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Allgemeine Zeitung, Nr. 135, 21. März 1908.

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München, Samstag Allgemeine Zeitung 21. März 1908. Nr. 134.

seiten, beispielsweise die unselige konfessionelle Verhetzung. Was
die Regierungsschule in Dar-es-Salaam angeht, so hat die Maß-
regel des Staatssekretärs böses Blut gemacht. Ich hoffe, daß er
die Großzügigkeit, welche der Staatssekretär auf wirtschaftlichem
Gebiete bewiesen hat, auch auf das kulturelle Gebiet übertragen
werde.

(Lebhafter Beifall links.)

Staatssekretär Dernburg:

Man muß, wenn man die Rechtspflege in den Kolonien
untersucht, zweierlei unterscheiden. Erstens die Rechtspflege hin-
sichtlich der Strafangelegenheiten der Weißen und hinsichtlich
der Weißen mit den Schwarzen, welche vor einem Gericht statt-
finden und dann die Rechtsangelegenheiten der Schwarzen, welche
vor der Verwaltungsbehörde ausgetragen werden. Hinsichtlich
der Streitigkeiten, die erstere betreffen, ist die Trennung
von Justiz und Verwaltung
in allen Kolonien nahezu
durchgeführt. Was notwendig ist und was auch Abg. Müller-
Meiningen hervorgehoben hat, ist, daß genügend Personen für
die Rechtspflege vorhanden sind. Das ist bisher nicht der Fall
gewesen. Wir fassen unsere Aufgabe dahin auf, daß wir den
Schwarzen eine der höheren Kultur entsprechende Rechtsordnung
zuführen. Das wird natürlich lange dauern. Was die Kodi-
fikation des Eingeborenenrechtes betrifft, so möchte ich mich für
meine Person für die Kodifikation erst aussprechen, wenn das
dazu erforderliche Material überhaupt vorliegt. Abg. Dr. Spahn
hat übrigens die Zusammensetzung der Kommission neulich be-
mängelt. Diese ist keine Parteisache. Ich habe diejenigen Herren
aufgefordert, von denen ich angenomemn habe, daß sie sich lebhaft
dafür interessieren.

Im Zusammenhang mit der Resolution Hompesch möchte
ich mitteilen, was ich mir unter den Eingeborenen-Kom-
missaren
vorgestellt habe. Diese Kommissare sollen zunächst
darauf sehen, daß die für die Eingeborenen-Arbeiter erlassenen
Vorschriften richtig durchgeführt werden. Zweitens sollen sie
eine Art schiedsmännischer Tätigkeit ausführen, aber nur bei-
Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis. Im übrigen sollen
diese Angelegenheiten den ordentlichen Gerichten nicht entzogen
werden.

Ich muß mich nun mit der Rede des Abg. Erzberger
befassen und zunächst auf einige Irrtümer hinweisen. Zu-
nächst ist es ein Irrtum, daß ich mich früher über Südwestafrika
mit außerordentlichem Optimismus ausgesprochen hätte, der jetzt
erfreulicherweise verschwunden sei. Ich stehe noch heute auf dem
Standpunkt, daß die südwestafrikanische Kolonie die gesündeste
und für die Weidewirtschaft ausgezeichnet ist. Auch daß ich mich
der Ansicht der Zentrumspartei ganz besonders genähert hätte,
ist ein Irrtum. Ich habe mich im Januar 1907 ganz genau so
ausgesprochen wie jetzt. Es ist möglich, daß Abg. Erzberger in
der Hitze des damaligen Wahlkampfes dies vielleicht nicht be-
merkt hat. Genau auf demselben Standpunkt stehe ich noch heute.
Erst muß der Mensch wirklich Bedürfnisse bekommen. Erst muß
er leiblich satt sein, dann wird er auch seelisch hungrig werden.
Diese meine Ansicht hat ein außerordentliches Echo unter der
ganzen Hörerschaft gefunden. Bezüglich der Missionen kann mir
niemand einen Vorwurf machen, daß ich diese nicht moralisch
unterstützt hätte, öffentlich für sie eingetreten wäre und ihre
Verdienste hier im Hause anerkannt hätte. Aber ich halte die
Trennung der Aufgabe der Mission und die Verbreitung des
Christentums sowie die Durchführung einer Kolonialpolitik nach
wirtschaftlichen und gerechten Gesichtspunkten zurzeit für das
Richtigste für die Kolonien.

Ueber die beabsichtigte Beschränkung des Reichs-
zuschusses
für die Kolonien ist ein Streit entstanden. Ich
sehe auch das nicht ein, warum nicht die Ausgaben, wie für die
Eisenbahnen, in das Extraordinarium gestellt und auf Anleihen
übernommen werden sollen. Wir wissen aber jetzt, daß die
Kolonialbahnen nicht nur keine Zuschüsse brauchen, sondern auch
noch Ueberschüsse bringen. Die Schulden müssen nach unserem
Vorschlag in regelmäßiger Folge getilgt werden. Die Schutz-
gebiete werden sich Sparsamkeit aufzuerlegen haben. Was die
Tilgungsdauer anbetrifft, sehe ich nicht ein, warum das Schutz-
gebiet Togo ungünstiger gestellt werden soll als andere.


Vom Abg. v. Treuenfels (kons.) ist folgende Resolution ein-
gegangen: Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, im Reichs-
haushaltsetat 1909 eine Summe anzufordern zur Errichtung eines
Denkmals in der Reichshauptstadt für die in Süd-
westafrika gefallenen Offiziere, Sanitäts-
offiziere, Militärbeamte, Unteroffiziere und
Mannschaften.
Er tritt warm für die Resolution ein.

Staatssekretär Dernburg:

Diese warmen Worte, welche der Vorredner dem Andenken
der Gefallenen in Südwestafrika gewidmet hat, werden gewiß
in jeder deutschen Brust ein lebhaftes Echo finden. Auch auf
seiten der Verwaltung ist dieses Gefühl bereits seit langem
gehegt worden. Nun ist ein Aufruf bereits unterwegs, der auch
von mir unterzeichnet worden ist, der zu Beiträgen für ein Denk-
mal auffordert. Ich habe keinen Zweifel, daß er auch Erfolg
haben wird.

[Spaltenumbruch]

Ich möchte die Gelegenheit benützen, um Ihnen folgendes
mitzuteilen: Eine heute mittag von Oberstleutnant
v. Estorff eingegangene Depesche meldet:
"Am
16. März griff ein Expeditionskorps gegen Simon Copper unter
Führung des Hauptmanns Ecker die Werft Simon Coppers
mitten in der Kalahari an usw. (s. S. 1)." Meine Herren! Es
gibt wohl kaum ein Dokument, das mehr geeignet wäre, die
Worte des Vorredners zu unterstreichen. (Beifall.) Leider muß
ich hinzufügen, daß auch in Kamerun nach einer uns zu-
gegangenen Nachricht der verdiente Hauptmann Glauning
in einem siegreichen Gefecht durch einen Kopfschuß gefallen
ist.
Ich glaube, das Wenigste, was wir tun können, ist das,
daß wir diesen braven Leuten im Sinne der Resolution ein
Denkmal errichten.


Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg (Rp.): Im Namen
meiner Freunde erkläre ich meine Zustimmung zu dem Antrage
v. Treuenfels. Wir werden den Guten ein ehrendes Andenken
bewahren.
(Beifall.) Der bisherige Verlauf der Debatte hat
gezeigt, daß zwischen der Verwaltung und dem Reichstag eine
größere Uebereinstimmung herrscht, als es früher der Fall war.
Die energische Tätigkeit des neuen Staatssekretärs hat hierzu
ganz wesentlich beigetragen. Der Redner bespricht die künftige
Verwaltung der Schutzgebiete, die Behandlung der Neger, die
Verbesserung der Verkehrswege und hofft, daß der neue Staats-
sekretär, "der Mann der Praxis", die Kolonien vorwärts bringt.

Vizepräsident Dr. Kämpf: Der Vorredner hat am Eingang
seiner Rede den Gefühlen Ausdruck gegeben, welche die Mit-
teilung des Staatssekretärs des Reichskolonialamtes über die
neuerlichen Kämpfe in Südwestafrika und
Kamerun
und die damit für uns verbundenen Verluste her-
vorrufen mußten. Ich glaube, daß das gesamte Haus diese Ge-
fühle teilt. Ich bin der Ansicht, daß ich Ihren Gefühlen Aus-
druck gebe, wenn ich Sie bitte, in Ehrung dieser gefallenen Offi-
ziere und Soldaten, sowie derer, die in den früheren Kolonial-
kämpfen ihr Leben gelassen haben, sich von den Plätzen
zu erheben.
(Allseitige Zustimmung; die Mitglieder des
Hauses und des Bundesrates haben sich schon bei den ersten
Worten des Präsidenten von den Plätzen erhoben.)

