur eventuell dem Antrag der zweiten Kammer
auf Aufhebung des Lotto vom 30. Sept. 1851
an zustimmen, wenn sein eigener ( aus finanziellen
Gründen gestellter ) Antrag sich nicht der Annahme
der hohen Kammer erfreuen sollte, welcher dahin
geht: "die kön. Staatsregierung möge das Lotto
während der ganzen Dauer der 6ten Finanzperiode
ohne Verleihung von neuen Kollekten, ohne Ver-
mehrung des stabilen Personals und mit Aushilfe
durch Functionäre fortbestehen lassen und den durch-
schnittlichen Ertrag desselben unter die Einnahmen
des Staats in die Budgetsvorlage wieder auf-
nehmen."    ( Nürnb. K. )

München, 9. Mai. Jm II. Ausschuß wer-
den dermalen der Kammer mehrere Anträge für
Revision des Biertarifs, beziehungsweise Freige-
bung des Tarifs, berathen und dürften allernächst
an die Kammer kommen.

Deutschland.

München, 9. Mai. Das Corps Rhenania
und noch vier andere Studentenvereine der Uni-
versität München sind -- als politischer Vereins-
zwecke verdächtig -- aufgehoben worden. -- Hö-
herer Anordnung zufolge haben am 6. Mai l. J.
an die Musikkorps derjeniger Regimenter der
bayerischen Armee, welche in ihren Garnisonen
die Hauptwachen beziehen, jeden Tag nach been-
digter Wachtparade vor der Hauptwache wenig-
stens drei Musikstücke zu exekutiren.

Jn der Neuen Münchner Zeitung wird fol-
gender "gesinnungstüchtiger" Fall mitgetheilt. Zum
Beweise, welche Gesinnungen noch bei einzelnen
Jndividuen in unserer Mitte vorherrschen, erlaube
ich mir, Jhnen folgende Thatsache mitzutheilen,
welche sich am 5. d. M. Abends in Schweinfurt er-
eignet hat. Am genannten Tage hatte der als
Offizier wie im Privatleben allgemein in hoher
Achtung stehende Lieutenant Hr. Raimann den
Wachtdienst auf der Hauptwache. Als derselbe
gegen Mitternacht aus dem Fenster des Wacht-
zimmers heraussah, schrie ein die Straße daher
kommender Mann mit lautem Brüllen: "Das ist
auch so ein Königsknecht, so ein Soldatenhund!"
und warf zugleich einen zweipfundschweren Stein
gegen das Fenster, welcher zwar glücklicherweise
den Offizier nicht traf, aber den einen Flügel des
Fensters durchschlug und weit über die Mitte des
Wachtzimmers hineinfiel. Der feige Thäter ent-
floh, begünstigt von der dichten Finsterniß, ohne
daß man seiner habhaft werden konnte.

Stuttgart. Die Landesversammlung hat am
8. Mai beschlossen, der Regierung den Antrag als
Gesetzes=Entwurf vorzulegen, vom 1. Juli d. J.
an alle Schullehrer=Besoldungen, welche den An-
schlag von 300 fl. noch nicht erreichen, bis zu die-
sem Betrage zu erhöhen. -- Der gefangene Re-
dakteur des Neckardampfschiffs, Binder, ist von
den Geschworenen wegen Aufnahme eines Aufsa-
tzes, worin die gegenwärtigen Minister unverbes-
serliche Reactionärs und Feinde des Volks ge-
nannt waren, der Theilnahme an Schmähung der
Regierung schuldig befunden, und darauf neuer-
dings zu 14 Tagen Gefängniß und 15 fl. Geld-
strafe verurtheilt worden.

Hannover, 6. Mai. Die erste Kammer hat
sich in einer langen, vertraulichen Sitzung für die
von der Regierung beantragte Steuererhöhung auf
Kaffee, Thee, Wein, Tabak ec., durch welche das
Defizit gedeckt werden soll, erklärt. Diese Mit-
theilung ist sicher. Was die zweite Kammer be-
schließen wird, kann in diesem Augenblick nicht
mit Sicherheit angegeben werden. Die Meinungen
und Ansichten unter den Abgeordneten zur zweiten
Kammer sind noch sehr getheilt. Der Handels-
stand im Lande hat sich durchschnittlich gegen die
beabsichtigte Steuererhöhung erklärt, und diese
seine Ansicht in beiden Kammern überreichten Cin-
gaben motivirt. Jndessen wird höchst wahrschein-
lich auch in zweiter Kammer die fragliche Sten-
ererhöhung eine Mehrheit erhalten.

[Spaltenumbruch]

