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Allgemeine Zeitung, Nr. 44, 31. Oktober 1914.

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Allgemeine Zeitung 31. Oktober 1914.
[Spaltenumbruch] sank der andere um so tiefer ein; sie versuchten den Oberkörper
hinzulegen, das Gewicht zu verteilen und derart aus dem tückischen
Sumpf wegzurutschen, doch keinem gelang es. Gerne wären die
Oesterreicher als Retter zum Feinde gekommen, einige streckten
sich lang hin, streckten ihnen die Gewehrkolben entgegen, indes die
Rettung mißlang, die Helfer kamen nicht weit genug, vergeblich
streckten sich ihnen gierige Finger entgegen. Und schon waren jetzt
auch die Knie im Morast versunken, nur mehr die Leiber ragten
empor. Von einer geheimnisvollen, unwiderstehlichen Macht wur-
den die Körper hinabgezogen. Kein Heulen, Widerstreben, An-
stemmen der Arme, kein Hilferuf konnte sie noch retten. Dies fühl-
ten sie alle, und immer verzweifelter gellte ihr Geheul. "Kehrt euch,
Marsch!" ertönte das Kommando, das tieferschüttert der österreichi-
sche Kommandant gab. Und vorsichtig entfernten sich die Oester-
reicher von dem Tode in der aufgequollenen grünen Wassererde.
Wie sie sich scheu umblickten, sahen nur mehr die Köpfe der Russen
aus dem Sumpfe hervor."
England und der Seekrieg.

Die bereits früher nichtamtlich gemeldete, am 13. Oktober er-
folgte Vernichtung des englischen Kreuzers "Hawke" durch ein
deutsches Unterseeboot (es war wieder das famose U 9) wird amt-
lich bestätigt. Das Unterseeboot ist wohlbehalten zurückgekehrt.

Am 20. Oktober ist der englische Dampfer "Glitra" an der
norwegischen Küste von einem deutschen Unterseeboot durch Oeff-
nen der Ventile versenkt worden, nachdem die Besatzung auf Auf-
forderung das Schiff in Booten verlassen hatte.

Das Wolffsche Telegraphenbureau meldet am 23. ds. noch eine
weitere freudige Nachricht von einem deutschen See-Erfolg:

Das Reutersche Bureau meldet aus Las Palmas, daß der deut-
sche Dampfer "Crefeld" in Teneriffa eingelaufen sei, mit den Mann-
schaften von dreizehn britischen Dampfern an Bord,
die der deutsche Kreuzer "Karlsruhe" in der Atlantic ver-
senkt
hat. Der Gesamttonnengehalt der versenkten Dampfer be-
läuft sich auf 60,000 Tonnen.

Die britische Admiralität gibt bekannt, daß das britische Un-
terseeboot "E 3" beträchtlich überfällig sei. Man befürchtet, daß es
in der Nordsee gesunken sei.

(Diese Mitteilung bestätigt die deutsche amtliche Meldung von
der Vernichtung des englischen Unterseebootes in der deutschen
Bucht.)

Englands Angst vor der "Emden" spricht sich unverhüllt aus in
einem Artikel der Times, den sich das Wolffsche Telegraphenbureau
aus London telegraphieren läßt:

Die "Times" schreiben: Der kühne kleine Kreuzer "Emden" ist
wieder erschienen, diesmal in der arabischen See und hat gute
Beute gemacht, die die von der "Emden" in der Bucht von Ben-
galen gemachte Beute an Tonnengehalt und Werte noch übertrifft.
Die "Emden" versenkte diesmal fünf Schiffe, darunter ein ganz
neues der Britisch East India Company, ein großes mit Kautschuk
und Zinn beladenes Schiff der Haltlinie und ein wertvolles Bagger-
schiff. Sie beschlagnahmte ferner das mit Kohle beladene Schiff
"Oxford", um ein verlorenes Kohlenschiff zu ersetzen.

