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Allgemeine Zeitung, Nr. 35, 29. August 1914.

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29. August 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch]
Ein amerikanisches Arteil über die englische Armee.

Von einem Amerikaner erhalten wir nachstehende Zeilen,
mit der Bitte um Veröffentlichung. Wir drucken sie ab, da sie immer-
hin im gegenwärtigen Augenblick wo die englische Armee die ersten
deutschen Hiebe erhalten hat, von Jnteresse sind:

Jn einer etwa vier Wochen alten Nummer des in San
Francisco
erscheinenden "Examiner" finden wir einen Artikel
von S. Mc Manus, einem bekannten amerikanischen Schriftsteller,
der mit der englischen Armee scharf ins Gericht geht. Der englische
Soldat, sagt Mc Manus, einer der besten Kämpfer Europas, ist
heute der schlechteste. Der Burenkrieg hat gezeigt, daß er physisch
und moralisch die Eigenschaften, die ihn bei Waterloo auszeichneten,
verloren hat. Dieses Urteil bezieht sich auf den Gemeinen, nicht auf
den Offizier, der immer noch so kühn, furchtlos und -- stupide sei
wie früher. Der amerikanische Beobachter meint, daß in der briti-
schen Armee seit etwa drei Jahrzehnten die rapide Verschlechterung
ganz sichtbar geworden sei. Jm eigentlichen England sei an die
Stelle des gesunden, stämmigen Bauernjungen, der einst ins Glied
kam, der Abhub des städtischen Fabrikarbeiters getreten. Männer,
die diese Leute während des Burenkrieges sahen, schildern wie sich
große Truppenkörper beim geringsten Anlaß kleinen Abteilungen
bärtiger Buren ergaben, wie Offiziere weinten und auf ihre Mann-
schaften fluchten. Das früher sehr starke irische Element der Armee
ist seit zwanzig Jahren mehr und mehr aus den Reihen geschwunden;
weil die politische Agitation in Jrland die jungen Leute gegen Eng-
land beeinflußt hat. So ist der Schotte jetzt als künftigster Bestand-
teil der "englischen" Armee übrig geblieben; und alles, was in dieser
etwa taugt, ist schottisch.
England und die Türkei.

Die Wegnahme der beiden türkischen Schiffe durch England
zieht natürlich weitere Kreise, da sich die Türkei diesen unerhörten
Bruch des Völkerrechts begreiflicherweise nicht ohne weiteres gefallen
lassen will. Aus Konstantinopel wird dem Wolffschen Bureau
unterm 24. d. M. telegraphiert:

Eine vom englischen Botschafter abgegebene bedingte Er-
klärung über die eventuelle Rückgabe der Dreadnoughts "Sultan
Osman" und "Raschidije" befriedigt die öffentliche Meinung nicht.
Die türkische Regierung und die Presse erklären einstimmig, daß
England, wenn es die Schande der widerrechtlichen Beschlagnahme
löschen und den in der muselmanischen Welt hervorgerufenen schlech-
ten Eindruck verwischen wolle, die Schiffe sofort und nicht
erst nach dem Kriege
zurückgeben müsse.


Der Offizier, der gestern an Bord des Transportdampfers
"Reschid Pascha" hierher zurückgekehrt ist, erklärte gegenüber
einem Berichterstatter, England habe die beiden Dreadnoughts be-
schlagnahmt, als der Krieg an Deutschland noch nicht erklärt war.
Die Beschlagnahme sei daher in keiner Weise gerechtfertigt, insbeson-
dere da England ein anderes im Bau befindliches Kriegsschiff be-
schlagnahmt hat. Der Offizier sagte weiter, die Probefahrten des
"Sultan Osman" hätten eine Geschwindigkeit von mehr als
24 Knoten ergeben. Die "Raschidije" dürfte gegenwärtig vollständig
fertig sein. Der Transportdampfer "Reschid Pascha" ist während
seiner Ueberfahrt dreimal von der englischen und der französischen
Flotte angehalten worden. Er wurde aber sofort wieder frei-
gelassen.