Berlin, 2. Mai. Vegreiflicher Weise sieht
man mit größter Spannung dem Resultate ent-
gegen, das die ergangene Berufung des Fürsten-
kongresses der Union auf den 8. hier haben wird.
Der Grund, warum man Berlin für diesen Kon-
greß wählte, liegt darin, daß man es für un-
passend hielt, wenn der König von Preußen ge-
wissermaßen den Fürsten der kleinen sächsischen
Herzogthümer nachreiste. Die erste Frage ist na-
türlich jetzt, wer wird kommen, wer nicht? und
besonders wendet sich die Aufmerksamkeit den bei-
den Hessen zu. Es herrschen noch bedeutende
Zweifel, daß sowohl der Kurfurst als der Groß-
herzog erscheinen werden. Dieser Kongreß dürfte
allerdings für die Zukunft der sogenannten Union
von bedeutendem Einfluß sein, und namentlich
auch über ihre Stellung gegenüber dem jetzigen
entschiedenen Auftreten Oesterreichs in Berufung
des Plenums der Bundesversammlung nach Frank-
furt entscheiden. Eine förmliche Weigerung Preu-
ßens der Aufforderung Oesterreichs zu folgen,
und gleichfalls seine Bevollmächtigten nach Frank-
furt zu schicken, ist meines Wissens noch nicht er-
folgt, und bei der sehr bestimmten Sprache des
östereichischen Kabinets welches sich sein Präsidial-
recht im Bunde von Niemanden streitig machen
zu lassen entschlossen ist, dürfte man hier doch
noch sich besinnen, die Sache auf die Spitze zu
treiben. Man wird es eben da machen, wie im-
mer, man wird soviel zu erreichen suchen, als
möglich, aber dem Unvermeidlichen sich fügen.
Es dürfte wohl noch der Augenblick kommen, wo
man hier bedauern dürfte, dem osterreichischen
Vorschlag einer durch Oesterreich und Preußen
gemeinschaftlich vorzunehmenden Berufung des
Plenums der Bundesversammlung nicht Folge
gegeben zu haben. Daß die übrigen Regierun-
gen der Union selbst sich sämmtlich von Preußen
gutwillig so weit in die Tasche stecken lassen wer-
den, auf die rechtlich ihnen gebührende selbststän-
dige Vertretung im Plenum zu verzichten, und
ihre Befugniß auf Preußen zu übertragen, unter-
liegt noch sehr begründeten Zweifeln. Auch in
dieser Beziehung dürfte der Unionsfürstenkongreß
zu bestimmten Erklärungen führen. -- Mit nicht
geringer Spannung sieht man hier auch dem Er-
scheinen des Kaisers Nikolaus in Warschau gegen
Mitte oder in der zweiten Hälfte des Mai ent-
gegen, um so mehr, als die Verhandlungen in
der deutschen Frage so sehr ohne allen Erfolg
blieben, daß die Bevollmächtigten und Unterhänd-
ler Dänemarks bereits Anstalten treffen, Berlin
wieder zu verlassen. Wie entschieden aber der
Kaiser Nikolaus für die Dänen Partei nimmt,
ist eine bekannte Sache, und man ist daher nicht
ohne Besorgniß, daß er bei seiner Anwesenheit
zu Warschau vielleicht von dort aus Schritte in
der Sache thun dürfte.

Berlin, 7. Mai. Von den zum Kongreß
geladenen Fürsten sind gestern der Großherzog
von Sachsen=Weimar, der Großherzog von Meck-
lenburg=Strehlitz, der Großherzog und der Erb-
großherzog von Oldenburg, der Herzog von
Sachsen=Coburg=Gotha, der Herzog von Sachsen-
Altenburg, der Herzog von Sachsen = Meiningen,
der Herzog von Braunschweig, der Herzog von
Anhalt=Dessau, der Erbprinz von Anhalt=Dessau,
der Fürst von Reuß = Greiz eingetroffen. Heute
erwartet man den Großherzog von Baden und
den Kurfürsten von Hessen, außerdem die Bür-
germeister von Lübeck ( Doktor Elder ) , Bremen
( Smidt ) und Hamburg ( Dr. Dammert ) . Ge-
laden sind sonst noch der Herzog von Anhalt-
Bernburg, die Fürsten von Schwarzburg=Sonders-
hausen und Schwarzburg = Rudolstadt, der Fürst
von Reuß=Schleitz, der Fürst von Lippe=Detmold,
der Fürst von Schaumburg=Lippe, und die Fürstin
von Waldeck. Bestimmt nicht erscheinen werden
der Großherzog von Hessen und der Herzog von
Nassau. Die Vossische Zeitung bringt außerdem
die bedeutsame Nachricht, daß die Fürsten von
Schwarzburg=Rudolstadt und Schwarzburg - Son-
dershausen, sowie die vier regierenden Fürsten von
Reuß ihre Hoheitsrechte in eben der Weise, wie
die Fürsten von Sigmaringen und Hechingen, an
[Spaltenumbruch] Preußen abzutreten beabsichtigen, daß aber von
außerhalb lebhafter Widerspruch gegen die Aus-
führung eines solchen Beschlusses erhoben werde.

Berlin, 8. Mai. Die Hengstenberg'sche " Kir-
chenzeitung " enthält in Nr. 34 einen "offenen
Protest" gegen die Rechtmäßigkeit der Beeidigung
der evangelischen Konsistorialräthe und Superin-
tendenten; sie findet in dieser Beeidigung einen
"Eingriff der Staatsbehörden in die Kirchen=Re-
gierung " und einen "Angriff auf die Selbststän-
digkeit der Kirche", und erhebt schließlich folgen-
den Protest: "Die Staatsregierung war zur For-
derung dieses Eides nicht berechtigt, und die Or-
gane des Kirchenregiments haben, indem sie den
Eid leisteten, die Rechte ihrer Kirche, die Rechte
ihrer Stellung nicht gewahrt."

Königsberg, 5. Mai. Jn Folge des in vo-
riger Woche hier eingegangenen Rescripts des
Hrn. Ministers des Jnnern hat der Buchdrucke-
reibesitzer Hartung, der der Verleger der sog.
königl. preuß. Staats=, Kriegs= und Friedenszei-
tung ist, heute die Aufforderung erhalten, inner-
halb dreier Tage sich dieses Titels für seine Zei-
tung und der Führung des preuß. Wappens in
derselben bei Strafe von 50 Thlrn. und Confis-
cation der Zeitung zu enthalten.

