Allgemeine Zeitung, Nr. 3, 3. Januar 1872.[Spaltenumbruch] Staatsmann der Oesterreich aus dem tiefsten Darniederliegen wieder aufgerichtet hat Die ultramontanen "Tiroler Stimmen," welche, wie es scheint, unmittelbar [÷] Wien, 31 Dec. Der schon längst angekündigte Personenwechsel in [] Wien, 1 Jan. Die Lösung der beiden großen Fragen, der Wahl- [] Triest, 30 Dec. Bei der Agitation aus Anlaß der Wahl eines neuen B. Pest, 31 Dec. Mit dem heutigen Tage tritt die neue Gerichtsorgani- Schweiz. [] Bern, 31 Dec. Das Bundesrevisionswerk, wie es bis jetzt aus den [Spaltenumbruch] Staatsmann der Oeſterreich aus dem tiefſten Darniederliegen wieder aufgerichtet hat Die ultramontanen „Tiroler Stimmen,“ welche, wie es ſcheint, unmittelbar [÷] Wien, 31 Dec. Der ſchon längſt angekündigte Perſonenwechſel in [] Wien, 1 Jan. Die Löſung der beiden großen Fragen, der Wahl- [⋀] Trieſt, 30 Dec. Bei der Agitation aus Anlaß der Wahl eines neuen B. Peſt, 31 Dec. Mit dem heutigen Tage tritt die neue Gerichtsorgani- Schweiz. [⨁] Bern, 31 Dec. Das Bundesreviſionswerk, wie es bis jetzt aus den <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <cit> <quote><pb facs="#f0005" n="29"/><cb/> Staatsmann der Oeſterreich aus dem tiefſten Darniederliegen wieder aufgerichtet hat<lb/> zu Kraft und Anſehen. Einem kurzen Interimiſticum folgte ein geläutertes Verfaſſungs-<lb/> miniſterium, und die das alte Jahr und eine Zeit der traurigſten Verirrung und Ver-<lb/> wirrung ſchließende Thronrede hat neue Hoffnungen geweckt, verroſtete Riegel aufgeſprengt<lb/> und die Ausſicht auf eine glücklichere Zukunft eröffnet.“</quote> </cit><lb/> <p>Die ultramontanen „Tiroler Stimmen,“ welche, wie es ſcheint, unmittelbar<lb/> nach der Thronrede vor Verblüffung gar kein Wort finden konnten, meinen jetzt:<lb/> das gegenwärtige Miniſterium dürfe doch nicht unterſchätzt werden, denn ihm ſei<lb/> die Macht zugefallen ſeine Grundſätze durchzuführen; die Thronrede werde „in<lb/> ſämmtliche ausgleichsfreundliche Kreiſe wie eine Bombe einſchlagen,“ und man<lb/> (der Ultramontanismus in Oeſterreich) müſſe ſich jetzt auf die Defenſive zurück-<lb/> ziehen.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"><lb/> <dateline><supplied>÷</supplied><hi rendition="#b">Wien,</hi> 31 Dec.</dateline><lb/> <p>Der ſchon längſt angekündigte Perſonenwechſel in<lb/> der Preßleitung iſt endlich eingetreten. Er entſpricht dem Miniſter- und Syſtem-<lb/> wechſel, denn während der abtretende cisleithaniſche Preßleiter unter dem letzten<lb/> Cabinet noch hohenwartiſcher war als Graf Hohenwart ſelbſt, gilt der neuer-<lb/> nannte Preßleiter, der bereits unter dem Miniſterium Haſner in gleicher Eigenſchaft<lb/> fungirte, Hofrath Erb, ein Beamter der Schmerling’ſchen Schule, als entſchiedener<lb/> Parteigänger der Verfaſſungspartei. Er findet übrigens ein günſtigeres Terrain<lb/> als irgendeiner ſeiner Vorgänger, denn die geſammte anſtändige deutſche Publi-<lb/> ciſtik ſteht ohnehin auf der Seite der neuen Regierung, und braucht nicht, um letztere<lb/> zu ſtützen, erſt beeinflußt zu werden. Der alte Satz, daß jeder guten Regierung<lb/> auch eine gute Preſſe zur Seite ſteht, erwahrt ſich eben wieder, und die Noth-<lb/> wendigkeit eigentlicher officiöſer Organe behufs Vertheidigung des Miniſteriums<lb/> entfällt vorläufig. Auch eine Doppelſtrömung, wie ſie zur Zeit des erſten Bürger-<lb/> miniſteriums beſtand und letzterm zur Veranlaſſung diente, neben der Reichspreß-<lb/> leitung noch eine cisleithaniſche ins Leben zu rufen, fällt jetzt weg. Die Preßleiter<lb/> können ſich alſo kaum eine für ſie günſtigere Lage wünſchen. Nur thäte die Re-<lb/> gierung Unrecht in den augenblicklich allerdings idylliſch ruhigen Stromſpiegel der<lb/> Tagespreſſe allzu großes Vertrauen zu ſetzen, und aus dem Extrem der von der<lb/> frühern Preßleitung an den Tag gelegten aggreſſiven Geſchäftigkeit in die Paſſi-<lb/> vität eines vollſtändigen <hi rendition="#aq">laissez faire</hi> zu verfallen, und für ganz beſonders bedenk-<lb/> lich müßten wir ein ſolches Syſtem in dem Fall erklären wenn demſelben, wie es<lb/> den Anſchein hat, der von maßgebenden Perſonen gehegte Gedanke zu Grunde<lb/> läge: „Je weniger von den Tagesblättern über die Regierung geſchrieben wird,<lb/> deſto beſſer!