Mit dem Dampfer "Reschid Pascha" sind mehrere ottomanische
Untertanen und Studenten angekommen, die England hatten ver-
lassen müssen. Sie schildern die innere Lage Englands als schlecht,
da die öffentliche Meinung gegen den Krieg sei. Die Opposition
wachse täglich an, die Gefahr von Arbeiterrevolten drohe unmittelbar.

Das japanische Altimatum.

In unserer letzten Nummer hatten wir den Wortlaut des
japanischen Ultimatums an Deutschland mitgeteilt. Dieser war in
einer so unverschämten, im diplomatischen Verkehr zwischen zivilisier-
ten Mächten kaum noch dagewesenen Form gehalten, daß man sich
nicht wundern wird, wenn die Antwort Deutschlands eben darin
besteht, daß es nicht antwortet. Am 23. d. M. wurde nämlich nach-
stehend offizielles Telegramm herausgegeben:

Das von der hiesigen japanischen Botschaft in Berlin dem
Auswärtigen Amt überreichte Ultimatum lautet in deutscher Ueber-
setzung:

Die kaiserlich japanische Regierung erachtet es in der gegen-
wärtigen Lage für äußerst wichtig und notwendig, Maßnahmen zu
ergreifen, um alle Ursachen der Störung des Friedens im fernen
[Spaltenumbruch] Osten zu beseitigen und das allgemeine Interesse zu wahren, das
durch den Bündnisvertrag zwischen Japan und Großbritannien ins
Auge gefaßt ist, um einen festen, dauernden Frieden in Ostasien zu
sichern, dessen Herstellung das Ziel des besagten Abkommens bildet.

Sie hält es deshalb aufrichtig für ihre Pflicht, der kaiserlich
deutschen Regierung den Rat zu erteilen, die nachstehenden beiden
Vorschläge auszuführen:

1. unverzüglich aus den japanischen und chinesischen Gewässern
die deutschen Kriegsschiffe und bewaffneten Fahrzeuge jeder Art
zurückzuziehen, und diejenigen, die nicht zurückgezogen werden
können, alsbald abzurüsten,
2. bis spätestens den 15. September 1914 das gesamte Pacht-
gebiet von Kiautschau bedingungslos und ohne Entschädigung den
kaiserlich japanischen Behörden zu dem Zwecke auszuantworten, es
eventuell an China zurückzugeben.
Die kaiserlich japanische Regierung kündigt gleichzeitig an, daß,
falls sie nicht bis zum 23. August 1914 mittags von der kaiserlich
deutschen Regierung eine Antwort erhalten sollte, die die bedingungs-
lose Annahme der vorstehenden, von der kaiserlich japanischen Re-
gierung erteilten Ratschläge enthält, sich genötigt sehen wird, so
vorzugehen, wie sie es nach der Lage der Sache für notwendig be-
finden wird.

Auf dieses Ultimatum ist dem japanischen Geschäftsträger in
Berlin heute vormittag nachstehende mündliche Erklärung
abgegeben worden:

"Auf die Forderungen Japans hat die deutsche Regierung
keinerlei Antwort zu geben; sie sieht sich daher veranlaßt, ihren
Botschafter in Tokio abzuberufen und dem japanischen Geschäfts-
träger in Berlin seine Pässe zuzustellen."



Noch bevor der Kriegszustand zwischen Japan und unseren
österreichischen Bundesgenossen ausgesprochen ist, hat der k. und k.
österreichisch-ungarische Botschafter im Auswärtigen Amt folgende
Mitteilung gemacht:

Im allerhöchsten Auftrage ergeht an das Kommando S. M.
Schiff "Kaiserin Elisabeth" in Tsingtau sowie an den
k. und k. Botschafter in Tokio der telegraphische Befehl, daß die
"Kaiserin Elisabeth" in Tsingtau mitzukämpfen habe.

