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Allgemeine Zeitung, Nr. 100, 10. April 1849.

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[Spaltenumbruch] mini, welches wir allen Freunden der Geschichte als eine weit lehrreichere
Lectüre empfehlen als die breiten Schlachtbeschreibungen des Hrn. Thiers,
die, aller gründlichen Kritik bar, von widerlichen Lobhudeleien des Bona-
parte'schen Kriegsgenie's strotzen. Als kritische Beurtheilung jener Feld-
züge ist das Werk des Generals v. Clausewitz in Bezug auf Scharfsinn,
Klarheit und Unparteilichkeit unerreicht. Vergleichen wir die Stärke der
damals kämpfenden Armeen mit der Stärke derer welche sich heute dort
gemessen, so hat man doppelte Ursache über die merkwürdigen Resultate
Radetzky's zu staunen.

Beim Beginn des Feldzuges von 1796 stand das verbündete öster-
reichisch-piemontestsche Heer unter Beaulieu 57,000 Mann stark in der
Riviera von Genua den Franzosen gegenüber, deren Heeresmacht nach den
Angaben Jomini's 43,000 Mann betrug. *) Dennoch siegte Bonaparte
in jenen mit meisterhafter Kunst gelieferten Gefechten bei Voltri, Monte-
notte, Millesimo und zwang die Oesterreicher zum Rückzug aus Piemont.
Einige Monate später schlug Bonaparte mit 44,000 Mann den General
Wurmser, welcher vor der Schlacht bei Lonato ein streitfertiges Heer von
50,000 Mann befehligte. Unter Suwarow und Melas im Jahr 1799
waren die verbündeten Oesterreicher und Russen den Franzosen in Ober-
italien allenthalben sehr bedeutend, fast um das Doppelte überlegen, und
ihre Siege daher auch ohne das Feldherrngenie Suwarows, welches die
militärischen Kritiker auf ein sehr bescheidenes Maß reduciren, leicht er-
klärbar. Bei Cassano stegte Suwarow mit 52,600 Mann über 28,000
Franzosen; später hatte Moreau an der Bormida nur 20,000 Franzosen
den 32,000 Verbündeten entgegenzustellen. Gegen das Ende des Feld-
zugs von 1799 schlug das österreichisch-russische Heer mit 35,000 Mann
an der Trebbia 19,000 Franzosen unter Macdonald. Siege mit solcher
Ungleichheit der numerischen Kräfte find auch ohne große Heerführer sehr
natürlich. Im Jahr 1800 überschritt Consul Bonaparte mit 60,000 Mann
den Po, nur wenige Meilen unterhalb Pavia. Der alte Melas hatte
65,000 Mann disponible Truppen, wußte aber am Entscheidungstage des
14 Junius deren nur 40,000 Mann in den Ebenen von Marengo zu ver-
einigen, und der Besitz Italiens ging durch diesen einzigen Schlag für die
Oesterreicher verloren. Man steht also daß in jenen denkwürdigen Krie-
gen vor einem halben Jahrhundert die österreichischen Waffen nur bei den
allergünstigsten numerischen Verhältnissen glücklich im Felde waren, sonst
selbst bei geringer Zahlüberlegenheit in Italien gewöhnlich Schlappen oder
Niederlagen erlitten. Radetzky welcher am 20 März mit höchstens 60,000
Mann schlagfertiger Truppen gegen den über 80,000 Mann starken Feind
ausrückte, gibt dießmal das seltene Beispiel daß eine um ein Viertheil
schwächere österreichische Armee zu siegen weiß, trotz dem ungemein strate-
gischen Nachtheil, eine feindlich gesinnte, zum Aufstand stets bereite Be-
völkerung im Rücken zu lassen. Dieser Nachtheil ward freilich durch den
schlechten Geist im feindlichen Heer und die ungeschickte Aufstellung der
piemontesischen Streitkräfte ziemlich aufgewogen. Am Entscheidungstage
bei Novara wußten Karl Albert und seine Generale, welche auch dießmal
wie im vergangenen Jahr am Mincio ihrer Operationslinie eine über-
mäßige Ausdehnung gegeben, doch keine überlegene Macht ins Feuer zu
führen. Sämmtliche am rechten Ufer des Po stehengebliebene Truppen,
sowie die ganze Division Solaroli, welche bis an die Ufer des Lago Mag-
giore zum Zweck eines Einfalls in die Lombardei vorgeschoben worden,
zusammen über 30,000 Mann, fehlten am 23 März auf dem Kampfplatz.

