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Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 13. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] allgemeine Gerücht, daß ihm der Posten eines Reichsstatthalters
von Norwegen zugedacht sey, doch noch einigem Zweifel unterlie-
gen; auch sind Viele der Meynung, daß diese Stelle erst nach
beendigtem Storthing besezt werden dürfte. -- Bei sehr strengem
und anhaltendem Frost entbehren wir des Schnee's.

Oestreich.

Oeffentlichen Blättern zufolge soll die in Mailand kontrahirte
Anleihe von 36 Millionen Lire zur Einziehung der in Umlauf be-
findlichen Central-Kasseanweisungen bestimmt seyn.

Metalliques 1041/2; 4prozentige Metalli-
ques 95 1/8 ; Bankaktien 1295.

Türkei.

Der Courrier de Smyrne vom 22 Nov. enthält folgen-
des ältere Schreiben aus Konstantinopel vom 11 Nov.:
"Es herrscht hier in den politischen Angelegenheiten eine Art von
Unbestimmtheit, die man nicht genauer bezeichnen kan, und deren
Wirkung doch alle Gemüther zugleich ergreift. Man frägt sich, ob
denn auch der Friede wirklich geschlossen sey, und obgleich die Ver-
träge und die Manifeste, die ihn bestätigen, vor Augen liegen,
so scheint doch der Krieg vor der Thüre. Nichts scheint auf dauer-
hafte Art ausgemacht zu seyn, und jeder sucht sich vergeblich ei-
ner ganz gegründeten Ungewißheit zu erwehren, die sich in allen
diplomatischen Bewegungen zu erkennen gibt. Neben den Ver-
fügungen mehrerer großen Kabinette, deren Interessen durch ge-
wisse Bedingungen des Friedenstraktats stark verlezt seyn können,
bieten die griechischen Angelegenheiten selbst hinreichende Beweg-
gründe zu Verwirrung und Mißverständnissen dar. Der Traum
der Wiederaufstehung eines griechischen Kaiserreichs scheint noch
nicht aus allen Köpfen verschwunden, und dürfte unaufhörlich mit
allen seinen Täuschungen dem Chef dieses neuen Staats vor Augen
schweben, so lange die Kabinette die am wenigsten bei dieser
Frage interessirt sind, d. h. andere als russische, nicht die Bezirks-
und politischen Gränzen, wo die Befreiung Griechenlands aufhö-
ren soll, auf eine uuwandelbare Weise festgesezt und sie durch
eine feierliche Erklärung sanktionirt haben. Das Protokoll vom
22 März kan nur als ein Stein des Anstoßes betrachtet werden;
es enthält so viele unausführbare Klauseln; es besteht aus so
vielen eingeschobenen und unzusammenhängenden Säzen, daß Ruß-
land sich in seinem Traktate darauf nur wie auf eine Art von
Thurm zu Babylon berufen zu haben scheint, der alle diejenigen
irre führen soll, die es versuchen möchten, das Gebäude zu vollen-
den. Das Manifest des Kaisers ist mit jener Mäßigung und
Gewandtheit verfaßt, welche alle Handlungen dieses Kabinets
charakterisiren. Eines der hohen Talente, das es in hohem Grade
besizt, besteht darin, in diese politischen Urkunden, vorzüglich
aber in diejenigen, welche seine Verhältnisse mit der Türkei be-
treffen, Darstellungen einschleichen zu lassen, denen es eine bei-
nahe naive Form, einen Charakter von anerkannter Wahrheit
und von treuer Beobachtung der Traktate ertheilt, während sie
doch nichts weniger als der Wahrheit und den frühern Stipula-
tionen gemäß sind. So ist z. B. in dem Manifeste vom 19 Sept.
Alles was sich auf die Völker von gleicher Religion bezieht, die
der ottomanischen Herrschaft unterworfen sind, einer sehr bestimm-
ten Widerlegung fähig; und doch hat diese mit solcher Gewandt-
heit berechnete Stelle bereits ihre Wirkung in Europa gethan.
Wer wird dort Lust haben in alten Konventionen nachzusuchen,
um den wahren Geist jener angeführten Sorgfalt zu würdigen?
[Spaltenumbruch] Die unermeßliche Mehrheit derer, die diese Urkunde lesen werden,
und selbst der größte Theil der Staatsmänner, die unmittelbar