Wien, 4. Mai. Gestern veröffentlichte ein
hiesiges Oppositionsblatt das Glaubensbekenntniß
der Deutschkatholiken. Wie begreiflich wurde die
Numer gierig gekauft, um das Wesen der neuen
Religion
zu studiren. Der Troß fand den Jn-
halt ganz scharmant und ist drauf und dran, sich
einzeichnen zu lassen. Jn den letzten Ta-
gen sind dem Vernehmen nach auf die angedeutete
Art der Einzeichnung 6000 Menschen zum Deutsch-
katholicismus übergetreten. Der Uebertritt geschieht
zunächst in angetrunkenem Zustande in irgend ei-
ner Kneipe, wo die Apostel der neuen Religion
ihr Unwesen treiben. Recht so! Statt der Kirche
in die Kneipe, statt der Taufe einen Schoppen
Liesinger, und communistische Floskeln als Pre-
digten! Es klingt unglaublich, ist aber dennoch
buchstäblich wahr. Die hiesigen Anhänger der frei-
christlichen Gemeinde haben die Gasthoflokalitäten
zu Gottestempeln umgestaltet, in den Tavernen
und Spelunken ködern sie die Massen, und wo
die Ueberzeugung nicht ausreicht, hilft der Wein
nach! -- Daß die religiöse Agitation nur der
Deckmantel ist, um der Demokratie Jünger zu
gewinnen, braucht wohl kaum erörtert zu werden.
Alles -- was da kommt, Alt und Jung, Tugend-
hafte oder Verbrecher, Katholiken, Protestanten und
Juden -- Alle, Alle sind sie willkommen und wer-
den schleunigst dem Bunde eingeweiht. Die Pfiffi-
gern werden sodann abgesondert, in die eigentli-
chen Mysterien eingeweiht, und hierzu tritt irgend
ein eifriger Jünger seine Wohnung ab, wo dann
bei verschlossenen Thüren Predigten gehalten wer-
den, deren Jnhalt rein politischer Natur ist. Vor
Kurzem sprach ich mit einem bornirten Zeitungs-
Colporteur, der dem deutschkatholischen Verein nur
darum beitreten zu müssen glaubte, weil er vor
zwei Jahren auch Mitglied des constitutionellen
Vereins war. Als Draufgeld erhielt er 30 kr.
Conv.=M. und eine Halbe Wein -- der Mann
war mit den Priestern der neuen Lehre höchlich
zufrieden. Sie sehen, wir sind hier in Wien auf
einem ganz guten Wege, und es ist hohe Zeit,
daß die anerkannten christlichen Kirchen Anstalten
machen, durch das lebendige Wort der wahren
Lehre Christi dem Sectengeiste zu steuern. Zwang,
Verbote, Kirchenbann ec. schaden bei solchen An-
lässen mehr, als sie nützen, weil sie Erbitterung
und endlich Halsstarrigkeit provociren und die Ab-
gefallenen vom Wiedereintritt abschrecken. Die
Freiwerbung für die neue Secte, die Christum als
den "erhabensten Menschen" bezeichnet, und, wie
spitzfindig, um die Massen zu täuschen! -- an die
Fortdauer des Geistes glaubt, die Unsterblichkeit
der Seele sohin geradezu läugnet, wird in jenen
Vorstädten am Eifrigsten betrieben, wo sich zahl-
reiche Fabriken befinden. Es ist daher auf nichts
Geringeres abgesehen, als die Arbeiter durch und
durch zu demokratisiren. Die Zusammenkünfte
finden täglich in einem andern Lokale Statt, da

München, 8. Mai. Der Referent über die
Lotto=Erträgnisse in der ersten Kammer, Reichs-
rath v. Lotzbeck, beantragt: die Kammer wolle
nur eventuell dem Antrag der zweiten Kammer
auf Aufhebung des Lotto vom 30. Sept. 1851
an zustimmen, wenn sein eigener ( aus finanziellen
Gründen gestellter ) Antrag sich nicht der Annahme
der hohen Kammer erfreuen sollte, welcher dahin
geht: „die kön. Staatsregierung möge das Lotto
während der ganzen Dauer der 6ten Finanzperiode
ohne Verleihung von neuen Kollekten, ohne Ver-
mehrung des stabilen Personals und mit Aushilfe
durch Functionäre fortbestehen lassen und den durch-
schnittlichen Ertrag desselben unter die Einnahmen
des Staats in die Budgetsvorlage wieder auf-
nehmen.“    ( Nürnb. K. )

München, 9. Mai. Jm II. Ausschuß wer-
den dermalen der Kammer mehrere Anträge für
Revision des Biertarifs, beziehungsweise Freige-
bung des Tarifs, berathen und dürften allernächst
an die Kammer kommen.

Deutschland.

München, 9. Mai. Das Corps Rhenania
und noch vier andere Studentenvereine der Uni-
versität München sind -- als politischer Vereins-
zwecke verdächtig -- aufgehoben worden. -- Hö-
herer Anordnung zufolge haben am 6. Mai l. J.
an die Musikkorps derjeniger Regimenter der
bayerischen Armee, welche in ihren Garnisonen
die Hauptwachen beziehen, jeden Tag nach been-
digter Wachtparade vor der Hauptwache wenig-
stens drei Musikstücke zu exekutiren.