Vergleichen wir jene früheren Feldzüge mit den jüngsten Resultaten
Radetzky's in Bezug auf die Dauer der Operationen, so erscheinen dieselben
noch weit überraschender. Bonaparte brauchte im Jahr 1796 ein ganzes
Jahr des Kriegs und eine lange Reihe von Siegen um den Oesterreichern
den Frieden zu dictiren. Suwarow mit seinen weitüberlegenen Heeren
raufte sich in den Ebenen Piemonts volle vier Monate mit den geschwäch-
ten, zerstreuten, entmuthigten Franzosen, bis es ihm gelang fie aus dem
Lande zu werfen. Jener Feldzug von 1799, welcher größtentheils auf pie-
montesischem Gebiet und ganz nah dem jüngsten Kriegstheater geführt
wurde, liefert überhaupt reichlichen Stoff zu Vergleichungen über den
Stand der Kriegskunst von damals und jetzt. Die Oesterreicher brauchten
damals nicht weniger als fünf Tage um eine Brücke über den Po zu schla-
gen, obwohl ihnen am andern Ufer niemand den Uebergang streitig machte.
Bonaparte hatte im Jahr 1795 zur Vollendung seiner Schiffbrücke bei
Piacenza 48 Stunden nöthig gehabt, während Radetzky dießmal innerhalb
weniger als 24 Stunden zwei Schiffbrücken schlagen ließ. Zum Marsche
von der lombardischen Gränze bis nach Turin brauchte Suwarow 1799,
nach vielen planlosen Kreuz-und Querzügen, obwohl nirgends ein starker
[Spaltenumbruch] Widerstand ihn erwartete (Moreau stand an der Bormida mit einem klei-
nen, geschwächten Heer von nur 20,000 Mann) nicht weniger als 21 Tage.
Er schlug die Straße am rechten Po-Ufer ein. Radetzky wäre bei fortge-
setztem Krieg zweifelsohne auf derselben Straße vorgerückt, hätte aber
Turin wahrscheinlich schon fünf Tage nach seinem Sieg bei Novara, neun
Tage nach seinem Uebergang über den Ticino erreicht. Radetzky's rasches
Vordringen nach Novara war die Folge einer trefflichen Combination.
Er erkannte die schwache Seite seines Gegners, wollte dessen zu ausgedehnte
Linie durchbrechen, und ihn von seiner Verbindung mit den Waffenplätzen
Piemonts abschneiden. Das vollständige Gelingen dieses Manövers ent-
schied sogleich den Feldzug. Den französtschen Kritikern mag dieses Ma-
növer tollkühn erscheinen, wie es das Journal des Debats bezeichnet; sie
können aber nicht umhin einzugestehen daß es meisterhaft ausgeführt wor-
den. Dagegen sagt Clausewitz von Suwarows seltsamem Hin- und Her-
ziehen am Tanaro und Po im Jahr 1799 und von seiner Bewegung gegen
Valenza, in welchem man vergeblich einen bestimmten strategischen Plan
zu erkennen vermag: diese Art Kriegführung schmecke etwas stark nach
dem türkischen Kriegstheater, auf dem die Gefechte meist keine andere Be-
deutung zu haben pflegen als die des gegenseitigen Todtschlagens. Clause-
witz, der Suwarows energischen Charakter volle Gerechtigkeit widerfahren
läßt, hat von dessen Feldherrn-Genie gleichwohl eine ganz andere Meinung
als Walter Scott, welcher in seinem "Leben Napoleons" den "alten Scy-
then" als den größten Tactiker nächst Wellington und Napoleon darstellen
möchte. *)

Wohl keine von den unwesentlichen Ursachen jener glänzenden Er-
folge des Marschalls Radetzky am Mincio wie am Ticino war ficherlich
seine große Unabhängigkeit, welche den österreichischen Heerführern des
vorigen Jahrhunderts leider nicht gegönnt war, nicht einmal dem Erzher-
zog Carl. Diese mußten nach den Planen operiren welche die Perrücken
des Wiener Hofkriegsraths in der Schreibstube sich ausgedacht. Radetzky
konnte dießmal, mit den klugen und kenntnißreichen Generalen an seiner
Seite, mit Heß und Schönhals, seine Feldzugsentwürfe in vollster Unab-
hängigkeit machen und vollführen. Jenes alte Zopfsystem welches das Miß-
geschick von Wurmser und Melas herbeigeführt, beengte ihn nicht. Mili-
tärische Bureaukraten schreiben heute nicht mehr -- fern vom Kriegs-
theater -- der österreichischen Armee ihre Bewegungen vor. Auch an dem
Unglück von Ulm im Jahr 1805 hat einst der Wiener Hofkriegsrath
wesentliche Mitschuld getragen. Selbst Suwarow erfuhr diesen unseligen
Einfluß. Die Märztage haben jenem Invalideninstitut gleichwie dem
österreichischen Corporalstock hoffentlich den Garaus für immer gemacht.
