Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 39. Beilage. Bremen, 14. Mai 1852.[Beginn Spaltensatz]
werden. Gegen Ende August trat aber die sehr unglückliche Zeit eines Die ebenerwähnte gegen die vorhergehenden Jahre verhältnißmäßig Wenn wir die Ueberzeugung aussprechen, daß unsere Gesellschaft im Unter lobenswerther Anerkennung dieses edlen Strebens erlauben wir 1 ) Die beständigen Klagen der über Liverpool Beförderten, wozu die a. Mehrere Tage ja Wochen in Liverpool mit großem Kostenaufwande b. Jn geringer Anzahl unter eine Masse von Jrländern vertheilt zu c. weil die Deutschen, wegen der auf diesen Schiffen ausgegebenen, 2 ) Jm Allgemeinen können wir den Auswanderern den Rath ertheilen, 3 ) Denen, die über Antwerpen reisen wollen, empfehlen wir, keine Lebens- 4 ) Folgende Rathschläge müssen wir bitten besonders zu beachten: a. Nicht früher als Ende Februar und nicht später als Anfang oder b. Auf keine Weise sich darauf einzulassen, in Europa für die Reise Um den unkundigen Auswanderer gegen die seit Jahren sowohl dort Dem Auswanderer selbst sei aber die Versicherung ertheilt, daß die c. Sich ferner nicht darauf einzulassen, für eine angebotene Ver- Unter diesem Titel von den Auswanderern Geld zu machen, ist erst Beim Umwechseln von Geld ist darauf zu achten, daß sie nur ameri- Nicht schon vor ihrer Einschiffung Ländereien käuflich an sich zu [Beginn Spaltensatz]
werden. Gegen Ende August trat aber die sehr unglückliche Zeit eines Die ebenerwähnte gegen die vorhergehenden Jahre verhältnißmäßig Wenn wir die Ueberzeugung aussprechen, daß unsere Gesellschaft im Unter lobenswerther Anerkennung dieses edlen Strebens erlauben wir 1 ) Die beständigen Klagen der über Liverpool Beförderten, wozu die a. Mehrere Tage ja Wochen in Liverpool mit großem Kostenaufwande b. Jn geringer Anzahl unter eine Masse von Jrländern vertheilt zu c. weil die Deutschen, wegen der auf diesen Schiffen ausgegebenen, 2 ) Jm Allgemeinen können wir den Auswanderern den Rath ertheilen, 3 ) Denen, die über Antwerpen reisen wollen, empfehlen wir, keine Lebens- 4 ) Folgende Rathschläge müssen wir bitten besonders zu beachten: a. Nicht früher als Ende Februar und nicht später als Anfang oder b. Auf keine Weise sich darauf einzulassen, in Europa für die Reise Um den unkundigen Auswanderer gegen die seit Jahren sowohl dort Dem Auswanderer selbst sei aber die Versicherung ertheilt, daß die c. Sich ferner nicht darauf einzulassen, für eine angebotene Ver- Unter diesem Titel von den Auswanderern Geld zu machen, ist erst Beim Umwechseln von Geld ist darauf zu achten, daß sie nur ameri- Nicht schon vor ihrer Einschiffung Ländereien käuflich an sich zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/> werden. Gegen Ende August trat aber die sehr unglückliche Zeit eines<lb/> allgemeinen Stockens fast aller Geschäfte ein, die um so drückender wurde,<lb/> da gerade damals die meisten unbemittelten Einwanderer hier ankamen,<lb/> deren Existenz durch sofortige Beschäftigung bedingt war.</p><lb/> <p>Die ebenerwähnte gegen die vorhergehenden Jahre verhältnißmäßig<lb/> geringe Anzahl der angewiesenen Stellen lag offenbar in den Zeitverhält-<lb/> nissen und ist am allerwenigsten einer geringeren Thätigkeit der Agentur<lb/> zur Last zu legen; denn dieselbe hat weit leichtere Arbeit, wenn recht viele<lb/> Stellen bei ihr angemeldet werden. Wenn solches aber nicht der Fall ist,<lb/> dann bleibt es die Aufgabe des Agenten, nach den gemachten Erfahrungen<lb/> diejenigen Gegenden und Orte anzugeben, wo mit Gewißheit oder großer<lb/> Wahrscheinlichkeit die für die Nachsuchenden passende Arbeit zu finden ist.