Wir dürfen also auch in den ferneren Gewässern Ostasiens auf
unseren treuen Bundesgenossen rechnen.



Von einem in Deutschland lebenden Inder erhalten wir nach-
stehende aus Leipzig datierte Zuschrift, mit der Bitte um Ver-
öffentlichung:

In einem Augenblick, wo wir glaubten, ganz Asien auf Deutsch-
lands Seite zu sehen, begeht Japan den schmählichen Verrat. Es
ist daher unsere Pflicht, gegen die unglaubliche Undankbarkeit
Stellung zu nehmen. Indien hat für Deutschland die wärmsten
Gefühle und sieht in ihm den endgültigen Befreier von englischer
Sklaverei. Durch die englischen Lügen, die wir sie schon seit
150 Jahren kennen, bekommt Indien keine richtigen Nachrichten, so
ist esheute, so war es 1870. Wäre es anders, könnte Indien seine
Sympathien schon durch die Tat ausdrücken.

Die Inder in Deutschland.
Erbprinz Luitpold von Bayern +.

Fast unmittelbar auf die große Freude, die natürlich
ganz besonders in Bayern der große Sieg des bayeri-
schen Kronprinzen
erregte, ist nun völlig unerwartet
Trauer und Teilnahme für den Sieger bei Metz eingekehrt.
Während Prinz Rupprecht mit den ihm unterstellten
Truppen den Feind verfolgte, ist ihm in der Heimat, in
Berchtesgaden, der blühende Sohn eines jähen Todes ver-
blichen: der 13 jährige Erbprinz Luitpold ist dort
nach einer infektiösen Halsentzündung binnen drei Tagen
gestorben. Die Teilnahme des ganzen engeren und
weiteren Vaterlandes wendet sich unserem Kronprinzen zu,
der in rascher Folge seine junge Gattin und zwei seiner
Kinder, darunter den Aeltesten, aus dem Leben hat scheiden
sehen müssen. Die schönsten Hoffnungen, die höchsten Erwar-
tungen durfte Bayern auf den jungen Prinzen setzen, der
schon in seinen jungen Jahren, um auch seinerseits in dieser
Zeit der Not und des Kampfes mitzuhelfen. sich an die
Spitze der jugendlichen Erntearbeiter gestellt hatte und dessen
letzte große Freude der Sieg seines Vaters gewesen ist.



29. Auguſt 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch]
Ein amerikaniſches Arteil über die engliſche Armee.

Von einem Amerikaner erhalten wir nachſtehende Zeilen,
mit der Bitte um Veröffentlichung. Wir drucken ſie ab, da ſie immer-
hin im gegenwärtigen Augenblick wo die engliſche Armee die erſten
deutſchen Hiebe erhalten hat, von Jntereſſe ſind:

Jn einer etwa vier Wochen alten Nummer des in San
Francisco
erſcheinenden „Examiner“ finden wir einen Artikel
von S. Mc Manus, einem bekannten amerikaniſchen Schriftſteller,
der mit der engliſchen Armee ſcharf ins Gericht geht. Der engliſche
Soldat, ſagt Mc Manus, einer der beſten Kämpfer Europas, iſt
heute der ſchlechteſte. Der Burenkrieg hat gezeigt, daß er phyſiſch
und moraliſch die Eigenſchaften, die ihn bei Waterloo auszeichneten,
verloren hat. Dieſes Urteil bezieht ſich auf den Gemeinen, nicht auf
den Offizier, der immer noch ſo kühn, furchtlos und — ſtupide ſei
wie früher. Der amerikaniſche Beobachter meint, daß in der briti-
ſchen Armee ſeit etwa drei Jahrzehnten die rapide Verſchlechterung
ganz ſichtbar geworden ſei. Jm eigentlichen England ſei an die
Stelle des geſunden, ſtämmigen Bauernjungen, der einſt ins Glied
kam, der Abhub des ſtädtiſchen Fabrikarbeiters getreten. Männer,
die dieſe Leute während des Burenkrieges ſahen, ſchildern wie ſich
große Truppenkörper beim geringſten Anlaß kleinen Abteilungen
bärtiger Buren ergaben, wie Offiziere weinten und auf ihre Mann-
ſchaften fluchten. Das früher ſehr ſtarke iriſche Element der Armee
iſt ſeit zwanzig Jahren mehr und mehr aus den Reihen geſchwunden;
weil die politiſche Agitation in Jrland die jungen Leute gegen Eng-
land beeinflußt hat. So iſt der Schotte jetzt als künftigſter Beſtand-
teil der „engliſchen“ Armee übrig geblieben; und alles, was in dieſer
etwa taugt, iſt ſchottiſch.
England und die Türkei.