Charakteristisch für den Hofkriegsrath war immer seine Vorliebe für alter-
schwache Generale, neben welchen Radetzky an Rüstigkeit des Körpers noch
als ein Jüngling figuriren könnte. Der hinfällige Melas war bei Marengo
nicht im Stande bis zum Abend auf dem Schlachtfeld auszuhalten, und
mußte aus Erschöpfung das Commando an General Zach übergeben. Als
letzterer in Gefangenschaft gerieth war die österreichische Armee ohne Füh-
rer, und die halbgewonnene Schlacht verwandelte sich in eine gänzliche
Niederlage. **)

Wir haben uns bemüht die Berichte in deutschen und fremden Blättern
vom jüngsten Kriegsschauplatz mit möglichster Aufmerksamkeit zu lesen und
zu vergleichen. Klar und treffend erschienen uns die offenbar von einem
kenntnißreichen Militär geschriebenen Urtheile des Journal des Debats,
welches bei bloßer Betrachtung der beiderseitigen Manöver den Sieg der
Oesterreicher noch vor der Entscheidung bei Novara für wahrscheinlich hielt,
obwohl es meinte der Marschall spiele, indem er seine rechte Flanke gegen
Vigevano dem Gegner bloßstellte und alles auf einen Wurf setzte, ein sehr
gefährliches Spiel. Der Plan Radetzky's war ziemlich einfach. Er suchte,
im vollen Vertrauen auf den Muth und die moralische Ueberlegenheit
seines Heeres, den entscheidenden Kampf auf statt ihn zu meiden. Daher
concentrirte er all' seine verfügbaren Truppen in einer schmalen Angriffs-
linie, statt dieselben, wie die Piemontesen, auf einen weiten Raum zu zer-

*) Die Angaben Jomini's gelten in Bezug auf Zahl als sehr zuverlässig. Clause-
witz bestätigte diese Angaben. Beide Werke verdienen besonders wegen
der genauen Aufzählung der verschiedenen Corps beider Armeen welche an
den Gefechten Theil genommen, besondere Beachtung.
*) In der Beschreibung der Feldzüge von 1799 von General Clausewitz sin-
den wir unter den wenig bekannten charakteristischen Zügen Suwarows
folgenden: Der Chef seines Generalstabs Chasteler schlug ihm einst eine
Recognoscirung vor, welche Clausewitz für eine "eigenthümliche Krank-
heit der österreichischen Armee" erklärt. Suwarow antwortete dem
Oesterreicher: "Des reconnaissances! Je n'en veux pas; elles ne ser-
vent qu'aux gens timides et pour avertir I'ennemi qu'on arrive. On
trouve toujours l'ennemi quand on veut. Des colonnes, la baionnette,
l'arme blanche, attaque, enserrer, voila mes reconnaissances!"
**) Bezeichnend für die Führung der Kriegsangelegenheiten im österreichi-
schen Hofkrieosrathe ist es daß, als Melas wegen Schwächlichkeit die Er-
nennung ablehnen wollte, man ihm die Erklärung machte er könne
seine Reise zur Armee mit hinlänglicher Muße und Gemächlichkeit zurück-
legen. Er folgte getreu dieser Mahnung und reiste "in etappenmäßigen
Märschen."

[Spaltenumbruch] mini, welches wir allen Freunden der Geſchichte als eine weit lehrreichere
Lectüre empfehlen als die breiten Schlachtbeſchreibungen des Hrn. Thiers,
die, aller gründlichen Kritik bar, von widerlichen Lobhudeleien des Bona-
parte’ſchen Kriegsgenie’s ſtrotzen. Als kritiſche Beurtheilung jener Feld-
züge iſt das Werk des Generals v. Clauſewitz in Bezug auf Scharfſinn,
Klarheit und Unparteilichkeit unerreicht. Vergleichen wir die Stärke der
damals kämpfenden Armeen mit der Stärke derer welche ſich heute dort
gemeſſen, ſo hat man doppelte Urſache über die merkwürdigen Reſultate
Radetzky’s zu ſtaunen.

Beim Beginn des Feldzuges von 1796 ſtand das verbündete öſter-
reichiſch-piemonteſtſche Heer unter Beaulieu 57,000 Mann ſtark in der
Riviera von Genua den Franzoſen gegenüber, deren Heeresmacht nach den
Angaben Jomini’s 43,000 Mann betrug. *) Dennoch ſiegte Bonaparte
in jenen mit meiſterhafter Kunſt gelieferten Gefechten bei Voltri, Monte-
notte, Milleſimo und zwang die Oeſterreicher zum Rückzug aus Piemont.
