es nirgends daß von dieser Rogation die Ernennung der Decemvirn und ihre Beauftragung ausging: ihrer Gesetzgebung Gegenstände dadurch bestimmt waren. Die gesetzliche Wahlgemeinde ist offenbar die der Centurien, und so erscheint der Vorschlag gar nicht auf eine ein- seitige Handlung der Tribus gerichtet, sondern, wie es den damaligen Plebisciten angemessen ist, als eine resol- virte Vorstellung der Plebejer an den Senat.
Bey Livius ist alles verwirrt, doch so daß es sich durch Dionysius Darstellung auflößt. Er beschränkt die Rogation des Terentillus auf die consularische Macht, und nach ihm ward dem Volk vorgeschlagen selbst fünf Männer zu ernennen um diese gesetzlich zu begränzen 50): weiterhin redet er von dem Gesetz welches die inneren Un- ruhen erregte beständig als von einer Erneuerung des terentillischen 51), und doch ist dies auch für ihn das nämliche woraus, nur in einer veränderten Form, die Ernennung und der Beruf der Decemvirn hervorging 52). Man könnte vermuthen die ursprüngliche Rogation des Terentillus sey von Livius richtig angegeben, und diese durch die spätere des Virginius zu einem größeren Umfang erweitert geworden: doch wahrscheinlicher ist hier Ver- wirrung, und die Erwähnung des Vorschlags daß die Plebs fünf Gesetzgeber ernennen solle, ist wohl das Fragment einer Notiz daß schon vom Anfang gleiche Repräsentation beyder Stände im Decemvirat gefordert
50)III. c. 9.
51)III. c. 10. 31.
52)III. c. 31.
Zweiter Theil. D
es nirgends daß von dieſer Rogation die Ernennung der Decemvirn und ihre Beauftragung ausging: ihrer Geſetzgebung Gegenſtaͤnde dadurch beſtimmt waren. Die geſetzliche Wahlgemeinde iſt offenbar die der Centurien, und ſo erſcheint der Vorſchlag gar nicht auf eine ein- ſeitige Handlung der Tribus gerichtet, ſondern, wie es den damaligen Plebiſciten angemeſſen iſt, als eine reſol- virte Vorſtellung der Plebejer an den Senat.
Bey Livius iſt alles verwirrt, doch ſo daß es ſich durch Dionyſius Darſtellung aufloͤßt. Er beſchraͤnkt die Rogation des Terentillus auf die conſulariſche Macht, und nach ihm ward dem Volk vorgeſchlagen ſelbſt fuͤnf Maͤnner zu ernennen um dieſe geſetzlich zu begraͤnzen 50): weiterhin redet er von dem Geſetz welches die inneren Un- ruhen erregte beſtaͤndig als von einer Erneuerung des terentilliſchen 51), und doch iſt dies auch fuͤr ihn das naͤmliche woraus, nur in einer veraͤnderten Form, die Ernennung und der Beruf der Decemvirn hervorging 52). Man koͤnnte vermuthen die urſpruͤngliche Rogation des Terentillus ſey von Livius richtig angegeben, und dieſe durch die ſpaͤtere des Virginius zu einem groͤßeren Umfang erweitert geworden: doch wahrſcheinlicher iſt hier Ver- wirrung, und die Erwaͤhnung des Vorſchlags daß die Plebs fuͤnf Geſetzgeber ernennen ſolle, iſt wohl das Fragment einer Notiz daß ſchon vom Anfang gleiche Repraͤſentation beyder Staͤnde im Decemvirat gefordert
50)III. c. 9.
51)III. c. 10. 31.
52)III. c. 31.
Zweiter Theil. D
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es nirgends daß von dieſer Rogation die Ernennung
der Decemvirn und ihre Beauftragung ausging: ihrer
Geſetzgebung Gegenſtaͤnde dadurch beſtimmt waren. Die
geſetzliche Wahlgemeinde iſt offenbar die der Centurien,
und ſo erſcheint der Vorſchlag gar nicht auf eine ein-
ſeitige Handlung der Tribus gerichtet, ſondern, wie es
den damaligen Plebiſciten angemeſſen iſt, als eine reſol-
virte Vorſtellung der Plebejer an den Senat.
Bey Livius iſt alles verwirrt, doch ſo daß es ſich
durch Dionyſius Darſtellung aufloͤßt. Er beſchraͤnkt die
Rogation des Terentillus auf die conſulariſche Macht,
und nach ihm ward dem Volk vorgeſchlagen ſelbſt fuͤnf
Maͤnner zu ernennen um dieſe geſetzlich zu begraͤnzen 50):
weiterhin redet er von dem Geſetz welches die inneren Un-
ruhen erregte beſtaͤndig als von einer Erneuerung des
terentilliſchen 51), und doch iſt dies auch fuͤr ihn das
naͤmliche woraus, nur in einer veraͤnderten Form, die
Ernennung und der Beruf der Decemvirn hervorging 52).
Man koͤnnte vermuthen die urſpruͤngliche Rogation des
Terentillus ſey von Livius richtig angegeben, und dieſe
durch die ſpaͤtere des Virginius zu einem groͤßeren Umfang
erweitert geworden: doch wahrſcheinlicher iſt hier Ver-
wirrung, und die Erwaͤhnung des Vorſchlags daß die
Plebs fuͤnf Geſetzgeber ernennen ſolle, iſt wohl das
Fragment einer Notiz daß ſchon vom Anfang gleiche
Repraͤſentation beyder Staͤnde im Decemvirat gefordert
50) III. c. 9.
51) III. c. 10. 31.
52) III. c. 31.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/65>, abgerufen am 27.11.2024.
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