“ Es würde dieß ein vollſtändiges Verkennen des Preßweſens be-<lb/> kunden. Der Preſſe muß eben Stoff zur Verarbeitung zugeführt werden, damit ſie<lb/> in dem Sinne wie es die öffentlichen, nunmehr mit jenen der Regierung zu-<lb/> fammenfallenden, Intereſſen erheiſchen, wirken könne, und das ſcheint uns die<lb/> eigentliche Aufgabe der ſogenannten „Preßleitung“ zu ſein, ein Vademecum<lb/> das wir auch der neuen cisleithaniſchen mit auf den Weg geben möchten. Wind<lb/> und Strömung ſind ihr günſtig. Auch die Stimmung des Abgeordnetenhauſes darf<lb/> als eine vortreffliche bezeichnet werden, und was beſonders bemerkenswerth iſt:<lb/> auch die der nicht zur Verfaſſungspartei gehörenden Abgeordneten iſt keine wider-<lb/> haarige. Die Haltung welche die Cabinetsmitglieder gleich in der erſten Sitzung<lb/> des Adreßausſchuſſes beobachteten, hat auf alle den beſten Eindruck gemacht, und<lb/> die günſtige Stimmung wird ſich wohl auch in der Adreſſe abſpiegeln, mit deren<lb/> Abfaſſung Herbſt betraut iſt, und die vorausſichtlich ein Vertrauensvotum für die<lb/> neue Regierung enthalten wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><supplied>&#xfffc;</supplied><hi rendition="#b">Wien,</hi> 1 Jan.</dateline><lb/> <p>Die Löſung der beiden großen Fragen, der Wahl-<lb/> reform und des ſtaatsrechtlichen Verhältniſſes Galiziens, iſt in der Thronrede an-<lb/> gekündigt, aber der Modus ſoll doch noch erſt gefunden werden, und die Verfaſſungs-<lb/> partei, welche ſich augenblicklich und unter der Nachwirkung der eben beſtandenen<lb/> Gefahr zu einem geſchloſſenen Ganzen conſtituirt hat, könnte leicht gerade ange-<lb/> ſichts jener beiden Fragen wieder auseinander geſprengt werden. Es iſt unver-<lb/> geſſen wie weit damals, als das Gutachten der einzelnen Landtage über die directen<lb/> Wahlen eingeholt wurde, die Meinungen innerhalb der Partei auseinander giengen,<lb/> und es iſt ein öffentliches Geheimniß daß der weitaus größte Theil der Partei den<lb/> Polen wohl ausgedehnte adminiſtrative Zugeſtändniſſe, nicht aber eine politiſche<lb/> Sonderſtellung zu gewähren bereit iſt, welche auf das ohnehin ſchon zu bunte öſter-<lb/> reichiſche Staatsrecht noch einen weiteren Lappen heften, das Räderwerk der Staats-<lb/> maſchine noch complicirter und unbehülflicher geſtalten würde. Es iſt möglich, —<lb/> und es ſteht zu hoffen — daß der Regierung inmitten ihrer Action der leitende Faden<lb/> nicht verloren geht, und daß ſie im Stande iſt bei dieſer Action die Führung in<lb/> Händen zu behalten; aber bis jetzt ſcheint ſie, ſoweit es ſich um mehr als papierene<lb/> Programme handelt, nur zu geneigt das <hi rendition="#aq">minima non curare</hi> des Prätors ſich<lb/> nicht zur Richtſchnur zu nehmen, ſondern ihre Energie in kleinlicher Rancune und<lb/> der Geltendmachung perſönlicher Bedeutung zu verzetteln. Wenn Hr. Unger bei-<lb/> ſpielsweiſe bisher nichts dringenderes zu thun hatte als die Thatſache, daß die Re-<lb/> daction der Thronrede ſein alleiniges Werk ſei, mit Ingrimm zu conſtatiren, ſo hat<lb/> er ſich damit als Preßminiſter in einer Weiſe eingeführt welche in die ſchönſten<lb/> Zeiten der alten Polizei zurückverſetzt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><supplied>⋀</supplied><hi rendition="#b">Trieſt,</hi> 30 Dec.