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Allgemeine Zeitung, Nr. 138, 24. März 1908.

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Nr. 138. München, Dienstag Allgemeine Zeitung 24. März 1908.
[Spaltenumbruch]
Gerichtssaal.
Ein neuer Wucherprozeß.

(Landgericht München I.
Strafkammer
.) Heute vormittag wurde in die Verhand-
lung gegen den prakt. Arzt Dr. Hofbrückl von Pasing und
gegen den Maler- und Tapezierermeister Peter Ritzer von
München wegen eines fortgesetzten Vergehens des Wuchers bezw.
wegen eines Vergehens des gewerbs- und gewohnheitsmäßigen
Wuchers eingetreten.

Den Vorsitz führt, wie in dem großen Wucherprozesse im
vorigen Jahre, Landgerichtsrat Hartmann. Die Anklage ver-
tritt wiederum Staatsanwalt Meikel. Dr. Hofbrückel wird
von R.-A. Dr. v. Pannwitz, Ritzer von R.-A. Anton Gänßler
verteidigt.

Nach Verlesung des Eröffnungsbeschlusses werden die
Straflisten der Angeklagten bekannt gegeben; Dr. Hofbrückl
ist wegen unbefugter Arzneimittelabgabe, wegen Beleidigung
und wegen Verletzung der Meldepflicht bestraft; Ritzers Straf-
liste enthält je einen Eintrag wegen Teilnahme an einem Ver-
gehen des Diebstahls, Betrugs und Beleidigung.

Dr. Hofbrückl übte bis Oktober 1907 in Vilshofen ärzt-
liche Praxis aus, übersiedelte dann nach München, betrieb hier
die Fernbehandlung von Lungenkranken, übersiedelte im Jahre
1901 nach Luzern, kehrte im Jahre 1902 nach München zurück
und ließ sich im Hause 176 an der Jägerstraße nieder. Im Cafe
Danner machte er die Wahrnehmung, daß Unternehmer massen-
haft Wechsel mit den Unterschriften des Rittmeisters Frhrn. von
Horn und des Oberleutnants v. Kiliani vertrieben. Dr. Hof-
brückl suchte letzteren auf, erkundigte sich über die Vermögens-
verhältnisse v. Horns, erfuhr, daß dessen Frau vermögend sei,
und lud dann Frhrn. v. Horn in seine Wohnung ein. Als dieser
kam, machte ihm Dr. Hofbrückl den Vorschlag, er wolle ihm seine
Hypothek von 35,000 M geben und verkaufen, wenn Frhr. v. Horn
den dabei entstehenden Verlust trage und das Geld in einem
halben Jahre zurückzahle. Frhr. v. Horn war damit einver-
standen. Dr. Hofbrückl zedierte nem Badkier Kampferseck den
Teilbetrag von 22,000 M und erhielt dafür 19,842.20 M. Frhr.
v. Horn behauptet, er habe nur etwas über 1700 M erhalten
und am 25. Februar 1903 einen Schuldschein über 23,000 M aus-
stellen müssen, welche er "als Darlehen unverzinslich bar er-
halten" habe. Den Rest der Hypothek trat Dr. Hofbrückl um
11,700 M an den Pferdehändler Fränkl ab; Frhr. v. Horn soll
einen Schuldschein über 13,000 M ausgestellt, aber bedeutend
weniger erhalten haben.

Dr. Hofbrückl gibt an, er habe Frhrn. v. Horn für einen gut-
situierten Kavalier gehalten. Frhr. v. Horn habe gesagt, er lebe
mit seiner Frau in Gütergemeinschaft; er habe ihm auch einen
Depotschein über ein Vermögen von 3/4 Mill. Fr. vorgezeigt,
dabei aber den Namen des Depotinhabers verdeckt; in Wirklich-
keit habe das Depot auf Baronin v. Horn gelautet und Frhr.
v. Horn mit seiner Frau nicht in Gütergemeinschaft gelebt.
Frhr. v. Horn habe auch mehr erhalten als er angebe. Was er
sagte, sei erlogen. In der kriegsgerichtlichen Verhandlung gegen
Frhrn. v. Horn wegen Wechselfälschung, die mit der Verurteilung
des Angeklagten zu 6 Jahren Zuchthaus endete, gab Dr. Hof-
brückl unter Eid an, Frhr. v. Horn habe sich durch ihn ärztlich
untersuchen lassen und auf diese Weise habe er Frhrn. v. Horn
kennen gelernt. Der Vorsitzende hielt ihm diese Aussage vor und
bemerkte dazu, nach seiner Meinung habe Dr. Hofbrückl seine
Eidespflicht erheblich verletzt;
er könne froh sein, daß er nicht im Gerichtssaale verhaftet wurde.
Dr. Hofbrückl erwiderte, er habe seine Aussage nach bestem Wissen
abgegeben.

Dem Angeklagten Ritzer wird vorgehalten, daß er
in dem Verdachte gestanden sei, der Zuhälter einer Prostituierten
Binder gewesen zu sein. Er erklärt, das sei er nie gewesen. Im
Polizeiakt hat ein Ritzer unterschriftlich anerkannt, daß er wegen
Diebstahls bestraft wurde; Ritzer bemerkt, diese Unterschrift sei
seiner Unterschrift zwar sehr ähnlich, er habe aber eine solche
Erklärung nicht abgegeben, weil er nie wegen Diebstahls bestraft
worden sei. Im Jahre 1900 habe er durch eine Heiratsannonce
einer bekannten Familie den Oberleutnant Maximilian Boeck
kennen gelernt. Aus der Heirat sei nichts geworden, dagegen
habe er für Boeck Wechselgeschäfte gemacht, die glatte Erledigung
fanden. Zu Pfingsten 1903 habe er Boeck in Wien mitgeteilt,
daß in München Wechsel mit seiner Unterschrift verhausiert
werden. Boeck habe gesagt, er habe 60,000--64,000 M Schulden
und ihn beauftragt, Schritte einzuleiten, daß der Vater der Frau
Boeck auf seine Grundstücke eine Hypothek in dieser Höhe auf-
nehme, um ihn zu rangieren. Seitdem habe er mit Boeck in
Geschäftsverbindung gestanden. Daß Boeck in Not war, habe er
nicht gewußt, denn er habe nicht annehmen können, daß Boeck
die Frechheit habe, ohne Geld sich 10 Pferde zu halten und eine
Wohnung um 6000 M zu mieten. Boeck habe ihn über seine Ver-
mögensverhältnisse getäuscht. Wenn er gewußt hätte, wie Boeck
stand, hätte er ihm auf seine wertlosen Papierfetzen keine Mark
gegeben. Richtig sei, daß er für eine Frau Manz, die er heiraten
wollte, 10,000 M ausgegeben, diese Summe rühre aber nicht aus
Wechselgeschäften her, sondern aus Hypothekgeschäften etc.; wo
etwas zu verdienen sei, werde er tätig sein. Er habe kein Be-
denken getragen, Wechselgeschäfte zu vermitteln, bei denen der
Geldgeber 8--10 Prozent, er selbst bis zu 5 Prozent Provision
erhalten habe. Ritzer machte mit Baeck mehrere Wechselgeschäfte.
Für einen Wechsel des Oberleutnants Bomhard über 4000 M
gab Ritzer 3400 M. (Die Verhandlung wird nachmittags fort-
gesetzt.)



Aus aller Welt.
* Ein Raubmordversuch.

Gestern nachmittag wurde in Berlin
auf den Kaufmann Sigmund Bernstein in seiner Wohnung
ein Raubmordversuch verübt. Der Täter, der dem am
Schreibtisch sitzenden Bernstein drei Kopfverletzungen beibrachte,
ist entkommen. Das Polizeipräsidium hat 1000 M Belohnung für
die Ermittelung des Täters ausgesetzt.

