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Niviandts, Friedrich: Güldenes Schwerd. Köln, 1708.

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Güldenes Schwerd.

Oder soll man gar keinen Ober-Richter
erkennen/ sonderen nach seinem Gutdün-
cken daher fahren/ und sein selbst eygener
Richter seyn? O! das würde ja ein ewiger
und blütiger Streit geben; O! wie würde
man sich ohne Nachlassen zerbeissen und
umb den Kopff schlagen! Hör mein Luthe-
rischer/ oder wer du immer seyest: dein Bru-
der stirbt/ und in seiner Testamentarischer
Disposition setzet er dich und deine Schwe-
ster als Erbgenahmen; in diesem Testament
aber findet sich eine Clausul oder Condi-
tion/ so gantz obscur/ und unter dir und dei-
ner Schwester einen Streit erwecket/ du
deutest die Clausul auß auff deine Seith/
und wilst das Hauß haben/ dein Schwester
deutet dieselbe auß auff seine Seith/ und
wilts auch haben/ ein jeder ruffet: also und
nit anders müssen die Wörter verstanden
werden/ so hats mein seeliger Bruder ge-
meynt/ das Hauß soll ich haben.

Nun laß hören mein Lutherischer/ wie
soll man diesen Streit legen? wer soll all-
hier der Scheydsman seyn? das von deinem
Bruder gemachte Testament/ warauß der
Streit entstanden? oder ewer beyder gefa-
ster Wahn und Dunckel? und dan werdet

ihr
N 2
Guͤldenes Schwerd.

Oder ſoll man gar keinen Ober-Richter
erkennen/ ſonderen nach ſeinem Gutduͤn-
cken daher fahren/ und ſein ſelbſt eygener
Richter ſeyn? O! das würde ja ein ewiger
und bluͤtiger Streit geben; O! wie wuͤrde
man ſich ohne Nachlaſſen zerbeiſſen und
umb den Kopff ſchlagen! Hoͤr mein Luthe-
riſcher/ oder wer du immer ſeyeſt: dein Bru-
der ſtirbt/ und in ſeiner Teſtamentariſcher
Diſpoſition ſetzet er dich und deine Schwe-
ſter als Erbgenahmen; in dieſem Teſtament
aber findet ſich eine Clauſul oder Condi-
tion/ ſo gantz obſcur/ und unter dir und dei-
ner Schweſter einen Streit erwecket/ du
deuteſt die Clauſul auß auff deine Seith/
und wilſt das Hauß haben/ dein Schweſter
deutet dieſelbe auß auff ſeine Seith/ und
wilts auch haben/ ein jeder ruffet: alſo und
nit anders muͤſſen die Woͤrter verſtanden
werden/ ſo hats mein ſeeliger Bruder ge-
meynt/ das Hauß ſoll ich haben.

Nun laß hoͤren mein Lutheriſcher/ wie
ſoll man dieſen Streit legen? wer ſoll all-
hier der Scheydsman ſeyn? das von deinem
Bruder gemachte Teſtament/ warauß der
Streit entſtanden? oder ewer beyder gefa-
ſter Wahn und Dunckel? und dan werdet

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N 2
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[291/0303] Guͤldenes Schwerd. Oder ſoll man gar keinen Ober-Richter erkennen/ ſonderen nach ſeinem Gutduͤn- cken daher fahren/ und ſein ſelbſt eygener Richter ſeyn? O! das würde ja ein ewiger und bluͤtiger Streit geben; O! wie wuͤrde man ſich ohne Nachlaſſen zerbeiſſen und umb den Kopff ſchlagen! Hoͤr mein Luthe- riſcher/ oder wer du immer ſeyeſt: dein Bru- der ſtirbt/ und in ſeiner Teſtamentariſcher Diſpoſition ſetzet er dich und deine Schwe- ſter als Erbgenahmen; in dieſem Teſtament aber findet ſich eine Clauſul oder Condi- tion/ ſo gantz obſcur/ und unter dir und dei- ner Schweſter einen Streit erwecket/ du deuteſt die Clauſul auß auff deine Seith/ und wilſt das Hauß haben/ dein Schweſter deutet dieſelbe auß auff ſeine Seith/ und wilts auch haben/ ein jeder ruffet: alſo und nit anders muͤſſen die Woͤrter verſtanden werden/ ſo hats mein ſeeliger Bruder ge- meynt/ das Hauß ſoll ich haben. Nun laß hoͤren mein Lutheriſcher/ wie ſoll man dieſen Streit legen? wer ſoll all- hier der Scheydsman ſeyn? das von deinem Bruder gemachte Teſtament/ warauß der Streit entſtanden? oder ewer beyder gefa- ſter Wahn und Dunckel? und dan werdet ihr N 2

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Zitationshilfe: Niviandts, Friedrich: Güldenes Schwerd. Köln, 1708, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niviandts_schwerd_1708/303>, abgerufen am 23.11.2024.