Abg. Eichhorn (Soz.): Es ist mir mitgeteilt worden, daß
Abg. Müller-Meiningen keineswegs den Auftrag der gesamten
Presse hatte, hier einem Pressevertreter gewissermaßen
eine öffentliche Rüge zu erteilen. Wenn die Herren
auch einmal etwas lauter werden, so sollten wir doch nicht gleich
so engherzig und kleinlich sein, uns darüber besonders aufzu-
regen. Ich denke, wir bilden uns alle nicht ein, unfehlbar zu
sein. Die Herren oben haben sehr schwer und lange zu arbeiten,
und ich denke, wir sollten nicht gleich nervös werden, wenn sie
sich auch einmal etwas erlauben. Was den Kolonialetat an-
belangt, so weiß ich wirklich nicht, worin sich das neue System
so sehr von dem alten unterscheidet.

Abg. Dr. Paasche (nat.-lib.): Dem Abg. v. Treuenfels möchte
ich den Dank aussprechen für seine Anregung, ein dauerndes
Denkmal zu errichten für die in schweren Kämpfen draußen Ge-
fallenen. Wir hoffen, daß es bald gelingen möge, den Frieden
ohne weitere große Opfer herzustellen. (Beifall.) Dem Staats-
sekretär
danke ich, daß er sich nicht mehr so hart und
schroff
wie in der ersten Rede in der Kommission ausgesprochen
hat. Ein prinzipieller Unterschied zwischen den Anschauungen
des Staatssekretärs und Lieberts besteht aber nicht. Nur die
Kolonien kommen vorwärts, bei denen Schwarze und Weiße
Hand in Hand gehen. Der schlimme Aufstand in Südwestafrika
ist veranlaßt worden durch Hereros, die in der grausamsten Weise
die friedlich neben ihnen lebenden Weißen hingemordet haben.
(Widerspruch bei den Sozialdemokraten; Zuruf: Sie haben be-
trogen!) Mögen Betrügereien vorgekommen sein, aber die
hinausgehen, sind wahrhaftig nicht die schlechtesten Elemente.
Es handelt sich hier um die Gründung eines Neudeutschlands
für die heranwachsende Jugend. Ueber die Art der Finanzierung
der Eisenbahnen im einzeinen werden wir uns ja in der Kom-
mission unterhalten. Dankbar bin ich dem Staatssekretär, daß
er die Forderung für die Eisenbahnen gebracht hat.
(Lebhafter
Beifall bei den Nationalliberalen.)

Präsident Graf Stolberg: Meine Herren! In den letzten
Tagen sind mehrfach während der Reden einzelner Mitglieder
des Hauses Aeußerungen des Mißfallens von der
Journalistentribüne
gegeben worden. Ich habe bereits
Gelegenheit gehabt, diese Störung der Ordnung zu rügen. Ich
will aber noch einmal darauf aufmerksam machen, daß ich im
Wiederholungsfalle genötigt sein würde, die Tribüne, von der
solche Störungen ausgehen, räumen zu lassen. Wenn ein Mit-
glied des Hauses gegenüber solchen Störungen einen von mir
nicht gehörten unparlamentarischen Ausdruck

gebraucht hat, so bedauere ich das.

Staatssekretär Dernburg:
Es könnte den Anschein haben, als ob hier in der Ein-
geborenenfrage verschiedene Anschauungen sich schroff gegenüber-
stehen.
(Während der ersten Worte des Staatssekretärs ver-

[Spaltenumbruch]
* Brahms-Abend.

Karl Roesger, der besonders als
Brahms-Spieler sich einen sehr geachteten Namen erworben hat
und als vornehm-künstlerisch empfindender Pianist längst be-
kannt ist, gibt am 31. März im Hotel Bayerischer Hof einen
Klavierabend, der dem Gedächtnis Joh. Brahms' gewidmet ist.

* Lieder- und Balladen-Abend.

Kammersänger Joseph
Loritz, unser trefflicher einheimischer Bariton, der wieder eine
Reihe der glänzendsten Erfolge hinter sich hat, veranstaltet am
Mittwoch, den 1. April, im Museum einen Lieder- und Balladen-
Abend, der den zahlreichen Verehrern des stimmgewaltigen und
geschmackvollen Sängers höchst aparate Genüsse in Aussicht stellt.


* Anna Hirzel-Langenhan und Prof. Felix Berber werden in
dem heute abend im Hotel Vier Jahreszeiten stattfindenden
Konzert als Schlußnummer des interessanten Programms die
Sonate von Beethoven in C-moll op. 30 Nr. 2 spielen. Die bereits
angekündigte Sonate von Dayas wird an einem späteren Abend
zur Aufführung gelangen.

Bildende Kunst.
* Eine große Wilhelm Busch-Ausstellung in München.

Wie wir hören, veranstaltet die Galerie Heine-
mann
im Monat April eine umfangreiche Busch Nach-
laß-Ausstellung,
durch die das Lebenswerk des
Künstlers nach allen Seiten hin beleuchtet wird. Die Sam-
melausstellung wird sich namentlich dadurch interessant ge-
stalten, daß eine große Anzahl bis jetzt unbekannter Ge-
mälde
an die Oeffentlichkeit kommt.


* Die van Gogh-Ausstellung in der Modernen Kunst-
handlung,
Goethestraße 64, wurde durch neun Werke noch er-
weitert. Die reichhaltige Kollektion zeigt in drei dichtgefüllten
Parterresälen das Lebenswerk des am 30. März 1853 geborenen
und am 28. Juli 1890 verstorbenen Künstlers. Die Salzmann-
Ausstellung ist nicht unterbrochen, sondern in den oberen Räumen
untergebracht worden. Auch 22 Werke von Professor Charles
J. Palmie mit neuen "Stimmungen vom Marienplatz" können
gegenwärtig in der Modernen Kunsthandlung (Goethestr. 64)
besichtigt werden.

* Erledigter Wettbewerb.

In dem von der Deutschen Gesell-
schaft für christliche Kunst veranstalteten Wettbewerb für eine
teue katholische Kirche mit Pfarrhaus in Hamburg hat die Jury
folgende Preise verteilt: 1. Preis: Otho Orlando Kurz,
1. Preis: Wilhelm Käb und Oskar Zech, 3. Preis: Fritz
[Spaltenumbruch] Kunst und 4. Preis: Hans Brühl. Belobt wurden die Ar-
beiten von Gebrüder Rank, Huber-Feldkirchen und Wil-
helm Wellerdick und Franz Schneider. Für den ganzen
Bau sind 200,000 M flüssig gemacht.

Bunte Chronik.
* Wolf oder Hund?

Ein merkwürdiger Streitfall schwebte
zwischen einem Gärtner und der Steuerbehörde in Weißensee.
Es handelte sich um die Besteuerung eines Mischlings zwischen
Hund und Wolf, wogegen der Besitzer des Tieres Einspruch erhob.
Das Verwaltungsgericht als oberste Instanz entschied auch in
dieser Frage für die Steuerpflicht eines solchen Tieres mit der
Begründung, daß ein aus der Kreuzung von Hund und Wolf
stammendes Exemplar zur Hunderasse zu zählen sei. Zu dieser
Mitteilung sendet der Direktor des Zoologischen Gartens Pro-
fessor Heck dem Berliner Lokalanzeiger eine Zuschrift, in der er
unter anderem folgendes bemerkt: "Bei den zahlreichen erklären-
den Führungen durch den Zoologischen Garten, die wir jährlich
auszuführen haben, geben wir uns, sowohl ich selbst als auch
unser wissenschaftlicher Assistent Herr Dr. Heinroth stets alle
Mühe, den Unterschied zwischen Wildtierarten und Haustier-
rassen klar zu machen, und der Inhalt Ihrer fraglichen Notiz
beweist wieder, wie notwendig das ist. Ein Mischling zwischen
Wolf und Hund kann niemals als eine Haushundrasse bezeichnet
und dem Angehörigen einer solchen gleichgestellt werden; ebenso-
wenig wie z. B. das Zebroid unseres Gartens, ein Mischling
zwischen Zebra und Pferd, ein Pferd ist, irgendwelcher Pferde-
rasse zugeteilt oder als eine neue Pferderasse bezeichnet werden
kann. Und so wenig z. B. die Pferdeaushebungskommission vom
Zoologischen Garten die Vorführung dieses Tieres verlangt und
seine Verwendung für den Kriegsfall in Betracht zieht, eben-
sowenig kann meiner Ueberzeugung nach ein Mischling zwischen
Wolf und Hund für einen Haushund erklärt und als solcher
besteuert werden. Wohl aber können die Behörden die Frei-
haltung eines solchen Wolfhundemischlings als eines event. ge-
fährlichen Tieres verbieten und, wenn sie die denkbar größte Vor-
sicht walten lassen wollen, wäre dieses Verbot vielleicht sogar an-
zuraten, wobei allerdings der persönliche Charakter des Tieres
noch zu berücksichtigen wäre. Andrerseits, wenn dem Weißenseer
Gärtner gestattet wird, seinen Halbblutwolf wie einen Hund
frei zu halten, so hat er auch durchaus keine Ursache, sich darüber
zu beschweren, daß er für das Tier Steuern bezahlen muß wie
für einen Hund."