</dateline><lb/> <p>Bei der Agitation aus Anlaß der Wahl eines neuen<lb/> Präſidenten der hieſigen Handelskammer erſcheint die Engherzigkeit der Italiener<lb/> in Trieſt wieder in einem ſehr trüben Lichte. Es iſt nämlich ſehr ſchwer eine ge-<lb/> eignete Perſönlichkeit für dieſes durch den Tod des Ritters v. Vicco erledigte Amt<lb/> zu finden aber bloß deßhalb, weil alle Deutſchen, unter denen ſich die hervor-<lb/> ragendſten Capacitäten der Handelskammer befinden, principiell von der Wahl aus-<lb/> geſchloſſen werden — und dieß in einer Stadt wo ungefähr die Hälfte der börſenmäßi-<lb/> gen Handlungsfirmen Deutſche ſind! — Der von dem gemeinſamen Miniſterium des<lb/> Aeußern mit der Dampfſchifffahrts-Unternehmung des Lloyd abgeſchloſſene Ver-<lb/> trag iſt dem Abgeordnetenhauſe bereits vorgelegt, und es iſt wohl kein Zweifel daß<lb/> er die Zuſtimmung desſelben wie auch die des ungariſchen Reichstags erhalten<lb/> wird. Die Intereſſen des öſterreichiſchen Handels und unſerer Schifffahrt bedür-<lb/> fen jetzt mehr als je der Unterſtützung des Staats, wo ſich auch Rußland mit aller<lb/> Kraft rüſtet dieſelben zu bekämpfen. Die ruſſiſche Dampfſchifffahrts-, Handels-<lb/> und Odeſſabahn-Geſellſchaft hat vor kurzem neun neue Dampfer in England be-<lb/> ſtellt, und ihre Flotte wird in Bälde über 80 Dampfſchiffe zählen! Außerdem iſt<lb/> ſie im Beſitze von 700 Meilen Schienenſtraßen, die ſich gegen die öſterreichiſche Gränze<lb/><cb/> hin erſtrecken. Dieß iſt eine mächtige Concurrenz, der Oeſterreich in der Levante<lb/> die Stange halten ſoll, und das Fortbeſtehen und die fernere Entwicklung des Lloyd<lb/> als öſterreichiſches Inſtitut ſind eine wahre Lebensfrage für unſre Handels- und Ver-<lb/> kehrs-Intereſſen den italieniſchen und ruſſiſchen Anſtrengungen gegenüber. Die<lb/> ruſſiſche Geſellſchaft läßt auch einen Dampfer für den Verkehr mit China <hi rendition="#aq">via</hi> Suez-<lb/> Canal bauen und bedroht unſere Bombay-Linie mit ihrer Concurrenz. Be-<lb/> herzigenswerth iſt unter den gegenwärtigen Umſtänden auch daß Montenegro eben<lb/> jetzt wieder Verſuche macht durch Vermittlung Rußlands die Abtretung der Bucht<lb/> von Spizza von der Pforte zu erlangen, und daß der Fürſt mit dem Project um-<lb/> geht am Ufer des Skutari-Sees eine Schiffswerfte für den Bau kleiner Dampfer<lb/> anzulegen. Daß alle dieſe Projecte Plane von größerer Tragweite bergen unter-<lb/> liegt keinem Zweifel, und ſie müſſen unſern parlamentariſchen Körpern zur Mah-<lb/> nung dienen die maritimen Intereſſen des Staates nicht preiszugeben, ſondern viel-<lb/> mehr den Aufſchwung derſelben möglichſt zu fördern.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"><lb/> <dateline><hi rendition="#aq">B.</hi><hi rendition="#b">Peſt,</hi> 31 Dec.</dateline><lb/> <p>Mit dem heutigen Tage tritt die neue Gerichtsorgani-<lb/> ſation, wie dieſelbe bereits ſeit faſt drei Jahren vorbereitet worden, ins Leben,<lb/> Als Weihnachtsgeſchenk hatte das „Amtsblatt“ die maſſenhaften Richter-Ernennun-<lb/> gen gebracht, und wir wollen hoffen daß der Juſtizminiſter gut gewählt und die Ge-<lb/> richte nunmehr eine unparteiiſche raſche Juſtiz üben werden. Die Organiſation<lb/> iſt dieſelbe die Bach in Ungarn eingeführt: Einzelrichter in den Bezirken, Colle-<lb/> gialgerichte in den Comitatshauptſtädten, aber nur Appellation an die königliche<lb/> Tafel und den oberſten Gerichtshof in Peſt, während zu Zeiten Bachs mehrere<lb/> Oberlandesgerichte im Lande ſelbſt beſtanden hatten, der oberſte Gerichtshof<lb/> natürlich in Wien ſeinen Sitz hatte, und nur <hi rendition="#g">einer</hi> für die