den jene gegen die Mitte des vierten Jahrhunderts wohl nicht so ausschließlich in den Händen der Plebejer ge- wesen seyn 48). In dem Criminalrecht mochte die Ver- schiedenheit des Rechts noch nachtheiliger seyn.
Auffallend wäre es also nicht daß das Volk auf eine allgemeine Gesetzgebung mit einer nicht geringeren Heftigkeit drang als ob es die unmittelbare Sicherheit und das Vermögen jedes Einzelnen beträfe, wenn man auch der Rogation des Tribunen C. Terentillus Arsa (292) keinen größeren Zweck einräumen wollte als die Abfassung der Gesetztafeln, in deren Inhalt man gewöhn- lich nur Privatrecht, ohne einige Abänderungen im Staatsrecht, sucht. Aber weder können diese Gesetze sich auf jenes beschränkt haben, noch that es der Tri- bun, noch je eine andre Nomothesie des Alterthums.
Dionysius, der den Sinn und Zusammenhang die- ser Begebenheiten sehr sorgfältig und bestimmt aufge- faßt hat, nur, mit einer unwesentlichen Verschieden- heit, als den Urheber der Rogation den Tribun A. Vir- ginius nennt, und sie in das folgende Jahr 293 setzt, meldet, es sey dadurch angetragen worden, die gesetz- liche Volksversammlung solle zehn verständige und ver- traute Männer erwählen, Gesetze für das Staatsrecht und Privatrecht für alle Bürger zu schreiben, den Obrig- keiten und dem Bürger zur Richtschnur 49). Er verkennt
es
48) Siehe die Th. I. S. 451. angeführte Stelle des Livius IV. c. 48.
49)X. c. 3.
den jene gegen die Mitte des vierten Jahrhunderts wohl nicht ſo ausſchließlich in den Haͤnden der Plebejer ge- weſen ſeyn 48). In dem Criminalrecht mochte die Ver- ſchiedenheit des Rechts noch nachtheiliger ſeyn.
Auffallend waͤre es alſo nicht daß das Volk auf eine allgemeine Geſetzgebung mit einer nicht geringeren Heftigkeit drang als ob es die unmittelbare Sicherheit und das Vermoͤgen jedes Einzelnen betraͤfe, wenn man auch der Rogation des Tribunen C. Terentillus Arſa (292) keinen groͤßeren Zweck einraͤumen wollte als die Abfaſſung der Geſetztafeln, in deren Inhalt man gewoͤhn- lich nur Privatrecht, ohne einige Abaͤnderungen im Staatsrecht, ſucht. Aber weder koͤnnen dieſe Geſetze ſich auf jenes beſchraͤnkt haben, noch that es der Tri- bun, noch je eine andre Nomotheſie des Alterthums.
Dionyſius, der den Sinn und Zuſammenhang die- ſer Begebenheiten ſehr ſorgfaͤltig und beſtimmt aufge- faßt hat, nur, mit einer unweſentlichen Verſchieden- heit, als den Urheber der Rogation den Tribun A. Vir- ginius nennt, und ſie in das folgende Jahr 293 ſetzt, meldet, es ſey dadurch angetragen worden, die geſetz- liche Volksverſammlung ſolle zehn verſtaͤndige und ver- traute Maͤnner erwaͤhlen, Geſetze fuͤr das Staatsrecht und Privatrecht fuͤr alle Buͤrger zu ſchreiben, den Obrig- keiten und dem Buͤrger zur Richtſchnur 49). Er verkennt
es
48) Siehe die Th. I. S. 451. angefuͤhrte Stelle des Livius IV. c. 48.
49)X. c. 3.
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[48/0064]
den jene gegen die Mitte des vierten Jahrhunderts wohl
nicht ſo ausſchließlich in den Haͤnden der Plebejer ge-
weſen ſeyn 48). In dem Criminalrecht mochte die Ver-
ſchiedenheit des Rechts noch nachtheiliger ſeyn.
Auffallend waͤre es alſo nicht daß das Volk auf
eine allgemeine Geſetzgebung mit einer nicht geringeren
Heftigkeit drang als ob es die unmittelbare Sicherheit
und das Vermoͤgen jedes Einzelnen betraͤfe, wenn man
auch der Rogation des Tribunen C. Terentillus Arſa
(292) keinen groͤßeren Zweck einraͤumen wollte als die
Abfaſſung der Geſetztafeln, in deren Inhalt man gewoͤhn-
lich nur Privatrecht, ohne einige Abaͤnderungen im
Staatsrecht, ſucht. Aber weder koͤnnen dieſe Geſetze
ſich auf jenes beſchraͤnkt haben, noch that es der Tri-
bun, noch je eine andre Nomotheſie des Alterthums.
Dionyſius, der den Sinn und Zuſammenhang die-
ſer Begebenheiten ſehr ſorgfaͤltig und beſtimmt aufge-
faßt hat, nur, mit einer unweſentlichen Verſchieden-
heit, als den Urheber der Rogation den Tribun A. Vir-
ginius nennt, und ſie in das folgende Jahr 293 ſetzt,
meldet, es ſey dadurch angetragen worden, die geſetz-
liche Volksverſammlung ſolle zehn verſtaͤndige und ver-
traute Maͤnner erwaͤhlen, Geſetze fuͤr das Staatsrecht
und Privatrecht fuͤr alle Buͤrger zu ſchreiben, den Obrig-
keiten und dem Buͤrger zur Richtſchnur 49). Er verkennt
es
48) Siehe die Th. I. S. 451. angefuͤhrte Stelle des Livius
IV. c. 48.
49) X. c. 3.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/64>, abgerufen am 17.02.2025.
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