[Spaltenumbruch]

lassen sämtliche Journalisten bis auf zwei die
Tribüne;
Heiterkeit bei einem großen Teil der Abgeordneten
Abg. Paasche hat aber schon mit Recht gesagt, daß die Ansichten
nicht so verschieden sind. Wir wollen eine Arbeitsordnung, welche
das Verhältnis zwischen den Schwarzen und den Weißen regelt.
Ich muß es durchaus zurückweisen, daß ich mich feindlich gegen
die Plantagenbesitzer gewendet habe, und daß ich nur für die
Reger eingetreten sei. Die Einrichtung des Eingeborenen-Kom-
missars und andere Einrichtungen sollen dafür sorgen, daß die
Farmer und die Pflanzer willige und mehr Arbeiter bekommen
als bisher. Ich will keine Ausbeutungspolitik, wie sie mir Abg.
Eichhorn imputiert hat. Dieser Ausdruck ist überhaupt sehr viel-
deutig. Der Wald und das Bergwerk werden auch ausgebeutet
Und wenn ich mir einen Sozius nehme als Bergwerksbesitzer,
dann beute ich das Bergwerk und nicht den Sozius aus. (Große
Heiterkeit.) Ich empfinde es als kolossale Ueberhebung, wenn
Abg. Eichhorn mir weniger Menschenfreundlichkeit zuschreiht, als
er und seine Partei den Eingeborenen gegenüber haben.
(Beifall.)

Damit schließt die Debatte.

Persönlich verwahrt sich Dr. Müller-Meiningen gegen die
Unterstellung des Abg. Eichhorn, daß er den Pressevertretern
gewissermaßen eine öffentliche Rüge erteilt habe und verweist
auf den Wortlaut seiner Rede.

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Eichhorn wird das
Gehalt des Staatssekretärs bewilligt.

Der Ergänzungsetat wird auf Antrag des Abg.
Frhrn. v. Richthofen der Budgetkommission überwiesen.
Die Resolution Hompesch, betreffend die Maßregeln gegen
den Alkoholunfug in den Kolonien, wird angenommen, ebense
die Resolution Ablaß betreffend die Rechtspflege in den Kolo-
nien mit dem Amendement Müller-Meiningen, der anstatt
Kodifizierung Festsetzung setzen will, ebenso die Resolution Hom-
pesch,
die ebenfalls die Rechtspflege in den Kolonien ordnen
will, endlich die Resolution Treuenfels wegen Errichtung
eines Denkmals für die Gefallenen in Südwestafrika.

Darauf wird um 71/4 Uhr die Weiterberatung auf Freitag
1 Uhr vertagt.

Hof und Gesellschaft.

Prinzessin Marie Gabriele von Urach +.

-- Prinzessin Marie Gabriele von Urach, die
älteste Enkelin Sr. kgl. Hoheit des Herzogs Karl Theodor von
Bayern, ist heute nachmittag 11/2 Uhr einer doppelseitigen
Lungenentzündung, der Folge einer nur kurzen Influenza-
erkrankung, erlegen. Prinzessin Marie Gabriele, geboren am
22. Juni 1893, war das älteste Kind des Herzogs Wilhelm von
Urach und seiner in München noch in bester Erinnerung stehenden
Gemahlin, Herzogin Amalie in Bayern.

Prinzessin Marie Gabriele verbrachte jedes Jahr einige
Monate mit ihren Eltern bei Herzog und Herzogin Karl
Theodor
in Possenhofen und Bad Kreuth; die herzogliche
Familie wird durch die fast unerwartet kommende Nachricht von
dem Ableben der im blühendsten Lebensalter stehenden Prin-
zessin in tieffte Trauer versetzt.

-- Se. kgl. Hoheit der Prinzregent nahm gestern
mittag durch die Kommandeure des Infanterie-Leibregi-
ments, des 1. und 7. Feld-Artillerie-Regiments die Vor-
stellung der in diesen Regimentern neu ernannten Offiziere
entgegen.

-- Bei Sr. kgl. Hoheit dem Prinzregenten waren heute
außer der Erzherzogin Adelgunde von Modena, den Prin-
zessinnen Therese und Klara und dem Dienst noch zur
Tafel geladen: Friedrich Karl Graf von Schönborn.
Wiesentheid
mit Gemahlin, Emma Gräfin v. Obern-
dorff,
Schlüsseldame a. D., Therese Freifrau Bessere:
von Thalfingen, Hofdame a. D., Ferdinand v. Miller
lebenslänglicher Reichsrat, Akademiedirektor; Karl Jakok
Ritter v. Lavale, kgl. Geheimer Rat, Regierungsdirektor
Direktor der Pfälzischen Eisenbahnen, Hermann Kaul-
bach,
kgl. Professor und Kunstmaler.

-- Fürst Wilhelm von Hohenzollern, Kom-
mandeur der 3. Garde-Inf.-Brigade, der vor kurzem sein
Abschiedsgesuch
eingereicht hat, verläßt im Lau-
dieser Woche Berlin, um sich dauernd in Sigmaringer
niederzulassen.

-- Regierungsrat Frhr. Albrecht v. Tautphoeus begeh
hier am 27. d. M., wo er im Ruhestande lebt, seinen 80. Ge-
burtstag.

-- Den 75. Geburtstag beging gestern Generalmajor z. D
v. Ziegler. Se. kgl. Hoheit der Prinzregent ließ dem
General, der auch Ritter des Max Joseph-Ordens ist, einen,

[irrelevantes Material]

München, Samstag Allgemeine Zeitung 21. März 1908. Nr. 134.

ſeiten, beiſpielsweiſe die unſelige konfeſſionelle Verhetzung. Was
die Regierungsſchule in Dar-es-Salaam angeht, ſo hat die Maß-
regel des Staatsſekretärs böſes Blut gemacht. Ich hoffe, daß er
die Großzügigkeit, welche der Staatsſekretär auf wirtſchaftlichem
Gebiete bewieſen hat, auch auf das kulturelle Gebiet übertragen
werde.

(Lebhafter Beifall links.)

Staatsſekretär Dernburg:

Man muß, wenn man die Rechtspflege in den Kolonien
unterſucht, zweierlei unterſcheiden. Erſtens die Rechtspflege hin-
ſichtlich der Strafangelegenheiten der Weißen und hinſichtlich
der Weißen mit den Schwarzen, welche vor einem Gericht ſtatt-
finden und dann die Rechtsangelegenheiten der Schwarzen, welche
vor der Verwaltungsbehörde ausgetragen werden. Hinſichtlich
der Streitigkeiten, die erſtere betreffen, iſt die Trennung
von Juſtiz und Verwaltung
in allen Kolonien nahezu
durchgeführt. Was notwendig iſt und was auch Abg. Müller-
Meiningen hervorgehoben hat, iſt, daß genügend Perſonen für
die Rechtspflege vorhanden ſind. Das iſt bisher nicht der Fall
geweſen. Wir faſſen unſere Aufgabe dahin auf, daß wir den
Schwarzen eine der höheren Kultur entſprechende Rechtsordnung
zuführen. Das wird natürlich lange dauern. Was die Kodi-
fikation des Eingeborenenrechtes betrifft, ſo möchte ich mich für
meine Perſon für die Kodifikation erſt ausſprechen, wenn das
dazu erforderliche Material überhaupt vorliegt. Abg. Dr. Spahn
hat übrigens die Zuſammenſetzung der Kommiſſion neulich be-
mängelt. Dieſe iſt keine Parteiſache. Ich habe diejenigen Herren
aufgefordert, von denen ich angenomemn habe, daß ſie ſich lebhaft
dafür intereſſieren.

Im Zuſammenhang mit der Reſolution Hompeſch möchte
ich mitteilen, was ich mir unter den Eingeborenen-Kom-
miſſaren
vorgeſtellt habe. Dieſe Kommiſſare ſollen zunächſt
darauf ſehen, daß die für die Eingeborenen-Arbeiter erlaſſenen
Vorſchriften richtig durchgeführt werden. Zweitens ſollen ſie
eine Art ſchiedsmänniſcher Tätigkeit ausführen, aber nur bei-
Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis. Im übrigen ſollen
dieſe Angelegenheiten den ordentlichen Gerichten nicht entzogen
werden.

Ich muß mich nun mit der Rede des Abg. Erzberger
befaſſen und zunächſt auf einige Irrtümer hinweiſen. Zu-
nächſt iſt es ein Irrtum, daß ich mich früher über Südweſtafrika
mit außerordentlichem Optimismus ausgeſprochen hätte, der jetzt
erfreulicherweiſe verſchwunden ſei. Ich ſtehe noch heute auf dem
Standpunkt, daß die ſüdweſtafrikaniſche Kolonie die geſündeſte
und für die Weidewirtſchaft ausgezeichnet iſt. Auch daß ich mich
der Anſicht der Zentrumspartei ganz beſonders genähert hätte,
iſt ein Irrtum. Ich habe mich im Januar 1907 ganz genau ſo
ausgeſprochen wie jetzt. Es iſt möglich, daß Abg. Erzberger in
der Hitze des damaligen Wahlkampfes dies vielleicht nicht be-
merkt hat. Genau auf demſelben Standpunkt ſtehe ich noch heute.
Erſt muß der Menſch wirklich Bedürfniſſe bekommen. Erſt muß
er leiblich ſatt ſein, dann wird er auch ſeeliſch hungrig werden.
Dieſe meine Anſicht hat ein außerordentliches Echo unter der
ganzen Hörerſchaft gefunden. Bezüglich der Miſſionen kann mir
niemand einen Vorwurf machen, daß ich dieſe nicht moraliſch
unterſtützt hätte, öffentlich für ſie eingetreten wäre und ihre
Verdienſte hier im Hauſe anerkannt hätte. Aber ich halte die
Trennung der Aufgabe der Miſſion und die Verbreitung des
Chriſtentums ſowie die Durchführung einer Kolonialpolitik nach
wirtſchaftlichen und gerechten Geſichtspunkten zurzeit für das
Richtigſte für die Kolonien.