bei einer nähern Erwägung derselben interessirt sind, werden sich
mit dem scheinbaren Sinne begnügen, und jener Großmuth ihren
Beifall zollen, die Bevölkerungen wieder in früher zu ihren Gun-
sten stipulirte Rechte, die durch den Despotismus verlezt waren,
einsezte. Eine nur etwas genauere Prüfung zeigt aber, daß dem
nicht so ist. In welchem Zeitpunkte waren die Privilegirten der Walla-
chei und der Moldau das, was sie jezt durch den Friedenstraktat werden?
Geht man selbst bis auf das Jahr 1465 zurük, wo Mahomet II der von
ihm eroberten Wallachei die mildesten Bedingungen auflegte, so würde
man nichts von der Art finden, was man heute fordert. Ein Jahr-
hundert später erhielt die Moldau von Soliman I dieselben Vor-
rechte, die, später modifizirt, zum Theil zu Anfang des siebenzehn-
ten Jahrhunderts wieder erneuert wurden, wo nemlich Polen der
Pforte diese Provinz wieder herausgab; dasselbe war auch der Fall
unter der Regierung Mahomets IV, und selbst in unsern Tagen
durch Hattischerifs Selims III. In allen Friedensverträgen, die
Rußland geschlossen, hat es nie ermangelt, diese Vorrechte wieder
in Erinnerung zu bringen und ihre Vollziehung von Neuem zu
stipuliren. Nehmen wir daher die neueste Konvention, nemlich
die von Akjerman vom 25 Sept. 1826, die eine Beilage des Trak-
tats dieses Namens ausmacht, so sagt diese Folgendes: Im J.
1826 wird die Dauer der Verwaltung der Hospodare auf sieben
Jahre bestimmt: im J. 1829 verlangt Rußland eine lebensläng-
liche Dauer. Im J. 1826 ward die Polizei unter dem Befehle
der Hospodare durch eine gewisse Zahl bewafneter Muselmänner
besorgt, die ihre von der Pforte gewählten und ernannten Aga's
hatten; im J. 1829 schließt Rußland nicht nur von den Provin-
zen Alles was ottomanischer Soldat heißt, aus, sondern gesteht
nicht einmal zu, daß ein einziger Muselmann darin wohnen, und
ein Feld oder ein Haus daselbst besizen könnte. Im J. 1826 sind
die seit dem Ursprung der Eroberung von den Provinzen an die
Regierung zu Konstantinopel bestimmten Naturallieferungen förm-
lich aufgeführt und auf den Hauptbeweggrund gestüzt, daß diese
Provinzen gleichsam die Kornkammern der Pforte seyen. Alle Ver-
fügungen des Hattischerifs von 1802 werden wieder in Kraft ge-
sezt, und es ist darin gesagt, daß sie in Zukunft mit der genaue-
sten Pünktlichkeit vollzogen werden sollen. Im J. 1829 werden
die Provinzen, die ohne Zweifel aufgehört haben, die Kornkammern
der Pforte zu seyn, von jeder Entrichtung in Natur frei gespro-
chen, und sollen dafür einen Tribut bezahlen, dessen Betrag man
nicht einmal bestimmt, der aber, indem er Geld an die Stelle der
Naturallieferungen sezt, die Pforte in Beziehung auf ihr Getreide
von Rußlaud abhängig macht, und sie ihrer eignen Hülfsquellen
beraubt. In Bezug auf Serbien ward 1826 stipulirt, daß Alles
was sich auf die Interessen dieser Provinz und insbesondere auf
die davon abgetrennten Bezirke beziehe, zwischen der Pforte und
einer serbischen Deputation ausgemacht werden sollte. Im Jahre
1829 ist nicht mehr von dieser Deputation die Rede; Rußland
repräsentirt allein die Interessen der Serbier, es wird darüber
entscheiden, und was diese Bezirke betrift, deren Bezeichnung und
Ausdehnung Niemand, und selbst die Pforte nicht kennt, so wird
sie auch ohne Zweifel Rußland bestimmen. Es ist demnach nicht
nur nicht wahr, daß der Traktat von Adrianopel in dem was sich
auf die Völker bezieht, die von gleicher Religion mit den Russen
sind, eine Sanktion früherer Privilegien und Konventionen enthal-
te, sondern es ist auch gewiß, daß dieser Traktat, als ein uner-
meßlicher Mißbrauch des Siegs, die alte Ordnung der Dinge gänz-
lich über den Haufen wirft, um eine andere, für Rußland ganz
günstige, an ihre Stelle zu sezen."



Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.


[Spaltenumbruch] allgemeine Gerücht, daß ihm der Poſten eines Reichsſtatthalters
von Norwegen zugedacht ſey, doch noch einigem Zweifel unterlie-
gen; auch ſind Viele der Meynung, daß dieſe Stelle erſt nach
beendigtem Storthing beſezt werden dürfte. — Bei ſehr ſtrengem
und anhaltendem Froſt entbehren wir des Schnee’s.

Oeſtreich.

Oeffentlichen Blättern zufolge ſoll die in Mailand kontrahirte
Anleihe von 36 Millionen Lire zur Einziehung der in Umlauf be-
findlichen Central-Kaſſeanweiſungen beſtimmt ſeyn.

Metalliques 104½; 4prozentige Metalli-
ques 95⅛; Bankaktien 1295.

Türkei.

Der Courrier de Smyrne vom 22 Nov. enthält folgen-
des ältere Schreiben aus Konſtantinopel vom 11 Nov.:
„Es herrſcht hier in den politiſchen Angelegenheiten eine Art von
Unbeſtimmtheit, die man nicht genauer bezeichnen kan, und deren
Wirkung doch alle Gemüther zugleich ergreift. Man frägt ſich, ob
denn auch der Friede wirklich geſchloſſen ſey, und obgleich die Ver-
träge und die Manifeſte, die ihn beſtätigen, vor Augen liegen,
ſo ſcheint doch der Krieg vor der Thüre. Nichts ſcheint auf dauer-
hafte Art ausgemacht zu ſeyn, und jeder ſucht ſich vergeblich ei-
ner ganz gegründeten Ungewißheit zu erwehren, die ſich in allen
diplomatiſchen Bewegungen zu erkennen gibt. Neben den Ver-
fügungen mehrerer großen Kabinette, deren Intereſſen durch ge-
wiſſe Bedingungen des Friedenstraktats ſtark verlezt ſeyn können,
bieten die griechiſchen Angelegenheiten ſelbſt hinreichende Beweg-
gründe zu Verwirrung und Mißverſtändniſſen dar. Der Traum
der Wiederaufſtehung eines griechiſchen Kaiſerreichs ſcheint noch
nicht aus allen Köpfen verſchwunden, und dürfte unaufhörlich mit
allen ſeinen Täuſchungen dem Chef dieſes neuen Staats vor Augen
ſchweben, ſo lange die Kabinette die am wenigſten bei dieſer
Frage intereſſirt ſind, d. h. andere als ruſſiſche, nicht die Bezirks-
und politiſchen Gränzen, wo die Befreiung Griechenlands aufhö-
ren ſoll, auf eine uuwandelbare Weiſe feſtgeſezt und ſie durch
eine feierliche Erklärung ſanktionirt haben. Das Protokoll vom
22 März kan nur als ein Stein des Anſtoßes betrachtet werden;
es enthält ſo viele unausführbare Klauſeln; es beſteht aus ſo
vielen eingeſchobenen und unzuſammenhängenden Säzen, daß Ruß-
land ſich in ſeinem Traktate darauf nur wie auf eine Art von
Thurm zu Babylon berufen zu haben ſcheint, der alle diejenigen
irre führen ſoll, die es verſuchen möchten, das Gebäude zu vollen-