Das britische Publikum war bisher geneigt, die Kreuzfahrt der
"Emden" mit Amüsement und Toleranz zu betrachten, besonders
weil die Offiziere sich wiederholt als so gute Sportsleute erwiesen
haben. Die Zeit ist aber gekommen, die Admiralität zu fragen,
wann sie beabsichtigt, der kecken Laufbahn des Kreuzers "Emden"
ein Ende zu machen. Sein Auftreten an der Küste von Koroman-
del hat Birma abgeschnitten und den Handel Kalkuttas gelähmt.
Das kostete England über eine Million Pfund Sterling. Das Wie-
dererscheinen des Kreuzers bedeutet den direkten Verlust einer zwei-
ten Million, so daß wir in wenigen Wochen nahezu den Preis für
einen Dreadnought verloren haben.

Die "Emden" ist ferner verantwortlich für die gegenwärtige
hohe Versicherungsrate für die Routen nach dem Orient. Sie kann
uns eventuell den indischen Postdienst unterbrechen. Wir wünschen
nicht, die gegenwärtige Tendenz mitzumachen, hochgestellte See-
leute anzugreifen, aber wir müssen die wachsende Unzufriedenheit
mit den Maßnahmen der Admiralität verzeichnen. Es besteht allge-
mein das Empfinden, daß die Admiralität den Anforderungen auf
der hohen See nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt.

Eine amphibische Kriegführung mag eine Anziehungskraft
besitzen, aber wir ziehen es vor, daß die Flotte vor allen Dingen mit
dem Ozean beschäftigt ist. Die Nation ist gleichzeitig mißgestmmt,
[Spaltenumbruch] zu sehen, daß so viele deutsche Kreuzer noch ungestört die Meere
durchfahren und daß das mit so vieler Reklame geschaffene Minen-
feld das Erscheinen feindlicher Unterseeboote bei Ostende nicht hin-
dert. Die Nation fürchtet, daß bei der Admiralität die Tendenz
herrscht, ihre Tätigkeit zu sehr zu zersplittern, und sie würde den
Nachweis begrüßen, daß die Admiralität sich ausschließlich auf ihre
eigentlichen Aufgaben konzentriert.

*

Ueber die Beschießung von Tsingtau gelangen nur
auf Umwegen Nachrichten zu uns. Das Wolffsche Bureau gibt
nichtamtlich eine Meldung wieder, die der Frankfurter Zeitung aus
Rotterdam zugeht:

Die Festung Tsingtau ist von zwei japanischen Kriegsschiffen
und dem englischen Linienschiff "Triumph" bis heute ohne Erfolg
beschossen worden. Am 14. Oktober wurde dabei das Oberdeck des
"Triumph" durch einen schweren Haubitzentreffer durchschlagen.
Das deutsche Kanonenboot "Jaguar" ist leicht beschädigt worden.

*

Ueber revoltierende indische Truppen erfährt
die Südslawische Korrespondenz aus Konstantinopel:

Nach einer Meldung des "Tanin" aus Alexandrien ist es
zwischen hier eingetroffenen indischen Truppen, die zum Weiter-
transport nach Frankreich bestimmt waren, und englischen Garni-
sonstruppen zu einem blutigen Zusammenstoß gekommen. Die neu-
gesandten indischen Truppen weigerten sich, den Transport nach
Marseille mitzumachen und erklärten, sie seien in ihrer Heimat
unter der Versicherung angeworben worden, daß sie nach Alexan-
drien gingen; sie wollten nicht Frankreich verteidigen. Beim Hand-
gemenge vor dem großen Zollamt am Hafen wurden sieben eng-
lische Soldaten getötet. Das Kriegsgericht verurteilte 30 indische
Soldaten zum Tode.

*

Ueber englische Zollschnüffelei wird dem "Manu-
sacturist" aus Rotterdam gemeldet:

Die holländische Regierung hat sich bereit erklären müssen, in
Holland (Rotterdam) englische Zollbeamte zuzulassen, die alle
eingeführte Baumwolle daraufhin kontrollieren, daß diese in Holland
verarbeitet und nicht in das Ausland (Deutschland) verbracht wird.
Rußland.