* Der Bankrotteur Hofrat Ludwig Rothschild aus Büdingen
wurde in Zürich verhaftet. Er hielt sich dort unter dem
Namen eines Rechtsanwaltes Kohlmann im Hotel National auf.
Es wurde der Transport des hochgradig lungenkranken Mannes
nach dem Kanton-Krankenhaus angeordnet. Das bei Rothschild
vorgefundene Geld reichte gerade noch zur Begleichung der Hotel-
rechnung aus.



[Spaltenumbruch]
Letzte Nachrichten.
Der Protest der Reichstagsjournalisten.

(Privattelegr.)
Der Reichskanzler hat sich in der Angelegenheit des
Journalistenstreiks persönlich bemüht und eine län-
gere Konferenz mit dem Grafen Stolberg abgehalten, um
eine Beilegung des Konfliktes möglichst vor Beginn der
heutigen Reichstagsverhandlung zu erzielen. Bis zur
Stunde ist eine Einigung zwischen den Parlaments-
journalisten und dem Reichstagspräsidium nicht er-
folgt
. Heute gegen halb 12 Uhr versammelten sich die
Journalisten der Reichstagstribüne im Journalistenzim-
mer. Es herrschte dort große Erregung über einen Artikel
der Kölnischen Volkszeitung, in dem ausgeführt wird, daß
gegenüber dem Solidaritätsbewußtsein der Journalisten
auch das der Parlamentarier erwacht sei. Um halb 12 Uhr
begab sich die Dreierkommission zum Präsidenten Grafen
Stolberg, um die Verhandlungen fortzusetzen. Andrerseits
verlautet, daß Fürst Bülow für den Fall, daß eine Eini-
gung nicht erzielt werde, überhaupt nicht sprechen
wolle
. (Vgl. den Artikel auf Seite 2 und 3. D. Red.)

Ein preußischer Staatsminister als Landtagskandidat.

Der frühere Minister
v. Podbielski
hat die ihm vom Bunde der Landwirte
angebotene Kandidatur für den Wahlkreis
Melle-Diepholz angenommen
.

(Das Auftreten des Herrn v. Podbielski als Redner in
der diesjährigen Generalversammlung des Bundes der
Landwirte im Zirkus Busch, durch das das einst zerschnit-
tene Tischtuch wieder endgültig zusammengeflickt wurde, be-
reitete darauf vor, daß Herr v. Podbielski die Absicht hatte,
sich wieder aktiv am politischen Leben zu beteiligen. Die
Red.)

Demonstrationen gegen Japan.

(Reuter-Meldung.) In einer von
über 5000 Personen besuchten Protestversammlung in
Kanton
anläßlich des Tatsu-Maru-Zwischenfalles
wurden aufreizende Reden gehalten. Die Leute entledigten sich
der aus Japan bezogenen Kleidungsstücke, warfen sie auf einen
Haufen und verbrannten sie. Die Versammlung beantragte,
dem Staatsrat Yuanschikai die Mißbilligung auszusprechen
für seine Nachgiebigkeit gegenüber den japanischen Forderungen.



Gestern abend hielt Geh. Rat Prof. Dr.
Robert Koch im Sitzungssaal des Museums für Völkerkunde
einen interessanten Vortrag über die ethnologischen und
anthropologischen Beobachtungen,
welche er wäh-
rend seines anderthalbjährigen Aufenthalts in Ostafrika
gemacht hat. Seine Beobachtungen erstreckten sich vorwiegend
auf den Nordwesten des am Viktoria Nyanza liegenden Gebietes,
welche Gegenden von den Batunegern bewohnt sind. Der fesselnde
Vortrag fand stürmischen Beifall.

Die Beerdigung des Geheimrates
Professor Dr. Eduard Zeller fand gestern unter Teil-
nahme zahlreicher Gelehrter und eines großen Trauergefolges
statt. Als Vertreter des Kaisers war der preußische Gesandte
v. Bülow erschienen. Von Vertretern mehrerer deutscher Uni-
versitäten und gelehrter Gesellschaften wurden Nachrufe gehalten.
Der Kaiser hatte einen prächtigen Kranz niederlegen lassen.

(Privattelegramm.)
Die Daily Mail will aus Berlin erfahren haben, daß die Ver-
handlungen über die Wahrung des status quo in der
Nordsee
erfolgreich abgeschlossen seien. Die Differenzen über
die Fassung der Erklärung seien beseitigt und eine den Vertrag
schließende, den Mächten genehme Form, sei aufgesetzt. Die Er-
klärung werde demnächst zur Erklärung fertiggestellt sein; sie
werde unterzeichnet werden.

Der Matin berichtet, daß die anti-
französischen Treibereien in Indochina
seit
einiger Zeit einen bedenklichen Umfang angenommen
haben. Die anamitischen Bonzen verbreiten massenhaft Flug-
schriften, die zur Steuerverweigerung und zum bewaffneten
Kampfe gegen die Franzosen auffordern und in denen den Ein-
geborenen der Sieg der Japaner über Rußland als erhebendes
Beispiel vorgehalten wird.

Durch einen heute veröffent-
lichten Erlaß wird der Generalgouverneur von Turkestan, Ge-
neral Grodekow
, krankheitshalber unter Belassung in seiner
Stellung als Mitglied des Reichsrats und Verleihung des Wladi-
mirordens 1. Klasse abberufen.

(Privattele-
gramm
.) Der Marineminister Admiral Dikow hat seinen
Abschied eingereicht, der angenommen wurde.

General Firmin und andere
Revolutionäre, die sich in das französische Konsulat zu Gonai-
ves
geflüchtet hatten, schifften sich gestern auf dem französischen
Kreuzer d'Estrese ein, der nach Saint Thomas abging.



(Privattelegramm.)
In Schwaz wurde gestern ein junger Mann verhaftet, der sich
in einem Gasthause sehr renitent benahm. In der Nacht setzte
der Häftling im Arrestlokal seine Kleider, die er ausgezogen
hatte, sowie die Pritsche in Brand. Als das Feuer bemerkt
wurde und man in das Arrestlokal eindrang, fand man nur noch
die verkohlte Leiche des Häftlings, dessen Identität nicht
festgestellt werden konnte.

(Privattelegr.)
Aus Unna wird gemeldet: Die Frau des Bahnassistenten
Müller warf ihre beiden im Alter von 3 und 6 Jahren
stehenden Kinder in die Gerthe und ertränkte sich dann
selbst. Anscheinend liegt Geistesstörung vor.



[Spaltenumbruch]
Handels-Zeitung.
(Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und
Telegramme ist nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)


Norddeutscher Lloyd.

# Der Abschluß der Gesellschaft ist bereits bekannt, und der
Geschäftsbericht bringt nunmehr die erforderlichen Details. Es
geht daraus hervor, daß die Gesamteinnahmen sich um
rund 7 Millionen Mark auf 29.46 Millionen Mark verringert
haben, während von 1905 auf 1906 die Einnahmen um rund
3 Millionen gestiegen waren. Der Rückgang resultiert in erster
Linie aus den Erträgnissen der transatlantischen Fahrt, die
rund 6 Millionen Mark weniger brachte. Die Reichspostdampfer-
linie ergab 840,000 Mark weniger, die europäische Fahrt rund
200,000 Mark weniger. Auf der anderen Seite erforderten die
Unkosten rund 200,000 M mehr, die Anleihezinsen 60,000 Mark
weniger. Die Abschreibungen allein sind mit 16.10 Mill. M
nur um 127,000 M niedriger als im Vorjahr, während dem
Reservefonds 336,000 M weniger zugewiesen werden und der
Erneuerungsfonds, der im vorigen Jahr 2.68 Mill. M erhalten
hatte, undotiert bleibt. Der Reingewinn bleibt mit 6.93
Mill. M um mehr als die Hälfte hinter dem vorjährigen Ueber-
schuß zurück: die Dividende, die um 4 Prozent niedriger ist
als im Vorjahr, erfordert einen Betrag von 5.62 Mill. M gegen
8.63 Mill. M. Würde die Dotierung der Reserve und des Er-
neuerungsfonds in der vorjährigen Höhe erfolgt sein, so hätten
für die Dividende nicht mehr als 2.62 Mill. M zur Verfügung
gestanden; es würden also nur 2 Prozent haben verteilt
werden können.