Jn der Neuen Münchner Zeitung wird fol-
gender „gesinnungstüchtiger“ Fall mitgetheilt. Zum
Beweise, welche Gesinnungen noch bei einzelnen
Jndividuen in unserer Mitte vorherrschen, erlaube
ich mir, Jhnen folgende Thatsache mitzutheilen,
welche sich am 5. d. M. Abends in Schweinfurt er-
eignet hat. Am genannten Tage hatte der als
Offizier wie im Privatleben allgemein in hoher
Achtung stehende Lieutenant Hr. Raimann den
Wachtdienst auf der Hauptwache. Als derselbe
gegen Mitternacht aus dem Fenster des Wacht-
zimmers heraussah, schrie ein die Straße daher
kommender Mann mit lautem Brüllen: „Das ist
auch so ein Königsknecht, so ein Soldatenhund!“
und warf zugleich einen zweipfundschweren Stein
gegen das Fenster, welcher zwar glücklicherweise
den Offizier nicht traf, aber den einen Flügel des
Fensters durchschlug und weit über die Mitte des
Wachtzimmers hineinfiel. Der feige Thäter ent-
floh, begünstigt von der dichten Finsterniß, ohne
daß man seiner habhaft werden konnte.

Stuttgart. Die Landesversammlung hat am
8. Mai beschlossen, der Regierung den Antrag als
Gesetzes=Entwurf vorzulegen, vom 1. Juli d. J.
an alle Schullehrer=Besoldungen, welche den An-
schlag von 300 fl. noch nicht erreichen, bis zu die-
sem Betrage zu erhöhen. -- Der gefangene Re-
dakteur des Neckardampfschiffs, Binder, ist von
den Geschworenen wegen Aufnahme eines Aufsa-
tzes, worin die gegenwärtigen Minister unverbes-
serliche Reactionärs und Feinde des Volks ge-
nannt waren, der Theilnahme an Schmähung der
Regierung schuldig befunden, und darauf neuer-
dings zu 14 Tagen Gefängniß und 15 fl. Geld-
strafe verurtheilt worden.

Hannover, 6. Mai. Die erste Kammer hat
sich in einer langen, vertraulichen Sitzung für die
von der Regierung beantragte Steuererhöhung auf
Kaffee, Thee, Wein, Tabak ec., durch welche das
Defizit gedeckt werden soll, erklärt. Diese Mit-
theilung ist sicher. Was die zweite Kammer be-
schließen wird, kann in diesem Augenblick nicht
mit Sicherheit angegeben werden. Die Meinungen
und Ansichten unter den Abgeordneten zur zweiten
Kammer sind noch sehr getheilt. Der Handels-
stand im Lande hat sich durchschnittlich gegen die
beabsichtigte Steuererhöhung erklärt, und diese
seine Ansicht in beiden Kammern überreichten Cin-
gaben motivirt. Jndessen wird höchst wahrschein-
lich auch in zweiter Kammer die fragliche Sten-
ererhöhung eine Mehrheit erhalten.

[Spaltenumbruch]

Berlin, 2. Mai. Vegreiflicher Weise sieht
man mit größter Spannung dem Resultate ent-
gegen, das die ergangene Berufung des Fürsten-
kongresses der Union auf den 8. hier haben wird.
Der Grund, warum man Berlin für diesen Kon-
greß wählte, liegt darin, daß man es für un-
passend hielt, wenn der König von Preußen ge-
wissermaßen den Fürsten der kleinen sächsischen
Herzogthümer nachreiste. Die erste Frage ist na-
türlich jetzt, wer wird kommen, wer nicht? und
besonders wendet sich die Aufmerksamkeit den bei-
den Hessen zu. Es herrschen noch bedeutende
Zweifel, daß sowohl der Kurfurst als der Groß-
herzog erscheinen werden. Dieser Kongreß dürfte
allerdings für die Zukunft der sogenannten Union
von bedeutendem Einfluß sein, und namentlich
auch über ihre Stellung gegenüber dem jetzigen
entschiedenen Auftreten Oesterreichs in Berufung
des Plenums der Bundesversammlung nach Frank-
furt entscheiden. Eine förmliche Weigerung Preu-
ßens der Aufforderung Oesterreichs zu folgen,
und gleichfalls seine Bevollmächtigten nach Frank-
furt zu schicken, ist meines Wissens noch nicht er-
folgt, und bei der sehr bestimmten Sprache des
östereichischen Kabinets welches sich sein Präsidial-
recht im Bunde von Niemanden streitig machen
zu lassen entschlossen ist, dürfte man hier doch
noch sich besinnen, die Sache auf die Spitze zu
treiben. Man wird es eben da machen, wie im-
mer, man wird soviel zu erreichen suchen, als
möglich, aber dem Unvermeidlichen sich fügen.
Es dürfte wohl noch der Augenblick kommen, wo
man hier bedauern dürfte, dem osterreichischen
Vorschlag einer durch Oesterreich und Preußen
gemeinschaftlich vorzunehmenden Berufung des
Plenums der Bundesversammlung nicht Folge
gegeben zu haben. Daß die übrigen Regierun-
gen der Union selbst sich sämmtlich von Preußen
gutwillig so weit in die Tasche stecken lassen wer-
den, auf die rechtlich ihnen gebührende selbststän-
dige Vertretung im Plenum zu verzichten, und
ihre Befugniß auf Preußen zu übertragen, unter-
liegt noch sehr begründeten Zweifeln. Auch in
dieser Beziehung dürfte der Unionsfürstenkongreß
zu bestimmten Erklärungen führen. -- Mit nicht
geringer Spannung sieht man hier auch dem Er-
scheinen des Kaisers Nikolaus in Warschau gegen
Mitte oder in der zweiten Hälfte des Mai ent-
gegen, um so mehr, als die Verhandlungen in
der deutschen Frage so sehr ohne allen Erfolg
blieben, daß die Bevollmächtigten und Unterhänd-
ler Dänemarks bereits Anstalten treffen, Berlin
wieder zu verlassen. Wie entschieden aber der
Kaiser Nikolaus für die Dänen Partei nimmt,
ist eine bekannte Sache, und man ist daher nicht
ohne Besorgniß, daß er bei seiner Anwesenheit
zu Warschau vielleicht von dort aus Schritte in
der Sache thun dürfte.