Ueber die beabſichtigte Beſchränkung des Reichs-
zuſchuſſes
für die Kolonien iſt ein Streit entſtanden. Ich
ſehe auch das nicht ein, warum nicht die Ausgaben, wie für die
Eiſenbahnen, in das Extraordinarium geſtellt und auf Anleihen
übernommen werden ſollen. Wir wiſſen aber jetzt, daß die
Kolonialbahnen nicht nur keine Zuſchüſſe brauchen, ſondern auch
noch Ueberſchüſſe bringen. Die Schulden müſſen nach unſerem
Vorſchlag in regelmäßiger Folge getilgt werden. Die Schutz-
gebiete werden ſich Sparſamkeit aufzuerlegen haben. Was die
Tilgungsdauer anbetrifft, ſehe ich nicht ein, warum das Schutz-
gebiet Togo ungünſtiger geſtellt werden ſoll als andere.


Vom Abg. v. Treuenfels (konſ.) iſt folgende Reſolution ein-
gegangen: Die verbündeten Regierungen zu erſuchen, im Reichs-
haushaltsetat 1909 eine Summe anzufordern zur Errichtung eines
Denkmals in der Reichshauptſtadt für die in Süd-
weſtafrika gefallenen Offiziere, Sanitäts-
offiziere, Militärbeamte, Unteroffiziere und
Mannſchaften.
Er tritt warm für die Reſolution ein.

Staatsſekretär Dernburg:

Dieſe warmen Worte, welche der Vorredner dem Andenken
der Gefallenen in Südweſtafrika gewidmet hat, werden gewiß
in jeder deutſchen Bruſt ein lebhaftes Echo finden. Auch auf
ſeiten der Verwaltung iſt dieſes Gefühl bereits ſeit langem
gehegt worden. Nun iſt ein Aufruf bereits unterwegs, der auch
von mir unterzeichnet worden iſt, der zu Beiträgen für ein Denk-
mal auffordert. Ich habe keinen Zweifel, daß er auch Erfolg
haben wird.

[Spaltenumbruch]

Ich möchte die Gelegenheit benützen, um Ihnen folgendes
mitzuteilen: Eine heute mittag von Oberſtleutnant
v. Eſtorff eingegangene Depeſche meldet:
„Am
16. März griff ein Expeditionskorps gegen Simon Copper unter
Führung des Hauptmanns Ecker die Werft Simon Coppers
mitten in der Kalahari an uſw. (ſ. S. 1).“ Meine Herren! Es
gibt wohl kaum ein Dokument, das mehr geeignet wäre, die
Worte des Vorredners zu unterſtreichen. (Beifall.) Leider muß
ich hinzufügen, daß auch in Kamerun nach einer uns zu-
gegangenen Nachricht der verdiente Hauptmann Glauning
in einem ſiegreichen Gefecht durch einen Kopfſchuß gefallen
iſt.
Ich glaube, das Wenigſte, was wir tun können, iſt das,
daß wir dieſen braven Leuten im Sinne der Reſolution ein
Denkmal errichten.


Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg (Rp.): Im Namen
meiner Freunde erkläre ich meine Zuſtimmung zu dem Antrage
v. Treuenfels. Wir werden den Guten ein ehrendes Andenken
bewahren.
(Beifall.) Der bisherige Verlauf der Debatte hat
gezeigt, daß zwiſchen der Verwaltung und dem Reichstag eine
größere Uebereinſtimmung herrſcht, als es früher der Fall war.
Die energiſche Tätigkeit des neuen Staatsſekretärs hat hierzu
ganz weſentlich beigetragen. Der Redner beſpricht die künftige
Verwaltung der Schutzgebiete, die Behandlung der Neger, die
Verbeſſerung der Verkehrswege und hofft, daß der neue Staats-
ſekretär, „der Mann der Praxis“, die Kolonien vorwärts bringt.

Vizepräſident Dr. Kämpf: Der Vorredner hat am Eingang
ſeiner Rede den Gefühlen Ausdruck gegeben, welche die Mit-
teilung des Staatsſekretärs des Reichskolonialamtes über die
neuerlichen Kämpfe in Südweſtafrika und
Kamerun
und die damit für uns verbundenen Verluſte her-
vorrufen mußten. Ich glaube, daß das geſamte Haus dieſe Ge-
fühle teilt. Ich bin der Anſicht, daß ich Ihren Gefühlen Aus-
druck gebe, wenn ich Sie bitte, in Ehrung dieſer gefallenen Offi-
ziere und Soldaten, ſowie derer, die in den früheren Kolonial-
kämpfen ihr Leben gelaſſen haben, ſich von den Plätzen
zu erheben.
(Allſeitige Zuſtimmung; die Mitglieder des
Hauſes und des Bundesrates haben ſich ſchon bei den erſten
Worten des Präſidenten von den Plätzen erhoben.)

Abg. Eichhorn (Soz.): Es iſt mir mitgeteilt worden, daß
Abg. Müller-Meiningen keineswegs den Auftrag der geſamten
Preſſe hatte, hier einem Preſſevertreter gewiſſermaßen
eine öffentliche Rüge zu erteilen. Wenn die Herren
auch einmal etwas lauter werden, ſo ſollten wir doch nicht gleich
ſo engherzig und kleinlich ſein, uns darüber beſonders aufzu-
regen. Ich denke, wir bilden uns alle nicht ein, unfehlbar zu
ſein. Die Herren oben haben ſehr ſchwer und lange zu arbeiten,
und ich denke, wir ſollten nicht gleich nervös werden, wenn ſie
ſich auch einmal etwas erlauben. Was den Kolonialetat an-
belangt, ſo weiß ich wirklich nicht, worin ſich das neue Syſtem
ſo ſehr von dem alten unterſcheidet.

Abg. Dr. Paaſche (nat.-lib.): Dem Abg. v. Treuenfels möchte
ich den Dank ausſprechen für ſeine Anregung, ein dauerndes
Denkmal zu errichten für die in ſchweren Kämpfen draußen Ge-
fallenen. Wir hoffen, daß es bald gelingen möge, den Frieden
ohne weitere große Opfer herzuſtellen. (Beifall.) Dem Staats-
ſekretär
danke ich, daß er ſich nicht mehr ſo hart und
ſchroff
wie in der erſten Rede in der Kommiſſion ausgeſprochen
hat. Ein prinzipieller Unterſchied zwiſchen den Anſchauungen
des Staatsſekretärs und Lieberts beſteht aber nicht. Nur die
Kolonien kommen vorwärts, bei denen Schwarze und Weiße
Hand in Hand gehen. Der ſchlimme Aufſtand in Südweſtafrika
iſt veranlaßt worden durch Hereros, die in der grauſamſten Weiſe
die friedlich neben ihnen lebenden Weißen hingemordet haben.
(Widerſpruch bei den Sozialdemokraten; Zuruf: Sie haben be-
trogen!) Mögen Betrügereien vorgekommen ſein, aber die
hinausgehen, ſind wahrhaftig nicht die ſchlechteſten Elemente.
Es handelt ſich hier um die Gründung eines Neudeutſchlands
für die heranwachſende Jugend. Ueber die Art der Finanzierung
der Eiſenbahnen im einzeinen werden wir uns ja in der Kom-
miſſion unterhalten. Dankbar bin ich dem Staatsſekretär, daß
er die Forderung für die Eiſenbahnen gebracht hat.
(Lebhafter
Beifall bei den Nationalliberalen.)

Präſident Graf Stolberg: Meine Herren! In den letzten
Tagen ſind mehrfach während der Reden einzelner Mitglieder
des Hauſes Aeußerungen des Mißfallens von der
Journaliſtentribüne
gegeben worden. Ich habe bereits
Gelegenheit gehabt, dieſe Störung der Ordnung zu rügen. Ich
will aber noch einmal darauf aufmerkſam machen, daß ich im
Wiederholungsfalle genötigt ſein würde, die Tribüne, von der
ſolche Störungen ausgehen, räumen zu laſſen. Wenn ein Mit-
glied des Hauſes gegenüber ſolchen Störungen einen von mir
nicht gehörten unparlamentariſchen Ausdruck

gebraucht hat, ſo bedauere ich das.