Rußland hat nun einen genialen Weg gefunden, um sich Italien
geneigt zu machen. Das Mittel war aber zu schlau, um zu ver-
fangen. Wir entnehmen der Neuen Freien Presse darüber nach-
stehende Meldungen, die ihr aus Rom unterm 24. Oktober zu-
gegangen sind:

Die Agenzia Stefani meldet: Der russische Botschafter Kru-
pinski
begab sich gestern abend auf die Consulta, um dem Mini-
sterpräsidenten Salandra im Auftrage seiner Regierung eine
Mitteilung zu machen. Der Wortlaut der Mitteilung, welche eine
von Petrograd an die kaiserliche Botschaft im Rom gerichtete
Depesche wiedergibt, ist im Genauen folgender:

Der Kaiser von Rußland hat in dem Wunsche, Italien
einen Beweis seiner hohen Sympathie zu geben, anzuordnen ge-
ruht, den Vorschlag zu machen, daß alle österreichischen
Gefangenen italienischer Nationalität frei-
gelassen werden,
wenn die italienische Regierung sich ver-
pflichte, sie während der ganzen Kriegszeit zu bewachen, damit
sie nicht in die österreichisch-ungarischen Armeen zurückkehren
können. Ministerpräsident Salandra erwiderte, daß er die sym-
pathischen Intentionen des Zaren hochschätze, und machte den Bot-
schafter darauf aufmerksam, daß nach unserem inneren Staatsrecht
jeder Italiener oder Ausländer, der auf unserem Gebiete anlangt
und keine Verbrechen begangen hat, frei ist und seine Freiheit in
keiner Weise geschmälert werden kann. Es sei ihm daher nicht
klar, wie wir eine Verpflichtung übernehmen könnten -- selbst-
verständlich, um sie aufrechtzuerhalten -- von Rußland ausgelieferte
Gefangene einer Ueberwachung zu unterwerfen, so daß sie gehindert
würden, irgendwo unsere Grenze zu überschreiten. Auf jeden Fall
behielt sich Ministerpräsident Salandra auch im Hinblick auf die
Pflichten der Neutralität, die Italien zu beobachten verpflichtet sei,
vor, die Rechtsfragen, die eventuell daraus entstehen könnten, einer
gründlichen Prüfung zu unterziehen, indem er die zuständigen
Stellen mit dem Studium derselben betraute.

Allgemeine Zeitung 31. Oktober 1914.
[Spaltenumbruch] ſank der andere um ſo tiefer ein; ſie verſuchten den Oberkörper
hinzulegen, das Gewicht zu verteilen und derart aus dem tückiſchen
Sumpf wegzurutſchen, doch keinem gelang es. Gerne wären die
Oeſterreicher als Retter zum Feinde gekommen, einige ſtreckten
ſich lang hin, ſtreckten ihnen die Gewehrkolben entgegen, indes die
Rettung mißlang, die Helfer kamen nicht weit genug, vergeblich
ſtreckten ſich ihnen gierige Finger entgegen. Und ſchon waren jetzt
auch die Knie im Moraſt verſunken, nur mehr die Leiber ragten
empor. Von einer geheimnisvollen, unwiderſtehlichen Macht wur-
den die Körper hinabgezogen. Kein Heulen, Widerſtreben, An-
ſtemmen der Arme, kein Hilferuf konnte ſie noch retten. Dies fühl-
ten ſie alle, und immer verzweifelter gellte ihr Geheul. „Kehrt euch,
Marſch!“ ertönte das Kommando, das tieferſchüttert der öſterreichi-
ſche Kommandant gab. Und vorſichtig entfernten ſich die Oeſter-
reicher von dem Tode in der aufgequollenen grünen Waſſererde.
Wie ſie ſich ſcheu umblickten, ſahen nur mehr die Köpfe der Ruſſen
aus dem Sumpfe hervor.“
England und der Seekrieg.

Die bereits früher nichtamtlich gemeldete, am 13. Oktober er-
folgte Vernichtung des engliſchen Kreuzers „Hawke“ durch ein
deutſches Unterſeeboot (es war wieder das famoſe U 9) wird amt-
lich beſtätigt. Das Unterſeeboot iſt wohlbehalten zurückgekehrt.