Berlin, 7. Mai. Von den zum Kongreß
geladenen Fürsten sind gestern der Großherzog
von Sachsen=Weimar, der Großherzog von Meck-
lenburg=Strehlitz, der Großherzog und der Erb-
großherzog von Oldenburg, der Herzog von
Sachsen=Coburg=Gotha, der Herzog von Sachsen-
Altenburg, der Herzog von Sachsen = Meiningen,
der Herzog von Braunschweig, der Herzog von
Anhalt=Dessau, der Erbprinz von Anhalt=Dessau,
der Fürst von Reuß = Greiz eingetroffen. Heute
erwartet man den Großherzog von Baden und
den Kurfürsten von Hessen, außerdem die Bür-
germeister von Lübeck ( Doktor Elder ) , Bremen
( Smidt ) und Hamburg ( Dr. Dammert ) . Ge-
laden sind sonst noch der Herzog von Anhalt-
Bernburg, die Fürsten von Schwarzburg=Sonders-
hausen und Schwarzburg = Rudolstadt, der Fürst
von Reuß=Schleitz, der Fürst von Lippe=Detmold,
der Fürst von Schaumburg=Lippe, und die Fürstin
von Waldeck. Bestimmt nicht erscheinen werden
der Großherzog von Hessen und der Herzog von
Nassau. Die Vossische Zeitung bringt außerdem
die bedeutsame Nachricht, daß die Fürsten von
Schwarzburg=Rudolstadt und Schwarzburg - Son-
dershausen, sowie die vier regierenden Fürsten von
Reuß ihre Hoheitsrechte in eben der Weise, wie
die Fürsten von Sigmaringen und Hechingen, an
[Spaltenumbruch] Preußen abzutreten beabsichtigen, daß aber von
außerhalb lebhafter Widerspruch gegen die Aus-
führung eines solchen Beschlusses erhoben werde.

Berlin, 8. Mai. Die Hengstenberg'sche „ Kir-
chenzeitung “ enthält in Nr. 34 einen „offenen
Protest“ gegen die Rechtmäßigkeit der Beeidigung
der evangelischen Konsistorialräthe und Superin-
tendenten; sie findet in dieser Beeidigung einen
„Eingriff der Staatsbehörden in die Kirchen=Re-
gierung “ und einen „Angriff auf die Selbststän-
digkeit der Kirche“, und erhebt schließlich folgen-
den Protest: „Die Staatsregierung war zur For-
derung dieses Eides nicht berechtigt, und die Or-
gane des Kirchenregiments haben, indem sie den
Eid leisteten, die Rechte ihrer Kirche, die Rechte
ihrer Stellung nicht gewahrt.“

Königsberg, 5. Mai. Jn Folge des in vo-
riger Woche hier eingegangenen Rescripts des
Hrn. Ministers des Jnnern hat der Buchdrucke-
reibesitzer Hartung, der der Verleger der sog.
königl. preuß. Staats=, Kriegs= und Friedenszei-
tung ist, heute die Aufforderung erhalten, inner-
halb dreier Tage sich dieses Titels für seine Zei-
tung und der Führung des preuß. Wappens in
derselben bei Strafe von 50 Thlrn. und Confis-
cation der Zeitung zu enthalten.