Staatsſekretär Dernburg:
Es könnte den Anſchein haben, als ob hier in der Ein-
geborenenfrage verſchiedene Anſchauungen ſich ſchroff gegenüber-
ſtehen.
(Während der erſten Worte des Staatsſekretärs ver-

[Spaltenumbruch]
* Brahms-Abend.

Karl Roesger, der beſonders als
Brahms-Spieler ſich einen ſehr geachteten Namen erworben hat
und als vornehm-künſtleriſch empfindender Pianiſt längſt be-
kannt iſt, gibt am 31. März im Hotel Bayeriſcher Hof einen
Klavierabend, der dem Gedächtnis Joh. Brahms’ gewidmet iſt.

* Lieder- und Balladen-Abend.

Kammerſänger Joſeph
Loritz, unſer trefflicher einheimiſcher Bariton, der wieder eine
Reihe der glänzendſten Erfolge hinter ſich hat, veranſtaltet am
Mittwoch, den 1. April, im Muſeum einen Lieder- und Balladen-
Abend, der den zahlreichen Verehrern des ſtimmgewaltigen und
geſchmackvollen Sängers höchſt aparate Genüſſe in Ausſicht ſtellt.


* Anna Hirzel-Langenhan und Prof. Felix Berber werden in
dem heute abend im Hotel Vier Jahreszeiten ſtattfindenden
Konzert als Schlußnummer des intereſſanten Programms die
Sonate von Beethoven in C-moll op. 30 Nr. 2 ſpielen. Die bereits
angekündigte Sonate von Dayas wird an einem ſpäteren Abend
zur Aufführung gelangen.

Bildende Kunſt.
* Eine große Wilhelm Buſch-Ausſtellung in München.

Wie wir hören, veranſtaltet die Galerie Heine-
mann
im Monat April eine umfangreiche Buſch Nach-
laß-Ausſtellung,
durch die das Lebenswerk des
Künſtlers nach allen Seiten hin beleuchtet wird. Die Sam-
melausſtellung wird ſich namentlich dadurch intereſſant ge-
ſtalten, daß eine große Anzahl bis jetzt unbekannter Ge-
mälde
an die Oeffentlichkeit kommt.


* Die van Gogh-Ausſtellung in der Modernen Kunſt-
handlung,
Goetheſtraße 64, wurde durch neun Werke noch er-
weitert. Die reichhaltige Kollektion zeigt in drei dichtgefüllten
Parterreſälen das Lebenswerk des am 30. März 1853 geborenen
und am 28. Juli 1890 verſtorbenen Künſtlers. Die Salzmann-
Ausſtellung iſt nicht unterbrochen, ſondern in den oberen Räumen
untergebracht worden. Auch 22 Werke von Profeſſor Charles
J. Palmié mit neuen „Stimmungen vom Marienplatz“ können
gegenwärtig in der Modernen Kunſthandlung (Goetheſtr. 64)
beſichtigt werden.

* Erledigter Wettbewerb.

In dem von der Deutſchen Geſell-
ſchaft für chriſtliche Kunſt veranſtalteten Wettbewerb für eine
teue katholiſche Kirche mit Pfarrhaus in Hamburg hat die Jury
folgende Preiſe verteilt: 1. Preis: Otho Orlando Kurz,
1. Preis: Wilhelm Käb und Oskar Zech, 3. Preis: Fritz
[Spaltenumbruch] Kunſt und 4. Preis: Hans Brühl. Belobt wurden die Ar-
beiten von Gebrüder Rank, Huber-Feldkirchen und Wil-
helm Wellerdick und Franz Schneider. Für den ganzen
Bau ſind 200,000 M flüſſig gemacht.

Bunte Chronik.
* Wolf oder Hund?

Ein merkwürdiger Streitfall ſchwebte
zwiſchen einem Gärtner und der Steuerbehörde in Weißenſee.
Es handelte ſich um die Beſteuerung eines Miſchlings zwiſchen
Hund und Wolf, wogegen der Beſitzer des Tieres Einſpruch erhob.
Das Verwaltungsgericht als oberſte Inſtanz entſchied auch in
dieſer Frage für die Steuerpflicht eines ſolchen Tieres mit der
Begründung, daß ein aus der Kreuzung von Hund und Wolf
ſtammendes Exemplar zur Hunderaſſe zu zählen ſei. Zu dieſer
Mitteilung ſendet der Direktor des Zoologiſchen Gartens Pro-
feſſor Heck dem Berliner Lokalanzeiger eine Zuſchrift, in der er
unter anderem folgendes bemerkt: „Bei den zahlreichen erklären-
den Führungen durch den Zoologiſchen Garten, die wir jährlich
auszuführen haben, geben wir uns, ſowohl ich ſelbſt als auch
unſer wiſſenſchaftlicher Aſſiſtent Herr Dr. Heinroth ſtets alle
Mühe, den Unterſchied zwiſchen Wildtierarten und Haustier-
raſſen klar zu machen, und der Inhalt Ihrer fraglichen Notiz
beweiſt wieder, wie notwendig das iſt. Ein Miſchling zwiſchen
Wolf und Hund kann niemals als eine Haushundraſſe bezeichnet
und dem Angehörigen einer ſolchen gleichgeſtellt werden; ebenſo-
wenig wie z. B. das Zebroid unſeres Gartens, ein Miſchling
zwiſchen Zebra und Pferd, ein Pferd iſt, irgendwelcher Pferde-
raſſe zugeteilt oder als eine neue Pferderaſſe bezeichnet werden
kann. Und ſo wenig z. B. die Pferdeaushebungskommiſſion vom
Zoologiſchen Garten die Vorführung dieſes Tieres verlangt und
ſeine Verwendung für den Kriegsfall in Betracht zieht, eben-
ſowenig kann meiner Ueberzeugung nach ein Miſchling zwiſchen
Wolf und Hund für einen Haushund erklärt und als ſolcher
beſteuert werden. Wohl aber können die Behörden die Frei-
haltung eines ſolchen Wolfhundemiſchlings als eines event. ge-
fährlichen Tieres verbieten und, wenn ſie die denkbar größte Vor-
ſicht walten laſſen wollen, wäre dieſes Verbot vielleicht ſogar an-
zuraten, wobei allerdings der perſönliche Charakter des Tieres
noch zu berückſichtigen wäre. Andrerſeits, wenn dem Weißenſeer
Gärtner geſtattet wird, ſeinen Halbblutwolf wie einen Hund
frei zu halten, ſo hat er auch durchaus keine Urſache, ſich darüber
zu beſchweren, daß er für das Tier Steuern bezahlen muß wie
für einen Hund.“

[Spaltenumbruch]

laſſen ſämtliche Journaliſten bis auf zwei die
Tribüne;
Heiterkeit bei einem großen Teil der Abgeordneten
Abg. Paaſche hat aber ſchon mit Recht geſagt, daß die Anſichten
nicht ſo verſchieden ſind. Wir wollen eine Arbeitsordnung, welche
das Verhältnis zwiſchen den Schwarzen und den Weißen regelt.
Ich muß es durchaus zurückweiſen, daß ich mich feindlich gegen
die Plantagenbeſitzer gewendet habe, und daß ich nur für die
Reger eingetreten ſei. Die Einrichtung des Eingeborenen-Kom-
miſſars und andere Einrichtungen ſollen dafür ſorgen, daß die
Farmer und die Pflanzer willige und mehr Arbeiter bekommen
als bisher. Ich will keine Ausbeutungspolitik, wie ſie mir Abg.
Eichhorn imputiert hat. Dieſer Ausdruck iſt überhaupt ſehr viel-
deutig. Der Wald und das Bergwerk werden auch ausgebeutet
Und wenn ich mir einen Sozius nehme als Bergwerksbeſitzer,
dann beute ich das Bergwerk und nicht den Sozius aus. (Große
Heiterkeit.) Ich empfinde es als koloſſale Ueberhebung, wenn
Abg. Eichhorn mir weniger Menſchenfreundlichkeit zuſchreiht, als
er und ſeine Partei den Eingeborenen gegenüber haben.
(Beifall.)

Damit ſchließt die Debatte.

Perſönlich verwahrt ſich Dr. Müller-Meiningen gegen die
Unterſtellung des Abg. Eichhorn, daß er den Preſſevertretern
gewiſſermaßen eine öffentliche Rüge erteilt habe und verweiſt
auf den Wortlaut ſeiner Rede.

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Eichhorn wird das
Gehalt des Staatsſekretärs bewilligt.

Der Ergänzungsetat wird auf Antrag des Abg.
Frhrn. v. Richthofen der Budgetkommiſſion überwieſen.
Die Reſolution Hompeſch, betreffend die Maßregeln gegen
den Alkoholunfug in den Kolonien, wird angenommen, ebenſe
die Reſolution Ablaß betreffend die Rechtspflege in den Kolo-
nien mit dem Amendement Müller-Meiningen, der anſtatt
Kodifizierung Feſtſetzung ſetzen will, ebenſo die Reſolution Hom-
peſch,
die ebenfalls die Rechtspflege in den Kolonien ordnen
will, endlich die Reſolution Treuenfels wegen Errichtung
eines Denkmals für die Gefallenen in Südweſtafrika.