Einige Monate ſpäter ſchlug Bonaparte mit 44,000 Mann den General
Wurmſer, welcher vor der Schlacht bei Lonato ein ſtreitfertiges Heer von
50,000 Mann befehligte. Unter Suwarow und Melas im Jahr 1799
waren die verbündeten Oeſterreicher und Ruſſen den Franzoſen in Ober-
italien allenthalben ſehr bedeutend, faſt um das Doppelte überlegen, und
ihre Siege daher auch ohne das Feldherrngenie Suwarows, welches die
militäriſchen Kritiker auf ein ſehr beſcheidenes Maß reduciren, leicht er-
klärbar. Bei Caſſano ſtegte Suwarow mit 52,600 Mann über 28,000
Franzoſen; ſpäter hatte Moreau an der Bormida nur 20,000 Franzoſen
den 32,000 Verbündeten entgegenzuſtellen. Gegen das Ende des Feld-
zugs von 1799 ſchlug das öſterreichiſch-ruſſiſche Heer mit 35,000 Mann
an der Trebbia 19,000 Franzoſen unter Macdonald. Siege mit ſolcher
Ungleichheit der numeriſchen Kräfte find auch ohne große Heerführer ſehr
natürlich. Im Jahr 1800 überſchritt Conſul Bonaparte mit 60,000 Mann
den Po, nur wenige Meilen unterhalb Pavia. Der alte Melas hatte
65,000 Mann disponible Truppen, wußte aber am Entſcheidungstage des
14 Junius deren nur 40,000 Mann in den Ebenen von Marengo zu ver-
einigen, und der Beſitz Italiens ging durch dieſen einzigen Schlag für die
Oeſterreicher verloren. Man ſteht alſo daß in jenen denkwürdigen Krie-
gen vor einem halben Jahrhundert die öſterreichiſchen Waffen nur bei den
allergünſtigſten numeriſchen Verhältniſſen glücklich im Felde waren, ſonſt
ſelbſt bei geringer Zahlüberlegenheit in Italien gewöhnlich Schlappen oder
Niederlagen erlitten. Radetzky welcher am 20 März mit höchſtens 60,000
Mann ſchlagfertiger Truppen gegen den über 80,000 Mann ſtarken Feind
ausrückte, gibt dießmal das ſeltene Beiſpiel daß eine um ein Viertheil
ſchwächere öſterreichiſche Armee zu ſiegen weiß, trotz dem ungemein ſtrate-
giſchen Nachtheil, eine feindlich geſinnte, zum Aufſtand ſtets bereite Be-
völkerung im Rücken zu laſſen. Dieſer Nachtheil ward freilich durch den
ſchlechten Geiſt im feindlichen Heer und die ungeſchickte Aufſtellung der
piemonteſiſchen Streitkräfte ziemlich aufgewogen. Am Entſcheidungstage
bei Novara wußten Karl Albert und ſeine Generale, welche auch dießmal
wie im vergangenen Jahr am Mincio ihrer Operationslinie eine über-
mäßige Ausdehnung gegeben, doch keine überlegene Macht ins Feuer zu
führen. Sämmtliche am rechten Ufer des Po ſtehengebliebene Truppen,
ſowie die ganze Diviſion Solaroli, welche bis an die Ufer des Lago Mag-
giore zum Zweck eines Einfalls in die Lombardei vorgeſchoben worden,
zuſammen über 30,000 Mann, fehlten am 23 März auf dem Kampfplatz.

Vergleichen wir jene früheren Feldzüge mit den jüngſten Reſultaten
Radetzky’s in Bezug auf die Dauer der Operationen, ſo erſcheinen dieſelben
noch weit überraſchender. Bonaparte brauchte im Jahr 1796 ein ganzes
Jahr des Kriegs und eine lange Reihe von Siegen um den Oeſterreichern
den Frieden zu dictiren. Suwarow mit ſeinen weitüberlegenen Heeren
raufte ſich in den Ebenen Piemonts volle vier Monate mit den geſchwäch-
ten, zerſtreuten, entmuthigten Franzoſen, bis es ihm gelang fie aus dem
Lande zu werfen. Jener Feldzug von 1799, welcher größtentheils auf pie-
monteſiſchem Gebiet und ganz nah dem jüngſten Kriegstheater geführt
wurde, liefert überhaupt reichlichen Stoff zu Vergleichungen über den
Stand der Kriegskunſt von damals und jetzt. Die Oeſterreicher brauchten
damals nicht weniger als fünf Tage um eine Brücke über den Po zu ſchla-
gen, obwohl ihnen am andern Ufer niemand den Uebergang ſtreitig machte.
Bonaparte hatte im Jahr 1795 zur Vollendung ſeiner Schiffbrücke bei
Piacenza 48 Stunden nöthig gehabt, während Radetzky dießmal innerhalb
weniger als 24 Stunden zwei Schiffbrücken ſchlagen ließ. Zum Marſche
von der lombardiſchen Gränze bis nach Turin brauchte Suwarow 1799,
nach vielen planloſen Kreuz-und Querzügen, obwohl nirgends ein ſtarker
[Spaltenumbruch] Widerſtand ihn erwartete (Moreau ſtand an der Bormida mit einem klei-
nen, geſchwächten Heer von nur 20,000 Mann) nicht weniger als 21 Tage.
Er ſchlug die Straße am rechten Po-Ufer ein. Radetzky wäre bei fortge-
ſetztem Krieg zweifelsohne auf derſelben Straße vorgerückt, hätte aber
Turin wahrſcheinlich ſchon fünf Tage nach ſeinem Sieg bei Novara, neun
Tage nach ſeinem Uebergang über den Ticino erreicht. Radetzky’s raſches
Vordringen nach Novara war die Folge einer trefflichen Combination.