Wien, 4. Mai. Gestern veröffentlichte ein
hiesiges Oppositionsblatt das Glaubensbekenntniß
der Deutschkatholiken. Wie begreiflich wurde die
Numer gierig gekauft, um das Wesen der neuen
Religion
zu studiren. Der Troß fand den Jn-
halt ganz scharmant und ist drauf und dran, sich
einzeichnen zu lassen. Jn den letzten Ta-
gen sind dem Vernehmen nach auf die angedeutete
Art der Einzeichnung 6000 Menschen zum Deutsch-
katholicismus übergetreten. Der Uebertritt geschieht
zunächst in angetrunkenem Zustande in irgend ei-
ner Kneipe, wo die Apostel der neuen Religion
ihr Unwesen treiben. Recht so! Statt der Kirche
in die Kneipe, statt der Taufe einen Schoppen
Liesinger, und communistische Floskeln als Pre-
digten! Es klingt unglaublich, ist aber dennoch
buchstäblich wahr. Die hiesigen Anhänger der frei-
christlichen Gemeinde haben die Gasthoflokalitäten
zu Gottestempeln umgestaltet, in den Tavernen
und Spelunken ködern sie die Massen, und wo
die Ueberzeugung nicht ausreicht, hilft der Wein
nach! -- Daß die religiöse Agitation nur der
Deckmantel ist, um der Demokratie Jünger zu
gewinnen, braucht wohl kaum erörtert zu werden.
Alles -- was da kommt, Alt und Jung, Tugend-
hafte oder Verbrecher, Katholiken, Protestanten und
Juden -- Alle, Alle sind sie willkommen und wer-
den schleunigst dem Bunde eingeweiht. Die Pfiffi-
gern werden sodann abgesondert, in die eigentli-
chen Mysterien eingeweiht, und hierzu tritt irgend
ein eifriger Jünger seine Wohnung ab, wo dann
bei verschlossenen Thüren Predigten gehalten wer-
den, deren Jnhalt rein politischer Natur ist. Vor
Kurzem sprach ich mit einem bornirten Zeitungs-
Colporteur, der dem deutschkatholischen Verein nur
darum beitreten zu müssen glaubte, weil er vor
zwei Jahren auch Mitglied des constitutionellen
Vereins war. Als Draufgeld erhielt er 30 kr.
Conv.=M. und eine Halbe Wein -- der Mann
war mit den Priestern der neuen Lehre höchlich
zufrieden. Sie sehen, wir sind hier in Wien auf
einem ganz guten Wege, und es ist hohe Zeit,
daß die anerkannten christlichen Kirchen Anstalten
machen, durch das lebendige Wort der wahren
Lehre Christi dem Sectengeiste zu steuern. Zwang,
Verbote, Kirchenbann ec. schaden bei solchen An-
lässen mehr, als sie nützen, weil sie Erbitterung
und endlich Halsstarrigkeit provociren und die Ab-
gefallenen vom Wiedereintritt abschrecken. Die
Freiwerbung für die neue Secte, die Christum als
den „erhabensten Menschen“ bezeichnet, und, wie
spitzfindig, um die Massen zu täuschen! -- an die
Fortdauer des Geistes glaubt, die Unsterblichkeit
der Seele sohin geradezu läugnet, wird in jenen
Vorstädten am Eifrigsten betrieben, wo sich zahl-
reiche Fabriken befinden. Es ist daher auf nichts
Geringeres abgesehen, als die Arbeiter durch und
durch zu demokratisiren. Die Zusammenkünfte
finden täglich in einem andern Lokale Statt, da

