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Der Arbeitgeber. Nr. 676. Frankfurt a. M., 15. April 1870.

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[Spaltenumbruch] von Jrland und England bezog. Die Wollenweberei allein beschäf-
tigte 200 Werkstätten und 30,000 Arbeiter. Das jährlich erzeugte
Tuch wurde durchschnittlich um 1,200,000 Goldgulden verkauft;
400,000 Goldgulden wurden jährlich gemünzt; 80 Banken leiteten
die Handelsunternehmungen nicht bloß von Florenz, sondern von
ganz Europa. Zwei Häuser liehen Edward III. von England[unleserliches Material] mehr als
300,000 Mark Silber, die Stadt hatte damals 170,000 Einwohner.

Noch schlagender für die Blüthe des damaligen Verkehrs ist
der Nachweis, welchen der Doge von Venedig, Thomas Moncenigo,
im Jahr 1421 von der merkantilen Thätigkeit seiner Stadt zu-
sammenstellte, nach Art damaliger Zeit am meisten Werth auf das
gemünzte Geld legend:

"Jede Woche erhalten wir aus Mailand 17--18,000 Dukaten,
aus Monza 1000 Dukaten, aus Como 3000, aus Alessandria 1000,
aus Tortona und Novarra 2000, aus Pavia ebensoviel, aus Cre-
mona und Parma gleichfalls, aus Bergamo 1500 Dukaten. Die
Banquiers stimmen alle darin überein, daß das mailändische Gebiet
jährlich 1,600,000 Dukaten uns baar herauszuzahlen hat. Tortona
und Novara kaufen jährlich 6000 Stück Tuch, Pavia 3000, Mai-
land 4000, Cremona 40,000, Como 12,000, Monza 6000, Brescia
5000, Bergamo 10,000, Parma 4000, zusammen 90,000 Stück.
Die genannten Städte senden uns außerdem 1,558,000 Zechinen
an feinem Golde. Wir treiben mit der Lombardei einen Handel
von 28,000,000 Dukaten. Die Lombarden kaufen von uns jähr-
lich 40,000 Centner katalonische Wolle, ein gleiches Quantum fran-
zösischer Wolle, Gold= und Seidengewebe für 250,000 Dukaten,
50,000 Centner Baumwolle, 20,000 Cent. Garn, 3000 Ladungen
Pfeffer, 400 Bunde Zimmt, 2000 Cent. Jngwer, für 95,000 Du-
katen Näh= und Strickwaaren, 40,000 Cent. Farbholz, für 50,000
Dukaten andere Farbwaaren, für 250,000 Dukaten Seife, für
30,000 Dukaten Sklaven.

Dabei ist die Salzausfuhr noch gar nicht in Rechnung ge-
bracht. Nun erwäge man, wie viele Schiffe der Transport dieser
Waaren beschäftigt, sowohl um sie nach der Lombardei zu bringen,
als um sie aus Syrien, Romanien, Catalonien, Flandern, Cypern,
Sicilien, kurz von allen Gegenden der Welt zu holen. Venedig
verdient an Fracht dabei2 1 / 2 --3 Prozent, und von diesem Ge-
winnste leben Mäkler, Handwerker, Seeleute, Tausende von Familien
und zuletzt unsere Kaufleute; derselbe beträgt nicht weniger als
600,000 Dukaten. Verona kauft alle Jahre 200 Stück Gold=,
Silber= und Seidengewebe, Vicenza 120, Padua 200, Treviso 120,
Friaul 50, Feltre und Belluno 12; und außerdem holen sie 400 Last
Pfeffer, 120 Bund Zimmt, 1000 Centner Jngwer, 1000 Centner
Zucker und 200 Scheiben Wachs jährlich. Florenz schickt uns Güter
im Werth von 16,000 Zechinen und in Gold 350,000 Zechinen,
wofür es spanische und französische Wolle, Getreide, Seidewaaren,
Gold= und Silberdrath, Wachs, Zucker und Schmucksachen nimmt.
Alles in Allem setzt Venedig jährlich zehn Millionen Zechinen um."

