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[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

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Stifter unserer Religion? Wenn der Welt durch Aufstellung
eines genau formulirten Glaubensbekenntnisses und durch die
buchstäbliche Annahme desselben geholfen werden könnte, wie
kömmt es, daß Christus damals kein solches Glaubensbe-
kenntniß aufstellte?

Waren damals etwa bereits so richtige Vorstellungen
über Gott und unser Verhältniß zu ihm unter den Menschen
verbreitet, daß die Aufstellung eines solchen Glaubensbe-
kenntnisses eher entbehrt werden konnte, als zu unserer Zeit?
Sind wir jetzt, nachdem das Christenthum bereits achtzehn
hundert Jahre bestanden hat, nachdem es so lange Zeit in
allen Städten und Dörfern, in Kirchen und Schulen gelehrt
worden ist, ärmer als damals an richtigen Vorstellungen
über die Fragen der Religion? War damals die Welt nicht
noch mehr als jetzt voll von Jrrthümern, Aberglauben und
Unglauben aller Art? Wäre es also damals nicht noch viel
nöthiger gewesen, zum Unterschiede von allen diesen Jrr-
lehren und um die Einmischung nichtchristlicher Ansichten zu
verhindern, einen mit der größten Genauigkeit und Vollständig-
keit ausgeführten kirchlichen Lehrbegriff aufzustellen? That denn
dieses Christus? Wenn er es gethan hätte, so wären ja wohl
alle die endlosen theologischen Händel, welche schon von den
ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung an die
christliche Kirche bewegten, gar nie möglich gewesen und es
wäre auch jetzt kein Streit möglich innerhalb der christlichen
Kirche, sondern die ganze Kirche stände mit vereinter Kraft
ihren Feinden gegenüber. Dennoch stellte Christus kein solches
Glaubensbekenntniß auf, wohl aber that er das, wodurch
allein der christliche Glaube begründet werden kann. Ueberall
wandte er sich an das sittliche Bewußtsein der Menschen,

Stifter unſerer Religion? Wenn der Welt durch Aufſtellung
eines genau formulirten Glaubensbekenntniſſes und durch die
buchſtäbliche Annahme deſſelben geholfen werden könnte, wie
kömmt es, daß Chriſtus damals kein ſolches Glaubensbe-
kenntniß aufſtellte?

Waren damals etwa bereits ſo richtige Vorſtellungen
über Gott und unſer Verhältniß zu ihm unter den Menſchen
verbreitet, daß die Aufſtellung eines ſolchen Glaubensbe-
kenntniſſes eher entbehrt werden konnte, als zu unſerer Zeit?
Sind wir jetzt, nachdem das Chriſtenthum bereits achtzehn
hundert Jahre beſtanden hat, nachdem es ſo lange Zeit in
allen Städten und Dörfern, in Kirchen und Schulen gelehrt
worden iſt, ärmer als damals an richtigen Vorſtellungen
über die Fragen der Religion? War damals die Welt nicht
noch mehr als jetzt voll von Jrrthümern, Aberglauben und
Unglauben aller Art? Wäre es alſo damals nicht noch viel
nöthiger geweſen, zum Unterſchiede von allen dieſen Jrr-
lehren und um die Einmiſchung nichtchriſtlicher Anſichten zu
verhindern, einen mit der größten Genauigkeit und Vollſtändig-
keit ausgeführten kirchlichen Lehrbegriff aufzuſtellen? That denn
dieſes Chriſtus? Wenn er es gethan hätte, ſo wären ja wohl
alle die endloſen theologiſchen Händel, welche ſchon von den
erſten Jahrhunderten der chriſtlichen Zeitrechnung an die
chriſtliche Kirche bewegten, gar nie möglich geweſen und es
wäre auch jetzt kein Streit möglich innerhalb der chriſtlichen
Kirche, ſondern die ganze Kirche ſtände mit vereinter Kraft
ihren Feinden gegenüber. Dennoch ſtellte Chriſtus kein ſolches
Glaubensbekenntniß auf, wohl aber that er das, wodurch
allein der chriſtliche Glaube begründet werden kann. Ueberall
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[76/0082] Stifter unſerer Religion? Wenn der Welt durch Aufſtellung eines genau formulirten Glaubensbekenntniſſes und durch die buchſtäbliche Annahme deſſelben geholfen werden könnte, wie kömmt es, daß Chriſtus damals kein ſolches Glaubensbe- kenntniß aufſtellte? Waren damals etwa bereits ſo richtige Vorſtellungen über Gott und unſer Verhältniß zu ihm unter den Menſchen verbreitet, daß die Aufſtellung eines ſolchen Glaubensbe- kenntniſſes eher entbehrt werden konnte, als zu unſerer Zeit? Sind wir jetzt, nachdem das Chriſtenthum bereits achtzehn hundert Jahre beſtanden hat, nachdem es ſo lange Zeit in allen Städten und Dörfern, in Kirchen und Schulen gelehrt worden iſt, ärmer als damals an richtigen Vorſtellungen über die Fragen der Religion? War damals die Welt nicht noch mehr als jetzt voll von Jrrthümern, Aberglauben und Unglauben aller Art? Wäre es alſo damals nicht noch viel nöthiger geweſen, zum Unterſchiede von allen dieſen Jrr- lehren und um die Einmiſchung nichtchriſtlicher Anſichten zu verhindern, einen mit der größten Genauigkeit und Vollſtändig- keit ausgeführten kirchlichen Lehrbegriff aufzuſtellen? That denn dieſes Chriſtus? Wenn er es gethan hätte, ſo wären ja wohl alle die endloſen theologiſchen Händel, welche ſchon von den erſten Jahrhunderten der chriſtlichen Zeitrechnung an die chriſtliche Kirche bewegten, gar nie möglich geweſen und es wäre auch jetzt kein Streit möglich innerhalb der chriſtlichen Kirche, ſondern die ganze Kirche ſtände mit vereinter Kraft ihren Feinden gegenüber. Dennoch ſtellte Chriſtus kein ſolches Glaubensbekenntniß auf, wohl aber that er das, wodurch allein der chriſtliche Glaube begründet werden kann. Ueberall wandte er ſich an das ſittliche Bewußtſein der Menſchen,

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Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/82>, abgerufen am 24.11.2024.