<lb/> Der Andrang derjenigen, die hierüber Auskunft verlangen, ist so groß, daß<lb/> es unmöglich ist, darüber eigene Listen zu führen. Wer hiervon eine klare<lb/> Vorstellung erhalten will, den ersuchen wir, zuweilen unser Agentschafts-<lb/> Local zu besuchen, welches in jeder Hinsicht sehr wünschenswerth wäre.<lb/> Das Jnteresse und die Theilnahme für die Gesellschaft zum Besten unserer<lb/> unkundigen Landsleute könnte dadurch nur erhöht werden. Man würde<lb/> sich gleichzeitig überzeugen, welche wunderliche Anforderungen an die Gesell-<lb/> schaft resp. an die Agentur oft gemacht werden. Einen ferner sehr wesent-<lb/> lichen Nutzen gewährte die Agentur dem Einwanderer durch Anweisung<lb/> des besten und billigsten Weges ins Jnnere, und auch im letzten Jahre ist<lb/> von dem Agentschafts=Ausschusse die Anordnung getroffen, daß er nach<lb/> Prüfung verschiedener Preislisten ein Beförderungshaus bestimmt und den<lb/> Agenten angewiesen hat, die betreffenden Einwanderer, die darum nach-<lb/> suchen, wegen der abzuschließenden Contracte an dieses Haus schriftlich zu<lb/> empfehlen. Wir haben alle Ursache, mit der im letzten Jahre getroffenen<lb/> Wahl eines solchen Beförderungshauses zufrieden zu sein, da auch nicht<lb/> eine gegründete Klage seitens der durch dieses Haus Beförderten vorge-<lb/> kommen ist, und wir zugleich die genugthuende Ueberzeugung haben, daß<lb/> durch dasselbe die billigsten Preise berechnet wurden. 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Nichts<lb/> desto weniger sind viele Fälle vorgekommen, daß unkundige Einwanderer<lb/> von gewissenlosen Menschen sich verleiten ließen, jenen von der Stadt= und<lb/> Staatsbehörde ausgehenden Rath mit Mißtrauen zu betrachten und die<lb/> Passage mit höheren, ja oft doppelten Preisen zu bezahlen. Manche<lb/> erfuhren noch zu rechter Zeit durch aufrichtige Freunde und Bekannte, daß<lb/> sie betrogen waren, kamen dann zu unserer Agentur, wo ihnen durch<lb/> Verweisung an die vom Staate eingesetzte Schutzbehörde Recht verschafft<lb/> werden konnte. Wir bemerken noch ferner, daß den Einwanderern manche<lb/> kleine Gefälligkeiten und Dienste seitens der Agentur geleistet worden sind,<lb/> worüber namentlich die nicht unbedeutende Correspondenz über die ver-<lb/> schiedenartigsten Gegenstände und Aufträge den besten Beweis liefert, und<lb/> so können wir hiemit die Ueberzeugung aussprechen, daß die Agentur auch<lb/> im verflossenen Jahre das geleistet hat, was billige Ansprüche nur erwarten<lb/> ließen. –</p><lb/> <p>Wenn wir die Ueberzeugung aussprechen, daß unsere Gesellschaft im<lb/> verflossenen Jahre den Einwanderern großen Schutz und Beistand geleistet<lb/> hat, so fühlen wir uns veranlaßt, frei und offen auszusprechen, daß dies<lb/> zum Theil nur durch die kräftige Mitwirkung einzelner Regierungen Deutsch-<lb/> lands, so wie einzelner daselbst, besonders in Bremen und Hamburg zu-<lb/> sammengetretener Schutzvereine erreicht worden ist, welche trotz den bisherigen<lb/> gehässigen Anfeindungen gegen unsere Gesellschaft, die Ueberzeugung ge-<lb/> wonnen hatten, daß dieselbe wirklich das wohlthätige und uneigennützige<lb/> Jnstitut ist, an das sich der Einwanderer mit vollem Vertrauen wenden<lb/> kann. Hier sowohl wie in Deutschland giebt es viele Agenturen und zwar<lb/> zum Theil mit einander verbunden, die aus schnödem Eigennutz darauf<lb/> ausgehen, von den mit den hiesigen Verhältnissen unbekannten Einwanderern<lb/> den größtmöglichsten Vortheil zu ziehen, unbekümmert ob sie den armen<lb/> Leuten den letzten Dollar nehmen und welches ihr Schicksal sein wird; die<lb/> vorerwähnten Vereine und Behörden haben es sich daher angelegen sein<lb/> lassen, schon drüben die Auswanderer aufzuklären, und sie auf die ihnen<lb/> bevorstehenden Gefahren aufmerksam zu machen.