geſammte Monarchie<lb/> beſtand. Es war bis jetzt Sitte die ſchlechten Juſtizzuſtände Ungarns lediglich<lb/> dem Umſtande zuzuſchreiben daß die Richter von den Ständecomitaten gewählt<lb/> wurden; unläugbar war auch etwas wahres daran, da jedenfalls ein Richter der<lb/> ſich jedes dritte Jahr einer Neuwahl zu unterziehen hat, ſchwer unparteiiſch ur-<lb/> theilen wird. Nun war aber die ungariſche Juſtiz in den höhern Inſtanzen, wo<lb/> keine gewählten, ſondern ernannte Richter urtheilen, auch nicht lobenswerth, und<lb/> es konnte wohl daraus geſchloſſen werden daß auch andere Urſachen als die Wahl<lb/> der Richter beitragen mußten der ungariſchen Juſtiz den ſchlimmen Ruf zu ver-<lb/> ſchaffen den ſie genoß. Eine dieſer Urſachen war die ungenügende Qualification<lb/> der Richter für ihren Beruf. Es gab weder eine Richteramtsprüfung noch eine<lb/> praktiſche Schule für die Richteramtscandidaten; wer im allgemeinen die Rechte<lb/> abſolvirt hatte, konnte Richter werden, in letzter Zeit bei den Stuhlgerichten auch<lb/> ſolche die nie Rechtswiſſenſchaft ſtudiert hatten. Wenn dieſe ſich dann im Laufe<lb/> der Zeit den formellen Geſchäftsgang aneigneten, und auch nach einem ſelbſtcom-<lb/> ponirten Naturrecht ſchlecht und recht Urtheil ſprachen, ſtiegen ſie nach und nach<lb/> von Stufe zu Stufe ohne alle höhern Kenntniſſe und ohne tiefern Einblick in das Weſen<lb/> des Rechts. Was aber ſelbſt dem gebildeten und ſtrebſamen Richter vollends die<lb/> Rechtſprechung unendlich erſchweren mußte, waren die mangelhaften Geſetzbücher.<lb/> Seitdem die Judexcurial-Conferenz im Herbſt 1860 im blinden patriotiſchen Eifer<lb/> die öſterreichiſchen Geſetzbücher aufgehoben hatte, kamen die alten ungariſchen Ge-<lb/> ſetze wieder zur Geltung, und da haben wir denn heut ein veraltetes Wechſelrecht<lb/> und ebenſolche Concursordnung aus dem Jahr 1840, ein ungenügendes bürgerliches<lb/> Geſetzbuch, gar kein Handelsgeſetz, ſondern bloß einige handelsgerichtliche Beſtim-<lb/> mungen, ein Strafrecht welches dem Richter discretionäre Gewalt einräumt, und zu<lb/> alle dem wird die neue vom geweſenen Juſtizminiſter Horv<hi rendition="#aq">á</hi>th eingeführte Civil-<lb/> proceßordnung auch als eine Fehlgeburt angeſehen, da ſie allein dazu gemacht<lb/> ſcheint die Intereſſen der Advocaten zu fördern. Der eine Uebelſtand — die Wahl<lb/> des Richters — iſt nunmehr beſeitigt, bezüglich der Qualiſication jedoch konnte die<lb/> Regierung nicht mehr ſtreng vorgehen, da ſie ſonſt nicht die genügende Anzahl von<lb/> Richtern erhalten hätte. Auch war in dem bezüglichen Geſetze die Beſtimmung<lb/> enthalten daß die bereits längere Zeit im Dienſte geſtandenen Richter berückſichtigt<lb/> werden konnten, ſelbſt wenn ſie die geforderte Qualification nicht beſaßen. Das<lb/> zweite Uebel der ungariſchen Juſtiz iſt daher nur zum Theil ausgemerzt, und was<lb/> das dritte Uebel, die ſchlechten Geſetzbücher, betrifft, ſo dürfte da noch geraume Zeit<lb/> vergehen bis eine radicale Beſſerung eintritt, wenn auf die Arbeiten der Codifica-<lb/> tionscommiſſion gewartet werden ſoll. Dieſe, vom Reichstag eingeſetzt, arbeitet<lb/> bereits ſeit drei Jahren, ohne irgendein Ergebniß geliefert zu haben. Es mehren<lb/> ſich daher auch die Stimmen die verlangen: der Reichstag möge bewährte aus-<lb/> ländiſche Geſetzbücher mit geringen Modificationen etwa einführen, alſo das öſter-<lb/> reichiſche bürgerliche Geſetzbuch, das deutſche Handelsgeſetz, das norddeutſche Straf-<lb/> recht u. ſ. w. Solange Ungaru keine genügenden Geſetzbücher beſitzt, gleicht die<lb/> neue Gerichtsorganiſation einer Armee die nicht gehörig verpflegt, daher nicht<lb/> leiſtungsfähig iſt.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Schweiz.