* Der Frauen=Anwalt. Das 1. Heft dieser kürzlich ange-
kündigten Monatsschrift ist erschienen. Der von Luise Büchner ge-
schriebenen Einleitung zufolge wird sich derselbe hauptsächlich mit der
weiblichen Erziehung beschäftigen, allerdings die Grundfrage, wenn
die Frauen an dem allgemeinen Arbeitgebiet theilnehmen sollen. Dann
soll dieses selbst besprochen und in einer besonderen Rubrik " Arbeit-
markt " praktisch eingegriffen werden. Um letzteren Zweck zu er-
reichen, müßte die Zeitschrift öfter erscheinen, denn 4 Wochen warten
zu müssen, bis man nur ein Gesuch einrücken lassen oder Auskunft
über Stellen erhalten kann, dürfte wohl zu lang sein. -- Einer
uns eben zugehenden Mittheilung zufolge scheint der " Frauen=An-
walt " ( ganz frauenmäßig ) bereits seinen Namen geändert zu haben,
denn von derselben Verlagshandlung ( O. Löwenstein in Berlin ) wird
eine neue Monatsschrift unter dem Titel " Die Mitgift ", Organ
des 1869 zu Berlin begründeten Verbandes deutscher Frauenbildungs-
und Erwerbvereine, unter Mitwirkung von Frau Fanny Lewald in
Berlin, Fräul. Luise Büchner in Darmstadt, Prof. Dr. von Holtzen-
dorff in Berlin ec., von Jenny Hirsch, der Schriftführerin des Lette-
Vereins, herausgegeben. Weshalb die Aenderung geschah wird nicht
mitgetheilt. Wir hätten den ersten Namen vorgezogen. Die Zeit-
schrift verspricht dem Probeheft nach Tüchtiges zu leisten, ob es aber
nicht besser gewesen wäre, statt eine neue Zeitschrift zu gründen, sich
[Spaltenumbruch] der bereits vorhandenen ( "Neuen Bahnen" ) anzuschließen, lassen wir
dahin gestellt. Jedenfalls ist die unglückliche bei uns übliche Zer-
splitterung der Kräfte in viele kleine Blätter ein großer Nachtheil.

* Die Frauen=Bewegung. Dem in der Versammlung deut-
scher Frauenbildungs= und Erwerbvereine am 5. November 1869 zu
Berlin begründeten Vereins=Verbande gehören, wie der " Frauen-
Anwalt " mittheilt, an: 1. Der Lette=Verein, 2. Verein für Familien-
und Volkserziehung, 3. Frauenverein zur Beförderung Fröbel'scher
Kindergärten, 4. Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen, 5. Ar-
beiterinnen=Vereine, sämmtlich in Berlin, 6. der Frauen=Verein in
Braunschweig, 7. der Verein zur Erweiterung der weiblichen Arbeits-
gebiete in Bremen, 8. der Frauenbildungsverein in Breslau, 9. der
Viktoria=Bazar in Kassel, 10. der Badische Frauenverein in Karls-
ruhe, 11. der Frauenerwerbverein und der Alice=Verein in Darmstadt,
12. der Frauenerwerbverein und der Fröbel=Verein in Hamburg.

-- Der Bremer Verein, gegründet im Jahr 1867, zählt
548 Mitgl.; er hat eine Arbeitnachweis=Anstalt und einen Bildungs-
verein in's Leben gerufen. Der Breslauer Verein, gegründet im
J. 1866, hat 485 Mitgl., Fortbildungsschule, regelmäßige Wochen-
versammlungen, Lehrgang für Kinderpflegerinnen, Bibliothek und Lese-
zimmer, Nähschule und Nähmaschinen=Verkauf. Der Badische Verein
hat 690 Mitgl., eine Sonntagsschule und will nun Arbeitslehrerinnen
ausbilden. Der Darmstädter Verein hat eine Verkaufshalle ( Ba-
zar ) errichtet und beschäftigt sich hauptsächlich mit Einführung der
Handarbeiten, die er auch an den Schulen einführen will. Der
Kasseler Verein hat 100 Mitgl. und eine Fachschule.

-- Sonstigen Mittheilungen des "Frauen=Anwalt" entnehmen
wir, daß das preußische Handelsministerium die Anstellung von
Frauenzimmern als Billetverkäuferinnen an Eisenbahnen genehmigt
hat. -- Jn Wien ist eine Anstalt zur Ausbildung von Lehrerinnen
aus Staatsmitteln errichtet worden. -- Jn Pest hat eine Frau
Rudwarsky eine Druckerei übernommen, worin nur weibliches Per-
sonal beschäftigt wird. Mädchen sollen als Setzerinnen und Druckerinnen
ausgebildet werden. Der dortige Frauenverein will eine besondere
Schule für diesen Zweck gründen. -- Der Berliner Verein für
Volkserziehung hat ein Seminar für Erzieherinnen und Kindergärt-
nerinnen errichtet, desgleichen der dortige Fröbel'sche Verein. -- Der
Hamburger Verein hat eine weibliche Gewerbeschule und eine Fort-
bildungsschule. Ueber die gleiche Schule in Brieg haben wir schon
berichtet. Das Arbeit=Nachweise=Bureau in Berlin ist Leipzigerstr. 92
bei Frau Lehmann.