den. Das Manifeſt des Kaiſers iſt mit jener Mäßigung und
Gewandtheit verfaßt, welche alle Handlungen dieſes Kabinets
charakteriſiren. Eines der hohen Talente, das es in hohem Grade
beſizt, beſteht darin, in dieſe politiſchen Urkunden, vorzüglich
aber in diejenigen, welche ſeine Verhältniſſe mit der Türkei be-
treffen, Darſtellungen einſchleichen zu laſſen, denen es eine bei-
nahe naive Form, einen Charakter von anerkannter Wahrheit
und von treuer Beobachtung der Traktate ertheilt, während ſie
doch nichts weniger als der Wahrheit und den frühern Stipula-
tionen gemäß ſind. So iſt z. B. in dem Manifeſte vom 19 Sept.
Alles was ſich auf die Völker von gleicher Religion bezieht, die
der ottomaniſchen Herrſchaft unterworfen ſind, einer ſehr beſtimm-
ten Widerlegung fähig; und doch hat dieſe mit ſolcher Gewandt-
heit berechnete Stelle bereits ihre Wirkung in Europa gethan.
Wer wird dort Luſt haben in alten Konventionen nachzuſuchen,
um den wahren Geiſt jener angeführten Sorgfalt zu würdigen?
[Spaltenumbruch] Die unermeßliche Mehrheit derer, die dieſe Urkunde leſen werden,
und ſelbſt der größte Theil der Staatsmänner, die unmittelbar
bei einer nähern Erwägung derſelben intereſſirt ſind, werden ſich
mit dem ſcheinbaren Sinne begnügen, und jener Großmuth ihren
Beifall zollen, die Bevölkerungen wieder in früher zu ihren Gun-
ſten ſtipulirte Rechte, die durch den Despotismus verlezt waren,
einſezte. Eine nur etwas genauere Prüfung zeigt aber, daß dem
nicht ſo iſt. In welchem Zeitpunkte waren die Privilegirten der Walla-
chei und der Moldau das, was ſie jezt durch den Friedenstraktat werden?
Geht man ſelbſt bis auf das Jahr 1465 zurük, wo Mahomet II der von
ihm eroberten Wallachei die mildeſten Bedingungen auflegte, ſo würde
man nichts von der Art finden, was man heute fordert. Ein Jahr-
hundert ſpäter erhielt die Moldau von Soliman I dieſelben Vor-
rechte, die, ſpäter modifizirt, zum Theil zu Anfang des ſiebenzehn-
ten Jahrhunderts wieder erneuert wurden, wo nemlich Polen der
Pforte dieſe Provinz wieder herausgab; daſſelbe war auch der Fall
unter der Regierung Mahomets IV, und ſelbſt in unſern Tagen
durch Hattiſcherifs Selims III. In allen Friedensverträgen, die
Rußland geſchloſſen, hat es nie ermangelt, dieſe Vorrechte wieder
in Erinnerung zu bringen und ihre Vollziehung von Neuem zu
ſtipuliren. Nehmen wir daher die neueſte Konvention, nemlich
die von Akjerman vom 25 Sept. 1826, die eine Beilage des Trak-