[Tabelle]

Die Verwaltung äußert sich zur Geschäftslage im verflossenen
Jahre u. a., wie folgt: "Durch die amerikanische Krisis wurde
gegen Ende vorigen Jahres ein scharfer Rückgang der
Auswanderung
herbeigeführt, welchen die um dieselbe Zeit
einsetzende starke Rückwanderung nicht auszugleichen vermochte.
Auch der Warenaustausch zwischen Deutschland
und den Vereinigten Staaten
hatte aus dem gleichen
Grunde empfindlich zu leiden. Hinzu traten einschneidende
Tarifratenkämpfe auf verschiedenen unserer Hauptlinien,
deren Ausbruch wir nicht zu hindern vermochten. Wie alle
Reedereien, haben endlich auch wir unter den hohen Kohlen-
preisen
, den steigenden Arbeitslöhnen und vor-
übergehend auch unter großen Streiks in verschiedenen Häfen
zu leiden gehabt. Um so mehr freut es uns, mitteilen zu können,
daß inzwischen auf verschiedenen wichtigen Verkehrsgebieten
Verständigungen der beteiligten Schiffahrts-
gesellschaften
stattgefunden haben, die eine ruhigere und
nutzbringendere Entwicklung des Geschäftes für die nächsten
Jahre gewährleisten dürften. So ist zwischen den am nord-
atlantischen Verkehr beteiligten kontinentalen englischen und
amerikanischen Linien ein Abkommen für die Dauer von drei
Jahren geschlossen. Ferner sind zwischen der Hamburg-Amerika-
Linie und unserer Gesellschaft für die Dauer von vier Jahren
Vereinbarungen getroffen, die sich auf den nordatlantischen und
ostasiatischen Verkehr, sowie auf die Veranstaltung von Ver-
gnügungsfahrten beziehen und ein ersprießliches Nebeneinander-
arbeiten der beiden Gesellschaften sichern."

Weiter heißt es, daß der nordamerikanische Passa-
gierverkehr
im letzten Jahr eine erhebliche Steigerung auf-
weist, die in der Hauptsache auf den Zwischendeckverkehr entfällt.
Dieser habe im ersten Halbjahr eine noch nicht dagewesene Höhe
erreicht, um dann allerdings infolge der inzwischen drüben ein-
getretenen ungünstigeren Arbeitsverhältnisse gegen Ende des
Jahres erheblich zurückzugehen. Aus dem gleichen Grunde ist die
Rückwanderung im Herbst um ein Bedeutendes gestiegen. Der
nordatlantische Frachtverkehr gestaltete sich im
vorigen Jahre befriedigend, allerdings machte sich in den
Monaten November und Dezember im ausgehenden Verkehr in-
folge der Krisis in den Vereinigten Staaten eine Abnahme be-
merkbar, während zugleich die rückkommenden Frachtraten im
Vergleich zum vorigen Jahre zu wünschen übrig ließen.

In der Bilanz sind ausgewiesen 127 Dampfer mit 180.13
Millionen Mark gegen 117 Seedampfer mit 161.34 Mill. M.
Andere Schiffe sind mit 8.96 Mill. M (7.59 Mill. M) bewertet.
Die Beteiligung an dritten Unternehmungen steht mit 34.88
Millionen Mark (30.41 Mill. M) zu Buch. Debitoren sind ins-
gesamt mit 18.79 Mill. M (21.79 Mill. M) ausgewiesen. Auf
der Passivseite finden sich diverse Kreditoren mit 50.38
Millionen Mark (41.02 Mill. M). Bei 125 Millionen Mark
Aktienkapital und 52.59 Mill. M Anleiheschuld enthielt der
Reservefonds 8.13 Mill. M und der Erneuerungsfonds 9.52 Mill.
Mark. Der Versicherungsfonds beträgt 16.34 Mill. M.

Ueber die Summe, die die Gesellschaft vom Morgantrust,
nach den bekannten Abmachungen, erhält, finden sich im Bericht
keine Angaben. Da der Trust dem Lloyd eine Dividende von
6 Prozent auf 20 Mill. M Aktien zu zahlen hat und umgekehrt
die Dividende des Lloyd auf 20 Mill. M erhält, so hat der



[irrelevantes Material]

Nr. 138. München, Dienstag Allgemeine Zeitung 24. März 1908.
[Spaltenumbruch]
Gerichtsſaal.
Ein neuer Wucherprozeß.

(Landgericht München I.
Strafkammer
.) Heute vormittag wurde in die Verhand-
lung gegen den prakt. Arzt Dr. Hofbrückl von Paſing und
gegen den Maler- und Tapezierermeiſter Peter Ritzer von
München wegen eines fortgeſetzten Vergehens des Wuchers bezw.
wegen eines Vergehens des gewerbs- und gewohnheitsmäßigen
Wuchers eingetreten.

Den Vorſitz führt, wie in dem großen Wucherprozeſſe im
vorigen Jahre, Landgerichtsrat Hartmann. Die Anklage ver-
tritt wiederum Staatsanwalt Meikel. Dr. Hofbrückel wird
von R.-A. Dr. v. Pannwitz, Ritzer von R.-A. Anton Gänßler
verteidigt.

Nach Verleſung des Eröffnungsbeſchluſſes werden die
Strafliſten der Angeklagten bekannt gegeben; Dr. Hofbrückl
iſt wegen unbefugter Arzneimittelabgabe, wegen Beleidigung
und wegen Verletzung der Meldepflicht beſtraft; Ritzers Straf-
liſte enthält je einen Eintrag wegen Teilnahme an einem Ver-
gehen des Diebſtahls, Betrugs und Beleidigung.

Dr. Hofbrückl übte bis Oktober 1907 in Vilshofen ärzt-
liche Praxis aus, überſiedelte dann nach München, betrieb hier
die Fernbehandlung von Lungenkranken, überſiedelte im Jahre
1901 nach Luzern, kehrte im Jahre 1902 nach München zurück
und ließ ſich im Hauſe 176 an der Jägerſtraße nieder. Im Café
Danner machte er die Wahrnehmung, daß Unternehmer maſſen-
haft Wechſel mit den Unterſchriften des Rittmeiſters Frhrn. von
Horn und des Oberleutnants v. Kiliani vertrieben. Dr. Hof-
brückl ſuchte letzteren auf, erkundigte ſich über die Vermögens-
verhältniſſe v. Horns, erfuhr, daß deſſen Frau vermögend ſei,
und lud dann Frhrn. v. Horn in ſeine Wohnung ein. Als dieſer
kam, machte ihm Dr. Hofbrückl den Vorſchlag, er wolle ihm ſeine
Hypothek von 35,000 M geben und verkaufen, wenn Frhr. v. Horn
den dabei entſtehenden Verluſt trage und das Geld in einem
halben Jahre zurückzahle. Frhr. v. Horn war damit einver-
ſtanden. Dr. Hofbrückl zedierte nem Badkier Kampferſeck den
Teilbetrag von 22,000 M und erhielt dafür 19,842.20 M. Frhr.
v. Horn behauptet, er habe nur etwas über 1700 M erhalten
und am 25. Februar 1903 einen Schuldſchein über 23,000 M aus-
ſtellen müſſen, welche er „als Darlehen unverzinslich bar er-
halten“ habe. Den Reſt der Hypothek trat Dr. Hofbrückl um
11,700 M an den Pferdehändler Fränkl ab; Frhr. v. Horn ſoll
einen Schuldſchein über 13,000 M ausgeſtellt, aber bedeutend
weniger erhalten haben.