Die Wegnahme der beiden türkiſchen Schiffe durch England
zieht natürlich weitere Kreiſe, da ſich die Türkei dieſen unerhörten
Bruch des Völkerrechts begreiflicherweiſe nicht ohne weiteres gefallen
laſſen will. Aus Konſtantinopel wird dem Wolffſchen Bureau
unterm 24. d. M. telegraphiert:

Eine vom engliſchen Botſchafter abgegebene bedingte Er-
klärung über die eventuelle Rückgabe der Dreadnoughts „Sultan
Osman“ und „Raſchidije“ befriedigt die öffentliche Meinung nicht.
Die türkiſche Regierung und die Preſſe erklären einſtimmig, daß
England, wenn es die Schande der widerrechtlichen Beſchlagnahme
löſchen und den in der muſelmaniſchen Welt hervorgerufenen ſchlech-
ten Eindruck verwiſchen wolle, die Schiffe ſofort und nicht
erſt nach dem Kriege
zurückgeben müſſe.


Der Offizier, der geſtern an Bord des Transportdampfers
„Reſchid Paſcha“ hierher zurückgekehrt iſt, erklärte gegenüber
einem Berichterſtatter, England habe die beiden Dreadnoughts be-
ſchlagnahmt, als der Krieg an Deutſchland noch nicht erklärt war.
Die Beſchlagnahme ſei daher in keiner Weiſe gerechtfertigt, insbeſon-
dere da England ein anderes im Bau befindliches Kriegsſchiff be-
ſchlagnahmt hat. Der Offizier ſagte weiter, die Probefahrten des
„Sultan Osman“ hätten eine Geſchwindigkeit von mehr als
24 Knoten ergeben. Die „Raſchidije“ dürfte gegenwärtig vollſtändig
fertig ſein. Der Transportdampfer „Reſchid Paſcha“ iſt während
ſeiner Ueberfahrt dreimal von der engliſchen und der franzöſiſchen
Flotte angehalten worden. Er wurde aber ſofort wieder frei-
gelaſſen.

Mit dem Dampfer „Reſchid Paſcha“ ſind mehrere ottomaniſche
Untertanen und Studenten angekommen, die England hatten ver-
laſſen müſſen. Sie ſchildern die innere Lage Englands als ſchlecht,
da die öffentliche Meinung gegen den Krieg ſei. Die Oppoſition
wachſe täglich an, die Gefahr von Arbeiterrevolten drohe unmittelbar.

Das japaniſche Altimatum.

In unſerer letzten Nummer hatten wir den Wortlaut des
japaniſchen Ultimatums an Deutſchland mitgeteilt. Dieſer war in
einer ſo unverſchämten, im diplomatiſchen Verkehr zwiſchen ziviliſier-
ten Mächten kaum noch dageweſenen Form gehalten, daß man ſich
nicht wundern wird, wenn die Antwort Deutſchlands eben darin
beſteht, daß es nicht antwortet. Am 23. d. M. wurde nämlich nach-
ſtehend offizielles Telegramm herausgegeben:

Das von der hieſigen japaniſchen Botſchaft in Berlin dem
Auswärtigen Amt überreichte Ultimatum lautet in deutſcher Ueber-
ſetzung:

Die kaiſerlich japaniſche Regierung erachtet es in der gegen-
wärtigen Lage für äußerſt wichtig und notwendig, Maßnahmen zu
ergreifen, um alle Urſachen der Störung des Friedens im fernen
[Spaltenumbruch] Oſten zu beſeitigen und das allgemeine Intereſſe zu wahren, das
durch den Bündnisvertrag zwiſchen Japan und Großbritannien ins
Auge gefaßt iſt, um einen feſten, dauernden Frieden in Oſtaſien zu
ſichern, deſſen Herſtellung das Ziel des beſagten Abkommens bildet.

Sie hält es deshalb aufrichtig für ihre Pflicht, der kaiſerlich
deutſchen Regierung den Rat zu erteilen, die nachſtehenden beiden
Vorſchläge auszuführen:

1. unverzüglich aus den japaniſchen und chineſiſchen Gewäſſern
die deutſchen Kriegsſchiffe und bewaffneten Fahrzeuge jeder Art
zurückzuziehen, und diejenigen, die nicht zurückgezogen werden
können, alsbald abzurüſten,
2. bis ſpäteſtens den 15. September 1914 das geſamte Pacht-
gebiet von Kiautſchau bedingungslos und ohne Entſchädigung den
kaiſerlich japaniſchen Behörden zu dem Zwecke auszuantworten, es
eventuell an China zurückzugeben.
Die kaiſerlich japaniſche Regierung kündigt gleichzeitig an, daß,
falls ſie nicht bis zum 23. Auguſt 1914 mittags von der kaiſerlich
deutſchen Regierung eine Antwort erhalten ſollte, die die bedingungs-
loſe Annahme der vorſtehenden, von der kaiſerlich japaniſchen Re-
gierung erteilten Ratſchläge enthält, ſich genötigt ſehen wird, ſo
vorzugehen, wie ſie es nach der Lage der Sache für notwendig be-
finden wird.

Auf dieſes Ultimatum iſt dem japaniſchen Geſchäftsträger in
Berlin heute vormittag nachſtehende mündliche Erklärung
abgegeben worden:

„Auf die Forderungen Japans hat die deutſche Regierung
keinerlei Antwort zu geben; ſie ſieht ſich daher veranlaßt, ihren
Botſchafter in Tokio abzuberufen und dem japaniſchen Geſchäfts-
träger in Berlin ſeine Päſſe zuzuſtellen.“



Noch bevor der Kriegszuſtand zwiſchen Japan und unſeren
öſterreichiſchen Bundesgenoſſen ausgeſprochen iſt, hat der k. und k.
öſterreichiſch-ungariſche Botſchafter im Auswärtigen Amt folgende
Mitteilung gemacht:

Im allerhöchſten Auftrage ergeht an das Kommando S. M.
Schiff „Kaiſerin Eliſabeth“ in Tſingtau ſowie an den
k. und k. Botſchafter in Tokio der telegraphiſche Befehl, daß die
„Kaiſerin Eliſabeth“ in Tſingtau mitzukämpfen habe.

Wir dürfen alſo auch in den ferneren Gewäſſern Oſtaſiens auf
unſeren treuen Bundesgenoſſen rechnen.



Von einem in Deutſchland lebenden Inder erhalten wir nach-
ſtehende aus Leipzig datierte Zuſchrift, mit der Bitte um Ver-
öffentlichung:

In einem Augenblick, wo wir glaubten, ganz Aſien auf Deutſch-
lands Seite zu ſehen, begeht Japan den ſchmählichen Verrat. Es
iſt daher unſere Pflicht, gegen die unglaubliche Undankbarkeit
Stellung zu nehmen. Indien hat für Deutſchland die wärmſten
Gefühle und ſieht in ihm den endgültigen Befreier von engliſcher
Sklaverei. Durch die engliſchen Lügen, die wir ſie ſchon ſeit
150 Jahren kennen, bekommt Indien keine richtigen Nachrichten, ſo
iſt esheute, ſo war es 1870. Wäre es anders, könnte Indien ſeine
Sympathien ſchon durch die Tat ausdrücken.

