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Allgemeine Zeitung, Nr. 131, 19. März 1908.

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Nr. 131. München, Donnerstag. Allgemeine Zeitung 19. März 1908.

* Der Bayerische Landesfischereiverein hält seine Ge-
neralversammlung am 5. April 1908, vormittags 10 Uhr,
im Sitzungssaale des Bayerischen Landwirtschaftsrates in
München ab. Auf der Tagesordnung steht außer den lau-
fenden geschäftlichen Angelegenheiten ein Vortrag des Pro-
fessors Dr. Hofer: Grundzüge für die Revision der Landes-
fischereiordnung.


* Der Reichssaal zu Regensburg und seine Neben-
räume im Rathaus zu Regensburg, die 143 Jahre lang der
Sitz des "immerwährenden" Reichstags waren, bedürfen
dringendst einer würdigen Instandsetzung. Aber mit der
Ablehnung des erbetenen Staatszuschusses von 70,000 M
durch das Kultusministerium ist das von der Stadt eifrig
vorbereitete vaterländische Unternehmen stark gefährdet.
Die städtischen Kollegien haben sich nun neuerdings an
das Kultus- und an das Finanzministerium, sowie an die
beiden Kammern des Landtags gewendet mit der Bitte,
eine Nachtragsforderung in der angegebenen Höhe für die
29. Finanzperiode beantragen und genehmigen zu wollen.
Die Vordringlichkeit der Bitte begründet sehr eindringlich
eine sorgfältig begründete Denkschrift samt Gutachten durch
die Schilderung des Zustandes des Reichssaales und seiner
Nebenräume. Hiezu kommt, daß in Regensburg für das
Jahr 1910 eine Kreisausstellung für Industrie, Gewerbe
und Landwirtschaft zugerüstet wird, durch die man zugleich
die Hundertjahrfeier der Zugehörigkeit Regens-
burgs zur Krone Bayerns dankbarsten Herzens begehen
will. Bei diesem Anlaß hofft die Stadt, vielen erlauchten
Sprossen unseres Königshauses und manchem Fürsten un-
seres weiteren Vaterlandes huldigen, aber auch zahlreiche
Vereinigungen und Tagungen, wie Altertumsvereine,
Denkmalspflegetag, gastlich begrüßen zu dürfen.
Allen willkommenen Gästen aber die Ruine des Reichs-
saales und den mangelhaften Zustand seiner Nebenräume
vor Augen zu führen, wäre geradezu unmöglich.

Amtliche Nachrichten.
* Südwestafrika-Münze.

Der Kaiser hat nachstehenden
Mitgliedern des Bayerischen Frauen-Vereins vom Roten Kreuz
die Südwestafrika-Münze verliehen:

Karl * Aichinger,
Großkaufmann in Bamberg; Freifrau Margarete * Andrian-
Werburg. Regierungspräsidentensgattin in Landshut; Elisabeth
* Auernhammer, Fabrikbesitzersgattin in Treuchtlingen; Georg
* Baumann, Fabrikbesitzer in Amberg; J. * Braun. Bezirksamt-
mannsgattin in Gerolzhofen; A. * v. Brettreich, Staatsministers-
gattin in München; Gräfin Th. * Dürckheim, Oberhofmeisterin in
München; L. * Dittmar, Bezirksgeometersgattin in Simbach am
Inn; Dr. V. * Eisenstaedt, prakt. Arzt in Pappenheim; E.
* Flessa, Hofrats und Bürgermeistersgattin. Kulmbach; F.
* Funk, Oberleutnantsgattin, Markt Zeuln; Freifrau O. * von
Gebsattel. Oberhofmeisterswitwe, Bamberg; L. * Gick, Bezirks-
amtmannsgattin, Kulmbach; M. * Gießen, Weingutsbesitzersgat-
tin, Deidesheim; L. * Grohe, Kaufmannswitwe, Speyer; M.
* Hattemer, Regierungsratsgattin. Eggenfelden; A. * Haller,
Oberstensgattin, Amberg; A. * Helfrich, Weingutsbesitzersgattin,
Wachenheim; J. * Hoggenmüller, Regierungsratsgattin, Weiden;
Frhr. K. Junker * v. Bigato, kgl. Major z. D., München; Sus.
* Kempf, Direktorswitwe, Pasing; M. * Kirchdoerffer, Kommer-
zienrat, München; A. * Kittl, Regierungsratsgattin, Ansbach;
Freifrau R. * Kotzau, Gutsbesitzersgattin, Hof; A. * Krauß, Kom-
merzienratsgattin, Lichtenfels; A. Freifrau * Kreß v. Kreßenstein,
Justizratsgattin, Nürnberg; K. * Laber, Regierungsassessor,
Augsburg; Baronin E. * La Roche du Jarry. Stiftsdame, Mün-
chen; A. * Leipert, Bankiersgattin. Kempten; J. * Lenk v. Dit-
tersberg. Regierungsratsgattin, Deggendorf; L. * Lutz. Bezirks-
amtmannsgattin, Erding; V. * v. Malaise, Generalleutuants-
gattin, München; Chr. * Merk, kgl. portugiesischer Konsul, Nürn-
berg; E. * Müller, Regierungsratsgattin, Stodtamhof; Math.
* Müller. Dekansgattin, Kitzingen a. M.; J. * Nagel. Oberleut-
nant a. D., München; W. * v. Neuffer, Regierungspräsidentens-
gattin, Speyer; G. * Ossenbrunner, Regierungsratsgattin, Min-
delheim; J. * v. Praun, Regierungspräsidentensgattin, Augs-
burg; M. * v. Reiger, Hofratsgattin, Nördlingen; M. * Ritzler,
Regierungsratsgattin. Miesbach; Frhr. H. * v. Rotenhan, kgl.
Kämmerer und Oberst z. D., München; L. * Schaal, Kommerzien-
ratsgattin, Forchheim; M. * Schützinger, Hofratsgattin, Lindau;
L. * Schwinn, Kommerzienratsgattin, Zweibrücken; Philipp
* Speißer, Kommerzienrat. Würzburg; K. Ritter * v. Schallern.
Oberst a. D., Nürnberg; A. * Scherer, Hofratsgattin. Memmin-
gen: B. * Stobaeus, Regierungsratsgattin, Wolfratshausen: Fr.
* Stockbauer, Brauereibesitzer, Passau; Freifrau * v. Stengel, Re-
gierungsratsgattin, Starnberg; M. * Streit, Regierungsratsgat-
tin, Sulzbach: B. * Stumpf. Hofratsgattin. Kaufbeuren: Frhr.
F. * Tautphoeus. kgl. Kämmerer, Oberst a. D., München; K.
* Wittmann, Brauereibesitzer, Landshut; E. * Zacherl, Offizials-
gattin, Pappenheim; E. * Zemsch, Bankoberbeamtensgattin,
Aschaffenburg; M. * v. Zwehl, Generalleutnantsgattin, München;
J. * Duetsch, Rechtsrat, Landshut; J. * Schwarz, kgl. Regie-
rungs- und Präsidialsekretär, Regensburg; Gräfin L. * v. Lux-
burg, kgl. Palastdame, Würzburg.

Bayerischer Landtag.
104. öffentliche Sitzung der Kammer der Abgeordneten.

Am Ministertisch: Staatsminister des Innern v. Brett-
reich.

Präsident Dr. v. Orterer eröffnet nach 9 Uhr die Sitzung.

Die Beratung über den
Etat des kgl. Staatsministeriums des Innern
wird fortgesetzt beim Etat für Arbeiterversicherung
und Arbeitsvermittlung.
Mehr gefordert werden hier
7215 M für Besoldungen sowie neu verlangt die Mittel zur Aus-
stellung eines zweiten Referenten im Hauptamt (Regierungs-
rats) und je eines weiteren richterlichen und nichtrichterlichen
ständigen Mitgliedes im Nebenamte.

Abg. Dorn (Soz.) klagt über mangelhafte Anbringung von
Schutzvorrichtungen, besonders in landwirtschaftlichen Betrieben.
Redner spricht dann über die Unfälle in gewerblichen Betrieben
und den Kampf zwischen den Verletzten und den Berufsgenossen-
schaften. Er kritisiert dann die Institution der Vertrauens-
ärzte;
der Verletzte steht ihnen machtlos gegenüber. Die In-
stitute zur Behandlung Unfallverletzter arbeiten oft schlecht. Man
nenne diese Institute "Rentenquetschen". Die Staatskontrolle
sei ungenügend; die Kontrollbesuche würden meistens vorher an-
gesagt. Besonders habe man in den Arbeitersekretariaten über
die verspätete Rentenfestsetzung zu klagen; in dieser Hinsicht gehe
sonders die Bayerische Baugewerksberufs-
genossenschaft
mit sehr schlechtem Beispiel voran.
Redner schildert dann einige Fälle. Dabei ertönen Zwischen-
rufe aus den Reihen der Sozialdemokraten: "Schlamperei!".
[Spaltenumbruch] "Skandal!", "Feine Gesellschaft!") Redner fragt dann nach dem
Verbleib der 75,000 M, welche bei Gründung der Baugewerks-
berufsgenossenschaft von den Mitgliedern einbezahlt worden
seien. Gerade bei dieser Berufsgenossenschaft sollte in allernächster
Zeit eine gründliche Kontrolle vorgenommen werden. Es folgen
weitere Wünsche bezüglich der gerichtlichen Sachver-
ständigen
bei den Schiedsgerichten und der Invaliden-
versicherungsgesetzgebung.
Für Heilzwecke müßten
weit größere Summen als bisher aufgewendet werden. Die
Kosten für die ärztlichen Untersuchungen müßten die Berufs-
genossenschaften tragen. Redner schließt mit dem Wunsche nach
Zusammenlegung der Arbeiterversicherungen.