Darauf wird um 7¼ Uhr die Weiterberatung auf Freitag
1 Uhr vertagt.

Hof und Geſellſchaft.

Prinzeſſin Marie Gabriele von Urach †.

— Prinzeſſin Marie Gabriele von Urach, die
älteſte Enkelin Sr. kgl. Hoheit des Herzogs Karl Theodor von
Bayern, iſt heute nachmittag 1½ Uhr einer doppelſeitigen
Lungenentzündung, der Folge einer nur kurzen Influenza-
erkrankung, erlegen. Prinzeſſin Marie Gabriele, geboren am
22. Juni 1893, war das älteſte Kind des Herzogs Wilhelm von
Urach und ſeiner in München noch in beſter Erinnerung ſtehenden
Gemahlin, Herzogin Amalie in Bayern.

Prinzeſſin Marie Gabriele verbrachte jedes Jahr einige
Monate mit ihren Eltern bei Herzog und Herzogin Karl
Theodor
in Poſſenhofen und Bad Kreuth; die herzogliche
Familie wird durch die faſt unerwartet kommende Nachricht von
dem Ableben der im blühendſten Lebensalter ſtehenden Prin-
zeſſin in tieffte Trauer verſetzt.

— Se. kgl. Hoheit der Prinzregent nahm geſtern
mittag durch die Kommandeure des Infanterie-Leibregi-
ments, des 1. und 7. Feld-Artillerie-Regiments die Vor-
ſtellung der in dieſen Regimentern neu ernannten Offiziere
entgegen.

— Bei Sr. kgl. Hoheit dem Prinzregenten waren heute
außer der Erzherzogin Adelgunde von Modena, den Prin-
zeſſinnen Thereſe und Klara und dem Dienſt noch zur
Tafel geladen: Friedrich Karl Graf von Schönborn.
Wieſentheid
mit Gemahlin, Emma Gräfin v. Obern-
dorff,
Schlüſſeldame a. D., Thereſe Freifrau Beſſere:
von Thalfingen, Hofdame a. D., Ferdinand v. Miller
lebenslänglicher Reichsrat, Akademiedirektor; Karl Jakok
Ritter v. Lavale, kgl. Geheimer Rat, Regierungsdirektor
Direktor der Pfälziſchen Eiſenbahnen, Hermann Kaul-
bach,
kgl. Profeſſor und Kunſtmaler.

— Fürſt Wilhelm von Hohenzollern, Kom-
mandeur der 3. Garde-Inf.-Brigade, der vor kurzem ſein
Abſchiedsgeſuch
eingereicht hat, verläßt im Lau-
dieſer Woche Berlin, um ſich dauernd in Sigmaringer
niederzulaſſen.

— Regierungsrat Frhr. Albrecht v. Tautphoeus begeh
hier am 27. d. M., wo er im Ruheſtande lebt, ſeinen 80. Ge-
burtstag.

— Den 75. Geburtstag beging geſtern Generalmajor z. D
v. Ziegler. Se. kgl. Hoheit der Prinzregent ließ dem
General, der auch Ritter des Max Joſeph-Ordens iſt, einen,

[irrelevantes Material]