Am 20. Oktober iſt der engliſche Dampfer „Glitra“ an der
norwegiſchen Küſte von einem deutſchen Unterſeeboot durch Oeff-
nen der Ventile verſenkt worden, nachdem die Beſatzung auf Auf-
forderung das Schiff in Booten verlaſſen hatte.

Das Wolffſche Telegraphenbureau meldet am 23. ds. noch eine
weitere freudige Nachricht von einem deutſchen See-Erfolg:

Das Reuterſche Bureau meldet aus Las Palmas, daß der deut-
ſche Dampfer „Crefeld“ in Teneriffa eingelaufen ſei, mit den Mann-
ſchaften von dreizehn britiſchen Dampfern an Bord,
die der deutſche Kreuzer „Karlsruhe“ in der Atlantic ver-
ſenkt
hat. Der Geſamttonnengehalt der verſenkten Dampfer be-
läuft ſich auf 60,000 Tonnen.

Die britiſche Admiralität gibt bekannt, daß das britiſche Un-
terſeeboot „E 3“ beträchtlich überfällig ſei. Man befürchtet, daß es
in der Nordſee geſunken ſei.

(Dieſe Mitteilung beſtätigt die deutſche amtliche Meldung von
der Vernichtung des engliſchen Unterſeebootes in der deutſchen
Bucht.)

Englands Angſt vor der „Emden“ ſpricht ſich unverhüllt aus in
einem Artikel der Times, den ſich das Wolffſche Telegraphenbureau
aus London telegraphieren läßt:

Die „Times“ ſchreiben: Der kühne kleine Kreuzer „Emden“ iſt
wieder erſchienen, diesmal in der arabiſchen See und hat gute
Beute gemacht, die die von der „Emden“ in der Bucht von Ben-
galen gemachte Beute an Tonnengehalt und Werte noch übertrifft.
Die „Emden“ verſenkte diesmal fünf Schiffe, darunter ein ganz
neues der Britiſch Eaſt India Company, ein großes mit Kautſchuk
und Zinn beladenes Schiff der Haltlinie und ein wertvolles Bagger-
ſchiff. Sie beſchlagnahmte ferner das mit Kohle beladene Schiff
„Oxford“, um ein verlorenes Kohlenſchiff zu erſetzen.

Das britiſche Publikum war bisher geneigt, die Kreuzfahrt der
„Emden“ mit Amüſement und Toleranz zu betrachten, beſonders
weil die Offiziere ſich wiederholt als ſo gute Sportsleute erwieſen
haben. Die Zeit iſt aber gekommen, die Admiralität zu fragen,
wann ſie beabſichtigt, der kecken Laufbahn des Kreuzers „Emden“
ein Ende zu machen. Sein Auftreten an der Küſte von Koroman-
del hat Birma abgeſchnitten und den Handel Kalkuttas gelähmt.
Das koſtete England über eine Million Pfund Sterling. Das Wie-
dererſcheinen des Kreuzers bedeutet den direkten Verluſt einer zwei-
ten Million, ſo daß wir in wenigen Wochen nahezu den Preis für
einen Dreadnought verloren haben.

Die „Emden“ iſt ferner verantwortlich für die gegenwärtige
hohe Verſicherungsrate für die Routen nach dem Orient. Sie kann
uns eventuell den indiſchen Poſtdienſt unterbrechen. Wir wünſchen
nicht, die gegenwärtige Tendenz mitzumachen, hochgeſtellte See-
leute anzugreifen, aber wir müſſen die wachſende Unzufriedenheit
mit den Maßnahmen der Admiralität verzeichnen. Es beſteht allge-
mein das Empfinden, daß die Admiralität den Anforderungen auf
der hohen See nicht genügend Aufmerkſamkeit ſchenkt.