* Schulwesen. Die höhere Handelsschule in Hildesheim ist
unter die Zahl derjenigen Lehranstalten aufgenommen worden, welchen
das Recht zur Ausstellung von Qualifikationszeugnissen für den ein-
jährigen Dienst zusteht. Diese Vergünstigung wird ohne Zweifel der
Schule, welche sich immer eines sehr guten Rufes erfreute, noch eine
größere Anzahl Schüler zuführen.

-- Die Frankfurter Handelsschule war in dem Schuljahr
1869/70 von 81 Schülern besucht.

* Die Kindersterblichkeit ist bekanntlich überall eine sehr große,
am größten aber da, wo die Kinder nicht im elterlichen Hause blei-
ben, sondern nach der übeln gallischen Sitte auf das Land gegeben
werden. Diese Unsitte soll der Revue des deux Mondes zufolge
schon sehr alt sein, da aus dem Jahre 1350 eine Verordnung des
Königs Johann vorliegt, welche das Gewerbe der Unterbringung
kleiner Kinder regelt. Paris schickt jährlich 14,000 Kinder auf's
Land, wovon stets 1 / 3 stirbt, während der Durchschnitt für Frank-
reich nur 1 / 5 ist und in einzelnen Departementen nur 1 / 9. Diese
erschreckende Sterblichkeit ist einzig der schlechten Pflege zuzuschreiben
und leistet der Unsittlichkeit wesentlich Vorschub. -- Wir sind vor
einiger Zeit von geachteter Seite auf den nachtheiligen Einfluß auf-
merksam gemacht worden, den das auch bei uns immer mehr ein-
reißende Ammenwesen auf die Sittlichkeit auf dem Lande hat, und
kommen auf den Gegenstand noch zurück. Hier ist der Stiel nur
umgedreht, die Kinder in der Stadt bleiben gesund und kräftig und
die auf dem Lande sterben. Wie ist dem aber abzuhelfen. Materielle
Verhältnisse haben immer den größten Einfluß auch auf die Sitten,
wohlhabende Völker stehen sittlich höher als arme, und ebenso wird
der einzelne Mensch sich wahren, wenn ihm aus Verletzung der guten
Sitte materieller Nachtheil erwächst. Jn manchen Gegenden gilt es
geradezu als ein Glück, Amme werden zu können und unsere Frauen
[unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]bedenken [unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]nicht, wie sehr sie durch ihre Bequemlichkeit dieses Unwesen
fördern. Die Aerzte sind in dieser Hinsicht ebenfalls zulässig, denn

[Spaltenumbruch] von Jrland und England bezog. Die Wollenweberei allein beschäf-
tigte 200 Werkstätten und 30,000 Arbeiter. Das jährlich erzeugte
Tuch wurde durchschnittlich um 1,200,000 Goldgulden verkauft;
400,000 Goldgulden wurden jährlich gemünzt; 80 Banken leiteten
die Handelsunternehmungen nicht bloß von Florenz, sondern von
ganz Europa. Zwei Häuser liehen Edward III. von England[unleserliches Material] mehr als
300,000 Mark Silber, die Stadt hatte damals 170,000 Einwohner.

Noch schlagender für die Blüthe des damaligen Verkehrs ist
der Nachweis, welchen der Doge von Venedig, Thomas Moncenigo,
im Jahr 1421 von der merkantilen Thätigkeit seiner Stadt zu-
sammenstellte, nach Art damaliger Zeit am meisten Werth auf das
gemünzte Geld legend:

„Jede Woche erhalten wir aus Mailand 17--18,000 Dukaten,
aus Monza 1000 Dukaten, aus Como 3000, aus Alessandria 1000,
aus Tortona und Novarra 2000, aus Pavia ebensoviel, aus Cre-
mona und Parma gleichfalls, aus Bergamo 1500 Dukaten. Die
Banquiers stimmen alle darin überein, daß das mailändische Gebiet
jährlich 1,600,000 Dukaten uns baar herauszuzahlen hat. Tortona
und Novara kaufen jährlich 6000 Stück Tuch, Pavia 3000, Mai-
land 4000, Cremona 40,000, Como 12,000, Monza 6000, Brescia
5000, Bergamo 10,000, Parma 4000, zusammen 90,000 Stück.
Die genannten Städte senden uns außerdem 1,558,000 Zechinen
an feinem Golde. Wir treiben mit der Lombardei einen Handel
von 28,000,000 Dukaten. Die Lombarden kaufen von uns jähr-
lich 40,000 Centner katalonische Wolle, ein gleiches Quantum fran-
zösischer Wolle, Gold= und Seidengewebe für 250,000 Dukaten,
50,000 Centner Baumwolle, 20,000 Cent. Garn, 3000 Ladungen
Pfeffer, 400 Bunde Zimmt, 2000 Cent. Jngwer, für 95,000 Du-
katen Näh= und Strickwaaren, 40,000 Cent. Farbholz, für 50,000
Dukaten andere Farbwaaren, für 250,000 Dukaten Seife, für
30,000 Dukaten Sklaven.

Dabei ist die Salzausfuhr noch gar nicht in Rechnung ge-
bracht. Nun erwäge man, wie viele Schiffe der Transport dieser
Waaren beschäftigt, sowohl um sie nach der Lombardei zu bringen,
als um sie aus Syrien, Romanien, Catalonien, Flandern, Cypern,
Sicilien, kurz von allen Gegenden der Welt zu holen. Venedig
verdient an Fracht dabei2 1 / 2 --3 Prozent, und von diesem Ge-
winnste leben Mäkler, Handwerker, Seeleute, Tausende von Familien
und zuletzt unsere Kaufleute; derselbe beträgt nicht weniger als
600,000 Dukaten. Verona kauft alle Jahre 200 Stück Gold=,
Silber= und Seidengewebe, Vicenza 120, Padua 200, Treviso 120,
Friaul 50, Feltre und Belluno 12; und außerdem holen sie 400 Last
Pfeffer, 120 Bund Zimmt, 1000 Centner Jngwer, 1000 Centner
Zucker und 200 Scheiben Wachs jährlich. Florenz schickt uns Güter
im Werth von 16,000 Zechinen und in Gold 350,000 Zechinen,
wofür es spanische und französische Wolle, Getreide, Seidewaaren,
Gold= und Silberdrath, Wachs, Zucker und Schmucksachen nimmt.
Alles in Allem setzt Venedig jährlich zehn Millionen Zechinen um.“

* Der Frauen=Anwalt. Das 1. Heft dieser kürzlich ange-
kündigten Monatsschrift ist erschienen. Der von Luise Büchner ge-
schriebenen Einleitung zufolge wird sich derselbe hauptsächlich mit der
weiblichen Erziehung beschäftigen, allerdings die Grundfrage, wenn
die Frauen an dem allgemeinen Arbeitgebiet theilnehmen sollen. Dann
soll dieses selbst besprochen und in einer besonderen Rubrik „ Arbeit-
markt “ praktisch eingegriffen werden. Um letzteren Zweck zu er-
reichen, müßte die Zeitschrift öfter erscheinen, denn 4 Wochen warten
zu müssen, bis man nur ein Gesuch einrücken lassen oder Auskunft
über Stellen erhalten kann, dürfte wohl zu lang sein. -- Einer
uns eben zugehenden Mittheilung zufolge scheint der „ Frauen=An-
walt “ ( ganz frauenmäßig ) bereits seinen Namen geändert zu haben,
denn von derselben Verlagshandlung ( O. Löwenstein in Berlin ) wird
eine neue Monatsschrift unter dem Titel „ Die Mitgift “, Organ
des 1869 zu Berlin begründeten Verbandes deutscher Frauenbildungs-
und Erwerbvereine, unter Mitwirkung von Frau Fanny Lewald in
Berlin, Fräul. Luise Büchner in Darmstadt, Prof. Dr. von Holtzen-
dorff in Berlin ec., von Jenny Hirsch, der Schriftführerin des Lette-
Vereins, herausgegeben. Weshalb die Aenderung geschah wird nicht
mitgetheilt. Wir hätten den ersten Namen vorgezogen. Die Zeit-
schrift verspricht dem Probeheft nach Tüchtiges zu leisten, ob es aber
nicht besser gewesen wäre, statt eine neue Zeitschrift zu gründen, sich
[Spaltenumbruch] der bereits vorhandenen ( „Neuen Bahnen“ ) anzuschließen, lassen wir
dahin gestellt. Jedenfalls ist die unglückliche bei uns übliche Zer-
splitterung der Kräfte in viele kleine Blätter ein großer Nachtheil.