Abg. Osel (Zentr.): Es sei nicht zu verkennen, daß die
Arbeiterversicherung eine große Belastung für die Gemeinden
bringe; aber die Gemeinden mögen sich vor Augen halten, daß
durch die Arbeiterversicherung die Armenfürsorge der Gemeinden
entlastet werde. In der Invalidenversicherung der Heimarbeiter
habe er die traurigsten Erfahrungen gemacht. Das Landesver-
sicherungsamt wahre seine Kompetenzen nicht energisch genug
gegenüber den Berufsgenossenschaften.

Abg. Gerichten (lib.): Die Arbeiterversicherung ist ein stolzer
Bau, der vielfach die Bewunderung des Auslandes erregt. Aber
das kann uns nicht abhalten, berechtigte Kritik zu üben an her-
vorgetretenen Mißständen. Vor allem ist die Art, wie die großen
Kapitalien der Versicherungsanstalten angelegt werden, zu be-
mängeln. Bei der Höhe der in Betracht kommenden Summen
ist es um so verwunderlicher, daß es mit sehr großen Schwierig-
keiten verbunden ist, von den Versicherungsanstalten Geld für
humanitäre Zwecke zu bekommen. Auch kleine Darlehen für den
Bau von Arbeiterwohnungen sind häufig schwer zu
erhalten. Es fehlt in Bayern an einem einheitlichen Programm
für sämtliche Versicherungsanstalten. Auch in der Handhabung
der Aufsicht und in der Kontrolle des Kassawesens müssen ein-
heitliche Grundsätze eingeführt werden. Ein weiterer Mißstand
ist es, daß manche Gewerbe von der Aufnahme in die Versicherung
ausgeschlossen sind.

Abg. Söldner (Fr. Vgg. auf der Tribüne fast unverständ-
lich) verwahrt sich gegen den Vorwurf, daß die Landwirtschaft
ihre Arbeiter nicht genügend aufkläre.

Abg. Schwarz (Zentr.) stimmt den Ausführungen des Abg.
Dorn bei und anerkennt, daß auf dem flachen Lande in manchen
Punkten wenig Klarheit geschaffen sei.

Abg. Timm (Soz.) beleuchtet die Mißstände in der bayeri-
schen Baugewerksberufsgenossenschaft und weist auf die Kalami-
tät hin, die darin besteht, daß die Hausgewerbetreiben-
den
zwar krankenversicherungspflichtig, aber nicht invalidenver-
sicherungspflichtig seien. Durch Ausdehnung der Zwangsversiche-
tung auf die Hausgewerbetreibenden könnte man einheitliche
Verhältnisse schaffen. Die segensreiche Tätigkeit des Landes-
versicherungsamtes
sei anzuerkennen; er habe die Ueber-
zeugung, daß hier objektiv Recht gesprochen werde.

Abg. Schmidt-Selb (lib.) kommt auf die seinerzeitige Be-
leidigungsklage des Abg. Segitz gegen ihn zu sprechen, die er
beim Etat des Landtags nochmals ausführlich zur Sprache
bringen werde. Durch die Angaben der Abgg. Dorn und Osel
sei er vollkommen gerechtfertigt. Er kommt dann auf die
Rentenverzögerung zu sprechen, gegen die man heute schon auf
Grund der Gesetze vorgehen könne. Wenn sich die Zuteilung der
Rente hinauszögere, sei die Berufsgenossenschaft verpflichtet, dem
Betreffenden vorläufige Unterstützung zukommen zu lassen. Redner
behandelt dann die Rentenabfindung; das Gesetz habe
hier eine Lücke. Weiter wendet sich Redner gegen einzelne Aus-
führungen des Abg. Dorn und bestreitet, daß die Kosten für die
Untersuchung von den Versicherten getragen werden müßten.

Staatsminister v. Brettreich:

In bezug auf die Ausgestaltung der Arbeiter-
versicherung
steht Deutschland an der Spitze aller Staaten.
(Der Minister verliest hierzu statistische Angaben und Vergleiche.)
Der Vollzug der Arbeiterversicherungsgesetzgebung ist ungemein
schwierig; man darf sich daher nicht wundern, wenn Unregel-
mäßigkeiten vorkommen. Wird manchmal nicht erreicht, was zu
erreichen wäre, so liegt die Schuld an den gesetzlichen Bestim-
mungen. Erfreulich ist das wachsende Verständnis der
Landbevölkerung
für die Arbeiterversicherung. Die Vor-
gänge bei der Bayerischen Baugewerkberufsgenossenschaft be-
dauert niemand mehr als die Regierung und das Landesversiche-
rungsamt. Es ist in dieser Beziehung alles geschehen, was
möglich war. Bei einer kommenden Revision der betreffenden
Gesetzesbestimmungen wird sich die Regierung jedenfalls wei-
tere Vollmachten
erwirken müssen. Die Versicherungs-
anstalten sind Selbstverwaltungskörper: die Staats-
regierung kann nur von Fall zu Fall einschreiten und Ratschläge
erteilen. Der Minister bespricht dann die Verhältnisse bei der
Versicherungsanstalt der Pfalz und bemerkt, daß
dieses Institut am meisten für Arbeiterwohnungen
getan habe; er fährt dann fort: Bezüglich der Darlehns-
hingabe
der Versicherungsanstalten wird eine einheitliche
Regelung kaum möglich sein, da die Verhältnisse sehr verschieden
sind. Gegen das System der Vertrauensärzte bestehen ohne
Zweifel in verschiedener Richtung Bedenken; gegen einen allzu
großen Einfluß derselben ist übrigens durch eine bezügliche gesetz-
liche Bestimmung eine gewisse Sicherheitsmaßregel, geboten: in
Zweifelsfällen muß der behandelnde Arzt gutachtlich vernommen
werden. Bezüglich der Heilanstalten steht dem Landesver-
sicherungsamt die Befugnis zum Einweisen nicht zu. Die Er-
richtung einer staatlichen Heilanstalt könnte nur dann in Betracht
kommen, wenn ein Zwang zur Benützung auf die Berufsgenossen-
schaften ausgeübt werden könnte. Die Kapitalabfindung von
Rentnern ist durch das Gesetz geregelt. Was die Besetzung der
Schiedsgerichte und des Landesversicherungsamts anlangt,
so legt die Staatsregierung Wert darauf, diese Aemter mit Be-
amten zu besetzen, die möglichst lange bleiben. Daß die Schieds-
gerichtsärzte nicht zugleich Vertrauensärzte sein sollen, ist richtig.
Ich freue mich, daß die Tätigkeit des Landesversicherungsamts
günstige Beurteilung gefunden hat. Eine Entschädigung
der Gemeinden
für ihre Mithilfe bei der Versicherungs-
gesetzgebung ist nicht möglich. Die Ausdehnung der Ver-
sicherung auf die
Hausgewerbetreibenden
ist in manchen Gemeinden statutarisch verfügt; im allgemeinen
besteht diese Ausdehnung nicht. Bisher ist die Regierung der
Anschauung gewesen, daß erst dann, wenn die Krankenversicherung
auf die Hausgewerbetreibenden ausgedehnt ist, auch die In-
validenversicherung auf diese ausgedehnt werden kann. Eine
gleichzeitige Ausdehnung beider Versicherungen auf die
Heimarbeiter ist wegen deren geringen Leistungsfähigkeit nicht
ratsam. Das Bestreben der Regierung ist auf eine
Vereinheitlichung der ganzen Versicherungs-
gesetzgebung

gerichtet, wie sie auch dem Ausbau der sozialen Gesetzgebung
überhaupt das größte Augenmerk zuwendet.

Ministerialrat v. Müller bemerkt, daß in der Handhabung
der Versicherungsgesetzgebung in den letzten zwei Jahren schon
vieles besser geworden sei. Gegen die Baugewerksberufs-
[Spaltenumbruch] genossenschaft
werde er mit aller Strenge vorgehen, wenn
sie sich nicht bessere.

Der Etat der Arbeiterversicherung ist damit erledigt.

Es folgt die Beratung des Etats für besondere
Leistungen des Staates an Gemeinden und
Distrikte.

(Schluß folgt.)

Gerichtssaal.
Ein ehemaliger Offizier wegen Heiratsschwindels verurteilt.

(Landgericht München l.
Strafkammer.)
Im Januar 1906 erhielt der Oberleutnant
Hans Schuberth vom Eisenbahn-Bataillon seine Entlassung.
Er hatte von 1898--1902 mit einem Mädchen Johanna B. ein
Verhältnis unterhalten, dem ein Kind entsprungen war, und sich
im April 1902 mit einer Beamtenstochter Lilli K. verlobt, die
zweimal Mutter wurde. Schuberth mußte für diese drei unehe-
lichen Kinder monatlich 80 Mark Alimente bezahlen: da er ledig-
lich auf seine Offiziersgage angewiesen war, geriet er in Schul-
den; um eine Pfändung zu verhüten, nahm er aus der Kasse des
Offizierskasinos vorübergehend 911 M an sich. Nach seiner Ent-
lassung und noch zu einer Zeit, da Schuberth verlobt war, ließ
er in eine Zeitung ein Inserat einrücken:

"Feiner Kavalier sucht eine gebildete feine
Dame.
"

Er wurde darauf von einer Dame zum Tee gebeten, bei dem
er mit der Tochter eines Gymnasialprofessors aus der Pfalz, die
in einer Pension an der Maximilianstraße das Kochen lernte,
bekannt gemacht wurde. Er stellte sich als aktiver Offizier vor
und versicherte dem Mädchen auf Offiziersehrenwort, daß er
weder Schulden noch ein Anhängsel habe; er erklärte, er sei
wegen Neurasthenie beurlaubt und wolle Gutsbesitzer werden.
Im November starb der Vater des Mädchens, zu Weihnachten er-
folgte die Verlobung; die Trauung war auf den 19. Februar an-
gesetzt. Inzwischen hatte Schuberth, dem die Braut 10,000 M
zur Verfügung stellte, in Wolfsgrub am Ammersee ein Gut um
73,000 M erworben, das dem Vorbesitzer 35,000 M kostete; es war
mit 65,000 M belastet, 8000 M zahlte Schuberth an. In Detten-
schwang lernte Sch. die Tochter eines Telegraphensekretärs a. D.
kennen, die 400,000 M besitzen sollte. Am 13. Februar 1907
sandte Sch. seiner Braut in der Pfalz einen Liebesbrief, am
14. Februar schrieb er ihr ab, weil sie nicht auf dem
Lande leben wolle, am 15. Februar verlobte er sich mit der
reichen Postsekretärstochter, die er einige Wochen darauf heiratete.