Dr. Hofbrückl gibt an, er habe Frhrn. v. Horn für einen gut-
ſituierten Kavalier gehalten. Frhr. v. Horn habe geſagt, er lebe
mit ſeiner Frau in Gütergemeinſchaft; er habe ihm auch einen
Depotſchein über ein Vermögen von ¾ Mill. Fr. vorgezeigt,
dabei aber den Namen des Depotinhabers verdeckt; in Wirklich-
keit habe das Depot auf Baronin v. Horn gelautet und Frhr.
v. Horn mit ſeiner Frau nicht in Gütergemeinſchaft gelebt.
Frhr. v. Horn habe auch mehr erhalten als er angebe. Was er
ſagte, ſei erlogen. In der kriegsgerichtlichen Verhandlung gegen
Frhrn. v. Horn wegen Wechſelfälſchung, die mit der Verurteilung
des Angeklagten zu 6 Jahren Zuchthaus endete, gab Dr. Hof-
brückl unter Eid an, Frhr. v. Horn habe ſich durch ihn ärztlich
unterſuchen laſſen und auf dieſe Weiſe habe er Frhrn. v. Horn
kennen gelernt. Der Vorſitzende hielt ihm dieſe Ausſage vor und
bemerkte dazu, nach ſeiner Meinung habe Dr. Hofbrückl ſeine
Eidespflicht erheblich verletzt;
er könne froh ſein, daß er nicht im Gerichtsſaale verhaftet wurde.
Dr. Hofbrückl erwiderte, er habe ſeine Ausſage nach beſtem Wiſſen
abgegeben.

Dem Angeklagten Ritzer wird vorgehalten, daß er
in dem Verdachte geſtanden ſei, der Zuhälter einer Proſtituierten
Binder geweſen zu ſein. Er erklärt, das ſei er nie geweſen. Im
Polizeiakt hat ein Ritzer unterſchriftlich anerkannt, daß er wegen
Diebſtahls beſtraft wurde; Ritzer bemerkt, dieſe Unterſchrift ſei
ſeiner Unterſchrift zwar ſehr ähnlich, er habe aber eine ſolche
Erklärung nicht abgegeben, weil er nie wegen Diebſtahls beſtraft
worden ſei. Im Jahre 1900 habe er durch eine Heiratsannonce
einer bekannten Familie den Oberleutnant Maximilian Boeck
kennen gelernt. Aus der Heirat ſei nichts geworden, dagegen
habe er für Boeck Wechſelgeſchäfte gemacht, die glatte Erledigung
fanden. Zu Pfingſten 1903 habe er Boeck in Wien mitgeteilt,
daß in München Wechſel mit ſeiner Unterſchrift verhauſiert
werden. Boeck habe geſagt, er habe 60,000—64,000 M Schulden
und ihn beauftragt, Schritte einzuleiten, daß der Vater der Frau
Boeck auf ſeine Grundſtücke eine Hypothek in dieſer Höhe auf-
nehme, um ihn zu rangieren. Seitdem habe er mit Boeck in
Geſchäftsverbindung geſtanden. Daß Boeck in Not war, habe er
nicht gewußt, denn er habe nicht annehmen können, daß Boeck
die Frechheit habe, ohne Geld ſich 10 Pferde zu halten und eine
Wohnung um 6000 M zu mieten. Boeck habe ihn über ſeine Ver-
mögensverhältniſſe getäuſcht. Wenn er gewußt hätte, wie Boeck
ſtand, hätte er ihm auf ſeine wertloſen Papierfetzen keine Mark
gegeben. Richtig ſei, daß er für eine Frau Manz, die er heiraten
wollte, 10,000 M ausgegeben, dieſe Summe rühre aber nicht aus
Wechſelgeſchäften her, ſondern aus Hypothekgeſchäften ꝛc.; wo
etwas zu verdienen ſei, werde er tätig ſein. Er habe kein Be-
denken getragen, Wechſelgeſchäfte zu vermitteln, bei denen der
Geldgeber 8—10 Prozent, er ſelbſt bis zu 5 Prozent Proviſion
erhalten habe. Ritzer machte mit Baeck mehrere Wechſelgeſchäfte.
Für einen Wechſel des Oberleutnants Bomhard über 4000 M
gab Ritzer 3400 M. (Die Verhandlung wird nachmittags fort-
geſetzt.)



Aus aller Welt.
* Ein Raubmordverſuch.

Geſtern nachmittag wurde in Berlin
auf den Kaufmann Sigmund Bernſtein in ſeiner Wohnung
ein Raubmordverſuch verübt. Der Täter, der dem am
Schreibtiſch ſitzenden Bernſtein drei Kopfverletzungen beibrachte,
iſt entkommen. Das Polizeipräſidium hat 1000 M Belohnung für
die Ermittelung des Täters ausgeſetzt.

* Der Bankrotteur Hofrat Ludwig Rothſchild aus Büdingen
wurde in Zürich verhaftet. Er hielt ſich dort unter dem
Namen eines Rechtsanwaltes Kohlmann im Hotel National auf.
Es wurde der Transport des hochgradig lungenkranken Mannes
nach dem Kanton-Krankenhaus angeordnet. Das bei Rothſchild
vorgefundene Geld reichte gerade noch zur Begleichung der Hotel-
rechnung aus.



[Spaltenumbruch]
Letzte Nachrichten.
Der Proteſt der Reichstagsjournaliſten.

(Privattelegr.)
Der Reichskanzler hat ſich in der Angelegenheit des
Journaliſtenſtreiks perſönlich bemüht und eine län-
gere Konferenz mit dem Grafen Stolberg abgehalten, um
eine Beilegung des Konfliktes möglichſt vor Beginn der
heutigen Reichstagsverhandlung zu erzielen. Bis zur
Stunde iſt eine Einigung zwiſchen den Parlaments-
journaliſten und dem Reichstagspräſidium nicht er-
folgt
. Heute gegen halb 12 Uhr verſammelten ſich die
Journaliſten der Reichstagstribüne im Journaliſtenzim-
mer. Es herrſchte dort große Erregung über einen Artikel
der Kölniſchen Volkszeitung, in dem ausgeführt wird, daß
gegenüber dem Solidaritätsbewußtſein der Journaliſten
auch das der Parlamentarier erwacht ſei. Um halb 12 Uhr
begab ſich die Dreierkommiſſion zum Präſidenten Grafen
Stolberg, um die Verhandlungen fortzuſetzen. Andrerſeits
verlautet, daß Fürſt Bülow für den Fall, daß eine Eini-
gung nicht erzielt werde, überhaupt nicht ſprechen
wolle
. (Vgl. den Artikel auf Seite 2 und 3. D. Red.)

Ein preußiſcher Staatsminiſter als Landtagskandidat.

Der frühere Miniſter
v. Podbielski
hat die ihm vom Bunde der Landwirte
angebotene Kandidatur für den Wahlkreis
Melle-Diepholz angenommen
.

(Das Auftreten des Herrn v. Podbielski als Redner in
der diesjährigen Generalverſammlung des Bundes der
Landwirte im Zirkus Buſch, durch das das einſt zerſchnit-
tene Tiſchtuch wieder endgültig zuſammengeflickt wurde, be-
reitete darauf vor, daß Herr v. Podbielski die Abſicht hatte,
ſich wieder aktiv am politiſchen Leben zu beteiligen. Die
Red.)

Demonſtrationen gegen Japan.

(Reuter-Meldung.) In einer von
über 5000 Perſonen beſuchten Proteſtverſammlung in
Kanton
anläßlich des Tatſu-Maru-Zwiſchenfalles
wurden aufreizende Reden gehalten. Die Leute entledigten ſich
der aus Japan bezogenen Kleidungsſtücke, warfen ſie auf einen
Haufen und verbrannten ſie. Die Verſammlung beantragte,
dem Staatsrat Yuanſchikai die Mißbilligung auszuſprechen
für ſeine Nachgiebigkeit gegenüber den japaniſchen Forderungen.