</p><lb/> <p>Unter lobenswerther Anerkennung dieses edlen Strebens erlauben wir<lb/> uns, an dieselben die freundliche Aufforderung ergehen zu lassen, in ihrem<lb/> bisherigen Eifer nicht zu erkalten, und drücken hierbei den Wunsch aus,<lb/> daß solche ähnliche Vereine in andern Theilen Deutschlands zu demselben<lb/> Zweck zusammentreten mögen, die Hand in Hand mit unserer Gesellschaft<lb/> dem Einwanderer schützende Rathgeber sind. Der Verwaltungs=Rath wird<lb/> nicht unterlassen, über die hiesigen Ereignisse von Zeit zu Zeit zu berichten,<lb/> insofern sie von Nutzen und Jnteresse sind. Wir nehmen hier zugleich die<lb/> Gelegenheit wahr, auf folgende uns zur Kenntniß gekommene Uebelstände<lb/> aufmerksam zu machen, deren Abhülfe nur in Deutschland möglich ist.</p><lb/> <cb n="2"/> <p>1 ) Die beständigen Klagen der über Liverpool Beförderten, wozu die<lb/> Einwanderer meist in Hamburg und Berlin unter allerlei Vorspiegelungen<lb/> einer raschen und billigen Fahrt angeworben werden, machen es uns zur<lb/> dringlichen Pflicht, allen Einwanderern diese Tour ernstlich abzurathen,<lb/> wenn sie sich nicht folgendem aussetzen wollen:</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a</hi>. Mehrere Tage ja Wochen in Liverpool mit großem Kostenaufwande<lb/> zu warten.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b</hi>. Jn geringer Anzahl unter eine Masse von Jrländern vertheilt zu<lb/> werden, welche durch fremde Sprache und Sitte die sehr beschwerliche See-<lb/> Reise noch unangenehmer machen, und bei nicht zu vermeidenden Conflicten<lb/> stets den Vorzug erringen, ferner</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">c</hi>. weil die Deutschen, wegen der auf diesen Schiffen ausgegebenen,<lb/> ihnen nicht zusagenden und meist noch sehr schlechten Kost zu bedeutenden<lb/> Neben=Ausgaben veranlaßt werden oder gar Mangel leiden; außerdem hat<lb/> die Erfahrung gelehrt, daß gerade auf den von Liverpool kommenden<lb/> Schiffen, die meist von Passagieren überfüllt sind, in den Wintermonaten<lb/> die sehr bösartigen Krankheiten, wie Schiffsfieber und Typhus, ganz ge-<lb/> wöhnlich sind.</p><lb/> <p>2 ) Jm Allgemeinen können wir den Auswanderern den Rath ertheilen,<lb/> sich vor der Einschiffung drüben noch einmal impfen zu lassen, da nicht<lb/> selten auf den Schiffen die Pocken=Krankheit ausbricht und das hiesige<lb/> Hospital an der Quarantaine stets viele Pockenkranke hat. Es ist sehr<lb/> auffallend, daß die Meisten hiervon Deutsche sind und zwar größtentheils<lb/> solche, die über Havre kommen.</p><lb/> <p>3 ) Denen, die über Antwerpen reisen wollen, empfehlen wir, keine Lebens-<lb/> mittel von Hause mitzubringen oder selbst zu kaufen, indem sie doch ge-<lb/> zwungen sind, den durch die Belgische Regierung vorgeschriebenen Proviant<lb/><hi rendition="#aq">à</hi> 18 fl. <hi rendition="#aq">pro</hi> Kopf zu nehmen. Diejenigen, welche Proviant mitbrachten<lb/> und sich darauf verließen, dafür keine weitere Ausgabe zu haben, fanden<lb/> sich bitter getäuscht und mußten den vorgeschriebenen Proviant ankaufen,<lb/> wodurch bei vielen die mäßigen Mittel ganz erschöpft wurden, welche für<lb/> ihre Weiterreise von hier oder für ihre erste Einrichtung bestimmt waren<lb/> und hinreichend gewesen wären.