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><supplied>⨁</supplied><hi rendition="#b">Bern,</hi> 31 Dec.</dateline><lb/> <p>Das Bundesreviſionswerk, wie es bis jetzt aus den<lb/> Berathungen des Nationalraths hervorgegangen iſt, wird von drei Seiten angefein-<lb/> det: von den Weſtſchweizern, den Ultramontanen und den Socialdemokraten.<lb/> Den einen bietet es zu viel, den andern zu wenig. In der Weſtſchweiz will man<lb/> vor allem von der in dem neuen Art. 54 enthaltenen Rechtseinheit nichts wiſſen,<lb/> während die Ultramontanen, wie deren Hauptorgan, das in Luzern erſcheinende<lb/> „Vaterland,“ ſich ausdrückt, die ſeitherigen Beſchlüſſe des Nationalraths nur als<lb/> die Verkörperung des Strebens betrachten die liberalen Minderheiten in den un-<lb/> ter ihrer Herrſchaft ſtehenden Kantonen an das Ruder zu bringen. Ihnen nach iſt<lb/> das nationalräthliche Reviſionswerk „ein Flick- und Zwitterwerk,“ welches die<lb/> alte ſchweizeriſche Freiheit auf die Seite ſchiebt, um die jungradicale Demokratie<lb/> auf den Thron zu heben. Die Republik im eigentlichen Sinne des Wortes werde<lb/> in Frage geſtellt. Die Socialdemokraten endlich begnügen ſich nicht mit einer<lb/> Kritik der nationalräthlichen Beſchlüſſe, ſondern ſchreiten bereits zu Gegenmaß-<lb/> regeln. Ein Aufruf des ſocialdemokratiſchen Arbeitervereins in Baſel an alle<lb/> Arbeiter in der Schweiz wirft der großen Mehrheit des Nationalraths vor: bei<lb/> dem Reviſionswerk mehr ihre eigenen egoiſtiſchen Intereſſen als die Förderung<lb/> des Volkswohls ins Auge gefaßt zu haben. „Iſt auch die Centraliſation des<lb/> Militärweſens mit großem Mehr durchgegangen,“ heißt es in dieſem Aufruf, „ſo<lb/> ſind dafür andere für das Wohl des Volks ebenſo wichtige und unentbehrliche<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0005]
Staatsmann der Oeſterreich aus dem tiefſten Darniederliegen wieder aufgerichtet hat
zu Kraft und Anſehen. Einem kurzen Interimiſticum folgte ein geläutertes Verfaſſungs-
miniſterium, und die das alte Jahr und eine Zeit der traurigſten Verirrung und Ver-
wirrung ſchließende Thronrede hat neue Hoffnungen geweckt, verroſtete Riegel aufgeſprengt
und die Ausſicht auf eine glücklichere Zukunft eröffnet.“
Die ultramontanen „Tiroler Stimmen,“ welche, wie es ſcheint, unmittelbar
nach der Thronrede vor Verblüffung gar kein Wort finden konnten, meinen jetzt:
das gegenwärtige Miniſterium dürfe doch nicht unterſchätzt werden, denn ihm ſei
die Macht zugefallen ſeine Grundſätze durchzuführen; die Thronrede werde „in
ſämmtliche ausgleichsfreundliche Kreiſe wie eine Bombe einſchlagen,“ und man
(der Ultramontanismus in Oeſterreich) müſſe ſich jetzt auf die Defenſive zurück-
ziehen.
÷ Wien, 31 Dec.
Der ſchon längſt angekündigte Perſonenwechſel in
der Preßleitung iſt endlich eingetreten. Er entſpricht dem Miniſter- und Syſtem-
wechſel, denn während der abtretende cisleithaniſche Preßleiter unter dem letzten
Cabinet noch hohenwartiſcher war als Graf Hohenwart ſelbſt, gilt der neuer-
nannte Preßleiter, der bereits unter dem Miniſterium Haſner in gleicher Eigenſchaft
fungirte, Hofrath Erb, ein Beamter der Schmerling’ſchen Schule, als entſchiedener
Parteigänger der Verfaſſungspartei. Er findet übrigens ein günſtigeres Terrain
als irgendeiner ſeiner Vorgänger, denn die geſammte anſtändige deutſche Publi-
ciſtik ſteht ohnehin auf der Seite der neuen Regierung, und braucht nicht, um letztere
zu ſtützen, erſt beeinflußt zu werden. Der alte Satz, daß jeder guten Regierung
auch eine gute Preſſe zur Seite ſteht, erwahrt ſich eben wieder, und die Noth-
wendigkeit eigentlicher officiöſer Organe behufs Vertheidigung des Miniſteriums
entfällt vorläufig. Auch eine Doppelſtrömung, wie ſie zur Zeit des erſten Bürger-