Geſtern abend hielt Geh. Rat Prof. Dr.
Robert Koch im Sitzungsſaal des Muſeums für Völkerkunde
einen intereſſanten Vortrag über die ethnologiſchen und
anthropologiſchen Beobachtungen,
welche er wäh-
rend ſeines anderthalbjährigen Aufenthalts in Oſtafrika
gemacht hat. Seine Beobachtungen erſtreckten ſich vorwiegend
auf den Nordweſten des am Viktoria Nyanza liegenden Gebietes,
welche Gegenden von den Batunegern bewohnt ſind. Der feſſelnde
Vortrag fand ſtürmiſchen Beifall.

Die Beerdigung des Geheimrates
Profeſſor Dr. Eduard Zeller fand geſtern unter Teil-
nahme zahlreicher Gelehrter und eines großen Trauergefolges
ſtatt. Als Vertreter des Kaiſers war der preußiſche Geſandte
v. Bülow erſchienen. Von Vertretern mehrerer deutſcher Uni-
verſitäten und gelehrter Geſellſchaften wurden Nachrufe gehalten.
Der Kaiſer hatte einen prächtigen Kranz niederlegen laſſen.

(Privattelegramm.)
Die Daily Mail will aus Berlin erfahren haben, daß die Ver-
handlungen über die Wahrung des status quo in der
Nordſee
erfolgreich abgeſchloſſen ſeien. Die Differenzen über
die Faſſung der Erklärung ſeien beſeitigt und eine den Vertrag
ſchließende, den Mächten genehme Form, ſei aufgeſetzt. Die Er-
klärung werde demnächſt zur Erklärung fertiggeſtellt ſein; ſie
werde unterzeichnet werden.

Der Matin berichtet, daß die anti-
franzöſiſchen Treibereien in Indochina
ſeit
einiger Zeit einen bedenklichen Umfang angenommen
haben. Die anamitiſchen Bonzen verbreiten maſſenhaft Flug-
ſchriften, die zur Steuerverweigerung und zum bewaffneten
Kampfe gegen die Franzoſen auffordern und in denen den Ein-
geborenen der Sieg der Japaner über Rußland als erhebendes
Beiſpiel vorgehalten wird.

Durch einen heute veröffent-
lichten Erlaß wird der Generalgouverneur von Turkeſtan, Ge-
neral Grodekow
, krankheitshalber unter Belaſſung in ſeiner
Stellung als Mitglied des Reichsrats und Verleihung des Wladi-
mirordens 1. Klaſſe abberufen.

(Privattele-
gramm
.) Der Marineminiſter Admiral Dikow hat ſeinen
Abſchied eingereicht, der angenommen wurde.

General Firmin und andere
Revolutionäre, die ſich in das franzöſiſche Konſulat zu Gonai-
ves
geflüchtet hatten, ſchifften ſich geſtern auf dem franzöſiſchen
Kreuzer d’Eſtreſe ein, der nach Saint Thomas abging.



(Privattelegramm.)
In Schwaz wurde geſtern ein junger Mann verhaftet, der ſich
in einem Gaſthauſe ſehr renitent benahm. In der Nacht ſetzte
der Häftling im Arreſtlokal ſeine Kleider, die er ausgezogen
hatte, ſowie die Pritſche in Brand. Als das Feuer bemerkt
wurde und man in das Arreſtlokal eindrang, fand man nur noch
die verkohlte Leiche des Häftlings, deſſen Identität nicht
feſtgeſtellt werden konnte.

(Privattelegr.)
Aus Unna wird gemeldet: Die Frau des Bahnaſſiſtenten
Müller warf ihre beiden im Alter von 3 und 6 Jahren
ſtehenden Kinder in die Gerthe und ertränkte ſich dann
ſelbſt. Anſcheinend liegt Geiſtesſtörung vor.



[Spaltenumbruch]
Handels-Zeitung.
(Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und
Telegramme iſt nur mit genauer Quellenangabe geſtattet.)


Norddeutſcher Lloyd.

# Der Abſchluß der Geſellſchaft iſt bereits bekannt, und der
Geſchäftsbericht bringt nunmehr die erforderlichen Details. Es
geht daraus hervor, daß die Geſamteinnahmen ſich um
rund 7 Millionen Mark auf 29.46 Millionen Mark verringert
haben, während von 1905 auf 1906 die Einnahmen um rund
3 Millionen geſtiegen waren. Der Rückgang reſultiert in erſter
Linie aus den Erträgniſſen der transatlantiſchen Fahrt, die
rund 6 Millionen Mark weniger brachte. Die Reichspoſtdampfer-
linie ergab 840,000 Mark weniger, die europäiſche Fahrt rund
200,000 Mark weniger. Auf der anderen Seite erforderten die
Unkoſten rund 200,000 M mehr, die Anleihezinſen 60,000 Mark
weniger. Die Abſchreibungen allein ſind mit 16.10 Mill. M
nur um 127,000 M niedriger als im Vorjahr, während dem
Reſervefonds 336,000 M weniger zugewieſen werden und der
Erneuerungsfonds, der im vorigen Jahr 2.68 Mill. M erhalten
hatte, undotiert bleibt. Der Reingewinn bleibt mit 6.93
Mill. M um mehr als die Hälfte hinter dem vorjährigen Ueber-
ſchuß zurück: die Dividende, die um 4 Prozent niedriger iſt
als im Vorjahr, erfordert einen Betrag von 5.62 Mill. M gegen
8.63 Mill. M. Würde die Dotierung der Reſerve und des Er-
neuerungsfonds in der vorjährigen Höhe erfolgt ſein, ſo hätten
für die Dividende nicht mehr als 2.62 Mill. M zur Verfügung
geſtanden; es würden alſo nur 2 Prozent haben verteilt
werden können.

[Tabelle]

Die Verwaltung äußert ſich zur Geſchäftslage im verfloſſenen
Jahre u. a., wie folgt: „Durch die amerikaniſche Kriſis wurde
gegen Ende vorigen Jahres ein ſcharfer Rückgang der
Auswanderung
herbeigeführt, welchen die um dieſelbe Zeit
einſetzende ſtarke Rückwanderung nicht auszugleichen vermochte.
Auch der Warenaustauſch zwiſchen Deutſchland
und den Vereinigten Staaten
hatte aus dem gleichen
Grunde empfindlich zu leiden. Hinzu traten einſchneidende
Tarifratenkämpfe auf verſchiedenen unſerer Hauptlinien,
deren Ausbruch wir nicht zu hindern vermochten. Wie alle
Reedereien, haben endlich auch wir unter den hohen Kohlen-
preiſen
, den ſteigenden Arbeitslöhnen und vor-
übergehend auch unter großen Streiks in verſchiedenen Häfen
zu leiden gehabt. Um ſo mehr freut es uns, mitteilen zu können,
daß inzwiſchen auf verſchiedenen wichtigen Verkehrsgebieten
Verſtändigungen der beteiligten Schiffahrts-
geſellſchaften
ſtattgefunden haben, die eine ruhigere und
nutzbringendere Entwicklung des Geſchäftes für die nächſten
Jahre gewährleiſten dürften. So iſt zwiſchen den am nord-
atlantiſchen Verkehr beteiligten kontinentalen engliſchen und
amerikaniſchen Linien ein Abkommen für die Dauer von drei
Jahren geſchloſſen. Ferner ſind zwiſchen der Hamburg-Amerika-
Linie und unſerer Geſellſchaft für die Dauer von vier Jahren
Vereinbarungen getroffen, die ſich auf den nordatlantiſchen und
oſtaſiatiſchen Verkehr, ſowie auf die Veranſtaltung von Ver-
gnügungsfahrten beziehen und ein erſprießliches Nebeneinander-
arbeiten der beiden Geſellſchaften ſichern.“

Weiter heißt es, daß der nordamerikaniſche Paſſa-
gierverkehr
im letzten Jahr eine erhebliche Steigerung auf-
weiſt, die in der Hauptſache auf den Zwiſchendeckverkehr entfällt.
Dieſer habe im erſten Halbjahr eine noch nicht dageweſene Höhe
erreicht, um dann allerdings infolge der inzwiſchen drüben ein-
getretenen ungünſtigeren Arbeitsverhältniſſe gegen Ende des
Jahres erheblich zurückzugehen. Aus dem gleichen Grunde iſt die
Rückwanderung im Herbſt um ein Bedeutendes geſtiegen. Der
nordatlantiſche Frachtverkehr geſtaltete ſich im
vorigen Jahre befriedigend, allerdings machte ſich in den
Monaten November und Dezember im ausgehenden Verkehr in-
folge der Kriſis in den Vereinigten Staaten eine Abnahme be-
merkbar, während zugleich die rückkommenden Frachtraten im
Vergleich zum vorigen Jahre zu wünſchen übrig ließen.