* Die Frauen=Bewegung. Dem in der Versammlung deut-
scher Frauenbildungs= und Erwerbvereine am 5. November 1869 zu
Berlin begründeten Vereins=Verbande gehören, wie der „ Frauen-
Anwalt “ mittheilt, an: 1. Der Lette=Verein, 2. Verein für Familien-
und Volkserziehung, 3. Frauenverein zur Beförderung Fröbel'scher
Kindergärten, 4. Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen, 5. Ar-
beiterinnen=Vereine, sämmtlich in Berlin, 6. der Frauen=Verein in
Braunschweig, 7. der Verein zur Erweiterung der weiblichen Arbeits-
gebiete in Bremen, 8. der Frauenbildungsverein in Breslau, 9. der
Viktoria=Bazar in Kassel, 10. der Badische Frauenverein in Karls-
ruhe, 11. der Frauenerwerbverein und der Alice=Verein in Darmstadt,
12. der Frauenerwerbverein und der Fröbel=Verein in Hamburg.

-- Der Bremer Verein, gegründet im Jahr 1867, zählt
548 Mitgl.; er hat eine Arbeitnachweis=Anstalt und einen Bildungs-
verein in's Leben gerufen. Der Breslauer Verein, gegründet im
J. 1866, hat 485 Mitgl., Fortbildungsschule, regelmäßige Wochen-
versammlungen, Lehrgang für Kinderpflegerinnen, Bibliothek und Lese-
zimmer, Nähschule und Nähmaschinen=Verkauf. Der Badische Verein
hat 690 Mitgl., eine Sonntagsschule und will nun Arbeitslehrerinnen
ausbilden. Der Darmstädter Verein hat eine Verkaufshalle ( Ba-
zar ) errichtet und beschäftigt sich hauptsächlich mit Einführung der
Handarbeiten, die er auch an den Schulen einführen will. Der
Kasseler Verein hat 100 Mitgl. und eine Fachschule.

-- Sonstigen Mittheilungen des „Frauen=Anwalt“ entnehmen
wir, daß das preußische Handelsministerium die Anstellung von
Frauenzimmern als Billetverkäuferinnen an Eisenbahnen genehmigt
hat. -- Jn Wien ist eine Anstalt zur Ausbildung von Lehrerinnen
aus Staatsmitteln errichtet worden. -- Jn Pest hat eine Frau
Rudwarsky eine Druckerei übernommen, worin nur weibliches Per-
sonal beschäftigt wird. Mädchen sollen als Setzerinnen und Druckerinnen
ausgebildet werden. Der dortige Frauenverein will eine besondere
Schule für diesen Zweck gründen. -- Der Berliner Verein für
Volkserziehung hat ein Seminar für Erzieherinnen und Kindergärt-
nerinnen errichtet, desgleichen der dortige Fröbel'sche Verein. -- Der
Hamburger Verein hat eine weibliche Gewerbeschule und eine Fort-
bildungsschule. Ueber die gleiche Schule in Brieg haben wir schon
berichtet. Das Arbeit=Nachweise=Bureau in Berlin ist Leipzigerstr. 92
bei Frau Lehmann.

* Schulwesen. Die höhere Handelsschule in Hildesheim ist
unter die Zahl derjenigen Lehranstalten aufgenommen worden, welchen
das Recht zur Ausstellung von Qualifikationszeugnissen für den ein-
jährigen Dienst zusteht. Diese Vergünstigung wird ohne Zweifel der
Schule, welche sich immer eines sehr guten Rufes erfreute, noch eine
größere Anzahl Schüler zuführen.

-- Die Frankfurter Handelsschule war in dem Schuljahr
1869/70 von 81 Schülern besucht.