Die Inder in Deutſchland.
Erbprinz Luitpold von Bayern †.

Faſt unmittelbar auf die große Freude, die natürlich
ganz beſonders in Bayern der große Sieg des bayeri-
ſchen Kronprinzen
erregte, iſt nun völlig unerwartet
Trauer und Teilnahme für den Sieger bei Metz eingekehrt.
Während Prinz Rupprecht mit den ihm unterſtellten
Truppen den Feind verfolgte, iſt ihm in der Heimat, in
Berchtesgaden, der blühende Sohn eines jähen Todes ver-
blichen: der 13 jährige Erbprinz Luitpold iſt dort
nach einer infektiöſen Halsentzündung binnen drei Tagen
geſtorben. Die Teilnahme des ganzen engeren und
weiteren Vaterlandes wendet ſich unſerem Kronprinzen zu,
der in raſcher Folge ſeine junge Gattin und zwei ſeiner
Kinder, darunter den Aelteſten, aus dem Leben hat ſcheiden
ſehen müſſen. Die ſchönſten Hoffnungen, die höchſten Erwar-
tungen durfte Bayern auf den jungen Prinzen ſetzen, der
ſchon in ſeinen jungen Jahren, um auch ſeinerſeits in dieſer
Zeit der Not und des Kampfes mitzuhelfen. ſich an die
Spitze der jugendlichen Erntearbeiter geſtellt hatte und deſſen
letzte große Freude der Sieg ſeines Vaters geweſen iſt.