Er erkannte die ſchwache Seite ſeines Gegners, wollte deſſen zu ausgedehnte
Linie durchbrechen, und ihn von ſeiner Verbindung mit den Waffenplätzen
Piemonts abſchneiden. Das vollſtändige Gelingen dieſes Manövers ent-
ſchied ſogleich den Feldzug. Den franzöſtſchen Kritikern mag dieſes Ma-
növer tollkühn erſcheinen, wie es das Journal des Débats bezeichnet; ſie
können aber nicht umhin einzugeſtehen daß es meiſterhaft ausgeführt wor-
den. Dagegen ſagt Clauſewitz von Suwarows ſeltſamem Hin- und Her-
ziehen am Tanaro und Po im Jahr 1799 und von ſeiner Bewegung gegen
Valenza, in welchem man vergeblich einen beſtimmten ſtrategiſchen Plan
zu erkennen vermag: dieſe Art Kriegführung ſchmecke etwas ſtark nach
dem türkiſchen Kriegstheater, auf dem die Gefechte meiſt keine andere Be-
deutung zu haben pflegen als die des gegenſeitigen Todtſchlagens. Clauſe-
witz, der Suwarows energiſchen Charakter volle Gerechtigkeit widerfahren
läßt, hat von deſſen Feldherrn-Genie gleichwohl eine ganz andere Meinung
als Walter Scott, welcher in ſeinem „Leben Napoleons“ den „alten Scy-
then“ als den größten Tactiker nächſt Wellington und Napoleon darſtellen
möchte. *)

Wohl keine von den unweſentlichen Urſachen jener glänzenden Er-
folge des Marſchalls Radetzky am Mincio wie am Ticino war ficherlich
ſeine große Unabhängigkeit, welche den öſterreichiſchen Heerführern des
vorigen Jahrhunderts leider nicht gegönnt war, nicht einmal dem Erzher-
zog Carl. Dieſe mußten nach den Planen operiren welche die Perrücken
des Wiener Hofkriegsraths in der Schreibſtube ſich ausgedacht. Radetzky
konnte dießmal, mit den klugen und kenntnißreichen Generalen an ſeiner
Seite, mit Heß und Schönhals, ſeine Feldzugsentwürfe in vollſter Unab-
hängigkeit machen und vollführen. Jenes alte Zopfſyſtem welches das Miß-
geſchick von Wurmſer und Melas herbeigeführt, beengte ihn nicht. Mili-
täriſche Bureaukraten ſchreiben heute nicht mehr — fern vom Kriegs-
theater — der öſterreichiſchen Armee ihre Bewegungen vor. Auch an dem
Unglück von Ulm im Jahr 1805 hat einſt der Wiener Hofkriegsrath
weſentliche Mitſchuld getragen. Selbſt Suwarow erfuhr dieſen unſeligen
Einfluß. Die Märztage haben jenem Invalideninſtitut gleichwie dem
öſterreichiſchen Corporalſtock hoffentlich den Garaus für immer gemacht.
Charakteriſtiſch für den Hofkriegsrath war immer ſeine Vorliebe für alter-
ſchwache Generale, neben welchen Radetzky an Rüſtigkeit des Körpers noch
als ein Jüngling figuriren könnte. Der hinfällige Melas war bei Marengo
nicht im Stande bis zum Abend auf dem Schlachtfeld auszuhalten, und
mußte aus Erſchöpfung das Commando an General Zach übergeben. Als
letzterer in Gefangenſchaft gerieth war die öſterreichiſche Armee ohne Füh-
rer, und die halbgewonnene Schlacht verwandelte ſich in eine gänzliche
Niederlage. **)

Wir haben uns bemüht die Berichte in deutſchen und fremden Blättern
vom jüngſten Kriegsſchauplatz mit möglichſter Aufmerkſamkeit zu leſen und
zu vergleichen. Klar und treffend erſchienen uns die offenbar von einem
kenntnißreichen Militär geſchriebenen Urtheile des Journal des Débats,
welches bei bloßer Betrachtung der beiderſeitigen Manöver den Sieg der
Oeſterreicher noch vor der Entſcheidung bei Novara für wahrſcheinlich hielt,
obwohl es meinte der Marſchall ſpiele, indem er ſeine rechte Flanke gegen
Vigevano dem Gegner bloßſtellte und alles auf einen Wurf ſetzte, ein ſehr
gefährliches Spiel. Der Plan Radetzky’s war ziemlich einfach. Er ſuchte,
im vollen Vertrauen auf den Muth und die moraliſche Ueberlegenheit
ſeines Heeres, den entſcheidenden Kampf auf ſtatt ihn zu meiden. Daher
concentrirte er all’ ſeine verfügbaren Truppen in einer ſchmalen Angriffs-
linie, ſtatt dieſelben, wie die Piemonteſen, auf einen weiten Raum zu zer-

*) Die Angaben Jomini’s gelten in Bezug auf Zahl als ſehr zuverläſſig. Clauſe-
witz beſtätigte dieſe Angaben. Beide Werke verdienen beſonders wegen
der genauen Aufzählung der verſchiedenen Corps beider Armeen welche an
den Gefechten Theil genommen, beſondere Beachtung.