Jetzt hatte sich Schuberth wegen Betrugs zu verant-
worten. Aus der Beweisaufnahme ging hervor, daß Schuberth
vom Militär mit 4000 M Schulden abging und keine weitere
Einnahme hatte als eine ihm durch die Allerhöchste Gnade ge-
währte monatliche Unterstützung von 75 M. Er täuschte sich auch
bezüglich des Vermögens seiner nunmehrigen Frau, das Gut
wurde beschlagnahmt und sollte im Oktober versteigert werden:
im September brannte das Anwesen ab, wurde darauf um
21,000 M eingesteigert und von der Frau Schuberth um 52,000 M
zurückgekauft. Des Betrugs wurde Schuberth überführt. Die
Strafkammer verurteilte ihn zu 6 Monaten Gefängnis.
Im Sitzungssaale sollte ihn ein Gerichtsvollzieher im Auftrage
seines ersten "Verhältnisses", dem er die Alimente schuldet, aus-
pfänden,
doch war bei ihm nichts zu holen.

Handels-Zeitung.

(Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und
Telegramme ist nur mit genauer Quellenangabe gestattet.)

Die Wiener Banken im Jahre 1907.

(Schluß.)

Die interessanteste Bilanz unter den Wiener Finanzinstituten
ist jene der Oesterreichischen Länderbank. Bei ihr
kommen die unheilvollen Wirkungen der Mißwirtschaft der frühe-
ren Direktion zum deutlichen Ausdruck. Die Londoner Filiale
der Länderbank hat Verluste von 5 Millionen Kronen erlitten
da ihr früherer, seither entlassener Direktor in einer hart an die
Grenzen des Strafgesetzes streifenden Weise große Spekulationen
in amerikanischen Werten vollzogen hat, die verlustbringend
waren und die die Bank übernehmen mußte. Die großen Ver-
luste, die hieraus erwachsen sind, haben für die Länderbank eine
Schmälerung der Dividende bewirkt, sie zahlt 4 Prozent oder
16 Kronen gegen 61/2 Prozent oder 26 Kronen im Vorjahre. Aber
andrerseits ist es ein günstiges Zeichen, daß ihre großen Verluste
durch die geringere Bemessung der Dividende vollständig wett-
gemacht wurden und daß die Chancen des heurigen Jahres den
Aktionären voll und ganz gehören werden. Es ist ausgerechnet
worden, daß die Länderbank im Laufe der letzten Jahre 25 Mil-
lionen Kronen von ihren verschiedenen in- und ausländischen
Engagements verloren hat und abschreiben mußte. Das ist eine
gewaltige Summe, der vierte Teil des Aktienkapitals, und die
reichen Reserven, die in früheren Zeiten angesammelt waren, sind
dadurch zum großen Teil aufgezehrt worden. Indessen ist es um-
gekehrt ein Zeichen der großen Widerstandsfähigkeit und der
Vitalität des Institutes, daß dasselbe die schweren Schläge ohne
Erschütterung ihres finanziellen Prestiges überstehen konnte. Das
laufende Geschäft ist eben ein lebhaftes, ihre Kundschaft sehr
konservativ, und es ist mit Grund eine Rekonstruktion der Bank
auf ihrer früheren Höhe zu erwarten, wenn sie sich von so gewag-
ten Operationen wie in der Vergangenheit künftig fernhalten
wird. Groß waren auch die industriellen Engagements, an denen
die Länderbank beteiligt ist. Dieselben weisen durchweg gute
Beschäftigung und höhere Erträgnisse auf, so die Eisengießerei
R. Th. Wagner, die österreichischen Siemens-Schuckert-Werke, die
Zündhölzchenfabrik "Solo", die Erdwachsfabrik "Boryslaw", die
zum erstenmal seit vier Jahren eine Dividende zahlen wird, die
voraussichtlich 3 Prozent betragen dürfte, die Aktiengesellschaft
für chemische Industrie usw. Die Reserven der Länderbank zu-
züglich des Vortrages summieren sich mit 11.5 Millionen Kronen.

Die Niederösterreichische Eskompte-Gesell-
schaft
hat eine günstige Bilanz, denn außer der Bodenkredit-
anstalt zahlt nur sie eine höhere Dividende, nämlich 32 Kronen
gegen 30 Kronen. Der Reingewinn beziffert sich mit 5.7 Millia-
nen Kronen; er beträgt rund 38 Kronen für jede Aktie, hiervon
werden 32 Kronen als Dividende bezahlt, der Rest verteilt sich
auf Reserven. Tantiemen und Rücklagen. Der Gewinn stammt
im ganzen aus dem laufenden Geschäft. Ueber 60 Prozent des
Bruttogewinnes sind Zinsen, die in ihrer Gesamtziffer eine Er-
höhung um 679,000 Kronen aufweisen. Die Ursache bildet der
höhere Zinsfuß. Auch die Provisionen sind bedeutend gestiegen.
dagegen wurden größere Konsortialgeschäfte nicht in der Bilanz
verrechnet, namentlich auch nicht der Nutzen aus der Emission des
Anteiles an den Skoda-Aktien, den die Eskompte-Gesellschaft voll-
ständig realistert hat. Ueberaus groß sind die Finanzgeschäfte,
welche in der Bilanz der Eskomptegesellschaft ausgewiesen sind,
und die fremden Syndikatsbeteiligungen. Von den letzteren seien
hervorgehoben die Kraftwerke in Laufenburg, der Anteil an der

[irrelevantes Material]
Nr. 131. München, Donnerstag. Allgemeine Zeitung 19. März 1908.

* Der Bayeriſche Landesfiſchereiverein hält ſeine Ge-
neralverſammlung am 5. April 1908, vormittags 10 Uhr,
im Sitzungsſaale des Bayeriſchen Landwirtſchaftsrates in
München ab. Auf der Tagesordnung ſteht außer den lau-
fenden geſchäftlichen Angelegenheiten ein Vortrag des Pro-
feſſors Dr. Hofer: Grundzüge für die Reviſion der Landes-
fiſchereiordnung.


* Der Reichsſaal zu Regensburg und ſeine Neben-
räume im Rathaus zu Regensburg, die 143 Jahre lang der
Sitz des „immerwährenden“ Reichstags waren, bedürfen
dringendſt einer würdigen Inſtandſetzung. Aber mit der
Ablehnung des erbetenen Staatszuſchuſſes von 70,000 M
durch das Kultusminiſterium iſt das von der Stadt eifrig
vorbereitete vaterländiſche Unternehmen ſtark gefährdet.
Die ſtädtiſchen Kollegien haben ſich nun neuerdings an
das Kultus- und an das Finanzminiſterium, ſowie an die
beiden Kammern des Landtags gewendet mit der Bitte,
eine Nachtragsforderung in der angegebenen Höhe für die
29. Finanzperiode beantragen und genehmigen zu wollen.
Die Vordringlichkeit der Bitte begründet ſehr eindringlich
eine ſorgfältig begründete Denkſchrift ſamt Gutachten durch
die Schilderung des Zuſtandes des Reichsſaales und ſeiner
Nebenräume. Hiezu kommt, daß in Regensburg für das
Jahr 1910 eine Kreisausſtellung für Induſtrie, Gewerbe
und Landwirtſchaft zugerüſtet wird, durch die man zugleich
die Hundertjahrfeier der Zugehörigkeit Regens-
burgs zur Krone Bayerns dankbarſten Herzens begehen
will. Bei dieſem Anlaß hofft die Stadt, vielen erlauchten
Sproſſen unſeres Königshauſes und manchem Fürſten un-
ſeres weiteren Vaterlandes huldigen, aber auch zahlreiche
Vereinigungen und Tagungen, wie Altertumsvereine,
Denkmalspflegetag, gaſtlich begrüßen zu dürfen.
Allen willkommenen Gäſten aber die Ruine des Reichs-
ſaales und den mangelhaften Zuſtand ſeiner Nebenräume
vor Augen zu führen, wäre geradezu unmöglich.

Amtliche Nachrichten.
* Südweſtafrika-Münze.

Der Kaiſer hat nachſtehenden
Mitgliedern des Bayeriſchen Frauen-Vereins vom Roten Kreuz
die Südweſtafrika-Münze verliehen:

Karl * Aichinger,
Großkaufmann in Bamberg; Freifrau Margarete * Andrian-
Werburg. Regierungspräſidentensgattin in Landshut; Eliſabeth
* Auernhammer, Fabrikbeſitzersgattin in Treuchtlingen; Georg
* Baumann, Fabrikbeſitzer in Amberg; J. * Braun. Bezirksamt-
mannsgattin in Gerolzhofen; A. * v. Brettreich, Staatsminiſters-
gattin in München; Gräfin Th. * Dürckheim, Oberhofmeiſterin in
München; L. * Dittmar, Bezirksgeometersgattin in Simbach am
Inn; Dr. V. * Eiſenſtaedt, prakt. Arzt in Pappenheim; E.
* Fleſſa, Hofrats und Bürgermeiſtersgattin. Kulmbach; F.
* Funk, Oberleutnantsgattin, Markt Zeuln; Freifrau O. * von
Gebſattel. Oberhofmeiſterswitwe, Bamberg; L. * Gick, Bezirks-
amtmannsgattin, Kulmbach; M. * Gießen, Weingutsbeſitzersgat-
tin, Deidesheim; L. * Grohe, Kaufmannswitwe, Speyer; M.
* Hattemer, Regierungsratsgattin. Eggenfelden; A. * Haller,
Oberſtensgattin, Amberg; A. * Helfrich, Weingutsbeſitzersgattin,
Wachenheim; J. * Hoggenmüller, Regierungsratsgattin, Weiden;
Frhr. K. Junker * v. Bigato, kgl. Major z. D., München; Suſ.
* Kempf, Direktorswitwe, Paſing; M. * Kirchdoerffer, Kommer-
zienrat, München; A. * Kittl, Regierungsratsgattin, Ansbach;
Freifrau R. * Kotzau, Gutsbeſitzersgattin, Hof; A. * Krauß, Kom-
merzienratsgattin, Lichtenfels; A. Freifrau * Kreß v. Kreßenſtein,
Juſtizratsgattin, Nürnberg; K. * Laber, Regierungsaſſeſſor,
Augsburg; Baronin E. * La Roche du Jarry. Stiftsdame, Mün-
chen; A. * Leipert, Bankiersgattin. Kempten; J. * Lenk v. Dit-
tersberg. Regierungsratsgattin, Deggendorf; L. * Lutz. Bezirks-
amtmannsgattin, Erding; V. * v. Malaiſè, Generalleutuants-
gattin, München; Chr. * Merk, kgl. portugieſiſcher Konſul, Nürn-
berg; E. * Müller, Regierungsratsgattin, Stodtamhof; Math.
* Müller. Dekansgattin, Kitzingen a. M.; J. * Nagel. Oberleut-
nant a. D., München; W. * v. Neuffer, Regierungspräſidentens-
gattin, Speyer; G. * Oſſenbrunner, Regierungsratsgattin, Min-
delheim; J. * v. Praun, Regierungspräſidentensgattin, Augs-
burg; M. * v. Reiger, Hofratsgattin, Nördlingen; M. * Ritzler,
Regierungsratsgattin. Miesbach; Frhr. H. * v. Rotenhan, kgl.
Kämmerer und Oberſt z. D., München; L. * Schaal, Kommerzien-
ratsgattin, Forchheim; M. * Schützinger, Hofratsgattin, Lindau;
L. * Schwinn, Kommerzienratsgattin, Zweibrücken; Philipp
* Speißer, Kommerzienrat. Würzburg; K. Ritter * v. Schallern.
Oberſt a. D., Nürnberg; A. * Scherer, Hofratsgattin. Memmin-
gen: B. * Stobaeus, Regierungsratsgattin, Wolfratshauſen: Fr.
* Stockbauer, Brauereibeſitzer, Paſſau; Freifrau * v. Stengel, Re-
gierungsratsgattin, Starnberg; M. * Streit, Regierungsratsgat-
tin, Sulzbach: B. * Stumpf. Hofratsgattin. Kaufbeuren: Frhr.
F. * Tautphoeus. kgl. Kämmerer, Oberſt a. D., München; K.
* Wittmann, Brauereibeſitzer, Landshut; E. * Zacherl, Offizials-
gattin, Pappenheim; E. * Zemſch, Bankoberbeamtensgattin,
Aſchaffenburg; M. * v. Zwehl, Generalleutnantsgattin, München;
J. * Duetſch, Rechtsrat, Landshut; J. * Schwarz, kgl. Regie-
rungs- und Präſidialſekretär, Regensburg; Gräfin L. * v. Lux-
burg, kgl. Palaſtdame, Würzburg.

Bayeriſcher Landtag.
104. öffentliche Sitzung der Kammer der Abgeordneten.

Am Miniſtertiſch: Staatsminiſter des Innern v. Brett-
reich.

Präſident Dr. v. Orterer eröffnet nach 9 Uhr die Sitzung.

Die Beratung über den
Etat des kgl. Staatsminiſteriums des Innern
wird fortgeſetzt beim Etat für Arbeiterverſicherung
und Arbeitsvermittlung.
Mehr gefordert werden hier
7215 M für Beſoldungen ſowie neu verlangt die Mittel zur Auſ-
ſtellung eines zweiten Referenten im Hauptamt (Regierungs-
rats) und je eines weiteren richterlichen und nichtrichterlichen
ſtändigen Mitgliedes im Nebenamte.

Abg. Dorn (Soz.) klagt über mangelhafte Anbringung von
Schutzvorrichtungen, beſonders in landwirtſchaftlichen Betrieben.
Redner ſpricht dann über die Unfälle in gewerblichen Betrieben
und den Kampf zwiſchen den Verletzten und den Berufsgenoſſen-
ſchaften. Er kritiſiert dann die Inſtitution der Vertrauens-
ärzte;
der Verletzte ſteht ihnen machtlos gegenüber. Die In-
ſtitute zur Behandlung Unfallverletzter arbeiten oft ſchlecht. Man
nenne dieſe Inſtitute „Rentenquetſchen“. Die Staatskontrolle
ſei ungenügend; die Kontrollbeſuche würden meiſtens vorher an-
geſagt. Beſonders habe man in den Arbeiterſekretariaten über
die verſpätete Rentenfeſtſetzung zu klagen; in dieſer Hinſicht gehe
ſonders die Bayeriſche Baugewerksberufs-
genoſſenſchaft
mit ſehr ſchlechtem Beiſpiel voran.
Redner ſchildert dann einige Fälle. Dabei ertönen Zwiſchen-
rufe aus den Reihen der Sozialdemokraten: „Schlamperei!“.
[Spaltenumbruch] „Skandal!“, „Feine Geſellſchaft!“) Redner fragt dann nach dem
Verbleib der 75,000 M, welche bei Gründung der Baugewerks-
berufsgenoſſenſchaft von den Mitgliedern einbezahlt worden
ſeien. Gerade bei dieſer Berufsgenoſſenſchaft ſollte in allernächſter
Zeit eine gründliche Kontrolle vorgenommen werden. Es folgen
weitere Wünſche bezüglich der gerichtlichen Sachver-
ſtändigen
bei den Schiedsgerichten und der Invaliden-
verſicherungsgeſetzgebung.
Für Heilzwecke müßten
weit größere Summen als bisher aufgewendet werden. Die
Koſten für die ärztlichen Unterſuchungen müßten die Berufs-
genoſſenſchaften tragen. Redner ſchließt mit dem Wunſche nach
Zuſammenlegung der Arbeiterverſicherungen.

Abg. Oſel (Zentr.): Es ſei nicht zu verkennen, daß die
Arbeiterverſicherung eine große Belaſtung für die Gemeinden
bringe; aber die Gemeinden mögen ſich vor Augen halten, daß
durch die Arbeiterverſicherung die Armenfürſorge der Gemeinden
entlaſtet werde. In der Invalidenverſicherung der Heimarbeiter
habe er die traurigſten Erfahrungen gemacht. Das Landesver-
ſicherungsamt wahre ſeine Kompetenzen nicht energiſch genug
gegenüber den Berufsgenoſſenſchaften.

Abg. Gerichten (lib.): Die Arbeiterverſicherung iſt ein ſtolzer
Bau, der vielfach die Bewunderung des Auslandes erregt. Aber
das kann uns nicht abhalten, berechtigte Kritik zu üben an her-
vorgetretenen Mißſtänden. Vor allem iſt die Art, wie die großen
Kapitalien der Verſicherungsanſtalten angelegt werden, zu be-
mängeln. Bei der Höhe der in Betracht kommenden Summen
iſt es um ſo verwunderlicher, daß es mit ſehr großen Schwierig-
keiten verbunden iſt, von den Verſicherungsanſtalten Geld für
humanitäre Zwecke zu bekommen. Auch kleine Darlehen für den
Bau von Arbeiterwohnungen ſind häufig ſchwer zu
erhalten. Es fehlt in Bayern an einem einheitlichen Programm
für ſämtliche Verſicherungsanſtalten. Auch in der Handhabung
der Aufſicht und in der Kontrolle des Kaſſaweſens müſſen ein-
heitliche Grundſätze eingeführt werden. Ein weiterer Mißſtand
iſt es, daß manche Gewerbe von der Aufnahme in die Verſicherung
ausgeſchloſſen ſind.

Abg. Söldner (Fr. Vgg. auf der Tribüne faſt unverſtänd-
lich) verwahrt ſich gegen den Vorwurf, daß die Landwirtſchaft
ihre Arbeiter nicht genügend aufkläre.

Abg. Schwarz (Zentr.) ſtimmt den Ausführungen des Abg.
Dorn bei und anerkennt, daß auf dem flachen Lande in manchen
Punkten wenig Klarheit geſchaffen ſei.

Abg. Timm (Soz.) beleuchtet die Mißſtände in der bayeri-
ſchen Baugewerksberufsgenoſſenſchaft und weiſt auf die Kalami-
tät hin, die darin beſteht, daß die Hausgewerbetreiben-
den
zwar krankenverſicherungspflichtig, aber nicht invalidenver-
ſicherungspflichtig ſeien. Durch Ausdehnung der Zwangsverſiche-
tung auf die Hausgewerbetreibenden könnte man einheitliche
Verhältniſſe ſchaffen. Die ſegensreiche Tätigkeit des Landes-
verſicherungsamtes
ſei anzuerkennen; er habe die Ueber-
zeugung, daß hier objektiv Recht geſprochen werde.

Abg. Schmidt-Selb (lib.) kommt auf die ſeinerzeitige Be-
leidigungsklage des Abg. Segitz gegen ihn zu ſprechen, die er
beim Etat des Landtags nochmals ausführlich zur Sprache
bringen werde. Durch die Angaben der Abgg. Dorn und Oſel
ſei er vollkommen gerechtfertigt. Er kommt dann auf die
Rentenverzögerung zu ſprechen, gegen die man heute ſchon auf
Grund der Geſetze vorgehen könne. Wenn ſich die Zuteilung der
Rente hinauszögere, ſei die Berufsgenoſſenſchaft verpflichtet, dem
Betreffenden vorläufige Unterſtützung zukommen zu laſſen. Redner
behandelt dann die Rentenabfindung; das Geſetz habe
hier eine Lücke. Weiter wendet ſich Redner gegen einzelne Aus-
führungen des Abg. Dorn und beſtreitet, daß die Koſten für die
Unterſuchung von den Verſicherten getragen werden müßten.