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[Seite 4[4]/0004] München, Samstag Allgemeine Zeitung 21. März 1908. Nr. 134. ſeiten, beiſpielsweiſe die unſelige konfeſſionelle Verhetzung. Was die Regierungsſchule in Dar-es-Salaam angeht, ſo hat die Maß- regel des Staatsſekretärs böſes Blut gemacht. Ich hoffe, daß er die Großzügigkeit, welche der Staatsſekretär auf wirtſchaftlichem Gebiete bewieſen hat, auch auf das kulturelle Gebiet übertragen werde. (Lebhafter Beifall links.) Staatsſekretär Dernburg: Man muß, wenn man die Rechtspflege in den Kolonien unterſucht, zweierlei unterſcheiden. Erſtens die Rechtspflege hin- ſichtlich der Strafangelegenheiten der Weißen und hinſichtlich der Weißen mit den Schwarzen, welche vor einem Gericht ſtatt- finden und dann die Rechtsangelegenheiten der Schwarzen, welche vor der Verwaltungsbehörde ausgetragen werden. Hinſichtlich der Streitigkeiten, die erſtere betreffen, iſt die Trennung von Juſtiz und Verwaltung in allen Kolonien nahezu durchgeführt. Was notwendig iſt und was auch Abg. Müller- Meiningen hervorgehoben hat, iſt, daß genügend Perſonen für die Rechtspflege vorhanden ſind. Das iſt bisher nicht der Fall geweſen. Wir faſſen unſere Aufgabe dahin auf, daß wir den Schwarzen eine der höheren Kultur entſprechende Rechtsordnung zuführen. Das wird natürlich lange dauern. Was die Kodi- fikation des Eingeborenenrechtes betrifft, ſo möchte ich mich für meine Perſon für die Kodifikation erſt ausſprechen, wenn das dazu erforderliche Material überhaupt vorliegt. Abg. Dr. Spahn hat übrigens die Zuſammenſetzung der Kommiſſion neulich be- mängelt. Dieſe iſt keine Parteiſache. Ich habe diejenigen Herren aufgefordert, von denen ich angenomemn habe, daß ſie ſich lebhaft dafür intereſſieren. Im Zuſammenhang mit der Reſolution Hompeſch möchte ich mitteilen, was ich mir unter den Eingeborenen-Kom- miſſaren vorgeſtellt habe. Dieſe Kommiſſare ſollen zunächſt darauf ſehen, daß die für die Eingeborenen-Arbeiter erlaſſenen Vorſchriften richtig durchgeführt werden. Zweitens ſollen ſie eine Art ſchiedsmänniſcher Tätigkeit ausführen, aber nur bei- Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis. Im übrigen ſollen dieſe Angelegenheiten den ordentlichen Gerichten nicht entzogen werden. Ich muß mich nun mit der Rede des Abg. Erzberger befaſſen und zunächſt auf einige Irrtümer hinweiſen. Zu- nächſt iſt es ein Irrtum, daß ich mich früher über Südweſtafrika mit außerordentlichem Optimismus ausgeſprochen hätte, der jetzt erfreulicherweiſe verſchwunden ſei. Ich ſtehe noch heute auf dem Standpunkt, daß die ſüdweſtafrikaniſche Kolonie die geſündeſte und für die Weidewirtſchaft ausgezeichnet iſt. Auch daß ich mich der Anſicht der Zentrumspartei ganz beſonders genähert hätte, iſt ein Irrtum. Ich habe mich im Januar 1907 ganz genau ſo ausgeſprochen wie jetzt. Es iſt möglich, daß Abg. Erzberger in der Hitze des damaligen Wahlkampfes dies vielleicht nicht be- merkt hat. Genau auf demſelben Standpunkt ſtehe ich noch heute. Erſt muß der Menſch wirklich Bedürfniſſe bekommen. Erſt muß er leiblich ſatt ſein, dann wird er auch ſeeliſch hungrig werden. Dieſe meine Anſicht hat ein außerordentliches Echo unter der ganzen Hörerſchaft gefunden. Bezüglich der Miſſionen kann mir niemand einen Vorwurf machen, daß ich dieſe nicht moraliſch unterſtützt hätte, öffentlich für ſie eingetreten wäre und ihre Verdienſte hier im Hauſe anerkannt hätte. Aber ich halte die Trennung der Aufgabe der Miſſion und die Verbreitung des Chriſtentums ſowie die Durchführung einer Kolonialpolitik nach wirtſchaftlichen und gerechten Geſichtspunkten zurzeit für das Richtigſte für die Kolonien. Ueber die beabſichtigte Beſchränkung des Reichs- zuſchuſſes für die Kolonien iſt ein Streit entſtanden. Ich ſehe auch das nicht ein, warum nicht die Ausgaben, wie für die Eiſenbahnen, in das Extraordinarium geſtellt und auf Anleihen übernommen werden ſollen. Wir wiſſen aber jetzt, daß die Kolonialbahnen nicht nur keine Zuſchüſſe brauchen, ſondern auch noch Ueberſchüſſe bringen. Die Schulden müſſen nach unſerem Vorſchlag in regelmäßiger Folge getilgt werden. Die Schutz- gebiete werden ſich Sparſamkeit aufzuerlegen haben. Was die Tilgungsdauer anbetrifft, ſehe ich nicht ein, warum das Schutz- gebiet Togo ungünſtiger geſtellt werden ſoll als andere. Vom Abg. v. Treuenfels (konſ.) iſt folgende Reſolution ein- gegangen: Die verbündeten Regierungen zu erſuchen, im Reichs- haushaltsetat 1909 eine Summe anzufordern zur Errichtung eines Denkmals in der Reichshauptſtadt für die in Süd- weſtafrika gefallenen Offiziere, Sanitäts- offiziere, Militärbeamte, Unteroffiziere und Mannſchaften. Er tritt warm für die Reſolution ein. Staatsſekretär Dernburg: Dieſe warmen Worte, welche der Vorredner dem Andenken der Gefallenen in Südweſtafrika gewidmet hat, werden gewiß in jeder deutſchen Bruſt ein lebhaftes Echo finden. Auch auf ſeiten der Verwaltung iſt dieſes Gefühl bereits ſeit langem gehegt worden. Nun iſt ein Aufruf bereits unterwegs, der auch von mir unterzeichnet worden iſt, der zu Beiträgen für ein Denk- mal auffordert. Ich habe keinen Zweifel, daß er auch Erfolg haben wird. Ich möchte die Gelegenheit benützen, um Ihnen folgendes mitzuteilen: Eine heute mittag von Oberſtleutnant v. Eſtorff eingegangene Depeſche meldet: „Am 16. März griff ein Expeditionskorps gegen Simon Copper unter Führung des Hauptmanns Ecker die Werft Simon Coppers mitten in der Kalahari an uſw. (ſ. S. 1).“ Meine Herren! Es gibt wohl kaum ein Dokument, das mehr geeignet wäre, die Worte des Vorredners zu unterſtreichen. (Beifall.) Leider muß ich hinzufügen, daß auch in Kamerun nach einer uns zu- gegangenen Nachricht der verdiente Hauptmann Glauning in einem ſiegreichen Gefecht durch einen Kopfſchuß gefallen iſt. Ich glaube, das Wenigſte, was wir tun können, iſt das, daß wir dieſen braven Leuten im Sinne der Reſolution ein Denkmal errichten. Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg (Rp.): Im Namen meiner Freunde erkläre ich meine Zuſtimmung zu dem Antrage v. Treuenfels. Wir werden den Guten ein ehrendes Andenken bewahren. (Beifall.) Der bisherige Verlauf der Debatte hat gezeigt, daß zwiſchen der Verwaltung und dem Reichstag eine größere Uebereinſtimmung herrſcht, als es früher der Fall war. Die energiſche Tätigkeit des neuen Staatsſekretärs hat hierzu ganz weſentlich beigetragen. Der Redner beſpricht die künftige Verwaltung der Schutzgebiete, die Behandlung der Neger, die Verbeſſerung der Verkehrswege und hofft, daß der neue Staats- ſekretär, „der Mann der Praxis“, die Kolonien vorwärts bringt. Vizepräſident Dr. Kämpf: Der Vorredner hat am Eingang ſeiner Rede den Gefühlen Ausdruck gegeben, welche die Mit- teilung des Staatsſekretärs des Reichskolonialamtes über die neuerlichen Kämpfe in Südweſtafrika und Kamerun und die damit für uns verbundenen Verluſte her- vorrufen mußten. Ich glaube, daß das geſamte Haus dieſe Ge- fühle teilt. Ich bin der Anſicht, daß ich Ihren Gefühlen Aus- druck gebe, wenn ich Sie bitte, in Ehrung dieſer gefallenen Offi- ziere und Soldaten, ſowie derer, die in den früheren Kolonial- kämpfen ihr Leben gelaſſen haben, ſich von den Plätzen zu erheben. (Allſeitige Zuſtimmung; die Mitglieder des Hauſes und des Bundesrates haben ſich ſchon bei den erſten Worten des Präſidenten von den Plätzen erhoben.) Abg. Eichhorn (Soz.): Es iſt mir mitgeteilt worden, daß Abg. Müller-Meiningen keineswegs den Auftrag der geſamten Preſſe hatte, hier einem Preſſevertreter gewiſſermaßen eine öffentliche Rüge zu erteilen. Wenn die Herren auch einmal etwas lauter werden, ſo ſollten wir doch nicht gleich ſo engherzig und kleinlich ſein, uns darüber beſonders aufzu- regen. Ich denke, wir bilden uns alle nicht ein, unfehlbar zu ſein. Die Herren oben haben ſehr ſchwer und lange zu arbeiten, und ich denke, wir ſollten nicht gleich nervös werden, wenn ſie ſich auch einmal etwas erlauben. Was den Kolonialetat an- belangt, ſo weiß ich wirklich nicht, worin ſich das neue Syſtem ſo ſehr von dem alten unterſcheidet. Abg. Dr. Paaſche (nat.-lib.): Dem Abg. v. Treuenfels möchte ich den Dank ausſprechen für ſeine Anregung, ein dauerndes Denkmal zu errichten für die in ſchweren Kämpfen draußen Ge- fallenen. Wir hoffen, daß es bald gelingen möge, den Frieden ohne weitere große Opfer herzuſtellen. (Beifall.) Dem Staats- ſekretär danke ich, daß er ſich nicht mehr ſo hart und ſchroff wie in der erſten Rede in der Kommiſſion ausgeſprochen hat. Ein prinzipieller Unterſchied zwiſchen den Anſchauungen des Staatsſekretärs und Lieberts beſteht aber nicht. Nur die Kolonien kommen vorwärts, bei denen Schwarze und Weiße Hand in Hand gehen. Der ſchlimme Aufſtand in Südweſtafrika iſt veranlaßt worden durch Hereros, die in der grauſamſten Weiſe die friedlich neben ihnen lebenden Weißen hingemordet haben. (Widerſpruch bei den Sozialdemokraten; Zuruf: Sie haben be- trogen!) Mögen Betrügereien vorgekommen ſein, aber die hinausgehen, ſind wahrhaftig nicht die ſchlechteſten Elemente. Es handelt ſich hier um die Gründung eines Neudeutſchlands für die heranwachſende Jugend. Ueber die Art der Finanzierung der Eiſenbahnen im einzeinen werden wir uns ja in der Kom- miſſion unterhalten. Dankbar bin ich dem Staatsſekretär, daß er die Forderung für die Eiſenbahnen gebracht hat. (Lebhafter Beifall bei den Nationalliberalen.) Präſident Graf Stolberg: Meine Herren! In den letzten Tagen ſind mehrfach während der Reden einzelner Mitglieder des Hauſes Aeußerungen des Mißfallens von der Journaliſtentribüne gegeben worden. Ich habe bereits Gelegenheit gehabt, dieſe Störung der Ordnung zu rügen. Ich will aber noch einmal