</p><lb/> <p>4 ) Folgende Rathschläge müssen wir bitten besonders zu beachten:</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a</hi>. Nicht früher als Ende Februar und nicht später als Anfang oder<lb/> höchstens Mitte September aus dem Einschiffungshafen abzufahren,<lb/> indem in der Regel schon in der ersten Hälfte des November die Fluß-<lb/> und Canal=Verbindung mit dem Jnnern größtentheils gehemmt und die<lb/> Ankommenden gezwungen sind, das etwa zur Weiterreise bestimmte Geld<lb/> hier in der Stadt zu verzehren.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b</hi>. Auf keine Weise sich darauf einzulassen, in Europa für die Reise<lb/> von hier in das Jnnere eine Vereinbarung zu treffen oder gar das ge-<lb/> forderte Geld ganz oder theilweise zu bezahlen. Jm verflossenen Jahre sind<lb/> freilich leider wieder häufig dergleichen Fälle vorgekommen, wo sich viele<lb/> von Deutschland aus mitgebrachte Beförderungs=Scheine hier als ganz<lb/> werthlos auswiesen, bei Andern dagegen das Doppelte für eine langsamere<lb/> Beförderungsweise bezahlt wurde, wo für die Hälfte hier am Platze die<lb/> rascheste zu haben war. Den Verlockungen, schon in Europa für die<lb/> Weiterreise von hier ins Jnnere zu unterhandeln und ganz oder theilweise<lb/> zu bezahlen, wird der Auswanderer dort, gerade in diesem Jahre mehr wie<lb/> früher ausgesetzt sein, da bekanntlich mehrere Jnhaber oder Agenten hiesiger<lb/> Beförderungs=Häuser selbst nach Deutschland gereist sind, um diesen ihren<lb/> Zweck durch dortige Agenten durchzusetzen und sich so schon drüben ihre<lb/> Leute zu sichern. Auf diese Weise suchen sie die hier zum Schutze der<lb/> Einwanderer in Wirksamkeit getretenen oben erwähnten Verordnungen,<lb/> wodurch es ihnen unmöglich wird, einen großen Vortheil von den Ein-<lb/> wanderern zu ziehen, ungestraft zu umgehen.</p><lb/> <p>Um den unkundigen Auswanderer gegen die seit Jahren sowohl dort<lb/> als hier verübten Betrügereien, die die Aufmerksamkeit und Theilnahme<lb/> der Regierungen beider Welttheile erregt haben, gegen die zuletzterwähnten<lb/> Gefahren ganz zu sichern, erlauben wir uns die Andeutung, daß dergleichen<lb/> Contracte in Europa abgeschlossen ungültig und ungesetzlich von den be-<lb/> treffenden Regierungen möchten erklärt werden.</p><lb/> <p>Dem Auswanderer selbst sei aber die Versicherung ertheilt, daß die<lb/> jüngst entstandene Concurrenz mehrerer Eisenbahnen, die nach dem Westen<lb/> führen, die Passage während des kommenden Sommers weit geringer stellen<lb/> wird als im vergangenen Jahre, und daß es hier am Platze Zeit und<lb/> Gelegenheit genug geben wird, die ihm am besten scheinende Reiseroute<lb/> zu nehmen.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">c</hi>. Sich ferner nicht darauf einzulassen, für eine angebotene Ver-<lb/> sicherung gegen Diebstahl während der Reise etwas zu bezahlen, da der-<lb/> gleichen Contracte sich hier durchaus als wirkunglos erwiesen haben.</p><lb/> <p>Unter diesem Titel von den Auswanderern Geld zu machen, ist erst<lb/> im vorigen Jahre ausgeübt und bekannt geworden.</p><lb/> <p>Beim Umwechseln von Geld ist darauf zu achten, daß sie nur ameri-<lb/> kanische Münze, nicht aber z. B. Englische Souvereins, die $ 4 85 werth<lb/> sind, für $ 5, oder Fünf=Franken=Stücke, die in der Regel nur 94 Cts.<lb/> werth sind, für einen Dollar annehmen.</p><lb/> <p>Nicht schon vor ihrer Einschiffung Ländereien käuflich an sich zu<lb/> hringen, sondern erst nach eigener Anschauung sich da niederzulassen, wo<lb/><cb type="end"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0003]
werden. Gegen Ende August trat aber die sehr unglückliche Zeit eines
allgemeinen Stockens fast aller Geschäfte ein, die um so drückender wurde,
da gerade damals die meisten unbemittelten Einwanderer hier ankamen,
deren Existenz durch sofortige Beschäftigung bedingt war.