In der Bilanz ſind ausgewieſen 127 Dampfer mit 180.13
Millionen Mark gegen 117 Seedampfer mit 161.34 Mill. M.
Andere Schiffe ſind mit 8.96 Mill. M (7.59 Mill. M) bewertet.
Die Beteiligung an dritten Unternehmungen ſteht mit 34.88
Millionen Mark (30.41 Mill. M) zu Buch. Debitoren ſind ins-
geſamt mit 18.79 Mill. M (21.79 Mill. M) ausgewieſen. Auf
der Paſſivſeite finden ſich diverſe Kreditoren mit 50.38
Millionen Mark (41.02 Mill. M). Bei 125 Millionen Mark
Aktienkapital und 52.59 Mill. M Anleiheſchuld enthielt der
Reſervefonds 8.13 Mill. M und der Erneuerungsfonds 9.52 Mill.
Mark. Der Verſicherungsfonds beträgt 16.34 Mill. M.

Ueber die Summe, die die Geſellſchaft vom Morgantruſt,
nach den bekannten Abmachungen, erhält, finden ſich im Bericht
keine Angaben. Da der Truſt dem Lloyd eine Dividende von
6 Prozent auf 20 Mill. M Aktien zu zahlen hat und umgekehrt
die Dividende des Lloyd auf 20 Mill. M erhält, ſo hat der



[irrelevantes Material]