tats dieſes Namens ausmacht, ſo ſagt dieſe Folgendes: Im J.
1826 wird die Dauer der Verwaltung der Hoſpodare auf ſieben
Jahre beſtimmt: im J. 1829 verlangt Rußland eine lebensläng-
liche Dauer. Im J. 1826 ward die Polizei unter dem Befehle
der Hoſpodare durch eine gewiſſe Zahl bewafneter Muſelmänner
beſorgt, die ihre von der Pforte gewählten und ernannten Aga’s
hatten; im J. 1829 ſchließt Rußland nicht nur von den Provin-
zen Alles was ottomaniſcher Soldat heißt, aus, ſondern geſteht
nicht einmal zu, daß ein einziger Muſelmann darin wohnen, und
ein Feld oder ein Haus daſelbſt beſizen könnte. Im J. 1826 ſind
die ſeit dem Urſprung der Eroberung von den Provinzen an die
Regierung zu Konſtantinopel beſtimmten Naturallieferungen förm-
lich aufgeführt und auf den Hauptbeweggrund geſtüzt, daß dieſe
Provinzen gleichſam die Kornkammern der Pforte ſeyen. Alle Ver-
fügungen des Hattiſcherifs von 1802 werden wieder in Kraft ge-
ſezt, und es iſt darin geſagt, daß ſie in Zukunft mit der genaue-
ſten Pünktlichkeit vollzogen werden ſollen. Im J. 1829 werden
die Provinzen, die ohne Zweifel aufgehört haben, die Kornkammern
der Pforte zu ſeyn, von jeder Entrichtung in Natur frei geſpro-
chen, und ſollen dafür einen Tribut bezahlen, deſſen Betrag man
nicht einmal beſtimmt, der aber, indem er Geld an die Stelle der
Naturallieferungen ſezt, die Pforte in Beziehung auf ihr Getreide
von Rußlaud abhängig macht, und ſie ihrer eignen Hülfsquellen
beraubt. In Bezug auf Serbien ward 1826 ſtipulirt, daß Alles
was ſich auf die Intereſſen dieſer Provinz und insbeſondere auf
die davon abgetrennten Bezirke beziehe, zwiſchen der Pforte und
einer ſerbiſchen Deputation ausgemacht werden ſollte. Im Jahre
1829 iſt nicht mehr von dieſer Deputation die Rede; Rußland
repräſentirt allein die Intereſſen der Serbier, es wird darüber
entſcheiden, und was dieſe Bezirke betrift, deren Bezeichnung und
Ausdehnung Niemand, und ſelbſt die Pforte nicht kennt, ſo wird
ſie auch ohne Zweifel Rußland beſtimmen. Es iſt demnach nicht
nur nicht wahr, daß der Traktat von Adrianopel in dem was ſich
auf die Völker bezieht, die von gleicher Religion mit den Ruſſen
ſind, eine Sanktion früherer Privilegien und Konventionen enthal-
te, ſondern es iſt auch gewiß, daß dieſer Traktat, als ein uner-
meßlicher Mißbrauch des Siegs, die alte Ordnung der Dinge gänz-
lich über den Haufen wirft, um eine andere, für Rußland ganz
günſtige, an ihre Stelle zu ſezen.“



Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.


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[52/0004] allgemeine Gerücht, daß ihm der Poſten eines Reichsſtatthalters von Norwegen zugedacht ſey, doch noch einigem Zweifel unterlie- gen; auch ſind Viele der Meynung, daß dieſe Stelle erſt nach beendigtem Storthing beſezt werden dürfte. — Bei ſehr ſtrengem und anhaltendem Froſt entbehren wir des Schnee’s. Oeſtreich. Oeffentlichen Blättern zufolge ſoll die in Mailand kontrahirte Anleihe von 36 Millionen Lire zur Einziehung der in Umlauf be- findlichen Central-Kaſſeanweiſungen beſtimmt ſeyn. Wien, 8 Jan.Metalliques 104½; 4prozentige Metalli- ques 95⅛; Bankaktien 1295. Türkei. Der Courrier de Smyrne vom 22 Nov. enthält folgen- des ältere Schreiben aus Konſtantinopel vom 11 Nov.: „Es herrſcht hier in den politiſchen Angelegenheiten eine Art von Unbeſtimmtheit, die man nicht genauer bezeichnen kan, und deren Wirkung doch alle Gemüther zugleich ergreift. Man frägt ſich, ob denn auch der Friede wirklich geſchloſſen ſey, und obgleich die Ver- träge und die Manifeſte, die ihn beſtätigen, vor Augen liegen, ſo ſcheint doch der Krieg vor der Thüre. Nichts ſcheint auf dauer- hafte Art ausgemacht zu ſeyn, und jeder ſucht ſich vergeblich ei- ner ganz gegründeten Ungewißheit zu erwehren, die ſich in allen diplomatiſchen Bewegungen zu erkennen gibt. Neben den Ver- fügungen mehrerer großen Kabinette, deren Intereſſen durch ge- wiſſe Bedingungen des Friedenstraktats ſtark verlezt ſeyn können, bieten die griechiſchen Angelegenheiten ſelbſt hinreichende Beweg- gründe zu Verwirrung und Mißverſtändniſſen dar. Der Traum der Wiederaufſtehung eines griechiſchen Kaiſerreichs ſcheint noch nicht aus allen Köpfen verſchwunden, und dürfte unaufhörlich mit allen ſeinen Täuſchungen dem Chef dieſes neuen Staats vor Augen ſchweben, ſo lange die Kabinette die am wenigſten bei dieſer Frage intereſſirt ſind, d. h. andere als ruſſiſche, nicht die Bezirks- und politiſchen Gränzen, wo die Befreiung Griechenlands aufhö- ren ſoll, auf eine uuwandelbare Weiſe feſtgeſezt und ſie durch eine feierliche Erklärung ſanktionirt haben. Das Protokoll vom 22 März kan nur als ein Stein des Anſtoßes betrachtet werden; es enthält ſo viele unausführbare Klauſeln; es beſteht aus ſo vielen eingeſchobenen und unzuſammenhängenden Säzen, daß Ruß- land ſich in ſeinem Traktate darauf nur wie auf eine Art von Thurm zu Babylon berufen zu haben ſcheint, der alle diejenigen irre führen ſoll, die es verſuchen möchten, das Gebäude zu vollen- den. Das Manifeſt des Kaiſers iſt mit jener Mäßigung und Gewandtheit verfaßt, welche alle Handlungen dieſes Kabinets charakteriſiren. Eines der hohen Talente, das es in hohem Grade beſizt, beſteht darin, in dieſe politiſchen Urkunden, vorzüglich aber in diejenigen, welche ſeine Verhältniſſe mit der Türkei be- treffen, Darſtellungen einſchleichen zu laſſen, denen es eine bei- nahe naive Form, einen Charakter von anerkannter Wahrheit und von treuer Beobachtung der Traktate ertheilt, während ſie doch nichts weniger als der Wahrheit und den frühern Stipula- tionen gemäß ſind. So iſt z. B. in dem Manifeſte vom 19 Sept. Alles was ſich auf die Völker von gleicher Religion bezieht, die der ottomaniſchen Herrſchaft unterworfen ſind, einer ſehr beſtimm- ten Widerlegung fähig; und doch hat dieſe mit ſolcher Gewandt- heit berechnete Stelle bereits ihre Wirkung in Europa gethan. Wer wird dort Luſt haben in alten Konventionen nachzuſuchen, um den wahren Geiſt jener angeführten Sorgfalt zu würdigen? Die unermeßliche Mehrheit derer, die dieſe Urkunde leſen werden, und ſelbſt der größte Theil der Staatsmänner, die unmittelbar bei einer nähern Erwägung derſelben intereſſirt ſind, werden ſich mit dem ſcheinbaren Sinne begnügen, und jener