Staatsminiſter v. Brettreich:

In bezug auf die Ausgeſtaltung der Arbeiter-
verſicherung
ſteht Deutſchland an der Spitze aller Staaten.
(Der Miniſter verlieſt hierzu ſtatiſtiſche Angaben und Vergleiche.)
Der Vollzug der Arbeiterverſicherungsgeſetzgebung iſt ungemein
ſchwierig; man darf ſich daher nicht wundern, wenn Unregel-
mäßigkeiten vorkommen. Wird manchmal nicht erreicht, was zu
erreichen wäre, ſo liegt die Schuld an den geſetzlichen Beſtim-
mungen. Erfreulich iſt das wachſende Verſtändnis der
Landbevölkerung
für die Arbeiterverſicherung. Die Vor-
gänge bei der Bayeriſchen Baugewerkberufsgenoſſenſchaft be-
dauert niemand mehr als die Regierung und das Landesverſiche-
rungsamt. Es iſt in dieſer Beziehung alles geſchehen, was
möglich war. Bei einer kommenden Reviſion der betreffenden
Geſetzesbeſtimmungen wird ſich die Regierung jedenfalls wei-
tere Vollmachten
erwirken müſſen. Die Verſicherungs-
anſtalten ſind Selbſtverwaltungskörper: die Staats-
regierung kann nur von Fall zu Fall einſchreiten und Ratſchläge
erteilen. Der Miniſter beſpricht dann die Verhältniſſe bei der
Verſicherungsanſtalt der Pfalz und bemerkt, daß
dieſes Inſtitut am meiſten für Arbeiterwohnungen
getan habe; er fährt dann fort: Bezüglich der Darlehns-
hingabe
der Verſicherungsanſtalten wird eine einheitliche
Regelung kaum möglich ſein, da die Verhältniſſe ſehr verſchieden
ſind. Gegen das Syſtem der Vertrauensärzte beſtehen ohne
Zweifel in verſchiedener Richtung Bedenken; gegen einen allzu
großen Einfluß derſelben iſt übrigens durch eine bezügliche geſetz-
liche Beſtimmung eine gewiſſe Sicherheitsmaßregel, geboten: in
Zweifelsfällen muß der behandelnde Arzt gutachtlich vernommen
werden. Bezüglich der Heilanſtalten ſteht dem Landesver-
ſicherungsamt die Befugnis zum Einweiſen nicht zu. Die Er-
richtung einer ſtaatlichen Heilanſtalt könnte nur dann in Betracht
kommen, wenn ein Zwang zur Benützung auf die Berufsgenoſſen-
ſchaften ausgeübt werden könnte. Die Kapitalabfindung von
Rentnern iſt durch das Geſetz geregelt. Was die Beſetzung der
Schiedsgerichte und des Landesverſicherungsamts anlangt,
ſo legt die Staatsregierung Wert darauf, dieſe Aemter mit Be-
amten zu beſetzen, die möglichſt lange bleiben. Daß die Schieds-
gerichtsärzte nicht zugleich Vertrauensärzte ſein ſollen, iſt richtig.
Ich freue mich, daß die Tätigkeit des Landesverſicherungsamts
günſtige Beurteilung gefunden hat. Eine Entſchädigung
der Gemeinden
für ihre Mithilfe bei der Verſicherungs-
geſetzgebung iſt nicht möglich. Die Ausdehnung der Ver-
ſicherung auf die
Hausgewerbetreibenden
iſt in manchen Gemeinden ſtatutariſch verfügt; im allgemeinen
beſteht dieſe Ausdehnung nicht. Bisher iſt die Regierung der
Anſchauung geweſen, daß erſt dann, wenn die Krankenverſicherung
auf die Hausgewerbetreibenden ausgedehnt iſt, auch die In-
validenverſicherung auf dieſe ausgedehnt werden kann. Eine
gleichzeitige Ausdehnung beider Verſicherungen auf die
Heimarbeiter iſt wegen deren geringen Leiſtungsfähigkeit nicht
ratſam. Das Beſtreben der Regierung iſt auf eine
Vereinheitlichung der ganzen Verſicherungs-
geſetzgebung

gerichtet, wie ſie auch dem Ausbau der ſozialen Geſetzgebung
überhaupt das größte Augenmerk zuwendet.

Miniſterialrat v. Müller bemerkt, daß in der Handhabung
der Verſicherungsgeſetzgebung in den letzten zwei Jahren ſchon
vieles beſſer geworden ſei. Gegen die Baugewerksberufs-
[Spaltenumbruch] genoſſenſchaft
werde er mit aller Strenge vorgehen, wenn
ſie ſich nicht beſſere.

Der Etat der Arbeiterverſicherung iſt damit erledigt.

Es folgt die Beratung des Etats für beſondere
Leiſtungen des Staates an Gemeinden und
Diſtrikte.

(Schluß folgt.)

Gerichtsſaal.
Ein ehemaliger Offizier wegen Heiratsſchwindels verurteilt.

(Landgericht München l.
Strafkammer.)
Im Januar 1906 erhielt der Oberleutnant
Hans Schuberth vom Eiſenbahn-Bataillon ſeine Entlaſſung.
Er hatte von 1898—1902 mit einem Mädchen Johanna B. ein
Verhältnis unterhalten, dem ein Kind entſprungen war, und ſich
im April 1902 mit einer Beamtenstochter Lilli K. verlobt, die
zweimal Mutter wurde. Schuberth mußte für dieſe drei unehe-
lichen Kinder monatlich 80 Mark Alimente bezahlen: da er ledig-
lich auf ſeine Offiziersgage angewieſen war, geriet er in Schul-
den; um eine Pfändung zu verhüten, nahm er aus der Kaſſe des
Offizierskaſinos vorübergehend 911 M an ſich. Nach ſeiner Ent-
laſſung und noch zu einer Zeit, da Schuberth verlobt war, ließ
er in eine Zeitung ein Inſerat einrücken:

Feiner Kavalier ſucht eine gebildete feine
Dame.

Er wurde darauf von einer Dame zum Tee gebeten, bei dem
er mit der Tochter eines Gymnaſialprofeſſors aus der Pfalz, die
in einer Penſion an der Maximilianſtraße das Kochen lernte,
bekannt gemacht wurde. Er ſtellte ſich als aktiver Offizier vor
und verſicherte dem Mädchen auf Offiziersehrenwort, daß er
weder Schulden noch ein Anhängſel habe; er erklärte, er ſei
wegen Neuraſthenie beurlaubt und wolle Gutsbeſitzer werden.
Im November ſtarb der Vater des Mädchens, zu Weihnachten er-
folgte die Verlobung; die Trauung war auf den 19. Februar an-
geſetzt. Inzwiſchen hatte Schuberth, dem die Braut 10,000 M
zur Verfügung ſtellte, in Wolfsgrub am Ammerſee ein Gut um
73,000 M erworben, das dem Vorbeſitzer 35,000 M koſtete; es war
mit 65,000 M belaſtet, 8000 M zahlte Schuberth an. In Detten-
ſchwang lernte Sch. die Tochter eines Telegraphenſekretärs a. D.
kennen, die 400,000 M beſitzen ſollte. Am 13. Februar 1907
ſandte Sch. ſeiner Braut in der Pfalz einen Liebesbrief, am
14. Februar ſchrieb er ihr ab, weil ſie nicht auf dem
Lande leben wolle, am 15. Februar verlobte er ſich mit der
reichen Poſtſekretärstochter, die er einige Wochen darauf heiratete.

Jetzt hatte ſich Schuberth wegen Betrugs zu verant-
worten. Aus der Beweisaufnahme ging hervor, daß Schuberth
vom Militär mit 4000 M Schulden abging und keine weitere
Einnahme hatte als eine ihm durch die Allerhöchſte Gnade ge-
währte monatliche Unterſtützung von 75 M. Er täuſchte ſich auch
bezüglich des Vermögens ſeiner nunmehrigen Frau, das Gut
wurde beſchlagnahmt und ſollte im Oktober verſteigert werden:
im September brannte das Anweſen ab, wurde darauf um
21,000 M eingeſteigert und von der Frau Schuberth um 52,000 M
zurückgekauft. Des Betrugs wurde Schuberth überführt. Die
Strafkammer verurteilte ihn zu 6 Monaten Gefängnis.
Im Sitzungsſaale ſollte ihn ein Gerichtsvollzieher im Auftrage
ſeines erſten „Verhältniſſes“, dem er die Alimente ſchuldet, aus-
pfänden,
doch war bei ihm nichts zu holen.

Handels-Zeitung.

(Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und
Telegramme iſt nur mit genauer Quellenangabe geſtattet.)

Die Wiener Banken im Jahre 1907.

(Schluß.)