Die ebenerwähnte gegen die vorhergehenden Jahre verhältnißmäßig
geringe Anzahl der angewiesenen Stellen lag offenbar in den Zeitverhält-
nissen und ist am allerwenigsten einer geringeren Thätigkeit der Agentur
zur Last zu legen; denn dieselbe hat weit leichtere Arbeit, wenn recht viele
Stellen bei ihr angemeldet werden. Wenn solches aber nicht der Fall ist,
dann bleibt es die Aufgabe des Agenten, nach den gemachten Erfahrungen
diejenigen Gegenden und Orte anzugeben, wo mit Gewißheit oder großer
Wahrscheinlichkeit die für die Nachsuchenden passende Arbeit zu finden ist.
Der Andrang derjenigen, die hierüber Auskunft verlangen, ist so groß, daß
es unmöglich ist, darüber eigene Listen zu führen. Wer hiervon eine klare
Vorstellung erhalten will, den ersuchen wir, zuweilen unser Agentschafts-
Local zu besuchen, welches in jeder Hinsicht sehr wünschenswerth wäre.
Das Jnteresse und die Theilnahme für die Gesellschaft zum Besten unserer
unkundigen Landsleute könnte dadurch nur erhöht werden. Man würde
sich gleichzeitig überzeugen, welche wunderliche Anforderungen an die Gesell-
schaft resp. an die Agentur oft gemacht werden. Einen ferner sehr wesent-
lichen Nutzen gewährte die Agentur dem Einwanderer durch Anweisung
des besten und billigsten Weges ins Jnnere, und auch im letzten Jahre ist
von dem Agentschafts=Ausschusse die Anordnung getroffen, daß er nach
Prüfung verschiedener Preislisten ein Beförderungshaus bestimmt und den
Agenten angewiesen hat, die betreffenden Einwanderer, die darum nach-
suchen, wegen der abzuschließenden Contracte an dieses Haus schriftlich zu
empfehlen. Wir haben alle Ursache, mit der im letzten Jahre getroffenen
Wahl eines solchen Beförderungshauses zufrieden zu sein, da auch nicht
eine gegründete Klage seitens der durch dieses Haus Beförderten vorge-
kommen ist, und wir zugleich die genugthuende Ueberzeugung haben, daß
durch dasselbe die billigsten Preise berechnet wurden. Jm Allgemeinen
haben sich die Betrügereien in Betreff der Passagen durch das kräftige
Einschreiten der Mayors von Newyork, Albany und Buffalo, so wie der
Commissioners of Emigration bedeutend verringert, und wird eine unab-
lässige Verfolgung der an hiesigem Platze bisher verübten Betrügereien
endlich das längst ersehnte Ziel näher bringen. Es ist nämlich vom Mayor
der Stadt Newyork, im Verein mit den Commissioners of Emigration
eine Normal=Preisliste angenommen, welche bei Strafe der Entziehung der
Licenz von den Forwarders nicht überschritten werden darf. Die Commis-
sioners of Emigration haben besondere Beamte angestellt, um diese Normal-
Preislisten mit rathgebenden Bemerkungen auf den Schiffen unter die
Einwanderer zu vertheilen, und dieselben noch überdieß zu belehren. Nichts
desto weniger sind viele Fälle vorgekommen, daß unkundige Einwanderer
von gewissenlosen Menschen sich verleiten ließen, jenen von der Stadt= und
Staatsbehörde ausgehenden Rath mit Mißtrauen zu betrachten und die
Passage mit höheren, ja oft doppelten Preisen zu bezahlen. Manche
erfuhren noch zu rechter Zeit durch aufrichtige Freunde und Bekannte, daß
sie betrogen waren, kamen dann zu unserer Agentur, wo ihnen durch
Verweisung an die vom Staate eingesetzte Schutzbehörde Recht verschafft
werden konnte. Wir bemerken noch ferner, daß den Einwanderern manche
kleine Gefälligkeiten und Dienste seitens der Agentur geleistet worden sind,
worüber namentlich die nicht unbedeutende Correspondenz über die ver-
schiedenartigsten Gegenstände und Aufträge den besten Beweis liefert, und