*) In der Beſchreibung der Feldzüge von 1799 von General Clauſewitz ſin-
den wir unter den wenig bekannten charakteriſtiſchen Zügen Suwarows
folgenden: Der Chef ſeines Generalſtabs Chaſteler ſchlug ihm einſt eine
Recognoscirung vor, welche Clauſewitz für eine „eigenthümliche Krank-
heit der öſterreichiſchen Armee“ erklärt. Suwarow antwortete dem
Oeſterreicher: „Des reconnaissances! Je n’en veux pas; elles ne ser-
vent qu’aux gens timides et pour avertir I’ennemi qu’on arrive. On
trouve toujours l’ennemi quand on veut. Des colonnes, la baïonnette,
l’arme blanche, attaque, enserrer, voilà mes reconnaissances!“
**) Bezeichnend für die Führung der Kriegsangelegenheiten im öſterreichi-
ſchen Hofkrieosrathe iſt es daß, als Melas wegen Schwächlichkeit die Er-
nennung ablehnen wollte, man ihm die Erklärung machte er könne
ſeine Reiſe zur Armee mit hinlänglicher Muße und Gemächlichkeit zurück-
legen. Er folgte getreu dieſer Mahnung und reiste „in etappenmäßigen
Märſchen.“
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[1535/0011] mini, welches wir allen Freunden der Geſchichte als eine weit lehrreichere Lectüre empfehlen als die breiten Schlachtbeſchreibungen des Hrn. Thiers, die, aller gründlichen Kritik bar, von widerlichen Lobhudeleien des Bona- parte’ſchen Kriegsgenie’s ſtrotzen. Als kritiſche Beurtheilung jener Feld- züge iſt das Werk des Generals v. Clauſewitz in Bezug auf Scharfſinn, Klarheit und Unparteilichkeit unerreicht. Vergleichen wir die Stärke der damals kämpfenden Armeen mit der Stärke derer welche ſich heute dort gemeſſen, ſo hat man doppelte Urſache über die merkwürdigen Reſultate Radetzky’s zu ſtaunen. Beim Beginn des Feldzuges von 1796 ſtand das verbündete öſter- reichiſch-piemonteſtſche Heer unter Beaulieu 57,000 Mann ſtark in der Riviera von Genua den Franzoſen gegenüber, deren Heeresmacht nach den Angaben Jomini’s 43,000 Mann betrug. *) Dennoch ſiegte Bonaparte in jenen mit meiſterhafter Kunſt gelieferten Gefechten bei Voltri, Monte- notte, Milleſimo und zwang die Oeſterreicher zum Rückzug aus Piemont. Einige Monate ſpäter ſchlug Bonaparte mit 44,000 Mann den General Wurmſer, welcher vor der Schlacht bei Lonato ein ſtreitfertiges Heer von 50,000 Mann befehligte. Unter Suwarow und Melas im Jahr 1799 waren die verbündeten Oeſterreicher und Ruſſen den Franzoſen in Ober- italien allenthalben ſehr bedeutend, faſt um das Doppelte überlegen, und ihre Siege daher auch ohne das Feldherrngenie Suwarows, welches die militäriſchen Kritiker auf ein ſehr beſcheidenes Maß reduciren, leicht er- klärbar. Bei Caſſano ſtegte Suwarow mit 52,600 Mann über 28,000 Franzoſen; ſpäter hatte Moreau an der Bormida nur 20,000 Franzoſen den 32,000 Verbündeten entgegenzuſtellen. Gegen das Ende des Feld- zugs von 1799 ſchlug das öſterreichiſch-ruſſiſche Heer mit 35,000 Mann an der Trebbia 19,000 Franzoſen unter Macdonald. Siege mit ſolcher Ungleichheit der numeriſchen Kräfte find auch ohne große Heerführer ſehr natürlich. Im Jahr 1800 überſchritt Conſul Bonaparte mit 60,000 Mann den Po, nur wenige Meilen unterhalb Pavia. Der alte Melas hatte 65,000 Mann disponible Truppen, wußte aber am Entſcheidungstage des 14 Junius deren nur 40,000 Mann in den Ebenen von Marengo zu ver- einigen, und der Beſitz Italiens ging durch dieſen einzigen Schlag für die Oeſterreicher verloren. Man ſteht alſo daß in jenen denkwürdigen Krie- gen vor einem halben Jahrhundert die öſterreichiſchen Waffen nur bei den allergünſtigſten numeriſchen Verhältniſſen glücklich im Felde waren, ſonſt ſelbſt bei geringer Zahlüberlegenheit in Italien gewöhnlich Schlappen oder Niederlagen erlitten. Radetzky welcher am 20 März mit höchſtens 60,000 Mann ſchlagfertiger Truppen gegen den über 80,000 Mann ſtarken Feind ausrückte, gibt dießmal das ſeltene Beiſpiel daß eine um ein Viertheil ſchwächere öſterreichiſche Armee zu ſiegen weiß, trotz dem ungemein