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[5/0005] Nr. 138. München, Dienstag Allgemeine Zeitung 24. März 1908. Gerichtsſaal. Ein neuer Wucherprozeß. * München, 23. März. (Landgericht München I. Strafkammer.) Heute vormittag wurde in die Verhand- lung gegen den prakt. Arzt Dr. Hofbrückl von Paſing und gegen den Maler- und Tapezierermeiſter Peter Ritzer von München wegen eines fortgeſetzten Vergehens des Wuchers bezw. wegen eines Vergehens des gewerbs- und gewohnheitsmäßigen Wuchers eingetreten. Den Vorſitz führt, wie in dem großen Wucherprozeſſe im vorigen Jahre, Landgerichtsrat Hartmann. Die Anklage ver- tritt wiederum Staatsanwalt Meikel. Dr. Hofbrückel wird von R.-A. Dr. v. Pannwitz, Ritzer von R.-A. Anton Gänßler verteidigt. Nach Verleſung des Eröffnungsbeſchluſſes werden die Strafliſten der Angeklagten bekannt gegeben; Dr. Hofbrückl iſt wegen unbefugter Arzneimittelabgabe, wegen Beleidigung und wegen Verletzung der Meldepflicht beſtraft; Ritzers Straf- liſte enthält je einen Eintrag wegen Teilnahme an einem Ver- gehen des Diebſtahls, Betrugs und Beleidigung. Dr. Hofbrückl übte bis Oktober 1907 in Vilshofen ärzt- liche Praxis aus, überſiedelte dann nach München, betrieb hier die Fernbehandlung von Lungenkranken, überſiedelte im Jahre 1901 nach Luzern, kehrte im Jahre 1902 nach München zurück und ließ ſich im Hauſe 176 an der Jägerſtraße nieder. Im Café Danner machte er die Wahrnehmung, daß Unternehmer maſſen- haft Wechſel mit den Unterſchriften des Rittmeiſters Frhrn. von Horn und des Oberleutnants v. Kiliani vertrieben. Dr. Hof- brückl ſuchte letzteren auf, erkundigte ſich über die Vermögens- verhältniſſe v. Horns, erfuhr, daß deſſen Frau vermögend ſei, und lud dann Frhrn. v. Horn in ſeine Wohnung ein. Als dieſer kam, machte ihm Dr. Hofbrückl den Vorſchlag, er wolle ihm ſeine Hypothek von 35,000 M geben und verkaufen, wenn Frhr. v. Horn den dabei entſtehenden Verluſt trage und das Geld in einem halben Jahre zurückzahle. Frhr. v. Horn war damit einver- ſtanden. Dr. Hofbrückl zedierte nem Badkier Kampferſeck den Teilbetrag von 22,000 M und erhielt dafür 19,842.20 M. Frhr. v. Horn behauptet, er habe nur etwas über 1700 M erhalten und am 25. Februar 1903 einen Schuldſchein über 23,000 M aus- ſtellen müſſen, welche er „als Darlehen unverzinslich bar er- halten“ habe. Den Reſt der Hypothek trat Dr. Hofbrückl um 11,700 M an den Pferdehändler Fränkl ab; Frhr. v. Horn ſoll einen Schuldſchein über 13,000 M ausgeſtellt, aber bedeutend weniger erhalten haben. Dr. Hofbrückl gibt an, er habe Frhrn. v. Horn für einen gut- ſituierten Kavalier gehalten. Frhr. v. Horn habe geſagt, er lebe mit ſeiner Frau in Gütergemeinſchaft; er habe ihm auch einen Depotſchein über ein Vermögen von ¾ Mill. Fr. vorgezeigt, dabei aber den Namen des Depotinhabers verdeckt; in Wirklich- keit habe das Depot auf Baronin v. Horn gelautet und Frhr. v. Horn mit ſeiner Frau nicht in Gütergemeinſchaft gelebt. Frhr. v. Horn habe auch mehr erhalten als er angebe. Was er ſagte, ſei erlogen. In der kriegsgerichtlichen Verhandlung gegen Frhrn. v. Horn wegen Wechſelfälſchung, die mit der Verurteilung des Angeklagten zu 6 Jahren Zuchthaus endete, gab Dr. Hof- brückl unter Eid an, Frhr. v. Horn habe ſich durch ihn ärztlich unterſuchen laſſen und auf dieſe Weiſe habe er Frhrn. v. Horn kennen gelernt. Der Vorſitzende hielt ihm dieſe Ausſage vor und bemerkte dazu, nach ſeiner Meinung habe Dr. Hofbrückl ſeine Eidespflicht erheblich verletzt; er könne froh ſein, daß er nicht im Gerichtsſaale verhaftet wurde. Dr. Hofbrückl erwiderte, er habe ſeine Ausſage nach beſtem Wiſſen abgegeben. Dem Angeklagten Ritzer wird vorgehalten, daß er in dem Verdachte geſtanden ſei, der Zuhälter einer Proſtituierten Binder geweſen zu ſein. Er erklärt, das ſei er nie geweſen. Im Polizeiakt hat ein Ritzer unterſchriftlich anerkannt, daß er wegen Diebſtahls beſtraft wurde; Ritzer bemerkt, dieſe Unterſchrift ſei ſeiner Unterſchrift zwar ſehr ähnlich, er habe aber eine ſolche Erklärung nicht abgegeben, weil er nie wegen Diebſtahls beſtraft worden ſei. Im Jahre 1900 habe er durch eine Heiratsannonce einer bekannten Familie den Oberleutnant Maximilian Boeck kennen gelernt. Aus der Heirat ſei nichts geworden, dagegen habe er für Boeck Wechſelgeſchäfte gemacht, die glatte Erledigung fanden. Zu Pfingſten 1903 habe er Boeck in Wien mitgeteilt, daß in München Wechſel mit ſeiner Unterſchrift verhauſiert werden. Boeck habe geſagt, er habe 60,000—64,000 M Schulden und ihn beauftragt, Schritte einzuleiten, daß der Vater der Frau Boeck auf ſeine Grundſtücke eine Hypothek in dieſer Höhe auf- nehme, um ihn zu rangieren. Seitdem habe er mit Boeck in Geſchäftsverbindung geſtanden. Daß Boeck in Not war, habe er nicht gewußt, denn er habe nicht annehmen können, daß Boeck die Frechheit habe, ohne Geld ſich 10 Pferde zu halten und eine Wohnung um 6000 M zu mieten. Boeck habe ihn über ſeine Ver- mögensverhältniſſe getäuſcht. Wenn er gewußt hätte, wie Boeck ſtand, hätte er ihm auf ſeine wertloſen Papierfetzen keine Mark gegeben. Richtig ſei, daß er für eine Frau Manz, die er heiraten wollte, 10,000 M ausgegeben, dieſe Summe rühre aber nicht aus Wechſelgeſchäften her, ſondern aus Hypothekgeſchäften ꝛc.; wo etwas zu verdienen ſei, werde er tätig ſein. Er habe kein Be- denken getragen, Wechſelgeſchäfte zu vermitteln, bei denen der Geldgeber 8—10 Prozent, er ſelbſt bis zu 5 Prozent Proviſion erhalten habe. Ritzer machte mit Baeck mehrere Wechſelgeſchäfte. Für einen Wechſel des Oberleutnants Bomhard über 4000 M gab Ritzer 3400 M. (Die Verhandlung wird nachmittags fort- geſetzt.) Aus aller Welt. * Ein Raubmordverſuch. Geſtern nachmittag wurde in Berlin auf den Kaufmann Sigmund Bernſtein in ſeiner Wohnung ein Raubmordverſuch verübt. Der Täter, der dem am Schreibtiſch ſitzenden Bernſtein drei Kopfverletzungen beibrachte, iſt entkommen. Das Polizeipräſidium hat 1000 M Belohnung für die Ermittelung des Täters ausgeſetzt. * Der Bankrotteur Hofrat Ludwig Rothſchild aus Büdingen wurde in Zürich verhaftet. Er hielt ſich dort unter dem Namen eines Rechtsanwaltes Kohlmann im Hotel National auf. Es wurde der Transport des hochgradig lungenkranken Mannes nach dem Kanton-Krankenhaus angeordnet. Das bei Rothſchild vorgefundene Geld reichte gerade noch zur Begleichung der Hotel- rechnung aus. Letzte Nachrichten. Der Proteſt der Reichstagsjournaliſten. n. Berlin, 23. März. 1.20 N. (Privattelegr.) Der Reichskanzler hat ſich in der Angelegenheit des Journaliſtenſtreiks perſönlich bemüht und eine län- gere Konferenz mit dem Grafen Stolberg abgehalten, um eine Beilegung des Konfliktes möglichſt vor Beginn der heutigen Reichstagsverhandlung zu erzielen. Bis zur Stunde iſt eine Einigung zwiſchen den Parlaments- journaliſten und dem Reichstagspräſidium nicht er- folgt. Heute gegen halb 12 Uhr verſammelten ſich die Journaliſten der Reichstagstribüne im Journaliſtenzim- mer. Es herrſchte dort große Erregung über einen Artikel der Kölniſchen Volkszeitung, in dem ausgeführt wird, daß gegenüber dem Solidaritätsbewußtſein der Journaliſten auch das der Parlamentarier erwacht ſei. Um halb 12 Uhr begab ſich die Dreierkommiſſion zum Präſidenten Grafen Stolberg, um die Verhandlungen fortzuſetzen. Andrerſeits verlautet, daß Fürſt Bülow für den Fall, daß eine Eini- gung nicht erzielt werde, überhaupt nicht ſprechen wolle. (Vgl. den Artikel auf Seite 2 und 3. D. Red.) Ein preußiſcher Staatsminiſter als Landtagskandidat. * Osnabrück, 23. März. Der frühere Miniſter v. Podbielski hat die ihm vom Bunde der Landwirte angebotene Kandidatur für den Wahlkreis Melle-Diepholz angenommen. (Das Auftreten des Herrn v. Podbielski als Redner in der diesjährigen Generalverſammlung des Bundes der Landwirte im Zirkus Buſch, durch das das einſt zerſchnit- tene Tiſchtuch wieder endgültig zuſammengeflickt wurde, be- reitete darauf vor, daß Herr v. Podbielski die Abſicht hatte, ſich wieder aktiv am politiſchen Leben zu beteiligen. Die Red.) Demonſtrationen gegen Japan. * Hongkong, 23. März. (Reuter-Meldung.) In einer von über 5000 Perſonen beſuchten Proteſtverſammlung in Kanton anläßlich des Tatſu-Maru-Zwiſchenfalles wurden aufreizende Reden gehalten. Die Leute entledigten ſich der aus Japan bezogenen Kleidungsſtücke, warfen ſie auf einen Haufen und verbrannten ſie. Die