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[531/0005] 29. Auguſt 1914. Allgemeine Zeitung Ein amerikaniſches Arteil über die engliſche Armee. Von einem Amerikaner erhalten wir nachſtehende Zeilen, mit der Bitte um Veröffentlichung. Wir drucken ſie ab, da ſie immer- hin im gegenwärtigen Augenblick wo die engliſche Armee die erſten deutſchen Hiebe erhalten hat, von Jntereſſe ſind: Jn einer etwa vier Wochen alten Nummer des in San Francisco erſcheinenden „Examiner“ finden wir einen Artikel von S. Mc Manus, einem bekannten amerikaniſchen Schriftſteller, der mit der engliſchen Armee ſcharf ins Gericht geht. Der engliſche Soldat, ſagt Mc Manus, einer der beſten Kämpfer Europas, iſt heute der ſchlechteſte. Der Burenkrieg hat gezeigt, daß er phyſiſch und moraliſch die Eigenſchaften, die ihn bei Waterloo auszeichneten, verloren hat. Dieſes Urteil bezieht ſich auf den Gemeinen, nicht auf den Offizier, der immer noch ſo kühn, furchtlos und — ſtupide ſei wie früher. Der amerikaniſche Beobachter meint, daß in der briti- ſchen Armee ſeit etwa drei Jahrzehnten die rapide Verſchlechterung ganz ſichtbar geworden ſei. Jm eigentlichen England ſei an die Stelle des geſunden, ſtämmigen Bauernjungen, der einſt ins Glied kam, der Abhub des ſtädtiſchen Fabrikarbeiters getreten. Männer, die dieſe Leute während des Burenkrieges ſahen, ſchildern wie ſich große Truppenkörper beim geringſten Anlaß kleinen Abteilungen bärtiger Buren ergaben, wie Offiziere weinten und auf ihre Mann- ſchaften fluchten. Das früher ſehr ſtarke iriſche Element der Armee iſt ſeit zwanzig Jahren mehr und mehr aus den Reihen geſchwunden; weil die politiſche Agitation in Jrland die jungen Leute gegen Eng- land beeinflußt hat. So iſt der Schotte jetzt als künftigſter Beſtand- teil der „engliſchen“ Armee übrig geblieben; und alles, was in dieſer etwa taugt, iſt ſchottiſch. England und die Türkei. Die Wegnahme der beiden türkiſchen Schiffe durch England zieht natürlich weitere Kreiſe, da ſich die Türkei dieſen unerhörten Bruch des Völkerrechts begreiflicherweiſe nicht ohne weiteres gefallen laſſen will. Aus Konſtantinopel wird dem Wolffſchen Bureau unterm 24. d. M. telegraphiert: Eine vom engliſchen Botſchafter abgegebene bedingte Er- klärung über die eventuelle Rückgabe der Dreadnoughts „Sultan Osman“ und „Raſchidije“ befriedigt die öffentliche Meinung nicht. Die türkiſche Regierung und die Preſſe erklären einſtimmig, daß England, wenn es die Schande der widerrechtlichen Beſchlagnahme löſchen und den in der muſelmaniſchen Welt hervorgerufenen ſchlech- ten Eindruck verwiſchen wolle, die Schiffe ſofort und nicht erſt nach dem Kriege zurückgeben müſſe. Der Offizier, der geſtern an Bord des Transportdampfers „Reſchid Paſcha“ hierher zurückgekehrt iſt, erklärte gegenüber einem Berichterſtatter, England habe die beiden Dreadnoughts be- ſchlagnahmt, als der Krieg an Deutſchland noch nicht erklärt war. Die Beſchlagnahme ſei daher in keiner Weiſe gerechtfertigt, insbeſon- dere da England ein anderes im Bau befindliches Kriegsſchiff be- ſchlagnahmt hat. Der Offizier ſagte weiter, die Probefahrten des „Sultan Osman“ hätten eine Geſchwindigkeit von mehr als 24 Knoten ergeben. Die „Raſchidije“ dürfte gegenwärtig vollſtändig fertig ſein. Der Transportdampfer „Reſchid Paſcha“ iſt während ſeiner Ueberfahrt dreimal von der engliſchen und der franzöſiſchen Flotte angehalten worden. Er wurde aber ſofort wieder frei- gelaſſen. Mit dem Dampfer „Reſchid Paſcha“ ſind mehrere ottomaniſche Untertanen und Studenten angekommen, die England hatten ver- laſſen müſſen. Sie ſchildern die innere Lage Englands als ſchlecht, da die öffentliche Meinung gegen den Krieg ſei. Die Oppoſition wachſe täglich an, die Gefahr von Arbeiterrevolten drohe unmittelbar. Das japaniſche Altimatum. In unſerer letzten Nummer hatten wir den Wortlaut des japaniſchen Ultimatums an Deutſchland mitgeteilt. Dieſer war in einer ſo unverſchämten, im diplomatiſchen Verkehr zwiſchen ziviliſier- ten Mächten kaum noch dageweſenen Form gehalten, daß man ſich nicht wundern wird, wenn die Antwort Deutſchlands eben darin beſteht, daß es nicht antwortet. Am 23. d. 