Die intereſſanteſte Bilanz unter den Wiener Finanzinſtituten
iſt jene der Oeſterreichiſchen Länderbank. Bei ihr
kommen die unheilvollen Wirkungen der Mißwirtſchaft der frühe-
ren Direktion zum deutlichen Ausdruck. Die Londoner Filiale
der Länderbank hat Verluſte von 5 Millionen Kronen erlitten
da ihr früherer, ſeither entlaſſener Direktor in einer hart an die
Grenzen des Strafgeſetzes ſtreifenden Weiſe große Spekulationen
in amerikaniſchen Werten vollzogen hat, die verluſtbringend
waren und die die Bank übernehmen mußte. Die großen Ver-
luſte, die hieraus erwachſen ſind, haben für die Länderbank eine
Schmälerung der Dividende bewirkt, ſie zahlt 4 Prozent oder
16 Kronen gegen 6½ Prozent oder 26 Kronen im Vorjahre. Aber
andrerſeits iſt es ein günſtiges Zeichen, daß ihre großen Verluſte
durch die geringere Bemeſſung der Dividende vollſtändig wett-
gemacht wurden und daß die Chancen des heurigen Jahres den
Aktionären voll und ganz gehören werden. Es iſt ausgerechnet
worden, daß die Länderbank im Laufe der letzten Jahre 25 Mil-
lionen Kronen von ihren verſchiedenen in- und ausländiſchen
Engagements verloren hat und abſchreiben mußte. Das iſt eine
gewaltige Summe, der vierte Teil des Aktienkapitals, und die
reichen Reſerven, die in früheren Zeiten angeſammelt waren, ſind
dadurch zum großen Teil aufgezehrt worden. Indeſſen iſt es um-
gekehrt ein Zeichen der großen Widerſtandsfähigkeit und der
Vitalität des Inſtitutes, daß dasſelbe die ſchweren Schläge ohne
Erſchütterung ihres finanziellen Preſtiges überſtehen konnte. Das
laufende Geſchäft iſt eben ein lebhaftes, ihre Kundſchaft ſehr
konſervativ, und es iſt mit Grund eine Rekonſtruktion der Bank
auf ihrer früheren Höhe zu erwarten, wenn ſie ſich von ſo gewag-
ten Operationen wie in der Vergangenheit künftig fernhalten
wird. Groß waren auch die induſtriellen Engagements, an denen
die Länderbank beteiligt iſt. Dieſelben weiſen durchweg gute
Beſchäftigung und höhere Erträgniſſe auf, ſo die Eiſengießerei
R. Th. Wagner, die öſterreichiſchen Siemens-Schuckert-Werke, die
Zündhölzchenfabrik „Solo“, die Erdwachsfabrik „Boryslaw“, die
zum erſtenmal ſeit vier Jahren eine Dividende zahlen wird, die
vorausſichtlich 3 Prozent betragen dürfte, die Aktiengeſellſchaft
für chemiſche Induſtrie uſw. Die Reſerven der Länderbank zu-
züglich des Vortrages ſummieren ſich mit 11.5 Millionen Kronen.

Die Niederöſterreichiſche Eskompte-Geſell-
ſchaft
hat eine günſtige Bilanz, denn außer der Bodenkredit-
anſtalt zahlt nur ſie eine höhere Dividende, nämlich 32 Kronen
gegen 30 Kronen. Der Reingewinn beziffert ſich mit 5.7 Millia-
nen Kronen; er beträgt rund 38 Kronen für jede Aktie, hiervon
werden 32 Kronen als Dividende bezahlt, der Reſt verteilt ſich
auf Reſerven. Tantiemen und Rücklagen. Der Gewinn ſtammt
im ganzen aus dem laufenden Geſchäft. Ueber 60 Prozent des
Bruttogewinnes ſind Zinſen, die in ihrer Geſamtziffer eine Er-
höhung um 679,000 Kronen aufweiſen. Die Urſache bildet der
höhere Zinsfuß. Auch die Proviſionen ſind bedeutend geſtiegen.
dagegen wurden größere Konſortialgeſchäfte nicht in der Bilanz
verrechnet, namentlich auch nicht der Nutzen aus der Emiſſion des
Anteiles an den Skoda-Aktien, den die Eskompte-Geſellſchaft voll-
ſtändig realiſtert hat. Ueberaus groß ſind die Finanzgeſchäfte,
welche in der Bilanz der Eskomptegeſellſchaft ausgewieſen ſind,
und die fremden Syndikatsbeteiligungen. Von den letzteren ſeien
hervorgehoben die Kraftwerke in Laufenburg, der Anteil an der