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[0002] München, 8. Mai. Der Referent über die Lotto=Erträgnisse in der ersten Kammer, Reichs- rath v. Lotzbeck, beantragt: die Kammer wolle nur eventuell dem Antrag der zweiten Kammer auf Aufhebung des Lotto vom 30. Sept. 1851 an zustimmen, wenn sein eigener ( aus finanziellen Gründen gestellter ) Antrag sich nicht der Annahme der hohen Kammer erfreuen sollte, welcher dahin geht: „die kön. Staatsregierung möge das Lotto während der ganzen Dauer der 6ten Finanzperiode ohne Verleihung von neuen Kollekten, ohne Ver- mehrung des stabilen Personals und mit Aushilfe durch Functionäre fortbestehen lassen und den durch- schnittlichen Ertrag desselben unter die Einnahmen des Staats in die Budgetsvorlage wieder auf- nehmen.“ ( Nürnb. K. ) München, 9. Mai. Jm II. Ausschuß wer- den dermalen der Kammer mehrere Anträge für Revision des Biertarifs, beziehungsweise Freige- bung des Tarifs, berathen und dürften allernächst an die Kammer kommen. Deutschland. München, 9. Mai. Das Corps Rhenania und noch vier andere Studentenvereine der Uni- versität München sind -- als politischer Vereins- zwecke verdächtig -- aufgehoben worden. -- Hö- herer Anordnung zufolge haben am 6. Mai l. J. an die Musikkorps derjeniger Regimenter der bayerischen Armee, welche in ihren Garnisonen die Hauptwachen beziehen, jeden Tag nach been- digter Wachtparade vor der Hauptwache wenig- stens drei Musikstücke zu exekutiren. Jn der Neuen Münchner Zeitung wird fol- gender „gesinnungstüchtiger“ Fall mitgetheilt. Zum Beweise, welche Gesinnungen noch bei einzelnen Jndividuen in unserer Mitte vorherrschen, erlaube ich mir, Jhnen folgende Thatsache mitzutheilen, welche sich am 5. d. M. Abends in Schweinfurt er- eignet hat. Am genannten Tage hatte der als Offizier wie im Privatleben allgemein in hoher Achtung stehende Lieutenant Hr. Raimann den Wachtdienst auf der Hauptwache. Als derselbe gegen Mitternacht aus dem Fenster des Wacht- zimmers heraussah, schrie ein die Straße daher kommender Mann mit lautem Brüllen: „Das ist auch so ein Königsknecht, so ein Soldatenhund!“ und warf zugleich einen zweipfundschweren Stein gegen das Fenster, welcher zwar glücklicherweise den Offizier nicht traf, aber den einen Flügel des Fensters durchschlug und weit über die Mitte des Wachtzimmers hineinfiel. Der feige Thäter ent- floh, begünstigt von der dichten Finsterniß, ohne daß man seiner habhaft werden konnte. Stuttgart. Die Landesversammlung hat am 8. Mai beschlossen, der Regierung den Antrag als Gesetzes=Entwurf vorzulegen, vom 1. Juli d. J. an alle Schullehrer=Besoldungen, welche den An- schlag von 300 fl. noch nicht erreichen, bis zu die- sem Betrage zu erhöhen. -- Der gefangene Re- dakteur des Neckardampfschiffs, Binder, ist von den Geschworenen wegen Aufnahme eines Aufsa- tzes, worin die gegenwärtigen Minister unverbes- serliche Reactionärs und Feinde des Volks ge- nannt waren, der Theilnahme an Schmähung der Regierung schuldig befunden, und darauf neuer- dings zu 14 Tagen Gefängniß und 15 fl. Geld- strafe verurtheilt worden. Hannover, 6. Mai. Die erste Kammer hat sich in einer langen, vertraulichen Sitzung für die von der Regierung beantragte Steuererhöhung auf Kaffee, Thee, Wein, Tabak ec., durch welche das Defizit gedeckt werden soll, erklärt. Diese Mit- theilung ist sicher. Was die zweite Kammer be- schließen wird, kann in diesem Augenblick nicht mit Sicherheit angegeben werden. Die Meinungen und Ansichten unter den Abgeordneten zur zweiten Kammer sind noch sehr getheilt. Der Handels- stand im Lande hat sich durchschnittlich gegen die beabsichtigte Steuererhöhung erklärt, und diese seine Ansicht in beiden Kammern überreichten Cin- gaben motivirt. Jndessen wird höchst wahrschein- lich auch in zweiter Kammer die fragliche Sten- ererhöhung eine Mehrheit erhalten. Berlin, 2. Mai. Vegreiflicher Weise sieht man mit größter Spannung dem Resultate ent- gegen, das die ergangene Berufung des Fürsten- kongresses der Union auf den 8. hier haben wird. Der Grund, warum man Berlin für diesen Kon- greß wählte, liegt darin, daß man es für un- passend hielt, wenn der König von Preußen ge- wissermaßen den Fürsten der kleinen sächsischen Herzogthümer nachreiste. Die erste Frage ist na- türlich jetzt, wer wird kommen, wer nicht? und besonders wendet sich die Aufmerksamkeit den bei- den Hessen zu. Es herrschen noch bedeutende Zweifel, daß sowohl der Kurfurst als der Groß- herzog erscheinen werden. Dieser Kongreß dürfte allerdings für die Zukunft der sogenannten Union von bedeutendem Einfluß sein, und namentlich auch über ihre Stellung gegenüber dem jetzigen entschiedenen Auftreten Oesterreichs in Berufung des Plenums der Bundesversammlung nach Frank- furt entscheiden. Eine förmliche Weigerung Preu- ßens der Aufforderung Oesterreichs zu folgen, und gleichfalls seine Bevollmächtigten nach Frank- furt zu schicken, ist meines Wissens noch nicht er- folgt, und bei der sehr bestimmten Sprache des östereichischen Kabinets welches sich sein Präsidial- recht im Bunde von Niemanden streitig machen zu lassen entschlossen ist, dürfte man hier doch noch sich besinnen, die Sache auf die Spitze zu treiben. Man wird es eben da machen, wie im- mer, man wird soviel zu erreichen suchen, als möglich, aber dem Unvermeidlichen sich fügen. Es dürfte wohl noch der Augenblick kommen, wo man hier bedauern dürfte, dem osterreichischen Vorschlag einer durch Oesterreich und Preußen gemeinschaftlich vorzunehmenden Berufung des Plenums der Bundesversammlung nicht Folge gegeben zu haben. Daß die übrigen Regierun- gen der Union selbst sich sämmtlich von Preußen gutwillig so weit in die Tasche stecken lassen wer- den, auf die rechtlich ihnen gebührende selbststän- dige Vertretung im Plenum zu verzichten, und ihre Befugniß auf Preußen zu übertragen, unter- liegt noch sehr begründeten Zweifeln. Auch in dieser Beziehung dürfte der Unionsfürstenkongreß zu bestimmten Erklärungen führen. -- Mit nicht geringer Spannung sieht man hier auch dem