miniſteriums beſtand und letzterm zur Veranlaſſung diente, neben der Reichspreß-
leitung noch eine cisleithaniſche ins Leben zu rufen, fällt jetzt weg. Die Preßleiter
können ſich alſo kaum eine für ſie günſtigere Lage wünſchen. Nur thäte die Re-
gierung Unrecht in den augenblicklich allerdings idylliſch ruhigen Stromſpiegel der
Tagespreſſe allzu großes Vertrauen zu ſetzen, und aus dem Extrem der von der
frühern Preßleitung an den Tag gelegten aggreſſiven Geſchäftigkeit in die Paſſi-
vität eines vollſtändigen laissez faire zu verfallen, und für ganz beſonders bedenk-
lich müßten wir ein ſolches Syſtem in dem Fall erklären wenn demſelben, wie es
den Anſchein hat, der von maßgebenden Perſonen gehegte Gedanke zu Grunde
läge: „Je weniger von den Tagesblättern über die Regierung geſchrieben wird,
deſto beſſer!“ Es würde dieß ein vollſtändiges Verkennen des Preßweſens be-
kunden. Der Preſſe muß eben Stoff zur Verarbeitung zugeführt werden, damit ſie
in dem Sinne wie es die öffentlichen, nunmehr mit jenen der Regierung zu-
fammenfallenden, Intereſſen erheiſchen, wirken könne, und das ſcheint uns die
eigentliche Aufgabe der ſogenannten „Preßleitung“ zu ſein, ein Vademecum
das wir auch der neuen cisleithaniſchen mit auf den Weg geben möchten. Wind
und Strömung ſind ihr günſtig. Auch die Stimmung des Abgeordnetenhauſes darf
als eine vortreffliche bezeichnet werden, und was beſonders bemerkenswerth iſt:
auch die der nicht zur Verfaſſungspartei gehörenden Abgeordneten iſt keine wider-
haarige. Die Haltung welche die Cabinetsmitglieder gleich in der erſten Sitzung
des Adreßausſchuſſes beobachteten, hat auf alle den beſten Eindruck gemacht, und
die günſtige Stimmung wird ſich wohl auch in der Adreſſe abſpiegeln, mit deren
Abfaſſung Herbſt betraut iſt, und die vorausſichtlich ein Vertrauensvotum für die
neue Regierung enthalten wird.
 Wien, 1 Jan.
Die Löſung der beiden großen Fragen, der Wahl-
reform und des ſtaatsrechtlichen Verhältniſſes Galiziens, iſt in der Thronrede an-
gekündigt, aber der Modus ſoll doch noch erſt gefunden werden, und die Verfaſſungs-
partei, welche ſich augenblicklich und unter der Nachwirkung der eben beſtandenen
Gefahr zu einem geſchloſſenen Ganzen conſtituirt hat, könnte leicht gerade ange-
ſichts jener beiden Fragen wieder auseinander geſprengt werden. Es iſt unver-
geſſen wie weit damals, als das Gutachten der einzelnen Landtage über die directen
Wahlen eingeholt wurde, die Meinungen innerhalb der Partei auseinander giengen,
und es iſt ein öffentliches Geheimniß daß der weitaus größte Theil der Partei den
Polen wohl ausgedehnte adminiſtrative Zugeſtändniſſe, nicht aber eine politiſche
Sonderſtellung zu gewähren bereit iſt, welche auf das ohnehin ſchon zu bunte öſter-
reichiſche Staatsrecht noch einen weiteren Lappen heften, das Räderwerk der Staats-
maſchine noch complicirter und unbehülflicher geſtalten würde. Es iſt möglich, —
und es ſteht zu hoffen — daß der Regierung inmitten ihrer Action der leitende Faden
nicht verloren geht, und daß ſie im Stande iſt bei dieſer Action die Führung in
Händen zu behalten; aber bis jetzt ſcheint ſie, ſoweit es ſich um mehr als papierene
Programme handelt, nur zu geneigt das minima non curare des Prätors ſich
nicht zur Richtſchnur zu nehmen, ſondern ihre Energie in kleinlicher Rancune und
der Geltendmachung perſönlicher Bedeutung zu verzetteln. Wenn Hr. Unger bei-
ſpielsweiſe bisher nichts dringenderes zu thun hatte als die Thatſache, daß die Re-
daction der Thronrede ſein alleiniges Werk ſei, mit Ingrimm zu conſtatiren, ſo hat
er ſich damit als Preßminiſter in einer Weiſe eingeführt welche in die ſchönſten
Zeiten der alten Polizei zurückverſetzt.
⋀ Trieſt, 30 Dec.