Verſammlung beantragte, dem Staatsrat Yuanſchikai die Mißbilligung auszuſprechen für ſeine Nachgiebigkeit gegenüber den japaniſchen Forderungen. ⦂ Berlin, 22. März. Geſtern abend hielt Geh. Rat Prof. Dr. Robert Koch im Sitzungsſaal des Muſeums für Völkerkunde einen intereſſanten Vortrag über die ethnologiſchen und anthropologiſchen Beobachtungen, welche er wäh- rend ſeines anderthalbjährigen Aufenthalts in Oſtafrika gemacht hat. Seine Beobachtungen erſtreckten ſich vorwiegend auf den Nordweſten des am Viktoria Nyanza liegenden Gebietes, welche Gegenden von den Batunegern bewohnt ſind. Der feſſelnde Vortrag fand ſtürmiſchen Beifall. * Stuttgart, 23. März. Die Beerdigung des Geheimrates Profeſſor Dr. Eduard Zeller fand geſtern unter Teil- nahme zahlreicher Gelehrter und eines großen Trauergefolges ſtatt. Als Vertreter des Kaiſers war der preußiſche Geſandte v. Bülow erſchienen. Von Vertretern mehrerer deutſcher Uni- verſitäten und gelehrter Geſellſchaften wurden Nachrufe gehalten. Der Kaiſer hatte einen prächtigen Kranz niederlegen laſſen. z. London, 23. März. 11.15 V. (Privattelegramm.) Die Daily Mail will aus Berlin erfahren haben, daß die Ver- handlungen über die Wahrung des status quo in der Nordſee erfolgreich abgeſchloſſen ſeien. Die Differenzen über die Faſſung der Erklärung ſeien beſeitigt und eine den Vertrag ſchließende, den Mächten genehme Form, ſei aufgeſetzt. Die Er- klärung werde demnächſt zur Erklärung fertiggeſtellt ſein; ſie werde unterzeichnet werden. * Paris, 23. März. Der Matin berichtet, daß die anti- franzöſiſchen Treibereien in Indochina ſeit einiger Zeit einen bedenklichen Umfang angenommen haben. Die anamitiſchen Bonzen verbreiten maſſenhaft Flug- ſchriften, die zur Steuerverweigerung und zum bewaffneten Kampfe gegen die Franzoſen auffordern und in denen den Ein- geborenen der Sieg der Japaner über Rußland als erhebendes Beiſpiel vorgehalten wird. * St. Petersburg, 23. März. Durch einen heute veröffent- lichten Erlaß wird der Generalgouverneur von Turkeſtan, Ge- neral Grodekow, krankheitshalber unter Belaſſung in ſeiner Stellung als Mitglied des Reichsrats und Verleihung des Wladi- mirordens 1. Klaſſe abberufen. v. A. St. Petersburg, 23. März. 10.15 V. (Privattele- gramm.) Der Marineminiſter Admiral Dikow hat ſeinen Abſchied eingereicht, der angenommen wurde. * Port au Prince, 23. März. General Firmin und andere Revolutionäre, die ſich in das franzöſiſche Konſulat zu Gonai- ves geflüchtet hatten, ſchifften ſich geſtern auf dem franzöſiſchen Kreuzer d’Eſtreſe ein, der nach Saint Thomas abging. p. Innsbruck, 23. März, 12.54 N. (Privattelegramm.) In Schwaz wurde geſtern ein junger Mann verhaftet, der ſich in einem Gaſthauſe ſehr renitent benahm. In der Nacht ſetzte der Häftling im Arreſtlokal ſeine Kleider, die er ausgezogen hatte, ſowie die Pritſche in Brand. Als das Feuer bemerkt wurde und man in das Arreſtlokal eindrang, fand man nur noch die verkohlte Leiche des Häftlings, deſſen Identität nicht feſtgeſtellt werden konnte. p. Eſſen, 23. März. 11.50 V. (Privattelegr.) Aus Unna wird gemeldet: Die Frau des Bahnaſſiſtenten Müller warf ihre beiden im Alter von 3 und 6 Jahren ſtehenden Kinder in die Gerthe und ertränkte ſich dann ſelbſt. Anſcheinend liegt Geiſtesſtörung vor. Handels-Zeitung. (Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und Telegramme iſt nur mit genauer Quellenangabe geſtattet.) * München, 23. März. Norddeutſcher Lloyd. # Der Abſchluß der Geſellſchaft iſt bereits bekannt, und der Geſchäftsbericht bringt nunmehr die erforderlichen Details. Es geht daraus hervor, daß die Geſamteinnahmen ſich um rund 7 Millionen Mark auf 29.46 Millionen Mark verringert haben, während von 1905 auf 1906 die Einnahmen um rund 3 Millionen geſtiegen waren. Der Rückgang reſultiert in erſter Linie aus den Erträgniſſen der transatlantiſchen Fahrt, die rund 6 Millionen Mark weniger brachte. Die Reichspoſtdampfer- linie ergab 840,000 Mark weniger, die europäiſche Fahrt rund 200,000 Mark weniger. Auf der anderen Seite erforderten die Unkoſten rund 200,000 M mehr, die Anleihezinſen 60,000 Mark weniger. Die Abſchreibungen allein ſind mit 16.10 Mill. M nur um 127,000 M niedriger als im Vorjahr, während dem Reſervefonds 336,000 M weniger zugewieſen werden und der Erneuerungsfonds, der im vorigen Jahr 2.68 Mill. M erhalten hatte, undotiert bleibt. Der Reingewinn bleibt mit 6.93 Mill. M um mehr als die Hälfte hinter dem vorjährigen Ueber- ſchuß zurück: die Dividende, die um 4 Prozent niedriger iſt als im Vorjahr, erfordert einen Betrag von 5.62 Mill. M gegen 8.63 Mill. M. Würde die Dotierung der Reſerve und des Er- neuerungsfonds in der vorjährigen Höhe erfolgt ſein, ſo hätten für die Dividende nicht mehr als 2.62 Mill. M zur Verfügung geſtanden; es würden alſo nur 2 Prozent haben verteilt werden können. Die Verwaltung äußert ſich zur Geſchäftslage im verfloſſenen Jahre u. a., wie folgt: „Durch die amerikaniſche Kriſis wurde gegen Ende vorigen Jahres ein ſcharfer Rückgang der Auswanderung herbeigeführt, welchen die um dieſelbe Zeit einſetzende ſtarke Rückwanderung nicht auszugleichen vermochte. Auch der Warenaustauſch zwiſchen Deutſchland und den Vereinigten Staaten hatte aus dem gleichen Grunde empfindlich zu leiden. Hinzu traten einſchneidende Tarifratenkämpfe auf verſchiedenen unſerer Hauptlinien, deren Ausbruch wir nicht zu hindern vermochten. Wie alle Reedereien, haben endlich auch wir unter den hohen Kohlen- preiſen, den ſteigenden Arbeitslöhnen und vor- übergehend auch unter großen Streiks in verſchiedenen Häfen zu leiden gehabt. Um ſo mehr freut es uns, mitteilen zu können, daß inzwiſchen auf verſchiedenen wichtigen Verkehrsgebieten Verſtändigungen der beteiligten Schiffahrts- geſellſchaften ſtattgefunden haben, die eine ruhigere und nutzbringendere Entwicklung des Geſchäftes für die nächſten Jahre gewährleiſten dürften. So iſt zwiſchen den am nord- atlantiſchen Verkehr beteiligten kontinentalen engliſchen und amerikaniſchen Linien ein Abkommen für die Dauer von drei Jahren geſchloſſen. Ferner ſind zwiſchen der Hamburg-Amerika- Linie und unſerer Geſellſchaft für die Dauer von vier Jahren Vereinbarungen getroffen, die ſich auf den nordatlantiſchen und oſtaſiatiſchen Verkehr, ſowie auf die Veranſtaltung von Ver- gnügungsfahrten beziehen und ein erſprießliches Nebeneinander- arbeiten der beiden Geſellſchaften ſichern.“ Weiter heißt es, daß der nordamerikaniſche Paſſa- gierverkehr im letzten Jahr eine erhebliche Steigerung auf- weiſt, die in der Hauptſache auf den Zwiſchendeckverkehr entfällt. Dieſer habe im erſten Halbjahr eine noch nicht dageweſene Höhe erreicht, um dann allerdings infolge der inzwiſchen drüben ein- getretenen ungünſtigeren Arbeitsverhältniſſe gegen Ende des Jahres erheblich zurückzugehen. Aus dem gleichen Grunde iſt die Rückwanderung im Herbſt um ein Bedeutendes geſtiegen. Der nordatlantiſche Frachtverkehr geſtaltete ſich im vorigen Jahre befriedigend, allerdings machte ſich in den Monaten November und Dezember im ausgehenden Verkehr in- folge der Kriſis in den Vereinigten Staaten eine Abnahme be- merkbar, während zugleich die rückkommenden Frachtraten im Vergleich zum vorigen Jahre zu wünſchen übrig ließen. In der Bilanz ſind ausgewieſen 127 Dampfer mit 180.13 Millionen Mark gegen 117 Seedampfer mit 161.34 Mill. M. Andere Schiffe ſind mit 8.96 Mill. M (7.59 Mill. M) bewertet. Die Beteiligung an dritten Unternehmungen ſteht mit 34.88 Millionen Mark (30.41 Mill. M) zu Buch. Debitoren ſind ins- geſamt mit 18.79 Mill. M (21.79 Mill. M) ausgewieſen. Auf der Paſſivſeite finden ſich diverſe Kreditoren mit 50.38 Millionen Mark (41.02 Mill. M). Bei 125 Millionen Mark Aktienkapital und 52.59 Mill. M Anleiheſchuld enthielt der Reſervefonds 8.13 Mill. M und der Erneuerungsfonds 9.52 Mill. Mark. Der Verſicherungsfonds beträgt 16.34 Mill. M. Ueber die Summe, die die Geſellſchaft vom Morgantruſt, nach den bekannten Abmachungen, erhält, finden ſich im Bericht keine Angaben. Da der Truſt dem Lloyd eine Dividende von 6 Prozent auf 20 Mill. M Aktien zu zahlen hat und umgekehrt die Dividende des Lloyd auf 20 Mill. M erhält, ſo hat der _

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 138, 24. März 1908, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine138_1908/5>, abgerufen am 17.06.2024.