ſtrate- giſchen Nachtheil, eine feindlich geſinnte, zum Aufſtand ſtets bereite Be- völkerung im Rücken zu laſſen. Dieſer Nachtheil ward freilich durch den ſchlechten Geiſt im feindlichen Heer und die ungeſchickte Aufſtellung der piemonteſiſchen Streitkräfte ziemlich aufgewogen. Am Entſcheidungstage bei Novara wußten Karl Albert und ſeine Generale, welche auch dießmal wie im vergangenen Jahr am Mincio ihrer Operationslinie eine über- mäßige Ausdehnung gegeben, doch keine überlegene Macht ins Feuer zu führen. Sämmtliche am rechten Ufer des Po ſtehengebliebene Truppen, ſowie die ganze Diviſion Solaroli, welche bis an die Ufer des Lago Mag- giore zum Zweck eines Einfalls in die Lombardei vorgeſchoben worden, zuſammen über 30,000 Mann, fehlten am 23 März auf dem Kampfplatz. Vergleichen wir jene früheren Feldzüge mit den jüngſten Reſultaten Radetzky’s in Bezug auf die Dauer der Operationen, ſo erſcheinen dieſelben noch weit überraſchender. Bonaparte brauchte im Jahr 1796 ein ganzes Jahr des Kriegs und eine lange Reihe von Siegen um den Oeſterreichern den Frieden zu dictiren. Suwarow mit ſeinen weitüberlegenen Heeren raufte ſich in den Ebenen Piemonts volle vier Monate mit den geſchwäch- ten, zerſtreuten, entmuthigten Franzoſen, bis es ihm gelang fie aus dem Lande zu werfen. Jener Feldzug von 1799, welcher größtentheils auf pie- monteſiſchem Gebiet und ganz nah dem jüngſten Kriegstheater geführt wurde, liefert überhaupt reichlichen Stoff zu Vergleichungen über den Stand der Kriegskunſt von damals und jetzt. Die Oeſterreicher brauchten damals nicht weniger als fünf Tage um eine Brücke über den Po zu ſchla- gen, obwohl ihnen am andern Ufer niemand den Uebergang ſtreitig machte. Bonaparte hatte im Jahr 1795 zur Vollendung ſeiner Schiffbrücke bei Piacenza 48 Stunden nöthig gehabt, während Radetzky dießmal innerhalb weniger als 24 Stunden zwei Schiffbrücken ſchlagen ließ. Zum Marſche von der lombardiſchen Gränze bis nach Turin brauchte Suwarow 1799, nach vielen planloſen Kreuz-und Querzügen, obwohl nirgends ein ſtarker Widerſtand ihn erwartete (Moreau ſtand an der Bormida mit einem klei- nen, geſchwächten Heer von nur 20,000 Mann) nicht weniger als 21 Tage. Er ſchlug die Straße am rechten Po-Ufer ein. Radetzky wäre bei fortge- ſetztem Krieg zweifelsohne auf derſelben Straße vorgerückt, hätte aber Turin wahrſcheinlich ſchon fünf Tage nach ſeinem Sieg bei Novara, neun Tage nach ſeinem Uebergang über den Ticino erreicht. Radetzky’s raſches Vordringen nach Novara war die Folge einer trefflichen Combination. Er erkannte die ſchwache Seite ſeines Gegners, wollte deſſen zu ausgedehnte Linie durchbrechen, und ihn von ſeiner Verbindung mit den Waffenplätzen Piemonts abſchneiden. Das vollſtändige Gelingen dieſes Manövers ent- ſchied ſogleich den Feldzug. Den franzöſtſchen Kritikern mag dieſes Ma- növer tollkühn erſcheinen, wie es das Journal des Débats bezeichnet; ſie können aber nicht umhin einzugeſtehen daß es meiſterhaft ausgeführt wor- den. Dagegen ſagt Clauſewitz von Suwarows ſeltſamem Hin- und Her- ziehen am Tanaro und Po im Jahr 1799 und von ſeiner Bewegung gegen Valenza, in welchem man vergeblich einen beſtimmten ſtrategiſchen Plan zu erkennen vermag: dieſe Art Kriegführung ſchmecke etwas ſtark nach dem türkiſchen Kriegstheater, auf dem die Gefechte meiſt keine andere Be- deutung zu haben pflegen als die des gegenſeitigen Todtſchlagens. Clauſe- witz, der Suwarows energiſchen Charakter volle Gerechtigkeit widerfahren läßt, hat von deſſen Feldherrn-Genie gleichwohl eine ganz andere Meinung als Walter Scott, welcher in ſeinem „Leben Napoleons“ den „alten Scy- then“ als den größten Tactiker nächſt Wellington und Napoleon darſtellen möchte. *) Wohl keine von den unweſentlichen Urſachen jener glänzenden Er- folge des Marſchalls Radetzky am Mincio wie am Ticino war ficherlich ſeine große Unabhängigkeit, welche den öſterreichiſchen