so können wir hiemit die Ueberzeugung aussprechen, daß die Agentur auch
im verflossenen Jahre das geleistet hat, was billige Ansprüche nur erwarten
ließen. –
Wenn wir die Ueberzeugung aussprechen, daß unsere Gesellschaft im
verflossenen Jahre den Einwanderern großen Schutz und Beistand geleistet
hat, so fühlen wir uns veranlaßt, frei und offen auszusprechen, daß dies
zum Theil nur durch die kräftige Mitwirkung einzelner Regierungen Deutsch-
lands, so wie einzelner daselbst, besonders in Bremen und Hamburg zu-
sammengetretener Schutzvereine erreicht worden ist, welche trotz den bisherigen
gehässigen Anfeindungen gegen unsere Gesellschaft, die Ueberzeugung ge-
wonnen hatten, daß dieselbe wirklich das wohlthätige und uneigennützige
Jnstitut ist, an das sich der Einwanderer mit vollem Vertrauen wenden
kann. Hier sowohl wie in Deutschland giebt es viele Agenturen und zwar
zum Theil mit einander verbunden, die aus schnödem Eigennutz darauf
ausgehen, von den mit den hiesigen Verhältnissen unbekannten Einwanderern
den größtmöglichsten Vortheil zu ziehen, unbekümmert ob sie den armen
Leuten den letzten Dollar nehmen und welches ihr Schicksal sein wird; die
vorerwähnten Vereine und Behörden haben es sich daher angelegen sein
lassen, schon drüben die Auswanderer aufzuklären, und sie auf die ihnen
bevorstehenden Gefahren aufmerksam zu machen.
Unter lobenswerther Anerkennung dieses edlen Strebens erlauben wir
uns, an dieselben die freundliche Aufforderung ergehen zu lassen, in ihrem
bisherigen Eifer nicht zu erkalten, und drücken hierbei den Wunsch aus,
daß solche ähnliche Vereine in andern Theilen Deutschlands zu demselben
Zweck zusammentreten mögen, die Hand in Hand mit unserer Gesellschaft
dem Einwanderer schützende Rathgeber sind. Der Verwaltungs=Rath wird
nicht unterlassen, über die hiesigen Ereignisse von Zeit zu Zeit zu berichten,
insofern sie von Nutzen und Jnteresse sind. Wir nehmen hier zugleich die
Gelegenheit wahr, auf folgende uns zur Kenntniß gekommene Uebelstände
aufmerksam zu machen, deren Abhülfe nur in Deutschland möglich ist.
1 ) Die beständigen Klagen der über Liverpool Beförderten, wozu die
Einwanderer meist in Hamburg und Berlin unter allerlei Vorspiegelungen
einer raschen und billigen Fahrt angeworben werden, machen es uns zur
dringlichen Pflicht, allen Einwanderern diese Tour ernstlich abzurathen,
wenn sie sich nicht folgendem aussetzen wollen:
a. Mehrere Tage ja Wochen in Liverpool mit großem Kostenaufwande
zu warten.
b. Jn geringer Anzahl unter eine Masse von Jrländern vertheilt zu
werden, welche durch fremde Sprache und Sitte die sehr beschwerliche See-
Reise noch unangenehmer machen, und bei nicht zu vermeidenden Conflicten
stets den Vorzug erringen, ferner
c. weil die Deutschen, wegen der auf diesen Schiffen ausgegebenen,
ihnen nicht zusagenden und meist noch sehr schlechten Kost zu bedeutenden
Neben=Ausgaben veranlaßt werden oder gar Mangel leiden; außerdem hat
die Erfahrung gelehrt, daß gerade auf den von Liverpool kommenden
Schiffen, die meist von Passagieren überfüllt sind, in den Wintermonaten
die sehr bösartigen Krankheiten, wie Schiffsfieber und Typhus, ganz ge-
wöhnlich sind.
2 ) Jm Allgemeinen können wir den Auswanderern den Rath ertheilen,
sich vor der Einschiffung drüben noch einmal impfen zu lassen, da nicht
selten auf den Schiffen die Pocken=Krankheit ausbricht und das hiesige
Hospital an der Quarantaine stets viele Pockenkranke hat. Es ist sehr
auffallend, daß die Meisten hiervon Deutsche sind und zwar größtentheils
solche, die über Havre kommen.