darauf aufmerkſam machen, daß ich im Wiederholungsfalle genötigt ſein würde, die Tribüne, von der ſolche Störungen ausgehen, räumen zu laſſen. Wenn ein Mit- glied des Hauſes gegenüber ſolchen Störungen einen von mir nicht gehörten unparlamentariſchen Ausdruck gebraucht hat, ſo bedauere ich das. Staatsſekretär Dernburg: Es könnte den Anſchein haben, als ob hier in der Ein- geborenenfrage verſchiedene Anſchauungen ſich ſchroff gegenüber- ſtehen. (Während der erſten Worte des Staatsſekretärs ver- * Brahms-Abend. Karl Roesger, der beſonders als Brahms-Spieler ſich einen ſehr geachteten Namen erworben hat und als vornehm-künſtleriſch empfindender Pianiſt längſt be- kannt iſt, gibt am 31. März im Hotel Bayeriſcher Hof einen Klavierabend, der dem Gedächtnis Joh. Brahms’ gewidmet iſt. * Lieder- und Balladen-Abend. Kammerſänger Joſeph Loritz, unſer trefflicher einheimiſcher Bariton, der wieder eine Reihe der glänzendſten Erfolge hinter ſich hat, veranſtaltet am Mittwoch, den 1. April, im Muſeum einen Lieder- und Balladen- Abend, der den zahlreichen Verehrern des ſtimmgewaltigen und geſchmackvollen Sängers höchſt aparate Genüſſe in Ausſicht ſtellt. * Anna Hirzel-Langenhan und Prof. Felix Berber werden in dem heute abend im Hotel Vier Jahreszeiten ſtattfindenden Konzert als Schlußnummer des intereſſanten Programms die Sonate von Beethoven in C-moll op. 30 Nr. 2 ſpielen. Die bereits angekündigte Sonate von Dayas wird an einem ſpäteren Abend zur Aufführung gelangen. Bildende Kunſt. * Eine große Wilhelm Buſch-Ausſtellung in München. Wie wir hören, veranſtaltet die Galerie Heine- mann im Monat April eine umfangreiche Buſch Nach- laß-Ausſtellung, durch die das Lebenswerk des Künſtlers nach allen Seiten hin beleuchtet wird. Die Sam- melausſtellung wird ſich namentlich dadurch intereſſant ge- ſtalten, daß eine große Anzahl bis jetzt unbekannter Ge- mälde an die Oeffentlichkeit kommt. * Die van Gogh-Ausſtellung in der Modernen Kunſt- handlung, Goetheſtraße 64, wurde durch neun Werke noch er- weitert. Die reichhaltige Kollektion zeigt in drei dichtgefüllten Parterreſälen das Lebenswerk des am 30. März 1853 geborenen und am 28. Juli 1890 verſtorbenen Künſtlers. Die Salzmann- Ausſtellung iſt nicht unterbrochen, ſondern in den oberen Räumen untergebracht worden. Auch 22 Werke von Profeſſor Charles J. Palmié mit neuen „Stimmungen vom Marienplatz“ können gegenwärtig in der Modernen Kunſthandlung (Goetheſtr. 64) beſichtigt werden. * Erledigter Wettbewerb. In dem von der Deutſchen Geſell- ſchaft für chriſtliche Kunſt veranſtalteten Wettbewerb für eine teue katholiſche Kirche mit Pfarrhaus in Hamburg hat die Jury folgende Preiſe verteilt: 1. Preis: Otho Orlando Kurz, 1. Preis: Wilhelm Käb und Oskar Zech, 3. Preis: Fritz Kunſt und 4. Preis: Hans Brühl. Belobt wurden die Ar- beiten von Gebrüder Rank, Huber-Feldkirchen und Wil- helm Wellerdick und Franz Schneider. Für den ganzen Bau ſind 200,000 M flüſſig gemacht. Bunte Chronik. * Wolf oder Hund? Ein merkwürdiger Streitfall ſchwebte zwiſchen einem Gärtner und der Steuerbehörde in Weißenſee. Es handelte ſich um die Beſteuerung eines Miſchlings zwiſchen Hund und Wolf, wogegen der Beſitzer des Tieres Einſpruch erhob. Das Verwaltungsgericht als oberſte Inſtanz entſchied auch in dieſer Frage für die Steuerpflicht eines ſolchen Tieres mit der Begründung, daß ein aus der Kreuzung von Hund und Wolf ſtammendes Exemplar zur Hunderaſſe zu zählen ſei. Zu dieſer Mitteilung ſendet der Direktor des Zoologiſchen Gartens Pro- feſſor Heck dem Berliner Lokalanzeiger eine Zuſchrift, in der er unter anderem folgendes bemerkt: „Bei den zahlreichen erklären- den Führungen durch den Zoologiſchen Garten, die wir jährlich auszuführen haben, geben wir uns, ſowohl ich ſelbſt als auch unſer wiſſenſchaftlicher Aſſiſtent Herr Dr. Heinroth ſtets alle Mühe, den Unterſchied zwiſchen Wildtierarten und Haustier- raſſen klar zu machen, und der Inhalt Ihrer fraglichen Notiz beweiſt wieder, wie notwendig das iſt. Ein Miſchling zwiſchen Wolf und Hund kann niemals als eine Haushundraſſe bezeichnet und dem Angehörigen einer ſolchen gleichgeſtellt werden; ebenſo- wenig wie z. B. das Zebroid unſeres Gartens, ein Miſchling zwiſchen Zebra und Pferd, ein Pferd iſt, irgendwelcher Pferde- raſſe zugeteilt oder als eine neue Pferderaſſe bezeichnet werden kann. Und ſo wenig z. B. die Pferdeaushebungskommiſſion vom Zoologiſchen Garten die Vorführung dieſes Tieres verlangt und ſeine Verwendung für den Kriegsfall in Betracht zieht, eben- ſowenig kann meiner Ueberzeugung nach ein Miſchling zwiſchen Wolf und Hund für einen Haushund erklärt und als ſolcher beſteuert werden. Wohl aber können die Behörden die Frei- haltung eines ſolchen Wolfhundemiſchlings als eines event. ge- fährlichen Tieres verbieten und, wenn ſie die denkbar größte Vor- ſicht walten laſſen wollen, wäre dieſes Verbot vielleicht ſogar an- zuraten, wobei allerdings der perſönliche Charakter des Tieres noch zu berückſichtigen wäre. Andrerſeits, wenn dem Weißenſeer Gärtner geſtattet wird, ſeinen Halbblutwolf wie einen Hund frei zu halten, ſo hat er auch durchaus keine Urſache, ſich darüber zu beſchweren, daß er für das Tier Steuern bezahlen muß wie für einen Hund.“ laſſen ſämtliche Journaliſten bis auf zwei die Tribüne; Heiterkeit bei einem großen Teil der Abgeordneten Abg. Paaſche hat aber ſchon mit Recht geſagt, daß die Anſichten nicht ſo verſchieden ſind. Wir wollen eine Arbeitsordnung, welche das Verhältnis zwiſchen den Schwarzen und den Weißen regelt. Ich muß es durchaus zurückweiſen, daß ich mich feindlich gegen die Plantagenbeſitzer gewendet habe, und daß ich nur für die Reger eingetreten ſei. Die Einrichtung des Eingeborenen-Kom- miſſars und andere Einrichtungen ſollen dafür ſorgen, daß die Farmer und die Pflanzer willige und mehr Arbeiter bekommen als bisher. Ich will keine Ausbeutungspolitik, wie ſie mir Abg. Eichhorn imputiert hat. Dieſer Ausdruck iſt überhaupt ſehr viel- deutig. Der Wald und das Bergwerk werden auch ausgebeutet Und wenn ich mir einen Sozius nehme als Bergwerksbeſitzer, dann beute ich das Bergwerk und nicht den Sozius aus. (Große Heiterkeit.) Ich empfinde es als koloſſale Ueberhebung, wenn Abg. Eichhorn mir weniger Menſchenfreundlichkeit zuſchreiht, als er und ſeine Partei den Eingeborenen gegenüber haben. (Beifall.) Damit ſchließt die Debatte. Perſönlich verwahrt ſich Dr. Müller-Meiningen gegen die Unterſtellung des Abg. Eichhorn, daß er den Preſſevertretern gewiſſermaßen eine öffentliche Rüge erteilt habe und verweiſt auf den Wortlaut ſeiner Rede. Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Eichhorn wird das Gehalt des Staatsſekretärs bewilligt. Der Ergänzungsetat wird auf Antrag des Abg. Frhrn. v. Richthofen der Budgetkommiſſion überwieſen. Die Reſolution Hompeſch, betreffend die Maßregeln gegen den Alkoholunfug in den Kolonien, wird angenommen, ebenſe die Reſolution Ablaß betreffend die Rechtspflege in den Kolo- nien mit dem Amendement Müller-Meiningen, der anſtatt Kodifizierung Feſtſetzung ſetzen will, ebenſo die Reſolution Hom- peſch, die ebenfalls die Rechtspflege in den Kolonien ordnen will, endlich die Reſolution Treuenfels wegen Errichtung eines Denkmals für die Gefallenen in Südweſtafrika. Darauf wird um 7¼ Uhr die Weiterberatung auf Freitag 1 Uhr vertagt. Hof und Geſellſchaft. * München, 20. März. Prinzeſſin Marie Gabriele von Urach †. — Prinzeſſin Marie Gabriele von Urach, die älteſte Enkelin Sr. kgl. Hoheit des Herzogs Karl Theodor von Bayern, iſt heute nachmittag 1½ Uhr einer doppelſeitigen Lungenentzündung, der Folge einer nur kurzen Influenza- erkrankung, erlegen. Prinzeſſin Marie Gabriele, geboren am 22. Juni 1893, war das älteſte Kind des Herzogs Wilhelm von Urach und ſeiner in München noch in beſter Erinnerung ſtehenden Gemahlin, Herzogin Amalie in Bayern. Prinzeſſin Marie Gabriele verbrachte jedes Jahr einige Monate mit ihren Eltern bei Herzog und Herzogin Karl Theodor in Poſſenhofen und Bad Kreuth; die herzogliche Familie wird durch die faſt unerwartet kommende Nachricht von dem Ableben der im blühendſten Lebensalter ſtehenden Prin- zeſſin in tieffte Trauer verſetzt. — Se. kgl. Hoheit der Prinzregent nahm geſtern mittag durch die Kommandeure des Infanterie-Leibregi- ments, des 1. und 7. Feld-Artillerie-Regiments die Vor- ſtellung der in dieſen Regimentern neu ernannten Offiziere entgegen. — Bei Sr. kgl. Hoheit dem Prinzregenten waren heute außer der Erzherzogin Adelgunde von Modena, den Prin- zeſſinnen Thereſe und Klara und dem Dienſt noch zur Tafel geladen: Friedrich Karl Graf von Schönborn. Wieſentheid mit Gemahlin, Emma Gräfin v. Obern- dorff, Schlüſſeldame a. D., Thereſe Freifrau Beſſere: von Thalfingen, Hofdame a. D., Ferdinand v. Miller lebenslänglicher Reichsrat, Akademiedirektor; Karl Jakok Ritter v. Lavale, kgl. Geheimer Rat, Regierungsdirektor Direktor der Pfälziſchen Eiſenbahnen, Hermann Kaul- bach, kgl. Profeſſor und Kunſtmaler. — Fürſt Wilhelm von Hohenzollern, Kom- mandeur der 3. Garde-Inf.-Brigade, der vor kurzem ſein Abſchiedsgeſuch eingereicht hat, verläßt im Lau- dieſer Woche Berlin, um ſich dauernd in Sigmaringer niederzulaſſen. — Regierungsrat Frhr. Albrecht v. Tautphoeus begeh hier am 27. d. M., wo er im Ruheſtande lebt, ſeinen 80. Ge- burtstag. — Den 75. Geburtstag beging geſtern Generalmajor z. D v. Ziegler. Se. kgl. Hoheit der Prinzregent ließ dem General, der auch Ritter des Max Joſeph-Ordens iſt, einen, _

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 135, 21. März 1908, S. Seite 4[4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine135_1908/4>, abgerufen am 24.11.2024.