Eine amphibiſche Kriegführung mag eine Anziehungskraft
beſitzen, aber wir ziehen es vor, daß die Flotte vor allen Dingen mit
dem Ozean beſchäftigt iſt. Die Nation iſt gleichzeitig mißgeſtmmt,
[Spaltenumbruch] zu ſehen, daß ſo viele deutſche Kreuzer noch ungeſtört die Meere
durchfahren und daß das mit ſo vieler Reklame geſchaffene Minen-
feld das Erſcheinen feindlicher Unterſeeboote bei Oſtende nicht hin-
dert. Die Nation fürchtet, daß bei der Admiralität die Tendenz
herrſcht, ihre Tätigkeit zu ſehr zu zerſplittern, und ſie würde den
Nachweis begrüßen, daß die Admiralität ſich ausſchließlich auf ihre
eigentlichen Aufgaben konzentriert.

*

Ueber die Beſchießung von Tſingtau gelangen nur
auf Umwegen Nachrichten zu uns. Das Wolffſche Bureau gibt
nichtamtlich eine Meldung wieder, die der Frankfurter Zeitung aus
Rotterdam zugeht:

Die Feſtung Tſingtau iſt von zwei japaniſchen Kriegsſchiffen
und dem engliſchen Linienſchiff „Triumph“ bis heute ohne Erfolg
beſchoſſen worden. Am 14. Oktober wurde dabei das Oberdeck des
„Triumph“ durch einen ſchweren Haubitzentreffer durchſchlagen.
Das deutſche Kanonenboot „Jaguar“ iſt leicht beſchädigt worden.

*

Ueber revoltierende indiſche Truppen erfährt
die Südſlawiſche Korreſpondenz aus Konſtantinopel:

Nach einer Meldung des „Tanin“ aus Alexandrien iſt es
zwiſchen hier eingetroffenen indiſchen Truppen, die zum Weiter-
transport nach Frankreich beſtimmt waren, und engliſchen Garni-
ſonstruppen zu einem blutigen Zuſammenſtoß gekommen. Die neu-
geſandten indiſchen Truppen weigerten ſich, den Transport nach
Marſeille mitzumachen und erklärten, ſie ſeien in ihrer Heimat
unter der Verſicherung angeworben worden, daß ſie nach Alexan-
drien gingen; ſie wollten nicht Frankreich verteidigen. Beim Hand-
gemenge vor dem großen Zollamt am Hafen wurden ſieben eng-
liſche Soldaten getötet. Das Kriegsgericht verurteilte 30 indiſche
Soldaten zum Tode.

*

Ueber engliſche Zollſchnüffelei wird dem „Manu-
ſacturiſt“ aus Rotterdam gemeldet:

Die holländiſche Regierung hat ſich bereit erklären müſſen, in
Holland (Rotterdam) engliſche Zollbeamte zuzulaſſen, die alle
eingeführte Baumwolle daraufhin kontrollieren, daß dieſe in Holland
verarbeitet und nicht in das Ausland (Deutſchland) verbracht wird.
Rußland.

Rußland hat nun einen genialen Weg gefunden, um ſich Italien
geneigt zu machen. Das Mittel war aber zu ſchlau, um zu ver-
fangen. Wir entnehmen der Neuen Freien Preſſe darüber nach-
ſtehende Meldungen, die ihr aus Rom unterm 24. Oktober zu-
gegangen ſind:

Die Agenzia Stefani meldet: Der ruſſiſche Botſchafter Kru-
pinski
begab ſich geſtern abend auf die Conſulta, um dem Mini-
ſterpräſidenten Salandra im Auftrage ſeiner Regierung eine
Mitteilung zu machen. Der Wortlaut der Mitteilung, welche eine
von Petrograd an die kaiſerliche Botſchaft im Rom gerichtete
Depeſche wiedergibt, iſt im Genauen folgender:

Der Kaiſer von Rußland hat in dem Wunſche, Italien
einen Beweis ſeiner hohen Sympathie zu geben, anzuordnen ge-
ruht, den Vorſchlag zu machen, daß alle öſterreichiſchen
Gefangenen italieniſcher Nationalität frei-
gelaſſen werden,
wenn die italieniſche Regierung ſich ver-
pflichte, ſie während der ganzen Kriegszeit zu bewachen, damit
ſie nicht in die öſterreichiſch-ungariſchen Armeen zurückkehren
können. Miniſterpräſident Salandra erwiderte, daß er die ſym-
pathiſchen Intentionen des Zaren hochſchätze, und machte den Bot-
ſchafter darauf aufmerkſam, daß nach unſerem inneren Staatsrecht
jeder Italiener oder Ausländer, der auf unſerem Gebiete anlangt
und keine Verbrechen begangen hat, frei iſt und ſeine Freiheit in
keiner Weiſe geſchmälert werden kann. Es ſei ihm daher nicht
klar, wie wir eine Verpflichtung übernehmen könnten — ſelbſt-
verſtändlich, um ſie aufrechtzuerhalten — von Rußland ausgelieferte
Gefangene einer Ueberwachung zu unterwerfen, ſo daß ſie gehindert
würden, irgendwo unſere Grenze zu überſchreiten. Auf jeden Fall
behielt ſich Miniſterpräſident Salandra auch im Hinblick auf die
Pflichten der Neutralität, die Italien zu beobachten verpflichtet ſei,
vor, die Rechtsfragen, die eventuell daraus entſtehen könnten, einer
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Stellen mit dem Studium derſelben betraute.