Er- scheinen des Kaisers Nikolaus in Warschau gegen Mitte oder in der zweiten Hälfte des Mai ent- gegen, um so mehr, als die Verhandlungen in der deutschen Frage so sehr ohne allen Erfolg blieben, daß die Bevollmächtigten und Unterhänd- ler Dänemarks bereits Anstalten treffen, Berlin wieder zu verlassen. Wie entschieden aber der Kaiser Nikolaus für die Dänen Partei nimmt, ist eine bekannte Sache, und man ist daher nicht ohne Besorgniß, daß er bei seiner Anwesenheit zu Warschau vielleicht von dort aus Schritte in der Sache thun dürfte. ( N. M. Z. ) Berlin, 7. Mai. Von den zum Kongreß geladenen Fürsten sind gestern der Großherzog von Sachsen=Weimar, der Großherzog von Meck- lenburg=Strehlitz, der Großherzog und der Erb- großherzog von Oldenburg, der Herzog von Sachsen=Coburg=Gotha, der Herzog von Sachsen- Altenburg, der Herzog von Sachsen = Meiningen, der Herzog von Braunschweig, der Herzog von Anhalt=Dessau, der Erbprinz von Anhalt=Dessau, der Fürst von Reuß = Greiz eingetroffen. Heute erwartet man den Großherzog von Baden und den Kurfürsten von Hessen, außerdem die Bür- germeister von Lübeck ( Doktor Elder ) , Bremen ( Smidt ) und Hamburg ( Dr. Dammert ) . Ge- laden sind sonst noch der Herzog von Anhalt- Bernburg, die Fürsten von Schwarzburg=Sonders- hausen und Schwarzburg = Rudolstadt, der Fürst von Reuß=Schleitz, der Fürst von Lippe=Detmold, der Fürst von Schaumburg=Lippe, und die Fürstin von Waldeck. Bestimmt nicht erscheinen werden der Großherzog von Hessen und der Herzog von Nassau. Die Vossische Zeitung bringt außerdem die bedeutsame Nachricht, daß die Fürsten von Schwarzburg=Rudolstadt und Schwarzburg - Son- dershausen, sowie die vier regierenden Fürsten von Reuß ihre Hoheitsrechte in eben der Weise, wie die Fürsten von Sigmaringen und Hechingen, an Preußen abzutreten beabsichtigen, daß aber von außerhalb lebhafter Widerspruch gegen die Aus- führung eines solchen Beschlusses erhoben werde. Berlin, 8. Mai. Die Hengstenberg'sche „ Kir- chenzeitung “ enthält in Nr. 34 einen „offenen Protest“ gegen die Rechtmäßigkeit der Beeidigung der evangelischen Konsistorialräthe und Superin- tendenten; sie findet in dieser Beeidigung einen „Eingriff der Staatsbehörden in die Kirchen=Re- gierung “ und einen „Angriff auf die Selbststän- digkeit der Kirche“, und erhebt schließlich folgen- den Protest: „Die Staatsregierung war zur For- derung dieses Eides nicht berechtigt, und die Or- gane des Kirchenregiments haben, indem sie den Eid leisteten, die Rechte ihrer Kirche, die Rechte ihrer Stellung nicht gewahrt.“ Königsberg, 5. Mai. Jn Folge des in vo- riger Woche hier eingegangenen Rescripts des Hrn. Ministers des Jnnern hat der Buchdrucke- reibesitzer Hartung, der der Verleger der sog. königl. preuß. Staats=, Kriegs= und Friedenszei- tung ist, heute die Aufforderung erhalten, inner- halb dreier Tage sich dieses Titels für seine Zei- tung und der Führung des preuß. Wappens in derselben bei Strafe von 50 Thlrn. und Confis- cation der Zeitung zu enthalten. Wien, 4. Mai. Gestern veröffentlichte ein hiesiges Oppositionsblatt das Glaubensbekenntniß der Deutschkatholiken. Wie begreiflich wurde die Numer gierig gekauft, um das Wesen der neuen Religion zu studiren. Der Troß fand den Jn- halt ganz scharmant und ist drauf und dran, sich einzeichnen zu lassen. Jn den letzten Ta- gen sind dem Vernehmen nach auf die angedeutete Art der Einzeichnung 6000 Menschen zum Deutsch- katholicismus übergetreten. Der Uebertritt geschieht zunächst in angetrunkenem Zustande in irgend ei- ner Kneipe, wo die Apostel der neuen Religion ihr Unwesen treiben. Recht so! Statt der Kirche in die Kneipe, statt der Taufe einen Schoppen Liesinger, und communistische Floskeln als Pre- digten! Es klingt unglaublich, ist aber dennoch buchstäblich wahr. Die hiesigen Anhänger der frei- christlichen Gemeinde haben die Gasthoflokalitäten zu Gottestempeln umgestaltet, in den Tavernen und Spelunken ködern sie die Massen, und wo die Ueberzeugung nicht ausreicht, hilft der Wein nach! -- Daß die religiöse Agitation nur der Deckmantel ist, um der Demokratie Jünger zu gewinnen, braucht wohl kaum erörtert zu werden. Alles -- was da kommt, Alt und Jung, Tugend- hafte oder Verbrecher, Katholiken, Protestanten und Juden -- Alle, Alle sind sie willkommen und wer- den schleunigst dem Bunde eingeweiht. Die Pfiffi- gern werden sodann abgesondert, in die eigentli- chen Mysterien eingeweiht, und hierzu tritt irgend ein eifriger Jünger seine Wohnung ab, wo dann bei verschlossenen Thüren Predigten gehalten wer- den, deren Jnhalt rein politischer Natur ist. Vor Kurzem sprach ich mit einem bornirten Zeitungs- Colporteur, der dem deutschkatholischen Verein nur darum beitreten zu müssen glaubte, weil er vor zwei Jahren auch Mitglied des constitutionellen Vereins war. Als Draufgeld erhielt er 30 kr. Conv.=M. und eine Halbe Wein -- der Mann war mit den Priestern der neuen Lehre höchlich zufrieden. Sie sehen, wir sind hier in Wien auf einem ganz guten Wege, und es ist hohe Zeit, daß die anerkannten christlichen Kirchen Anstalten machen, durch das lebendige Wort der wahren Lehre Christi dem Sectengeiste zu steuern. Zwang, Verbote, Kirchenbann ec. schaden bei solchen An- lässen mehr, als sie nützen, weil sie Erbitterung und endlich Halsstarrigkeit provociren und die Ab- gefallenen vom Wiedereintritt abschrecken. Die Freiwerbung für die neue Secte, die Christum als den „erhabensten Menschen“ bezeichnet, und, wie spitzfindig, um die Massen zu täuschen! -- an die Fortdauer des Geistes glaubt, die Unsterblichkeit der Seele sohin geradezu läugnet, wird in jenen Vorstädten am Eifrigsten betrieben, wo sich zahl- reiche Fabriken befinden. Es ist daher auf nichts Geringeres abgesehen, als die Arbeiter durch und durch zu demokratisiren. Die Zusammenkünfte finden täglich in einem andern Lokale Statt, da

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 113. Würzburg, 11. Mai 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische113_1850/2>, abgerufen am 19.04.2024.