3 ) Denen, die über Antwerpen reisen wollen, empfehlen wir, keine Lebens-
mittel von Hause mitzubringen oder selbst zu kaufen, indem sie doch ge-
zwungen sind, den durch die Belgische Regierung vorgeschriebenen Proviant
à 18 fl. pro Kopf zu nehmen. Diejenigen, welche Proviant mitbrachten
und sich darauf verließen, dafür keine weitere Ausgabe zu haben, fanden
sich bitter getäuscht und mußten den vorgeschriebenen Proviant ankaufen,
wodurch bei vielen die mäßigen Mittel ganz erschöpft wurden, welche für
ihre Weiterreise von hier oder für ihre erste Einrichtung bestimmt waren
und hinreichend gewesen wären.
4 ) Folgende Rathschläge müssen wir bitten besonders zu beachten:
a. Nicht früher als Ende Februar und nicht später als Anfang oder
höchstens Mitte September aus dem Einschiffungshafen abzufahren,
indem in der Regel schon in der ersten Hälfte des November die Fluß-
und Canal=Verbindung mit dem Jnnern größtentheils gehemmt und die
Ankommenden gezwungen sind, das etwa zur Weiterreise bestimmte Geld
hier in der Stadt zu verzehren.
b. Auf keine Weise sich darauf einzulassen, in Europa für die Reise
von hier in das Jnnere eine Vereinbarung zu treffen oder gar das ge-
forderte Geld ganz oder theilweise zu bezahlen. Jm verflossenen Jahre sind
freilich leider wieder häufig dergleichen Fälle vorgekommen, wo sich viele
von Deutschland aus mitgebrachte Beförderungs=Scheine hier als ganz
werthlos auswiesen, bei Andern dagegen das Doppelte für eine langsamere
Beförderungsweise bezahlt wurde, wo für die Hälfte hier am Platze die
rascheste zu haben war. Den Verlockungen, schon in Europa für die
Weiterreise von hier ins Jnnere zu unterhandeln und ganz oder theilweise
zu bezahlen, wird der Auswanderer dort, gerade in diesem Jahre mehr wie
früher ausgesetzt sein, da bekanntlich mehrere Jnhaber oder Agenten hiesiger
Beförderungs=Häuser selbst nach Deutschland gereist sind, um diesen ihren
Zweck durch dortige Agenten durchzusetzen und sich so schon drüben ihre
Leute zu sichern. Auf diese Weise suchen sie die hier zum Schutze der
Einwanderer in Wirksamkeit getretenen oben erwähnten Verordnungen,
wodurch es ihnen unmöglich wird, einen großen Vortheil von den Ein-
wanderern zu ziehen, ungestraft zu umgehen.
Um den unkundigen Auswanderer gegen die seit Jahren sowohl dort
als hier verübten Betrügereien, die die Aufmerksamkeit und Theilnahme
der Regierungen beider Welttheile erregt haben, gegen die zuletzterwähnten
Gefahren ganz zu sichern, erlauben wir uns die Andeutung, daß dergleichen
Contracte in Europa abgeschlossen ungültig und ungesetzlich von den be-
treffenden Regierungen möchten erklärt werden.
Dem Auswanderer selbst sei aber die Versicherung ertheilt, daß die
jüngst entstandene Concurrenz mehrerer Eisenbahnen, die nach dem Westen
führen, die Passage während des kommenden Sommers weit geringer stellen
wird als im vergangenen Jahre, und daß es hier am Platze Zeit und
Gelegenheit genug geben wird, die ihm am besten scheinende Reiseroute
zu nehmen.
c. Sich ferner nicht darauf einzulassen, für eine angebotene Ver-
sicherung gegen Diebstahl während der Reise etwas zu bezahlen, da der-
gleichen Contracte sich hier durchaus als wirkunglos erwiesen haben.
Unter diesem Titel von den Auswanderern Geld zu machen, ist erst
im vorigen Jahre ausgeübt und bekannt geworden.
Beim Umwechseln von Geld ist darauf zu achten, daß sie nur ameri-
kanische Münze, nicht aber z. B. Englische Souvereins, die $ 4 85 werth
sind, für $ 5, oder Fünf=Franken=Stücke, die in der Regel nur 94 Cts.
werth sind, für einen Dollar annehmen.
Nicht schon vor ihrer Einschiffung Ländereien käuflich an sich zu
hringen, sondern erst nach eigener Anschauung sich da niederzulassen, wo
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