Bei der Agitation aus Anlaß der Wahl eines neuen
Präſidenten der hieſigen Handelskammer erſcheint die Engherzigkeit der Italiener
in Trieſt wieder in einem ſehr trüben Lichte. Es iſt nämlich ſehr ſchwer eine ge-
eignete Perſönlichkeit für dieſes durch den Tod des Ritters v. Vicco erledigte Amt
zu finden aber bloß deßhalb, weil alle Deutſchen, unter denen ſich die hervor-
ragendſten Capacitäten der Handelskammer befinden, principiell von der Wahl aus-
geſchloſſen werden — und dieß in einer Stadt wo ungefähr die Hälfte der börſenmäßi-
gen Handlungsfirmen Deutſche ſind! — Der von dem gemeinſamen Miniſterium des
Aeußern mit der Dampfſchifffahrts-Unternehmung des Lloyd abgeſchloſſene Ver-
trag iſt dem Abgeordnetenhauſe bereits vorgelegt, und es iſt wohl kein Zweifel daß
er die Zuſtimmung desſelben wie auch die des ungariſchen Reichstags erhalten
wird. Die Intereſſen des öſterreichiſchen Handels und unſerer Schifffahrt bedür-
fen jetzt mehr als je der Unterſtützung des Staats, wo ſich auch Rußland mit aller
Kraft rüſtet dieſelben zu bekämpfen. Die ruſſiſche Dampfſchifffahrts-, Handels-
und Odeſſabahn-Geſellſchaft hat vor kurzem neun neue Dampfer in England be-
ſtellt, und ihre Flotte wird in Bälde über 80 Dampfſchiffe zählen! Außerdem iſt
ſie im Beſitze von 700 Meilen Schienenſtraßen, die ſich gegen die öſterreichiſche Gränze
hin erſtrecken. Dieß iſt eine mächtige Concurrenz, der Oeſterreich in der Levante
die Stange halten ſoll, und das Fortbeſtehen und die fernere Entwicklung des Lloyd
als öſterreichiſches Inſtitut ſind eine wahre Lebensfrage für unſre Handels- und Ver-
kehrs-Intereſſen den italieniſchen und ruſſiſchen Anſtrengungen gegenüber. Die
ruſſiſche Geſellſchaft läßt auch einen Dampfer für den Verkehr mit China via Suez-
Canal bauen und bedroht unſere Bombay-Linie mit ihrer Concurrenz. Be-
herzigenswerth iſt unter den gegenwärtigen Umſtänden auch daß Montenegro eben
jetzt wieder Verſuche macht durch Vermittlung Rußlands die Abtretung der Bucht
von Spizza von der Pforte zu erlangen, und daß der Fürſt mit dem Project um-
geht am Ufer des Skutari-Sees eine Schiffswerfte für den Bau kleiner Dampfer
anzulegen. Daß alle dieſe Projecte Plane von größerer Tragweite bergen unter-
liegt keinem Zweifel, und ſie müſſen unſern parlamentariſchen Körpern zur Mah-
nung dienen die maritimen Intereſſen des Staates nicht preiszugeben, ſondern viel-
mehr den Aufſchwung derſelben möglichſt zu fördern.
B. Peſt, 31 Dec.
Mit dem heutigen Tage tritt die neue Gerichtsorgani-
ſation, wie dieſelbe bereits ſeit faſt drei Jahren vorbereitet worden, ins Leben,
Als Weihnachtsgeſchenk hatte das „Amtsblatt“ die maſſenhaften Richter-Ernennun-
gen gebracht, und wir wollen hoffen daß der Juſtizminiſter gut gewählt und die Ge-
richte nunmehr eine unparteiiſche raſche Juſtiz üben werden. Die Organiſation
iſt dieſelbe die Bach in Ungarn eingeführt: Einzelrichter in den Bezirken, Colle-
gialgerichte in den Comitatshauptſtädten, aber nur Appellation an die königliche
Tafel und den oberſten Gerichtshof in Peſt, während zu Zeiten Bachs mehrere
Oberlandesgerichte im Lande ſelbſt beſtanden hatten, der oberſte Gerichtshof
natürlich in Wien ſeinen Sitz hatte, und nur einer für die geſammte Monarchie
beſtand. Es war bis jetzt Sitte die ſchlechten Juſtizzuſtände Ungarns lediglich
dem Umſtande zuzuſchreiben daß die Richter von den Ständecomitaten gewählt
wurden; unläugbar war auch etwas wahres daran, da jedenfalls ein Richter der
ſich jedes dritte Jahr einer Neuwahl zu unterziehen hat, ſchwer unparteiiſch ur-
theilen wird. Nun war aber die ungariſche Juſtiz in den höhern Inſtanzen, wo
keine gewählten, ſondern ernannte Richter urtheilen, auch nicht lobenswerth, und
es konnte wohl daraus geſchloſſen werden daß auch andere Urſachen als die Wahl
der Richter beitragen mußten der ungariſchen Juſtiz den ſchlimmen Ruf zu ver-
ſchaffen den ſie genoß. Eine dieſer Urſachen war die ungenügende Qualification
der Richter für ihren Beruf. Es gab weder eine Richteramtsprüfung noch eine
praktiſche Schule für die Richteramtscandidaten; wer im allgemeinen die Rechte
abſolvirt hatte, konnte Richter werden, in letzter Zeit bei den Stuhlgerichten auch
ſolche die nie Rechtswiſſenſchaft ſtudiert hatten. Wenn dieſe ſich dann im Laufe
der Zeit den formellen Geſchäftsgang aneigneten, und auch nach einem ſelbſtcom-
ponirten Naturrecht ſchlecht und recht Urtheil ſprachen, ſtiegen ſie nach und nach
von Stufe zu Stufe ohne alle höhern Kenntniſſe und ohne tiefern Einblick in das Weſen
des Rechts. Was aber ſelbſt dem gebildeten und ſtrebſamen Richter vollends die
Rechtſprechung unendlich erſchweren mußte, waren die mangelhaften Geſetzbücher.