[irrelevantes Material]
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[Seite 5[5]/0005] Nr. 131. München, Donnerstag. Allgemeine Zeitung 19. März 1908. * Der Bayeriſche Landesfiſchereiverein hält ſeine Ge- neralverſammlung am 5. April 1908, vormittags 10 Uhr, im Sitzungsſaale des Bayeriſchen Landwirtſchaftsrates in München ab. Auf der Tagesordnung ſteht außer den lau- fenden geſchäftlichen Angelegenheiten ein Vortrag des Pro- feſſors Dr. Hofer: Grundzüge für die Reviſion der Landes- fiſchereiordnung. * Der Reichsſaal zu Regensburg und ſeine Neben- räume im Rathaus zu Regensburg, die 143 Jahre lang der Sitz des „immerwährenden“ Reichstags waren, bedürfen dringendſt einer würdigen Inſtandſetzung. Aber mit der Ablehnung des erbetenen Staatszuſchuſſes von 70,000 M durch das Kultusminiſterium iſt das von der Stadt eifrig vorbereitete vaterländiſche Unternehmen ſtark gefährdet. Die ſtädtiſchen Kollegien haben ſich nun neuerdings an das Kultus- und an das Finanzminiſterium, ſowie an die beiden Kammern des Landtags gewendet mit der Bitte, eine Nachtragsforderung in der angegebenen Höhe für die 29. Finanzperiode beantragen und genehmigen zu wollen. Die Vordringlichkeit der Bitte begründet ſehr eindringlich eine ſorgfältig begründete Denkſchrift ſamt Gutachten durch die Schilderung des Zuſtandes des Reichsſaales und ſeiner Nebenräume. Hiezu kommt, daß in Regensburg für das Jahr 1910 eine Kreisausſtellung für Induſtrie, Gewerbe und Landwirtſchaft zugerüſtet wird, durch die man zugleich die Hundertjahrfeier der Zugehörigkeit Regens- burgs zur Krone Bayerns dankbarſten Herzens begehen will. Bei dieſem Anlaß hofft die Stadt, vielen erlauchten Sproſſen unſeres Königshauſes und manchem Fürſten un- ſeres weiteren Vaterlandes huldigen, aber auch zahlreiche Vereinigungen und Tagungen, wie Altertumsvereine, Denkmalspflegetag, gaſtlich begrüßen zu dürfen. Allen willkommenen Gäſten aber die Ruine des Reichs- ſaales und den mangelhaften Zuſtand ſeiner Nebenräume vor Augen zu führen, wäre geradezu unmöglich. Amtliche Nachrichten. * Südweſtafrika-Münze. Der Kaiſer hat nachſtehenden Mitgliedern des Bayeriſchen Frauen-Vereins vom Roten Kreuz die Südweſtafrika-Münze verliehen: Karl * Aichinger, Großkaufmann in Bamberg; Freifrau Margarete * Andrian- Werburg. Regierungspräſidentensgattin in Landshut; Eliſabeth * Auernhammer, Fabrikbeſitzersgattin in Treuchtlingen; Georg * Baumann, Fabrikbeſitzer in Amberg; J. * Braun. Bezirksamt- mannsgattin in Gerolzhofen; A. * v. Brettreich, Staatsminiſters- gattin in München; Gräfin Th. * Dürckheim, Oberhofmeiſterin in München; L. * Dittmar, Bezirksgeometersgattin in Simbach am Inn; Dr. V. * Eiſenſtaedt, prakt. Arzt in Pappenheim; E. * Fleſſa, Hofrats und Bürgermeiſtersgattin. Kulmbach; F. * Funk, Oberleutnantsgattin, Markt Zeuln; Freifrau O. * von Gebſattel. Oberhofmeiſterswitwe, Bamberg; L. * Gick, Bezirks- amtmannsgattin, Kulmbach; M. * Gießen, Weingutsbeſitzersgat- tin, Deidesheim; L. * Grohe, Kaufmannswitwe, Speyer; M. * Hattemer, Regierungsratsgattin. Eggenfelden; A. * Haller, Oberſtensgattin, Amberg; A. * Helfrich, Weingutsbeſitzersgattin, Wachenheim; J. * Hoggenmüller, Regierungsratsgattin, Weiden; Frhr. K. Junker * v. Bigato, kgl. Major z. D., München; Suſ. * Kempf, Direktorswitwe, Paſing; M. * Kirchdoerffer, Kommer- zienrat, München; A. * Kittl, Regierungsratsgattin, Ansbach; Freifrau R. * Kotzau, Gutsbeſitzersgattin, Hof; A. * Krauß, Kom- merzienratsgattin, Lichtenfels; A. Freifrau * Kreß v. Kreßenſtein, Juſtizratsgattin, Nürnberg; K. * Laber, Regierungsaſſeſſor, Augsburg; Baronin E. * La Roche du Jarry. Stiftsdame, Mün- chen; A. * Leipert, Bankiersgattin. Kempten; J. * Lenk v. Dit- tersberg. Regierungsratsgattin, Deggendorf; L. * Lutz. Bezirks- amtmannsgattin, Erding; V. * v. Malaiſè, Generalleutuants- gattin, München; Chr. * Merk, kgl. portugieſiſcher Konſul, Nürn- berg; E. * Müller, Regierungsratsgattin, Stodtamhof; Math. * Müller. Dekansgattin, Kitzingen a. M.; J. * Nagel. Oberleut- nant a. D., München; W. * v. Neuffer, Regierungspräſidentens- gattin, Speyer; G. * Oſſenbrunner, Regierungsratsgattin, Min- delheim; J. * v. Praun, Regierungspräſidentensgattin, Augs- burg; M. * v. Reiger, Hofratsgattin, Nördlingen; M. * Ritzler, Regierungsratsgattin. Miesbach; Frhr. H. * v. Rotenhan, kgl. Kämmerer und Oberſt z. D., München; L. * Schaal, Kommerzien- ratsgattin, Forchheim; M. * Schützinger, Hofratsgattin, Lindau; L. * Schwinn, Kommerzienratsgattin, Zweibrücken; Philipp * Speißer, Kommerzienrat. Würzburg; K. Ritter * v. Schallern. Oberſt a. D., Nürnberg; A. * Scherer, Hofratsgattin. Memmin- gen: B. * Stobaeus, Regierungsratsgattin, Wolfratshauſen: Fr. * Stockbauer, Brauereibeſitzer, Paſſau; Freifrau * v. Stengel, Re- gierungsratsgattin, Starnberg; M. * Streit, Regierungsratsgat- tin, Sulzbach: B. * Stumpf. Hofratsgattin. Kaufbeuren: Frhr. F. * Tautphoeus. kgl. Kämmerer, Oberſt a. D., München; K. * Wittmann, Brauereibeſitzer, Landshut; E. * Zacherl, Offizials- gattin, Pappenheim; E. * Zemſch, Bankoberbeamtensgattin, Aſchaffenburg; M. * v. Zwehl, Generalleutnantsgattin, München; J. * Duetſch, Rechtsrat, Landshut; J. * Schwarz, kgl. Regie- rungs- und Präſidialſekretär, Regensburg; Gräfin L. * v. Lux- burg, kgl. Palaſtdame, Würzburg. Bayeriſcher Landtag. 104. öffentliche Sitzung der Kammer der Abgeordneten. München, 18. März. Am Miniſtertiſch: Staatsminiſter des Innern v. Brett- reich. Präſident Dr. v. Orterer eröffnet nach 9 Uhr die Sitzung. Die Beratung über den Etat des kgl. Staatsminiſteriums des Innern wird fortgeſetzt beim Etat für Arbeiterverſicherung und Arbeitsvermittlung. Mehr gefordert werden hier 7215 M für Beſoldungen ſowie neu verlangt die Mittel zur Auſ- ſtellung eines zweiten Referenten im Hauptamt (Regierungs- rats) und je eines weiteren richterlichen und nichtrichterlichen ſtändigen Mitgliedes im Nebenamte. Abg. Dorn (Soz.) klagt über mangelhafte Anbringung von Schutzvorrichtungen, beſonders in landwirtſchaftlichen Betrieben. Redner ſpricht dann über die Unfälle in gewerblichen Betrieben und den Kampf zwiſchen den Verletzten und den Berufsgenoſſen- ſchaften. Er kritiſiert dann die Inſtitution der Vertrauens- ärzte; der Verletzte ſteht ihnen machtlos gegenüber. Die In- ſtitute zur Behandlung Unfallverletzter arbeiten oft ſchlecht. Man nenne dieſe Inſtitute „Rentenquetſchen“. Die Staatskontrolle ſei ungenügend; die Kontrollbeſuche würden meiſtens vorher an- geſagt. Beſonders habe man in den Arbeiterſekretariaten über die verſpätete Rentenfeſtſetzung zu klagen; in dieſer Hinſicht gehe ſonders die Bayeriſche Baugewerksberufs- genoſſenſchaft mit ſehr ſchlechtem Beiſpiel voran. Redner ſchildert dann einige Fälle. Dabei ertönen Zwiſchen- rufe aus den Reihen der Sozialdemokraten: „Schlamperei!“. „Skandal!“, „Feine Geſellſchaft!“) Redner fragt dann nach dem Verbleib der 75,000 M, welche bei Gründung der Baugewerks- berufsgenoſſenſchaft von den Mitgliedern einbezahlt worden ſeien. Gerade bei dieſer Berufsgenoſſenſchaft ſollte in allernächſter Zeit eine gründliche Kontrolle vorgenommen werden. Es folgen weitere Wünſche bezüglich der gerichtlichen Sachver- ſtändigen bei den Schiedsgerichten und der Invaliden- verſicherungsgeſetzgebung. Für Heilzwecke müßten weit größere Summen als bisher aufgewendet werden. Die Koſten für die ärztlichen Unterſuchungen müßten die Berufs- genoſſenſchaften tragen. Redner ſchließt mit dem Wunſche nach Zuſammenlegung der Arbeiterverſicherungen. Abg. Oſel (Zentr.): Es ſei nicht zu verkennen, daß die Arbeiterverſicherung eine große Belaſtung für die Gemeinden bringe; aber die Gemeinden mögen ſich vor Augen halten, daß durch die Arbeiterverſicherung die Armenfürſorge der Gemeinden entlaſtet werde. In der Invalidenverſicherung der Heimarbeiter habe er die traurigſten Erfahrungen gemacht. Das Landesver- ſicherungsamt wahre ſeine Kompetenzen nicht energiſch genug gegenüber den Berufsgenoſſenſchaften. Abg. Gerichten (lib.): Die Arbeiterverſicherung iſt ein ſtolzer Bau, der vielfach die Bewunderung des Auslandes erregt. Aber das kann uns nicht abhalten, berechtigte Kritik zu üben an her- vorgetretenen Mißſtänden. Vor allem iſt die Art, wie die großen Kapitalien der Verſicherungsanſtalten angelegt werden, zu be- mängeln. Bei der Höhe der in Betracht kommenden Summen iſt es um ſo verwunderlicher, daß es mit ſehr großen Schwierig- keiten verbunden iſt, von den Verſicherungsanſtalten Geld für humanitäre Zwecke zu bekommen. Auch kleine Darlehen für den Bau von Arbeiterwohnungen ſind häufig ſchwer zu erhalten. Es fehlt in Bayern an einem einheitlichen Programm für ſämtliche Verſicherungsanſtalten. Auch in der Handhabung der Aufſicht und in der Kontrolle des Kaſſaweſens müſſen ein- heitliche Grundſätze eingeführt werden. Ein weiterer Mißſtand iſt es, daß manche Gewerbe von der Aufnahme in die Verſicherung ausgeſchloſſen ſind. Abg. Söldner (Fr. Vgg. auf der Tribüne faſt unverſtänd- lich) verwahrt ſich gegen den Vorwurf, daß die Landwirtſchaft ihre Arbeiter nicht genügend aufkläre. Abg. Schwarz (Zentr.) ſtimmt den Ausführungen des Abg. Dorn bei und anerkennt, daß auf dem flachen Lande in manchen Punkten wenig Klarheit geſchaffen ſei. Abg. Timm (Soz.) beleuchtet die Mißſtände in der bayeri- ſchen Baugewerksberufsgenoſſenſchaft und weiſt auf die Kalami- tät hin, die darin beſteht, daß die Hausgewerbetreiben- den zwar krankenverſicherungspflichtig, aber nicht invalidenver- ſicherungspflichtig ſeien. Durch Ausdehnung der Zwangsverſiche- tung auf die Hausgewerbetreibenden könnte man einheitliche Verhältniſſe ſchaffen. Die ſegensreiche Tätigkeit des Landes- verſicherungsamtes ſei anzuerkennen; er habe die Ueber- zeugung, daß hier objektiv Recht geſprochen werde. Abg. Schmidt-Selb (lib.) kommt auf die ſeinerzeitige Be- leidigungsklage des Abg. Segitz gegen ihn zu ſprechen, die er beim Etat des Landtags nochmals ausführlich zur Sprache bringen werde. Durch die Angaben der Abgg. Dorn und Oſel ſei er vollkommen gerechtfertigt. Er kommt dann auf die Rentenverzögerung zu ſprechen, gegen die man heute ſchon auf Grund der Geſetze vorgehen könne. Wenn ſich die Zuteilung der Rente hinauszögere, ſei die Berufsgenoſſenſchaft verpflichtet, dem Betreffenden vorläufige Unterſtützung zukommen zu laſſen. Redner behandelt dann die Rentenabfindung; das Geſetz habe hier eine Lücke. Weiter wendet ſich Redner gegen einzelne Aus- führungen des Abg. Dorn und beſtreitet, daß die Koſten für die Unterſuchung von den