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Sie hält es deshalb aufrichtig für ihre Pflicht, der kaiſerlich deutſchen Regierung den Rat zu erteilen, die nachſtehenden beiden Vorſchläge auszuführen: 1. unverzüglich aus den japaniſchen und chineſiſchen Gewäſſern die deutſchen Kriegsſchiffe und bewaffneten Fahrzeuge jeder Art zurückzuziehen, und diejenigen, die nicht zurückgezogen werden können, alsbald abzurüſten, 2. bis ſpäteſtens den 15. September 1914 das geſamte Pacht- gebiet von Kiautſchau bedingungslos und ohne Entſchädigung den kaiſerlich japaniſchen Behörden zu dem Zwecke auszuantworten, es eventuell an China zurückzugeben. Die kaiſerlich japaniſche Regierung kündigt gleichzeitig an, daß, falls ſie nicht bis zum 23. Auguſt 1914 mittags von der kaiſerlich deutſchen Regierung eine Antwort erhalten ſollte, die die bedingungs- loſe Annahme der vorſtehenden, von der kaiſerlich japaniſchen Re- gierung erteilten Ratſchläge enthält, ſich genötigt ſehen wird, ſo vorzugehen, wie ſie es nach der Lage der Sache für notwendig be- finden wird. Auf dieſes Ultimatum iſt dem japaniſchen Geſchäftsträger in Berlin heute vormittag nachſtehende mündliche Erklärung abgegeben worden: „Auf die Forderungen Japans hat die deutſche Regierung keinerlei Antwort zu geben; ſie ſieht ſich daher veranlaßt, ihren Botſchafter in Tokio abzuberufen und dem japaniſchen Geſchäfts- träger in Berlin ſeine Päſſe zuzuſtellen.“ Noch bevor der Kriegszuſtand zwiſchen Japan und unſeren öſterreichiſchen Bundesgenoſſen ausgeſprochen iſt, hat der k. und k. öſterreichiſch-ungariſche Botſchafter im Auswärtigen Amt folgende Mitteilung gemacht: Im allerhöchſten Auftrage ergeht an das Kommando S. M. Schiff „Kaiſerin Eliſabeth“ in Tſingtau ſowie an den k. und k. Botſchafter in Tokio der telegraphiſche Befehl, daß die „Kaiſerin Eliſabeth“ in Tſingtau mitzukämpfen habe. Wir dürfen alſo auch in den ferneren Gewäſſern Oſtaſiens auf unſeren treuen Bundesgenoſſen rechnen. Von einem in Deutſchland lebenden Inder erhalten wir nach- ſtehende aus Leipzig datierte Zuſchrift, mit der Bitte um Ver- öffentlichung: In einem Augenblick, wo wir glaubten, ganz Aſien auf Deutſch- lands Seite zu ſehen, begeht Japan den ſchmählichen Verrat. Es iſt daher unſere Pflicht, gegen die unglaubliche Undankbarkeit Stellung zu nehmen. Indien hat für Deutſchland die wärmſten Gefühle und ſieht in ihm den endgültigen Befreier von engliſcher Sklaverei. Durch die engliſchen Lügen, die wir ſie ſchon ſeit 150 Jahren kennen, bekommt Indien keine richtigen Nachrichten, ſo iſt esheute, ſo war es 1870. Wäre es anders, könnte Indien ſeine Sympathien ſchon durch die Tat ausdrücken. Die Inder in Deutſchland. Erbprinz Luitpold von Bayern †. Faſt unmittelbar auf die große Freude, die natürlich ganz beſonders in Bayern der große Sieg des bayeri- ſchen Kronprinzen erregte, iſt nun völlig unerwartet Trauer und Teilnahme für den Sieger bei Metz eingekehrt. Während Prinz Rupprecht mit den ihm unterſtellten Truppen den Feind verfolgte, iſt ihm in der Heimat, in Berchtesgaden, der blühende Sohn eines jähen Todes ver- blichen: der 13 jährige Erbprinz Luitpold iſt dort nach einer infektiöſen Halsentzündung binnen drei Tagen geſtorben. Die Teilnahme des ganzen engeren und weiteren Vaterlandes wendet ſich unſerem Kronprinzen zu, der in raſcher Folge ſeine junge Gattin und zwei ſeiner Kinder, darunter den Aelteſten, aus dem Leben hat ſcheiden ſehen müſſen. Die ſchönſten Hoffnungen, die höchſten Erwar- tungen durfte Bayern auf den jungen Prinzen ſetzen, der ſchon in ſeinen jungen Jahren, um auch ſeinerſeits in dieſer Zeit der Not und des Kampfes mitzuhelfen. ſich an die Spitze der jugendlichen Erntearbeiter geſtellt hatte und deſſen letzte große Freude der Sieg ſeines Vaters geweſen iſt.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 35, 29. August 1914, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine35_1914/5>, abgerufen am 11.06.2024.