* Die Kindersterblichkeit ist bekanntlich überall eine sehr große,
am größten aber da, wo die Kinder nicht im elterlichen Hause blei-
ben, sondern nach der übeln gallischen Sitte auf das Land gegeben
werden. Diese Unsitte soll der Revue des deux Mondes zufolge
schon sehr alt sein, da aus dem Jahre 1350 eine Verordnung des
Königs Johann vorliegt, welche das Gewerbe der Unterbringung
kleiner Kinder regelt. Paris schickt jährlich 14,000 Kinder auf's
Land, wovon stets 1 / 3 stirbt, während der Durchschnitt für Frank-
reich nur 1 / 5 ist und in einzelnen Departementen nur 1 / 9. Diese
erschreckende Sterblichkeit ist einzig der schlechten Pflege zuzuschreiben
und leistet der Unsittlichkeit wesentlich Vorschub. -- Wir sind vor
einiger Zeit von geachteter Seite auf den nachtheiligen Einfluß auf-
merksam gemacht worden, den das auch bei uns immer mehr ein-
reißende Ammenwesen auf die Sittlichkeit auf dem Lande hat, und
kommen auf den Gegenstand noch zurück. Hier ist der Stiel nur
umgedreht, die Kinder in der Stadt bleiben gesund und kräftig und
die auf dem Lande sterben. Wie ist dem aber abzuhelfen. Materielle
Verhältnisse haben immer den größten Einfluß auch auf die Sitten,
wohlhabende Völker stehen sittlich höher als arme, und ebenso wird
der einzelne Mensch sich wahren, wenn ihm aus Verletzung der guten
Sitte materieller Nachtheil erwächst. Jn manchen Gegenden gilt es
geradezu als ein Glück, Amme werden zu können und unsere Frauen
[unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]bedenken [unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]nicht, wie sehr sie durch ihre Bequemlichkeit dieses Unwesen
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[0004] von Jrland und England bezog. Die Wollenweberei allein beschäf- tigte 200 Werkstätten und 30,000 Arbeiter. Das jährlich erzeugte Tuch wurde durchschnittlich um 1,200,000 Goldgulden verkauft; 400,000 Goldgulden wurden jährlich gemünzt; 80 Banken leiteten die Handelsunternehmungen nicht bloß von Florenz, sondern von ganz Europa. Zwei Häuser liehen Edward III. von England_ mehr als 300,000 Mark Silber, die Stadt hatte damals 170,000 Einwohner. Noch schlagender für die Blüthe des damaligen Verkehrs ist der Nachweis, welchen der Doge von Venedig, Thomas Moncenigo, im Jahr 1421 von der merkantilen Thätigkeit seiner Stadt zu- sammenstellte, nach Art damaliger Zeit am meisten Werth auf das gemünzte Geld legend: „Jede Woche erhalten wir aus Mailand 17--18,000 Dukaten, aus Monza 1000 Dukaten, aus Como 3000, aus Alessandria 1000, aus Tortona und Novarra 2000, aus Pavia ebensoviel, aus Cre- mona und Parma gleichfalls, aus Bergamo 1500 Dukaten. Die Banquiers stimmen alle darin überein, daß das mailändische Gebiet jährlich 1,600,000 Dukaten uns baar herauszuzahlen hat. Tortona und Novara kaufen jährlich 6000 Stück Tuch, Pavia 3000, Mai- land 4000, Cremona 40,000, Como 12,000, Monza 6000, Brescia 5000, Bergamo 10,000, Parma 4000, zusammen 90,000 Stück. Die genannten Städte senden uns außerdem 1,558,000 Zechinen an feinem Golde. Wir treiben mit der Lombardei einen Handel von 28,000,000 Dukaten. Die Lombarden kaufen von uns jähr- lich 40,000 Centner katalonische Wolle, ein gleiches Quantum fran- zösischer Wolle, Gold= und Seidengewebe für 250,000 Dukaten, 50,000 Centner Baumwolle, 20,000 Cent. Garn, 3000 Ladungen Pfeffer, 400 Bunde Zimmt, 2000 Cent. Jngwer, für 95,000 Du- katen Näh= und Strickwaaren, 40,000 Cent. Farbholz, für 50,000 Dukaten andere Farbwaaren, für 250,000 Dukaten Seife, für 30,000 Dukaten Sklaven. Dabei ist die Salzausfuhr noch gar nicht in Rechnung ge- bracht. Nun erwäge man, wie viele Schiffe der Transport