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[636/0004] Allgemeine Zeitung 31. Oktober 1914. ſank der andere um ſo tiefer ein; ſie verſuchten den Oberkörper hinzulegen, das Gewicht zu verteilen und derart aus dem tückiſchen Sumpf wegzurutſchen, doch keinem gelang es. Gerne wären die Oeſterreicher als Retter zum Feinde gekommen, einige ſtreckten ſich lang hin, ſtreckten ihnen die Gewehrkolben entgegen, indes die Rettung mißlang, die Helfer kamen nicht weit genug, vergeblich ſtreckten ſich ihnen gierige Finger entgegen. Und ſchon waren jetzt auch die Knie im Moraſt verſunken, nur mehr die Leiber ragten empor. Von einer geheimnisvollen, unwiderſtehlichen Macht wur- den die Körper hinabgezogen. Kein Heulen, Widerſtreben, An- ſtemmen der Arme, kein Hilferuf konnte ſie noch retten. Dies fühl- ten ſie alle, und immer verzweifelter gellte ihr Geheul. „Kehrt euch, Marſch!“ ertönte das Kommando, das tieferſchüttert der öſterreichi- ſche Kommandant gab. Und vorſichtig entfernten ſich die Oeſter- reicher von dem Tode in der aufgequollenen grünen Waſſererde. Wie ſie ſich ſcheu umblickten, ſahen nur mehr die Köpfe der Ruſſen aus dem Sumpfe hervor.“ England und der Seekrieg. Die bereits früher nichtamtlich gemeldete, am 13. Oktober er- folgte Vernichtung des engliſchen Kreuzers „Hawke“ durch ein deutſches Unterſeeboot (es war wieder das famoſe U 9) wird amt- lich beſtätigt. Das Unterſeeboot iſt wohlbehalten zurückgekehrt. Am 20. Oktober iſt der engliſche Dampfer „Glitra“ an der norwegiſchen Küſte von einem deutſchen Unterſeeboot durch Oeff- nen der Ventile verſenkt worden, nachdem die Beſatzung auf Auf- forderung das Schiff in Booten verlaſſen hatte. Das Wolffſche Telegraphenbureau meldet am 23. ds. noch eine weitere freudige Nachricht von einem deutſchen See-Erfolg: Das Reuterſche Bureau meldet aus Las Palmas, daß der deut- ſche Dampfer „Crefeld“ in Teneriffa eingelaufen ſei, mit den Mann- ſchaften von dreizehn britiſchen Dampfern an Bord, die der deutſche Kreuzer „Karlsruhe“ in der Atlantic ver- ſenkt hat. Der Geſamttonnengehalt der verſenkten Dampfer be- läuft ſich auf 60,000 Tonnen. Die britiſche Admiralität gibt bekannt, daß das britiſche Un- terſeeboot „E 3“ beträchtlich überfällig ſei. Man befürchtet, daß es in der Nordſee geſunken ſei. (Dieſe Mitteilung beſtätigt die deutſche amtliche Meldung von der Vernichtung des engliſchen Unterſeebootes in der deutſchen Bucht.) Englands Angſt vor der „Emden“ ſpricht ſich unverhüllt aus in einem Artikel der Times, den ſich das Wolffſche Telegraphenbureau aus London telegraphieren läßt: Die „Times“ ſchreiben: Der kühne kleine Kreuzer „Emden“ iſt wieder erſchienen, diesmal in der arabiſchen See und hat gute Beute gemacht, die die von der „Emden“ in der Bucht von Ben- galen gemachte Beute an Tonnengehalt und Werte noch übertrifft. Die „Emden“ verſenkte diesmal fünf Schiffe, darunter ein ganz neues der Britiſch Eaſt India Company, ein großes mit Kautſchuk und Zinn beladenes Schiff der Haltlinie und ein wertvolles Bagger- ſchiff. Sie beſchlagnahmte ferner das mit Kohle beladene Schiff „Oxford“, um ein verlorenes Kohlenſchiff zu erſetzen. Das britiſche Publikum war bisher geneigt, die Kreuzfahrt der „Emden“ mit Amüſement und Toleranz zu betrachten, beſonders weil die Offiziere ſich wiederholt als ſo gute Sportsleute erwieſen haben. Die Zeit iſt aber gekommen, die Admiralität zu fragen, wann ſie beabſichtigt, der kecken Laufbahn des Kreuzers „Emden“ ein Ende zu machen. Sein Auftreten an der Küſte von Koroman- del hat Birma abgeſchnitten und den Handel Kalkuttas gelähmt. Das koſtete England über eine Million Pfund Sterling. Das Wie- dererſcheinen des Kreuzers bedeutet den direkten Verluſt einer zwei- ten Million, ſo daß wir in wenigen Wochen nahezu den Preis für einen Dreadnought verloren haben. Die „Emden“ iſt ferner verantwortlich für die gegenwärtige hohe Verſicherungsrate für die Routen nach dem Orient. Sie kann uns eventuell den indiſchen Poſtdienſt unterbrechen. Wir wünſchen nicht, die gegenwärtige Tendenz mitzumachen, hochgeſtellte See- leute anzugreifen, aber wir müſſen die wachſende Unzufriedenheit mit den Maßnahmen der Admiralität verzeichnen. Es beſteht allge- mein das Empfinden, daß die Admiralität den Anforderungen auf der hohen See nicht genügend Aufmerkſamkeit ſchenkt. Eine amphibiſche Kriegführung mag eine Anziehungskraft