Großmuth ihren Beifall zollen, die Bevölkerungen wieder in früher zu ihren Gun- ſten ſtipulirte Rechte, die durch den Despotismus verlezt waren, einſezte. Eine nur etwas genauere Prüfung zeigt aber, daß dem nicht ſo iſt. In welchem Zeitpunkte waren die Privilegirten der Walla- chei und der Moldau das, was ſie jezt durch den Friedenstraktat werden? Geht man ſelbſt bis auf das Jahr 1465 zurük, wo Mahomet II der von ihm eroberten Wallachei die mildeſten Bedingungen auflegte, ſo würde man nichts von der Art finden, was man heute fordert. Ein Jahr- hundert ſpäter erhielt die Moldau von Soliman I dieſelben Vor- rechte, die, ſpäter modifizirt, zum Theil zu Anfang des ſiebenzehn- ten Jahrhunderts wieder erneuert wurden, wo nemlich Polen der Pforte dieſe Provinz wieder herausgab; daſſelbe war auch der Fall unter der Regierung Mahomets IV, und ſelbſt in unſern Tagen durch Hattiſcherifs Selims III. In allen Friedensverträgen, die Rußland geſchloſſen, hat es nie ermangelt, dieſe Vorrechte wieder in Erinnerung zu bringen und ihre Vollziehung von Neuem zu ſtipuliren. Nehmen wir daher die neueſte Konvention, nemlich die von Akjerman vom 25 Sept. 1826, die eine Beilage des Trak- tats dieſes Namens ausmacht, ſo ſagt dieſe Folgendes: Im J. 1826 wird die Dauer der Verwaltung der Hoſpodare auf ſieben Jahre beſtimmt: im J. 1829 verlangt Rußland eine lebensläng- liche Dauer. Im J. 1826 ward die Polizei unter dem Befehle der Hoſpodare durch eine gewiſſe Zahl bewafneter Muſelmänner beſorgt, die ihre von der Pforte gewählten und ernannten Aga’s hatten; im J. 1829 ſchließt Rußland nicht nur von den Provin- zen Alles was ottomaniſcher Soldat heißt, aus, ſondern geſteht nicht einmal zu, daß ein einziger Muſelmann darin wohnen, und ein Feld oder ein Haus daſelbſt beſizen könnte. Im J. 1826 ſind die ſeit dem Urſprung der Eroberung von den Provinzen an die Regierung zu Konſtantinopel beſtimmten Naturallieferungen förm- lich aufgeführt und auf den Hauptbeweggrund geſtüzt, daß dieſe Provinzen gleichſam die Kornkammern der Pforte ſeyen. Alle Ver- fügungen des Hattiſcherifs von 1802 werden wieder in Kraft ge- ſezt, und es iſt darin geſagt, daß ſie in Zukunft mit der genaue- ſten Pünktlichkeit vollzogen werden ſollen. Im J. 1829 werden die Provinzen, die ohne Zweifel aufgehört haben, die Kornkammern der Pforte zu ſeyn, von jeder Entrichtung in Natur frei geſpro- chen, und ſollen dafür einen Tribut bezahlen, deſſen Betrag man nicht einmal beſtimmt, der aber, indem er Geld an die Stelle der Naturallieferungen ſezt, die Pforte in Beziehung auf ihr Getreide von Rußlaud abhängig macht, und ſie ihrer eignen Hülfsquellen beraubt. In Bezug auf Serbien ward 1826 ſtipulirt, daß Alles was ſich auf die Intereſſen dieſer Provinz und insbeſondere auf die davon abgetrennten Bezirke beziehe, zwiſchen der Pforte und einer ſerbiſchen Deputation ausgemacht werden ſollte. Im Jahre 1829 iſt nicht mehr von dieſer Deputation die Rede; Rußland repräſentirt allein die Intereſſen der Serbier, es wird darüber entſcheiden, und was dieſe Bezirke betrift, deren Bezeichnung und Ausdehnung Niemand, und ſelbſt die Pforte nicht kennt, ſo wird ſie auch ohne Zweifel Rußland beſtimmen. Es iſt demnach nicht nur nicht wahr, daß der Traktat von Adrianopel in dem was ſich auf die Völker bezieht, die von gleicher Religion mit den Ruſſen ſind, eine Sanktion früherer Privilegien und Konventionen enthal- te, ſondern es iſt auch gewiß, daß dieſer Traktat, als ein uner- meßlicher Mißbrauch des Siegs, die alte Ordnung der Dinge gänz- lich über den Haufen wirft, um eine andere, für Rußland ganz günſtige, an ihre Stelle zu ſezen.“ Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 13. Januar 1830, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine13_1830/4>, abgerufen am 27.11.2024.