Heerführern des vorigen Jahrhunderts leider nicht gegönnt war, nicht einmal dem Erzher- zog Carl. Dieſe mußten nach den Planen operiren welche die Perrücken des Wiener Hofkriegsraths in der Schreibſtube ſich ausgedacht. Radetzky konnte dießmal, mit den klugen und kenntnißreichen Generalen an ſeiner Seite, mit Heß und Schönhals, ſeine Feldzugsentwürfe in vollſter Unab- hängigkeit machen und vollführen. Jenes alte Zopfſyſtem welches das Miß- geſchick von Wurmſer und Melas herbeigeführt, beengte ihn nicht. Mili- täriſche Bureaukraten ſchreiben heute nicht mehr — fern vom Kriegs- theater — der öſterreichiſchen Armee ihre Bewegungen vor. Auch an dem Unglück von Ulm im Jahr 1805 hat einſt der Wiener Hofkriegsrath weſentliche Mitſchuld getragen. Selbſt Suwarow erfuhr dieſen unſeligen Einfluß. Die Märztage haben jenem Invalideninſtitut gleichwie dem öſterreichiſchen Corporalſtock hoffentlich den Garaus für immer gemacht. Charakteriſtiſch für den Hofkriegsrath war immer ſeine Vorliebe für alter- ſchwache Generale, neben welchen Radetzky an Rüſtigkeit des Körpers noch als ein Jüngling figuriren könnte. Der hinfällige Melas war bei Marengo nicht im Stande bis zum Abend auf dem Schlachtfeld auszuhalten, und mußte aus Erſchöpfung das Commando an General Zach übergeben. Als letzterer in Gefangenſchaft gerieth war die öſterreichiſche Armee ohne Füh- rer, und die halbgewonnene Schlacht verwandelte ſich in eine gänzliche Niederlage. **) Wir haben uns bemüht die Berichte in deutſchen und fremden Blättern vom jüngſten Kriegsſchauplatz mit möglichſter Aufmerkſamkeit zu leſen und zu vergleichen. Klar und treffend erſchienen uns die offenbar von einem kenntnißreichen Militär geſchriebenen Urtheile des Journal des Débats, welches bei bloßer Betrachtung der beiderſeitigen Manöver den Sieg der Oeſterreicher noch vor der Entſcheidung bei Novara für wahrſcheinlich hielt, obwohl es meinte der Marſchall ſpiele, indem er ſeine rechte Flanke gegen Vigevano dem Gegner bloßſtellte und alles auf einen Wurf ſetzte, ein ſehr gefährliches Spiel. Der Plan Radetzky’s war ziemlich einfach. Er ſuchte, im vollen Vertrauen auf den Muth und die moraliſche Ueberlegenheit ſeines Heeres, den entſcheidenden Kampf auf ſtatt ihn zu meiden. Daher concentrirte er all’ ſeine verfügbaren Truppen in einer ſchmalen Angriffs- linie, ſtatt dieſelben, wie die Piemonteſen, auf einen weiten Raum zu zer- *) Die Angaben Jomini’s gelten in Bezug auf Zahl als ſehr zuverläſſig. Clauſe- witz beſtätigte dieſe Angaben. Beide Werke verdienen beſonders wegen der genauen Aufzählung der verſchiedenen Corps beider Armeen welche an den Gefechten Theil genommen, beſondere Beachtung. *) In der Beſchreibung der Feldzüge von 1799 von General Clauſewitz ſin- den wir unter den wenig bekannten charakteriſtiſchen Zügen Suwarows folgenden: Der Chef ſeines Generalſtabs Chaſteler ſchlug ihm einſt eine Recognoscirung vor, welche Clauſewitz für eine „eigenthümliche Krank- heit der öſterreichiſchen Armee“ erklärt. Suwarow antwortete dem Oeſterreicher: „Des reconnaissances! Je n’en veux pas; elles ne ser- vent qu’aux gens timides et pour avertir I’ennemi qu’on arrive. On trouve toujours l’ennemi quand on veut. Des colonnes, la baïonnette, l’arme blanche, attaque, enserrer, voilà mes reconnaissances!“ **) Bezeichnend für die Führung der Kriegsangelegenheiten im öſterreichi- ſchen Hofkrieosrathe iſt es daß, als Melas wegen Schwächlichkeit die Er- nennung ablehnen wollte, man ihm die Erklärung machte er könne ſeine Reiſe zur Armee mit hinlänglicher Muße und Gemächlichkeit zurück- legen. Er folgte getreu dieſer Mahnung und reiste „in etappenmäßigen Märſchen.“

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-09-09T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 100, 10. April 1849, S. 1535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine100_1849/11>, abgerufen am 01.06.2024.