beſitzen, aber wir ziehen es vor, daß die Flotte vor allen Dingen mit dem Ozean beſchäftigt iſt. Die Nation iſt gleichzeitig mißgeſtmmt, zu ſehen, daß ſo viele deutſche Kreuzer noch ungeſtört die Meere durchfahren und daß das mit ſo vieler Reklame geſchaffene Minen- feld das Erſcheinen feindlicher Unterſeeboote bei Oſtende nicht hin- dert. Die Nation fürchtet, daß bei der Admiralität die Tendenz herrſcht, ihre Tätigkeit zu ſehr zu zerſplittern, und ſie würde den Nachweis begrüßen, daß die Admiralität ſich ausſchließlich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentriert. * Ueber die Beſchießung von Tſingtau gelangen nur auf Umwegen Nachrichten zu uns. Das Wolffſche Bureau gibt nichtamtlich eine Meldung wieder, die der Frankfurter Zeitung aus Rotterdam zugeht: Die Feſtung Tſingtau iſt von zwei japaniſchen Kriegsſchiffen und dem engliſchen Linienſchiff „Triumph“ bis heute ohne Erfolg beſchoſſen worden. Am 14. Oktober wurde dabei das Oberdeck des „Triumph“ durch einen ſchweren Haubitzentreffer durchſchlagen. Das deutſche Kanonenboot „Jaguar“ iſt leicht beſchädigt worden. * Ueber revoltierende indiſche Truppen erfährt die Südſlawiſche Korreſpondenz aus Konſtantinopel: Nach einer Meldung des „Tanin“ aus Alexandrien iſt es zwiſchen hier eingetroffenen indiſchen Truppen, die zum Weiter- transport nach Frankreich beſtimmt waren, und engliſchen Garni- ſonstruppen zu einem blutigen Zuſammenſtoß gekommen. Die neu- geſandten indiſchen Truppen weigerten ſich, den Transport nach Marſeille mitzumachen und erklärten, ſie ſeien in ihrer Heimat unter der Verſicherung angeworben worden, daß ſie nach Alexan- drien gingen; ſie wollten nicht Frankreich verteidigen. Beim Hand- gemenge vor dem großen Zollamt am Hafen wurden ſieben eng- liſche Soldaten getötet. Das Kriegsgericht verurteilte 30 indiſche Soldaten zum Tode. * Ueber engliſche Zollſchnüffelei wird dem „Manu- ſacturiſt“ aus Rotterdam gemeldet: Die holländiſche Regierung hat ſich bereit erklären müſſen, in Holland (Rotterdam) engliſche Zollbeamte zuzulaſſen, die alle eingeführte Baumwolle daraufhin kontrollieren, daß dieſe in Holland verarbeitet und nicht in das Ausland (Deutſchland) verbracht wird. Rußland. Rußland hat nun einen genialen Weg gefunden, um ſich Italien geneigt zu machen. Das Mittel war aber zu ſchlau, um zu ver- fangen. Wir entnehmen der Neuen Freien Preſſe darüber nach- ſtehende Meldungen, die ihr aus Rom unterm 24. Oktober zu- gegangen ſind: Die Agenzia Stefani meldet: Der ruſſiſche Botſchafter Kru- pinski begab ſich geſtern abend auf die Conſulta, um dem Mini- ſterpräſidenten Salandra im Auftrage ſeiner Regierung eine Mitteilung zu machen. Der Wortlaut der Mitteilung, welche eine von Petrograd an die kaiſerliche Botſchaft im Rom gerichtete Depeſche wiedergibt, iſt im Genauen folgender: Der Kaiſer von Rußland hat in dem Wunſche, Italien einen Beweis ſeiner hohen Sympathie zu geben, anzuordnen ge- ruht, den Vorſchlag zu machen, daß alle öſterreichiſchen Gefangenen italieniſcher Nationalität frei- gelaſſen werden, wenn die italieniſche Regierung ſich ver- pflichte, ſie während der ganzen Kriegszeit zu bewachen, damit ſie nicht in die öſterreichiſch-ungariſchen Armeen zurückkehren können. Miniſterpräſident Salandra erwiderte, daß er die ſym- pathiſchen Intentionen des Zaren hochſchätze, und machte den Bot- ſchafter darauf aufmerkſam, daß nach unſerem inneren Staatsrecht jeder Italiener oder Ausländer, der auf unſerem Gebiete anlangt und keine Verbrechen begangen hat, frei iſt und ſeine Freiheit in keiner Weiſe geſchmälert werden kann. Es ſei ihm daher nicht klar, wie wir eine Verpflichtung übernehmen könnten — ſelbſt- verſtändlich, um ſie aufrechtzuerhalten — von Rußland ausgelieferte Gefangene einer Ueberwachung zu unterwerfen, ſo daß ſie gehindert würden, irgendwo unſere Grenze zu überſchreiten. Auf jeden Fall behielt ſich Miniſterpräſident Salandra auch im Hinblick auf die Pflichten der Neutralität, die Italien zu beobachten verpflichtet ſei, vor, die Rechtsfragen, die eventuell daraus entſtehen könnten, einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, indem er die zuſtändigen Stellen mit dem Studium derſelben betraute.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 44, 31. Oktober 1914, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine44_1914/4>, abgerufen am 23.11.2024.