Seitdem die Judexcurial-Conferenz im Herbſt 1860 im blinden patriotiſchen Eifer
die öſterreichiſchen Geſetzbücher aufgehoben hatte, kamen die alten ungariſchen Ge-
ſetze wieder zur Geltung, und da haben wir denn heut ein veraltetes Wechſelrecht
und ebenſolche Concursordnung aus dem Jahr 1840, ein ungenügendes bürgerliches
Geſetzbuch, gar kein Handelsgeſetz, ſondern bloß einige handelsgerichtliche Beſtim-
mungen, ein Strafrecht welches dem Richter discretionäre Gewalt einräumt, und zu
alle dem wird die neue vom geweſenen Juſtizminiſter Horváth eingeführte Civil-
proceßordnung auch als eine Fehlgeburt angeſehen, da ſie allein dazu gemacht
ſcheint die Intereſſen der Advocaten zu fördern. Der eine Uebelſtand — die Wahl
des Richters — iſt nunmehr beſeitigt, bezüglich der Qualiſication jedoch konnte die
Regierung nicht mehr ſtreng vorgehen, da ſie ſonſt nicht die genügende Anzahl von
Richtern erhalten hätte. Auch war in dem bezüglichen Geſetze die Beſtimmung
enthalten daß die bereits längere Zeit im Dienſte geſtandenen Richter berückſichtigt
werden konnten, ſelbſt wenn ſie die geforderte Qualification nicht beſaßen. Das
zweite Uebel der ungariſchen Juſtiz iſt daher nur zum Theil ausgemerzt, und was
das dritte Uebel, die ſchlechten Geſetzbücher, betrifft, ſo dürfte da noch geraume Zeit
vergehen bis eine radicale Beſſerung eintritt, wenn auf die Arbeiten der Codifica-
tionscommiſſion gewartet werden ſoll. Dieſe, vom Reichstag eingeſetzt, arbeitet
bereits ſeit drei Jahren, ohne irgendein Ergebniß geliefert zu haben. Es mehren
ſich daher auch die Stimmen die verlangen: der Reichstag möge bewährte aus-
ländiſche Geſetzbücher mit geringen Modificationen etwa einführen, alſo das öſter-
reichiſche bürgerliche Geſetzbuch, das deutſche Handelsgeſetz, das norddeutſche Straf-
recht u. ſ. w. Solange Ungaru keine genügenden Geſetzbücher beſitzt, gleicht die
neue Gerichtsorganiſation einer Armee die nicht gehörig verpflegt, daher nicht
leiſtungsfähig iſt.
Schweiz.
⨁ Bern, 31 Dec.
Das Bundesreviſionswerk, wie es bis jetzt aus den
Berathungen des Nationalraths hervorgegangen iſt, wird von drei Seiten angefein-
det: von den Weſtſchweizern, den Ultramontanen und den Socialdemokraten.
Den einen bietet es zu viel, den andern zu wenig. In der Weſtſchweiz will man
vor allem von der in dem neuen Art. 54 enthaltenen Rechtseinheit nichts wiſſen,
während die Ultramontanen, wie deren Hauptorgan, das in Luzern erſcheinende
„Vaterland,“ ſich ausdrückt, die ſeitherigen Beſchlüſſe des Nationalraths nur als
die Verkörperung des Strebens betrachten die liberalen Minderheiten in den un-
ter ihrer Herrſchaft ſtehenden Kantonen an das Ruder zu bringen. Ihnen nach iſt
das nationalräthliche Reviſionswerk „ein Flick- und Zwitterwerk,“ welches die
alte ſchweizeriſche Freiheit auf die Seite ſchiebt, um die jungradicale Demokratie
auf den Thron zu heben. Die Republik im eigentlichen Sinne des Wortes werde
in Frage geſtellt. Die Socialdemokraten endlich begnügen ſich nicht mit einer
Kritik der nationalräthlichen Beſchlüſſe, ſondern ſchreiten bereits zu Gegenmaß-
regeln. Ein Aufruf des ſocialdemokratiſchen Arbeitervereins in Baſel an alle
Arbeiter in der Schweiz wirft der großen Mehrheit des Nationalraths vor: bei
dem Reviſionswerk mehr ihre eigenen egoiſtiſchen Intereſſen als die Förderung
des Volkswohls ins Auge gefaßt zu haben. „Iſt auch die Centraliſation des
Militärweſens mit großem Mehr durchgegangen,“ heißt es in dieſem Aufruf, „ſo
ſind dafür andere für das Wohl des Volks ebenſo wichtige und unentbehrliche
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-03-29T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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