Verſicherten getragen werden müßten. Staatsminiſter v. Brettreich: In bezug auf die Ausgeſtaltung der Arbeiter- verſicherung ſteht Deutſchland an der Spitze aller Staaten. (Der Miniſter verlieſt hierzu ſtatiſtiſche Angaben und Vergleiche.) Der Vollzug der Arbeiterverſicherungsgeſetzgebung iſt ungemein ſchwierig; man darf ſich daher nicht wundern, wenn Unregel- mäßigkeiten vorkommen. Wird manchmal nicht erreicht, was zu erreichen wäre, ſo liegt die Schuld an den geſetzlichen Beſtim- mungen. Erfreulich iſt das wachſende Verſtändnis der Landbevölkerung für die Arbeiterverſicherung. Die Vor- gänge bei der Bayeriſchen Baugewerkberufsgenoſſenſchaft be- dauert niemand mehr als die Regierung und das Landesverſiche- rungsamt. Es iſt in dieſer Beziehung alles geſchehen, was möglich war. Bei einer kommenden Reviſion der betreffenden Geſetzesbeſtimmungen wird ſich die Regierung jedenfalls wei- tere Vollmachten erwirken müſſen. Die Verſicherungs- anſtalten ſind Selbſtverwaltungskörper: die Staats- regierung kann nur von Fall zu Fall einſchreiten und Ratſchläge erteilen. Der Miniſter beſpricht dann die Verhältniſſe bei der Verſicherungsanſtalt der Pfalz und bemerkt, daß dieſes Inſtitut am meiſten für Arbeiterwohnungen getan habe; er fährt dann fort: Bezüglich der Darlehns- hingabe der Verſicherungsanſtalten wird eine einheitliche Regelung kaum möglich ſein, da die Verhältniſſe ſehr verſchieden ſind. Gegen das Syſtem der Vertrauensärzte beſtehen ohne Zweifel in verſchiedener Richtung Bedenken; gegen einen allzu großen Einfluß derſelben iſt übrigens durch eine bezügliche geſetz- liche Beſtimmung eine gewiſſe Sicherheitsmaßregel, geboten: in Zweifelsfällen muß der behandelnde Arzt gutachtlich vernommen werden. Bezüglich der Heilanſtalten ſteht dem Landesver- ſicherungsamt die Befugnis zum Einweiſen nicht zu. Die Er- richtung einer ſtaatlichen Heilanſtalt könnte nur dann in Betracht kommen, wenn ein Zwang zur Benützung auf die Berufsgenoſſen- ſchaften ausgeübt werden könnte. Die Kapitalabfindung von Rentnern iſt durch das Geſetz geregelt. Was die Beſetzung der Schiedsgerichte und des Landesverſicherungsamts anlangt, ſo legt die Staatsregierung Wert darauf, dieſe Aemter mit Be- amten zu beſetzen, die möglichſt lange bleiben. Daß die Schieds- gerichtsärzte nicht zugleich Vertrauensärzte ſein ſollen, iſt richtig. Ich freue mich, daß die Tätigkeit des Landesverſicherungsamts günſtige Beurteilung gefunden hat. Eine Entſchädigung der Gemeinden für ihre Mithilfe bei der Verſicherungs- geſetzgebung iſt nicht möglich. Die Ausdehnung der Ver- ſicherung auf die Hausgewerbetreibenden iſt in manchen Gemeinden ſtatutariſch verfügt; im allgemeinen beſteht dieſe Ausdehnung nicht. Bisher iſt die Regierung der Anſchauung geweſen, daß erſt dann, wenn die Krankenverſicherung auf die Hausgewerbetreibenden ausgedehnt iſt, auch die In- validenverſicherung auf dieſe ausgedehnt werden kann. Eine gleichzeitige Ausdehnung beider Verſicherungen auf die Heimarbeiter iſt wegen deren geringen Leiſtungsfähigkeit nicht ratſam. Das Beſtreben der Regierung iſt auf eine Vereinheitlichung der ganzen Verſicherungs- geſetzgebung gerichtet, wie ſie auch dem Ausbau der ſozialen Geſetzgebung überhaupt das größte Augenmerk zuwendet. Miniſterialrat v. Müller bemerkt, daß in der Handhabung der Verſicherungsgeſetzgebung in den letzten zwei Jahren ſchon vieles beſſer geworden ſei. Gegen die Baugewerksberufs- genoſſenſchaft werde er mit aller Strenge vorgehen, wenn ſie ſich nicht beſſere. Der Etat der Arbeiterverſicherung iſt damit erledigt. Es folgt die Beratung des Etats für beſondere Leiſtungen des Staates an Gemeinden und Diſtrikte. (Schluß folgt.) Gerichtsſaal. Ein ehemaliger Offizier wegen Heiratsſchwindels verurteilt. k. München, 17. März. (Landgericht München l. Strafkammer.) Im Januar 1906 erhielt der Oberleutnant Hans Schuberth vom Eiſenbahn-Bataillon ſeine Entlaſſung. Er hatte von 1898—1902 mit einem Mädchen Johanna B. ein Verhältnis unterhalten, dem ein Kind entſprungen war, und ſich im April 1902 mit einer Beamtenstochter Lilli K. verlobt, die zweimal Mutter wurde. Schuberth mußte für dieſe drei unehe- lichen Kinder monatlich 80 Mark Alimente bezahlen: da er ledig- lich auf ſeine Offiziersgage angewieſen war, geriet er in Schul- den; um eine Pfändung zu verhüten, nahm er aus der Kaſſe des Offizierskaſinos vorübergehend 911 M an ſich. Nach ſeiner Ent- laſſung und noch zu einer Zeit, da Schuberth verlobt war, ließ er in eine Zeitung ein Inſerat einrücken: „Feiner Kavalier ſucht eine gebildete feine Dame.“ Er wurde darauf von einer Dame zum Tee gebeten, bei dem er mit der Tochter eines Gymnaſialprofeſſors aus der Pfalz, die in einer Penſion an der Maximilianſtraße das Kochen lernte, bekannt gemacht wurde. Er ſtellte ſich als aktiver Offizier vor und verſicherte dem Mädchen auf Offiziersehrenwort, daß er weder Schulden noch ein Anhängſel habe; er erklärte, er ſei wegen Neuraſthenie beurlaubt und wolle Gutsbeſitzer werden. Im November ſtarb der Vater des Mädchens, zu Weihnachten er- folgte die Verlobung; die Trauung war auf den 19. Februar an- geſetzt. Inzwiſchen hatte Schuberth, dem die Braut 10,000 M zur Verfügung ſtellte, in Wolfsgrub am Ammerſee ein Gut um 73,000 M erworben, das dem Vorbeſitzer 35,000 M koſtete; es war mit 65,000 M belaſtet, 8000 M zahlte Schuberth an. In Detten- ſchwang lernte Sch. die Tochter eines Telegraphenſekretärs a. D. kennen, die 400,000 M beſitzen ſollte. Am 13. Februar 1907 ſandte Sch. ſeiner Braut in der Pfalz einen Liebesbrief, am 14. Februar ſchrieb er ihr ab, weil ſie nicht auf dem Lande leben wolle, am 15. Februar verlobte er ſich mit der reichen Poſtſekretärstochter, die er einige Wochen darauf heiratete. Jetzt hatte ſich Schuberth wegen Betrugs zu verant- worten. Aus der Beweisaufnahme ging hervor, daß Schuberth vom Militär mit 4000 M Schulden abging und keine weitere Einnahme hatte als eine ihm durch die Allerhöchſte Gnade ge- währte monatliche Unterſtützung von 75 M. Er täuſchte ſich auch bezüglich des Vermögens ſeiner nunmehrigen Frau, das Gut wurde beſchlagnahmt und ſollte im Oktober verſteigert werden: im September brannte das Anweſen ab, wurde darauf um 21,000 M eingeſteigert und von der Frau Schuberth um 52,000 M zurückgekauft. Des Betrugs wurde Schuberth überführt. Die Strafkammer verurteilte ihn zu 6 Monaten Gefängnis. Im Sitzungsſaale ſollte ihn ein Gerichtsvollzieher im Auftrage ſeines erſten „Verhältniſſes“, dem er die Alimente ſchuldet, aus- pfänden, doch war bei ihm nichts zu holen. Handels-Zeitung. (Der Nachdruck der nicht mit einem * gezeichneten Originalartikel, Notizen und Telegramme iſt nur mit genauer Quellenangabe geſtattet.) Die Wiener Banken im Jahre 1907. * München, 18. März. (Schluß.) Die intereſſanteſte Bilanz unter den Wiener Finanzinſtituten iſt jene der Oeſterreichiſchen Länderbank. Bei ihr kommen die unheilvollen Wirkungen der Mißwirtſchaft der frühe- ren Direktion zum deutlichen Ausdruck. Die Londoner Filiale der Länderbank hat Verluſte von 5 Millionen Kronen erlitten da ihr früherer, ſeither entlaſſener Direktor in einer hart an die Grenzen des Strafgeſetzes ſtreifenden Weiſe große Spekulationen in amerikaniſchen Werten vollzogen hat, die verluſtbringend waren und die die Bank übernehmen mußte. Die großen Ver- luſte, die hieraus erwachſen ſind, haben für die Länderbank eine Schmälerung der Dividende bewirkt, ſie zahlt 4 Prozent oder 16 Kronen gegen 6½ Prozent oder 26 Kronen im Vorjahre. Aber andrerſeits iſt es ein günſtiges Zeichen, daß ihre großen Verluſte durch die geringere Bemeſſung der Dividende vollſtändig wett- gemacht wurden und daß die Chancen des heurigen Jahres den Aktionären voll und ganz gehören werden. Es iſt ausgerechnet worden, daß die Länderbank im Laufe der letzten Jahre 25 Mil- lionen Kronen von ihren verſchiedenen in- und ausländiſchen Engagements verloren hat und abſchreiben mußte. Das iſt eine gewaltige Summe, der vierte Teil des Aktienkapitals, und die reichen Reſerven, die in früheren Zeiten angeſammelt waren, ſind dadurch zum großen Teil aufgezehrt worden. Indeſſen iſt es um- gekehrt ein Zeichen der großen Widerſtandsfähigkeit und der Vitalität des Inſtitutes, daß dasſelbe die ſchweren Schläge ohne Erſchütterung ihres finanziellen Preſtiges überſtehen konnte. Das laufende Geſchäft iſt eben ein lebhaftes, ihre Kundſchaft ſehr konſervativ, und es iſt mit Grund eine Rekonſtruktion der Bank auf ihrer früheren Höhe zu erwarten, wenn ſie ſich von ſo gewag- ten Operationen wie in der Vergangenheit künftig fernhalten wird. Groß waren auch die induſtriellen Engagements, an denen die Länderbank beteiligt iſt. Dieſelben weiſen durchweg gute Beſchäftigung und höhere Erträgniſſe auf, ſo die Eiſengießerei R. Th. Wagner, die öſterreichiſchen Siemens-Schuckert-Werke, die Zündhölzchenfabrik „Solo“, die Erdwachsfabrik „Boryslaw“, die zum erſtenmal ſeit vier Jahren eine Dividende zahlen wird, die vorausſichtlich 3 Prozent betragen dürfte, die Aktiengeſellſchaft für chemiſche Induſtrie uſw. Die Reſerven der Länderbank zu- züglich des Vortrages ſummieren ſich mit 11.5 Millionen Kronen. Die Niederöſterreichiſche Eskompte-Geſell- ſchaft hat eine günſtige Bilanz, denn außer der Bodenkredit- anſtalt zahlt nur ſie eine höhere Dividende, nämlich 32 Kronen gegen 30 Kronen. Der Reingewinn beziffert ſich mit 5.7 Millia- nen Kronen; er beträgt rund 38 Kronen für jede Aktie, hiervon werden 32 Kronen als Dividende bezahlt, der Reſt verteilt ſich auf Reſerven. Tantiemen und Rücklagen. Der Gewinn ſtammt im ganzen aus dem laufenden Geſchäft. Ueber 60 Prozent des Bruttogewinnes ſind Zinſen, die in ihrer Geſamtziffer eine Er- höhung um 679,000 Kronen aufweiſen. Die Urſache bildet der höhere Zinsfuß. Auch die Proviſionen ſind bedeutend geſtiegen. dagegen wurden größere Konſortialgeſchäfte nicht in der Bilanz verrechnet, namentlich auch nicht der Nutzen aus der Emiſſion des Anteiles an den Skoda-Aktien, den die Eskompte-Geſellſchaft voll- ſtändig realiſtert hat. Ueberaus groß ſind die Finanzgeſchäfte, welche in der Bilanz der Eskomptegeſellſchaft ausgewieſen ſind, und die fremden Syndikatsbeteiligungen. Von den letzteren ſeien hervorgehoben die Kraftwerke in Laufenburg, der Anteil an der _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-01-12T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 131, 19. März 1908, S. Seite 5[5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine131_1908/5>, abgerufen am 21.11.2024.