dieser Waaren beschäftigt, sowohl um sie nach der Lombardei zu bringen, als um sie aus Syrien, Romanien, Catalonien, Flandern, Cypern, Sicilien, kurz von allen Gegenden der Welt zu holen. Venedig verdient an Fracht dabei2 1 / 2 --3 Prozent, und von diesem Ge- winnste leben Mäkler, Handwerker, Seeleute, Tausende von Familien und zuletzt unsere Kaufleute; derselbe beträgt nicht weniger als 600,000 Dukaten. Verona kauft alle Jahre 200 Stück Gold=, Silber= und Seidengewebe, Vicenza 120, Padua 200, Treviso 120, Friaul 50, Feltre und Belluno 12; und außerdem holen sie 400 Last Pfeffer, 120 Bund Zimmt, 1000 Centner Jngwer, 1000 Centner Zucker und 200 Scheiben Wachs jährlich. Florenz schickt uns Güter im Werth von 16,000 Zechinen und in Gold 350,000 Zechinen, wofür es spanische und französische Wolle, Getreide, Seidewaaren, Gold= und Silberdrath, Wachs, Zucker und Schmucksachen nimmt. Alles in Allem setzt Venedig jährlich zehn Millionen Zechinen um.“ * Der Frauen=Anwalt. Das 1. Heft dieser kürzlich ange- kündigten Monatsschrift ist erschienen. Der von Luise Büchner ge- schriebenen Einleitung zufolge wird sich derselbe hauptsächlich mit der weiblichen Erziehung beschäftigen, allerdings die Grundfrage, wenn die Frauen an dem allgemeinen Arbeitgebiet theilnehmen sollen. Dann soll dieses selbst besprochen und in einer besonderen Rubrik „ Arbeit- markt “ praktisch eingegriffen werden. Um letzteren Zweck zu er- reichen, müßte die Zeitschrift öfter erscheinen, denn 4 Wochen warten zu müssen, bis man nur ein Gesuch einrücken lassen oder Auskunft über Stellen erhalten kann, dürfte wohl zu lang sein. -- Einer uns eben zugehenden Mittheilung zufolge scheint der „ Frauen=An- walt “ ( ganz frauenmäßig ) bereits seinen Namen geändert zu haben, denn von derselben Verlagshandlung ( O. Löwenstein in Berlin ) wird eine neue Monatsschrift unter dem Titel „ Die Mitgift “, Organ des 1869 zu Berlin begründeten Verbandes deutscher Frauenbildungs- und Erwerbvereine, unter Mitwirkung von Frau Fanny Lewald in Berlin, Fräul. Luise Büchner in Darmstadt, Prof. Dr. von Holtzen- dorff in Berlin ec., von Jenny Hirsch, der Schriftführerin des Lette- Vereins, herausgegeben. Weshalb die Aenderung geschah wird nicht mitgetheilt. Wir hätten den ersten Namen vorgezogen. Die Zeit- schrift verspricht dem Probeheft nach Tüchtiges zu leisten, ob es aber nicht besser gewesen wäre, statt eine neue Zeitschrift zu gründen, sich der bereits vorhandenen ( „Neuen Bahnen“ ) anzuschließen, lassen wir dahin gestellt. Jedenfalls ist die unglückliche bei uns übliche Zer- splitterung der Kräfte in viele kleine Blätter ein großer Nachtheil. * Die Frauen=Bewegung. Dem in der Versammlung deut- scher Frauenbildungs= und Erwerbvereine am 5. November 1869 zu Berlin begründeten Vereins=Verbande gehören, wie der „ Frauen- Anwalt “ mittheilt, an: 1. Der Lette=Verein, 2. Verein für Familien- und Volkserziehung, 3. Frauenverein zur Beförderung Fröbel'scher Kindergärten, 4. Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen, 5. Ar- beiterinnen=Vereine, sämmtlich in Berlin, 6. der Frauen=Verein in Braunschweig, 7. der Verein zur Erweiterung der weiblichen Arbeits- gebiete in Bremen, 8. der Frauenbildungsverein in Breslau, 9. der Viktoria=Bazar in Kassel, 10. der Badische Frauenverein in Karls- ruhe, 11. der Frauenerwerbverein und der Alice=Verein in Darmstadt, 12. der Frauenerwerbverein und der Fröbel=Verein in Hamburg. -- Der Bremer Verein, gegründet im Jahr 1867, zählt 548 Mitgl.; er hat eine Arbeitnachweis=Anstalt und einen Bildungs- verein in's Leben gerufen. Der Breslauer Verein, gegründet im J. 1866, hat 485 