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[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

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Dingen darauf hinarbeiten, die von ihr abweichenden Be-
kenntnisse zu bekämpfen und sich bei ihren eigenen Angehö-
rigen die strengste Anerkennung des Bekenntnisses und der
Satzungen der Kirche zu erzwingen, in dem Wahne, daß,
wenn diese Begriffe einmal in den Köpfen der Menschen
stecken, der Glaube, welcher seine Quelle nicht im Denken,
nicht in den Vorstellungen hat, hintennach kommen werde?
Wenn sie das Erstere thut, mit hohem sittlichem Ernste
und mit hoher sittlicher Milde, so wird sie, so viel an ihr
ist, ihre Aufgabe lösen und die meist verlorene Macht über
die Gemüther der Menschen wieder erlangen. Wenn sie aber
das Letztere thut, so wird sie nicht nur ihre Aufgabe nicht
lösen, sondern auch die Gedanken der Menschen noch mehr,
als jetzt schon der Fall ist, von demjenigen ablenken, was
uns in so hohem Grade nöthig ist, und sie in eine Richtung
führen, aus welcher uns keine Besserung erblüht.

Anstatt der sittlichen Selbstprüfung und der ernsten
Einkehr in unserem eigenen Jnnern, anstatt der Demuth und
des gläubigen Gottvertrauens, dessen wir so sehr bedürften,
würde sie neue Kampfspiele des Verstandes über theologische
Fragen hervorrufen und dadurch auf der einen Seite Wi-
derspruch, Rechthaberei und Verstandeshochmuth, auf der
anderen endlose Zweifel und Zerrissenheit der Gemüther
befördern. Wer aber das thut, der arbeitet für die Anarchie
in der Kirche und im Staate, wie wenig das auch seine
Absicht sein mag.

Und -- wir wollen ja Christen sein oder wenigstens
Christen heißen -- würde wohl ein solches Verfahren christlich
sein? Was that denn unter Verhältnissen, welche mit unseren
Zuständen in so vielfacher Beziehung Aehnlichkeit haben, der

Dingen darauf hinarbeiten, die von ihr abweichenden Be-
kenntniſſe zu bekämpfen und ſich bei ihren eigenen Angehö-
rigen die ſtrengſte Anerkennung des Bekenntniſſes und der
Satzungen der Kirche zu erzwingen, in dem Wahne, daß,
wenn dieſe Begriffe einmal in den Köpfen der Menſchen
ſtecken, der Glaube, welcher ſeine Quelle nicht im Denken,
nicht in den Vorſtellungen hat, hintennach kommen werde?
Wenn ſie das Erſtere thut, mit hohem ſittlichem Ernſte
und mit hoher ſittlicher Milde, ſo wird ſie, ſo viel an ihr
iſt, ihre Aufgabe löſen und die meiſt verlorene Macht über
die Gemüther der Menſchen wieder erlangen. Wenn ſie aber
das Letztere thut, ſo wird ſie nicht nur ihre Aufgabe nicht
löſen, ſondern auch die Gedanken der Menſchen noch mehr,
als jetzt ſchon der Fall iſt, von demjenigen ablenken, was
uns in ſo hohem Grade nöthig iſt, und ſie in eine Richtung
führen, aus welcher uns keine Beſſerung erblüht.

Anſtatt der ſittlichen Selbſtprüfung und der ernſten
Einkehr in unſerem eigenen Jnnern, anſtatt der Demuth und
des gläubigen Gottvertrauens, deſſen wir ſo ſehr bedürften,
würde ſie neue Kampfſpiele des Verſtandes über theologiſche
Fragen hervorrufen und dadurch auf der einen Seite Wi-
derſpruch, Rechthaberei und Verſtandeshochmuth, auf der
anderen endloſe Zweifel und Zerriſſenheit der Gemüther
befördern. Wer aber das thut, der arbeitet für die Anarchie
in der Kirche und im Staate, wie wenig das auch ſeine
Abſicht ſein mag.

Und — wir wollen ja Chriſten ſein oder wenigſtens
Chriſten heißen — würde wohl ein ſolches Verfahren chriſtlich
ſein? Was that denn unter Verhältniſſen, welche mit unſeren
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[75/0081] Dingen darauf hinarbeiten, die von ihr abweichenden Be- kenntniſſe zu bekämpfen und ſich bei ihren eigenen Angehö- rigen die ſtrengſte Anerkennung des Bekenntniſſes und der Satzungen der Kirche zu erzwingen, in dem Wahne, daß, wenn dieſe Begriffe einmal in den Köpfen der Menſchen ſtecken, der Glaube, welcher ſeine Quelle nicht im Denken, nicht in den Vorſtellungen hat, hintennach kommen werde? Wenn ſie das Erſtere thut, mit hohem ſittlichem Ernſte und mit hoher ſittlicher Milde, ſo wird ſie, ſo viel an ihr iſt, ihre Aufgabe löſen und die meiſt verlorene Macht über die Gemüther der Menſchen wieder erlangen. Wenn ſie aber das Letztere thut, ſo wird ſie nicht nur ihre Aufgabe nicht löſen, ſondern auch die Gedanken der Menſchen noch mehr, als jetzt ſchon der Fall iſt, von demjenigen ablenken, was uns in ſo hohem Grade nöthig iſt, und ſie in eine Richtung führen, aus welcher uns keine Beſſerung erblüht. Anſtatt der ſittlichen Selbſtprüfung und der ernſten Einkehr in unſerem eigenen Jnnern, anſtatt der Demuth und des gläubigen Gottvertrauens, deſſen wir ſo ſehr bedürften, würde ſie neue Kampfſpiele des Verſtandes über theologiſche Fragen hervorrufen und dadurch auf der einen Seite Wi- derſpruch, Rechthaberei und Verſtandeshochmuth, auf der anderen endloſe Zweifel und Zerriſſenheit der Gemüther befördern. Wer aber das thut, der arbeitet für die Anarchie in der Kirche und im Staate, wie wenig das auch ſeine Abſicht ſein mag. Und — wir wollen ja Chriſten ſein oder wenigſtens Chriſten heißen — würde wohl ein ſolches Verfahren chriſtlich ſein? Was that denn unter Verhältniſſen, welche mit unſeren Zuſtänden in ſo vielfacher Beziehung Aehnlichkeit haben, der

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Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/81>, abgerufen am 09.11.2024.