Mitgl., Fortbildungsschule, regelmäßige Wochen- versammlungen, Lehrgang für Kinderpflegerinnen, Bibliothek und Lese- zimmer, Nähschule und Nähmaschinen=Verkauf. Der Badische Verein hat 690 Mitgl., eine Sonntagsschule und will nun Arbeitslehrerinnen ausbilden. Der Darmstädter Verein hat eine Verkaufshalle ( Ba- zar ) errichtet und beschäftigt sich hauptsächlich mit Einführung der Handarbeiten, die er auch an den Schulen einführen will. Der Kasseler Verein hat 100 Mitgl. und eine Fachschule. -- Sonstigen Mittheilungen des „Frauen=Anwalt“ entnehmen wir, daß das preußische Handelsministerium die Anstellung von Frauenzimmern als Billetverkäuferinnen an Eisenbahnen genehmigt hat. -- Jn Wien ist eine Anstalt zur Ausbildung von Lehrerinnen aus Staatsmitteln errichtet worden. -- Jn Pest hat eine Frau Rudwarsky eine Druckerei übernommen, worin nur weibliches Per- sonal beschäftigt wird. Mädchen sollen als Setzerinnen und Druckerinnen ausgebildet werden. Der dortige Frauenverein will eine besondere Schule für diesen Zweck gründen. -- Der Berliner Verein für Volkserziehung hat ein Seminar für Erzieherinnen und Kindergärt- nerinnen errichtet, desgleichen der dortige Fröbel'sche Verein. -- Der Hamburger Verein hat eine weibliche Gewerbeschule und eine Fort- bildungsschule. Ueber die gleiche Schule in Brieg haben wir schon berichtet. Das Arbeit=Nachweise=Bureau in Berlin ist Leipzigerstr. 92 bei Frau Lehmann. * Schulwesen. Die höhere Handelsschule in Hildesheim ist unter die Zahl derjenigen Lehranstalten aufgenommen worden, welchen das Recht zur Ausstellung von Qualifikationszeugnissen für den ein- jährigen Dienst zusteht. Diese Vergünstigung wird ohne Zweifel der Schule, welche sich immer eines sehr guten Rufes erfreute, noch eine größere Anzahl Schüler zuführen. -- Die Frankfurter Handelsschule war in dem Schuljahr 1869/70 von 81 Schülern besucht. * Die Kindersterblichkeit ist bekanntlich überall eine sehr große, am größten aber da, wo die Kinder nicht im elterlichen Hause blei- ben, sondern nach der übeln gallischen Sitte auf das Land gegeben werden. Diese Unsitte soll der Revue des deux Mondes zufolge schon sehr alt sein, da aus dem Jahre 1350 eine Verordnung des Königs Johann vorliegt, welche das Gewerbe der Unterbringung kleiner Kinder regelt. Paris schickt jährlich 14,000 Kinder auf's Land, wovon stets 1 / 3 stirbt, während der Durchschnitt für Frank- reich nur 1 / 5 ist und in einzelnen Departementen nur 1 / 9. Diese erschreckende Sterblichkeit ist einzig der schlechten Pflege zuzuschreiben und leistet der Unsittlichkeit wesentlich Vorschub. -- Wir sind vor einiger Zeit von geachteter Seite auf den nachtheiligen Einfluß auf- merksam gemacht worden, den das auch bei uns immer mehr ein- reißende Ammenwesen auf die Sittlichkeit auf dem Lande hat, und kommen auf den Gegenstand noch zurück. Hier ist der Stiel nur umgedreht, die Kinder in der Stadt bleiben gesund und kräftig und die auf dem Lande sterben. Wie ist dem aber abzuhelfen. Materielle Verhältnisse haben immer den größten Einfluß auch auf die Sitten, wohlhabende Völker stehen sittlich höher als arme, und ebenso wird der einzelne Mensch sich wahren, wenn ihm aus Verletzung der guten Sitte materieller Nachtheil erwächst. Jn manchen Gegenden gilt es geradezu als ein Glück, Amme werden zu können und unsere Frauen ________bedenken _____nicht, wie sehr sie durch ihre Bequemlichkeit dieses Unwesen fördern. Die Aerzte sind in dieser Hinsicht ebenfalls zulässig, denn

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 676. Frankfurt a. M., 15. April 1870, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0676_1870/4>, abgerufen am 23.11.2024.